Kitabı oku: «Der Corona-Tote Nr. 9.243», sayfa 3

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EINE KORRIGIERTE ANSICHT

Harry Gaalen liest die email nun schon zum wiederholten Mal: „Hi Harry, lassen Sie uns einmal kurz über Ihre letzte Kolumne sprechen; bitte bestätigen Sie mir, wenn der vorgeschlagene Termin für Sie OK ist - Gruß, Uta von Weihenthal.“

Bislang hat er noch nie persönlich mit der Herausgeberin gesprochen, „der großen Bossin“, wie sein Chefredakteur sie einmal, und nur einmal, bei einer Konfi genannt hat. Frau von Weihenthal hatte die Leitung der Zeitung erst vor einem Jahr von ihrem Bruder übernommen, der sich eher für Zahlen als für Texte interessiert. Er hat unumwunden zugegeben, dass ihm nur die Wirtschaftlichkeit des Verlags, der sich nun schon seit über einem halben Jahrhundert im Besitz der Familie befand, wirklich am Herzen liegt.

Seine Schwester Uta hingegen hatte schon den Schülerblog durch eine Flut an politischen und kulturellen Beiträgen inhaltlich zu einem großen Teil mitbestimmt, bevor sie dann nach dem Abitur Germanistik und Geschichte studierte. Anschließend hatte sie bei verschiedenen Zeitungen in ebenso vielen verschiedenen Positionen gearbeitet, bevor ihr Bruder sie um Mithilfe bei einem ihrer Sorgenkinder bat. Mit dem rasanten Ansteigen der online-Angebote schrumpften die Verkaufszahlen der Printmieden, und davon blieb auch der Hamburgische Landbote nicht verschont.

Also hat sie, wie so viele ihrer Mitbewerber auch, konsequent die Zeitung um eine digitale Fassung erweitert, für die es nun auch eine App gibt, hat Beiträge über die üblichen sozialen Netzwerke verbreitet und auf Interaktion mit den Lesern gesetzt. Einigen ihrer Redakteure bietet sie die Möglichkeit, ihre eigenen Inhalte über Podcasts und kurzen Videos ihrer Leserschaft zugänglich zu machen. All diese Maßnahmen bewirkten durchaus eine Stabilisierung der Abonnentenzahlen und eine erfreuliche wirtschaftlich Entwicklung rund um den Hamburgischen Landboten. Dennoch ist sie trotz Lob aus ihrer Familie nur bedingt zufrieden mit ihrem Erfolg.

Die Zeitung hatte früher über lange Jahre ein klares liberales Profil und sich inhaltlich abgehoben, und zwar auch von anderen Zeitungen, die für ähnliche bis identische Positionen standen; sie repräsentierte daher eine starke eigenständige Marke. Die schwierigen Jahre des Umbruchs mit der Integration der digitalen Tools betreffen viele Zeitungen in fast der gleichen Weise, und es scheint, als hätte dieser ähnliche Leidensweg zu einer Solidarisierung auch im Inhaltlichen geführt.

Zu großen gesellschaftlichen, politischen oder kulturellen Themen lässt sich kaum noch ein Unterschied, und zwar weder im Inhalt noch in dem Gebrauch der Sprache noch in der Konnotation zwischen auch jenen Zeitungen feststellen, die früher völlig unterschiedliche Standpunkte vertreten haben. Und das gilt leider, wie Uta von Weihenthal befindet, auch für ihren Hamburgischen Landboten. Zudem spielt Konnotation eine immer stärkere Rolle in der Berichterstattung, und zwar auch da, wo ihrer Meinung nach eher Denotation angebracht wäre.

Aber sich gegen diesen Trend zu stellen, sich nicht einfach mit bestimmten Positionen gemein zu machen, nur weil sie der Mehrheitsmeinung entsprechen, kann sich schnell negativ, wenn nicht sogar zerstörerisch auf die Verkaufszahlen auswirken. Dies hat sie selbst einmal feststellen müssen, als der Landbote ein Interview mit einem Angehörigen einer als rechts geltenden Partei brachte, in dem dieser seine Position darstellen konnte, ohne in ein scharfes Kreuzverhör mit deutlicher Verurteilung dieser Ansichten genommen zu werden.

Wütende Hasstiraden in den sozialen Medien waren die Folge, und diese ließen sich erst durch Kniefall-ähnliche Entschuldigungen besänftigen, garniert mit der Versicherung, nie wieder derartigen Leuten eine Plattform zu bieten und nie wieder Beiträge zu bringen, ohne durch entsprechende Kommentierung die klar distanzierte Haltung der Zeitung unmissverständlich zu verdeutlichen.

