Kitabı oku: «Grammatiklernen interaktiv», sayfa 2
2.1. Digitale Medien und Fremdsprachenlernen
Seit dem Einsatz des Computers im Fremdsprachenunterricht werden kognitionspsychologische und mediendidaktische Dimensionen aktiv diskutiert (vgl. z. B. Rösler und Tschirner 2002; Tschirner et al. 2000; Roche 2007). Darüber hinaus unterscheidet Rösler beim Einsatz digitaler Medien zwei Bereiche: zum einen den des digitalen Materials und zum anderen den der computergestützten Kommunikation (vgl. Rösler 2006b: 68). Da in der vorliegenden Studie ein konkretes Lernangebot zur deutschen Grammatik untersucht wird, liegt der Fokus ausschließlich auf digitalen Materialien zum Fremdsprachenlernen, die sich im Bereich Computer-assisted language learning (CALL) verorten lassen. Computer-mediated communication (CMC) wird im Verlauf dieser Arbeit keine Rolle spielen und deshalb in diesem Kapitel auch nicht weiter behandelt.1 Zunächst ist aber der Begriff Digitale Medien zu klären.
In früheren Publikationen taucht der Begriff Neue Medien auf (vgl. Mitschian 1999; Rösler und Tschirner 2002; Marx und Langner 2005). Im Hinblick auf die Problematik des Begriffs stellt Biechele die Frage, wie lange Neue Medien diese Bezeichnung tragen werden, da es mittlerweile neuere Neue Medien gibt (vgl. Biechele 2005a: 5). In der vorliegenden Arbeit wird, wie im Beitrag von Biechele, der Begriff Digitale Medien benutzt; damit sind aber nicht nur Computer mit Internet-Zugang (vgl. ebd.), sondern auch tragbare Geräte wie Laptop, Tablet-PC und Smartphone gemeint, also alle Medien, die Arbeit mit Inhalten in digitaler Form sowohl online als auch offline ermöglichen.
In einer Reihe von Publikationen findet man Diskussionen über den Einsatz digitaler Medien beim Fremdsprachenlernen und zu ihren Vor- und Nachteilen (vgl. Ross 1997; Rösler 2006b, 2008). So sieht Ross die Potenziale von Medien für das Lehren und Lernen darin,
daß sie Bildungsinhalte veranschaulichen, verdeutlichen, direkt oder indirekt erfahrbar machen, Simulationen der Realität ermöglichen, Bildungsprozesse interessanter machen, den Lehrenden entlasten sowie in der Möglichkeit den Verhaltens- und Erfahrungsspielraum der Lernenden zu vergrößern und eine flexible, situationsgerechte Gestaltung der Lehr- und Lernprozesse zu verwirklichen (Ross 1997: 12-13).
Digitale Medien können den Fremdsprachenunterricht interessanter und alltagsnäher gestalten, auch für das Selbstlernen bieten sie viel Potenzial: „Im Zusammenhang mit den digitalen Medien entsteht zudem der Eindruck, Lernende könnten mit ihrer Hilfe völlig isoliert eine Sprache lernen“ (Würffel 2016: 387). Unumstritten ist die Tatsache, dass man einzelne Kompetenzen und Fertigkeiten mit digitalen Medien trainieren kann. Jedoch stößt man an die Grenzen des mediengestützten Selbstlernens, wenn es sich um den kommunikativen Kontext und seine Rolle für das Fremdsprachenlernen handelt. Was digitale Medien zum Selbstlernen beitragen können, wird in folgendem Abschnitt erläutert.
2.1.1. Selbstlernen
Digitalen Medien wird viel Potenzial für das selbstständige Lernen zugeschrieben (vgl. Rüschoff 1988: 48; Ross 1997: 13; Würffel 2016: 386). Das erinnert wieder an die Zeiten des Sprachlabors, das auch zur Individualisierung des Lernprozesses beitragen sollte. In der Ära digitaler Medien stehen selbstgesteuertes Lernen, Individualisierung des Lernprozesses und Lernerautonomie1 wieder zur Diskussion. Eine klare Trennung zwischen diesen Begriffen ist nicht immer möglich (vgl. Rösler 2012: 116).2 Beim Selbstlernen handelt es sich um eine Lernform, bei der der Lernprozess, komplett oder teilweise, außerhalb des Unterrichts stattfindet. Es ist durch unterschiedliche Grade der Selbststeuerung gekennzeichnet, die im Kontext des mediengestützten Lernens durch die Materialien bestimmt werden (vgl. ebd.: 116-117). In Bezug auf die Verwendung des Autonomiebegriffs im Kontext des Lernens mit digitalen Medien warnt Rösler vor ihrer Trivialisierung. Bestimmt ein Lernender selbst den Ort und die Zeit der Bearbeitung von Lernmaterialien, heißt es nicht, dass es sich automatisch um selbstbestimmtes Lernen handelt. Die Inhalte des Lernprogramms sind von Entwicklern (genauso wie Inhalte eines Lehrwerks von Autoren) bestimmt, die Auswahl der Lernpfade innerhalb des Programms ist auch durch die Anzahl vorprogrammierter Verzweigungen limitiert (vgl. ebd.: 117). Inwiefern Lernende ihre Lernwege innerhalb der Interaktiven Grammatik selbst bestimmen können, wird in Kapitel 5 expliziert.
