Kitabı oku: «Mehr als ein Wunder», sayfa 4
THERAPEUTIN: Das finde ich gut. Weißt du warum? Weil es genau das ist, womit Ihr beide schon letzte Woche angefangen habt. Was halten Sie als Mutter von der Idee? Ist das eine gute Hausaufgabe?
MUTTER: Ja, die ist gut.
THERAPEUTIN: Das heißt also, um es noch einmal klar zu formulieren: Anita wird versuchen, mehr mit Ihnen zu reden, wenn sie von der Schule nach Hause kommt. Und Sie werden das, was Sie gerade machen, unterbrechen, wenn es geht, und ihr zuhören und mit ihr über das sprechen, wovon sie Ihnen gerade erzählt. Sonst noch etwas? Wollen Sie dem noch etwas hinzufügen?
MUTTER: Nein, das ist gut so. Ich muss eben mit dem, was ich gerade mache, aufhören; ich glaube, es ist wichtig, dass ich ihr zuhöre.
THERAPEUTIN: Ja, und ich hatte den Eindruck, dass das bei Ihnen beiden letzte Woche wirklich gut geklappt hat. Okay, das ist also die Aufgabe. Wir werden das nächste Mal sehen, wie es gelaufen ist.
Hier sind ein paar Aspekte hervorzuheben. Erstens werden Mutter und Tochter aufgefordert, sich selbst eine Aufgabe zu stellen – statt dass die Therapeutin ihnen einen Auftrag gibt. Zweitens ergibt sich die Aufgabe, die Mutter und Tochter formulieren, ganz natürlich aus einer früheren Lösung und aus den Ausnahmen, die sie in der Woche zuvor beobachtet haben. So etwas kommt sehr häufig vor und wird von lösungsfokussiert arbeitenden Therapeuten unterstützt. Doch selbst, wenn sich die Klientinnen eine Aufgabe gestellt hätten, die nicht auf einer früheren Lösung und auf Ausnahmen des Problems beruht hätte, hätte die Therapeutin den Vorschlag der beiden höchstwahrscheinlich gutgeheißen – denn entscheidend ist, dass die Aufgabenstellung vom Klienten kommt.
»Was ist seit unserem letzten Gespräch besser geworden, auch wenn es nur ein kleines bisschen besser ist?« Ab der zweiten Sitzung und zu Beginn eines jeden Therapiegesprächs erkundigt sich der Therapeut üblicherweise nach dem Fortschritt des Klienten, d. h. danach, was zwischen der letzten und der jetzigen Sitzung besser gewesen ist. Viele Klienten berichten, dass spürbare Besserungen zu beobachten gewesen seien. In solchen Fällen motiviert der Therapeut die Klienten dazu, diese Veränderungen so detailliert wie möglich zu beschreiben. Natürlich berichten manche Klienten auch, dass die Situation unverändert geblieben sei oder sich sogar verschlimmert habe. In solchen Fällen exploriert der Therapeut, wie die Klienten es haben verhindern können, dass die Situation nicht noch schlimmer geworden ist – bzw., wenn eine Verschlimmerung eingetreten ist, erkundigt sich der Therapeut bei den Klienten, wie sie es geschafft haben, dass die Situation nicht noch viel schlimmer geworden sei. Alles, was der Klient unternommen hat, um eine Verschlechterung abzuwenden, wird dann zum zentralen Thema und ist Anlass für Komplimente und Anerkennung und vielleicht auch für ein Experiment: alles so weiterzumachen, wie man es bisher gemacht hat. Meistens wird ausführlich darüber gesprochen, was besser geworden ist, und anschließend bittet der Therapeut die Klienten, ihre Fortschritte auf einer Skala einzustufen (wobei die Skalierung auf eine Lösung zustrebt). Wenn die Klienten sich höher einstufen als in der letzten Sitzung, macht der Therapeut ihnen Komplimente für ihre Fortschritte und hilft ihnen herauszufinden, wie sie die positive Entwicklung aufrechterhalten können.
An einem Punkt der Sitzung – möglicherweise am Anfang, vielleicht auch in einer späteren Phase – überprüft der Therapeut (häufig auf indirekte Weise), wie es mit der Hausaufgabe geklappt hat. Wenn der Klient die Aufgabe ausgeführt und sie »funktioniert«, d. h. ihm geholfen hat, seinem Ziel ein Stück näher zu kommen, macht ihm der Therapeut dafür Komplimente. Hat der Klient die Aufgabe nicht ausgeführt, erwähnt der Therapeut diese im Allgemeinen nicht mehr, sondern fragt ihn, was er anstelle der Hausaufgabe gemacht habe, das vielleicht besser gewesen sei.
