Kitabı oku: «Der Weg zur Promotion», sayfa 3
DIE GESCHICHTE VON DER VERSCHWUNDENEN PROMOTIONSORDNUNG
Eine Freundin von mir, die schon längst einem regulären Beruf außerhalb der Universität nachgeht, hat in ihrer Freizeit an der Dissertation gearbeitet, was – wie man sich angesichts dieser Umstände denken kann – viele Jahre dauerte. Glücklicherweise sind ihr die Prüferinnen in dieser langen Zeit nicht »weggestorben« (ich schreibe »glücklicherweise«, weil ich selber das Pech hatte, dass meine Betreuerin kurz vor der Prüfungsphase starb), und das gesamte Promotionsverfahren schritt gemächlich (und von allem Beteiligten fast unbemerkt) voran.
Irgendwann hatte sie genug Quellen studiert, Akten ausgewertet, die Sekundär- und Tertiärliteratur zu ihrem Thema rezipiert, kurzum: Sie hatte ein ansehnliches Quantum Text produziert, in Teilen wieder verworfen, neu formuliert, umgruppiert, hin und her gewendet, hier ergänzt, dort gekürzt, mit Exkursen versehen … die Textmasse also war aufgegangen, und endlich fand sie, die Dissertation sei fertig, es gebe zu diesem Thema fortan nichts mehr zu sagen, wenigstens von ihrer Seite nicht. Punkt. Ende.
Drei Gedanken beschäftigten sie nun: Sie musste sich bei ihren Prüferinnen wieder in Erinnerung rufen – und welchen schöneren Anlass dafür kann es geben, als »Vollzug« zu melden und das Opus Magnum als PDF an die Doktormutter zu schicken? Außerdem galt es, die Präliminarien der mündlichen Prüfung zu besprechen und etwaige Termine zu koordinieren – und darüber hinaus hatte sie sich Gedanken um die Veröffentlichung des Textes zu machen.
Nach dem mühevollen Abfassen einer Einleitung – die, wie alle Einleitungen, zugleich eine Einführung ins Thema und eine Zusammenfassung der Ergebnisse ist, also eigentlich noch mal die ganze getane Arbeit in Zeitraffer wiederholt (dazu später mehr) – gab meine Freundin, sobald ihre Prüferin verlautbart hatte, dass es ihrerseits keine Änderungswünsche mehr gebe, das gesamte Textkonvolut an eine Lektorin, die Tippfehler und gelegentliche stilistische Nachlässigkeiten ausmerzte, die Zitate vereinheitlichte und ein Register anfertigte, sodass der Text nun als »satzfähig« gelten und Verhandlungen mit einem Wissenschaftsverlag aufgenommen werden konnten. Außerdem wurden noch zwei »maschinenschriftliche« Exemplare auf dem eigenen Laserdrucker ausgedruckt und in einem Copyshop geheftet, um sie, versehen mit einer Notiz zur eigenen Person sowie der Bemerkung, dass es sich hier um eine »Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde« (was denn auch sonst?) handle, nebst einer »eidesstattlichen Erklärung«, dass hier nicht gepfuscht worden sei, bei der Fakultät abgeliefert.
Die Verhandlungen mit dem Verlag liefen gut. Man war sich relativ schnell einig über die Auflagenhöhe (niedriger dreistelliger Betrag) und Kosten (mittlerer vierstelliger Betrag), und der Verlag schickte das PDF nach einer kurzen Kontrolle weiter an die Setzerin – es handelte sich um einen der besseren Verlage, die ihren Autorinnen nicht auch noch die undankbare Aufgabe des Layoutens aufbrummen (was heute leider fast die Regel ist). Den »Waschzettel« (der Werbetext zum Buch, der kurz auf den Inhalt eingeht und ein paar biografische Schnipsel zur Verfasserin enthält) saugte sich eine Praktikantin aus den Fingern, und eine Designerin wurde mit der Covergestaltung beauftragt. Mit dem Verlagsvertrag in der Tasche konnte sich meine Freundin dann zur Prüfung anmelden (diesen Hinweis hatte sie von einer Sekretärin im Büro der Fakultät erhalten – keine Anmeldung zur Prüfung ohne unterschriebenen Verlagsvertrag!)
