Kitabı oku: «Moderationsmethode und Zukunftswerkstatt», sayfa 3
Idealbild
Im Sinne eines Idealbildes lässt sich das Verhalten eines Moderators als werturteilsfrei, offen, respektvoll, selbstkritisch und konsequent in der Methode und seinem Handeln beschreiben.
4.3 Verhaltensregeln für den Moderator
Aus der Grundhaltung des Moderators und seinen Aufgaben lassen sich Verhaltensregeln für ihn formulieren. Einige davon werden in diesem Abschnitt dargestellt.
Verhaltensanweisungen decken lediglich einige Situationen ab. Ein Moderator kann sich nicht nur an Regeln orientieren, er muss die richtige Grundeinstellung haben. Daraus ergibt sich dann das angemessene Handeln auch ohne das Bewusstmachen von Regeln.
4.3.1 Keine inhaltliche Einmischung
Doppelrollen trennen
Diese Regel wurde schon mehrmals angesprochen. Sie ist jedoch nicht immer ohne Weiteres einzuhalten. Würde sie vollständig befolgt, so könnten z. B. Leiter in Erwachsenenbildungsveranstaltungen, die auch der klassischen Wissensvermittlung dienen, keine Moderationselemente verwenden. Der Dozent, der Informationen weitergibt, und der Moderator, der sich aus der inhaltlichen Diskussion heraushält, wären ja in einer Person vereint.
In diesem Fall muss der Leiter / Moderator seine zwei Rollen klar und für die Gruppe sichtbar trennen. Dies kann er einerseits mit verbalen Mitteln versuchen, indem er ausdrücklich sagt, dass er jetzt von der Moderatoren- in die Dozentenrolle wechselt. Andererseits kann er auch nonverbale Mittel benutzen (oder beides), indem er z. B. jedes Mal, wenn er seine Rolle wechselt, auch den Platz im Raum wechselt: Als Moderator steht er neben den Pinnwänden, wird er zum Dozenten, so geht er auf die Gruppe zu und nimmt einen neuen, deutlich anderen Standort ein.
4.3.2 Fragen statt sagen
Informationen müssen erfragt werden
Da der Moderator Helfer und nicht Dozent ist, ist seine Grundhaltung fragend. Er möchte den Austauschprozess der Gruppe fördern, Meinungen sichtbar und besprechbar machen. Die nötigen Informationen dazu kann er nicht selbst geben, sondern muss sie von den Gruppenmitgliedern erfragen.
Diese Regel darf, wie alle anderen auch, nicht überzogen werden. Der Moderator sagt durchaus auch häufig etwas aus, nur nicht auf das Thema bezogene eigene Meinungen. Beispielsweise spricht er Störungen an, erklärt die Methodik des Vorgehens usw. Auch spiegelt er zur weiteren Klärung, sowohl auf der sachlichen als auch auf der emotionalen Ebene, Beiträge von Teilnehmern oder formuliert aggressive, angreifende Äußerungen um, um deren Sachaspekt in den Vordergrund zu stellen.
Da die Frageart und -formulierung in der Moderationsmethode eine wesentliche Rolle spielt, wird ihr später ein eigener Abschnitt gewidmet.
4.3.3 Keine Wertungen
Neutralität
Während der Moderation stellt der Moderator seine eigenen Meinungen und Werturteile zurück. Nur so kann die Gruppe Vertrauen in seine Neutralität bekommen.
Diese Wertfreiheit bezieht sich nicht nur auf thematische Äußerungen, sondern auch auf Stimmungen und Verhaltensweisen der Teilnehmer. Wenn beispielsweise ein Teilnehmer die Gruppe immer wieder stört, so muss der Moderator dafür sorgen, dass diese Störung bearbeitet wird. Sinnlos bzw. schädlich ist hier aber eine moralisierende Stellungnahme des Moderators.
– Vorsicht beim Loben
Der Moderator sollte auch mit dem Loben von Teilnehmerbeiträgen vorsichtig umgehen. „Das ist ein wichtiger Beitrag“ setzt diejenigen zurück, die nicht auf diese Weise gelobt werden und stellt außerdem ein Gefälle zwischen Beurteilendem und Beurteilten her. Ähnlich kann zustimmendes Brummen usw. wirken.
