Kitabı oku: «Geschichte der Schweiz», sayfa 6
Das weitere Ausgreifen der Eidgenossen in Richtung Bodensee lag angesichts der genannten Verträge mit nördlichen Zugewandten nahe. Es wurde, wie schon im Fall des Aargaus, durch den Konflikt eines Habsburgers mit einer Universalgewalt ermöglicht. Papst Pius II. versetzte Herzog Sigmund von Tirol, den Sohn des 1415 geächteten Friedrich IV., in den Kirchenbann, weil Sigmund einen Dauerstreit mit dem Bischof von Brixen ausfocht, dem berühmten Nikolaus von Kues. Als Teilnehmer des Basler Konzils kannte Pius II. – der bedeutende Humanist Enea Silvio Piccolomini – die Verhältnisse aus eigener Anschauung; in Werken wie De Europa (1458) hatte er das Konzil, aber auch Geografie und Geschichte der Gegend beschrieben und so den abendländischen Gelehrten vorgestellt. Pius lud die Eidgenossen 1460 ein, Sigmunds Gebiete zu besetzen, und schon bald war der Thurgau ebenfalls eine Gemeine Herrschaft unter einem eidgenössischen Landvogt. Dieser Vorstoss richtete sich auch gegen das linksrheinische Konstanz, das im Thurgau zwar vorerst das Landgericht behielt, nun aber Pläne zur Territoriumsbildung begraben musste. Hauptopfer auch der weiteren Entwicklung in der Nordostschweiz blieb aber Österreich. Einige der 1460 eroberten Vogteien um Walenstadt gingen in die 1483 gebildete Gemeine Herrschaft Sargans ein. Rapperswil, bislang gleichsam ein Vorposten im Feindesland, wurde gezwungen, sich von Habsburg loszusagen und 1464 ein Schirmbündnis mit Uri, Schwyz, Unterwalden und Glarus einzugehen, das diesen das Besatzungsrecht für Stadt und Burg zugestand. Nachdem Zürich 1467 die völlig isolierte habsburgische Stadt Winterthur gekauft hatte, verblieb Österreich links des Rheins nur noch das Fricktal mit den Städten Rheinfelden und Laufenburg, woran sich bis 1802 auch nichts mehr ändern sollte.
Die Burgunderkriege
Die Auseinandersetzung mit Habsburg war auch Ausgangspunkt der Burgunderkriege, mit denen die Eidgenossen eher unerwartet auf die europäische Bühne traten. Wie die vorangegangenen Expeditionen in den Bodenseeraum zeugte der Sundgauerzug von 1468 noch eher von (durch Bern) notdürftig kanalisierter Rauflust und Beutegier der eidgenössischen Kriegerhaufen. Sie wollten sich mit dem vorderösterreichischen Adel messen und durch die Belagerung von Waldshut ein beträchtliches Lösegeld erpressen. Herzog Sigmund sah sich nach dem Verlust des Thurgaus erneut bedroht und suchte einen Verbündeten und Geldgeber, den er in Karl dem Kühnen fand. Die Herzöge von Burgund waren eine Seitenlinie der in Frankreich herrschenden Valois, hatten aber ein eigenes Herrschaftsgebiet zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich aufgebaut. Vor allem dank den wohlhabenden Städten in Flandern konnte Karl der Kühne eine eigenständige Grossmachtpolitik verfolgen und gar an ein eigenes Königreich in der Tradition des einstigen lotharingischen Mittelreichs denken. In diese territoriale Politik passten der Sundgau im Elsass und weitere vorderösterreichische Besitzungen, die Sigmund 1469 Karl dem Kühnen für seine Hilfszusage verpfändete. Damit rückte das Herzogtum Burgund in die unmittelbare Nähe der Eidgenossenschaft. Bern sah seine Einflusssphäre bedroht, änderte seine ursprünglich proburgundische Politik und tat sich mit den Reichsstädten am Oberrhein (Basel, Strassburg, Mülhausen) zusammen. Ihre Selbstständigkeit schien durch den neuen Landvogt der Pfandlande, Peter von Hagenbach, bedroht. Er versuchte unter Missachtung der herkömmlichen Autonomierechte die fürstliche Herrschaft auszubauen, wie die Burgunder das in Flandern schon getan hatten. Es gelang den elsässischen Reichsstädten, ihn gefangen zu nehmen, zu verurteilen und hinzurichten.
