Kitabı oku: «Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Achter Band: enthaltend Kapitel 15 und 16.», sayfa 13
Verlust der beiden Armeen
Das Gemetzel war geringer gewesen als auf irgend einem andren Schlachtfelde von gleicher Wichtigkeit und Berühmtheit. Von den Irländern waren nur etwa funfzehnhundert Mann gefallen; aber fast lauter Cavaliere, die Elite der Armee, tapfere und wohl disciplinirte Leute, die so leicht nicht zu ersetzen waren. Wilhelm gab strenge Ordre, daß kein unnöthiges Blutvergießen stattfinden solle, und verlieh diesem Befehle durch einen Act lobenswerther Strenge Nachdruck. Einer seiner Soldaten hieb, nachdem der Kampf vorüber war, noch drei wehrlose Irländer nieder, die um Pardon baten. Der König befahl, den Mörder auf der Stelle zu hängen.185
Der Verlust der Sieger überstieg nicht fünfhundert Mann; aber der größte Feldherr Europa’s war darunter. Seinem Leichname wurde jede erdenkliche Ehre erwiesen. Die einzige Ruhestätte, die einem so berühmten Krieger, der im Kampfe für die Freiheiten und die Religion England’s gefallen war, gebührte, war die durch den Staub vieler Generationen von Fürsten, Helden und Dichtern geheiligte und ehrwürdige Abtei. Es wurde bekannt gemacht, daß der tapfere Veteran ein öffentliches Leichenbegängniß zu Westminster haben solle. Einstweilen wurde sein Leichnam mit soviel Geschicklichkeit als im Lager zu finden war, einbalsamirt und in einen bleiernen Sarg gelegt.186
Walker wurde minder ehrerbietig behandelt. Wilhelm betrachtete ihn als einen unruhigen Kopf, der gebührend dafür bestraft worden war, daß er sich ohne einen Ruf der Pflicht in Gefahr begeben, und er äußerte diese Gesinnung auf dem Schlachtfelde mit characteristischer Derbheit. „Sire,” sagte einer von seinen Begleitern, „der Bischof von Derry ist bei der Furth durch eine Kugel getödtet worden.” – „Wer hieß ihn hingehen?” brummte der König.
Fall von Drogheda
Die siegreiche Armee marschirte diesen Tag noch bis Duleek und brachte hier die warme Sommernacht unter freiem Himmel zu. Die Zelte und die Bagagewagen befanden sich noch auf der Nordseite des Flusses. Wilhelm’s Wagen war herübergeholt worden, und er schlief darin, umgeben von seinen Soldaten. Am folgenden Tage ergab sich Drogheda ohne Schwertstreich und die dreizehnhundert Mann starke Besatzung zog ohne Waffen ab.187
Zustand von Dublin
Inzwischen hatte in Dublin eine heftige Aufregung geherrscht. Am 30. Juni wurde es bekannt, daß die beiden Armeen, durch den Boyne getrennt, einander gegenüber standen und daß eine Schlacht fast unvermeidlich war. Am Abend desselben Tages kam die Nachricht, daß Wilhelm verwundet war. Es hieß zuerst, die Wunde sei tödtlich. Man glaubte und erzählte es mit Zuversicht weiter, daß der Usurpator nicht mehr sei, und Couriere wurden abgeschickt, um die frohe Botschaft von seinem Tode den in den Häfen von Munster liegenden Schiffen zu überbringen. Am 1. Juli waren die Straßen Dublin’s vom frühen Morgen an mit Leuten angefüllt, welche begierig nach Neuigkeiten fragten und solche erzählten. Tausend tolle Gerüchte circulirten unter der Menge. Von dem Berge Howth wollte man eine Flotte von Kriegsschiffen unter weißer Flagge gesehen haben. In Kent sollte ein Armeecorps unter den Befehlen eines Marschalls von Frankreich gelandet sein. Der Kampf am Boyne sollte heiß gewesen sein, die Irländer aber sollten gesiegt haben; der englische rechte Flügel sei geschlagen und der Prinz von Oranien gefangen genommen worden. Während die Katholiken diese Geschichten an allen öffentlichen Orten anhörten und wiedererzählten, schlossen sich die wenigen noch auf freiem Fuße befindlichen Protestanten in ihre Wohnungen ein, denn sie fürchteten in Stücke zerrissen zu werden. Gegen fünf Uhr Nachmittags aber kamen einige Deserteurs auf ermüdeten Pferden an und brachten schlimme Nachrichten. Um