Kitabı oku: «Die Botschaft der Bhagavadgita», sayfa 4

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Lege jeglichen Egoismus ab! Beachte nicht Freude und Schmerz, nicht Gewinn und Verlust und alle weltlichen Ergebnisse! Schaue nur auf die große Sache, der du dienen musst, und auf das Werk, das du auf göttlichen Befehl durchzuführen hast, „so wirst du keine Sünde auf dich laden“. So werden Arjunas Vorwand des Trauerns, die Verteidigung seines Zurückschreckens vor der Schlacht, seine Ausrede von wegen seines Sündengefühls, sein Hinweis auf die unglücklichen Folgen seiner Aktion beantwortet, und zwar im Einklang mit der höchsten Erkenntnis und den ethischen Idealen, die sein Menschengeschlecht und sein Zeitalter erreicht hatten. (66)

Der Yoga des intelligenten Willens

In dem Augenblick, da er sich von dieser ersten und kurz gefassten Antwort auf Arjunas Schwierigkeiten wegwendet, und in den ersten Worten, die den Grundton zu einer spirituellen Lösung anklingen lassen, trifft der Lehrer sofort eine Unterscheidung, die für das Verständnis der Gita von größter Bedeutung ist: die Unterscheidung zwischen Sankhya und Yoga...

In ihrer Grundlage ist die Gita ein vedantisches Werk. Sie ist eine der drei anerkannten Autoritäten für die vedantische Lehre. Obwohl sie nicht als eine geoffenbarte Schrift beschrieben wird, in ihrer Methode sozusagen weithin intellektuell, vernunftgemäß, philosophisch und, wenn auch gewiss auf die Wahrheit gegründet, doch nicht unmittelbar das inspirierte Wort, also Offenbarung der Wahrheit durch die höheren Fähigkeiten des Sehers ist, wird sie doch so sehr verehrt, dass man ihr beinahe den Rang der dreizehnten Upanishad gibt. Aber ihre vedantischen Gedanken sind durchweg und gründlich durch die Denkweise von Sankhya und Yoga gefärbt: Durch diese Färbung gewinnt sie den besonderen synthetischen Charakter ihrer Philosophie. In der Tat lehrt sie in erster Linie ein praktisches System des Yoga und verwendet metaphysische Gedanken nur, um ihr praktisches System zu erläutern...

Was sind nun Sankhya und Yoga, von denen die Gita spricht? Sicherlich sind sie nicht die Systeme, die unter diesem Namen auf uns gekommen sind, wie sie einerseits im Sankhya Karika von Ishwara Krishna, andererseits in den Yoga-Aphorismen des Patanjali dargestellt werden. Dies Sankhya ist nicht das System der Karikas – zumindest nicht so, wie dieses allgemein verstanden wird. Denn die Gita lässt niemals, auch nicht für einen Augenblick, die Vielzahl der Purushas als eine Grundwahrheit des Seins zu, sondern behauptet mit Nachdruck, was das traditionelle Sankhya streng bestreitet, den Einen als das Selbst und den Purusha; diesen Einen wiederum als den Herrn, Ishwara, Purushottama; und Ishwara als den Urheber des Weltalls. Das traditionelle Sankhya ist, um unsere moderne Unterscheidung zu verwenden, atheistisch. Das Sankhya der Gita erkennt die theistischen, pantheistischen und monistischen Deutungen des Weltalls an und bringt sie miteinander in Einklang.

Aber dieser Yoga ist auch nicht das Yoga-System des Patanjali. Denn dieses ist eine rein subjektive Methode von Raja-Yoga, eine innere Disziplin, begrenzt, scharf umrissen, streng und wissenschaftlich abgestuft, durch die das Mental fortschreitend stillgelegt und in den Samadhi emporgehoben wird, damit wir den zeitlichen und ewigen Lohn dafür bekommen, dass wir unser Ego überwinden: den zeitlichen in einer weiten Ausdehnung des Wissens und der Kräfte der Seele; den ewigen in der Einung mit dem Göttlichen. Der Yoga der Gita ist demgegenüber ein umfassendes, biegsames, vielseitiges System mit verschiedenartigen Elementen, die alle durch eine Art natürlicher lebendiger Anpassung miteinander in Einklang gebracht werden. Von diesen Elementen ist der Raja-Yoga nur eines und nicht das wichtigste und vitalste Element. Dieser Yoga verwendet keine strikte wissenschaftliche Stufenfolge; vielmehr ist er ein Prozess von natürlicher Seelen-Entfaltung. Indem er einige Prinzipien von subjektiver ausgeglichener Ruhe und von aktivem Handeln verwendet, will er eine Erneuerung der Seele und eine gewisse Umwandlung, ein Emporsteigen oder eine neue Geburt aus der niederen Natur in die göttliche zustande bringen. Entsprechend ist die Vorstellung der Gita von Samadhi völlig verschieden von der gewöhnlichen Auffassung der Yoga-Ekstase. Und während Patanjali dem Wirken nur eine anfängliche Bedeutung für die sittliche Läuterung und religiöse Konzentration beimisst, geht die Gita so weit, dass sie das Wirken zum besonderen Kennzeichen des Yoga macht. Handeln ist für Patanjali nur eine vorläufige, für die Gita eine dauernde Grundlage. Im Raja-Yoga muss es praktisch beiseite gelassen werden, wenn sein Ergebnis erlangt ist, zumindest hört es bald auf, ein Mittel für den Yoga zu sein. Für die Gita ist es ein Mittel zum höchsten Aufstieg und dauert auch nach der völligen Befreiung der Seele noch fort.

