Kitabı oku: «Sea and Fall», sayfa 4
>> Gehst du schlafen?<<
>> Ja, jetzt kann ich glücklich und zufrieden einschlafen.<<
>> Das ist gut. Schlaf schön, wir hören uns morgen.<<
>> Bis dann.<<
Die Nacht endete mal wieder viel zu früh. Um drei Uhr und nach zwei weiteren Albträumen, wachte ich schweißgebadet auf und schleppte mich ins Bad, wo ich mich kurz abduschte und frische Sachen anzog. Wem machte ich eigentlich etwas vor?
Dr. Anderson hatte Recht, es ging mir beschissen und so sah ich auch aus. Vollkommen leer, ausgelaugt und müde. Ethan machte ich ebenfalls etwas vor, weil ich mir und ihm nicht eingestehen wollte, wie sehr ich ihn brauchte. Wenn er neben mir schlief, bekam ich mehr Schlaf und weniger Albträume, doch ohne ihn war es die Hölle auf Erden. Noch sieben weitere Nächte bis er hoffentlich käme und er könnte mich im Krankenhaus besuchen.
Wenn seine Anwesenheit in Chile nicht so wichtig gewesen wäre, hätte ich ihm wahrscheinlich auch erzählt, wie es mir wirklich ging, aber das ging nicht. Er würde sofort zurück fliegen und das Problem wäre immer noch nicht gelöst.
Wieder schaute ich in den Spiegel, sah die roten Augen, ebenso wie die Tatsache, dass ich wieder abgenommen hatte. Zwar hatte ich mich die letzten Tage extra dazu gezwungen drei Mal am Tag eine ordentliche Portion zu Essen, doch das viele Joggen zeigte seine Wirkung. Zudem hatte ich durch die Sache mit Sascha und den Absturz sowieso abgenommen, weshalb ich die Waage herauskramte. Vorsichtig stellte mich drauf und erschrak. Seit ich mit Ethan zusammen war, hatte ich sieben Kilogramm abgenommen.
Sofort ging ich in die Küche und öffnete den Kühlschrank, der prall gefüllt war, da ich gestern noch einkaufen gegangen war. Ich nahm mir einen Joghurt, ebenso wie ein Croissant mit Schokolade und eine Banane. Zudem nahm ich mir vor heute nicht joggen zu gehen und stattdessen faul auf der Couch herumzuliegen, bis ich zu Dr. Anderson fahren musste.
Und genau das tat ich den ganzen Tag. Mittags bestellte ich Pizza und sah mir weiter die hirnlosen Sendungen im Fernsehen an, bis ich es irgendwann nicht mehr aushielt und mich anzog.
Nachdem ich auch mein Make-Up aufgelegt und meine Haare gebändigt hatte, fuhr ich kurz ins Krankenhaus, wo meine Fäden gezogen wurden. Es war alles gut verheilt, sodass ich mir keine Sorgen machen musste. Dr. Martin erkundigte sich noch einmal nach meinem psychischen Zustand und war beruhigt, dass ich in guten Händen war. Zum ersten Mal war ich wieder ein kompletter Mensch ohne Blessuren. Die blauen Flecken meiner Mutter und auch die Platzwunde waren verheilt, ebenso wie die Blessuren vom Absturz.
Während meiner Untersuchung rief Stan mich an, da sich die Eltern von Heather Doyle bei ihm gemeldet hatten und gab mir deren Nummer. Ich rief direkt bei ihnen an und verabredete mich später in einem Park mit ihnen, damit ich ihnen alles erzählen konnte.
Anschließend fuhr ich ins Krankenhaus, wo ich wieder den Nachmittag mit den Kindern verbrachte. Es waren zum Glück immer noch alle relativ gesund, sodass niemand auf der Kippe stand, um den ich mich besonders kümmern musste. Allerdings hatten sie die Idee ein Theaterstück einzustudieren, da es bald Weihnachten war und sie ihren Eltern ein kleines Geschenk machen wollten.
Ich versprach ihnen mir etwas zu überlegen und schrieb mir alle Ideen der Kinder auf. Es war mal wieder faszinierend, dass sie nicht in erster Linie an sich selbst dachten, sondern die anderen in ihrem Umfeld glücklich machen wollten, was mich rührte. Doch bevor ich etwas planen konnte, musste ich alles mit den Ärzten absprechen, ebenso wie dem Stationsleiter, sodass ich noch eine Stunde damit verbrachte, überall das „ok“ einzuholen. Als letztes ging ich zu Greg, der in seinem Büro saß und gerade telefonierte. Er bat mich herein und bedeutete mir, mich hinzusetzen, was ich auch befolgte.