Das Konzept der SFBT unterscheidet sich von anderen Therapiemodellen, z. B. kognitiv-verhaltenstherapeutischen Ansätzen, bei denen Hausaufgaben ein häufig eingesetztes Element sind, dadurch, dass die Aufgabe an sich nicht als Voraussetzung für Veränderung gesehen und folglich die Nichterfüllung einer Aufgabe nicht thematisiert wird. Wenn der Klient eine Hausaufgabe nicht durchgeführt hat, geht man davon aus, dass (a) der Erfüllung konkrete Hindernisse im Weg standen, z. B. Arbeit oder Krankheit; (b) der Klient die Aufgabe nicht als hilfreich empfand; (c) die Aufgabe zwischen der letzten und der jetzigen Sitzungen nicht relevant war. In keinem Fall wird Ursachenforschung betrieben. Wenn der Klient die Aufgabe erfüllt hat, die Situation aber nicht besser worden ist oder sich gar verschlechtert hat, geht der Therapeut mit dieser Tatsache genauso um, wie wenn die Probleme des Klienten unverändert geblieben wären oder sich generell verschlimmert hätten.
1.4 Anwendungsbereiche der lösungsfokussierten Kurztherapie
Die lösungsfokussierte Therapie gehört weltweit zu den beliebtesten und am häufigsten verwendeten Therapiemodellen. Weil dieser Ansatz auf dem Resilienzkonzept beruht und frühere Lösungen der Klienten und die Ausnahmen ihrer Probleme nutzbringend einsetzt, kann er bei allen Arten von Problemen angewendet werden und wird in der Tat von Klinikern bei unterschiedlichsten Problemsituationen genutzt. Zu den Anwendungsbereichen zählen u. a. die Familientherapie (McCollum a. Trepper 2001), die Paartherapie (Weiner-Davis 2004), die Behandlung von Opfern sexuellen Missbrauchs (Dolan 1991), die Suchtbehandlung (Berg u. Miller 2007; de Shazer a. Isebaert 2003) und die Behandlung von Schizophrenie (Eakes et al. 1997). Es gibt auch Selbsthilfebücher aus der lösungsfokussierten Perspektive (Dolan 1998), und der lösungsfokussierte Ansatz findet nun neben der herkömmlichen psychotherapeutischen Praxis auch Anwendung bei Interventionen in sozialdienstlichen Einrichtungen (Pichot a. Dolan 2003), im Bildungs- und Erziehungsbereich und in Modellschulen (Rhodes a. Ajmal 2001) sowie in wirtschaftlichen Organisationen (Caufmann 2001).
1.5 Studien zur Wirksamkeit lösungsfokussierter Kurztherapien
Angesichts der weit gefächerten Anwendung der SFBT sowohl im klinischen Kontext als auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen ist es bedauerlich, dass bis jetzt nicht mehr empirische Studien zur Wirksamkeit dieser Therapieart vorliegen. In der bis jetzt gründlichsten Analyse untersuchten Gingerich und Eisengart (2000) 15 empirische Studien zur Wirksamkeit lösungsfokussierter Kurztherapien. Von den fünf Untersuchungen, die als gut kontrollierte Studien beurteilt werden, weisen vier nach, dass eine lösungsfokussierte Therapie besser ist als gar keine Behandlung bzw. als die übliche Behandlung. Die fünfte Studie kommt zu dem Schluss, dass die SFBT die gleiche Wirkung hat wie die interpersonale Psychotherapie bei Depression. Die Ergebnisse der restlichen zehn Untersuchungen, die als weniger gut kontrollierte Studien beurteilt werden bzw. methodische Mängel aufweisen, bestätigen durchweg die Wirksamkeit lösungsfokussierter Kurztherapien. Gingerich und Eisengart schließen aus ihrer Analyse, dass die vorliegenden Untersuchungen zwar erst einmal für die Wirksamkeit der SFBT sprechen, aber weitere und besser kontrollierte Studien notwendig sind.
