Kitabı oku: «Der Defizit-Mythos», sayfa 4
WOZU DIE MÜHE MIT STEUERN UND DARLEHEN?
Wenn die Bundesregierung wirklich einfach so viele Dollars herstellen kann, wie sie nur möchte, warum macht sie sich dann überhaupt die Mühe mit Besteuerung und Darlehen? Warum schafft sie Steuern nicht gänzlich ab? Das Volk würde jubeln! Und wozu sich einen Dollar leihen, wenn man es gar nicht nötig hat? Wir könnten die Staatsschuld tilgen, wenn wir keine Darlehen mehr aufnähmen. Warum ersparen wir uns also nicht das ganze (TAB) und geben das Geld nur dazu aus, um unsere Probleme zu lösen? Das sind wichtige Fragen, die oft gestellt werden, wenn jemand erkennt, dass währungsemittierende Regierungen für ihre Ausgaben nicht auf Steuern oder Darlehen angewiesen sind.
2018 rief ein dreizehnjähriges Mädchen namens Amy aus Bristol in England bei den Moderatoren eines beliebten Podcast namens Planet Money mit folgendem Vorschlag an:
AMY: Ich hatte da eine Idee: Die drucken doch Geld, und statt es der Bank zu geben und die Inflation in die Höhe zu treiben, könnten sie es doch einfach für die öffentlichen Dienstleistungen benutzen. Und so wäre es viel einfacher. Und es wäre insgesamt echt gut, weil es doch so schwierig ist mit, also, weil doch die Steuern nicht für alle Schulen und Krankenhäuser reichen. Drum hab’ ich gedacht, vielleicht könnte das helfen. Also, danke fürs Zuhören. Okay, danke. Tschüss.
Kindermund tut Wahrheit kund, heißt es. Amy erkennt Probleme, die gelöst werden müssen. Unterfinanzierte Schulen und ein staatlicher Gesundheitsdienst, der dringend mehr Investitionen braucht. Sie hat auch miterlebt, wie die Bank of England ihre digitale Druckerpresse angekurbelt hat, um aus dem Nichts 435 Mrd. Pfund zu produzieren, als Teil ihres quantitativen Lockerungsprogramms nach der Finanzkrise. Für Amy liegt die Lösung auf der Hand – vergesst die Steuern und lasst die Druckerpresse nur für das Volk laufen!
Das Interesse der Podcast-Moderatoren war geweckt, und sie kontaktierten mich mit der folgenden Frage: Die Regierung kann Geld schaffen. Wozu sind dann Steuern gut? Warum muss mir die Regierung das Geld mit Steuern wegnehmen?18
Ich erklärte den Leuten von Planet Money, dass es für die MMT mindestens vier wichtige Gründe für Besteuerung gibt.19 Den ersten haben wir bereits besprochen. Durch Steuern kann sich die Regierung versorgen, ohne explizit Gewalt anwenden zu müssen. Wenn die britische Regierung von ihrer Bevölkerung nicht mehr verlangen würde, ihre steuerlichen Verpflichtungen mit britischen Pfund zu begleichen, dann könnte sie sich ziemlich bald nicht mehr versorgen. Weniger Menschen müssten Pfund verdienen, und für die Regierung würde es immer schwieriger, Lehrer, Krankenschwestern und so weiter zu finden, die bereit wären, im Austausch gegen die Währung zu arbeiten und Dinge zu produzieren.