4.3.4 Mit der Gruppe gehen
Moderator Steuermann – Gruppe Kapitän
Der Moderator lässt sich den Kurs von der Gruppe vorgeben. Er zieht sie nicht in irgendeine Richtung, die er inhaltlich für richtig hält, wenn er auch durchaus methodisch die Mittel angibt. Moderation birgt, ebenso wie jede andere Methode, mit Menschen zu arbeiten, die Gefahr, manipulativ angewendet zu werden.
Keine Rechtfertigung
Mit der Gruppe gehen sollte der Moderator auch, wenn er angegriffen wird. Er rechtfertigt oder entschuldigt sein Handeln nicht; damit würde er nur Machtkämpfe zwischen sich und den Gruppenmitgliedern herausfordern. Er greift Kritik konstruktiv auf und klärt sie zusammen mit der Gruppe – gegen sie erreicht er ohnehin nichts. Voraussetzung für diesen offenen Umgang mit Kritik ist allerdings ein klares Bewusstsein über die eigene Rolle (siehe rechts, „Klares Selbstbild“).
4.3.5 „Ich“ statt „man“
Diese Regel, die aus der Themenzentrierten Interaktion übernommen wurde, ist für den Moderator aus zwei Gründen wichtig.
Kommunikationsmodell
Zum Ersten dient der Moderator der Gruppe als Vorbild für die eigenen Verhaltensweisen. Wenn also schon er selbst seine Aussagen hinter der schützenden Allgemeinheit („man“ heißt so viel wie „alle“) versteckt, so kann er von den Teilnehmern nicht erwarten, dass sie ihre Aussagen ichbezogen und damit angreifbar formulieren.
Klares Selbstbild
Zweitens wird der Moderator laufend mit Erwartungen und Wünschen der Teilnehmer konfrontiert, Ansprüchen, denen er nicht gerecht werden kann und will: Mal soll er für Disziplin sorgen, mal nicht so strikt führen; mal soll er Ergebnisse produzieren, mal Konflikte lösen. Wenn er sich in dieser Situation über seine eigenen (ich!) Ansprüche, Ziele und Aufgaben nicht im Klaren ist, wird er schnell zum Spielball der Vorstellungen der Teilnehmer.
4.3.6 Störungen haben Vorrang
Störungen bearbeiten
Auch dieses Prinzip stammt aus der Themenzentrierten Interaktion. Wesentliche Störungen – wie etwa ständige Nebengespräche und Unruhe – oder persönliche Angriffe verhindern oder beeinträchtigen die Arbeit am eigentlichen Thema. Werden sie übergangen oder unterdrückt, so eröffnen sich meistens weitere Störungsquellen. Außerdem haben sie oft einen Grund, der bedeutsam für die weitere Zusammenarbeit ist. Daher müssen sie bearbeitet werden, bevor mit dem Hauptthema fortgefahren werden kann. Als Mittel kann der Moderator z. B. ein Blitzlicht (s. S. 81) oder die Einpunktfrage (s. S. 59) einsetzen, um Stimmungen oder Konflikte transparent, besprechbar und damit veränderbar zu machen. Wenn es sich um einzelne Störer handelt, kann er diese auch direkt darauf ansprechen: „Ich merke, dass Sie sich immer wieder unterhalten. Ich weiß jetzt nicht: Ist es etwas, das für alle bedeutsam sein könnte?“
Ein Problem bei dieser Regel besteht darin, zu bestimmen, was eine Störung ist und wann der Moderator eingreifen muss. Wenn jedes noch so kleine Knirschen ans Licht gezerrt und behandelt wird, dann ist das überzogen und stört seinerseits die Zusammenarbeit. Daher eine Konkretisierung: Eine Störung in einer Moderation ist dann (akut) behandlungsbedürftig, wenn sie die inhaltliche Zusammenarbeit klar stärker belastet, als es ihre Thematisierung als Störung tun würde.
4.3.7 Flexibel sein
Situativ handeln
Die mechanische Anwendung der aufgeführten (und anderer) Verhaltensregeln für den Moderator führt wahrscheinlich bestenfalls zu einer mittelmäßigen Moderation. Flexibilität beinhaltet die Beherrschung und vor allem das Verstehen der „Technik“, auf deren Basis dann die „Kür“ aufgebaut werden kann. Man muss, je nach Situation, auch einmal alle Regeln über Bord werfen können, vielleicht auch eine Zeit lang die Moderation aufgeben, um z. B. Streitgespräche führen zu lassen.