1.6 Zusammenfassung
Die SFBT stellt gegenüber der herkömmlichen Psychotherapie mit ihrer Fokussierung auf die Problementwicklung und Problemauflösung, auf die sich fast alle psychotherapeutischen Ansätze seit Freud konzentrieren, einen Paradigmenwechsel dar. Sie baut indes auf die Stärken und Resilienzen der Klienten, indem sie deren frühere Lösungen oder Lösungsentwürfe sowie Ausnahmen ihrer Probleme identifiziert und den Klienten dann mithilfe einer Reihe von Interventionen dazu ermuntert, seine bis dahin erfolgreichen Verhaltensweisen fortzusetzen. Man kann bei den unterschiedlichsten familienbezogenen Problemen lösungsfokussiert arbeiten. Während sich das Verfahren der SFBT verblüffend einfach erlernen lässt, erfordert es – wie das bei allen Therapiearten der Fall ist – großes Geschick, bis man eine professionelle Ebene erreicht hat. Die bis jetzt vorliegenden Studien zur Wirksamkeit der SFBT zeigen zwar ein positives Ergebnis, aber weitergehende Untersuchungen, vor allem klinische Versuchsstudien, sind dringend erforderlich.
2. »Ich fühle mich richtig verunsichert«
Die Klientin, Margaret, ist eine attraktive junge Frau Anfang zwanzig. Die Person, auf die Margaret unter dem Namen »Harry« Bezug nimmt, ist der Arzt Harry Korman, Margarets Primärtherapeut. Yvonne Dolan ist in dieser Sitzung die beratende Therapeutin.
YVONNE: Ich weiß es zu schätzen, dass Sie heute zu mir gekommen sind. Sie kennen mich ja noch nicht einmal.
MARGARET: [Lacht]
YVONNE: Was müsste sich hier ereignen, damit Sie, wenn Sie nach der Sitzung weggehen, sagen könnten, Ihre Zeit war gut genutzt, die Zeit, die Sie hier verbracht haben … damit es sich für Sie gelohnt hat?
MARGARET: Ich schätze Harry sehr, denn er motiviert mich zum eigenständigen Denken, wissen Sie. Verstehen Sie, was ich meine?1
YVONNE: Ich glaube schon.
MARGARET: Ja. Und, ich glaube, dass ich jedes Mal, wenn ich mit ihm spreche, ein kleines bisschen weiterkomme, es ist so wie: »Ah, okay, vielleicht muss ich über dieses und jenes nachdenken.«
YVONNE: Also das Gespräch mit Harry bewirkt etwas?
MARGARET: Ja, ich glaube schon.
YVONNE: Wäre es hilfreich, wenn wir in dieser Sitzung darüber sprechen würden, inwieweit das Gespräch mit Harry etwas bewirkt?
MARGARET: Nun ja, ach, vielleicht … ich weiß nicht, ob das notwendig ist.
YVONNE: Hm-hm. Hm-hm. Mal schauen, ob ich Sie richtig verstehe. Ähm, als ich Sie vorhin fragte, was nützlich wäre, da sagten Sie, dass es für Sie hilfreich sei, wenn Sie selbstständig denken. Das sei eine gute Sache.
MARGARET: Ja, genau.
YVONNE: Also, am Ende unserer Sitzung werden Sie zu dieser Tür hinausgehen. Womit hätten wir uns in dieser Zeit beschäftigen müssen, damit Sie sagen könnten: »Nun, ich habe etwas davon gehabt«?
MARGARET: [Lacht] Ja. Im Moment glaube ich, ich brauche Hilfe, wie ich mit der Situation umgehen sollte, in der ich mich gerade befinde.
YVONNE: Hm-hm.
MARGARET: Und, ich fühle mich richtig verunsichert. Ich weiß nicht, was ich tun soll.
Wittgenstein wendet das so: »Ein (…) Problem hat die Form: ›Ich kenne mich nicht aus‹« (PU, § 123). Das Gespräch »stellt eben alles bloß hin, und erklärt und folgert nichts. – Da alles offen daliegt, ist auch nichts zu erklären« (PU, § 126).
YVONNE: Hm-hm. Haben Sie denn irgendeine Vorstellung, wie Sie damit umgehen könnten?
Gleich zu Beginn dieser Sitzung reagiert die Therapeutin primär mit Fragen. Ist der Verlass auf Fragen ein Grundprinzip des Konzepts der SFBT oder eine Sache des persönlichen Stils? Wäre es möglich, eine gute SFBT durchzuführen, ohne sich auf Fragen zu stützen? 2
Was hier wirklich wichtig ist, das sind die Antworten der Klientin auf die Fragen der Therapeutin. Wenn man Insoo Kim Berg, Steve de Shazer, Luc Isebaert, Yvonne Dolan und anderen zuschaut, kommt man zu dem Schluss, dass Fragen ein integraler Bestandteil des Ansatzes sind. Wenn derlei Antworten der Klientin ohne Fragen entwickelt werden könnten, wäre das natürlich großartig.