Hinsichtlich der Förderung selbstbestimmten individuellen Lernens im Anfängerunterricht schlägt Rösler vor, eine kontrollierte Überschreitung der Progressionsgrenzen als selbstverständlich zu betrachten. „Dabei ist darauf zu achten, dass die Lernenden mit Aufgaben konfrontiert werden, die es ihnen erlauben, mit einem Erfolgserlebnis aus dem für ihren aktuellen Sprachstand zu komplexen sprachlichen Material wieder ‚herauszufinden‘“ (Rösler 2006a: 160). Wenn die Bestimmung der Überschreitung im Unterricht den Lehrenden überlassen wird, ist zu überlegen, wie die Aktivitäten, Aufgabenstellungen, Navigation und Steuerung in digitalen Lernmaterialien gestaltet werden müssen, damit der selbstständige Lernprozess gefördert und überhaupt ermöglicht wird.
Durch Digitalisierung stehen Selbstlernenden vielfältige Lernmaterialien zur Verfügung.3 Selbstlernmaterialien werden „in der Regel ergänzend zum lehrergesteuerten Unterricht“ verwendet (Lahaie 1995: 30). Dabei zielen sie auf das Training einzelner Kompetenzen und Fertigkeiten ab (vgl. ebd.). Dass digitale Lernmaterialien gegenüber analogem Selbstlernen und Lernerautonomie stärker fördern, ist umstritten. So ist Koenig der Ansicht, dass Lehrwerke die Lernerautonomie konsequenter als computergestützte Lernprogramme fördern, obwohl es gerade bei der Konzeption und Programmierung digitaler Materialien mehr Möglichkeiten zur flexiblen Gestaltung gebe (vgl. Koenig 2000: 29ff.). In seinem Beitrag formuliert er Kriterien für Lernmaterialien, die der Förderung der Lernerautonomie dienen. Eine wichtige Rolle wird der Transparenz des Lernangebots zugewiesen, damit Lernende sich schnell orientieren und über die Art und Schwierigkeit der Aufgaben informieren könnten. Außerdem sollten Materialien Aufgaben beinhalten, die die Selbstreflexion über den eigenen Lernstil und die Lerngewohnheiten beinhalten und Lernstrategien fördern (vgl. ebd.: 33-34). Lernmaterialien sollten auch entdeckendes Lernen ermöglichen. Ein besonderes Potenzial entdeckenden Lernens wird u. a. dem Grammatikunterricht zugewiesen, in dem Lernende Gemeinsamkeiten und Unterschiede vergleichen, grammatische Strukturen erkennen, Hypothesen aufstellen, überprüfen und gefördert werden, „dadurch zunehmend ein Gefühl für die Struktur einer Sprache, in diesem Fall der deutschen, zu entwickeln“ (ebd.: 36). Die ausgearbeiteten Kriterien gelten generell für Lernmaterialien, unabhängig davon, ob sie analog oder digital sind.4
Lernmaterialien alleine reichen für den Lernerfolg nicht aus, Lernende benötigen auch gewisse Kompetenzen zum selbstständigen Lernen. In diesem Zusammenhang ist die Diskussion über Lernstrategien und Lerntechniken nicht uninteressant. „Lernstrategien sind also (mentale) Handlungspläne, deren Ziel ist, etwas selbstständig zu lernen“ (Bimmel 1993: 5). Einen umfassenden Überblick über Strategien bietet Würffel (2006).
Die Erforschung von Selbstlernprozessen im fremdsprachendidaktischen Kontext steht im Mittelpunkt vieler Studien. Dabei handelt es sich sowohl um Selbstlernkurse mit analogen Medien (vgl. z. B. Lahaie 1995) als auch mit digitalen (Nandorf 20045; Würffel 20066; Schmidt 20077).