5. Frage- und Antworttechniken
Die Frage- und Antworttechniken sind gewissermaßen standardisierte Verfahren, den Austausch der Gruppe mithilfe der Visualisierung zu ermöglichen. Vorgestellt werden Karten- und Zuruffragen, Mind-Map, Punktabfragen sowie Möglichkeiten der Kleingruppenarbeit.
5.1 Kartenabfragen
Kurzbeschreibung
Bei einer Kartenabfrage wird an einer Pinnwand eine visualisierte Frage gestellt. Die Teilnehmer erhalten oder holen sich Kärtchen (Rechtecke) und schreiben ihre Antworten darauf. Diese werden eingesammelt, sortiert und mit Oberbegriffen versehen, die den Inhalt der entstandenen Rubriken grob kennzeichnen.
Ziele
Diese Form der Abtrage hat aut der Sachebene zum Ziel, informationen (Probleme, Erwartungen, Ideen …) zu erfragen und zu ordnen. Gruppendynamisch gesehen aktiviert sie die Teilnehmer und stellt Transparenz her. Die Gruppenmitglieder sehen, was andere denken, und erfahren möglicherweise, dass es diesen genauso geht wie ihnen selbst. Dadurch kann Vertrauen und gutes Klima für die Zusammenarbeit entstehen.
Anonyme Kartenabfrage
Die Kartenabfrage gibt es in mehreren Varianten. Die vielleicht typischste und am weitesten verbreitete Form ist die anonyme Kartenabfrage. Bei ihrer Durchführung wird darauf geachtet, dass die Schreiber der Kärtchen anonym bleiben. Dies ermöglicht einerseits der Gruppe, Hierarchien zu umgehen, andererseits dem Einzelnen, auch einmal einen Versuchsballon zu starten, ohne Gefahr zu laufen, sich zu blamieren.
1. Ziel klären
Als Erstes erklären die Moderatoren das konkrete Ziel des Moderationsschrittes. Normalerweise wird eine Kartenabfrage durchgeführt, um eine große Menge von Informationen zusammenzutragen, sie zu strukturieren und so eine Grundlage für die weitere Arbeit zu erhalten. Den Teilnehmern muss dieses Ziel bekannt sein und sie müssen ungefähr wissen, wie danach weitergearbeitet wird. Unklarheiten können im späteren Sortieren zu Zeitverlusten führen (s. u.).
2. Frage stellen
Als Zweites wird auf einer Pinnwand eine visualisierte Frage gestellt und erläutert. Die Teilnehmer sollen sie auf Kärtchen beantworten. Falls sie mit der Vorgehensweise noch nicht vertraut sind, geben die Moderatoren drei Regeln vor:
Drei Zeilen passen gerade auf ein Kärtchen (s. S. 25), sieben Worte sind erfahrungsgemäß noch gut lesbar. Pro Kärtchen darf nur ein Gedanke aufgeschrieben werden, da das Sortieren sonst nicht möglich ist. Halbsätze werden verwendet, da sie im Vergleich zu bloßen Stichworten das Verständnis erleichtern; wenn nur „Halbsätze“ auf dem Kärtchen stünde, wäre nicht klar, was damit gemeint ist.
3. Fragen beantworten
Die Teilnehmer schreiben, jeder für sich, ihre Antworten auf. Dazu benötigen sie ca. 10 bis 15 Minuten. Inzwischen stellen die Moderatoren eine weitere Pinnwand auf und hängen auf beide Tafeln durchnummerierte Ovale, unter die später die Antworten gepinnt werden.
4. Sortieren
Wenn die Teilnehmer fertig sind, sammeln die Moderatoren die Karten ein und mischen sie, sodass nicht mehr festzustellen ist, wer welche Stichpunkte geschrieben hat. Die erste Karte wird gezeigt, vorgelesen und unter das erste Oval geheftet. Bei der zweiten wird gefragt, ob sie inhaltlich zur ersten gehöre, bei den folgenden rufen die Teilnehmer den Moderatoren jeweils die Nummer der Kategorie zu, der der Stichpunkt zugeordnet werden soll. Während des Sortierens lernen die Teilnehmer so die Beiträge der anderen kennen.