MARGARET: Oh, hm. Ich weiß echt nicht. Ich weiß nicht, ob Harry Ihnen schon erzählt hat …
Damit eine Technik nützlich sein kann, muss sie durch den Filter des unmittelbaren Erlebens dieser Therapeutin in diesem Raum und natürlich durch den ihrer Persönlichkeit und ihres Hintergrunds gehen, sodass sie zu einer höchst personalisierten, sinnhaften Reaktion auf die Person in genau diesem Moment der Sitzung wird, nicht einfach in der Sitzung generell, sondern genau in diesem Augenblick. Wie macht man das?
Man muss so genau wie möglich die Worte der Klienten benutzen und darf nur darauf fokussieren, was sie einem schon gesagt haben.
YVONNE: Nein, nein.
MARGARET: … irgendetwas über mich oder …
YVONNE: Nun ja, ich habe es vorgezogen …
MARGARET: Okay.
YVONNE: … Sie einfach direkt zu fragen.
MARGARET: Okay.
YVONNE: Also, ich nehme an, er wäre dazu bereit gewesen, …
MARGARET: [Lacht]
YVONNE: … wenn er Ihr Einverständnis gehabt hätte, aber ich dachte, ich frage Sie …
MARGARET: Okay, okay.
YVONNE: … was müsste sich ereignen? Also, wenn Sie und ich die Sache heute gut gemacht hätten … wenn Sie weggehen, hätten Sie vielleicht eine hilfreiche Idee, wie Sie mit der Situation umgehen könnten?
MARGARET: Ja, schon.
YVONNE: Nun … bitte sagen Sie mir, was ich wissen muss, damit ich Ihnen so weit helfen kann, dass es Ihnen gut geht, wenn Sie an der Situation etwas ändern.
MARGARET: [Lacht]
YVONNE: So weit, dass Sie sich wohl fühlen, wenn Sie es tun.
MARGARET: Ja. Okay. Ähm. Ich kann nicht so gut Englisch, aber vielleicht –
YVONNE: Ah, Margaret, ich glaube, Sie können sogar sehr gut Englisch. Bei Schwedisch und Dänisch würde ich nur Bahnhof verstehen! Also die Tatsache, dass Sie Englisch sprechen, das beeindruckt mich schon sehr.
MARGARET: Okay.
YVONNE: Apropos, wo haben Sie eigentlich Englisch gelernt?
MARGARET: Oh, zuerst in der Schule, aber dann bin ich ein bisschen gereist, also …
YVONNE: Wohin?
MARGARET: Ich war in Australien.
Wenn die Vorgeschichte des Klienten exploriert wird, realisieren Anfänger in der SFBT häufig nicht, dass das, worüber Klienten nicht sprechen, eine genauso wichtige Informationsquelle ist wie das, worüber sie sprechen. Wie bringt man einem Anfänger bei, auf das zu hören, was fehlt?
Dies lässt sich lernen, wenn man eine Haltung des Nichtwissens annimmt. Diese Haltung ist auch hilfreich, wenn man etwas über kindliche Entwicklung, Lebenserfahrung erkunden möchte. Beispielsweise sagt die Art und Weise, wie eine Mutter von ihrem Kind erzählt, viel über die Bindung zwischen den beiden aus.
YVONNE: Meine Güte!
MARGARET: Asien, USA, Neuseeland.
YVONNE: Ui. Kein Wunder. Reisen Sie gerne?
MARGARET: Ich kann mich ganz gut [in Englisch] verständigen. Ja, das stimmt.
YVONNE: Toll!
MARGARET: Okay, also, ich will’s versuchen. Ich hatte drei Jahre lang diese Beziehung mit einem Typ, wir waren beide drogenabhängig.
YVONNE: Hm.
MARGARET: Ja. Und wir hatten ständig Streit, und es war echt nicht leicht, mit ihm zusammen zu sein. Im April dann ging ich zu dieser Familie, die mit Drogenabhängigen arbeitet und …
YVONNE: Ah.
MARGARET: … Menschen mit Problemen.
YVONNE: Hm-hm. Wie sind Sie zu dieser Entscheidung gekommen?
MARGARET: Na ja, zunächst mal … alle meine Tage waren eben einfach … ich hatte solche Angst vor allem Möglichen, und ich nahm jede Menge Drogen.
YVONNE: Also haben Sie den Entschluss gefasst, etwas zu unternehmen, zu dieser Familie zu gehen?
MARGARET: Ja.
YVONNE: Gut. Und das war im April?
MARGARET: Ja.
YVONNE: Hm. Also haben Sie einen Schritt getan?
MARGARET: Ja, ja.
YVONNE: Hm.