Die Disputatio (das Prüfungsgespräch – je nach Fakultät gibt es noch eine größere mündliche Prüfung, das Rigorosum) verlief ohne Probleme, da das Promotionsverfahren ja schon von langer Hand initiiert worden war und nur Details zu einzelnen Thesen der Dissertation besprochen wurden. Das Abfragen allgemeiner Fachkenntnisse sparte man sich, es gab keinerlei Rivalitäten unter den Mitgliedern der Prüfungskommission, und niemand hatte die Absicht, aus Profilierungsgründen die Kandidatin in die Pfanne zu hauen. Alle waren froh, die Sache endlich abschließen zu können. Meine Freundin bekam eine Note, mit der alle »sehr gut leben« konnten, sowie eine Urkunde, die ihr die Erlaubnis bescheinigte, sich fortan »Dr. des.« (Dr. designatus, »für den Doktortitel vorgesehen«) nennen zu dürfen.
Da der Buchsatz (heute sagt man auch oft Layout) relativ schnell geht, buchte der Verlag, nachdem meine Freundin schnell das »Imprimatur« (die Druckgenehmigung) erteilt hatte, »zeitnah« einen Termin bei der Druckerei, um das Buch noch vor Beginn der Buchmesse ausliefern zu können (Verlage sind generell an der Einhaltung des Produktionsplans interessiert, weil es immer »vor Beginn der Buchmesse« ist).
Und während die ersten Bögen aus der Druckmaschine schossen, dachte sich meine Freundin, was sie denn jetzt zum Abschluss tun müsse, um den »echten« Doktortitel zu bekommen. »Dr. des.« oder »Doktor in spe« ist ja nichts Richtiges. Würde eine Email ausreichen, dass das Buch jetzt vorliege und man es in den Buchhandlungen kaufen könne? Oder müssten gedruckte Exemplare an die Fakultät geschickt werden? Und wenn ja: wie viele Exemplare? Um sich darüber Klarheit zu verschaffen, warf sie einen Blick in die Promotionsordnung ihrer Fakultät – zum ersten Mal seit vielen Jahren.
Und was las sie da?
Zum einen, dass der Titel erst mit der Aushändigung der Promotionsurkunde getragen werden dürfe. Ausgehändigt würden die Promotionsurkunden bei der einmal im Jahr stattfindenden »Feierlichen Promotion« (eine Festveranstaltung mit ein paar Takten Musik vom Universitätsorchester, bei der die Rektorin Feierliches und Besinnliches von sich gibt, bevor die frischgebackenen Doktorinnen der Reihe nach namentlich aufgerufen werden, um sich ihre Urkunde abzuholen; es gibt weder Häppchen noch Getränke, dafür kostet die Veranstaltung aber auch keinen Eintritt …). Der Termin der nächsten »Feierlichen Promotion« sei beim Sekretariat der Universität zu erfragen, werde aber auch in der Presse bekanntgemacht. Ausnahmen von dieser Regelung seien nicht vorgesehen. Zum andern bedürfe es einer schriftlichen Erklärung des Verlags, dass die Dissertation in einer Auflage von mindestens 200 Exemplaren vorliege und im Buchhandel käuflich zu erwerben sei. Und: Die Verlagsausgabe müsse textidentisch mit der Fakultätsausgabe sein, die zur Beantragung der Doktorprüfung eingereicht wurde. Inklusive Vorsatzblatt (also inklusive der oben erwähnten eidesstattlichen Erklärung).
Dass sie den Termin für die jährliche »Feierliche Promotion« gerade um ein paar Wochen verpasst hatte, war nicht schlimm. Dann würde sie sich halt erst im nächsten Jahr Doktor ohne »des.« nennen können. Die erforderliche Erklärung seitens des Verlags war auch kein Problem (obwohl man über diese in der Promotionsordnung formulierte Bedingung schmunzelte, denn eigentlich müsste der Vertrag zwischen Autorin und Verlag ja als Beweis dafür, dass das Buch veröffentlicht wird, ausreichen). Wirklich schlimm war die Sache mit der Textidentität. Denn es ist bei gedruckten Dissertationen durchaus nicht mehr üblich, dass das Vorsatzblatt, das der Fakultät eingereicht werden muss, mitgedruckt wird. Dass ausgerechnet die für sie geltende Promotionsordnung (die inzwischen von neueren Promotionsordnungen abgelöst worden war, aber für ihr Promotionsverfahren eben immer noch galt) noch diesen altväterlichen Passus enthalten würde, wusste niemand. Man hätte eben mal reingucken sollen!
Kurzzeitig überlegte meine Freundin, den Verlag zu bitten, die gesamte Auflage einzustampfen und mit dem Vorsatzblatt neu zu drucken. Aber das wäre teuer geworden, zu teuer für diese Lebensphase. Die Lösung war am Ende einfach: Man druckte 300 Exemplare der eidesstattlichen Erklärung aus und klebte sie per Hand in die Bücher ein, die sich glücklicherweise noch alle im Lager des Verlags befanden.