sechs Uhr wußte man, daß Alles verloren war. Bald nach Sonnenuntergang ritt Jakob, von zweihundert Reitern begleitet, in das Schloß ein. Auf der Schwelle kam ihm Tyrconnel’s Gattin, einst die lebensfrohe und schöne Fanny Jennings, die reizendste Kokette in dem glänzenden Whitehall der Restauration, entgegen. Der besiegte König hatte ihr den Untergang ihres und seines eignen Glückssternes anzukündigen. Inzwischen kam der Strom der Fliehenden rasch heran. Bis Mitternacht waren alle nördlichen Zugänge der Hauptstadt durch Wagenzüge und durch Schaaren von erschöpften und mit Staub bedeckten Dragonern verstopft. Einige hatten ihre Feuergewehre, Andere ihre Säbel verloren, noch Andere waren durch frische Wunden entstellt. Um zwei Uhr Morgens war es still in Dublin, aber noch vor dem frühen Anbruch des Sommertages wurden die Schlafenden durch Trompetenstöße geweckt: die Reiter, welche am vorhergehenden Tage die Ehre ihres Vaterlandes so wacker gerettet hatten, ergossen sich mit furchtbar gelichteten Reihen, aber doch noch immer einen Schein von militärischer Ordnung beobachtend, durch die Straßen. Zwei Stunden später ließen sich Lauzun’s Trommeln vernehmen, und die französischen Regimenter rückten in ungebrochener Ordnung in die Stadt ein.188 Viele glaubten, daß mit einer solchen Streitmacht noch immer Widerstand geleistet werden könne. Aber noch vor sechs Uhr wurden der Lord Mayor und einige der angesehensten katholischen Bürger eiligst ins Schloß beschieden, und hier nahm Jakob mit einer Rede, die ihm wenig Ehre machte, Abschied von ihnen. Er sei oft, sagte er, darauf aufmerksam gemacht werden, daß die Irländer trotz ihres guten und kräftigen Aussehens sich auf dem Schlachtfelde niemals gut halten würden, und er habe sich jetzt überzeugt, daß die Warnung nur zu gegründet gewesen sei. Er habe das Unglück gehabt, sich binnen weniger als zwei Jahren von zwei Armeen verlassen zu sehen. Seinen englischen Truppen habe es nicht an Muth, aber an Loyalität gefehlt. Seine irischen Truppen seien ohne Zweifel seiner Sache ergeben, da es auch die ihrige sei; aber sobald sie einem Feinde gegenüber gestellt würden, liefen sie davon. Der Verlust sei allerdings gering gewesen; aber desto schimpflicher sei es für Diejenigen, welche bei so unbedeutendem Verlust schon die Flucht ergriffen hätten. „Ich werde nie wieder eine irische Armee commandiren. Ich muß jetzt auf meine Sicherheit bedacht sein, und auch Sie müssen für Sich selbst sorgen.” Nachdem er so seine Soldaten heruntergemacht, daß sie der Pöbel waren, zu welchem seine eigne verkehrte Behandlung sie gemacht hatte, und daß sie das Beispiel der Feigheit nachgeahmt, das er selbst ihnen gegeben, sprach er noch einige eines Königs würdigere Worte. Er wisse, sagte er, daß einige seiner Anhänger erklärt hätten, sie würden Dublin eher niederbrennen als es in die Hände der Engländer fallen lassen. Eine solche That würde ihn in den Augen der ganzen Menschheit entehren, denn Niemand würde glauben, daß seine Freunde ohne seine Einwilligung so weit gehen könnten. Auch würde eine solche That Denen, die sie begingen, eine strenge Behandlung zuziehen, welche sie außerdem nicht zu befürchten hätten, denn Unmenschlichkeit gegen besiegte Feinde gehöre nicht zu den Fehlern des Prinzen von Oranien. Aus diesen Gründen forderte Jakob seine Zuhörer bei ihrer Unterthanenpflicht auf, die Stadt weder zu plündern noch zu zerstören.189
Jakob’s Flucht nach Frankreich
Er reiste hierauf ab, ging eiligst über das Wicklowgebirge und hielt nicht eher an als bis er funfzig Meilen von Dublin entfernt war. Kaum war er abgestiegen, um etwas zu sich zu nehmen, so wurde er durch das alberne Gerücht erschreckt, daß die Verfolger ihm dicht auf den Fersen seien. In Folge dessen reiste er sofort weiter, ritt die ganze Nacht durch und gab Befehl, daß die Brücken hinter ihm abgebrochen werden sollten. Am Morgen des 3. Juli erreichte er den Hafen von Waterford und ging von hier zu Wasser nach Kinsale, wo er sich auf einer französischen Fregatte einschiffte und nach Brest segelte.190