Die Moderatoren mischen sich nicht in das Strukturieren ein, sondern überlassen es völlig der Gruppe. Sie ordnen nicht unbedingt auf den schnellsten Zuruf zu, sondern lassen den Teilnehmern Zeit, achten auf andere Ansichten und nonverbale Unmutsäußerungen. Zugleich versuchen sie aber, das Sortieren so flüssig wie möglich zu halten.
Ist der Inhalt eines Kärtchens unklar, wird die Frage „Was könnte das bedeuten?“ an alle gestellt. Der Autor muss anonym bleiben können.
Das Kriterium, nach dem sortiert wird, kann je nach Bedarf unterschiedlich gewählt werden. „Inhaltliche Zusammengehörigkeit“ ist unspezifisch. Genauer wäre etwa, welche Punkte gemeinsam behandelt werden könnten, den gleichen Problemhintergrund hätten o.Ä.
5. Oberbegriffe bilden
Schließlich werden Oberbegriffe für die entstandenen Cluster gesucht. Sie werden in Zweiergruppen (Sitznachbarn) formuliert und vom Plenum kurz überprüft. Dafür müssen, je nach der Menge der Kategorien, etwa zehn Minuten eingerechnet werden. Plenumsarbeit wäre zur Begriffsbildung wesentlich langsamer: Die Bezeichnungen müssten nacheinander statt parallel erarbeitet werden und die Großgruppe neigt viel zu sehr zu unnötigen Diskussionen um exakte Formulierungen.
Das Benennen von Oberbegriffen ist meistens unverzichtbar. Da im Sortieren ausgehend von Einzelaspekten (Kärtchen) etwas Übergreifendes (Cluster) entsteht, sind die Kategorien selten vollständig, d. h. sie enthalten wahrscheinlich nicht alle wesentlichen Einzelaspekte. Um die Ergebnisse zu vervollständigen, müsste der Vorgang umgekehrt werden: Nachdem im ersten Schritt aus Einzelheiten ein Ganzes entwickelt wird (induktives Vorgehen), müssten im zweiten Schritt vom Ganzen ausgehend die Einzelheiten ergänzt werden (deduktives Vorgehen). Das muss nicht unbedingt methodisch vollzogen werden, also etwa mit einer zweiten Kartenabfrage zur Ergänzung der Cluster. Die Kategorienbezeichnung muss aber klar sein, sodass die Basis der Weiterarbeit nicht nur aus irgendwie zusammengefügten Stichpunkten besteht. Wenn die Oberbegriffe präsent sind, können die Teilnehmer bei Bedarf jederzeit Ergänzungen vornehmen.
– Schwierigkeiten beim Sortieren
Das Sortieren der Beiträge kann bei dieser Form der Kartenabfrage Zeit raubend sein.
In geübten Gruppen ist es meist problemlos. Man kann pro Kärtchen etwa 20 bis 30 Sekunden für das Ordnen kalkulieren. Nachdem diese Zeit ja nicht nur für das Rubrizieren „verloren geht“, sondern die Teilnehmer zugleich die Beiträge der anderen kennen lernen, ist der Aufwand durchaus akzeptabel.
Anders verhält es sich bei Teilnehmern, die diese Methode das erste Mal erleben. Hier kann das Sortieren sehr zäh werden und das Verfahren wird leicht als ineffizient erlebt. Dafür gibt es mindestens drei Ursachen.
Erstens können sich die Teilnehmer wahrscheinlich nicht genau vorstellen, wie das Verfahren funktioniert und was genau dabei herauskommen soll. Daher versuchen sie, die Beiträge möglichst exakt zu ordnen, um keine Fehler zu machen. Da aber viele sinnvolle Zusammenstellungen möglich sind, da es keine einzige Wahrheit gibt, führt dieser Perfektionismus zu nichts – außer zu Diskussionen.
Zweitens sind viele Menschen eher an ein ableitendes, analytisches Denken gewohnt, an ein Zerlegen von Themen. Hier aber wird induktiv vorgegangen: Kategorien werden nach und nach zusammengesetzt. Es gibt keinen logisch richtigen Weg (s. o.); man muss nach dem Motto „Mal sehen, was herauskommt“ verfahren.