Dennoch griff Karl der Kühne, am Niederrhein gebunden, nicht persönlich ein. Die fortgesetzte Zurückhaltung gegenüber den Eidgenossen enttäuschte Sigmund, der sich deshalb 1474 zu einem Vertrag mit den Eidgenossen bereitfand, den Karls Gegenspieler vermittelte: der französische König Ludwig XI. Diese – nachträglich so benannte – «Ewige Richtung» beendete die jahrzehntelange Feindschaft zwischen Vorderösterreich/Tirol und der Eidgenossenschaft und bestätigte den Besitzstand, also die habsburgischen Verluste; allein Archivbestände wurden dem Herzog zurückgegeben. Für künftige Konfliktfälle wurden Schiedsrichter bestimmt, der Vertrag sollte für Sigmunds Erben gelten und alle zehn Jahre neu beschworen werden. Gleichzeitig verbündeten sich die Eidgenossen und, in einem eigenen Vertrag, Sigmund mit den oberrheinischen Reichsstädten Colmar und Schlettstadt sowie jeweils Bischof und Stadt von Strassburg und Basel. Während aber die anderen Orte sich nicht weiter in diesen Konflikt hineinziehen lassen wollten, gewann in Bern die Kriegspartei um den neuadligen Niklaus von Diesbach gegen den altadligen, burgunderfreundlichen Adrian von Bubenberg die Oberhand und betrieb nun eigenmächtig Expansionspolitik. In Absprache mit Frankreich, nicht aber mit den Eidgenossen eroberten die Berner zusammen mit Freiburg 1475 weite Teile des Waadtlands von Savoyen, das mit Burgund alliiert war, aber schon länger an inneren Krisen litt. Gleichzeitig verlor Savoyen auch das französischsprachige Unterwallis an die deutschsprachigen Walliser Zenden, die daraus eine Gemeine Herrschaft machten. Erst jetzt reagierte Karl der Kühne selbst militärisch, doch unterschätzten er und sein Ritterheer die nicht standesgleichen Gegner. Die Eidgenossen kamen den Bernern nun doch zu Hilfe. Der Herzog verlor zuerst in der Schlacht bei Grandson seine gesamte kostbare Habe, die «Burgunderbeute». Im Juni 1476 zerschlugen die Schweizer mit vorderösterreichischer und lothringischer Hilfe Karls Söldnerheer in der Schlacht bei der belagerten Stadt Murten. Bei Nancy verlor Karl Anfang 1477 nicht nur die Schlacht, sondern auch sein Leben gegen den Herzog von Lothringen und die Eidgenossen.
Mit diesen Niederlagen zerfiel das burgundische Zwischenreich. Es wurde zwischen Frankreich und Habsburg aufgeteilt, nachdem der künftige Kaiser Maximilian I. die Tochter Karls des Kühnen geheiratet hatte. Damit standen sich die beiden Dynastien Valois und Habsburg in den südlichen Niederlanden und in der Freigrafschaft Burgund, die beide an Maximilian fielen, unmittelbar gegenüber. Ihr Gegensatz wurde zur Ursache für fast alle europäischen Kriege bis ins 18. Jahrhundert. Nutzniesser der Burgunderkriege war also nicht das heterogene eidgenössische Bündnis, von dem Savoyen die verlorenen Gebiete im Waadtland billig zurückerhielt und Frankreich vorübergehend die Freigrafschaft erwarb. Die sieben östlichen Orte wollten sich nicht für die Berner Westexpansion vereinnahmen lassen und bezogen lieber bares Geld. Während die Walliser ihre Eroberungen behielten, musste sich Bern mit Erlach und Aigle begnügen, wozu, in gemeiner Herrschaft mit Freiburg, noch Murten, Echallens, Grandson und Orbe kamen; in der Vogtei Schwarzenburg übten sich die beiden Städte bereits seit 1423 in geteiltem Besitz.