>> Ist gut. Ich melde mich noch einmal wegen der Ergebnisse...Ja.... Ich habe hier eine Patienten, um die ich mich jetzt kümmern muss....<<
Er verdrehte gespielt die Augen und lächelte mich warmherzig an.
>> Gut... Dann bis morgen.<<
Er legte auf und atmete einmal tief durch, bevor er sich mir zuwandte und angrinste.
>> Einen wunderschönen guten Abend Schwägerin.<<
>> Hi.<<
Ich hatte ganz vergessen, dass Ethan allen Bescheid gegeben hatte, dass wir geheiratet hatten und auch wenn nicht, hätten sie es längst durch die Klatschblätter erfahren.
>> Dann lass dich mal drücken und dir gratulieren.<<
Er stand auf und kam zu mir, als er mich in seine Arme zog und liebevoll drückte.
>> Alles Gute zur Hochzeit Sarah. Ich hoffe, dass er sich gut um dich kümmern wird und dich glücklich macht.<<
>> Das macht er, danke.<<
>> Ich hätte nie gedacht, dass er noch mal die Kurve bekommt und eine Frau kennenlernt.<<
>> War wohl ein riesiger Schritt für ihn.<<
>> Oh ja, das war es. Aber ihr seht super zusammen aus und du bist ihm wirklich wichtig und tust ihm gut.<<
Er setzte sich neben mich und nahm seine Tasse vom Schreibtisch, aus der er kurz einen Schluck trank.
>> Wie geht’s dir denn seit dem Absturz, vor allem wo Ethan gerade in Chile ist.<<
>> Naja, sieht man doch, oder? Aber ich gebe mein Bestes.<<
Er musterte mich scharf und nickte wissend. Es war auch wirklich nicht zu übersehen, was für ein Wrack ich war.
>> Weiß er, wie es dir geht?<<
>> Nein, dann würde er sofort zurückfliegen, aber das soll er nicht. Er muss arbeiten und das da regeln. Ich möchte ihm da nicht im Weg stehen.<<
>> Aber du bist seine Frau und wichtiger als seine Arbeit.<<
>> Greg, nimm es mir bitte nicht Übel, aber ich möchte darüber eigentlich nicht sprechen. Ich bin in Behandlung und verarbeite das gerade alles und Ethan kommt nächste Woche wieder zurück, das halte ich aus. Zudem kommt übermorgen mein bester Freund zurück aus dem Urlaub, sodass er für mich da sein wird. Also ist alles geregelt. Bitte sag Ethan nichts.<<
>> Ich finde es zwar nicht gut, was du machst, aber in Ordnung. Was wolltest du denn eigentlich von mir?<<
Ich hoffte wirklich, dass er Ethan nichts sagte, aber mehr als hoffen konnte ich nicht. Sie waren Brüder, telefonierten öfter miteinander, sodass er es vielleicht nebenbei erwähnen würde, doch das konnte ich nicht kontrollieren oder unterbinden.
>> Die Kinder wollen ein Theaterstück mit mir einstudieren und vor Weihnachten ihren Eltern vorführen. Wäre das in Ordnung für dich? Also aus medizinischer Sicht.<<
>> So lange alle stabil sind und keine Bettruhe haben, natürlich.<<
>> Gut. Was ist mit Dora?<<
Sie war neun Jahre alt und zu schwach, um aufzustehen, da sie die Chemotherapie nicht so gut vertrug, weshalb sie entweder im Rollstuhl saß oder im Bett lag. Trotzdem wollte ich sie mit einbeziehen.
>> Du weißt, wie schlapp sie ist.<<
>> Und wenn sie nur im Rollstuhl sitzt dabei? Oder eine Rolle hat, in der sie im Bett liegt?<<
>> Das ginge, aber ich weiß nicht, wie es ihr in sechs Wochen geht.<<
>> Das weiß niemand.<<
>> Wenn es so ist wie jetzt, kannst du es machen, also von mir aus jedenfalls.<<
>> In Ordnung, danke. Das war es auch schon.<<
Ich stand auf, weil ich nichts mehr hatte, was ich mit ihm besprechen musste und ich ihn nicht weiter stören wollte, doch er zog mich zurück auf den Stuhl.
>> Kann ich kurz über etwas anderes mit dir reden, oder musst du weiter?<<
Ich sah auf die Uhr und dachte an die Verabredung mit den Doyles, ebenso wie an den Termin mit Dr. Anderson.