Drittens kann das Sortieren als eine Art Ventil für vorher auferlegte Zurückhaltung dienen. Wenn man normalerweise diskutiert, seine Meinung offensiv vertritt, dann ist das mosaikartige Zusammentragen von Informationen in der Kartenabfrage ungewohnt. Zumindest im Strukturieren kann man sich dann einbringen, kann versuchen, über Zuordnungen zu diskutieren. Das darf keineswegs als Profilierungsbedürfnis abgewertet werden, es ist eine gewohnte Verhaltensweise.
– Beschleunigungsmöglichkeiten
Die Moderatoren können einigen Schwierigkeiten vorbeugen, indem sie darauf achten, dass sie die Ziele der Methode in der konkreten Situation möglichst genau erklären: Es geht um eine grobe Ordnung, die eine Gliederung und erste Inhalte für die Weiterarbeit liefert. Außerdem können sie ankündigen, dass in einem zweiten Durchgang wichtige Korrekturen vorgenommen werden können. Schließlich können sie die Anzahl der Karten, die jeder Teilnehmer abgibt, je nach Gruppengröße auf zwei bis vier begrenzen. Wichtige Beiträge können später noch nachgereicht werden.
Um Zuordnungsdiskussionen möglichst knapp zu halten, hat sich ein dreistufiges Vorgehen bewährt. Als Erstes lassen die Moderatoren die Zuordnenden kurz erklären, warum sie den Stichpunkt an diesem oder jenem Ort sehen. Oft klärt das ausreichend. Als zweite Stufe machen sie nochmals darauf aufmerksam, dass das Sortieren keine weltbewegende Festlegung ist, um die relativ untergeordnete Bedeutung des Schrittes zu betonen. Die dritte Möglichkeit ist, dass ein Stichpunkt verdoppelt und mehreren Gruppen zugeordnet wird. Das sollte nicht zu oft geschehen.
Verzögerungen beim Sortieren können allerdings von geübten Moderatoren auch bewusst zugelassen werden. Wenn sie sich klar davon distanzieren, die Verantwortung für ein straffes Vorgehen zu übernehmen, erleben sich die Teilnehmer als selbst für ihre Arbeit und ihren Umgang miteinander verantwortlich. Über die Schwierigkeiten beim langsamen Sortieren kann eine bessere Zusammenarbeit gelernt werden, die die weitere Moderation umso effizienter werden lässt.
Variationen – Zwei Teilfragen
Die „Grundform“ der anonymen Kartenabfrage kann auf verschiedene Arten variiert werden. Beispielsweise können zwei Teilfragen auf einmal gestellt und mit verschiedenen Farben beantwortet werden:
– Zwei Durchgänge
Eine weitere Möglichkeit ist, nach dem Sortieren einen zweiten Schreib- und Sammelvorgang durchzuführen. Das erste Ergebnis dient als Anregung für neue Ideen.
– Sortieren von der Pinnwand
Zum Strukturieren der Karten können die Moderatoren auch erst einmal alle Antworten durcheinander auf eine leere Pinnwand stecken. So können sich die Teilnehmer die Beiträge in Ruhe ansehen und erst dann, wenn sie sich einen Überblick verschafft haben, mit dem Sortieren beginnen.
– Vorgegebene Oberbegriffe
Schließlich können manchmal Oberbegriffe vor Beginn der Abfrage vorgegeben werden. Damit wird das Strukturieren beschleunigt. Dennoch ist diese Variante nur selten zu empfehlen. Vorgegebene Kategorien wirken einengend und beeinflussen die Antworten ziemlich stark. Die entstandenen Gruppierungen können außerdem für die Weiterarbeit unhandlich sein, da zu viel in eine – vorgegebene – Rubrik gepresst wird. Auf jeden Fall müsste hier eine Kategorie „Sonstiges“ aufgeführt sein, um Antworten aufnehmen zu können, die nicht in das Raster passen.
Kartenabfrage ohne Anonymität – Einzelarbeit
Kartenabfragen müssen nicht unbedingt anonym durchgeführt werden. Wenn auf die Anonymität verzichtet wird, können die Autoren selbst den Moderatoren zurufen, welchem Cluster ihre Karte zugeordnet werden soll. Die Gruppe unterstützt sie dabei. Dadurch wird beim Zuordnen Zeit gespart, allerdings müssen sich die Moderatoren genau überlegen, ob durch den Verzicht auf Anonymität nicht Beiträge verloren gehen. Etwas ungewöhnliche Antworten kommen eher vor, wenn sich die Verfasser bedeckt halten können. Nicht selten unterdrückt die Angst vor Blamage gute Ansätze.