Während die Studien von Nandorf (2004), Würffel (2006) und Schmidt (2007) Lernende über einen längeren Zeitraum beim Selbstlernen begleiten und beobachten, handelt es sich bei der vorliegenden Arbeit um die Beobachtung eines deutlich kürzeren Lernprozesses, und zwar nur um die Untersuchung der ersten Begegnung mit dem Programm zum Grammatiklernen. Während dieser ersten Begegnung kann ein grammatisches Thema selbstständig entdeckt bzw. können Kenntnisse zum Thema durch die Regelformulierung systematisiert und in Übungen angewendet werden. In diesem Zusammenhang kann eine ausführliche Analyse einzelner Elemente des Lernprogramms – Multimodalität, Interaktivität, vorgesehene Aktivitäten etc. – zur Nachvollziehbarkeit kognitiver Prozesse bei der Bearbeitung des grammatischen Themas dienen. Darüber hinaus bearbeiteten alle Teilnehmenden dieselbe Einheit der Interaktiven Grammatik, somit erfolgte eine präzise Vergleichbarkeit der Lernwege einzelner Personen. Eine weitere Besonderheit der Teilnehmenden ist das Sprachniveau A im Deutschen, d. h. sowohl die Begegnung mit einem neuen Lernprogramm als auch eine selbstständige Auseinandersetzung mit sprachlichen Inhalten in der Anfängerstufe stehen im Vordergrund der Untersuchung. In Kapitel 6 werden weitere Unterschiede zu den genannten Studien hinsichtlich des triangulierenden Verfahrens bei der Datenauswertung aufgezeigt.
2.1.2. Multimodalität
In digitale Lernangebote können unterschiedliche Medien – Texte, Audio und Bilder – integriert werden und somit die Wahrnehmung von Informationen über unterschiedliche Sinneskanäle ermöglichen (vgl. Kerres 2013: 168). Multimedia-Programmen wird eine Eigenschaft zugeschrieben, die andere Medien nicht leisten könnten: den Zugang zu Lerninhalten in textueller und auditiver Form zu ermöglichen (vgl. Grießhaber 2003: 32). Das bereits zu Kapitelbeginn erwähnte Sprachlabor ist in Form digitaler Audioaufzeichnungen und technisch auf höherem Niveau wiederbelebt (vgl. Freibichler 2000: 113). Die Einbindung mehrerer Medienarten wird auch von Ross als vorteilhaft bezeichnet; außerdem handelt es sich um eine günstige Handhabung (Ansteuerung, Bearbeitung, Abspielen etc.) digitalisierter Informationen (vgl. Ross 1997: 14), was Ende des 20. Jahrhunderts eine wichtige Rolle spielen sollte und heutzutage selbstverständlich scheint. Plass fasst einige potenzielle Vorteile des Multimediaeinsatzes beim Sprachenlernen zusammen. So können durch den Einsatz von Multimedia-Elementen der Realitätsbezug hergestellt und eine konstruktivistische1 Lernumgebung gestaltet werden. Informationen werden in unterschiedlichen Präsentationsformen dargestellt und damit kann der Cognitive Load Effect2 entstehen. Durch die Einbindung von Multimedia-Elementen lassen sich Lernpräferenzen und individuelle Lernprozesse unterstützen und adaptive Lernumgebungen entwickeln (vgl. Plass 1999: 27). Auf der Grundlage lernpsychologischer Studien fasst Kerres Gestaltungsprinzipien von Text, Bild und Ton zusammen, wobei sie auch aus „kognitions- oder motivationspsychologischer Sicht“ widerlegt werden könnten (Kerres 2013: 170). Auch Weidenmann weist auf den Korrekturbedarf einiger „naiver“ Argumente für das Lernen mit Multimedia, wie Verbesserung des Behaltens durch die Einbindung mehrerer Kanäle, Motivation durch Abwechslung sowie Aktivierung von Lernenden durch Multimedia, hin. Er ist der Ansicht, dass mediale Angebote nicht nur durch die Kategorie Multimedia zu beschreiben, sondern „in Bezug auf alle drei Dimensionen – technisches Medium, Codierung und Modalität“ – zu analysieren sind (Weidenmann 2011: 85). Multimodale Präsentation kann zur intensiveren Verarbeitung von Lerninhalten führen und somit die Verfügbarkeit des Wissens verbessern. Durch Multicodierung3 und Multimodalität wird die Darstellung des Lerngegenstandes realitätsnah und multiperspektivisch ermöglicht und demzufolge werden das Interesse an Lerninhalten, die Entwicklung mentaler Modelle und die Anwendung des Wissens gefördert. Interaktive multimodale Lernprogramme bieten vielfältige Aktivitäten (vgl. ebd.). Auf die Rolle der Interaktivität wird in Kapitel 2.2 ausführlicher eingegangen.