Dublin wird von den französischen und irischen Truppen geräumt
Nach seiner Abreise nahm die Verwirrung in Dublin mit jeder Stunde zu. Während des ganzen Tages nach der Schlacht kamen beständig fliehende Fußsoldaten, ermüdet und mit Staub bedeckt, in die Stadt, und katholische Bürger verließen dieselbe mit ihren Frauen, ihren Kindern und ihrem Hausgeräth. In einigen Theilen der Hauptstadt herrschte noch ein Ueberrest von militärischer Ordnung und Kriegsbereitschaft. Die Thore waren bewacht, das Schloß von einem starken Truppencorps besetzt, und man glaubte allgemein, daß der Feind nicht ohne Kampf hereingelassen werden würde. Einige Großsprecher, die wenige Stunden zuvor von dem Brustwerke bei Oldbridge weggelaufen waren, ohne einen Hahn zu spannen, schworen in der That jetzt, daß sie die Stadt eher in Asche legen als sie dem Prinzen von Oranien überliefern würden. Aber gegen Abend sammelten Tyrconnel und Lauzun alle ihre Truppen und verließen die Stadt auf der Straße, welche nach der großen Weidestrecke führte, die die ganze Hochebene am Kildare umfaßt. Die Gestalt der Dinge in Dublin gewann augenblicklich ein andres Aussehen. Allenthalben kamen die Protestanten aus ihren Verstecken hervor. Einige von ihnen gingen in die Häuser ihrer Verfolger und verlangten Waffen. Die Thore der Gefängnisse wurden geöffnet. Die Bischöfe von Meath und von Limerick, Doctor King und Andere, welche lange an der Doctrin des passiven Gehorsams festgehalten, die aber endlich durch die Tyrannei in gemäßigte Whigs verwandelt worden waren, bildeten eine provisorische Regierung und schickten einen Boten in Wilhelm’s Lager, um ihm sagen zu lassen, daß Dublin bereit sei, ihn willkommen zu heißen. Noch denselben Abend um acht Uhr rückte eine Schwadron englischer Dragoner ein. Die ganze Bevölkerung ging ihr bis College Green entgegen, wo jetzt die Statue des Befreiers steht. Hunderte umarmten die Soldaten und die Hälse der Pferde und liefen, einander die Hände schüttelnd, freudetrunken umher. Am andren Morgen traf ein starkes Cavalleriecorps ein und von allen Seiten kamen Nachrichten von dem Eindrucke, den der Sieg am Boyne gemacht hatte. Jakob hatte die Insel verlassen; Wexford hatte sich für König Wilhelm erklärt; in einem Umkreise von fünfundzwanzig Meilen von der Hauptstadt gab es keinen bewaffneten Papisten mehr. Fast sämmtliche Bagage und Vorräthe der geschlagenen Armee waren den Siegern in die Hände gefallen. Die Enniskillener hatten nicht weniger als dreihundert Wagen weggenommen und hatten unter der Beute zehntausend Pfund baares Geld, eine Menge Silbergeschirr und Schmucksachen, sowie die ganze prächtige Feldequipage Tyrconnel’s und Lauzun’s gefunden.191
Wilhelm’s Einzug in Dublin
Wilhelm nahm sein Hauptquartier in Ferns, ungefähr zwei Meilen von Dublin. Von da ritt er am Morgen des 6. Juli, einem Sonntage, mit großem Gepränge nach der Kathedrale und richtete dort, mit der Krone auf dem Haupte, in dem Chore, das jetzt mit den Bannern der Ritter von St. Patrick behangen ist, ein öffentliches Dankgebet zu Gott. King predigte mit dem ganzen Feuer eines Neophyten über die große Befreiung, mit der Gott die Kirche beglückt habe. Die protestantischen Behörden der Stadt erschienen nach langer Zeit wieder mit dem Prunke ihres Amtes. Wilhelm ließ sich nicht bewegen, im Schlosse zu übernachten, sondern er kehrte am Abend ins Lager zurück und schlief dort in seiner hölzernen Hütte.192
Eindruck der Nachrichten aus Irland in Frankreich