MARGARET: Und ich habe auch diesen Mann verlassen.
YVONNE: Auch im April?
MARGARET: Ja, genau. Aber jetzt habe ich das Problem, dass ich ihn nicht vergessen kann, und [seufzt], und ich hatte wieder Kontakt mit ihm übers Telefon.
YVONNE: Hm-hm.
MARGARET: Und die Familie, bei der ich lebe, weiß nichts davon.
Die Klientin lebt bei dieser Familie und lügt sie an und ist in Gefahr, zu dem Jungen zurückzugehen, mit dem zusammen sie Drogen genommen und der sie misshandelt hat, und doch sprechen Sie das nicht konfrontativ an?
In der Tat hatte ich angesichts der Gefahr, sie könnte zurückgehen, große Angst; aber weil ich schon mit Drogenabhängigen gearbeitet habe, weiß ich, dass man mit moralischer Überheblichkeit und Konfrontation, z. B.: »Wie, glauben Sie, würde Ihre Familie sich vorkommen, wenn sie wüsste, dass Sie sie anlügen?«, die Klientin nicht dazu motivieren kann, der Versuchung zu widerstehen, Drogen zu nehmen und zu dem gewalttätigen Mann zurückzukehren. Stattdessen stelle ich ihr weiterhin eine Reihe von Fragen, und in ihren Antworten kommt sie später dann dahin, dass sie ihren eigenen selbstmotivierenden Vortrag über die Gründe hält, weshalb es für sie nicht gut wäre, zu dem Freund, der sie misshandelt, zurückzugehen oder Drogen zu nehmen. Wenn man Klienten in Situationen wie dieser fragt, was ein anderer Mensch, der sich um sie Sorgen macht, dazu sagen würde, können sie in ihrer Antwort die Anliegen in eigene Worte fassen, und diese Worte sind viel angemessener und wirksamer als eine Lektion von außen.
YVONNE: Hm.
MARGARET: Und es ist für mich ein wirklich großes Problem, weil ich Angst habe, dass ich zu ihm zurückgehen werde und ich dann … dann weiß ich nicht, ob es funktionieren wird.
YVONNE: Also, ähm, helfen Sie mir, das zu verstehen. Sie haben also Angst, dass Sie zu ihm zurückgehen werden, und Sie wissen nicht, ob es funktionieren wird mit ihm oder mit der Familie oder für Sie oder …?
MARGARET: Ähm. [Lacht] Ich denke mal, für mich. Aber ich würde auch meine Familie sehr verletzen. Ich weiß, dass alle Angst haben, dass ich zu ihm zurückgehen werde.
YVONNE: Also, diese Familie kümmert sich so richtig um Sie?
MARGARET: Ja. Ja.
YVONNE: Ah. Und, ich denke mal, wenn diese Leute Angst um Sie haben, würde das bedeuten, dass sie nicht wollen, dass Ihnen etwas Schlimmes passiert?
Statt zu unterstellen, dass die Klientin ein schlechter Mensch ist, weil sie versucht ist, zu ihrem Freund zurückzugehen, hebt die Therapeutin die Tatsache hervor, dass die Klientin in der Vergangenheit zu guten Entscheidungen fähig war und somit vermutlich das Potenzial hat, dies wieder zu tun.
MARGARET: Ja, das stimmt.
YVONNE: Ui. Wie lange kennen Sie diese Familie schon? Erst seit April oder schon länger?
MARGARET: Nein, ähm, ich kenne die Familie Rowson seit meiner Geburt, weil sie mit meinem Vater befreundet sind. Aber wir hatten all die Jahre keinen Kontakt.
YVONNE: Hm-hm.
MARGARET: Ja.
YVONNE: Das sind also Menschen, denen Sie am Herzen liegen.
MARGARET: Ja, und ich habe meinen Vater und meine Mutter. Und ich glaube, sie werden richtig, richtig traurig sein, wenn ich zurückgehe.
YVONNE: Weswegen würden sie traurig sein, was glauben Sie?
MARGARET: Nun, ähm, zuallererst, ich glaube, sie sind halt wirklich der Ansicht, dass er nicht gut genug ist für mich.
YVONNE: Hm-hm.
MARGARET: Und er hat mich geschlagen.
YVONNE: Oh, mein Gott.
MARGARET: Ja. Und mein Vater lebt auch in [Name der Stadt] und hat echt versucht, sich mit Paul zu unterhalten.
YVONNE: Ich verstehe.
MARGARET: Ja. Und er hat versucht, uns zu helfen, das hat aber nicht geklappt.
YVONNE: Hm-hm.