Ein Jahr später nahm sie an der »Feierlichen Promotion« teil und hatte ihre Doktorurkunde in der Hand.
Und was lernen wir aus dieser Anekdote?
Besorgen sie sich frühzeitig die für ihr Promotionsverfahren gültige Promotionsordnung! Jede Fakultät hat eine eigene. Lesen Sie sie aufmerksam. Lassen Sie sich eventuell unverständliche Formulierungen erläutern. Nehmen Sie die Promotionsordnung später in ihrer Promotionszeit gelegentlich zur Hand, insbesondere, wenn es um die Koordinierung zeitlicher Abläufe vor und in der Prüfungsphase und um die Einreichungsbedingungen von Texten, Belegen, Zeugnissen, eidesstattlichen Erklärungen usw. geht. Und ganz wichtig: Lesen Sie sie noch einmal durch, bevor Sie Ihre Dissertation zum Druck geben!
Das war bereits ein gedanklicher Ausflug an das Ende des Promotionsverfahrens, der Sie erst mal nicht weiter beunruhigen sollte. Kommen wir zum Abschluss des Kapitels zum Organisatorischen noch einmal auf den Anfang zurück.
Sie haben sich entschieden zu promovieren. Sie haben Ihr Thema, Ihre Betreuerin und ihre Hochschule gefunden. Gut! Es bleibt nun nur noch die Frage zu klären, wovon Sie in den nächsten Jahren leben wollen.
FINANZPLANUNG
Sie haben ein Millionenvermögen geerbt, oder Ihre Eltern oder ihre Partnerin sind so reich und zugleich so spendabel, dass Sie sich um die Finanzierung Ihrer Promotion keine Gedanken machen müssen? Herzlichen Glückwunsch! Dann können Sie den Rest dieses Kapitels überschlagen.
Alle anderen müssen sich wohl oder übel Gedanken über die Finanzierung der nächsten Jahre machen, die sie für ihre Promotion realistischerweise brauchen werden. Ich rede hier nicht von den geradezu reflexhaft genannten drei Jahren, die eine Promotion angeblich dauert. Diese Zahl ist eine Mystifikation, denn sie beziffert nicht die tatsächliche Dauer einer tatsächlichen Promotion, sondern die durchschnittliche Förderungsdauer (zwei Jahre plus 2 × 6 Monate Verlängerung), die eine Stipendiatin eines der 13 bundesdeutschen Begabtenförderungswerke erwarten kann. (Die Begabtenförderungswerke verwalten Mittel des Bundesministeriums für Bildung und Forschung beziehungsweise des Auswärtigen Amts und haben dementsprechend die Richtlinien dieser Behörden zu befolgen; dazu später mehr.)
Realistisch sind vier Jahre (in »strukturierten Promotionsprogrammen«) und fünf Jahre bei individuellen Promotionen; in geisteswissenschaftlichen Fächern sind es durchschnittlich noch ein paar Monate mehr. Doch auch hier handelt es sich um gemittelte Zahlen. Ihre eigene Promotionszeit kann durchaus länger sein als dieser Durchschnitt!
Machen Sie zunächst eine Kostenaufstellung: und zwar nicht für den gesamten Zeitraum von fünf Jahren, denn dann würde Ihnen sofort schlecht werden; sondern eine Aufstellung der ungefähren monatlichen Fixkosten, die auf Sie zukommen. (Das ist ein überschaubarer Betrag, der nicht sofort Herzrasen verursacht.) Sie setzen sich zusammen aus folgenden Posten:
•Miete
•Mietnebenkosten
•Strom- und Heizkosten
•Steuern und Abgaben
•Versicherungen (insbesondere Krankenversicherung)
•Semesterbeitrag beziehungsweise Studiengebühr,
•Kosten für Arbeitsmittel, Kommunikationsmittel und Mobilität
•Lebenshaltungskosten (Nahrung, Kleidung, Körperhygiene)
Sie sollten sich unbedingt bei Ihrer Krankenversicherung erkundigen, ob sie die geltende Rechtslage, dass Promovierende keinen Rechtsanspruch mehr auf den vergünstigten Studierendentarif (»Ausbildungstarif«) haben, wörtlich nimmt. Denn die verschiedenen Krankenkassen gehen mehr oder weniger kulant mit Promovierenden um: Bei einigen können Sie sich bis zum Alter von 30 Jahren noch nach dem verbilligten Tarif versichern, bei anderen sogar bis 34 Jahre. Für den Fall, dass Sie ein Stipendium von einem der 13 Begabtenförderungswerke bekommen, sollten Sie auf jeden Fall eine Krankenkasse wählen, die das Stipendium als steuerfreies Einkommen anerkennt – dann zahlen Sie nämlich nur einen Krankenversicherungsbeitrag auf der »Mindestbeitragsbemessungsgrundlage«. Erkundigen Sie sich gleichzeitig bei Ihrer Krankenkasse, wie sich die Beitragsbemessung ändert, wenn Sie einen Uni-Job haben. Da die Krankenkassen immer von Wettbewerb reden: Machen Sie sich das zunutze und wechseln Sie zu der Krankenkasse, die Ihnen den besten Tarif bietet! Und wenn Sie verheiratet sind: Dann können Sie sich über die Ehepartnerin kostenlos »familienversichern«.