So viel muss vorausgeschickt werden, um eine gedankliche Verwirrung zu vermeiden, die durch die Verwendung vertrauter Wörter in einem begrifflichen Zusammenhang entstehen könnte, der weiter ist als ihr jetzt bei uns gebräuchlicher technischer Sinn. Freilich wird von der Gita alles einbezogen, was den Systemen von Sankhya und Yoga wesentlich ist: alles was in ihnen weit, allumfassend, universal wahr ist, wobei sie sich aber nicht wie die einander bekämpfenden Schulen durch sie einschränkt. Ihr Sankhya ist das allumfassende vedantische Sankhya, wie wir es in den Prinzipien und Elementen der großen vedantischen Synthese der Upanishaden und in den späteren Entwicklungsphasen der Puranas finden. Ihre Auffassung von Yoga ist jener weite Gedanke einer hauptsächlich subjektiven Praxis und inneren Umwandlung, die für das Entdecken des Selbstes oder die Einung mit Gott nötig ist, der Raja-Yoga ist nur eine deren besonderer Anwendungen. Die Gita betont, Sankhya und Yoga sind nicht zwei verschiedene, miteinander unvereinbare und gegensätzliche Systeme, sondern in ihrem Prinzip und Ziel eins. Ihr Unterschied besteht nur in ihrer Methode und ihrem Ausgangspunkt. Auch Sankhya ist ein Yoga, aber es geht vom Wissen aus und wird fortschreitend durch dieses verwirklicht. Das heißt, es beginnt mit intellektueller Unterscheidung und Analyse der Prinzipien unseres Wesens und erlangt sein Ziel durch die Schau der Wahrheit und ihren Besitz. Yoga geht demgegenüber vom Wirken aus und vollendet sich durch Wirken. In seinem Grundprinzip ist er Karma-Yoga. Aus der ganzen Lehre der Gita und ihren späteren Definitionen wird aber klar, dass das Wort karma in einem sehr weiten Sinn gebraucht wird und dass unter Yoga die egolose völlige Hingabe sowohl der inneren wie der äußeren Aktivitäten als ein Opfer an den Herrn aller Werke verstanden wird. Es wird dem Ewigen als dem Meister aller Seelen-Energien und der strengen Übungen dargebracht. Yoga ist die praktische Ausübung der Wahrheit, die im Schauen erkannt wird. Seine Praxis hat als Antriebskraft den Geist erleuchteter Hingabe, einer stillen glühenden Darbringung, die sich Jenem weiht, das die Erkenntnis als das Höchste schaut.