>> Fünf Minuten hätte ich noch, aber dann muss ich los.<<
Er nickte und machte es sich wieder bequemer, wobei er nach den richtigen Worten suchte.
>> Unsere Mutter war ein wenig, naja sagen wir mal überrascht von eurer Hochzeit.<<
>> Greg, ich...<<
>> Nein, nein warte. Sie hat verstanden, dass du für Ethan nicht nur irgendeine Frau bist, sondern die Frau fürs Leben. Natürlich war sie darüber enttäuscht, dass sie nicht dabei war, als ihr geheiratet habt, so wie Charly und ich selbstverständlich auch. Immerhin ist er ihr Sohn und unser Bruder. Sie möchte sich jedenfalls bei dir entschuldigen und noch einmal von vorne anfangen. Vielleicht gibst du ihr ja mal eine Chance und kommst mit Ethan zum Essen vorbei.<<
>> Das hatten wir auch vor, aber dann kam der Absturz, das Krankenhaus und jetzt seine Reise nach Chile dazwischen.<<
>> Gut, ich möchte ja auch nur, dass du offen zu ihr bist, denn eigentlich kann sie ganz nett sein.<<
>> Nur weiß ich nicht, wie Ethan das Ganze sieht. Er hat sie beim letzten Mal ziemlich heruntergeputzt.<<
>> Ich werde auch noch mal mit ihm darüber sprechen.<<
Ich nickte und stand auf, weil ich nicht zu spät kommen wollte und verabschiedete mich von Greg.
Anschließend ging ich in den kleinen Park neben dem Krankenhaus, bis ich bei der Statue zweier kämpfender Stiere ankam und mich umsah. Ich wusste nicht wie die Doyles aussahen, weshalb ich mich einfach auf eine Bank setzte. Es dauerte keine zwei Minuten, als fünf Personen auf mich zukamen.
>> Mrs Thatcher?<<
>> Ja, Mrs Doyle?<<
>> Richtig. Das ist mein Mann Theodore und unsere anderen Töchter Amber und Vivianne und das ist Heathers Verlobter Jack.<<
Ich begrüßte alle, als wir uns schließlich an einen Tisch im nahegelegenen Café setzten, der groß genug war.
>> Sie haben Heather also noch gesehen bevor das Flugzeug unterging?<< fragte Theodore mich um Fassung bemüht, doch ich sah den Kummer, den sie in den letzten Tagen durchgemacht hatten und der immer noch in jedem von ihnen wohnte.
>> Richtig. Wie ich auch schon im Interview sagte. Ich war nach dem Aufprall bewusstlos geworden und sie hat mich dann wieder aufgeweckt.<<
>> Wie war sie da? Ruhig oder eher panisch, ängstlich?<<
>> Sie war vollkommen ruhig und professionell. Als ob sie einen gewissen Plan abarbeitete und sich durch nichts aus der Ruhe bringen ließ.<<
>> So war sie immer. Als ob sie eine Liste im Kopf hatte und wehe jemand lief aus der Reihe.<< schmunzelte ihr Verlobter bedrückt, während er in Gedanken bei schönen Erinnerungen zu sein schien.
>> Sie war also nicht ängstlich?<<
>> Nein, wenn doch, hat sie es nicht gezeigt, aber meiner Meinung nach hatte sie keine Angst.<<
>> Das ist beruhigend.<< seufzte Theodore, bevor seine Frau die nächste Frage stellte.
>> Was passierte dann?<<
>> Sie zeigte mir den Ausweg, also das Wasser in das ich reinspringen und worin ich den Ausgang suchen musste. Ich fragte sie, ob sie nicht mit mir käme, doch sie meinte, sie müsste noch nach weiteren Passagieren sehen. Meine Hilfe lehnte sie ab. Verdammt, ich hätte ihr einfach helfen sollen.<<
>> Dann hätten Sie es auch nicht geschafft.<< gab Mrs Doyle mir zu bedenken.
>> Vielleicht wäre es dann schneller gegangen und wir hätten es alle geschafft.<<
>> Sie haben selber gesagt, dass Sie mehrere Anläufe brauchten, bis Sie draußen waren und das Flugzeug da schon fast untergegangen war. Sie hätten es niemals geschafft.<<
>> Keine Ahnung. Trotzdem fühle ich mich schuldig.<< sagte ich mit brüchiger Stimme, als ich mir eine Träne wegwischte.
>> Das müssen Sie nicht.<<
Es war Jack, der dies sagte, mich mitfühlend ansah und mir ein Taschentuch reichte, damit ich meine Tränen wegwischen konnte.