Zu Ihrem Überschlag der auf Sie zukommenden monatlichen Kosten gehören auch forschungsbedingte Ausgaben, die zum Teil nur einmal anfallen oder sich nur schwierig als Anteil an den monatlichen Kosten vorausberechnen lassen: Computer, Fachliteratur, Büromaterial, eventuell Kosten für Forschungsreisen und Kongressteilnahmen. (Sie können im Vorfeld nicht wissen, ob sie an dem Kongress XY, der in zwei Jahren stattfinden wird, teilnehmen sollten, oder ob Sie sich das sparen können. Ebenso kann Ihnen ein Forschungsaufenthalt im Ausland zu Beginn Ihrer Promotion überflüssig erscheinen und sich später als unbedingt notwendig herausstellen. Einen Computer haben Sie wahrscheinlich ohnehin schon, er kann aber unverhofft kaputtgehen, usw.
Bedenken Sie bitte, dass Sie bei der Berechnung Ihres monatlichen Geldbedarfs noch einen Betrag berücksichtigen sollten, der für spontane Käufe, den Besuch von Kulturveranstaltungen, Freizeitaktivitäten oder für das Nachtleben reserviert ist – für das Leben also (insofern Ihr Leben als Doktorandin aus mehr bestehen sollte als aus Arbeit und der Erhaltung der basalen Körperfunktionen).
Ein Wort noch zur Steuer: Geben Sie während Ihrer Promotionszeit jährlich eine Einkommensteuererklärung ab! Auch und gerade wenn Sie nur ein »negatives Einkommen« haben. Denn das können Sie später – wenn Sie einmal »richtiges Geld« verdienen sollten – als Verlust eintragen. Dazu zählen alle Kosten, die für Sie im Zusammenhang mit der Promotion anfallen, vom Bleistift über Kongressgebühren bis hin zu den Kosten, die für die Veröffentlichung der Dissertation anfallen. Die einzige Bedingung: Es muss für das Finanzamt plausibel sein, dass Ihre Promotion in einem Zusammenhang mit Ihrer späteren Berufswahl steht.
Denken Sie dann über mögliche Einnahmequellen nach. Einnahmequellen – neben einer eventuellen Unterstützung durch die Eltern, den Dividenden aus Ihrem Aktienportfolio oder einer solventen Partnerin – gibt es drei: eine Beschäftigung an der Universität (beziehungsweise einem Forschungsinstitut), einen Job außerhalb der Forschung, ein Stipendium. Alle drei Einnahmequellen können (in Grenzen) miteinander kombiniert werden. Zum Jobben brauche ich hier nicht viel zu sagen: Sie wissen selbst am besten, wo Sie sich in Ihrer Unistadt als studentische Aushilfe verdingen können. Deshalb rede ich hier jetzt nur über Univerträge und Stipendien.
BESCHÄFTIGUNGSVERHÄLTNISSE AN DER UNIVERSITÄT ODER AN EINEM FORSCHUNGSINSTITUT
Es gibt prinzipiell zwei Varianten: »Qualifikationsstellen« (Wissenschaftlicher Mitarbeiter), die aus den Haushaltsmitteln der Hochschule finanziert werden, und »Drittmittelstellen«, deren Finanzierung eingeworben werden muss. Die Bezahlung richtet sich im Allgemeinen nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L; das Land Hessen hat einen eigenen Tarifvertrag, TV-H), und darin jeweils nach der Entgeltgruppe 13. Qualifikationsstellen sind auf maximal 6 Jahre befristet, sie können allerdings nach einer erfolgreichen Promotion (und beiderseitigem Wunsch nach Weiterbeschäftigung) einmalig um weitere 6 Jahre verlängert werden (bei Medizinerinnen sogar um 9 Jahre). Das ist dann die Postdoc-Phase. (Den Gesetzestext zu den Befristungen finden Sie im Wissenschaftszeitvertragsgesetz – WissZeitVG).