Jenen Redakteur, der dieses Interview geführt hat, und den Uta von Weihenthal eigentlich sehr schätzte, hat sie leider notgedrungen entlassen müssen. Er hat daraufhin eine kleine Medien-Firma gegründet, um über die sogenannten alternativen Medien bei Youtube und Telegram sein Glück zu versuchen. Er gilt jetzt bei seinen Kollegen, sie würden sagen, Exkollegen, als die Wahrheit verdrehender, rechter Populist, der mit seinen einseitigen Darstellungen von fake news die Leute für dumm verkauft; wobei aus solchen Diskreditierung in der Regel nicht genau hervorgeht, ob sie sich der Mühe unterzogen haben, seine Beiträge einer kritischen Würdigung zu unterziehen; und die wenigen, die es tun, schneiden genüsslich Zitate aus dem Kontext, um ihr eigenes Urteil bestätigt zu sehen.

Es kann sich also einerseits sehr schnell negativ auf die Umsatzzahlen auswirken, Beiträge zu bringen, die klar dem Zeitgeist widersprechen, wenn also in einem Artikel über die Klimaerwärmung, zum Beispiel, nicht ausschließlich das CO2 für die in jedem Fall allein vom Menschen verursachte Klima-änderung verantwortlich gemacht wird. Zudem scheint es andererseits auch überhaupt keine Vorteile zu geben, wenn in einem solchen Artikel verschiedene, auch durchaus konträre Aspekte beleuchtet werden.

Die Menschen scheinen einfach gern das zu lesen, an was sie ohnehin schon glauben, und reagieren auf neue Perspektiven, die dem zuwiderlaufen, eher mit Unverständnis und mit Ablehnung. die Re-etablierung des Hamburgischen Landboten als Marke mit eigenständiger ausgewogener Berichterstattung mit durchaus auch provokanten Gewichtungen kommt also eher nicht infrage, es ist, wirtschaftlich betrachtet, allerdings inzwischen auch völlig unnötig.

Und so ist Uta von Weihenthal durchaus unsicher, als sie den noch ungedruckten Kommentar eines Harry Gaalen überfliegt, ob sie hier in das Reaktionsgeschehen eingreifen soll. Aber dass der Text bereits vom Chefredakteur Laiber durchgewunken wurde, ohne zumindest die sprachlichen Schnitzer zu eliminieren, ärgert sie. Laiber, beleibt und kurzatmig, und für seine 52 Jahre stets etwas zu rot im Gesicht, hat sich damit herausgeredet, dass junge Menschen nun mal so sprächen.

OK, er ist noch jung, das würde den Aufbau und könnte die etwas abenteuerlichen Schlussfolgerungen im Text erklären, aber so etwas drucken? Also ein Gespräch mit ihm, und vielleicht würde er ja selbst Einiges graderücken wollen, vielleicht war ja der Text in Eile geschrieben. So alt war sie mit ihren 45 Jahren ja schließlich auch nicht, und so einen Text hätte sie schon zu ihren Zeiten bei der Schülerzeitung nicht durchgehen lassen. Um sich vorzubereiten, liest sie sich den Artikel noch einmal durch, wobei sie mit dem Kuli ordentlich im Text herumfuhrwerkt:

Warum wollen Sie durch Ihre Weigerung, eine Maske zu tragen, Ihre Mitmenschen töten?

Harry Gaalen

Es bedarf, glaube ich, keiner weiteren Ausführung, dass wir in der Corona-Krise alle zusammenhalten müssen, dass jeder seinen oder ihren Beitrag leisten muss, um die Gesundheit aller zu erhalten. Jeder sollte also eigenverantwortlich so handeln, wie es uns durch die Regierung und die Wissenschaft vorgegeben wird. Dies betrifft natürlich alle Bereiche, aber mit großem Bedauern und noch größerer Wut müssen wir zunehmend feststellen, dass besonders beim social distancing und mehr noch bei dem korrekten Tragen der Maske einige fragwürdige Zeitgenossen glauben, für sie gelten diese Regeln nicht.

Durch Studien ist es längst bewiesen, dass die Maske ein zuverlässiges Instrument dafür ist, um andere Menschen zu schützen, wenn man selbst infiziert ist oder es sein könnte. Das ist tägliche Praxis in Krankenhäusern und Kliniken. Und trotzdem tragen viele Menschen die Maske einfach nicht, nicht beim Einkaufen und nicht im Bus oder in der Bahn. Sie rücken einem ordentlich auf die Pelle, husten, niesen und schreien einen an und kümmern sich nicht die Bohne darum, dass Sie damit unser aller Leben gefährden.