Kriegstüchtigkeit und Beutegier
Wie konnten die schweizerischen Milizsoldaten die ritterlichen burgundischen Berufskrieger besiegen, ja europaweit für einige Jahrzehnte in den Ruf der Unbesiegbarkeit gelangen? Die Voraussetzungen waren nicht ideal: Die einzelnen Orte führten ihre Truppen mit oft unterschiedlichen strategischen Zielen in den Kampf. Die Disziplin dieser nichtadligen Soldaten war ungleich kleiner als ihre Brutalität, Zerstörungswut und Beutegier, was auch daran lag, dass sie gleichsam auf eigene Rechnung kämpften und von den Obrigkeiten nur bedingt logistische Unterstützung erwarten konnten. Das Mannschaftsrecht verpflichtete die Haushalte nicht nur dazu, Krieger zu stellen, sondern sie auch auszurüsten und zu verköstigen. Gemeinden oder Zünfte kontrollierten die Zahl der Wehrpflichtigen und deren Ausrüstung, wenn auch oft eher nachlässig. Mit dem Aufkommen der Feuerwaffen entstanden seit dem späten 14. Jahrhundert eigene Zeughäuser. Hakenbüchsen waren oft zu teuer für einzelne Bürger, und eine Aufbewahrung in anderen Gebäuden, etwa im Rathaus, war wegen der explosiven Munition zu gefährlich. Auch erbeutete Fahnen und Waffen fanden den Weg ins Zeughaus.
Die Büchsenschützen wurden im 15. Jahrhundert zwar wichtiger als die Bogen- und Armbrustschützen. Dennoch waren diese Gruppen, die zumeist vor der eigentlichen Schlacht zum Einsatz kamen, für die schweizerische Kriegsführung nicht zentral. Die Eidgenossen kämpften als dichte Schlachthaufen, Gevierte mit manchmal mehreren Tausend Mann. An deren Rand hielten gerüstete Kämpfer mit fünf Meter langen Spiessen die feindlichen Reiter auf Distanz und schützten so beim Aufprall der Heere die Soldaten im Inneren des Harsts. Diese waren nur mit Helmen und leichtem Harnisch vor Beschuss geschützt und mit Halbarten und anderen Nahkampfwaffen (Schweizerdegen, Schwert, Dolch) bewaffnet. Sie konnten keilartig in die Breschen der feindlichen (Ritter-)Phalanx einbrechen und dank ihrer Geschlossenheit und zugleich Beweglichkeit die Gegner im Zweikampf niederringen. Euphorisiert, auch durch Wein, begleiteten die Eidgenossen ihre Angriffe mit ohrenbetäubendem Brüllen und Lärmen. Entscheidend waren oft die Geländeverhältnisse und das Überraschungsmoment, das von einer Vorhut ausgehen konnte, die als «verlorener Haufen» die Schlacht vom Zaun brach. Die Hauptleute kontrollierten ihre kampflustigen Truppen nur beschränkt, am wenigsten die «frijheiten» oder «frijharsten», welche auch reguläre Auszüge in der Hoffnung auf Beute begleiten konnten. Der Übergang von unterbeschäftigten, gewaltbereiten Jungmannschaften zu Berufskriegern und Söldnern war insofern bei Soldaten und erfolgreichen Hauptleuten fliessend.
Auch deshalb begannen mit den Burgunderkriegen die Klagen von Autoren wie dem älteren Diebold Schilling, dass die Siege «boess und verfluechte roupguot» in die Schweiz brachten und die jungen Eidgenossen in den Kriegsdienst (ver-)führten. Am deutlichsten sichtbar wurde dies im «Saubannerzug» von 1477. Als «Gesellschaft vom torechten Leben» bezeichneten die Zeitgenossen die 1700 jungen Innerschweizer, die in der Fasnachtszeit 1477 mit einem Banner loszogen, das eine Wildsau und einen Kolben als Zeichen der rebellischen Unzufriedenheit zeigte. Sie hatten den Eindruck, in den Burgunderkriegen bei der Beuteteilung übervorteilt worden zu sein, und wollten in Genf noch ausstehende Gelder eintreiben. Die Rhonestadt war ein europäisches Finanzzentrum gewesen, solange italienische Bankiers und Geldwechsler wie die Medici die dortigen Messen besuchten. Dank Privilegien des französischen Königs verdrängte aber Lyon seit den 1460er-Jahren Genf schnell, das in den Burgunderkriegen erst noch auf die falsche, savoyische Karte setzte. Nun konnten die Stadtorte den Saubannerzug nur mit grosser Mühe von einem Handstreich abhalten, der die Eidgenossenschaft als Ordnungsmacht zu diskreditieren drohte. Genf zahlte Schutzgeld und ging erstmals ein unbefristetes Burgrecht mit Bern und Freiburg ein, um sich so vor weiteren Freischarenzügen zu schützen. Gleichzeitig schlossen sich Zürich, Bern und Luzern durch ewige Burgrechte ohne Vorbehalt der alten Bünde enger zusammen und nahmen darin auch Freiburg und Solothurn auf.