>> Aber sie hat noch etwas zu Ihnen gesagt?<< hakte eine der Schwestern nach, die bisher noch nichts gefragt hatten und ihre Mutter unterstützten, wo sie nur konnten.
>> Ja. Jack, Ihnen soll ich sagen, dass sie Sie über alles liebt und sie sich nichts schöneres als ihre Hochzeit und ihr gemeinsames Leben vorstellen konnte. Darf ich fragen, wann die Hochzeit sein sollte?<<
>> In drei Monaten. Es war alles schon geplant und gebucht, alles ausgesucht. Es wäre perfekt geworden. Unsere Zukunft wäre perfekt geworden.<<
Er fing zu zittern an, als Mrs Doyle ihn mitfühlend zu sich zog.
>> Sie hat mir noch das hier für Sie gegeben.<<
Ich zog das Amulett aus meiner Tasche und reichte es Jack, der daraufhin noch stärker zu schluchzen anfing und es an sich drückte. In mir zog sich alles zusammen, da ich diesen Schmerz des Verlustes nicht ertrug. Aber das war ich Heather schuldig.
>> Hat sie sonst noch etwas gesagt?<<
Es war wieder Theodore, der das sagte und am ehesten seine Gefühle im Griff hatte und für alle stark blieb.
>> Noch etwas für Sie und ihre Frau. Ich soll Ihnen sagen, dass es ihr Leid täte, dass Sie wie immer Recht hatten, aber dass es in Ordnung sei. Dass Sie alles richtig gemacht hätten.<<
Bei diesen Worten brach Mrs Doyle auf einmal schluchzend zusammen, als auch schon Amber und Vivianne sie stützten und beruhigten. Theodore nickte nur immer wieder wissend, während er in Gedanken war.
>> Das war alles, was sie gesagt hat.<<
>> Danke Mrs Thatcher. Tut mir Leid, dass wir so ergriffen sind, aber...<<
>> Bitte Mr Doyle, das kann ich verstehen. Dafür brauchen Sie sich nicht entschuldigen. Ich hoffe nur, dass es Ihnen weiterhilft.<<
>> Das tut es. Vielen Dank.<<
Ich nickte, als ich mich erhob und mich, so gut es eben ging, von ihnen verabschiedete. Sie brauchten nun ihre Ruhe, hatten bestimmt einiges zu bereden und da wollte ich als außenstehende und Fremde nicht stören. Zumal ich ihnen unter die Nase rieb, dass ich gerettet wurde und ihre Tochter nicht.
Traurig und sichtlich aufgewühlt ging ich wieder zum Eingang des Krankenhauses, als ich auch schon Scott sah. Er wartete bereits auf mich, da ich ihn gefragt hatte, ob er mich zu Dr. Anderson begleiten würde, da ich jemanden mitbringen sollte. Er wusste, was ich durchmachte und wie schwer es war, all das zu verarbeiten.
>> Guten Abend Scott.<<
>> Den wünsche ich Ihnen auch Mrs Thatcher.<<
Ich stieg ein und wartete bis Scott ebenfalls einstieg und losfuhr.
>> Danke, dass Sie mich begleiten.<<
>> Das ist doch selbstverständlich.<<
>> Nein, das ist es nicht und ich bin Ihnen wirklich dankbar.<<
>> Ich hoffe nur, dass es Ihnen hilft Mrs Thatcher. Wenn ich das bemerken darf, Sie sehen sehr müde und erschöpft aus.<<
>> Ich weiß. Wahrscheinlich kommt es auch daher, dass Ethan nicht da ist. Er hat eine beruhigende Wirkung auf mich.<<
>> Wie ich hörte, kommt er erst in einer Woche zurück.<<
>> Ja, leider. Sagen Sie Scott, stehen eigentlich beide Flugzeuge von ihm wieder hier?<<
>> Ja, seine Maschine ist zurückgeflogen, damit die Crew wieder bei ihren Familien sein kann.<<
>> Eins davon fliegt Ben und Julian ja morgen nach Sydney, wäre das andere denn startklar?<<
>> Ich bräuchte nur anzurufen. Möchten Sie verreisen?<<
>> Ich überlege zu Ethan zu fliegen, weil ich es sonst nicht mehr aushalte. Ich brauche wieder Schlaf.<<
>> Wann wollten Sie denn losfliegen?<<
>> Am liebsten gleich.<<
Ich schaute aus dem Fenster und bemerkte, dass ich bereits jetzt zitterte und mir schlecht wurde. Der Gedanke daran wieder zu fliegen, verursachte in mir die übelsten Gefühle, doch es war nichts im Gegensatz dazu weiter von ihm getrennt sein zu müssen. Die Woche würde ich nicht durchstehen, das wusste ich. Auch wenn Jacob zurückkäme, könnte er mir nicht das geben, was Ethan mir gab. Diese Ruhe und Geborgenheit. Außerdem durfte ich nicht mehr mit Jacob in einem Bett schlafen, weshalb mir seine Anwesenheit nicht viel bringen würde.