Gehören auch Sie zu diesen Virenschleudern? Dann sind Sie ein potentieller Mörder, denn Ihr Virus steckt mich an und ich muss schon sehr viel Glück haben, um daran nicht zu erkranken und dann folgerichtiger Weise zu sterben. In jedem Fall aber sind Sie ein rücksichtsloser Mitmensch, dem man nur wünschen kann, einmal selbst auf der Intensivstation zu landen und dann über Wochen künstlich beatmet zu werden, wobei Sie Ihre Behandlung natürlich selbst zahlen müssten. Einen Hirnschaden, den man ja, wie jeder weiß, sogar bekommen kann, wenn man beinah symptomlos mit Corona infiziert ist, werden Sie ja nicht zu fürchten brauchen: die Tatsache, dass Sie die Gefahren von Corona leugnen, zeigt ja zweifelsfrei, dass Sie einen solchen Schaden bereits haben.

Also, wenn Sie sich wieder einreihen wollen in die Gruppe verant-wortungsvoller guter Bürger, dann nehmen Sie die Maskenpflicht ernst, immer Mund und Nase bedecken und durchaus auch im Freien, und zwar nicht nur dann, wenn Social Distancing nicht gewährt werden kann, sondern immer, wenn Sie sich unter Menschen begeben. Aber wenn Sie weiter zu den notorischen Masken-verweigerern gehören wollen, dann sollten wir den Preis für Sie ein wenig hochschrauben: die Regierung muss dringend weitergehende Maßnahmen beschließen; das mindeste wären ein paar hundert € Bußgeld.

Besser noch Freiheitsstrafe wegen versuchter Körperverletzung, oder ein Aufenthalt in der Psychiatrie, bis Sie eine eidesstattliche Erklärung abgegeben haben, die Maske immer vorschriftsmäßig zu tragen. Auch sollten so verantwortungslose Gesellen wie Sie keines-falls von unserem effektiven Gesundheitssystem profitieren. Man sollte Sie heranziehen, um für die Behandlung aller Personen zu zahlen, die durch Ihre Masken-verweigerung zu Schaden gekommen sind oder zu Schaden gekommen sein könnten.

„Möchten Sie einen Kaffee?“ Uta von Weihenthal ist aufgestanden, als Harry, begleitet vom Lienchen, Uta`s Sekretärin, ihr Büro betritt. Lienchen war schon die Sekretärin von Uta´s Vater und niemand aus der Familie nennt sie anders. Sie geht bereits auf die 75 zu, verschwendet aber keinen Gedanken darauf, aufzuhören. Sie war bei der Gründung des Verlags dabei, wenngleich nur im Bauch ihrer Mutter, hat alle Höhen und Tiefen mit begleitet und kein Problem mit dem immer noch neuen Trend der Digitalisierung. Sie ist stolz darauf, verschiedene Computerkurse erfolgreich absolviert zu haben; auch ist sie präsent in verschiedenen sozialen Netzwerken und kann mit ihren in C++-programmierten storyboards kleine Männchen an Galgen aufhängen, was sie nur manchmal tut, wenn sie wütend ist oder sie auch Purzelbaum schlagen lassen, was ihr schon besser gefällt. Nun bringt sie also diesen jungen Mann zu Uta.

Sie macht sich nicht lustig über seine offensichtliche Aufregung, als er ihr, bei Nennung seines eigenen Namens sich ein wenig verhaspelnd, sein Anliegen mitteilt. Auch sein leicht übertrieben aufgetragenes Eau de Toilette und die etwas zu modische Kleidung verraten einen eher unsicheren Mann. Diese Art Nervosität kennt Lienchen eigentlich nur aus den Zeiten, als ein Chef noch Chef war; zwar verströmt Uta durchaus Autorität, jedoch ist sie nicht dafür bekannt, cholerisch ihre Mitarbeiter zusammenzustauchen.

„Ich würde Tee vorschlagen, grünen Tee“, meint Lienchen lächelnd; sie findet, dass nach Kaffeegenuss das Kerlchen ja noch nervöser werden würde, und verlässt ohne eine Antwort abzuwarten, das Zimmer. `Vielleicht wäre Kamillentee genau das richtige´, denkt sie dabei, `aber den trinkt ja heute niemand mehr´.

