Kitabı oku: «Die Äbtissin von Castro», sayfa 23
DIE BRÜDER MISSORI
Die beiden Brüder Missori erfreuten sich der Gunst des Marchese del Monte, Ministers der Königin Christine von Schweden. Sie trieben was sie wollten in jenem Stadtviertel Roms, das die Königin während ihres Aufenthaltes in der Stadt bewohnte. Christine setzte alles Vertrauen in die Brüder und war gegen ihre Taten um so nachsichtiger als sie sich mit der Absicht trug, aus dem von ihr bewohnten Viertel eine Freistätte zu machen. Solcherart hatten die Gerichtsbeamten keinen Zutritt in dieses Viertel und die immer es versuchten, wurden umgebracht und in den Tiber geworfen. Hier in diesem Viertel fanden zumal alle Frauen, die aus irgendwelchen Gründen ihre Männer verlassen hatten, Zuflucht.
Dies währte Jahre, und die Königin zog sich die allgemeine Verachtung zu, da sie sich auf jene Mordbuben stützte, und vergeblich ließ der Papst sie durch mehrere Kardinäle ersuchen, die Verbrecher zu bestrafen; sie verharrte nur um so stärker auf ihren verbrieften Rechten eigener Jurisdiktion, als schlimme Ratgeber ihr einredeten, die Kardinäle wollten sie um ihre Herrschaft bringen.
Der Papst sagte immer nur: „Der höchste Richter wird hier Abhilfe schaffen“, und er begünstigte mit dieser Schwäche das schändliche Treiben der beiden Brüder, die selbst davor nicht zurückschreckten, Kindern Gewalt anzutun. Täglich kamen neue Klagen, und so mußte der Papst doch dem Gouverneur den Befehl geben, sich der Brüder Missori zu bemächtigen; aber es war ihm dieses nicht gestattet, da sie den Titel „Garde der Königin“ führten. Man mußte daher danach trachten, sie außerhalb des Bannkreises von Christinens Macht zu fangen.
Als dieses die Missori erfuhren, verließen sie das Viertel nicht mehr. Spione wurden von den Bravi der Königin erkannt, zu Tode geprügelt, erschossen oder in den Tiber geworfen. Der Marchese vermehrte die Wachen des Viertels um fünfundzwanzig Mann. Die Verbrechen nahmen Tag für Tag zu.
Nun gelang es einem der Königin wie dem Gouverneur befreundeten Kardinal, die Majestät mit guten Gründen zu veranlassen, daß die Brüder Missori den Kirchenstaat verließen, was sie auch taten. Nicolo wollte sich nach Neapel wenden, während Bernardino dem Großherzogtum Toskana den Vorzug gab, dessen Herr der Königin befreundet war.
Der Papst erhielt sofort Nachricht von dem Aufenthalte der Brüder und schickte gleich einen Kurier an den Großherzog mit einem Schreiben, worin er bat, zwei junge Leute auszuliefern, die von Rom nach Toskana gereist wären. Cosimo III. wußte nicht, daß sich die Brüder der Gunst der Königin erfreuten und ließ die Brüder in Livorno verhaften, von wo sie unter Bedeckung nach Rom gebracht und in der Engelsburg eingekerkert wurden. Erst dann erhielt Cosimo die Briefe der Königin, worauf er ihr schrieb, daß es ihm leid täte und wie es der Papst angestellt hätte, die Brüder in seine Hand zu bekommen.
Die Brüder waren getrennt untergebracht und mit schweren Fußeisen gefesselt. Bei ihrem ersten Verhör leugneten sie, Missori zu heißen und Brüder zu sein, aber zahlreiche Zeugen erkannten sie. Die Königin bemühte sich ohne Erfolg um ihre Freilassung; in eigner Person begab sie sich nach dem Monte Cavallo zum Staatssekretär, wurde aber nicht vorgelassen. Der Papst war für den Tod der Brüder, sowie sie als die Missori erkannt wären, auch ohne ihr eigenes Geständnis, causis nobis notis, wie er hinzusetzte.