>> Ich könnte dafür sorgen, dass Sie nach dem Arzttermin losfliegen können. Schaffen Sie es denn wieder in ein Flugzeug zu steigen?<<
>> Ich muss es schaffen.<<
Er nickte sichtlich beunruhigt, sagte jedoch nichts mehr dazu.
>> Dann werde ich gleich die Crew anrufen und die Maschine startklar machen.<<
>> Aber bitte sagen Sie Ethan nichts davon. Er soll noch in Ruhe arbeiten und sich keine Sorgen machen.<<
>> Natürlich, wie Sie wünschen.<<
Ich nickte, während wir jeder in unsere Gedanken vertieft waren. Als wir ankamen, bat ich ihn noch darum, die ganzen Examensarbeiten bei mir abzuholen, ebenso wie ein paar Sachen zum Anziehen, damit ich direkt losfliegen konnte und genügend Arbeit für die Zeit in Chile dabei hatte, da ich wusste, dass Ethan tagsüber viel arbeiten musste.
Der Besuch bei Dr. Anderson war relativ angenehm. Die Fragen am Anfang und sein Blick darauf, wie wenig ich wieder geschlafen hatte, sagten alles, doch dann kam Dr. Lloyd herein.
Er war schon älter und hatte graue Haare, die jedoch gut zu ihm passten. Zudem war er groß und hatte eine tiefe angenehme Stimme, bei der ich keinen Augenblick daran zweifelte, dass sie mich in Trance versetzen konnte. Er schüttelte mir die Hand, wobei mir sein fester Händedruck auffiel, ebenso eine kleine Zahnlücke in der unteren Reihe, als er mich aufmunternd anlächelte.
>> Guten Abend Mrs Thatcher.<<
>> Guten Abend Dr. Lloyd.<<
>> Dr. Anderson hat mir schon ihre ganze Geschichte erzählt, sodass ich einen guten Überblick über ihre Situation habe. Oft reicht schon ein Termin aus, um Besserung zu erzielen, doch bei Ihnen wird es, fürchte ich jedenfalls, länger dauern.<<
>> Warum?<<
>> Weil die Erinnerungen und Erlebnisse aus ihrer Kindheit mit denen in der Gegenwart zusammenhängen. Beispielsweise kann es sein, dass die Schuldgefühle, die Sie durch den Tod ihres Vaters haben, ähnliche sind wie nun bei Heather Doyle. Eventuell haben sich Brücken gebildet, die wir nun erfassen müssen. Wer wird Sie abholen?<<
>> Der Fahrer von Mr Thatcher.<<
>> Haben Sie noch Fragen?<<
>> Könnten wir gleich auf meine Angst eingehen, wieder zu fliegen? Weil ich gleich nach Chile fliegen werde und es in mir Übelkeit und heftiges Zittern hervorruft.<<
>> Sie sollten noch nicht so schnell wieder fliegen. Lassen Sie uns erst einmal in Ruhe an ihren Symptomen arbeiten.<<
>> Ich muss aber.<<
>> Was ist denn in Chile?<<
Dr. Anderson räusperte sich und mischte sich schließlich ein.
>> Ihr Ehemann.<<
Dr. Lloyd nickte nur verständnisvoll, bevor er mich dazu aufforderte mich auf dem Sofa hinzulegen und er mich zudeckte.
Er redete langsam und beruhigend auf mich ein, zählte herunter und versetzte mich schließlich in Trance.
Kapitel IV
Ich wusste nichts mehr von den zwei Stunden, doch anschließend fühlte ich mich ausgeruht und frisch.
>> Wie fühlen Sie sich Mrs Thatcher?<<
>> Voll Energie.<<
>> Das ist gut. Ich hoffe, dass es Ihnen schon geholfen hat, aber erwarten Sie bitte keine Wunder. Ich schätze wir brauchen noch drei bis vier Sitzungen. Die Flugangst wird sicherlich noch da sein, aber eventuell ein wenig abgeschwächter. Wie lange bleiben Sie in Chile?<<
>> Bis Freitag wahrscheinlich.<<
>> Gut, dann machen wir für Samstag einen neuen Termin.<<
Wir gingen zu Dr. Andersons Schreibtisch und machten noch einen Termin aus, bevor wir uns verabschiedeten und ich zu Scott ins Wartezimmer kam.