Die Kunde von diesen wichtigen Ereignissen verbreitete sich rasch und brachte ganz Europa in heftige Aufregung. Die Nachricht von Wilhelm’s Verwundung ging überall der Nachricht von seinem Siege um einige Stunden voraus. Paris wurde mitten in der Nacht durch die Ankunft eines Couriers geweckt, der die frohe Botschaft brachte, daß der Ketzer, der Vatermörder, der Todfeind der Größe Frankreich’s, im Angesicht beider Armeen von einer Kanonenkugel tödtlich getroffen worden sei. Die Polizeicommissare liefen in der Stadt umher, klopften an die Hausthüren und forderten die Leute auf zu illuminiren. In Zeit von einer Stunde strahlten die Straßen, die Quais und die Brücken in hellem Lichterglanze, Trommeln wirbelten und Trompeten schmetterten; die Glocken von Notre-Dame läuteten und Kanonenschüsse donnerten von den Batterien der Bastille. In den Straßen wurden Tafeln aufgeschlagen und allen Vorübergehenden Wein gereicht. Eine Strohpuppe, welche den Prinzen von Oranien darstellte, wurde durch den Koth geschleift und schließlich den Flammen übergeben. Sie war begleitet von einem widerlichen Abbilde des Teufels, der einen Zettel trug, auf dem geschrieben stand: „Ich habe Dich seit zwei Jahren erwartet.” Die Läden mehrerer Hugenotten, welche durch Einquartierung gezwungen worden waren, sich für Katholiken zu erklären, die aber in dem Verdachte standen, im Herzen noch immer Ketzer zu sein, wurden vom Pöbel geplündert. Es war gefährlich, die Wahrheit der Nachricht, welche die Menge so freudig willkommen geheißen hatte, in Zweifel zu ziehen. Bald jedoch wagten es einige nüchterne Leute zu bemerken, daß das Factum des Todes des Tyrannen noch nicht so ganz ausgemacht sei als man wohl wünschen könnte. Da entspann sich eine heftige Polemik über die Wirkung solcher Verwundungen, denn der große Haufe meinte, daß Jemand, der von einer Kanonenkugel an der Schulter getroffen worden sei, nicht wieder aufkommen könne. Die Streitenden appellirten an medizinische Autoritäten, und die Thüren der renommirtesten Chirurgen und Aerzte wurden belagert, als ob, wie man scherzhaft sagte, eine Epidemie in Paris geherrscht hätte. Die Frage wurde bald durch ein Schreiben von Jakob entschieden, worin er seine Niederlage und seine Ankunft in Brest meldete.193
Eindruck der Nachrichten aus Irland in Rom
In Rom machten die Nachrichten aus Irland eine Sensation ganz andrer Art. Auch dort fand die Kunde von Wilhelm’s Tode eine kurze Zeit lang Glauben. Im französischen Gesandtschaftshotel herrschte nichts als Freude und Triumph; die Gesandten des Hauses Oesterreich aber waren in Verzweiflung, und das Aussehen des päpstlichen Hofes verrieth nichts weniger als Jubel.194 Melfort schrieb in einem Anfall von Freudentaumel einen Beglückwünschungsbrief an Marie von Modena. Dieser Brief ist noch vorhanden und würde allein hinreichen zu erklären, warum er der Günstling Jakob’s war. Herodes – so war Wilhelm genannt – sei nicht mehr. Es müsse eine Restauration stattfinden und diese Restauration müsse eine furchtbare Rache und die Herstellung des Despotismus nach sich ziehen. Die Macht der Geldbewilligung müsse den Gemeinen entzogen werden. Politische Verbrecher dürften nicht durch Juries, sondern durch Richter abgeurtheilt werden, auf die sich die Krone verlassen könne. Die Habeascorpusacte müsse aufgehoben, die Urheber der Revolution mit schonungsloser Strenge bestraft werden. „Wenn,” schrieb der gefühllose Apostat, „der König gezwungen ist zu begnadigen, so mögen es so wenig Schurken sein als möglich.”195 Nach Verlauf einiger angstvoller Stunden stieg ein Bote, der neuere und authentischere Nachrichten brachte, in dem Palaste ab, den der Vertreter des katholischen Königs bewohnte. In einem Augenblicke war Alles verändert, die Feinde Frankreich’s – und das war die ganze Bevölkerung mit Ausnahme der Franzosen und der britischen Jakobiten – wünschten einander von Herzen Glück. Die sämmtlichen Sekretäre und Schreiber der spanischen Gesandtschaft reichten nicht hin, um Abschriften der Depeschen für die Cardinäle und Bischöfe zu fertigen, die es nicht erwarten konnten, Ausführlicheres über den Sieg zu erfahren. Die erste Abschrift wurde dem Papste zugesandt und sie war ihm ohne Zweifel willkommen.196