Bernardino sah sich, zurückgeführt in seine Zelle, schon dem Tode verfallen; er schrie nach dem Kerkermeister. „Warum“, schrie er, „hat man mir den Bart geschoren, mich in Eisen gelegt? Soll ich sterben? Laßt mich nicht in Ungewißheit.“ Aber der Kerkermeister sagte, dies seien nur rechtmäßige Prozeduren und keine Vorbereitungen zur Hinrichtung. Davon gewann Bernardino einige Beruhigung, die aber wieder schwand, als man das Fenster seiner Zelle vermauerte.
Viele hatten schon die Brüder erkannt, als ein Edler von San Stefano, der sie sehr gut zu kennen behauptete, erklärte, er könne die beiden jungen Leute, die man ihm hier vorführe, nicht als die Missori erkennen. Aber es half dieses nichts, denn der Papst hatte das Todesurteil unterzeichnet, und am 14. Januar 1685 begab sich der Marchese Strozzi nach der Engelsburg, um sich mit dem Kommandanten Massimi über die Vorbereitungen zur Hinrichtung zu verständigen. Als man Nicolo das Abendbrot brachte, fragte er: „Wer ist heute nach der Engelsburg gekommen?“ Man sagte ihm, daß es nichts Neues gebe. Aber er war voll Angst und aß nichts.
Bernardino fragte, ob die Folterinstrumente in der Engelsburg seien. Der Leutnant Marzio antwortete, er sei zwanzig Jahre in der Festung und wisse nichts von solchen Werkzeugen. Bernardino bat um Tabak.
Am Tage, da man sie zur Richtstätte führte, den 15. Januar des Jahres, war der Platz vor der Engelsbrücke dicht besetzt von Sbirren, da man einen Rettungsversuch der Königin befürchtete. Deshalb waren die Kanonen auch nach dem Platz gerichtet und mit Kartätschen geladen. Auch war der Befehl gegeben, bei dem geringsten Zeichen von Unruhe zu feuern.
Die Missori kamen, der ältere voran. Er war mit seinen sechsundzwanzig Jahren ein Mensch von hohem Wuchs und schönem Ansehn. Seine Haare und Augen waren schwarz und die Farbe seiner Haut olivengrün. Sein Bruder, der ihm festen Schrittes folgte, war um drei Jahre jünger, hatte kastanienfarbnes Haar und einen rötlichen Bart, eine weiße Haut und lebhafte Augen. Beide trugen hirschfarbene Wamse, hellseidne Strumpfhosen und weiße Schuhe; ein grauer Mantel mit pfaufarbnem Futter fiel ihnen bis auf die Füße. Als Bernardino unter der Menge einen Freund erkannte, rief er: „Lieber Freund, wie siehst du mich wieder! Ich empfehle dir meine Seele, die bald ihrem Körper entfliehen wird!“ Der also Angerufene fiel bei diesen Worten in Ohnmacht und kam erst wieder zu sich, als die beiden schon tot waren.
Sie hatten seit dem Morgen des vorigen Tages nichts gegessen. Bei der Kapelle an der Engelsbrücke bot man ihnen Nahrung. Bernardino wies sie ab, aber Nicolo nahm aus Gehorsam einen in Wein getauchten Zwieback. Er ging als erster in den Tod. Bernardino fiel in Ohnmacht, als er seinen geliebten Bruder verscheiden sah. Man brachte ihn rasch wieder zu sich. Er legte mit größter Ruhe sein Haupt selber auf den Block. Als der Kopf fiel, donnerte ein Kanonenschuß, wie zuvor bei der Hinrichtung Nicolos. Diese Schüsse waren eine besondere Gnade des Papstes, der während der Hinrichtung in seinem Schlafgemach auf den Knien zu Gott um das Seelenheil der Hingerichteten betete. Bei jedem Kanonenschuß sandte er dem Verschiedenen den Segen in articulo mortis nach.
POMPILIA COMPARINI
Der Abbate Paolo Franceschini aus Arezzo war wohl von edler Herkunft, aber nur sehr wenig mit Glücksgütern gesegnet. Doch besaß er genügend Geist, sein Glück zu versuchen, und begab sich nach Rom, wo er vom Kardinal Lauria als Sekretär bestellt wurde. Er gewann bald die Gunst des wegen seiner Gelehrsamkeit im heiligen Kollegium sehr geschätzten Kardinals, und ausgerüstet mit dieser Gunst wollte Paolo sein Glück und Ansehn damit fördern, daß er seinem Bruder eine reiche Frau verschaffe.