>> Alles in Ordnung Mrs Thatcher?<<
>> Ja.<<
>> Soll ich Sie jetzt zum Flughafen bringen?<<
>> Das wäre nett.<<
>> Aber gerne doch.<<
>> Scott?<<
>> Ja?<<
>> Haben Sie heute schon etwas von Ethan gehört?<<
>> Nein Mrs Thatcher. Wenn er unterwegs ist, reden wir nur sehr selten.<<
Ich nickte und kramte im Fahrstuhl mein Telefon hervor, mit dem ich Ethan eine Nachricht schrieb, dass die Hypnose gut verlaufen wäre und ich nun ins Bett gehen würde. Kurz darauf kam eine knappe Antwort, dass es ihn freute und ich gut schlafen solle. Zudem tat es ihm Leid, dass er nicht mehr Zeit für mich hatte.
Ich stieg in den Maybach und kugelte mich ein. Die Fahrt über sprachen wir nur sehr wenig, da ich mit jedem Meter den wir weiter zum Flughafen kamen immer nervöser wurde. Auf was ließ ich mich da nur ein? Allein zu Hause zu sitzen, während Ethan nicht da war, war schon schlimm genug, aber alleine meine Angst zu überwinden und wieder in ein Flugzeug zu steigen, war einfach nur idiotisch. Doch wenn ich jetzt nicht die 13 Stunden überstand, musste ich weitere sieben Tage überstehen und die paar Stunden kamen mir als Mathematikerin wesentlich angenehmer vor, als die ganze Woche.
Am Flughafen verabschiedete ich mich von Scott, der mir alles Gute wünschte und mir versicherte, dass er Ben und Julian morgen pünktlich abholen würde.
Ich stand einige Minuten vor dem Flugzeug und schaute es einfach nur an. Immer wieder versuchte ich mich selbst zu überzeugen, dass es nicht abstürzen würde, dass es mich schon unversehrt nach Hamburg und zurück gebracht hatte und dass die Piloten ihr Handwerk verstanden, dass sie nicht auf die Sicherheit verzichteten, damit sie Geld sparten.
Zwar hatte ich immer noch starke Bedenken und war nervös, doch die Übelkeit und das Zittern blieben aus. Als ich nach einigen Minuten immer noch nicht eingestiegen war, kam Jeanine zu mir herunter, die ich noch von meinem ersten Flug kannte.
>> Mrs Thatcher, wollen Sie jetzt mit mir hereinkommen?<<
Sie redete ganz ruhig und verständnisvoll, während sie mir ihre Hand hinhielt. Ich atmete noch einmal tief durch, als ich schließlich all meinen Mut zusammennahm und mit ihr hineinging.
>> Tun Sie mir einen Gefallen?<<
>> Natürlich Mrs Thatcher.<<
>> Egal, was ich gleich sagen sollte, vielleicht sage ich auch nichts, aber fliegen Sie einfach los.<<
Sie sah mich ein wenig bleich und schockiert an, als sie schließlich nickte.
>> Schnallen Sie sich dann bitte an, wir haben eine Starterlaubnis. Soll ich hier bei Ihnen bleiben?<<
>> Das wäre nett.<<
Sie schloss die Tür und gab kurz im Cockpit Bescheid, als sie sich schließlich zu mir setzte und sich anschnallte.
Langsam rollten wir zur Startbahn, während mir der Schweiß ausbrach und ich doch wieder anfing zu zittern. Jeanine sah mich mitfühlend an und versuchte mich zu beruhigen, doch es half nichts. Meine Symptome wurden immer schlimmer, vor allem als das Flugzeug abhob und wir in der Luft waren.
Als ich spürte, dass mir mein Mageninhalt hochkam, schnallte ich mich schnell ab, woran Jeanine mich noch hindern wollte, doch als sie sah, was ich für ein Problem hatte, verstummte sie.
Ich rannte auf die Toilette und übergab mich. Es dauerte einige Minuten bis die Krämpfe in meinem Magen wieder nachließen und ich versuchte aufzustehen. Erschöpft schleppte ich mich zurück und sagte Jeanine noch kurz, dass ich ins Bett ginge, als ich auch schon auf dem Bett lag und krampfhaft die Augen schloss.