Was sind aber die Wahrheiten des Sankhya? Diese Philosophie bekam ihren Namen von ihrem analytischen Prozess. Sankhya ist die Analyse, die Aufzählung, die trennende und unterscheidende Darstellung der Prinzipien unseres Wesens, von denen das gewöhnliche Mental nur die Kombinationen und die Ergebnisse der Kombinationen sieht. Es wollte überhaupt nicht die Synthese herstellen. Sein ursprünglicher Standpunkt ist tatsächlich dualistisch, und zwar nicht vom relativen Dualismus der vedantischen Schulen, die sich mit diesem Namen benennen, Dwaita, sondern auf eine sehr absolute und genau präzisierte Art. Denn das Sankhya erklärt das Dasein nicht durch ein einziges ursprüngliches Prinzip, sondern durch zwei, deren Verhältnis zueinander die Ursache des Weltalls ist: Purusha, das inaktive, Prakriti, das aktive Prinzip. Purusha ist die Seele, nicht im gewöhnlichen oder populären Sinn des Wortes, sondern als reines, bewusstes Wesen, unbeweglich, unveränderlich und selbst-leuchtend. Prakriti ist Energie und deren Auswirkung. Purusha tut nichts, aber er reflektiert das Wirken der Energie und ihre Verfahren. Prakriti ist mechanisch; aber dadurch, dass sie in Purusha reflektiert wird, gewinnt sie den Anschein von Bewusstsein in ihren Wirkensweisen, und deshalb entstehen solche Phänomene von Schöpfung, Erhaltung und Auflösung, Geburt, Leben und Tod, Bewusstheit und Unbewusstheit, Erkenntnis durch die Sinne, intellektuelles Wissen und Unwissenheit, Wirken und Nicht-Wirken, Frohsinn und Leiden. Sie alle schreibt der Purusha unter dem Einfluss von Prakriti sich selbst zu, obwohl sie alle überhaupt nicht ihm angehören, sondern allein dem Wirken oder der Bewegung von Prakriti.

Denn Prakriti wird von den drei guṇas, den wesentlichen Eigenschaften der Energie konstituiert: sattva, die Saat der Intelligenz, konserviert die Wirkensweisen der Energie; rajas, die Saat der Kraft und Aktivität, verschafft die Wirkensweisen der Energie; tamas, die Saat der Trägheit und Nicht-Intelligenz, die Aufhebung von Sattwa und Rajas, löst das auf, was diese erschaffen und bewahren. Sind diese drei Mächte der Energie von Prakriti im Zustand des Gleichgewichts, dann ist alles in Ruhe, gibt es keine Bewegung, kein Handeln, keine Schöpfung, darum auch nichts, was in dem unwandelbaren, erleuchteten Wesen der bewussten Seele reflektiert werden könnte. Wird das Gleichgewicht aber gestört, verfallen die drei Gunas in einen Zustand von Unausgeglichenheit, indem sie miteinander streiten und aufeinander einwirken, und all die unentwirrbaren Vorgänge von Schöpfung, Erhaltung und Auflösung beginnen und lassen die Phänomene des Kosmos abrollen. Das geht so lange weiter, als Purusha einwilligt, diesen Wirrwarr zu reflektieren, der seine ewige Natur verfinstert und ihr die Natur von Prakriti beilegt. Wenn er aber seine Zustimmung zurückzieht, fallen die Gunas in ihr Gleichgewicht zurück und die Seele kehrt heim in ihre ewige, unveränderliche Unbeweglichkeit; sie wird von den Phänomenen erlöst. Dies Reflektieren und dies Erteilen oder Widerrufen der Zustimmung scheinen die einzigen Mächte des Purusha zu sein. Kraft der Reflexion ist er der beobachtende Zeuge der Natur und erteilt ihr seine Zustimmung, sāksī und anumantā der Gita. Er ist aber nicht auf aktive Weise der Ishwara. Selbst sein Erteilen der Zustimmung ist passiv; und wenn er die Zustimmung zurückzieht, ist das nur eine andere Passivität. Jegliche subjektive oder objektive Aktion ist der Seele fremd; sie hat weder einen aktiven Willen noch eine aktive Intelligenz. Sie kann darum auch nicht die einzige Ursache des Kosmos sein. So wird die Behauptung einer zweiten Ursache notwendig. Nicht Seele allein ist durch ihre Natur als bewusstes Wissen, bewusster Wille und bewusste Seligkeit die Ursache des Weltalls, sondern Seele und Natur sind die duale Ursache: ein passives Bewusstsein und eine aktive Energie. So erklärt das Sankhya das Dasein des Kosmos.