– Kleingruppenarbeit
Eine zweite Möglichkeit besteht darin, die Karten in Zweier- oder Dreiergruppen schreiben zu lassen (ca. 10 bis 15 Minuten). Die Mitglieder der Kleingruppen können anschließend ihre Beiträge selbst vorstellen und zuordnen. Auf diese Art wird eine Teilanonymität gewahrt, die manchmal ausreichend ist. Man muss nicht als Einzelner zu den Antworten stehen, sondern sie sind in einer Gruppe formuliert worden.
Ein Vorteil dieser Variante ist, dass die Mitglieder der Kleingruppe über ihre Beiträge diskutieren. Dadurch wird einerseits die Kommunikation unter den Teilnehmern gefördert, andererseits können auf diese Art auch schwierigere Fragen beantwortet werden, die einen Einzelnen vielleicht überfordern würden. Diese Diskussionen haben aber auch einen Nachteil: Die Antworten sind evtl. nicht so breit gestreut wie in der Einzelarbeit. In der Auseinandersetzung mit anderen wird eine Vorauslese getroffen. Ungewöhnliche Ideen, die vielleicht sehr interessant wären, können dadurch unterdrückt werden.
Weiterbearbeitung
Die Kartenabfrage wird meistens weiterbearbeitet. Dazu werden normalerweise zunächst Schwerpunkte gebildet, indem die Cluster gewichtet werden (s. S. 63). Ein anderer vertiefender Zwischenschritt besteht darin, Aussage- oder Fragesätze zu formulieren und diese in eine Liste zu übertragen (s. S. 63). Der Sinn dieser Umformulierung liegt darin, dass eine präzise Aussage bzw. Frage für größere Klarheit im Denken sorgt und jederzeit einen schnellen Überblick ermöglicht. Die Bandbreite der vorherigen Sammlung wird dabei nicht übermäßig eingeschränkt, da die Kärtchen ja erhalten bleiben, nur räumlich von der zusammenfassenden Liste getrennt sind.
5.2 Zuruffragen
Kurzbeschreibung
Die Zuruffrage ähnelt der Kartenabfrage. Im Unterschied zu dieser werden jedoch die Antworten auf die visualisierte Frage nicht auf Kärtchen notiert, sondern laut den Moderatoren zugerufen, die sie mitschreiben. Dieses Verfahren dauert etwa zehn bis zwanzig Minuten.
Ziele
Das Ziel der Zuruffrage deckt sich weit gehend, jedoch nicht ganz mit dem der Kartenabfrage. Sie dient ebenfalls auf der Inhaltsebene dazu, Informationen zu erfassen, insbesondere Themen und Ideen. Gruppendynamisch gesehen werden die Teilnehmer aktiviert, jedoch evtl. nicht so umfassend wie bei der Kartenabfrage, bei der jeder etwas schreibt. Durch die fehlende Anonymität kann die Zuruffrage nicht immer dafür verwendet werden, Transparenz herzustellen.
Zuruf- und Kartenabfrage
Es gibt, abgesehen vom Zeitverbrauch und den Strukturierungsmöglichkeiten, zwei grundlegende Unterschiede zwischen der Zuruf- und der Kartenabfrage.
– Offene Plenums- statt anonymer Einzelarbeit
Erstens wird die Zuruffrage im Plenum durchgeführt, während bei der Beantwortung der Kartenabfrage jeder für sich allein arbeitet. Dadurch werden u. U. in der Zuruffrage zurückhaltende Teilnehmer in geringerem Maße in den Austausch einbezogen.
Da die Beiträge nicht anonym sind, ergibt sich daraus auch eine thematische Einschränkung der Zuruffrage. Sie ist z. B. weniger geeignet für die Suche nach Fehlern oder deren Ursachen. Möglicherweise wird bei der Zuruffrage Kritik zurückgehalten, um andere nicht zu verletzen und sich selbst nicht bloßzustellen; umgekehrt kann laut geäußerte Kritik verletzender formuliert werden als Stichpunkte auf Kärtchen. Allgemein ausgedrückt ist die Zuruffrage problematisch, wenn die Teilnehmer Hemmungen haben könnten, bestimmte Beiträge zu äußern. Diese Hemmungen können in Verbindung mit dem Thema stehen, können aber auch in der Zusammensetzung der Gruppe begründet sein, etwa wenn Hierarchien bestehen.