Genauso schweißgebadet wie ich eingeschlafen war, wachte ich auch wieder auf, da ich einen Albtraum gehabt hatte, in dem Ethan mit im Flugzeug gesessen und er es nicht nach draußen geschafft hatte, während ich gerettet wurde.
Mein Herz pochte wild und auch meine Atmung war schnappend und flach. Ich legte mich einige Minuten auf den Rücken, als ich schließlich auf die Uhr sah und in die Dusche ging. Immerhin hatte ich vier Stunden geschlafen, was schon sehr viel für mich war. Nachdem ich geduscht und mir neue Sachen angezogen hatte, ging ich wieder zu den Sesseln, auf denen ich kurz Platz nahm und mich versuchte an das Gefühl, wieder über den Wolken zu sein, zu gewöhnen. Allerdings hielt ich es nicht lange aus und klopfte schließlich ans Cockpit, als Jeanine mir sofort öffnete.
>> Mrs Thatcher. Geht es Ihnen besser?<<
>> Ja, danke. Wäre es möglich, dass ich mir das hier kurz anschaue?<<
>> Natürlich.<<
Sie erhob sich von ihrem Platz, sodass ich mich hinsetzen konnte und ging zurück in die Kabine, als Daniel und Cliff mich freundlich begrüßten. Sie beantworteten mir geduldig alle Fragen, die ich hatte, damit ich ein wenig verstand, wie ein Flugzeug flog und warum es ihrer Meinung nach so sicher war. Irgendwann wurden wir persönlicher, da es mir ein Stück Sicherheit gab, wenn ich sie mehr kannte.
>> Seit wann fliegen Sie schon für meinen Mann?<<
>> Seit fünf Jahren.<<
>> Auch für andere Leute, oder ausschließlich für ihn?<<
>> Nur für ihn.<<
>> Und warum arbeiten Sie nicht mehr bei einer normalen Fluggesellschaft?<<
>> Naja, zum einen arbeite ich so nicht so viel. Ich habe öfter frei, aber vor allem, weil ich hier mein eigener Herr bin. Mr Thatcher hat mir noch nie vorgeschrieben, wie ich zu fliegen habe oder sich wegen irgendwelcher Kosten beschwert. Wenn ich der Meinung bin, es muss ein Teil am Flugzeug ausgetauscht werden, dann macht er es sofort.<<
>> Klingt beruhigend.<<
>> Sie sind hier in guten Händen Mrs Thatcher. Ich möchte auch wieder heil nach Hause kommen und meine Tochter wiedersehen, deswegen gehe ich kein Risiko ein und fliege auch durch kein Unwetter. Wenn es zu gefährlich ist, nehmen wir einen Umweg, dafür haben wir genug Sprit an Bord.<<
Ich nickte und schaute wieder auf die ganzen Knöpfe des Flugzeugs, zwar hatte Daniel sie mir gerade eben noch alle erklärt, doch die Hälfte hatte ich wieder vergessen.
>> Tut mir Leid, dass ich Sie so nerve, aber es beruhigt mich ungemein hier zu sitzen und zu sehen, dass alles in Ordnung ist. Sitze ich drinnen, weiß ich nicht, ob es Schwierigkeiten gibt und mache mich verrückt.<<
>> Das ist vollkommen in Ordnung Mrs Thatcher. Sie können hier gerne die ganze Zeit sitzen, da habe ich kein Problem mit. Sie können Cliff abfragen, wenn Sie möchten. Er hat in vier Wochen eine Prüfung, weil er auch First Command Officer werden möchte.<<
>> Sehr gerne.<<
Cliff drehte sich zu mir um und händigte mir den Fragebogen mit den dazugehörigen Antworten aus. Es waren etliche Seiten, sodass ich hin und hersprang und ihn abfragte.
Nach zwei Stunden Abfrage rauchte ihm jedoch der Kopf, sodass wir eine Pause einlegten und ich kurz zurück in die Kabine ging. Wir mussten noch knappe vier Stunden fliegen, sodass ich schon mehr als die Hälfte geschafft hatte und mir innerlich auf die Schulter klopfte. Zwar war mir immer noch übel, doch es war kein Mageninhalt mehr da, den ich herausbefördern könnte. Das Zittern hatte sich eingestellt, doch mein Herz raste immer noch wie verrückt. Bei jeder Meldung im Cockpit war ich zusammengezuckt, doch bisher gab es keine Schwierigkeiten auf dem Flug. Ich vertraute Daniel und Cliff, dennoch war es für mich eine Ausnahmesituation, die ich nicht so richtig unter Kontrolle bekam.