Das Stanser Verkommnis
Freiburg und Solothurn beantragten zugleich offiziell Aufnahme in die Eidgenossenschaft. Damit wären die Städte weiter gestärkt worden, wogegen die Landorte entschieden protestierten: Ihre Fläche machte bloss die Hälfte der städtischen Territorien aus, ihre Bevölkerung ein Drittel, ihre importabhängige Wirtschaft war erst recht schwächer. Zudem waren ihre Einwohner am ungezügelten Kriegsdienst finanziell interessiert, den die Städte als Herd von Unruhe fürchteten und daher obrigkeitlich lenken wollten – allerdings, wie Bern in der Waadt bewiesen hatte, durchaus in eigennützigem Sinn. Mit ihren Kanzleien und weltgewandten Diplomaten dominierten Bern und allgemein die Städte die inneren Abläufe und die äussere Wahrnehmung der Eidgenossenschaft immer stärker. Eine weitere Eskalation zwischen Eidgenossen konnte im Dezember 1481 an einer Tagsatzung in Stans abgewendet werden. Unklar ist, wieweit die versöhnlichen Ratschläge des hochgeachteten Einsiedlers Nikolaus von Flüe (Bruder Klaus) den Ausschlag in den zähen Verhandlungen gaben, bei denen der spätere Nationalheilige nicht persönlich zugegen war. Die mahnenden Worte «machend den zun nit zuo wit» legte ihm jedenfalls erst der Luzerner Chronist Hans Salat 1537 in den Mund, um die aktuelle wie frühere Berner Expansion in die Waadt zu kritisieren.
Das Stanser Verkommnis sollte bis 1798 der einzige Text bleiben, der die Verfassungsstruktur der ganzen Eidgenossenschaft festhielt. Die Streitpunkte wurden beigelegt. Einerseits verzichteten die Städte auf ihre Sonderbündnisse, wofür aber Solothurn und Freiburg mit etwas schlechteren Bedingungen in den Bund aufgenommen wurden. Sie waren an den Gemeinen Herrschaften nicht beteiligt, die sie nicht erobert hatten; und sie hatten keine Bündnisfreiheit, weil diese – wie im Fall von Zürich oder Bern – zu eigenmächtigem Vorgehen verführen konnte. Andererseits wurde «muotwillen und gewalt triben» nicht nur verurteilt, sondern es wurden konkrete Massnahmen dagegen verfügt: Das Stanser Verkommnis verbot, sich ohne Wissen und Erlaubnis der Obrigkeit zu versammeln, und verpflichtete die Orte, sich gegen ungehorsame Untertanen beizustehen.
Die beiden neuen Mitglieder standen schon lange in zum Teil engem Kontakt mit denen, die das Stanser Verkommnis eben erstmals als «die acht ortte der eitgenosschafft» definiert hatte, woraus das 1505 erstmals belegte «acht alte orte» werden sollte. Solothurn war seit dem Aussterben der Zähringer 1218 eine Reichsstadt und hatte zuerst an der Seite Berns und im 15. Jahrhundert mit den anderen Eidgenossen an vielen Unternehmungen teilgenommen. Die Aufnahme in die Bünde wurde jedoch verschiedentlich abgelehnt, auch weil die Berner die Nachbarstadt nicht gleichberechtigt sehen wollten. Von Bern begrenzt, gelang es Solothurn seit der Mitte des 14. Jahrhunderts auch nur, ein schmales Territorium entlang des Juras zusammenzukaufen, das bis Gösgen (1458) reichte und im frühen 16. Jahrhundert mit Erwerbungen nördlich des Juras (Dorneck-Thierstein) abgeschlossen wurde. Freiburg hatte sich seit 1454 von einem Gegenspieler Berns zu seinem Juniorpartner gewandelt und dank den Burgunderkriegen die kurze savoyische Stadtherrschaft abgeschüttelt. Erst jetzt wurden auch die Grundlagen eines Territoriums gelegt, das sich, ebenfalls wegen der Berner Dominanz, nur gegen Süden und Westen entwickeln konnte. Ausgerechnet in dem Moment, als mit dem Beitritt zum «alten grossen pund obertütscher landen» Deutsch in Freiburg Amtssprache wurde, begann also der Erwerb – vorerst durch Kauf – französischsprachiger Vogteien.