Der Bruder Guido war schon ein älterer Mann, von wenig gewinnendem Äußern und geringer Begabung. Er war Sekretär beim Kardinal Nerli gewesen, hatte die Stelle aber verloren, was für die Heiratspläne des Abbate nicht günstig war. Aber er hoffte, die Mängel seines Bruders durch die Vorzüge seiner eignen Person zu ersetzen. Nach mancher Umschau richtete er seine Absicht auf Francesca Pompilia, die einzige Tochter des Pietro Comparini und seiner Gattin Violante, die eine Erbschaft von zwölftausend Skudi zu erwarten hatte. Um so leichter erschien ihm diese Heirat fertig zu bekommen, als die Familie Comparini der seinen nicht ebenbürtig war.
Er bediente sich als Vermittlerin einer Haarkräuslerin, die im Hause der Comparini arbeitete und dort vertraulich war. Er versprach ihr für ihre Vermittlung eine Belohnung von fünfzig Goldgulden, und die Frau machte sich gleich ans Werk. Sie redete mit Violante, die ihr versprach, mit ihrem Manne zu reden. Denn der Nießbrauch jener Erbschaft blieb der Familie nur für den Fall, daß direkte Nachkommen vorhanden waren. Der alte Comparini erklärte sich nicht abgeneigt, wenn es mit dem Besitze der Franceschini so stimme, wie sie ihm gesagt hätten.
Paolo drang auf Eile; er fürchtete, die Sache könnte ihm entgehen. Er ließ vom Kardinal Lauria den Ehevertrag aufsetzen, was dieser Mann aus Gefälligkeit gegen den von ihm geschätzten Abbate tat. Inzwischen hatte sich Comparini aber anderweitig über die Vermögensumstände der Franceschini erkundigt und die Auskünfte lauteten sehr verschieden von denen des Abbate und dessen Gewährsmänner. Es kam dadurch zu heftigen Auftritten zwischen Mann und Frau, die durchaus auf der Heirat bestand und sagte, daß dies nur Machenschaften von Neidern des Glückes ihrer Tochter wären. Aber der Gatte blieb um so kühler, je mehr die Frau in Hitze kam und sagte, er wolle durch die Verheiratung ja nichts gewinnen, aber auch nichts verlieren. Aber Pietro hatte innerlich längst seinem Weibe, das er zärtlich liebte, nachgegeben, denn er tat ihr immer jeden Willen. Violante aber fürchtete, er könne es schließlich doch noch durch gute Ratschläge von Freunden bereuen, und so beschloß sie, die Hochzeit ohne Wissen ihres Mannes statthaben zu lassen. Die Tochter, immer folgsam dem was die Mutter verlangte, war einverstanden. Man verabredete sich mit Guido, und frühmorgens wurden sie in der Kirche San Lorenzo getraut. Pietro war sehr aufgebracht, als er davon hörte. Doch war an der Sache nichts mehr zu ändern, und er richtete die Hochzeit in seinem Hause, gab seiner Tochter eine Mitgift von fünfundzwanzig päpstlichen Anleihescheinen und machte sie zu seiner Erbin.
Schon am Hochzeitstage war es zwischen dem Alten und den Brüdern zum Streit gekommen über die Vorteile, die den beiden Familien aus dieser Heirat erwüchsen, und man war übereingekommen, daß die Comparinis nach Arezzo übersiedeln und im Hause der Franceschini den Rest ihres Lebens verbringen sollten. Comparini überließ seinem Schwiegersohne auch die Verwaltung seines ganzen Besitztumes.
In Arezzo wurden die alten Comparini von den alten Franceschini und deren Sippschaft mit großer Liebenswürdigkeit empfangen, wie dies Brauch ist. Aber bald kam es zu Streitigkeiten und schließlich zu offnem Bruch. Guidos Mutter war eine anmaßende und geizige Frau, herrisch schaltend in ihrem Hause. Auf des alten Comparini Vorhaltungen antwortete Guido erst wegwerfend, dann drohend, was Violante in Wut brachte, die an Hochmut der alten Franceschini nichts nachgab. Sie begann Pietro zu quälen und fluchte dem Tag, der sie nach Arezzo gebracht habe und gab ihm alle Schuld, die sie selber hatte. Pietro, von Weibertränen eingenommen, fiel es nicht ein, seinem Weibe zu sagen, daß diese Ehe gegen sein Wissen und Wollen geschlossen worden wäre; er bat sie vielmehr zärtlich, doch die kleinen Unannehmlichkeiten hinzunehmen und abzuwarten, daß die Franceschini ihr Unrecht einsehen.