Ich ging zu Jeanine, die auf dem Sessel saß und sich eine Serie im Fernsehen ansah, doch als sie mich sah, schaltete sie es schnell ab und stand auf, als ob ich sie bei irgend etwas ertappt hätte.
>> Jeanine, setzen Sie sich hin und schauen Sie ruhig weiter.<<
Sie sah mich unentschlossen an, bewegte sich dabei jedoch keinen Millimeter.
>> Ich bin nicht mein Mann. Ich bin froh, wenn Sie hier bei mir sitzen und dabei können Sie auch ruhig fernsehen.<<
>> Möchten Sie denn etwas trinken oder essen?<<
>> Lieber nicht, sonst bin ich sofort wieder da hinten.<<
Sie nickte und grinste leicht, als sie sich gegenüber von mir hinsetzte. Zusammen sahen wir uns einige Serien an und redeten immer wieder über Belanglosigkeiten, bis sie mir erzählte, dass sie in ein paar Wochen heiratete und wir uns eine Ewigkeit über die Hochzeit unterhielten.
Sie wurde schnell offener und vergaß, wer ihr Boss war, sodass sie vollkommen frei von der Leber weg mit mir sprach. Sie wünschte sich eine große Hochzeit und hatte schon alles dafür vorbereitet. Sie und ihr Mann Ian hatten rund 150 Gäste eingeladen und einen großen Saal außerhalb von Brisbane gemietet. Ihr Kleid war schon ausgesucht und auch die Blumen waren bestellt.
Allerdings war Ian nicht davon zu überzeugen endlich seinen Anzug auszusuchen, was sie wahnsinnig machte, da sie Angst hatte, er würde am Ende keinen mehr bekommen. Es war schön zu sehen, wie verliebt sie aussah, als sie von ihm sprach und das, obwohl sie schon sechs Jahre ein Paar waren. Sie riss mich mit ihrem Enthusiasmus so mit, dass ich alles um mich herum vergaß und überhaupt nicht merkte, wie die Zeit verging.
Plötzlich ließ Daniel über die Lautsprecher durchsagen, dass wir gleich landen würden und uns anschnallen sollten, was wir direkt taten. Ich war froh, dass Jeanine bei mir blieb und weiterhin von ihr und Ian berichtete, doch als ich den Boden unter uns sah und wir immer mehr absackten, um auf der Landebahn zu landen, brach wieder der Schweiß auf meiner Haut aus, während mein Herz fast Überschläge machte. Mein Körper zitterte unkontrolliert und ich spürte, wie mir wieder alles hochkam, obwohl ich nichts mehr im Magen hatte. Jeanine gab mir schnell einen kleinen Mülleimer, in den ich mich sofort übergab.
Ich musste einen äußerst unansehnlichen Anblick abgeben, aber das war mir egal. Ich war nur froh, wenn ich das alles hinter mir hatte und endlich wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Als wir schließlich mit den Rädern den Boden berührten und bremsten, atmete ich erleichtert auf.
Während wir langsam zu unserem Ziel fuhren, ging ich noch einmal schnell ins Bad, putzte mir die Zähne und machte mich frisch. Als ich in den Spiegel sah, sah ich so fertig und ausgelaugt aus, dass ich mich nicht traute zu Ethan zu fahren. Ich sah noch schlimmer aus, als letzte Nacht, wo ich mich im Spiegel betrachtet hatte.
Eilig ging ich wieder zurück und verabschiedete mich von der Crew, wobei ich mich bei Jeanine noch einmal entschuldigte, weil sie alles hatte mit ansehen müssen, doch sie wiegelte meine Bemerkung mit einer unbedeutenden Handbewegung ab.
Ich stieg in den Wagen vor dem Flugzeug und fuhr zum Büro von Ethan. Scott hatte den Fahrer organisiert, ohne das Ethan etwas erfahren hatte, wofür ich ihm noch einmal danken würde. Mit jeder Minute, die ich ihm näher kam, wurde ich aufgeregter und zerknitterte das Taschentuch, das ich in meiner Hand hielt, immer mehr.
>> Wir sind da Mrs Thatcher.<<
José stieg aus und öffnete mir die Tür, als er mir hinaus half. Er führte mich durch das riesige Gebäude zu Ethans Büro und deutete auf eine Tür am Ende des Ganges.
>> Ist er allein?<<
>> Ja Mrs Thatcher. Vielleicht telefoniert er, aber Besuch hat er keinen.<<
>> Danke José.<<