Das Schöne (und zugleich Belastende) an Qualifikationsstellen ist, dass Sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin in den akademischen Betrieb eingebunden werden. Denn das Hochschulrahmengesetz (HRG) sieht vor, dass Promovierenden »ausreichend Gelegenheit zu eigener wissenschaftlicher Arbeit gegeben« werden soll, aber auch, dass Ihnen »wissenschaftliche Dienstleistungen obliegen«, die nicht näher spezifiziert werden, und dass Ihnen in »begründeten Fällen […] die selbständige Wahrnehmung von Aufgaben in Forschung und Lehre übertragen werden« kann (§ 53 HRG).
Schön daran ist, dass Sie dadurch viele Einblicke in den Hochschulalltag von der »anderen Seite«, also der nichtstudentischen Seite bekommen, dass Sie (falls Sie mit der Abhaltung von Lehrveranstaltungen beauftragt werden) Ihre pädagogischen Fähigkeiten und Ihre »Bühnenpräsenz« trainieren können, und vor allem, dass Sie eine Menge informelles Wissen aufnehmen können und Menschen treffen, die am Lehrstuhl beschäftigt sind, an die Sie sonst nie herankämen.
Belastend kann es allerdings sein, wenn Sie an eine Professorin geraten, die übergroßen Wert auf die Erbringung »wissenschaftlicher Dienstleistungen« aller Art legt und sich dabei einen sehr weiten Interpretationsspielraum vorbehält, was eine »wissenschaftliche Dienstleistung« ist und was nicht – und die dabei aus dem Blick verliert, dass eine Qualifikationsstelle hauptsächlich dazu dienen sollte, dass Sie Ihre Promotion voranbringen können. (Lesen Sie dazu auch unten den Abschnitt »Die Vielbeschäftigte«, S. 106 ff.)
Drittmittelstellen sind meistens projektgebunden, und die Dauer der Finanzierung richtet sich nach der Laufzeit des Projekts – ist also immer zu kurz. Um die Mitteleinwerbung für ein Folgeprojekt (zur Anschlussfinanzierung) müssen Sie sich meist selbst kümmern, da von Ihnen als Inhaberin einer Drittmittelstelle erwartet wird, dass Sie sich im Metier der Drittmitteleinwerbung auskennen. Haben Sie allerdings erfolgreich Drittmittel eingeworben, ist das ein Pfund, mit dem Sie später auf dem Arbeitsmarkt wuchern können. (»Was haben Sie bisher so gemacht?« – »Ich habe wissenschaftlich geforscht!« – »Meh … und sonst so?« – »Ich bin gut in Marketing …« – »Ok. Gekauft!«)
Der Einwerbungs-, Administrations- und Evaluationsaufwand ist hoch, denn natürlich möchte der Finanzier Ihrer Promotion genau über den Fortschritt Ihrer Bemühungen und den Zusammenhang dieser Bemühungen zum Fortschritt des Gesamtprojekts informiert werden. (Die Stipendiengeber verfahren da übrigens nicht anders.) Darüber hinaus sind Sie auch als Inhaberin einer Drittmittelstelle nicht davor gefeit, mit mehr oder weniger wörtlich zu nehmenden »wissenschaftlichen Dienstleistungen« beauftragt zu werden: Mit der Erstellung von Sitzungsprotokollen, Pressetexten, der Organisation von Tagungen, redaktionellen Aufgaben bei der Publikation von Tagungs- Sammel- und sonstigen Bänden, der Betreuung von Studentinnen oder Praktikantinnen usw. Sie sind auf einer Drittmittelstelle also keineswegs freier als auf einer Qualifikationsstelle, nur hat die Drittmittelstelle eine kürzere Laufzeit.
Häufig sind auch Kombinationen aus Qualifikations- und Drittmittelstellen – denn nirgendwo steht geschrieben, dass es sich dabei immer um Vollzeitstellen handeln muss. »Halbe« oder gar »Viertel« Mitarbeiterstellen sind gängige Praxis, der Rest Ihres monatlichen Auskommens wird dann aus Drittmitteln bestritten, oder Sie müssen sonst wie aufstocken.
STIPENDIEN
Hier lassen sich zwei Großgruppen unterscheiden: die 13 Begabtenförderungswerke, die aus den Mitteln des Ministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und des Auswärtigen Amts (AA) schöpfen, und freie Stipendiengeber, die sich teils an die Vorgaben des BMBF halten, teils nicht. Einen ersten Überblick über die Vielfalt möglicher Stipendien und dahinter stehender Institutionen können Sie sich auf der Seite »stipendienlotse« des Bildungsministeriums verschaffen (www.stipendienlotse.de). Da sich die Förderbedingungen bei den fast 200 freien Stipendiengebern (von »Airbus Operations GmbH« bis »ZONTA Club München II«) naturgemäß erheblich unterscheiden, kann ich hier keine speziellen Tipps geben. Schauen Sie einfach im Netz, welche Institution zu Ihnen und Ihrem Promotionsthema passen könnte.