„Kommen Sie, wir setzen uns hier aufs Sofa, Sie bitte dorthin, wenn es Ihnen recht ist.“ Uta dirigiert Harry in einen Sessel und setzt sich ihm gegenüber. Sie macht es sich gemütlich, setzt ihre Brille halb auf die Nase und sieht ihn, freundlich über dieselbe blickend, an. In ihrer Hand hält sie ein paar Seiten Papier sowie noch immer ihren Kuli. Harry versinkt ein wenig in dem Sessel, rafft sich wieder hoch und sitzt nun auf der Kante. Das ist zwar unbequem, aber er kommt sich nicht so klein vor.

„Herr Gaalen“, beginnt Uta von Weihenthal unvermittelt, „zunächst mein herzliches Beileid wegen Ihres Vaters. Es tut mir leid, dass Sie von der Pandemie so starke betroffen sind. Wie geht es Ihnen selbst jetzt? Haben Sie Ihre eigene Infektion gut überstanden? Herr Laiber hat mir davon erzählt.“ Er nickt, bedankt sich und teilt ihr mit, dass bei ihm alles in Ordnung sei, dass er sogar überhaupt keine Symptome verspürt habe.

„Das ist schön; zur Beerdigung Ihres Vaters bekommen Sie natürlich frei“, fährt sie fort und wechselt dann das Thema. „Herr Laiber hat Sie mir auch als jungen talentierten und vor allem engagierten Journalisten beschrieben, und wenn ich Ihren Artikel so lese, kann ich ihm in Punkto Engagement nur zustimmen. Da spürt man ganz deutlich ihre persönliche Betroffenheit.“

Harry entspannt sich; das fängt ja schonmal gut an, `sie findet mich talentiert und scheint meinen Artikel zu mögen´. Vielleicht möchte Sie ja mehr davon, möglicherweise eine Serie; nach den Masken könnte ich mir die Impfgegner vornehmen, dann vielleicht gegen die was schreiben, die den Lock down für übertrieben halten, und dann´

„Was meinen Sie?“ Er schreckt auf, Frau von Weihenthal sieht ihn freundlich an und wartet offenbar darauf, dass er sich zu irgendetwas, das sie gerade gesagt, er aber nicht mitbekommen hat, äußert. Er räuspert sich; „ja, also, ich ehem, ich bin mir nicht sicher, ob ich es, eh, Sie richtig verstanden habe.“

„Nun, wenn ich sage, dass der Titel Ihres Artikels bereits etwas voraussetzt, was von Ihren Lesern nicht unbedingt so empfunden werden muss, dann meine ich damit, dass Sie möglicherweise diese schon mal nicht wirklich erreichen. Schauen Sie, Ihr Titel lautet: `Warum wollen Sie durch Ihre Weigerung, eine Maske zu tragen, Ihre Mitmenschen töten?´ Sie stellen eine offene und keine geschlossene Frage, das ist per se schon mal gut. Es setzt aber voraus, dass die angesprochene Zielperson die Absicht hat, jemanden zu töten; wogegen ich vermute, und bitte korrigieren Sie mich, wenn ich hier falsch liege, dass sie es lediglich ihrer Meinung nach in Kauf nimmt; das meine ich übrigens nicht bagatellisierend, dass also ein Mensch durch ihre Weigerung, eine Maske zu tragen, zu Schaden kommt. Sollten wir den Titel nicht dahingehend präzisieren, und ihn vielleicht auch etwas kürzen?“

„Gute Idee, Sie haben recht“, beeilt sich Harry, ihr zuzustimmen, „vielleicht so etwas wie“, er überlegt einen Augenblick, „`Warum nehmen Sie durch Ihre Weigerung, eine Maske zu tragen, in Kauf, dass Menschen getötet werden können?´“

„Ja, das klingt schon besser, vielleicht noch etwas kürzer, was als Frage schwierig wird; was halten Sie von ` Wie fehlende Masken das Leben anderer gefährden kann´?“

Harry findet seinen Titel deutlich besser. `Man merkt eben, wer der Schreiber ist und wer der Amateur´; er mag es nicht, wenn andere an seinen Artikeln herumdoktern. Das muss er zwar so ziemlich bei jedem seiner Texte hinnehmen, aber da korrigiert der Chefredakteur, nicht so eine abgehobene Theo-retikerin, die nur aufgrund ihres Namens auf diesem Stuhl sitzt. Seine Sprache ist doch viel farbiger, hat etwas Provozierendes und packt die Leser bei ihrer Selbstgerechtigkeit.