Eindruck der Nachrichten aus Irland in London
Die guten Nachrichten aus Irland trafen in London in einem Augenblicke ein, wo gute Nachrichten dort sehr nöthig waren. Die englische Flagge hatte in den englischen Meeren keine Ehre eingelegt, ein auswärtiger Feind bedrohte die Küsten, Verräther bearbeiteten das Land im Innern. Marie hatte sich über ihre Kräfte angestrengt. Ihre zarte Constitution war den heftigen Gemüthsbewegungen ihrer Stellung nicht gewachsen, und sie beklagte sich, daß sie von den Geschäften keinen Augenblick Zeit erübrigen könne, um sich durch Gebet zu beruhigen. Ihre Angst stieg aufs Höchste, als sie erfuhr, daß die beiden Lager ihres Vaters und ihres Gatten nahe bei einander aufgeschlagen seien und daß man stündlich die Nachricht von einer Schlacht zu gewärtigen habe. Sie stahl sich die Zeit zu einem Ausfluge nach Kensington und brachte drei ruhige Stunden in dem Garten zu, welcher damals noch eine ländliche Einsamkeit war.197 Aber die Erinnerung an die Tage, die sie dort mit dem Manne verlebt, den sie vielleicht nie wiedersehen sollte, überwältigte sie. „Der Ort,” schrieb sie an ihn, „erinnert mich daran, wie glücklich ich war, als ich hier in Ihrer theuren Gesellschaft zubrachte. Doch ich will nicht mehr sagen, denn ich würde meinen Augen schaden, die ich jetzt nöthiger brauche als je. Leben Sie wohl. Denken Sie an mich und lieben Sie mich so wie ich Sie, den ich mehr liebe als mein Leben.”198
Früh am Morgen nachdem diese zärtlichen Zeilen abgeschickt waren, wurde Whitehall durch die Ankunft einer Post aus Irland geweckt. Nottingham wurde aus dem Bett geholt. Man benachrichtigte die Königin, welche eben in die Kapelle gegangen war, wo sie täglich dem Gottesdienst beiwohnte, daß Wilhelm verwundet worden sei. Sie hatte viel geweint, aber bis diesen Augenblick hatte sie nur in der Stille geweint und sich bemüht, ihrem Hofe und ihrem Staatsrathe ein heiteres Antlitz zu zeigen. Als aber Nottingham ihr den Brief ihres Gemahls überreichte, brach sie in Thränen aus. Sie zitterte noch vor heftiger Bewegung und hatte kaum einen Brief an Wilhelm beendigt, in welchem sie mit der natürlichen Beredtsamkeit ihres Geschlechts ihre Liebe, ihre Besorgnisse und ihre Dankbarkeit ausdrückte, als ein andrer Bote mit der Nachricht ankam, daß die englische Armee den Uebergang über den Boyne erzwungen habe, daß die Irländer in wilder Flucht begriffen seien und daß der König sich wohl befinde. Doch war sie sichtbar unruhig, bis Nottingham ihr versichert hatte, daß auch Jakob unversehrt sei. Der ernste Staatssekretär, der sie wirklich geachtet und geliebt zu haben scheint, schilderte nachmals mit viel Gefühl diesen Kampf zwischen der Kindespflicht und Gattenliebe. Noch den nämlichen Tag schrieb sie an ihren Gemahl und beschwor ihn dafür zu sorgen, daß ihrem Vater kein Leid geschehe. „Ich weiß,” sagte sie, „ich brauche Sie nicht erst zu bitten, darauf zu sehen, daß man seiner schont, denn ich bin überzeugt, Sie werden dies schon um Ihretwillen thun. Aber erweisen Sie mir die Güte und lassen Sie die Leute um meinetwillen noch besonders wissen, Sie wünschten nicht, daß seiner Person das geringste Leid zugefügt werde.”199 Diese Fürsorge war, so sehr man sie loben muß, überflüssig. Ihr Vater wußte selbst am besten für seine Sicherheit zu sorgen. Er hatte sich während der Schlacht nicht ein einziges Mal der Möglichkeit ausgesetzt, verwundet zu werden, und während seine Tochter bei dem Gedanken an die Gefahren schauderte, von denen sie ihn in Irland umgeben glaubte, war er schon auf halbem Wege nach Frankreich.