Da starb der Kardinal Lauria, und Paolo wurde römischer Sekretär des Malteserordens; dadurch stieg sein Hochmut über alle Begriffe. Violante, selber zu herrschen gewohnt, wollte es nicht länger ertragen und bestürmte ihren Mann, nach Rom zurückzukehren. Die Franceschinis gaben ihnen für die Reisekosten noch eine Summe Geldes.
Alsbald in Rom setzte Pietro zu allgemeinem Staunen eine gerichtliche Denkschrift auf, worin er nachwies, daß Francesca Pompilia gar nicht seine leibliche Tochter sei, und er daher gar nicht verpflichtet war, die Mitgift auszuzahlen. Violante habe sich schwanger gestellt und ein von einer Hebamme für hundertfünfzig Skudi gekauftes Kind untergeschoben zu dem Zweck, ihrer Familie die Nutznießung der fünfundzwanzig Stück päpstlicher Anleihe zu erhalten. Sie hätte diese Täuschung sehr geschickt ins Werk gesetzt.
Diese Denkschrift Pietros wurde bald stadtbekannt und erregte mehr Unwillen als Erstaunen, denn man sagte sich, daß die Franceschini von diesem Schriftstück sehr beleidigt werden müßten. Die Franceschini überlegten, daß man, wenn Pompilia kein eheliches Kind sei, die Ehe nichtig erklären und so den guten Ruf der Familie wieder herstellen könne. Die Rechtskundigen, die sie darüber befragten, waren aber verschiedener Meinung und so trauten sich die Franceschini nicht an einen so zweifelhaften Prozeß. Was sie erreichten, war die Anerkennung von Pompilias ehelicher Geburt und damit die rechtsgültige Erbschaft der Anleihescheine. Dagegen appellierte Pietro beim päpstlichen Gericht und erreichte, daß die Franceschini wohl nur die Ausgaben jener Übertragung, nicht aber die Nutznießung des Fideikommisses zugesprochen bekamen.
Aller Haß der Franceschini wandte sich auf die unglückliche Pompilia, die in Arezzo zurückgeblieben war. Von den eigenen Eltern als Kind verleugnet, wurde sie von ihrem Gatten täglich mit dem Tode bedroht. Die sechzehnjährige Pompilia ertrug alle Grausamkeit, wie sie vermochte; als sie aber keinen Ausweg mehr sah, wandte sie sich an den Statthalter von Arezzo, aber ohne Erfolg. Nun warf sie sich dem Bischof zu Füßen, und dieser ließ den Guido rufen und mahnte ihn zu Versöhnlichkeit. Aber diese öffentliche Beschwerde brachte ihn ganz außer sich, und er drohte seinem Weibe, es zu töten, wenn sie es nochmals wagen sollte, sich zu beklagen. Da es aber in nichts besser wurde, wandte sich Pompilia an einen Schwager ihres Mannes, den Canonicus Conti, der ihren Jammer kannte, und bat ihn, ihr das Leben zu retten. Der Canonicus sah das Heil nur in der Flucht aus dem Hause; da er sich aber nicht die Feindschaft seiner Sippe aufladen wollte, empfahl er Pompilia, sich an den Canonicus Caponzachi zu wenden, einen Freund und entfernten Verwandten der Franceschini, einen rechtschaffenen und erprobten Mann. Dieser hatte nun erst Bedenken, eine Frau ihrem Manne zu entführen, wenn auch nur zu ihren Eltern, aber schließlich gewann ihn doch das Mitleid und er versprach seine Hilfe. Als diese nicht rasch genug kam, schrieb Pompilia an ihn, leidenschaftlich und schmeichelnd, doch nie derartiges, daß man daraus eine Verletzung ihres ehelichen Treugelöbnisses hätte lesen können, wie die erhaltenen Briefe zeigen. In einem dieser Briefe lobt sie des Caponzachis Bescheidenheit, in einem andern beschwert sie sich über einige frivole Gedichte, die er ihr geschickt habe und bittet ihn, ihr seinen Edelmut rein zu erhalten.