„Ja, gut“, meint er nun zögernd, `schließlich ist sie der Boss, bzw. die Bossin´, grinst er in sich hinein.

„Schön, dann lassen Sie uns mal einige Passagen des Textes anschauen“, meint Frau von Weihenthal nun aufmunternd, als Lienchen hereinkommt und beiden Tee einschenkt.

„Denke bitte an deinen Termin mit Flaske“, sagt sie leise zu Uta, „in 45, besser 40 Minuten solltest du dich auf den Weg machen.“ Uta bedankt sich für den Hinweis, um gleich darauf fortzufahren:

„Sie schreiben `Es bedarf, glaube ich, keiner weiteren Ausführung, dass wir in der Corona-Krise alle zusammenhalten müssen, dass jeder seinen oder ihren Beitrag leisten muss, um die Gesundheit aller zu erhalten´. Das gefällt mir gut, das lassen wir so; dann weiter:

`Jeder sollte also eigenverantwortlich so handeln, wie es uns durch die Regierung und die Wissenschaft vorgegeben wird. Dies betrifft natürlich alle Bereiche, aber mit großem Bedauern und noch größerer Wut müssen wir zunehmend feststellen, dass besonders beim Social Distancing und mehr noch bei dem korrekten Tragen der Maske einige Zeitgenossen glauben, für sie gelten diese Regeln nicht´.

Tja, beißt sich das nicht im ersten Satz? Also entweder in eigener Verantwortung handeln, und so war ja früher das Infektionsschutzgesetz gestrickt, oder handeln, wie es die Regierung vorgibt, also so, wie es die Neufassung des entsprechenden Gesetzes verlangt? Hm, vielleicht beißt es sich doch nicht; wie wäre es mit ` Jeder sollte eigenverantwortlich handeln und die Maßnahmen der Regierung ernst nehmen. Besonders sind hier zu nennen der physische Abstand und die Pflicht, Masken in öffentlichen Verkehrsmitteln und beim Einkaufen zu tragen, in jedem Fall aber Mund und Nase zu bedecken.´ Was meinen Sie ? Damit decken wir doch den ersten Absatz gut ab“, und damit strahlt sie Harry an und schenkt ihm Tee nach.

`Sie ist recht attraktiv, also für ihr Alter, besonders, wenn sie lächelt´, denkt Harry, `wie sie wohl im Bett ist? Andererseits ist das fast egal, es muss auf jeden Fall aufregend sein, mit so einem hohen Tier zu schlafen´. Dann beeilt er sich zu antworten: „Ja doch, prima gut“, wobei er denkt: `ich weiß nicht, was daran nun groß anders sein soll, aber egal.´

„Sie schreiben dann weiter: ` Durch Studien ist es längst bewiesen, dass die Maske ein zuverlässiges Instrument ist, um andere Menschen zu schützen, wenn man selbst infiziert ist oder es sein könnte. Das ist tägliche Praxis in Krankenhäusern und Kliniken. Und trotzdem tragen viele Menschen die Maske einfach nicht, nicht beim Einkaufen und nicht im Bus oder in der Bahn. Sie rücken einem ordentlich auf die Pelle, husten, niesen und schreien einen an und kümmern sich nicht die Bohne darum, dass Sie damit mein Leben gefährden´.

Sie haben natürlich recht, ich habe auch von einigen Studien gehört, die nahelegen, dass Masken, so sie richtig verwendet werden, die ausgeatmeten Viren teilweise zurückhalten können. Das sollten wir dann auch so sagen, nicht wahr? Es gibt allerdings ja auch Studien, die eine solche Schlussfolgerung nicht ziehen, oder wenn, dann mit niedrigem Vertrauen in die erhaltenen Daten.

Sie erwähnen die unseligen Gesellen, oder Gesellinnen“, fügt sie mit einem spitzbübischen Lächeln hinzu, „die nicht auf Abstand achten, wenn sie husten, oder niesen müssen. Es gibt aber auch hier hier eine Studie, ich glaube aus Singapore oder war es Südkorea? Ich weiß es nicht mehr. Jedenfalls hat man herausgefunden, dass eine Maske, egal welchen Typs, und schon gar kein Baumwolltuch, Viren dabei wirkungsvoll zurückhalten können. Da scheint wohl der Atemdruck beim Husten zu groß, oder was weiß ich; jedenfalls sollten wir Husten nicht so eindeutig mit bewiesenen Studien in Zusammenhang bringen, da stimmen Sie mir doch sicher zu.“