MARGARET: Und ich glaube, in gewisser Weise ist er wie eine Droge für mich. Ich kann nicht … ich kann nicht aufhören, an ihn zu denken.
Wittgenstein erinnert uns daran, dass eine Empfindung, die sich in den Worten »wie eine Droge für mich« ausdrückt, oder die Tätigkeit »denken« jeweils für sich ein »›innerer‹ Vorgang« ist, der »äußerer Kriterien [bedarf]« (PU, § 580). Was Empfindungen und Gedanken anbelangt, ist nun die Frage: »Wie äußert es sich im Benehmen?« (PU, § 579). »›Das Innere ist mir verborgen‹ – ist das nicht ebenso vag, wie der Begriff des ›Inneren‹? [Absatz] (Denn bedenk nur: das Innere ist ja Empfindungen + Gedanken + Vorstellungen + Stimmung + Absicht u. s. f.)« (LSPP, § 959).
YVONNE: Hm-hm.
MARGARET: Auch wenn ich weiß, dass das nicht gut ist.
YVONNE: Hm-hm. Also, Sie … Sie sagen, dass Sie wissen, dass das nicht gut ist. Sie haben beschlossen, dass es nicht gut ist, bei ihm zu sein, und doch wollen Sie bei ihm sein?
MARGARET: Ja. Ich glaube, ich hoffe immer noch, dass es funktionieren wird, dass er sich ändern wird und …
YVONNE: Mal schauen, ob ich das richtig verstehe: Also, ich habe den Eindruck, dass Sie im April zwei wirklich große Aktionen gestartet haben. Sie zogen …
MARGARET: Hm-hm.
YVONNE: … zu dieser Familie. Sie verließen den Mann, der Sie geschlagen hat.
MARGARET: Ja.
YVONNE: Was ist mit Drogen? Haben Sie das auch geändert?
MARGARET: Ja.
YVONNE: Wie haben Sie das gemacht?
MARGARET: Nun ja, ich denke mal, ich habe einfach beschlossen … dass das ein Ende haben muss. Es war, wie wenn ich mich dafür entschieden hätte, überhaupt keine Drogen zu nehmen oder eben … Ich wusste, dass ich sterben würde …
YVONNE: Mein Gott!
MARGARET: … wenn ich so weitermache. Also …
YVONNE: Also haben Sie wirklich … Sie dachten, Sie könnten sterben?
MARGARET: Ja.
YVONNE: Hat das etwas bewirkt?
MARGARET: Ja.
YVONNE: Ah ja.
MARGARET: Vorher war ich echt, echt krank gewesen und … und sehr dünn.
YVONNE: Hm-hm.
MARGARET: Ja. Aber damals hat mir das nichts ausgemacht … einfach so: »Ist mir egal!«.
YVONNE: Hm-hm. Hm-hm. Wie kamen Sie von dort dann sozusagen zu der Einsicht, dass Sie nicht sterben wollten?
MARGARET: Na ja, ich hatte meine Eltern, und ich hatte eine Menge Freunde (um mich), die ich immer so einschätzte: »Das kümmert die gar nicht, denn ich bin ja nur ein einziges, großes Problem.« Aber ich habe eingesehen, dass es ihnen überhaupt nicht egal war. Sie hatten mich echt gern.
YVONNE: Und das haben Sie tatsächlich eingesehen?
MARGARET: Ja.
YVONNE: Wie kam es, dass Sie dieses Gefühl entwickeln konnten und dies erkennen konnten?
MARGARET: Ähm. Weil sie nie aufgaben.
YVONNE: Toll.
MARGARET: Ja. Sie waren immer bei mir.
YVONNE: Also konnten Sie einfach … weil sie bei Ihnen waren, das wussten Sie irgendwie?
MARGARET: Ja, sie kümmerten sich sehr.
YVONNE: Ich bin sehr neugierig, weil Sie sagen, er ist wie eine Art Droge.
MARGARET: Hm-hm.
YVONNE: Inwieweit ist er wie eine Droge für Sie?
Wieso haben Sie der Klientin diese Frage gestellt? Es kommt einem so vor, als ob Sie die Klientin nach dem Problem fragten.