Woher stammen aber diese bewusste Intelligenz und dieser bewusste Wille, die wir als einen so großen Teil unseres Wesens wahrnehmen und die wir, gewöhnlich und instinktiv, nicht der Prakriti sondern dem Purusha zuschreiben? Nach dem Sankhya sind diese Intelligenz und dieser Wille ganz und gar ein Teil der mechanischen Energie der Natur, nicht Eigenschaften der Seele. Sie sind das Prinzip von Buddhi, einem der vierundzwanzig tattvas, der vierundzwanzig kosmischen Prinzipien. In der Evolution der Welt bildet Prakriti mit den drei Gunas in ihr die Basis; sie ist als die ursprüngliche Substanz der Dinge ungeoffenbart, nichtbewusst. Daraus entwickeln sich, aufeinander folgend, fünf elementare Erscheinungsformen von Energie und Materie – denn Materie und Kraft sind dasselbe in der Sankhya-Philosophie. Diese werden mit den Namen der fünf konkreten Elemente des alten Denkens benannt: Äther, Luft, Feuer, Wasser und Erde. Wir müssen aber bedenken, dass sie nicht Elemente im Sinn moderner Wissenschaft sondern subtile Zustandsformen materieller Energie sind und dass man sie nirgendwo in der grobmateriellen Welt in ihrer Reinheit findet. Alle Gegenstände werden durch die Kombination dieser fünf subtilen Zustandsformen oder Elemente gebildet. Andererseits ist jedes dieser fünf die Grundlage für eine der fünf subtilen Eigenschaften von Energie oder Materie: Klang, Tastbarkeit, Geschmack, Gestaltung, Geruch, die die Art ermöglichen, in der der Mental-Sinn Gegenstände wahrnimmt. So wird durch diese fünf Elemente der Materie, die aus der ursprünglichen Energie hervorgehen, und durch diese fünf Sinnen-Beziehungen, durch welche die Materie erkannt wird, das entwickelt, was wir in moderner Sprache den objektiven Aspekt des kosmischen Seins nennen können.

Dreizehn andere Prinzipien bilden den subjektiven Aspekt der kosmischen Energie – Buddhi oder Mahat, Ahankara, Manas und seine zehn Sinnen-Funktionen: fünf für das Erkennen und fünf für das Handeln. Manas, das Mental, ist der ursprüngliche Sinn, der alle Gegenstände wahrnimmt und auf sie reagiert. Denn es hat zugleich eine nach innen, eine erkennende, und eine nach außen gerichtete, eine ausführende Aktivität. Es empfängt durch Wahrnehmung das, was die Gita die äußere Berührung durch die Dinge nennt, bāhya sparśa. So gestaltet es seine Vorstellung von der Welt und übt seine Reaktionen aktiver Vitalität aus. Es spezialisiert aber seine einfachsten Funktionen des Empfangens durch die Hilfe der fünf wahrnehmenden Sinne von Hören, Tasten, Sehen, Schmecken und Riechen, die die fünf Eigenschaften der Dinge zu den ihnen entsprechenden Objekten machen. Das Mental spezialisiert gewisse notwendige vitale Funktionen des Reagierens mit Hilfe der fünf aktiven Sinne, die als Reden, Fortbewegung, Ergreifen der Dinge, Ausscheiden und Fortpflanzung wirken. Buddhi, das unterscheidende Prinzip, ist zugleich Intelligenz und Wille. Es ist die Macht in der Natur, die unterscheidend trennt und zusammenfügt. Ahankara, der Ego-Sinn, ist das subjektive Prinzip in Buddhi, durch das Purusha verführt wird, sich mit Prakriti und ihren Aktivitäten zu identifizieren. Aber diese subjektiven Prinzipien sind selbst ebenso mechanisch, ebenso sehr ein Teil der unbewussten Energie, wie diejenigen, die ihre objektiven Abläufe bilden. Wenn wir es schwierig finden einzusehen, wie Intelligenz und Wille Eigenschaften des mechanischen Nichtbewusstseins und selbst mechanisch, jaḍa, sein können, müssen wir uns nur daran erinnern, dass die moderne Wissenschaft selbst zur gleichen Schlussfolgerung geführt worden ist. Sogar in der mechanischen Wirksamkeit des Atoms gibt es eine Macht, die man nur einen unbewussten Willen nennen kann. Und bei allem Wirken der Natur leistet dieser alles durchdringende Wille unbewusst die Werke der Intelligenz. Was wir die mentale Intelligenz nennen, ist in seinem Wesen genau dasselbe wie das, was unterbewusst in allen Aktivitäten des materiellen Weltalls unterscheidet und zusammenfügt. Und das bewusste Mental selbst ist, wie die Wissenschaft zu zeigen versucht hat, nur ein Ergebnis und eine Kopie der mechanischen Bewegung des Nichtbewusstseins. Sankhya macht das klar, was die moderne Wissenschaft im Dunkel lässt, den Vorgang, durch den das Mechanische und Nichtbewusste die äußere Erscheinung von Bewusstsein annimmt. Es kommt daher, dass Prakriti auf Purusha zurückstrahlt. Das Licht des Bewusstseins der Seele wird den Wirkensweisen der mechanischen Energie zugeschrieben. Auf diese Weise wird Purusha, der die Natur als Zeuge beobachtet und sich selbst dabei vergisst, von dem in Prakriti erzeugten Gedanken irregeführt, er sei es, der denkt, fühlt, will, handelt; während doch allezeit der Vorgang von Denken, Fühlen, Wollen, Handeln in Wirklichkeit von ihr und ihren drei Qualitäten und ganz und gar nicht von ihm selbst durchgeführt wird. Von dieser Selbst-Täuschung befreit zu werden, ist der erste Schritt zur Befreiung der Seele von der Natur und ihren Wirkensweisen.