Der eidgenössische Vorstoss in die welschen, nämlich romanischsprachigen Lande hatte allerdings schon früher begonnen, und zwar im Süden. Die Zurückhaltung der Urner etwa bei der Eroberung des Aargaus war darin begründet, dass sie und die Unterwaldner sich vor allem für die Gotthardachse interessierten und sich bereits 1403 mit der Leventina verbündeten. 1410 folgte das ewige Landrecht von Uri mit dem von Walsern besiedelten Hochtal Ursern, dessen königliche Freiheitsrechte eingeschränkt wurden. Militärische Vorstösse ins Eschen-, Maggia- und Verzascatal provozierten den Landesherren, den Visconti-Herzog von Mailand. Mit seinem Sieg bei Arbedo gingen die Eroberungen wieder verloren, doch auch in den folgenden Jahrzehnten kam es wiederholt zu Urner Expeditionen gegen das oft krisengeschüttelte Herzogtum Mailand. Mit eidgenössischer Hilfe siegten die Urner 1478 im Umfeld der Burgunderkriege in der Schlacht bei Giornico, worauf Mailand die Urner Herrschaft in der Leventina anerkannte.
Vor- und Nachteile des Solddiensts
Die Erfahrungen der Mailänder mit schweizerischen Kriegern reichten damals schon weit zurück, wohl ins 13. Jahrhundert. In den wohlhabenden italienischen Städten und ihren Herrschaften pflegte man die Kriege durch Mietsoldaten zu führen, oft Ausländer, zum Beispiel aus England. Zum Teil als Ersatz für diese nahmen die Visconti seit 1370 Schweizer Reisläufer in Dienst. 1424 erging erstmals eine offizielle Anfrage wegen Söldnern an die Tagsatzung, diesmal aus Florenz. Die spätere völkerrechtliche Unterscheidung erfasst genau die Problematik, die sich bereits damals stellte: Einzelne «Reisläufer» oder ganze Kompanien traten ohne Einwilligung der Obrigkeit in fremde Dienste; «Söldner» taten dies dagegen im Rahmen von Verträgen, wie sie ab 1453 vor allem mit Frankreich geschlossen wurden. Ein einheimischer, privater Militärunternehmer erhielt die Bewilligung des Ortes, auf eigenes finanzielles Risiko eine Kompanie von 150 bis 300 Mann zu werben, auszurüsten und als Hauptmann zu führen. Die sogenannten Kapitulationen hatten für die Orte den Vorteil, dass sie ein Verhalten, das sie ohnehin kaum verbieten konnten, wenigstens reglementierten und dabei in Verhandlungen mit äusseren Mächten auch noch etwas herausholten: Salzlieferungen, Freizügigkeit für Kaufleute, Abbau von Zöllen. Ausserdem flossen so Zahlungen nicht nur an die Soldunternehmer, sondern auch in den Staatssäckel, wo sie bis zu 40 Prozent der Einnahmen ausmachen konnten. Den Städten gelang es damit, ihre für den Territoriumserwerb eingegangenen Schulden abzutragen; die Länderorte bezahlten die benötigten Lebensmitteleinfuhren.
Die «Auswanderung auf Zeit» erfolgte anfangs eher aus Abenteuerlust als aus Not. Das änderte sich in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, als einerseits die Bevölkerungszahl sich vom Einbruch durch die Pest wieder erholte und Land wie Arbeit in einer extensiven Viehwirtschaft knapp wurden, andererseits der Alte Zürichkrieg Fernhandel und Gewerbe nachhaltig geschwächt hatte. Vor allem junge, unverheiratete Männer wanderten aus: Söhne ohne Erbe, Knechte und Taglöhner. Für die 40 Jahre von den Burgunderkriegen bis Marignano kommen manche Schätzungen auf insgesamt über 100 000 Söldner, von denen die Hälfte nicht mehr zurückfand – eine beträchtliche Zahl im Verhältnis zu den um 1500 etwa 600 000 bis 800 000 Einwohnern des Landes. Vor allem die Landbevölkerung, die durch die vielen Kriegsdienste lange Abwesenheiten und viele Verluste erdulden musste, zweifelte zusehends, ob sie dafür angemessen entschädigt wurde. Wiederholt, vor allem in der Schlussphase der Mailänderkriege, regte sich Widerstand gegen die vielen opferreichen Truppenaufgebote. Gemeinhin wurden die fremden Dienste als Quelle von Korruption und Dekadenz angesehen, häufig durch die Assoziation mit Prostitution. In literarischen und bildlichen Darstellungen entstand daraus die Gegenüberstellung des alten, tugendhaften und des jungen, im Ausland verdorbenen Eidgenossen.