Im Hinblick auf die Veränderung mediengestützter Informationen durch die Digitalisierung weist Mitschian darauf hin, dass Lernsoftware im Vergleich zu Printmedien, Tafel etc. neuere „Verbindungen zwischen Schrift und Bewegtbild, gesprochener Sprache mit Bildinformationen sowie zwischen geschriebener und gesprochener Sprache“ haben (Mitschian 2004b: 138). Dadurch stehen Lernenden nicht nur vielfältige und abwechslungsreiche Lernmaterialien zur Verfügung. Sie zeichnen sich mit Hilfe von Multicodierung und Multimodalität durch Authentizität aus (vgl. Schmidt 2007: 30). Als Beispiel dafür nennt Schmidt eine sinnvolle Einbindung verbaler und visueller Informationen, wie bspw. Programme zum Vokabellernen, in denen die Vokabel in geschriebener Form auch visuell und auditiv dargestellt wird (vgl. ebd.). Auch für das Grammatiklernen könnte eine multimodale Präsentation grammatischer Inhalte, die häufig abstrakt und schwer erlernbar scheinen, als Vorentlastung dienen. Darüber hinaus ist anzunehmen, dass die Darlegung von Lerninhalten durch Text und Bild für Lernende mit wenig Vorwissen lernunterstützend sein kann, wenn die Darlegung didaktisch sinnvoll aufbereitet wird. Da für die Interaktive Grammatik das Zusammenspiel sprachlicher und visueller Informationen im Vordergrund steht, folgt in Kapitel 3 eine intensive Auseinandersetzung mit den Potenzialen von Visualisierungen für das Grammatiklernen. Im Folgenden werden unterschiedliche Formen digitaler Materialien dargestellt.
2.1.3. Lernsoftware
Laut Grünewald bedeutet Lernsoftware Computerprogramme, „mit deren Hilfe Lernende sich eigenständig mit einem bestimmten Stoffgebiet vertraut machen können“ (Grünewald 2010: 188). Mitschian grenzt den Begriff Lernprogramm von Lernsoftware ab, in dem er den Lernprogrammterminus mit dem Programmcode in der Programmiersprache in Verbindung bringt. Darüber hinaus verbindet der Verfasser den Programmbegriff mit dem behavioristischen Ansatz, den er wegen strenger Vorgabe der Lernschritte als kritisch betrachtet. Die Lernsoftware sieht er als Oberbegriff für digitale Lernwerkzeuge und Lernmedien, dabei werden die Werkzeuge für die Erstellung, Bearbeitung, Speicherung oder Übertragung von Medien eingesetzt. Lernmedien übermitteln hingegen Lerninhalte (vgl. Mitschian 2004a: 14-15). Der Fokus der vorliegenden Studie liegt auf der Lernsoftware mit grammatischen Inhalten, die Lernwerkzeuge werden nicht näher betrachtet. Die Ausdifferenzierung von Lernsoftware und Lernprogrammen spielt aus fremdsprachendidaktischer Perspektive keine Rolle, daher werden sie im Folgenden synonym verwendet.
Die Unterscheidung zwischen Werkzeugen und Medien wird auch in die Typologien übernommen und weiter differenziert als authentisch adaptiert und methodisiert (vgl. Mitschian 2004a: 26; Würffel 2016: 388). Auf Grundlage der Kriterien nach Mitschian (2004a: 26) lässt sich die Interaktive Grammatik den methodisierten Lernmedien zuordnen: Das Lernprogramm gibt Inhalte und Intentionen sowie die Vorgehensweise zur Bearbeitung der Inhalte vor. Allerdings sind Verzweigungen nicht nur für eine Art der Bearbeitung vorprogrammiert, dadurch kann das Lernziel durch unterschiedliche Lernwege erreicht werden. Würffel unterscheidet die Medientypen auch in offline stationär, online stationär und mobil (2016: 388). Beispiele für methodisierte Medien sind
Lernsoftware auf CD-ROM/DVD (offline stationär),
Lernprogramme, Lehrbuch-Erweiterungen, Lernspiele (online stationär)
Lern-Applikationen für mobile Geräte (mobil) (vgl. ebd.).