Amy spricht den zweiten wichtigen Grund für Steuern an – die Inflation. Wenn die Regierung so handeln würde, wie Amy vorschlägt, und einfach jede Menge neues Geld ausgeben würde, ohne es der Bevölkerung durch Steuern zu nehmen, dann würde sie ein Inflationsproblem verursachen. Wie wir im nächsten Kapitel sehen werden, kommt es nicht auf das eigentliche Drucken von Geld an, sondern auf das Ausgeben von Geld. Wenn die Regierung die Ausgaben für Gesundheit und Bildung erhöhen möchte, muss sie uns anderen möglicherweise etwas Kaufkraft entziehen, damit ihre eigenen großzügigeren Aufwendungen die Preise nicht in die Höhe treiben. Eine Methode hierfür ist, höhere Staatsausgaben mit höheren Steuern zu kombinieren, so dass wir anderen ein wenig zurückstecken müssen und so mehr Raum für zusätzliche Staatsausgaben entsteht.20 Dies kann beim Regulieren von Inflationsdruck helfen, indem man die Belastung der realen Produktionskapazität unserer Wirtschaft ausgleicht. Mehr als jede andere ökonomische Denkschule legt die MMT Wert auf die Entscheidung, wann Steuererhöhungen mit neuen Ausgaben einhergehen sollten, und welche Steuern dem Inflationsdruck am effektivsten entgegenwirken. Steuern unnötig anzuheben kann Steueranreize untergraben, und die Anhebung der falschen Steuern kann eine Nation anfällig für sich beschleunigende Inflation machen. Den Grund dafür erfahren wir im nächsten Kapitel.
Drittens können Regierungen mittels Steuern wirksam Einfluss auf die Verteilung von Vermögen und Einkommen nehmen. Steuersenkungen, wie sie die Republikaner 2017 verabschiedeten, können durch ihre Struktur die Kluft zwischen Reich und Arm vergrößern, indem sie großen Unternehmen und den Reichsten der Gesellschaft zu unerwarteten Gewinnen verhelfen. Heutzutage herrscht bei der Vermögens- und Einkommensverteilung mehr Ungleichheit als je zuvor in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Etwa die Hälfte des gesamten neuen Einkommens geht an das oberste 1 Prozent, und lediglich drei Familien besitzen gemeinsam mehr Vermögen als die untere Hälfte Amerikas. Eine so extreme Ballung von Vermögen und Einkommen schafft sowohl soziale als auch ökonomische Probleme. Zunächst einmal fällt es schwer, die Wirtschaft stark zu halten, wenn das meiste Einkommen an die dünnste, oberste Schicht der Bevölkerung geht, die einen Großteil ihres Einkommens spart (anstatt es auszugeben). Der Kapitalismus ist auf Verkäufe angewiesen. Man braucht eine sinnvolle Verteilung des Einkommens, damit Firmen genügend Kunden bekommen und gewinnbringend genug sind, um ausreichend Arbeitsplätze zu bieten, damit die Wirtschaft gut läuft. Extreme Ansammlungen von Vermögen haben zudem eine Korrosionswirkung auf unseren politischen Prozess und unsere Demokratie. Genauso, wie durch Steuersenkungen Ungleichheiten verstärkt werden können, so können Regierungen ihre Befugnis zur Besteuerung einsetzen, um diese gefährlichen Tendenzen umzukehren. Verstärkte Durchsetzung, das Schließen von Gesetzeslücken, höhere Steuersätze und die Einführung neuer Besteuerungsarten sind alles wichtige Hebel, mit denen die Regierung eine nachhaltigere Einkommens- und Vermögensverteilung erreichen kann. Daher sieht die MMT in Steuern ein wichtiges Mittel zur Behebung jahrzehntelanger Stagnation und zunehmender Ungleichheit.
Schließlich können Regierungen Steuern nutzen, um ein bestimmtes Verhalten zu fördern oder zu unterbinden. Um die öffentliche Gesundheit zu verbessern, den Klimawandel zu bekämpfen oder riskante Spekulationen auf den Finanzmärkten zu verhindern, können Regierungen eine Zigarettensteuer, eine Kohlesteuer oder eine Transaktionssteuer erheben. Ökonomen bezeichnen sie oft als Sündensteuern, weil sie die Menschen von schädlichen Aktivitäten abhalten sollen. Die MMT erkennt, dass jede Sündensteuer dazu dient, unerwünschtes Verhalten – das Rauchen, Luftverschmutzung oder übermäßige Spekulationen – zu unterbinden, und nicht etwa, um dem souveränen Währungsemittenten Geld zu beschaffen. Je effektiver die Steuer dem Verhalten entgegenwirkt, desto weniger nimmt die Regierung tatsächlich ein, da die Steuer nur solange gezahlt wird, wie das Verhalten andauert. Wenn eine Kohlesteuer erfolgreich alle CO2-Emissionen ausgemerzt hat, wird sie keinen Ertrag liefern, doch sie wird ihren wahren Zweck erfüllt haben. Umgekehrt können Steuern dazu dienen, Verhaltensweisen zu fördern. Beispielsweise kann die Regierung Steuernachlässe bieten, um die Menschen zum Kauf energieeffizienter Haushaltsgeräte oder elektrischer Fahrzeuge anzuregen.