Gewiss gibt es viele Dinge in unserem Dasein, die das Sankhya gar nicht oder nicht zufriedenstellend erklärt. Wenn aber alles, was wir nötig haben, eine rationale Erklärung der kosmischen Vorgänge in ihren Prinzipien als Grundlage für das große, allen alten Weltanschauungen gemeinsame Ziel der Befreiung der Seele vom Beherrschtwerden durch die kosmische Natur ist, dann erscheint die Sankhya-Erklärung der Welt und der Sankhya-Weg der Befreiung als ebenso gut und ebenso erfolgreich wie irgendein anderer. Was wir zuerst nicht begreifen ist, warum Sankhya ein Element von Pluralismus in seinen Dualismus mit der Behauptung hereinbringt, es gebe eine einzige Prakriti aber viele Purushas. Zur Erklärung der Erschaffung und weiteren Entwicklung des Weltalls könnte doch das Dasein eines einzigen Purushas und einer einzigen Prakriti als ausreichend erscheinen. Das Sankhya war aber gezwungen, wegen seiner streng analytischen Beobachtung der Prinzipien der Dinge einen Pluralismus zu entwickeln. Zunächst finden wir tatsächlich, dass es in der Welt viele bewusste Wesen gibt, dass jedes von ihnen die gleiche Welt auf seine eigene Weise anschaut und seine unabhängige Erfahrung der subjektiven und objektiven Dinge hat, seine gesonderten Umgangsweisen mit den gleichen Wahrnehmungs- und Reaktions-Vorgängen. Gäbe es nur einen einzigen Purusha, dann wäre diese zentrale Unabhängigkeit und gegenseitige Abgesondertheit nicht vorhanden. Alle würden vielmehr die Welt auf völlig gleiche Weise und in gemeinsamer Subjektivität und Objektivität sehen. Da Prakriti eine einzige ist, beobachten alle dieselbe Welt. Da ihre Prinzipien überall dieselben sind, sind die allgemeinen Prinzipien, die die innere und äußere Erfahrung bilden, dieselben. Äußerst unerklärbar ist aber die unendliche Unterschiedlichkeit von Betrachtung, Beurteilung und Haltung, von Handeln, Erfahrung und Flucht aus der Erfahrung –, eine Unterschiedlichkeit, die nicht auf den natürlichen Abläufen beruht, da diese dieselben sind, sondern auf dem beobachtenden Bewusstsein –, wenn man nicht voraussetzt, dass es eine Vielzahl von Beobachtern, viele Purushas, gibt. Der absondernde Ego-Sinn, so könnten wir sagen, ist eine ausreichende Erklärung dafür. Aber der Ego-Sinn ist ein gemeinsames Prinzip der Natur und brauchte nicht unterschiedlich zu sein. Denn von sich aus veranlasst er einfach den Purusha, sich mit Prakriti zu identifizieren. Wenn es aber nur einen einzigen Purusha gäbe, wären alle Wesen eins; sie wären in ihrem egoistischen Bewusstsein miteinander verbunden und einander gleich. So verschiedenartig im einzelnen auch die reinen Gestaltungen und die Zusammensetzungen der Bestandteile ihrer Natur sein mögen, es würde keinen Unterschied der Seelen-Anschauung und Seelen-Erfahrung geben. Die Variationen der Natur hätten nicht diese ganze zentrale Unterschiedlichkeit, diese Vielfalt der Anschauung und, von Anfang bis Ende, diese Gesondertheit der Erfahrung in einem einzigen Zeugen, einem Purusha, bewirken müssen. Darum ist der Pluralismus der Seelen logische Notwendigkeit für ein reines Sankhya-System, das sich von den vedantischen Elementen des alten Wissens getrennt hat, das es zuerst entstehen ließ. Der Kosmos und sein Ablauf kann durch den Umgang der einen Prakriti mit dem einen Purusha erklärt werden, nicht aber die Vielzahl bewusster Wesen im Kosmos.