Die meisten digitalen Lernmaterialien, unabhängig davon, ob es sich um Vokabeltrainer, Online-Grammatiken, Übungen auf Lernplattformen oder Lernspiele handelt, sind heutzutage auch auf mobilen Geräten abrufbar. Somit wird der Zugang zu Lernmaterialien noch einfacher als früher. Die Grenze zwischen stationären und mobilen Medien ist klar, jedoch können die Materialien in beiden Versionen angeboten werden. Darüber hinaus scheint der Aspekt offline-online auch für mobile Materialien wichtig zu sein, da einige Applikationen nur mit einem Internetzugang funktionieren.
Im Zusammenhang des selbstgesteuerten Lernens mit mobilen Endgeräten betont Würffel die Wichtigkeit der Qualitätssicherung vorhandener Materialien zum Fremdsprachenlernen. Durch die Zugänglichkeit von Lernmaterialien mithilfe von kostenfreien Apps steigt die Motivation zum Fremdsprachenlernen. Gleichzeitig können die Begrenztheit der Anwendungen (im Hinblick auf die verwendete Lernmethode sowie die Nutzung nur weniger Vorteile von Apps) zu einer hohen Abbruchquote und Frustration führen (vgl. Würffel 2016: 390).
Da die Interaktive Grammatik sowohl in der Web- als auch App-Version vorhanden ist, würde man vermutlich an dieser Stelle noch einen Abschnitt zu Aspekten mobilen Lernens erwarten.1 Auch wenn die Bearbeitung der Einheit der Interaktiven Grammatik größtenteils am Tablet-PC, d. h. mit der App-Version, stattfand, könnte die vorliegende Studie mit Vorbehalt als Forschungsbeitrag zu mobilem Lernen betrachtet werden. Im Rahmen dieser Untersuchung wurde die Datenerhebung unter „Laborbedingungen“ durchgeführt (s. Kapitel 6), für mobiles Lernen relevante Aspekte ‒ wie Lernen bei Zeit- und Ortsunabhängigkeit, beiläufiges Lernen etc. ‒ wurden nicht gezielt erfasst, aber von manchen Untersuchungsteilnehmenden angesprochen.
2.1.4. Übungsformate
Nach dem die Organisationsform Selbstlernen, multimodale Gestaltungsmöglichkeiten der Lernmaterialien skizziert und die Lernsoftwaredefinition erläutert wurden, werden in diesem Kapitel die Aktivitäten der Lernenden in digitalen Lernmaterialien thematisiert. Die Klassifizierung der Arten von Aktivitäten bzw. Übungen kann auf Grundlage unterschiedlicher Kriterien stattfinden: Fertigkeiten (rezeptiv, produktiv), Orientierung (mitteilungs- und formorientiert bzw. inhaltsbezogen und formfokussiert), Grad der Offenheit (geschlossen, halboffen und offen) (vgl. Rösler 2012: 105; Funk et al. 2014: 30–31). Die Typologien sind keine Besonderheit der Mediendidaktik und werden aus der allgemeinen Fremdsprachendidaktik übernommen.
Im Kontext digitaler Medien, insbesondere aus der Entwicklerperspektive,1 ist die Unterteilung in geschlossene, halboffene und offene Übungsformen besonders relevant. In geschlossenen Übungsformen gibt es klare Antwortmöglichkeiten: Die Lösung ist richtig oder falsch. Offene Aufgaben lassen mehrere Lösungen und Lernwege zu (vgl. Rösler 2004: 152). „Geschlossene Übungen eignen sich eher für die Einführungs- und Übungsphasen, wenn Lernende sich unbekannte Sprachmittel zunächst erarbeiten und dann Sicherheit in der Anwendung gewinnen wollen“ (Biechele et al. 2003: 13). Gerade im Bereich Grammatik sind geschlossene Übungen verbreitet,2 wobei diese Übungstypen wegen ihrer Formfokussierung kritisiert wurden. Die Formfokussierung von Grammatikübungen ist legitim, ohne die Form zu üben, ist Grammatiklernen kaum vorstellbar.3 Grammatikbücher und Lehrwerke bieten eine Menge formfokussierter Übungen. Jedoch haben digitale Übungen im Vergleich zu Übungen auf Papier Merkmale, die ihnen einen didaktischen Mehrwert geben. Die Vorteile digitaler geschlossener Übungsformen4 gegenüber analogen fasst Biechele wie folgt zusammen:
Die Übungsaktivität lässt sich beliebig oft wiederholen; die Lernenden haben also die Möglichkeit, sie beim zweiten, dritten oder x-ten Mal richtig zu lösen.