Die 13 Begabtenförderungswerke arbeiten – anders als die freien Stipendiengeber – unter einheitlichen Vorgaben des BMBF, weshalb hier einige strukturelle Hinweise zu diesen Promotionsstipendien gegeben werden können.
Die Idee der Begabtenförderungswerke stammt aus der Weimarer Republik. Zum einen handelt es sich da um die von Friedrich Ebert angeregte (und nach seinem Tod 1925 gegründete) Stiftung, die proletarischen sozialistischen Studenten bei der Finanzierung des Studiums unter die Arme greifen sollte, und zum anderen um die Studienstiftung des deutschen Volkes, die aus dem Dachverband der studentischen Selbsthilfevereine, der »Wirtschaftshilfe der Deutschen Studentenschaft« hervorging, ebenfalls 1925. Die Friedrich-Ebert-Stiftung wurde im Nationalsozialismus verboten, die Studienstiftung gleichgeschaltet – doch wurde Letztere bereits vor der Verkündigung des Grundgesetzes der Bundesrepublik wieder neu gegründet, die Umwandlung der nach dem Krieg ebenfalls neugegründeten Friedrich-Ebert-Stiftung in einen gemeinnützigen Verein folgte 1954.
Der Gedanke, die Vergabe von Stipendien für begabte Nachwuchswissenschaftlerinnen nicht einer einzigen zentralen Institution zu überlassen, sondern die Auswahl und Betreuung der Stipendiatinnen auf mehrere Institutionen zu verteilen, die jeweils eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe repräsentieren, führte in der Bundesrepublik zu einer wachsenden Zahl von Begabtenförderungswerken: konfessionsgebundenen, parteinahen, gewerkschafts- und wirtschaftsnahen Stiftungen, meist in der Rechtsform des »eingetragenen Vereins«. Ich liste die 13 Förderwerke nach dem Jahr ihrer Aufnahme in die öffentliche Förderung auf:
•1948: Studienstiftung des deutschen Volkes – www.studienstiftung.de
•1948: Evangelisches Studienwerk Villigst – www.evstudienwerk.de
•1954: Friedrich-Ebert-Stiftung – parteinahe Stiftung (SPD) – www.fes.de
•1955: Konrad-Adenauer-Stiftung – parteinahe Stiftung (CDU) – www.kas.de
•1956: Cusanuswerk (Förderwerk der katholischen Kirche) – www.cusanuswerk.de
•1958: Friedrich-Naumann-Stiftung – parteinahe Stiftung (FDP) – www.freiheit.org
•1966: Hanns-Seidel-Stiftung – parteinahe Stiftung (CSU) – www.hss.de
•1977: Hans-Böckler-Stiftung – gewerkschaftsnahe Stiftung – www.boeckler.de
•1990: Rosa-Luxemburg-Stiftung – parteinahe Stiftung (Die Linke) – www.rosalux.de
•1994: Stiftung der Deutschen Wirtschaft – www.sdw.org
•1996: Heinrich-Böll-Stiftung – parteinahe Stiftung (Bündnis 90/Die Grünen) – www.boell.de
•2009: Ernst-Ludwig-Ehrlich-Studienwerk (ELES) – Förderwerk der jüdischen Gemeinschaft – eles-studienwerk.de
•2013: Avicenna-Studienwerk – Förderwerk für muslimische Studierende und Promovierende – www.avicenna-studienwerk.de
Laut Auskunft der Bundesregierung wurden im Jahr 2017 von allen 13 Werken zusammen 4.001 Doktorandinnen gefördert. Davon waren 2.065 Frauen (= 51 %), 856 Doktorandinnen mit Migrationshintergrund (= 21 %) und eine nicht genannte Zahl Promovierender aus »bildungsfernen Haushalten« beziehungsweise »Erstakademikerinnen«. Naturgemäß ist die statistische Erfassung des Bildungshintergrunds schwieriger als die der Staatsangehörigkeit der Eltern oder des Geschlechts – der Schulabschluss Ihrer Eltern steht halt nicht im Pass. Daher verweist die Bundesregierung auf eine Umfrage der Studienstiftung bei den von ihr geförderten Promotionstipendiatinnen der Abschlussjahrgänge 2003 bis 2012, nach der 30 Prozent aus einem nichtakademischen Elternhaus stammen. (Weiteres zum Bildungshintergrund der in Deutschland Promovierenden finden Sie weiter unten, S. 133.)