Am verabredeten Tage der Flucht bestiegen der Canonicus und Pompilia den Reisewagen und erreichten in raschester Fahrt am frühen Morgen des andern Tags Castelnuovo; da hier der Wirt ihnen nur ein Bett bieten konnte, verbrachte Pompilia die Rast auf einem Lehnstuhl, während der Canonicus im Stall zum Kutscher ging.
Kurz nach der Flucht entdeckte Guido das leere Bett und den offenen Schrank, in dem eine darin verwahrte Geldsumme fehlte. Zu Pferde eilte er den Flüchtigen auf der Straße nach Rom nach. Er traf eine Stunde nach ihrer Ankunft in jener Herberge ein, stieß auf Caponzachi, der ihn einen Schurken und Tyrannen nannte. Guido war sehr überrascht, den Canonicus bei seiner Frau zu treffen, und er verlor allen Mut so sehr, daß er wieder nach Hause ritt. Hier angekommen verklagte er seine Frau wegen Flucht und Ehebruch, womit er seine Mitgift gewonnen zu haben glaubte. Sein Bruder, der Abbate Paolo, erhob Beschwerde beim Papste Innozenz XII. und beim Gouverneur von Rom, dieser möge den Canonicus Caponzachi als Entführer und Ehebrecher erklären und seinem Bruder die Mitgift zusprechen.
Der mit aller Strenge geführte Prozeß ergab aber nichts gegen das Paar, außer dem Briefwechsel vor der Flucht, diese selber und die Aussage des Kutschers, der erklärte, er hätte beim Umsehen des öftern die beiden Wange an Wange liegend im Wagen gesehen. Aber es möchte dessen Ursache die schlechte Straße gewesen sein. Endlich verfügte das Gericht die Verbannung des Canonicus für Jahre nach Civitavechia wegen Begünstigung der Flucht, wenn auch in guter Absicht. Pompilia wurde mit Zustimmung der Franceschinis in loco carceris nach dem Kloster delle Scalette an der Lungara gebracht, wo Guido ihren Unterhalt zu bestreiten hatte. Da sie aber ihrer Schwangerschaft wegen nicht länger an diesem Orte bleiben konnte, verfügte der Gouverneur ihre Übersiedlung in das elterliche Haus, womit auch der Unterhalt durch den Gatten sein Ende fand.
Des Geredes über diese Sache war in Rom so viel, daß der Abbate Paolo seine Stelle beim Malteserorden verlor. Worauf er sich entschloß, Rom zu verlassen und in ein Land zu gehen, wohin kein Gerücht von der Unehre, die ihn betroffen, gedrungen sein konnte. Er hinterließ Guido die Pflicht, die Ehre des Hauses wieder herzustellen.
Pompilia gebar einen Sohn, der den Namen Moschio erhielt und von den Comparinis zur Pflege außer Haus gegeben wurde. Alle Welt hoffte, Guido würde nun zur Besinnung kommen und sich mit seinem Weibe versöhnen; aber Guido hatte ganz andere Gedanken: er wollte seine Ehre mit dem Blute aller Contarinis reinwaschen.
Einem Feldarbeiter, einem Menschen niedern Wandels, vertraute er seine Schmach und seinen Racheplan an, und der Mensch erbot sich, mit Hilfe von vier, fünf sichern Leuten den Racheplan auszuführen. Zu fünft begaben sie sich verkleidet nach Rom und klopften des Nachts um zwei bei den Comparinis an. Einer rief, er habe einen Brief Caponzachis zu bestellen, aber die Frauen hatten Angst und rieten Pietro, nicht zu öffnen. Der aber, auf den Brief neugierig, öffnete die Tür und Guido stürzte mit zweien seiner Leute herein, während die andern zwei draußen Wache standen. Er stieß dem Alten das Messer in den Leib, so daß er ohne einen Laut hinfiel und starb. Hierauf ermorderte er Violante und die unglückliche Pompilia mit vielen Messerstichen und Fußtritten. Einem seiner Leute befahl er, nachzusehen, ob die Frauen tot seien; der zog sie an den Haaren hoch, ließ sie hinfallen und sagte, sie seien tot. Er zahlte ihnen dann den Lohn aus und wollte sich von ihnen trennen; dies aber ließen die vier Gesellen nicht zu, aus Angst, und so gingen sie alle miteinander zu Fuß die Straße nach Arezzo zu.