Sie sieht ihn erwartungsvoll an. `Mann-oh-Mann, die ist ja gut informiert´, denkt derweil Harry, aber irgendwie muss meine Anklage doch rüberkommen.´

„Da haben Sie wohl recht, aber irgendwie muss meine Botschaft an die Corona-Leugner doch noch im Text deutlich warden.“

„Aber ja, da kommen wir sicher noch zu“, beruhigt Uta ihn. „Also, wenn wir Ihren Text ein wenig anpassen, etwa so: ` Einige Studien legen nahe, dass bestimmte Masken den Austausch von Viren reduzieren können, vorausgesetzt, sie werden richtig getragen, und es werden entsprechende Hygienepraktiken, insbesondere für die Hände eingehalten. Gerade in Krankenhäusern, Arztpraxen, aber auch in Altersheimen ist daher die konsequente Anwendung einer solchen Maßnahmen anzuraten, da hier nicht davon ausgegangen werden kann, dass immer der gebotene Abstand eingehalten werden kann´. Wissen Sie, mir hat besonders gut gefallen, dass Sie hier den professionellen Bereich mit Krankenhäusern und Arztpraxen hineingebracht haben; deswegen habe ich den Teil natürlich weitestgehend gelassen und ihn nur etwas an den Kontext angepasst. Das ist doch sicher OK für Sie?“

„Na ja, also“, Harry hat zwar seinen eigenen Text nicht mehr Wort für Wort im Kopf, aber irgendwie scheint sich die Tonalität seiner Botschaft zu verändern. Wer war denn hier der Profi? Kleine Änderungen sind ja OK, aber von seinem Text scheint ja kaum noch etwas übrig zu bleiben. Auch wenn sie der Boss ist, das geht zu weit: „Wir dürfen doch nicht ganz aus den Augen verlieren, dass Maskenverweigerer potentielle Mörder sind und das muss denen auch mal gesagt werden, also finde ich.“

`so so, findest du´, denkt Uta, „ja klar, verstehe ich ja, aber lassen Sie uns doch einmal überlegen, wie wir das am besten machen. Wir wollen ja auch diesen Leuten nicht ungerecht gegenüber sein. Also, es könnte doch zum Beispiel sein, dass jemand, der schön Abstand haltend aber ohne Maske im Supermarkt herumläuft, aus medizinischen Gründen keine Maske tragen darf oder jedenfalls nicht muss, und dass er dafür auch ein Attest hat. Könnte doch sein, oder?“

„Ja schon, aber“, hebt Harry an, wird jedoch sofort wieder von Uta unterbrochen.

„Na sehen Sie; und doch attackieren Sie, zwar fulminant, aber eben auch sehr allgemein eigentlich alle; sie schreiben: ` Gehören auch Sie zu diesen Virenschleudern? Dann sind Sie ein potentieller Mörder, denn Ihr Virus steckt mich an und ich muss schon sehr viel Glück haben, um daran nicht zu erkranken und dann folgerichtig zu sterben´. Zunächst werfen Sie all denjenigen, die keine Maske tragen, vor, Virenschleudern zu sein. Und das, obwohl Studien, wenn überhaupt, nur von einer Reduktionswirkung sprechen; wenn die recht haben, sind auch Maskenträger potentielle Virenschleudern, oder nicht?

Andererseits wissen wir nicht, ob ein Maskenverweigerer, wie Sie ihn nennen, überhaupt mit Viren belastet ist. Und wenn er belastet sein sollte, wissen wir nicht, ob er wirklich jemanden ansteckt. Und wenn wir uns die Zahlen ansehen, denen wir so habhaft werden können, dann scheint es eher so zu sein, dass Sie schon enorm viel Pech, und mit ziemlicher Sicherheit zumindest eine Vorerkrankung haben müssen, um auf der Intensivstation zu landen. Und selbst dort haben Sie eine gute Überlebenschance, nun, da die künstliche Beatmung nur noch als letztes Mittel eingesetzt wird und Medikamente etwas vorsichtiger appliziert werden.“

„Ja, aber es kann doch sein, dass“, versucht es Harry erneut, wird aber gleich wieder unterbrochen.