Im selben Jahr – 2017 – wurden an allen deutschen Hochschulen (laut Statistischem Bundesamt) 28.404 Menschen promoviert, was circa 1 % der in diesem Jahr eingeschriebenen Studierenden (2.844.978) entspricht. Dagegen ist die Quote der Promotionsförderungen durch die 13 Förderwerke gar nicht so schlecht: 4.001 gegen 28.404, das sind 14 Prozent. Sie sollten also keinesfalls die Option eines Promotionsstipendiums in den Wind schlagen, weil Sie etwa glauben, dass Ihre persönlichen Chancen zu gering seien. Sehen Sie es mal so: Wenn Sie sich zur Promotion entschlossen haben, ist die Wahrscheinlichkeit, ein Promotionsstipendium zu bekommen, 14-mal höher als die Wahrscheinlichkeit zu Beginn des Studiums, Ihr Studium überhaupt mit einer Promotion abzuschließen …
Wenn Sie sich also »weltanschaulich« mit einem der 13 Begabtenförderungswerke anfreunden können, sollten Sie die Gelegenheit nutzen und sich die erforderlichen Bewerbungsinformationen beschaffen (online!). Beachten Sie aber schon im Vorfeld folgende Aspekte:
•Sie können sich für ein Promotionsstipendium auch dann bewerben, wenn sie während Ihres Studiums noch nicht von einem der Begabtenförderungswerke unterstützt wurden. Sie sollten sich allerdings möglichst früh bewerben, am besten gleich, nachdem Sie die Zulassung zur Promotion erhalten haben, und nicht erst, wenn Sie bereits zwei oder drei Jahre im Promotionsprozess stecken.
•Bei der finanziellen Förderung einer Promotion kommt es nicht darauf an, dass Sie nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz BAföG-berechtigt sind; das heißt, das Elterneinkommen spielt keine Rolle.
•Eine Förderung durch eine parteinahe Stiftung setzt nicht die Mitgliedschaft in der Partei voraus, derer sich die entsprechende Stiftung »nahe« fühlt. Doch sollten Sie sich zumindest vorstellen können, diese Partei zu wählen. Das heißt, Sie sollten über eine argumentativ gestützte politische Meinung verfügen, die den gesellschaftspolitischen Idealen der jeweiligen Stiftung einigermaßen entspricht. Sollten Sie beispielsweise dem Anarchosyndikalismus zugetan sein, empfiehlt sich eine Bewerbung bei der Hanns-Seidel-Stiftung nicht. Und wenn Sie von sich selbst behaupten, ein »eher unpolitischer« Mensch zu sein, empfiehlt sich eine Bewerbung bei den parteinahen Stiftungen generell nicht.
•Für eine Förderung durch eine konfessionelle Stiftung gilt natürlich dasselbe. Sich als Katholikin beim Evangelischen Studienwerk zu bewerben, wäre abwegig.
•Gleichwohl sind Mehrfachbewerbungen möglich – also die gleichzeitige (oder fast gleichzeitige) Bewerbung bei unterschiedlichen Förderwerken. Die Förderwerke wollen das dann allerdings auch von Ihnen wissen. Das heßt, Sie sollten bei Mehrfachbewerbungen unbedingt mit offenen Karten spielen (die Förderwerke sind vernetzt und wissen voneinander). Auch hier gilt natürlich das Gebot der weltanschaulichen Nähe. Sich gleichzeitig bei der Hanns-Seidel-Stiftung und der Rosa-Luxemburg-Stiftung zu bewerben, wird sich mit ziemlicher Sicherheit zu Ihren Ungunsten auswirken (»Politisch nicht gefestigt!«). Gleichzeitig bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung, der Heinrich-Böll-Stiftung, der Böckler-Stiftung und dem Evangelischen Studienwerk geht theoretisch, wirkt aber immer noch etwas beliebig. Gleichzeitig bei Rosalux und Böckler dürfte kein Problem sein.
•Alle Förderwerke verlangen den Nachweis eines »gesellschaftspolitischen Engagements«. Das kann vom ehrenamtlichen Deutschunterricht für Geflüchtete bis zur Mitgliedschaft im Festkomittee eines Schützenvereins so ziemlich alles sein, was von Ihnen (a) nicht aus finanziellen Gründen gemacht wird und (b) in irgendeiner Form gemeinschaftsdienlich ist. Wenn Sie nie ehrenamtlich gearbeitet haben, brauchen Sie sich bei den Begabtenförderungswerken nicht zu bewerben. Es spielt aber auch keine ausschlaggebende Rolle, wenn Sie auf keine jahrelange ehrenamtliche Betätigung zurückblicken können. Hauptsache, Sie können in Ihrer Bewerbung auf ein ehrenamtliches Engagement verweisen, das sie nicht erst kurz vor dem Zeitpunkt der Bewerbung aufgenommen haben.