Sie hat mir erzählt, dass sie ihre Situation verstehen will, um eine Entscheidung treffen zu können, und ich versuche, mich an dieses von ihr gesetzte Ziel zu halten, indem ich ihr klären helfe, wie sie die Situation einschätzt. Apropos Wittgenstein: Ich möchte daran festhalten, dass sie versteht, was sie weiß – ich selbst möchte verstehen, und ich möchte, dass sie versteht, was sie über diese Situation schon weiß, indem ich nach Einzelheiten frage. Wenn jemand sagt: »Er ist wie eine Droge für mich«, kann das z. B. für unterschiedliche Klienten ganz unterschiedliche Bedeutungen haben. Ein Wort bringt eine Bedeutungsaura mit sich, wie Wittgenstein sagt, und es besteht die Gefahr, dass wir von dem aus, was wir glauben, dass die andere Person es meint, auf die falschen Annahmen setzen. Es ist gefährlich, wenn wir davon ausgehen zu wissen, was der Klient meint, wenn wir es sehr wahrscheinlich eben nicht wissen. »Wie eine Droge« könnte z. B. die Bedeutung »high« nahe legen. Aber im Fall der Klientin ist er wie eine Droge, die sie unzurechnungsfähig macht. So ein simpler Satz.
Die Frage, inwieweit er eine Droge für sie ist, ermöglicht es ihr außerdem, Gründe dafür zu finden, weshalb sie nicht zu ihm zurückgehen sollte.
MARGARET: Ähm. Nun ja, als wir zusammen waren, war ich – ich hatte das Gefühl, ich könnte überhaupt nichts alleine zustande bringen.
YVONNE: Das klingt nachvollziehbar.
MARGARET: Ja.
YVONNE: Wie haben Sie einen Weg gefunden, aus der Situation auszubrechen? Das ist ziemlich unfassbar. Sie haben zwei Dinge gleichzeitig aufgegeben, so kommt es einem vor. Beide im April?
MARGARET: Ja.
YVONNE: Die Drogen und Ihre Beziehung.
MARGARET: Und ich bin letztes Jahr auch noch zu dieser Familie gezogen.
YVONNE: Hm-hm.
MARGARET: Und ich habe damals beschlossen, mit den Drogen aufzuhören, weil ich im Krankenhaus war. Mein Herz schlug nicht mehr.
YVONNE: Oh, mein Gott.
MARGARET: Das war schon das fünfte Mal.
YVONNE: Oh!
MARGARET: Und ich beschloss …
YVONNE: Ja?
MARGARET: »… okay, ich muss aufhören.« Aber ich war noch mit Paul zusammen. Also beschloss ich, zu ihm zurückzugehen, und dann, nach ein paar Wochen, fing ich wieder mit den Drogen an.
YVONNE: Hm.
MARGARET: Also …
YVONNE: Ist das der Grund, weshalb Sie Angst hatten, zu ihm zurückzugehen?
MARGARET: Ich weiß es wirklich nicht. Auf jeden Fall hatte ich die Hoffnung, dass ich erfahre, dass er jetzt nicht mehr auf Drogen ist.
YVONNE: Hm-hm.
MARGARET: Und, ich glaube, vielleicht hätten wir eine Beziehung ohne Drogen haben können.
YVONNE: Hm-hm.
MARGARET: Aber ich fürchte, dass ich meinen eigenen Kopf nicht mehr benutzen werde, und …
YVONNE: Hm-hm. Hm-hm.
MARGARET: Ich fürchte, ich kann nicht … wenn alles wieder von vorn losginge …
YVONNE: Hm. Ja.
MARGARET: Was soll ich machen?
YVONNE: Ja.
MARGARET: Bin ich stark genug wegzugehen? Ich glaube nicht, dass ich das kann. Also genau deshalb habe ich Angst.
YVONNE: Hm-hm … [Macht eine Pause] Wie schnell müssen Sie eine Entscheidung treffen?
MARGARET: Ich glaube, ziemlich bald, weil ich nicht alles hier zurücklassen und einfach weggehen will. Und, ich habe Angst, wenn ich nichts unternehme, dann werde ich eben genau das tun. Und dann lande ich halt in [Name der Stadt], wo ich früher gelebt habe.
YVONNE: Hm-hm.
MARGARET: Und ich habe auch Drogen verkauft. Also, jetzt wäre ich dann bei den Leuten, die für mich überhaupt nicht gut sind.
YVONNE: Hm-hm. Hm-hm.
MARGARET: Ja.
YVONNE: Also, jetzt kommt so eine Art Spaßfrage.
MARGARET: Hm-hm.
YVONNE: Wenn Sie eine Skala hätten und 0 bedeuten würde, dass Sie nicht im Traum an eine Entscheidung denken …
MARGARET: Hm-hm.
YVONNE: … und 10 würde bedeuten, dass Sie total zuversichtlich wären, dass Sie die richtige Entscheidung treffen, wo würden Sie sich jetzt im Moment einstufen?