„Ach, Ich finde übrigens Ihren anfangs begonnen Fokus auf geeignete Schutzkleidung in Krankenhäusern sehr wichtig“, fährt Uta ungerührt fort. „Wir sollten hier unbedingt noch etwas detaillierter drauf eingehen. Was halten Sie von: ` Der Bedarf an Einmal-Masken in Krankenhäusern geht je nach dessen Größe in die zig-tausend; allein diese Tatsache illustriert die Bedeutung dieser Schutzmaßnahme, die das Ziel hat, Menschen vor Ansteckung zu schützen. Erkranken Menschen beispielsweise an Viren schwer und zwar derart, dass sie Atembeschwerden bekommen, ist die künstliche Beatmung oft die letzte Therapiemöglichkeit, und das möchte man keinem wünschen´. Ich meine, hiermit betonen Sie doch noch einmal, wie wichtig Sie das Tragen der Maske zum Schutz vor Ansteckung halten.“

Harry nickte, „Ja, finde ich gut.“ Er will eigentlich noch einmal auf den vorherigen Einwand zurückkommen, ist sich aber nicht sicher. Vielleicht sollte er erst einmal heraus-bekommen, welchen Teil sie genau verändert haben will; das sind ja vielleicht nur ein paar Wörter, die seine klare und deutliche Sprache, auf die er eigentlich stolz ist, abschwächen sollen. `Möglicherweise kann ich ja das meiste von ihren sogenannten Korrekturen wider rückkorrigieren´, denkt er in sich hineinschmunzelnd.

Aber genaugenommen weiß er nicht so richtig einzu-schätzen, was es bedeutet, wenn sich die Herausgeberin des Landboten persönlich so viel Zeit nimmt, um seinen Artikel zu mit ihm zu besprechen; sei es drum, machen kann er eh´ nichts dagegen. `Gut finde ich zumindest, dass dadurch mein Text sicher länger wird, mehr Platz in der Zeitung benötigt und mehr Platz bedeutet, mehr Aufmerksamkeit´.

Uta bemerkt, dass sich Harry entspannt und beschließt, schnell noch den folgenden Teil abzuräumen. „Prima, dann sind wir uns auch hier einig; weiter schreiben Sie dann: `In jedem Fall aber sind Sie ein rücksichtsloser Mitmensch, dem man nur wünschen kann, einmal selbst auf der Intensivstation zu landen und dann über Wochen künstlich beatmet zu werden, wobei Sie Ihre Behandlung natürlich selbst zahlen müssten. Einen weiteren Hirnschaden, den man ja, wie jeder weiß, sogar bekommen, selbst wenn man beinah symptomlos mit Corona infiziert ist, werden Sie ja nicht zu fürchten brauchen; die Tatsache, dass Sie die Gefahren von Corona leugnen, zeigt ja bereits, dass Sie einen solchen Schaden ja bereits haben´.

Also ich verstehe ja, dass Sie aus heutiger Sicht alle diejenigen als rücksichtslos bezeichnen, die die Maske nicht tragen, einfach weil sie das nicht wollen, obwohl sie vielleicht sogar Grippe-ähnliche Symptome haben. `Aus heutiger Sicht´, möchte ich betonen, weil wir ja in diesem Jahr mit Corona wieder begonnen haben, uns der Notwendigkeit hygienischer Maßnahmen zu besinnen. Vielleicht, und das würde ich mit Ihnen durchaus begrüßen, werden wir ja auch in der Grippesaison mehr darauf achten. Es blieben dann mehr Leute zu Hause, die sich schlecht fühlen oder bereits krank sind, also wir werden hier bei uns in der Redaktion sehr darauf achten. Und vielleicht waschen sich die Menschen häufiger die Hände, fallen sich nicht bei jeder Gelegenheit um den Hals und achten mehr darauf, andere nicht mehr aus Versehen anzuhusten. Das wäre doch super.

Aber wir können doch nicht ernsthaft den Leuten die Pest an den Hals wünschen, nur weil wir vielleicht ihr Verhalten als nicht besonders verantwortungsbewusst bewerten. Da stimmen Sie mir doch sicher zu. Und die Sache mit dem Hirnschaden, na, ich weiß nicht. Ich finde, dass sich die Studien, die Hirnschäden bei symptomlosen Menschen ausgemacht haben wollen, schon sehr weit aus dem Fenster lehnen. Vielleicht erweist es sich ja später als richtig, vielleicht in Einzelfällen; aber kann man das wirklich so einfach behaupten, ohne sich ein Gehirn genau angeschaut zu haben, also nach dem Tod des Betroffenen?

Und wie spezifisch mögen solche Studien sein? Wurden solche Studien zum Beispiel auch für Grippepatienten gemacht, und kann man wirklich die Ursache an diesem Virus festmachen oder hat man wieder einmal die bloße Anwesenheit des Virus für die Befunde verantwortlich gemacht, einfach, weil er da war? Ich weiß es nicht und maße mir auch nicht an, hier wirklich fachgerecht urteilen zu können; aber nach meinem Empfinden halte ich das alles für zu dünnes Eis.