Das laute Äußern der Beiträge führt ferner dazu, dass sich die Teilnehmer gegenseitig beeinflussen bzw. anregen. So wird einerseits die Bandbreite der Antworten gegenüber der Einzelarbeit in der Kartenabfrage eingeschränkt, andererseits können Gedanken anderer aufgegriffen und weiterentwickelt werden.
– Wenig Zeit zum Nachdenken
Der zweite wichtige Unterschied besteht darin, dass die Zuruffrage dem Einzelnen kaum Zeit zum Nachdenken gewährt. Während in der Kartenabfrage in Ruhe überlegt werden kann, stören in der Zuruffrage die Beiträge der anderen Teilnehmer. Sie kann also vor allem dann eingesetzt werden, wenn das Nachdenken unnötig oder auch unerwünscht ist.
Anwendung
Aus diesen Unterschieden können zwei Anwendungsschwerpunkte für die Zuruffrage abgeleitet werden.
– Bekanntes
Sie kann einerseits verwendet werden zum schnellen Zusammentragen von Aspekten, die für die Teilnehmer schon weit gehend klar sind. Vor allem wenn die Gruppe auch außerhalb der Moderation zusammenarbeitet, können auf diese Weise Themen für die Veranstaltung („Was sollte heute besprochen werden?“) oder schon ausdiskutierte Gesichtspunkte zusammengetragen werden. Die geringe Zeit zum Nachdenken fällt dann nicht ins Gewicht, Mehrfachnennungen werden vermieden, insgesamt wird gegenüber der Kartenabfrage Zeit gespart.
In diesem Einsatzbereich wird die Zuruffrage meist mit einem vorbereiteten Plakat durchgeführt (s. Bild). Die durchnummerierten Felder schaffen ein wenig Ordnung und ermöglichen so einen besseren Überblick als beim Mitschreiben auf einem ungegliederten Plakat. Sie erleichtern außerdem ein späteres Sortieren der Antworten, die Teilnehmer können den Moderatoren die Nummern der zusammengehörenden Punkte zurufen.
Die Felder lassen sich sehr schnell erstellen, indem man ein leeres Plakat viermal hintereinander in der Mitte faltet. So entstehen 16 Zeilen, die bei Bedarf durch einen Strich geteilt werden können.
Sollen Themen gesammelt werden, können sie direkt in einen Themenspeicher (Bilder S. 63, 96) geschrieben werden.
– Neues
Der andere Anwendungsschwerpunkt ist merkwürdigerweise dem Zusammentragen von Bekanntem genau entgegengesetzt: das kreative Entwickeln von Ideen. Wird die Zuruffrage in der Art eines Brainstormings (s. S. 85) durchgeführt, so ist die Anregung der Teilnehmer durch die Beiträge der anderen und die geringe Zeit zum Nachdenken erwünscht. Im ersten Einsatzbereich ist es nicht nötig, die eigenen Antworten zu überdenken, im Brainstorming soll die „Schere im Kopf“ ausgeschaltet werden, die originelle Gedanken möglicherweise zensiert.
Zu einem Brainstorming sollte das Plakat nicht vorstrukturiert werden. Durch die Einteilung in Felder haben die Teilnehmer ständig eine Ordnung vor Augen, also etwas, das sie in ihrem Denken gerade vermeiden sollen.
Die Zuruffrage kann natürlich nicht nur in diesen beiden Bereichen eingesetzt werden. Sie stellen nur besondere Schwerpunkte dar. Weitere Anwendungsmöglichkeiten können je nach Situation anhand der herausgearbeiteten Charakteristika überprüft werden.
5.3 Mind-Maps
Kurzbeschreibung
Die Mind-Map ist keine typische Methode der Moderation. Sie wurde ursprünglich von Tony Buzan entwickelt, um Gedanken aufschreiben zu können, ohne sich dabei an eine bestimmte Reihenfolge halten zu müssen. In der Gestaltung ähnelt sie sehr stark dem Netz (S. 32). Durchgeführt wird sie als eine Art Zuruffrage. Die Teilnehmer rufen den Moderatoren Stichpunkte zu, die diese in bereits klar gegliederter Darstellung aufschreiben.