Aus all diesen Gründen sind Steuern ein unverzichtbares politisches Werkzeug, das man nicht einfach weglassen kann, nur weil die Regierung ihre Währung selbst herstellen kann. Amy war jedoch eindeutig auf einer heißen Spur. Die meisten Regierungen, darunter auch ihre, geben routinemäßig mehr aus, als sie an Steuern einnehmen. Und das tun sie Jahr um Jahr, ohne dass ein Inflationsproblem entsteht. Tatsächlich versuchen viele der größten Wirtschaften der Welt aktiv, ihre Inflationsraten in die Höhe zu treiben. Warum geben sie dann nicht einfach mehr Geld aus, ohne sich die Mühe zu machen, die Steuern zu erhöhen? Und welchen Sinn hat es, Darlehen in der eigenen Währung aufzunehmen, wenn man die doch selbst herstellen kann? Diesen Fragen widmen wir uns weiter unten.
DIE ROLLE VON DARLEHEN IN DER MMT
Bevor ich mein eigenes Denken vom Haushaltsmodell (TAB)S auf das Währungsemittenten-Modell S(TAB) umgestellt hatte, konnte ich nicht klar erkennen, worum es bei Steuern und Darlehen wirklich ging. Diesen gedanklichen Schalter umzulegen war nicht einfach, und zunächst wehrte ich mich noch gegen Moslers Reihenfolge. Es fühlte sich nicht richtig an. Doch etwas daran ließ mir keine Ruhe. Ich bereitete mich auf den Beruf der Ökonomin vor, und es war mir wichtig, es richtig zu machen und nicht an der konventionellen Denkart festzuhalten, bloß weil die Lehrbücher entschieden hatten, dass der Steuerzahler im Zentrum des monetären Universums stand. Also machte ich mich auf die Suche nach Antworten.
Monatelang untersuchte ich die Staatsfinanzen bis ins letzte Detail. Ich brütete über offiziellen Dokumenten der Federal Reserve und des US-Finanzamts, las unzählige Bücher und Artikel zu geldpolitischen Transaktionen und sprach mit zahlreichen Regierungsexperten. Dann begann ich, zu schreiben. Ich gliederte meine Gedanken um eine einzige Frage herum: Finanzieren Steuern und Staatsanleihen die Staatsausgaben? Alles, was ich bisher gelernt hatte, legte nahe, dass dies ein sinnloses Unterfangen war. Alle „wussten“, dass Steuern und Darlehen zur Finanzierung von Staatsausgaben dienten. Ich dachte an das Zitat von Mark Twain – „Nicht das, was du weißt, bringt dich in Schwierigkeiten, sondern das, was du sicher zu wissen glaubst, obwohl es gar nicht wahr ist“ – und beschloss, unvoreingenommen zu bleiben. Als ich mit dem Schreiben begann, wusste ich ehrlich gesagt nicht, worauf es hinauslaufen würde. Ich war entschlossen, mich von der Forschung leiten zu lassen. 1998 veröffentlichte ich einen frühen Entwurf der Arbeit, und zwei Jahre später wurde eine erweiterte Version zu meiner ersten akademischen Veröffentlichung mit Peer-Review.21 Die Antwort auf die von mit gestellte Frage war nein.