Es gibt noch eine andere, ebenso gewaltige Schwierigkeit. Befreiung ist das Ziel, das sich diese Weltanschauung genau wie die anderen gesteckt hat. Diese Befreiung wird, wie wir gesehen haben, dadurch bewirkt, dass Purusha seine Zustimmung zu den Aktivitäten von Prakriti zurückzieht, die sie ja nur zu seiner Freude unternimmt. Das ist aber, genau genommen, nur eine Form, es sprachlich auszudrücken, Purusha ist passiv. Also kann der Akt, Zustimmung zu erteilen oder zurückzuziehen, in Wirklichkeit nicht zu ihm gehören, sondern muss eine Bewegung in Prakriti selbst sein. Wenn wir genauer zusehen, erkennen wir, es ist, insoweit es sich um eine Maßnahme handelt, eine Bewegung von Umkehr oder Zurücknahme im Prinzip von Buddhi, dem unterscheidenden Willen. Buddhi hat sich den Wahrnehmungen des Mental-Sinns zur Verfügung gestellt und ist damit beschäftigt gewesen, die Wirksamkeiten der kosmischen Energie scharf zu unterscheiden und in Einklang zu bringen. Mit Hilfe des Ego-Sinnes identifiziert es den Zeugen mit ihrem Wirken von Denken, Empfinden und Handeln. Durch den Prozess der Unterscheidung der Dinge kommt Buddhi zu der messerscharfen und auflösenden Erkenntnis, dass diese Identität in Wirklichkeit eine Illusion ist. So trennt Buddhi schließlich in seiner Unterscheidung Purusha von Prakriti und nimmt wahr, das alles nur eine Störung des Gleichgewichts der Gunas ist. Buddhi, zugleich Intelligenz und Wille, zieht sich von den irrealen Dingen zurück, die es unterstützt hat. Purusha, der aufhört, gebunden zu sein, verbindet sich nicht mehr mit dem Interesse des Mentals am kosmischen Spiel. Das letzte Ergebnis wird dann sein, dass Prakriti ihre Macht verliert, sich in Purusha zu reflektieren. Denn die Auswirkung des Ego-Sinnes ist zerstört. Und da der intelligente Wille gleichgültig geworden ist, hört er auf, ein Mittel für ihre Sanktion zu sein: Notwendigerweise müssen dann ihre Gunas in einen Zustand des Gleichgewichts geraten, das kosmische Spiel muss aufhören, der Purusha in seine unbewegliche Ruhehaltung zurückkehren. Gäbe es nur den einen Purusha und dieses Zurücktreten des unterscheidenden Prinzips von seinen Selbsttäuschungen würde stattfinden, dann würde der ganze Kosmos aufhören. Tatsächlich sehen wir aber, dass sich nichts Derartiges ereignet. Nur einige wenige unter unzähligen Millionen Menschen erlangen die Befreiung oder bewegen sich auf sie zu. Die Übrigen werden in keiner Weise davon berührt, und auch die kosmische Natur wird durch diese summarische Zurückweisung, die das Ende all ihrer Wirksamkeiten wäre, in ihrem Spiel keineswegs gestört. Diese Tatsache kann nur durch die Theorie von vielen unabhängigen Purushas erklärt werden. Die einzige überhaupt logische Erklärung vom Standpunkt des vedantischen Monismus aus ist die des Mayavada. Hier aber wird die ganze Welt zu einem Traum. Sowohl Gebundenheit wie Befreiung sind in ihr Zustandsformen der Unwirklichkeit, empirische Fehlkonstruktionen von Maya. In Wirklichkeit wird niemand befreit und niemand gebunden. Die realistischere Sankhya-Anschauung der Dinge lässt den Gedanken, alles Dasein sei trügerisch, nicht zu und kann darum auch diese Lösung nicht akzeptieren. Auch hier sehen wir, dass die Vielzahl der Seelen ein unvermeidlicher Schluss aus den Gegebenheiten der Seins-Analyse des Sankhyaist.