Der eigentliche didaktische Mehrwert der Internetnutzung [und der Nutzung offline laufender digitaler Lernprogramme und Apps] besteht darin, dass Lernende unmittelbares Feedback bekommen können – auch wenn die Lehrkraft keine Zeit hat.
Die Interaktion zwischen Lernenden und Computer erfolgt ohne andere (Mit)Lernende, vor denen sich manche Lernende bei Korrekturen bloßgestellt fühlen könnten.
Schließlich wird der Computer nie ungeduldig und gibt im besten Fall auch Hilfen für den richtigen Lösungsweg (Biechele 2005b: 14 [Ergänzung TZ]).
Weiterhin lassen sich innerhalb von geschlossenen Übungen mögliche Aktivitäten unterscheiden:
Auswahl der richtigen Lösung aus einer Reihe von Vorschlägen,
Kennzeichnung als richtig oder falsch,
Ergänzung einer Lücke (durch Wortteile, einzelne Wörter oder Wortgruppen),
Anordnung der Elemente nach bestimmten Kriterien wie Zuordnung zu verschiedenen Kategorien oder Festlegung der richtigen Reihenfolge,
Umformung vorgegebener Sätze (ebd.: 12).
Die Aktivitäten sind auch in Papierform möglich, der Unterschied liegt in der Realisierung. Sie können in verschiedenen Formaten wie z. B. Anklicken von Antwortmöglichkeiten in Multiple-Choice-Fragen oder Auswahlmenüs, Ziehen (Drag & Drop), Eingabe einer Antwort (Eintippen) realisiert werden. Das Repertoire scheint nicht vielfältig zu sein. Wenn jedoch in die Aktivitäten multimodale Elemente eingebunden werden und unterschiedliche Lösungswege im Programm vorgesehen sind, können sie Lernende beim Erreichen ihrer Lernziele unterstützen.
Darüber hinaus kann die Einbindung spielerischer Elemente in digitale Lernmaterialien das Interesse am Bearbeiten von Inhalten aufrechterhalten. Die Spielmechaniken, wie z. B. levels, challenges, Punktesammeln, Belohnungssystem, etc., werden in modernen digitalen Spielen verwendet. Auch der Faktor Spaß ist nicht unwichtig.5
Die fachdidaktische Diskussion über Spiele im Fremdsprachenunterricht erlebte ihren Boom in den 1980er Jahren (s. z. B. Kleppin 1980; Klippel 1980). Zu diesen Zeiten wurden Sprachlernspiele als Bestandteil des kommunikativen Unterrichts angesehen, heutzutage werden sie dem Prinzip des aufgabenorientierten Unterricht zugeordnet und erfüllen viele Kriterien von Lernaufgaben (vgl. Kleppin 2010: 284). Seit der Verbreitung digitaler Lernmaterialien für das Fremdsprachenlernen wird versucht, die oben genannten Spielmechaniken auch in digitale Materialien, u. a. in geschlossene Übungen einzubinden. Die einfachsten Beispiele für sprachbezogene Lernspiele sind Galgenmännchen, Kreuzworträtsel, Memory, Scrabble, Wortschlangen etc. (vgl. Biechele et al. 2003: 34 ff.). Mit der Entwicklung digitaler Medien wurden Sprachlernspiele komplexer, indem sie als umfangreiche Simulationen mit Lebensweltbezug und einem großen Spektrum von sprachbezogenen Aufgaben gestaltet werden, wie z. B. das Spiel des Goethe-Instituts für B1-Lernende Lernabenteuer Deutsch. Ein rätselhafter Auftrag.6 Für Lernende auf niedrigeren Niveaustufen bietet das Goethe-Institut ein anderes Spiel, in dem Wortschatz zu alltagsnahen Themen entdeckt und geübt werden kann: Die Stadt der Wörter.7 In diesem Spiel kann außerdem gegen andere Lernende gespielt werden. Die Verbreitung der Spiele und Elemente der Gamification weckten in den letzten Jahren großes Interesse auch in der Forschungslandschaft (s. z. B. Sylvén und Sundqvist 2012; Ikumi Hitosugi et al. 2014; Schmidt et al. 2016).