Das Zusammenspiel ist nicht einfach zu durchschauen. Tatsächlich lassen sich die geldpolitischen Operationen der Regierung unmöglich in diskreter Zeit entschlüsseln. An einem beliebigen Tag sind buchstäblich Millionen von Teilen in Bewegung. Im Lauf des Jahres wickelt die Federal Reserve Zahlungen an das US-Finanzamt in Billionenhöhe ab. Jeden Monat schreiben Millionen Haushalte und Unternehmen Uncle Sam Schecks aus, und diese Zahlungen werden zwischen den Geschäftsbanken und der Federal Reserve verrechnet.22 Das Finanzamt, die Federal Reserve und die Primärhändler sprechen ab, wann Staatsanleihen versteigert, welcher Mix an Laufzeiten angeboten und wie viele Wertpapiere insgesamt bei jeder Auktion angeboten werden sollen. Das Ganze läuft wie ein perfekt choreographiertes Wasserballett ab. Ein Perpetuum mobile, das Steuerzahlungen, Staatsausgaben und Darlehen in perfektem Gleichklang verrechnet.
Mit bloßem Auge betrachtet kann es so wirken, als würde sich die Regierung von Steuerzahlern und Staatsanleihen-Käufern Dollars holen, weil sie diese Dollars braucht, um ihre Rechnungen zu begleichen. So gesehen besteht der Zweck von Steuern und Staatsanleihen in der Finanzierung von Staatsausgaben. So wollte es uns Thatcher mit dem Blick durch die Haushalts-Brille weismachen. Die MMT betrachtet die Vorgänge durch die Brille des Währungsemittenten. Die Regierung braucht unser Geld nicht. Ebenso wenig wie Steuern dazu da sind, um die Regierung mit ihrer eigenen Währung zu versorgen, dient die Versteigerung von US-Staatsanleihen – also die Aufnahme von Darlehen – nicht dazu, Dollars für Uncle Sam zu beschaffen.
Warum muss die Regierung dann Darlehen aufnehmen? Die Antwort ist, das muss sie gar nicht. Sie möchte den Menschen eine andere Art von Geld bieten, eine, die ein wenig Zinsen einbringt. Um es anders zu sagen, US-Staatsanleihen sind ganz einfach verzinsliche Dollars. Um solche verzinslichen Dollars von der Regierung zu kaufen, braucht man zuerst die Währung der Regierung. Die ersteren sollen ab jetzt „gelbe Dollars“ und die letzteren „grüne Dollars“ heißen. Wenn die Regierung mehr ausgibt, als sie von uns an Steuern einnimmt, dann sagen wir, dass die Regierung ein Steuerdefizit hat. Dieses Defizit erhöht das Angebot an „grünen Dollars“. Mehr als hundert Jahre lang hat die Regierung US-Staatsanleihen entsprechend der Höhe ihrer Staatsausgaben verkauft. Wenn die Regierung also 5 Billionen US-Dollar ausgibt, aber nur 4 Billionen Dollar an Steuern einnimmt, verkauft sie Staatsanleihen im Wert von 1 Billion Dollar. Was wir staatliche Kreditaufnahme nennen, ist nur Uncle Sam, der es den Menschen gestattet, grüne Dollars in verzinsliche gelbe Dollars zu verwandeln.
Die MMT zeigt, warum es falsch ist, die staatliche Kreditaufnahme durch die Haushalts-Brille zu betrachten. Wenn Sie und ich ein Darlehen aufnehmen, um ein Heim oder ein Auto zu kaufen, gehen wir nicht in eine Bank, überreichen der Sachbearbeiterin einen Stapel Geld und bitten dann darum, uns dieses Geld für den Kauf eines Hauses oder eines Autos leihen zu dürfen. Der Grund, warum wir uns das Geld leihen, ist, dass wir es nicht haben. Anders als ein Haushalt tätigt die Regierung zuerst Ausgaben und stellt so die Dollars zur Verfügung, die dann für den Kauf von Staatsanleihen verwendet werden können. Wie wir in Kapitel 3 sehen werden, tut sie das, um die Zinsraten zu stützen, und nicht, um Ausgaben zu finanzieren.