Weshalb fragen Sie die Klientin hier nach Zuversicht, statt sie direkt darauf anzusprechen, dass eine Entscheidung fällig ist?
Weil sie schon im Hinblick auf ihren Freund, der angeblich wie eine Droge für sie ist, gesagt hat, dass ihr in dieser Situation nicht danach ist, überhaupt etwas tun zu können, dass sie nicht in sich hineinhört oder an sich glaubt und dass sie schlussendlich kein Vertrauen in sich hat. Selbstvertrauen ist ganz entscheidend für die Lösung; denn in der Beschreibung der Schwierigkeiten, in denen sie steckt, stellt sie die Dinge so hin, als ob sie nicht an sich glaube und kein Vertrauen in sich habe, sich aus der Situation, sollte sie in diese geraten, auch wieder befreien zu können.
MARGARET: Ich glaube, ich bin auf dem Weg, die falschen Entscheidungen zu treffen, also deshalb vielleicht 4 oder so.
YVONNE: Welchen Wert würden Sie für Zuversicht brauchen, um darauf vertrauen zu können, dass Sie für sich die richtige Entscheidung treffen?
MARGARET: Ich glaube, vielleicht 7 oder 8.
YVONNE: Vielleicht eine 7 oder 8. Und jetzt sind Sie bei der 4. Hat Harry Ihnen schon einmal die Wunderfrage gestellt?
MARGARET: Ja. [Lacht]
YVONNE: Nun gut, macht es Ihnen etwas aus, wenn ich sie Ihnen noch einmal stelle?
Manche Therapeuten würden an diesem Punkt zu der Klientin sagen: »Treffen wir eine Entscheidung.« Weshalb tun Sie das nicht?
Wenn eine produktive Entscheidung so einfach wäre, hätte die Klientin sie schon getroffen. Da sie das aber nicht getan hat, fokussiere ich zuerst darauf, wie sie das Vertrauen erlangen kann, dass sie jetzt imstande ist, eine gute Entscheidung zu treffen. Sie hat uns wissen lassen, dass sie bald eine Entscheidung treffen muss, aber Angst hat, die falsche Entscheidung zu fällen.
MARGARET: Nein.
Dadurch, dass die Klientin diese Skalierungsfragen beantwortet, liefert sie sich allmählich Gründe gegen die Entscheidung, zu ihrem Freund und den Drogen zurückzukehren. Meine eigenen Klienten sind noch lange nicht bei der Erkenntnis angelangt, dass Drogen schlecht für sie sind. Wie reagieren Sie auf Menschen, die nicht so klug sind wie diese Klientin?
Fragen an den Klienten, wie aus seiner Sicht andere Menschen über ihn denken, können hier hilfreich sein. Da Klienten in solchen Situationen wegen ihres Drogenkonsums häufig kritisiert werden, könnte man den Klienten z. B. fragen, wie er die kritisierende Person davon überzeugen könne, ihr Tun einzustellen. Wenn der Klient natürlich unwillig ist und seinen Drogenkonsum nicht beenden will, dann ist das »Nichtwissen, dass Drogen schlecht sind«, eine vernünftige Verzögerungstaktik. Nur wenn Klienten etwas anderes erreichen wollen und dieses Ziel durch Drogenentwöhnung wahrscheinlicher erreicht werden kann, werden sie feststellen, dass die Beendigung des Drogenkonsums vernünftig und richtig ist.
YVONNE: Manchmal hilft sie mir, bestimmte Dinge zu verstehen.
MARGARET: Okay.
YVONNE: Haben Sie in dieser Familie Ihr eigenes Zimmer?
MARGARET: Ja. [Lacht]
YVONNE: Mögen Sie es?
MARGARET: Ja.
YVONNE: Manchmal kann es wirklich wichtig sein, sein eigenes Zimmer zu haben.
MARGARET: Ja. Ja.
YVONNE: Angenommen, Sie gehen heute Abend dorthin zurück und tun das, was Sie normalerweise tun, um sich bettfertig zu machen.
MARGARET: Ja.
YVONNE: Und Sie sind … Sie sind gut zu sich, verstehen Sie: Sie tun alles, damit Sie sich wohl fühlen, und Sie legen sich schlafen. Haben Sie normalerweise einen guten Schlaf?
MARGARET: Nein, im Moment gerade nicht, aber – [Lacht]
YVONNE: Okay. Stellen wir uns also vor, dass Sie erst einmal Schwierigkeiten beim Einschlafen haben.
MARGARET: Ja.
YVONNE: Weil das im Moment gerade eine Art Normalzustand ist. Aber so oder so gleiten Sie allmählich in den Schlaf.
Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.