Und selbst wenn, ich meine, finden Sie Ihre Formulierung nicht doch etwas drastisch? Wo war es denn? Ah, hier: `nur wünschen kann, einmal selbst auf der Intensivstation zu landen´ oder das mit dem Hirnschaden; schließlich wollen wir die Leute doch weder beleidigen noch in Panik versetzen, nicht wahr?“

„Ja, gut, eh, ich meine, nein natürlich nicht“, Harry ist langsam genervt von dieser Tussi, die ihm seinen schönen Text mit ihren geradezu subversiv zu nennenden Argumenten kaputt macht.

„Sie fahren fort zunächst mit einem Apell: `Also, wenn Sie sich wieder einreihen wollen in die Gruppe verantwortungsvoller guter Bürger, dann nehmen Sie die Maskenpflicht ernst, immer Mund und Nase bedecken und durchaus auch im Freien, und zwar nicht nur dann, wenn Social Distancing nicht gewährt werden kann, sondern immer, wenn Sie sich unter Menschen begeben´. Das gefällt mir, also von Ihrer Intention her, Menschen zu einem angemessenen Verhalten aufzufordern. Vielleicht ein paar kleinere Änderungen in der Semantik, aber dazu kommen wir später.

Sie fahren dann fort: `Aber, wenn Sie weiter zu den notorischen Maskenverweigerern gehören wollen, dann sollten wir den Preis für Sie ein wenig hochschrauben: die Regierung muss dringend weitergehende Maßnahmen beschließen, das mindeste wären ein paar hundert € Bußgeld. Besser noch Freiheitsstrafe wegen versuchter Körperverletzung, oder ein Aufenthalt in der Psychiatrie, bis Sie eine eidesstattliche Erklärung abgegeben haben, die Maske immer vorschriftsmäßig zu tragen. Auch sollten so verantwortungslose Gesellen wie Sie keinesfalls von unserem effektiven Gesundheitssystem profitieren. Man sollte Sie heranziehen, um für die Behandlung aller Personen zu zahlen, die durch Ihre Maskenverweigerung zu Schaden gekommen sind oder zu Schaden gekommen sein könnten´.

Also über angemessene Strafen entscheidet ja die Rechtslage bzw. im Zweifel ein Gericht, da geben Sie mir doch sicher recht. Und als vierte Macht im Staate, die nicht will, dass ihr von den anderen drei Mächten in ihre Kernkompetenzen hineingeredet wird, sollte wir dies im Gegenzug auch nicht tun. Und für Ihre Vorschläge, auch wenn sie der ein oder andere gutheißen mag, gibt es derzeit keine Rechtsgrundlage.

Auch frage ich mich, ob Sie mit diesen drastischen Worten wirklich das erreichen, was sie eigentlich bezwecken wollen, also zum richtigen Gebrauch von Masken anzuregen. Wenn Sie zu konfrontativ argumentieren, könnte das gerade jene vor den Kopf stoßen, die Sie bei gemäßigter Wortwahl erreichen würden. Das wäre doch schade, oder?“ Uta hat die Frage eher rhetorisch gemeint, denn sie kaut, ohne Harry anzusehen, jetzt ein bisschen auf ihrem Bleistift herum und fährt fort. „Wenn also nun Menschen, die ein Attest haben, keine Maske tragen, dann wollen wir ihnen ja nicht verbieten, einkaufen zu gehen, besonders vor dem Hintergrund der doch ziemlich geringen Anzahl an Infizierten und der doch ziemlich geringen Gefahr bei einer Ansteckung.“

„Was wollen Sie denn damit sagen?“ Harry ereifert sich jetzt und spricht einen deutlichen Tick zu laut. „Haben Sie die Bilder aus Bergamo vergessen? Von geringer Gefährdung kann man ja wohl kaum sprechen, wenn Tausende auf Intensivstationen krepieren. Also dagegen müssen wir viel härter“, er unterbricht sich, als er merkt wie echauffiert er ist und wie ruhig sein Gegen-über bleibt. Sie sieht ihn weiterhin freundlich an und scheint seinen Ausbruch überhaupt nicht zu bemerken oder ihn gar zu verurteilen. `bei klaren Worten scheint die Dame wohl einzu-knicken´. Also hebt er die Stimme noch etwas: „Also die müssen zur Verantwortung“, beginnt er, wird aber sanft von Uta unterbrochen.

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