INNERHALB DER GRENZEN BLEIBEN
Wenn Sie den Unterschied zwischen dem Währungsemittenten und einem Währungsnutzer erst einmal verinnerlicht haben, werden Sie durch eine neue Brille hindurch allmählich erkennen, warum unser politischer Diskurs weitgehend kaputt ist. Von den Zwängen der Goldstandard-Welt befreit, sind die Vereinigten Staaten nun so flexibel, dass sie ihr Budget nicht wie einen Haushalt gestalten müssen, sondern es ganz in den Dienst ihrer Bevölkerung stellen können.
Um das zu erreichen, müssen wir uns von Thatchers Diktum befreien. Es bedeutet, dass wir uns des Mythos entledigen müssen, demzufolge die Regierung kein eigenes Geld besitzt, dass sie das benötigte Geld letztlich von uns, dem Steuerzahler, bekommen muss. Die MMT zeigt, dass es sich genau andersherum verhält. Rein finanziell gesehen kann es sich unsere Regierung leisten, alles zu kaufen, was in ihrer eigenen Währung erhältlich ist. Ihr kann niemals „das Geld ausgehen“, wie Präsident Obama einst behauptete.
Heißt das, dass es keine Grenzen gibt? Können wir uns den Wohlstand einfach herbeidrucken? Auf keinen Fall! Die MMT ist kein Gratisbuffet. Es gibt sehr reale Grenzen, und das Nichterkennen – und die Nichtbeachtung – dieser Grenzen kann großen Schaden verursachen. Bei der MMT geht es darum, die realen Grenzen von den selbst auferlegten Zwängen, gegen die wir durchaus etwas tun können, zu unterscheiden.
Es mag so aussehen, als würde der Kongress bereits uneingeschränkt Geld ausgeben. Die Vereinigten Staaten werden voraussichtlich Defizite in Billionenhöhe haben, und die öffentlichen Schulden haben beste Aussichten, von 16 Billionen US-Dollar im Jahr 2019 auf 28 Billionen US-Dollar im Jahr 2029 zu steigen. In vieler Hinsicht scheint es, als könne den Kongress nichts aufhalten. Technisch jedoch schon.
Der Kongress hat eine Reihe technischer Verfahren und Haushaltsvereinbarungen verabschiedet, die neue Bundesausgaben verlangsamen oder verhindern sollen. Sehen wir uns ein paar davon an. Als erstes gibt es, wie zuvor angemerkt, PAYGO, eine Vorschrift, die aktuell im Abgeordnetenhaus zum Einsatz kommt. PAYGO ist eine selbst auferlegte Bestimmung, die den Gesetzgebern die Bewilligung neuer Ausgaben erschwert. Angenommen, es sollen mehr Dollars in die Bildung fließen, dann werden für die Finanzierung dieses Ziels nicht nur mehr Stimmen gebraucht, sondern es muss auch der mit dem Gesetz verbundenen Steuererhöhung oder Ausgabenkürzung zugestimmt werden, die „dafür bezahlen“ soll. Unter PAYGO ist die Erhöhung des Defizits keine Option. Die Vorschrift soll den Kongress dazu zwingen, wie ein Haushalt zu budgetieren. Eine weitere selbst auferlegte Beschränkung, die Byrd-Regel, gilt im Senat. Unter der Byrd-Regel können Defizite steigen, dürfen jedoch das zehnjährige Haushaltsfenster nicht übersteigen. Drittens müssen sowohl das Abgeordnetenhaus als auch der Senat bei Behörden wie dem Congressional Budget Office oder dem Joint Committee on Taxation eine Budgetbewertung beantragen, bevor die Gesetzgeber überhaupt zu wichtigeren Gesetzen abstimmen können. Eine schlechte Bewertung durch eine dieser Behörden kann einen Gesetzesentwurf buchstäblich zum Stillstand bringen. Als letztes ist dem Kongress eine Schuldenobergrenze auferlegt, die dem zulässigen Gesamtbetrag der Staatsschulden ein gesetzliches Limit setzt.