Die Gita fängt mit dieser Analyse an, und es hat zuerst den Anschein, sogar in ihrer Darstellung des Yoga, als ob sie sie beinahe ganz annehme. Sie akzeptiert Prakriti mit ihren drei Gunas und vierundzwanzig Prinzipien. Sie stimmt darin zu, dass sie alles Wirken der Prakriti und die Passivität dem Purusha zuschreibt. Sie erkennt die Vielzahl der bewussten Wesen im Kosmos an. Sie bejaht, als Mittel zur Befreiung, dass der sich identifizierende Ego-Sinn aufgelöst werden muss, ferner das Wirken des unterscheidenden intelligenten Willens und die Notwendigkeit, dass wir über die Bewegung der drei Qualitäten der Energie hinauskommen müssen. Der Yoga, den zu praktizieren Arjuna von Anfang an aufgetragen wird, ist ein Yoga durch Buddhi, den intelligenten Willen. Hier ist aber die eine grundlegend bedeutungsvolle Abweichung – der Purusha wird als ein einziger angesehen, nicht als viele; denn das freie, nicht-materielle, unbewegliche, ewige, unwandelbare Selbst der Gita ist, abgesehen von einem einzigen Detail, eine vedantische Beschreibung des ewigen, passiven, unbeweglichen, unwandelbaren Purusha des Sankhya. Der grundlegende Unterschied ist aber, dass hier nur Einer da ist und nicht viele. Hier entsteht nun die ganze Schwierigkeit, die die Vielzahl des Sankhya vermeidet; darum ist eine völlig andersartige Lösung notwendig. Dafür sorgt die Gita, indem sie in das vedantische Sankhya die Auffassungen und Grundsätze des vedantischen Yoga hineinbringt.

Das erste wichtige neue Element, das wir finden, liegt in der Auffassung von Purusha selbst. Prakriti unternimmt ihre Aktivitäten zur Freude von Purusha. Wie wird aber diese Freude näher bestimmt? In der strikten Sankhya-Analyse kann sie nur durch eine passive Zustimmung des schweigenden Zeugen geschehen. Passiv gibt der Zeuge seine Zustimmung zur Aktivität des intelligenten Willens und des Ego-Sinnes. Passiv stimmt er zu, dass dieser Wille sich vom Ego-Sinn zurückzieht. Er ist Zeuge, Ursprung der Zustimmung und hält durch die Reflexion das Werk der Natur in Gang, sāksī anumantā bhartā. Weiter ist er nichts. Der Purusha der Gita ist aber auch der Herr der Natur; er ist Ishwara. Wenn die Betätigung des intelligenten Willens zur Natur gehört, so gehen doch Verursachung und Macht des Willens von der bewussten Seele aus. Diese ist der Herr der Natur. Wenn auch der Akt der Intelligenz des Willens der Akt von Prakriti ist, so werden Ursprung und Licht der Intelligenz doch aktiv von Purusha beigesteuert. Er ist nicht nur der Zeuge, sondern der Herr und der Wissende, Meister des Wissens und des Willens, jñātā īśvaraḥ. Er ist die oberste Ursache der Aktion von Prakriti und die Ursache dafür, dass sie sich aus dem Wirken zurückzieht. In der Sankhya-Analyse sind Purusha und Prakriti in ihrem Dualismus die Ursache des Kosmos. In diesem synthetischen Sankhya ist Purusha mittels seiner Prakriti die Ursache des Kosmos. Wir sehen sofort, wie weit wir vom starren Purismus der traditionellen Analyse weggekommen sind.

Was wird aber aus dem einen Selbst, dem unveränderlichen, unbeweglichen, ewig freien, mit dem die Gita begann? Dies ist frei von allem Wechsel, von einer Involution in den Wechsel, avikārya; es ist ungeboren, nicht manifestiert, das Brahman, und doch ist es das, „durch das all dieses hier ausgebreitet ist“. Darum dürfte das Prinzip des Ishwara in seinem Wesen enthalten sein. Wenn es auch unbeweglich ist, so ist es doch Ursache und Herr allen Wirkens und all dessen, was sich bewegt. Aber wie? Und wie steht es mit der Vielzahl der bewussten Wesen im Kosmos? Sie sind offenbar nicht der Herr, und zwar sehr betont nicht der Herr, anīśa, denn sie sind dem Wirken der drei Gunas und der Täuschung durch den Ego-Sinn unterworfen. Und wenn sie, wie die Gita offenbar sagt, alle das einzige Selbst sind, wie kam diese Involution, Unterwerfung und Täuschung zustande, wie ist das erklärbar außer durch die reine Passivität des Purusha? Und woher diese Vielzahl? Wie steht es damit, dass das eine Selbst in dem einen Körper und Mental die Befreiung erlangt, während es in anderen unter der Illusion der Gebundenheit verbleibt? Das sind Schwierigkeiten, an denen man nicht ohne Lösung vorübergehen kann.