•Die 13 Förderinstitutionen nennen sich nicht zum Spaß »Begabtenförderungswerke«. Wenn Sie Ihren Master mit Ach und Krach geschafft haben sollten, wenn Sie den Plan zu promovieren nur gefasst haben sollten, weil Ihnen nichts Besseres eingefallen ist, wenn Sie tief im Inneren der Ansicht sind, überhaupt nicht der Typ für wissenschaftliches Arbeiten zu sein – dann sind Ihre Aussichten, von einem Begabtenförderungswerk aufgenommen zu werden, gering. (Das widerspricht dem zuvor Gesagten von der 14-prozentigen Chance nur scheinbar: Denn schon die bloße Tatsache, dass Sie ein Buch mit dem Titel »Der Weg zur Promotion« in der Hand halten, spricht ja eher dafür, dass Sie durchaus ein zumindest rudimentäres Interesse an wissenschaftlichem Arbeiten haben. Reden Sie sich also bitte nicht ein, zu wenig »begabt« zu sein!) Abschlussnoten unter 2,0 sind kein Ausschlusskriterium, sie bedürfen dann nur eines höheren Begründungsbedarfes seitens Ihrer Gutachterinnen.
•Die Begabtenförderungswerke zahlen Ihnen (Stand 2020) einen monatlichen Betrag von 1.350 Euro + 100 Euro Forschungskostenpauschale (Promovierende mit Kind erhalten zusätzlich eine Familienzulage) – für zwei, maximal drei Jahre. Neben der finanziellen Unterstützung (die Sie übrigens, anders als das BAföG, nicht zurückzahlen müssen) bieten sie alle eine sogenannte »ideelle Förderung«. Dabei handelt es sich um Seminare, Tagungen und weitere Veranstaltungen, auf denen Sie sich mit Gleichgesinnten vernetzen, Kontakte zu Fachleuten außerhalb Ihrer eigenen Hochschule herstellen, sich beruflich oder politisch weiterbilden können. Die Teilnahme an diesen Veranstaltungen ist – bis auf wenige Ausnahmen – freiwillig. Falls Sie skeptisch sind, kann ich Sie beruhigen: Die ideelle Förderung der Begabtenförderungswerke hat nichts von »Kaderschmieden«.
•Die Förderwerke haben nichts zu verschenken. Sie müssen sich gegenüber ihrem »Zuwendungsgeber« (Amtsdeutsch!) rechtfertigen, weshalb gerade Sie die Zusage für ein Stipendium erhalten, Ihre Kommilitonin nebenan aber nicht. Natürlich wird nicht jede Stipendienvergabe einzeln überprüft – stattdessen haben sich bürokratische Routinen entwickelt, die das Qualitätsniveau der Begabtenförderungswerke insgesamt sichern sollen. Entsprechend hoch sind der Verwaltungsaufwand und die Dokumentendichte, die Sie schon beim Bewerbungsverfahren beibringen müssen, damit die Förderwerke genug Anhaltspunkte finden, um Ihre persönliche »Förderwürdigkeit« belegen zu können: Neben formalen Dokumenten – wie der Zulassungsbescheid zum Promotionsstudium oder das Sprachzeugnis und der Aufenthaltsstatus (für ausländische Doktorandinnen) – sind dies auch inhaltlich aufschlussreiche Schriftstücke: Ein ausführliches Exposé ihres Promotionsprojektes (inklusive Zeitplan) wird ebenso für die Bewerbung verlangt wie zwei (!) Fachgutachten: ein »Empfehlungsschreiben« Ihrer Betreuerin und ein weiteres von einer zweiten Hochschullehrerin. Besprechen Sie sich deshalb unbedingt vorab schon mit Ihrer Betreuerin und bitten Sie sie um das benötigte Fachgutachten – bevor sie die Online-Bewerbung starten! Denn ab der Aufforderung, die Bewerbungsdokumente einzureichen, haben Sie eine Frist von drei Wochen – bis dahin müssen Ihre Unterlagen eingegangen sein. Ungünstig, wenn Ihre Betreuerin erst in dieser Zeit erfährt, dass sie Ihnen ein Fachgutachten ausstellen soll …