Da all diese Beschränkungen vom Kongress auferlegt wurden, kann er sie auch alle wieder zurücknehmen oder aufheben.23 Anders gesagt, sie sind nur verpflichtend, wenn der Kongress dies möchte. Der Kongress kann die Regeln ändern und tut dies auch oft. Beispielsweise hoben die Republikaner im Abgeordnetenhaus die PAYGO-Regel 2017 flugs auf, um ihre Steuerreform zu verabschieden. Um ihre Version des Gesetzes zu verabschieden, mussten die Republikaner im Senat um die Byrd-Regel herumkommen. Dafür gingen sie von einem äußerst optimistischen Wirtschaftswachstum aus24 und legten das Ende der Einkommenssteuersenkungen für 2025 fest. All diese Manöver zusammengenommen ermöglichten es den Republikanern, sich um die Byrd-Regel herumzumogeln, indem sie „Beweise“ lieferten, dass die Steuersenkungen das Defizit außerhalb des zehnjährigen Haushaltsfensters nicht erhöhen würden. Und natürlich wurden wir alle Zeugen der wiederholten Dramen um die Verschuldungsgrenze. Theoretisch ist diese Grenze, die 1917 zum ersten Mal verfügt wurde, genau dazu da – um die Höhe der Staatsverschuldung zu begrenzen. In der Praxis haben die Gesetzgeber jede bevorstehende Verschuldungsgrenze zunehmend als politische Chance gesehen, um sich wichtig zu machen oder gesetzgeberische Zugeständnisse herauszuholen. Doch letzten Endes bringt der Kongress stets den Willen auf, eine Nichterfüllung durch Anheben der Grenze zu vermeiden. Seit der Einführung der Grenze hat er das etwa einhundert Mal getan.
Wenn sich der Kongress so oft selbst befreit, was sollen all diese nicht verpflichtenden Beschränkungen dann bezwecken? Warum schaffen wir PAYGO, die Byrd-Regel, die Verschuldungsgrenze und andere selbst auferlegte Kontrollmechanismen für Staatsausgaben nicht ab? Warum hören wir nicht auf, so zu tun, als müsste der Kongress wie ein Haushalt budgetieren? Die Wahrheit ist, dass die selbst auferlegten Beschränkungen für viele Gesetzgeber einen politischen Nutzen haben.
Zunächst einmal stehen Kongressmitglieder gewöhnlich unter Druck seitens der Wähler, die eine großzügigere Finanzierung von Gesundheitsversorgung, Bildung und so weiter verlangen. Die Haushaltsregeln bieten ihnen politischen Schutz. Anstatt erklären zu müssen, dass ihnen die Erhöhung von Pell-Grant-Stipendien, die finanzschwachen Studenten ein Studium ermöglichen, widerstrebt, können die Politiker ihren Wählern Empathie vorheucheln und gleichzeitig betonen, dass ihnen ja aufgrund des Defizits die Hände gebunden sind. Welche Ausrede hätten sie denn sonst für die Verweigerung von Unterstützung, wenn sie sich nicht hinter dem Defizit-Mythos verstecken könnten? Da ist es praktisch, wenn man einen Bösewicht hat.
Andere Kongressmitglieder suchen in den selbst auferlegten Beschränkungen politische Chancen. Aus den sprichwörtlichen Zitronen wollen sie Limonade machen. Anstatt sich für die Aufhebung der Beschränkungen einzusetzen, finden sie Wege, um ihre Ausgabenziele mit anderen politischen Zielen zu vereinen. Beispielsweise könnte ein progressiver Demokrat die PAYGO unterstützen, indem er eine Reihe neuer Steuern fordert, durch die die Reichen neue Hilfsprogramme für Familien mit niedrigem und mittlerem Einkommen „bezahlen“ sollen. Robin Hood war schließlich beim ganzen Volk beliebt.