Die Gita antwortet darauf in ihren späteren Kapiteln mit einer Analyse von Purusha und Prakriti, die neue Elemente beisteuert, die einem vedantischen Yoga sehr angemessen, dem traditionellen Sankhya aber fremd sind. Sie spricht von drei Purushas, eigentlich von einem dreifachen Zustand des Purusha. Wenn die Upanishaden auf die Wahrheiten des Sankhya eingehen, scheinen sie manchmal nur von zwei Purushas zu sprechen. Ein Text sagt, es gibt einen Ungeborenen von drei Farben, das ewige weibliche Prinzip von Prakriti mit seinen drei Gunas, das immer erschafft. Es gibt zwei Ungeborene, zwei Purushas, von denen der eine an ihr hängt und sich ihrer erfreut, der andere sie aufgibt, weil er alle ihre Freuden genossen hat. In einem anderen Vers werden sie als zwei Vögel auf einem Baum beschrieben, zwei auf ewig einander verbundene Gefährten, von denen der eine die Früchte des Baumes isst –, der Purusha in der Natur, der sich an ihrem Kosmos erfreut –, der andere aber nicht, der seinen Gefährten beobachtet –, der schweigende Zeuge, der sich zurückgezogen hat vom Genießen. Wenn der erstere den zweiten sieht und erkennt, dass alles seine eigene Größe ist, ist er befreit vom Leiden. Der Gesichtspunkt in den beiden Versen ist ein unterschiedlicher, aber sie haben eine gemeinsame Bedeutung. Einer der Vögel ist das ewig schweigende, ungebundene Selbst oder der Purusha, durch den alles hier ausgebreitet ist. Er betrachtet den Kosmos, den er aus sich heraus entstehen ließ, bleibt aber über ihm erhaben. Der andere ist der in Prakriti hinein verwickelte Purusha. Der erste Vers deutet an, dass die zwei dasselbe sind. Sie repräsentieren verschiedene Zustände, gebunden und frei, desselben bewussten Wesens –, denn der zweite Ungeborene ist zum Genießen der Natur herabgestiegen und hat sich dann aus ihr zurückgezogen. Der andere Vers macht deutlich, was wir aus dem ersten nicht entnehmen können, dass das Selbst in seinem höheren Zustand von Einheit immer frei, inaktiv, ohne Bindungen ist, obwohl es in sein niederes Wesen in die Vielfalt der Schöpfungen der Prakriti herabsteigt und sich aus ihr wieder dadurch zurückzieht, dass es in jedem individuellen Geschöpf zum höheren Zustand zurückkehrt. Diese Theorie vom doppelten Status der einen bewussten Seele öffnet die Tür. Aber der Prozess der Vervielfältigung des Einen ist immer noch dunkel.

Den beiden Purushas fügt die Gita noch einen anderen, den höchsten, den Purushottama, den erhabenen Purusha, hinzu, dessen Größe diese ganze Schöpfung ist. Sie entwickelt dabei den Gedanken, der an anderer Stelle in den Upanishaden auftaucht, weiter: Es gibt also drei, Kshara, Akshara, Uttama. Kshara, der bewegliche, der veränderliche, ist Natur, svabhāva. Er ist die variable Werdeform der Seele. Hier ist der Purusha die Vielfalt des göttlichen Wesens. Er ist der Purusha, vielfältig, nicht getrennt von Prakriti, sondern in ihr. Akshara, der unbewegliche, der unveränderliche, ist das schweigende inaktive Selbst. Er ist die Einheit des göttlichen Wesens. Er ist der Zeuge der Natur, jedoch nicht in ihre Bewegung verwickelt. Er ist der inaktive Purusha, frei von Prakriti und ihrem Wirken. Uttama ist der Herr, das erhabene Brahman, das höchste Selbst, das beides besitzt, die unveränderliche Einheit und die bewegliche Vielfalt. Durch eine außerordentlich große Beweglichkeit und Aktionskraft Seiner Natur, Seiner Energie, Seines Willens und Seiner Macht manifestiert Er sich in der Welt. Durch eine größere Stille und Unbeweglichkeit Seines Wesens steht Er erhaben über ihr. Doch ist Er als Purushottama über beiden, oberhalb der Erhabenheit über die Natur und der Gebundenheit an die Natur. Diese Idee des Purushottama wird zwar ständig in den Upanishaden vorausgesetzt, sie wird aber erst von der Gita herausgelöst und entschieden herausgearbeitet. Sie hat auf die spätere Entwicklung des indischen religiösen Bewusstseins gewaltigen Einfluss ausgeübt. Sie ist die Grundlage des höchsten Bhakti-Yoga, der den Anspruch erhebt, die starren Definitionen der monistischen Philosophie zu überwinden. Sie steht im Hintergrund der Philosophie der hingebungsvollen Puranas.

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Yaş sınırı:
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Litres'teki yayın tarihi:
25 mayıs 2021
Hacim:
1159 s. 650 illüstrasyon
ISBN:
9783963870385
Telif hakkı:
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