Die erfreulichen Nachrichten trafen zufällig an dem Tage in Whitehall ein, bis zu welchem das Parlament prorogirt worden war. Der Sprecher und mehrere in London anwesende Mitglieder des Hauses der Gemeinen versammelten sich nach der hergebrachten Form um zehn Uhr Morgens und wurden durch den schwarzen Stab vor die Schranken der Peers entboten. Hierauf wurde das Parlament in Auftrag des Königs von neuem prorogirt. Sobald diese Ceremonie vorüber war, überreichte der Kanzler der Schatzkammer dem Sekretär die eben aus Irland angelangte Depesche und der Sekretär las sie den anwesenden Lords und Gentlemen mit lauter Stimme vor.200 Die frohe Botschaft verbreitete sich rasch von Westminster Hall durch alle Kaffeehäuser und wurde mit Jubel aufgenommen. Denn diejenigen Engländer, welche durch die Franzosen und Irländer eine englische Armee geschlagen und eine englische Colonie vertilgt zu sehen wünschten, bildeten selbst unter der jakobitischen Partei die Minderzahl.
Jakob’s Ankunft in Frankreich; sein Empfang daselbst
Am neunten Tage nach der Schlacht am Boyne landete Jakob in Brest mit vortrefflichem Appetit und in heiterer, sehr gesprächiger Laune. Er erzählte die Geschichte seiner Niederlage Jedem, der sie hören wollte. Aber französische Offiziere, welche den Krieg verstanden und seine Erzählung mit anderen Berichten verglichen, erklärten, daß Se. Majestät, obgleich er die Schlacht mit angesehen habe, doch nichts weiter davon wisse, als daß seine Armee geschlagen worden sei.201 Von Brest begab er sich nach Saint-Germains, wo ihn Ludwig einige Stunden nach seiner Ankunft besuchte. Der König von Frankreich besaß zu viel Takt und Edelsinn als daß er ein Wort hätte äußern sollen, das wie ein Vorwurf klang. Er erklärte, daß es der königlichen Familie von England, soweit seine Kräfte reichten, an nichts fehlen solle, was zu ihrem Comfort beitragen könne. Von den politischen und militärischen Plänen seines unglücklichen Gastes aber wollte er durchaus nichts hören. Jakob empfahl eine sofortige Landung in England. Dieses Königreich sei durch die Anforderungen Irland’s von Truppen entblößt, und die noch daselbst befindlichen sieben- oder achttausend Mann könnten einer großen französischen Armee keinen Widerstand leisten. Die Bevölkerung schäme sich ihrer Verirrung und wünsche sehnlichst, dieselbe wieder gutzumachen. Sobald ihr rechtmäßiger König sich zeige, würde sie sich in Massen um ihn schaaren.202 Ludwig war zu artig und gutherzig um auszusprechen was er gefühlt haben muß. Er begnügte sich kalt zu erwiedern, daß er sich über keinen Plan in Bezug auf die britischen Inseln entscheiden könne, bevor er Mittheilungen von seinen Generälen in Irland erhalten habe. Jakob wurde zudringlich und schien sich dadurch verletzt zu fühlen, daß man ihm vierzehn Tage nachdem er von einer Armee weggelaufen, nicht schon eine andre anvertrauen wollte. Ludwig ließ sich nicht verleiten, ein unfreundliches oder unhöfliches Wort zu äußern; aber sein Entschluß stand fest, und um weiterem ihm peinlichen Andringen aus dem Wege zu gehen, schützte er Unpäßlichkeit vor. Eine Zeit lang erhielt Jakob, so oft er nach Versailles kam, den ehrerbietigen Bescheid, Seine Allerchristlichste Majestät sei jetzt nicht im Stande, sich mit Geschäftsangelegenheiten zu befassen. Die tapferen und geistreichen Edelleute, welche täglich die Vorzimmer füllten, konnten sich eines höhnischen Lächelns nicht erwehren, wenn sie sich bis zur Erde vor dem königlichen Gaste verbeugten, den seine Feigheit und Beschränktheit zum zweiten Male zu einem Verbannten und Bettler gemacht hatten. Sie flüsterten sogar ihre Sarkasmen laut genug, um das stolze Blut der Guelphen in die Wangen Mariens von Modena zu treiben. Aber Jakob’s Unempfindlichkeit war nicht gewöhnlicher Art; sie hatte sich schon längst gegen Vernunftgründe wie gegen das Mitleid bewährt. Jetzt bestand sie noch eine härtere Probe und sie erwies sich selbst gegen die Verachtung gestählt.203