Der schlechte Ruf, in den die Solddienste schon bei den Zeitgenossen gerieten, ging vor allem auf die Pensionen zurück, welche Fürsten seit den Burgunderkriegen in grossem Massstab und regelmässig zu bezahlen begannen: nicht nur offiziell den Orten selbst, sondern auch heimlich mächtigen Politikern. Durch «Praktizieren», das heisst die Bestechung von Räten oder Landsgemeinden, sollten die genehmen Personen in Ämter gewählt und die gewünschten Entscheidungen gefällt werden, nicht zuletzt der Abschluss von Kapitulationen; aber auch das Wegschauen bei unbewilligten Werbungen. Schon früh versuchte man, allerdings erfolglos, das Pensionenwesen zu kontrollieren. Alle Orte unterschrieben 1503 den Pensionenbrief, der die fremden Dienste auch deshalb der obrigkeitlichen Zustimmung unterstellte, weil das ausufernde Pensionen- und Söldnerwesen in vieler Herren Ländern den Zusammenhalt der Eidgenossenschaft gefährdete. Doch der Pensionenbrief blieb wirkungslos. Allzu viele Geschlechter verdankten ihren politischen Einfluss fremden Zahlungen, mit denen sie ein Klientelnetz unterhalten konnten.
Zu diesen Pensionenherren und Kriegsunternehmern zählte Hans Waldmann in Zürich. Er, ein zugezogener Schneider und Gerber, war nicht der Einzige, der dank militärischem Ruhm (und einer guten Heirat) rasch aufstieg: zum Geldverleiher und Soldunternehmer, sogar zum Bürgermeister. Die eidgenössischen Führungsgruppen wurden bis ins frühe 16. Jahrhundert in Kriegen und fremden Diensten regelmässig dezimiert, womit Zuwanderer vor allem von der Landschaft Aufstiegschancen hatten. Bürgermeister Waldmann stützte sich auf die Zunftmeister und bekämpfte die Patrizier, um die Stellung des städtischen Rats zu stärken. Mit demselben Ziel wurde das bäuerliche Textilgewerbe eingeschränkt und damit das Monopol der städtischen Zünfte unterstützt. Zu offener Empörung führte schliesslich der Befehl, die grossen Hunde der Bauern zu töten, weil sie den Wildbestand schädigten. Solche Massnahmen, mit denen die Obrigkeit das Territorium verstärkt kontrollieren wollte, verstiessen gegen das, was die Landleute als ihr «altes recht und frijhheiten» ansahen. Waldmann wurde gestürzt und hingerichtet.
Nicht nur Bauern, auch verburgrechtete Adlige, bevogtete Klöster und die Einwohner von Kleinstädten spürten den hoheitlichen Zugriff vor allem bei vermehrten Steuern und Kriegsdiensten. Besonders gut sichtbar wurde diese Spannung in der Auseinandersetzung des Berner Rats mit den zumeist kleinadligen Gerichtsherren oder Twingherren um Adrian von Bubenberg, die auf der Landschaft herkömmlich für die lokale Gerichtsbarkeit zuständig waren. «Twing und Bann» meinte Gebieten und Verbieten, nicht zuletzt auch Strafen mit Geldbussen. Für den Berner Twingherrenstreit (1470/71) gab ein Luxusgesetz den Anlass, welches das Tragen von höfisch-modischen Schnabelschuhen verbot. Eigentlich wollte der Rat aber die Kompetenzen der Gerichtsherren beschneiden, indem er Gerichtsfälle oder zumindest Berufungsentscheidungen an sich zog. Kurzfristig scheiterte das Unterfangen, als Peter Kistler zurücktreten musste, mit dem in Bern erstmals ein Nichtadliger Schultheiss geworden war. Doch die langfristige Tendenz ging in der ganzen Schweiz zu einer stärkeren rechtlichen Vereinheitlichung und zur Unterordnung der Landsässigen – Ritteradel ebenso wie Dorfaristokraten – unter die städtische Regierung von Zünftlern oder einem neuen Patriziat.