Guido und Violante waren tot, aber Pompilia lebte noch, trotzdem sie die meisten Messerstiche bekommen hatte. Nun rief sie um Hilfe, so daß die Nachbarn herbeieilten. Mit großer Standhaftigkeit ertrug sie ihre schwere Verwundung, beklagte auch nicht ihren Gatten, sondern bat den Himmel, daß er ihm seine Tat vergebe, und starb eines seligen Todes, bis zuletzt ihre Unschuld beteuernd.
In einer Hütte nahe Rom wurden die Mörder aufgegriffen. Guido gestand erst beim Anblick der Folter, rechtfertigte seine Tat aber als seiner Ehre wegen getan. Seine Mitschuldigen wurden an den Galgen geknüpft; er selber wurde geköpft.
KÖNIGIN CHRISTINE
Die Königin Christine hatte Jahre in Rom gelebt und entschloß sich, einer Einladung Ludwigs XIV. zu folgen und nach Frankreich zu reisen. Mit einem großen Gefolge von Kavalieren und Pagen verließ sie Rom. Der König hatte für seinen erlauchten Gast einen prunkvollen Palast richten lassen und dem Gefolge ein Kavalierhaus angewiesen. In diesem Gefolge befanden sich zwei Herren, die sie mit ihrer besonderen Gunst auszeichnete; Tag und Nacht waren der Marchese Monaldeschi und der Marchese Santinelli um sie, der erste ein witziger Poet in der modischen Art der Marini, der den königlichen Hof zum großen Ergötzen seiner Herrin in scharfen Satiren durchhechelte. Dies führte dazu, daß ihn die Königin zu ihrem geheimen Vertrauten machte. Darüber fühlte sich Santinelli zurückgesetzt, wenn auch die Königin alles tat, ihn huldvoll zu behandeln. Monaldeschi merkte die Eifersucht seines Nebenbuhlers um die Gunst und wollte sich diese allein erhalten; also ließ er am Hofe Briefe mit verstellter Hand verbreiten, in denen sehr vertrauliche Mitteilungen der Königin an Santinelli und was sie miteinander taten, auf das respektloseste erzählt wurden. Diese Briefe kamen auch in Santinellis Hände, und er erkannte die verstellte Handschrift. Er beschloß die Vernichtung seines Gegners. Er brachte, mit der Königin einmal im Garten lustwandelnd, das Gespräch auf jene Briefe, über die man sich bei Hofe sehr skandalisierte. Die Königin verlangte die Briefe zu lesen; doch schwieg sie dazu und bat Santinelli nun, nicht weiter darüber zu sprechen. Ein neuer Brief, in anderer Hand, aber gleichem Stile, teilte weiteres von den Beziehungen der Königin zu Santinelli mit. Die Königin wollte nun die verdiente Strafe für den Briefschreiber nicht länger hinausschieben, aber sie lebte in Frankreich, wo die Gesetze jede Gewalttat strenge ahnden. Die Gesetze waren erst vor kurzem vom Kardinal Richelieu erlassen worden, um den zahlreichen Bluttaten zu steuern. Der König hatte ihre geringste Verletzung mit dem Tode bestraft, auch wenn es Mitglieder seines Hauses waren, die sich solches zuschulden kommen ließen. Durch eine Ermordung des Monaldeschi hatte die Königin den Zorn des Königs zu fürchten; doch war ihre Ehre allzu sehr beleidigt und solches allgemein bekannt geworden.
Eines Tages legte die Königin dem Monaldeschi einen mit verstellter Hand geschriebenen Brief vor, er möge ihn lesen.
„Wer ihn wohl geschrieben haben mag,“ sagte sie, „ich kenne die Handschrift nicht.“
Und als Monaldeschi schwieg, sagte sie: „Welche Strafe verdient wohl der Schreiber solcher Böswilligkeiten?“
„Sicher den Tod,“ sagte der Marchese, „den Tod, den ihm Eure Majestät wählen.“
„Den Tod, meint Ihr? Ich werde mich Eures Urteils erinnern. Denkt daran.“
Die Furcht, in die Monaldeschi nach dieser Unterredung geriet, ließ ihn zu Santinelli gehen, von dem er wußte, daß er einige ähnliche Schreiben verwahre; er wollte von ihm erfahren, ob die Königin auf ihn einen Verdacht geworfen habe. Doch Santinelli beruhigte ihn derart, daß Monaldeschi ahnungslos in den Tod ging.
Die Königin ließ eines Tages einen Edelmann ihrer Leibwache kommen und gab ihm den Auftrag, am nächsten Morgen in einem entlegenen Zimmer den Marchese Monaldeschi heimlich und ohne Lärm mit einem Degenstoß ins Herz beiseite zu schaffen. Auch einen Mönch ließ sie sich bereithalten, den Marchese auf sein Ende vorzubereiten. Der Mönch bat die Königin, ihm solchen schweren Auftrag zu erlassen, da ihm sonst die Ungnade des Königs sicher sei. Doch sie gab ihm ihr Wort, daß er nichts zu befürchten habe, und versprach ihm eine Belohnung.
Andern Morgens ließ sie Monaldeschi in den Garten rufen; sie zeigte ihm wieder einen Brief und neben diesen hielt sie seine Handschrift: er konnte nicht mehr leugnen. Er fiel der Königin zu Füßen und bat um Gnade. Die Königin sagte: „Was Euer Seelenheil anbetrifft, so habe ich Euch der Huld Gottes empfohlen; was mich betrifft, so verzeih ich Euch. Ihr habt in Eurer Sache selbst gerichtet. Euer Urteil soll vollstreckt werden.“ Damit verließ sie ihn. Zwei Leute hielten den Marchese fest, der ihr nachspringen wollte, und führten ihn in ein abgelegenes Gartenzimmer, wo er, wie sie ihm sagten, gefangen bleiben sollte. Da traf er den Mönch, der ihm auf Befehl der Königin das Urteil verkündete.
Auf Ansuchen des Marchese begab sich der Mönch zur Königin und bat um das Leben; aber die rachsüchtige Frau bestand auf seinem sofortigen Tode. So bat der Mönch den Marchese, sich zum Tode vorzubereiten und seine Sünden zu beichten, zumal die Henker schon warteten. Aber der Marchese verweigerte die Beichte, in ungeheurer Wut durch das Gemach stampfend. Da überfielen ihn jene beiden; und der eine stach nach ihm mit dem Degen; doch glitt er am Wamse ab. Ein zweiter Stich, den er abwehren wollte, durchbohrte ihm die Hand und verletzte ihn am Kopfe. Jetzt erst, aus zwei Wunden blutend, verlangte er zu beichten, was die beiden Mörder nur auf Bitten des Mönchs gewährten, der nicht mehr wußte, in welcher Welt er lebte. Nach der Absolution wollte Monaldeschi sein Wams ablegen, um einem Stoß ins Herz freien Weg zu geben; aber als er sein Kleid auszog, drangen ihm zwei Degen durch den Hals, daß er aufstöhnend verschied. ‚Herr Jesus‘ war sein letztes Wort. Den Leichnam schnürte man in eine Decke und vergrub ihn gar kläglich neben einer nahen Kirche, rasch, damit man von dem Tode nichts erführe. Aber es kam doch dem König zu Ohren, der genaues wissen wollte. Er war nah daran, die Königin aus dem Reiche zu verweisen. Er ließ den toten Marchese ausgraben und mit allem Pomp beisetzen, auf daß jeder von der grausamen Tat der blutdürstigen Frau erfahre. Hatte der König vor jener Tat die Königin mit seinem Besuche beehrt, so brach er nun jeden Verkehr mit ihr ab; worin sie eine Beleidigung sah und abreisen wollte. Sie wollte das, um ihre Mißachtung gegen den König damit auszudrücken, ohne jede Förmlichkeit tun; aber der König, der den Tag ihrer Abreise erfahren hatte, besuchte sie und verabschiedete sich kurz von ihr. Soldaten eskortierten sie ein paar Meilen weit; es sah wie eine Ehrung aus, aber es geschah zu ihrer Bestrafung, denn die Soldaten begleiteten sie wie eine Gefangene.