Ziele
Die Ziele der Mind-Map ähneln denen der Karten- und Zuruffrage. Inhaltlich dient sie zum schnellen und strukturierten Zusammentragen von Informationen, gruppendynamisch gesehen werden die Teilnehmer aktiviert. In den Anwendungsmöglichkeiten und Wirkungen steht sie zwischen Karten- und Zuruffrage. Darüber hinaus kann sie aber auch zum Mitskizzieren mündlicher Diskussionen verwendet werden.
Mind-Map auf Zuruf
Die Mind-Map beginnt in der Mitte des Plakats. Die Frage oder das Thema wird groß ins Zentrum geschrieben und eingerahmt. Die Moderatoren erklären das Vorgehen und lassen sich zunächst zwei oder drei Hauptaspekte zurufen, die sie auf dicke Äste schreiben, die von der Mitte ausgehen. Anschließend nennen die Teilnehmer in beliebiger Reihenfolge weitere Hauptaspekte und Einzelpunkte; bei den Einzelpunkten sagen sie jeweils dazu, welchem Ast (Hauptaspekt) der Zweig hinzugefügt werden soll. Bei ihren Antworten verwenden sie Stichworte; im Gegensatz zur Kartenabfrage sind diese hier gut interpretierbar, da sie in ihren Zusammenhängen sichtbar werden.
Während des Sammelns sorgen die Moderatoren dafür, dass die Gedanken möglichst ungehindert und schnell fließen können. Sie achten weder auf Klarheit der zugerufenen Begriffe noch auf Konsens bei der Zuordnung von Gedanken, sondern sie schreiben sofort mit. Dabei lassen sie nur zwei Zuordnungsebenen zu, Äste und Zweige. Weitere Verzweigungen sind bei dieser Form der Mind-Map problematisch, da dadurch zu viel Aufmerksamkeit auf die Struktur gelenkt würde. Verästelungen führen hier entweder zu Unübersichtlichkeit und Durcheinander oder sie drosseln das Tempo, da immer wieder darauf geachtet werden müsste, wo Beiträge genau zugeordnet werden müssten.
Sind an einem Ast keine Zweige mehr unterzubringen, wird ein zweiter mit der gleichen Bezeichnung an einer anderen Stelle des Plakats eingefügt.
Wenn die Zurufe der Teilnehmer nachlassen, fragen die Moderatoren nach, ob weitere Hauptaspekte übersehen wurden, was durch die gegenseitige Beeinflussung der Teilnehmer leicht passieren kann. Auch die aufgeschriebenen Begriffe werden überprüft: sind sie auch nach einigen Tagen noch klar und eindeutig verständlich? Anschließend können Zusammenhänge zwischen einzelnen Punkten durch Pfeile oder Linien verdeutlicht werden. Die Weiterbearbeitung kann, wie in der Kartenabfrage, über Bewertungen oder Ausformulierungen eingeleitet werden.
Mind-Map und Zuruffrage
Die Mind-Map nutzt die gegenseitige Anregung der Teilnehmer aus, ist aber zugleich übersichtlicher und klarer strukturiert als eine Zuruffrage. Diese Übersichtlichkeit ermöglicht eine gewisse Distanzierung vom Vorhandenen: Es beeinflusst zwar die eigenen Gedanken, man kann aber auch gezielt nach fehlenden Beiträgen suchen. Insofern kann mit einer Mind-Map ein Thema bei Weitem umfassender abgedeckt werden als mit einer Zuruffrage. Zugleich sind aber ungewöhnliche, aus dem Rahmen fallende Ideen unwahrscheinlicher. Die klare Gliederung unterstützt logisches Denken und gibt durchaus auch Anhaltspunkte für das Entwickeln neuer Ideen, strukturiert aber die Gedankengänge zu stark, um „verrückte“ Einfälle zu fördern.
Mind-Map und Kartenabfrage
Im Vergleich zur Kartenabfrage ist eine Mind-Map mit einem Zeitbedarf von ca. 15 bis 25 Minuten wesentlich schneller. Da die Beiträge sofort sichtbar und zugleich klar strukturiert sind, kann das Thema gründlicher bearbeitet werden. Die Vollständigkeit einer Mind-Map erreicht eine Kartenabfrage auch mit zwei Schreib- und Ordnungsphasen wahrscheinlich nicht. Andererseits fehlt der Mind-Map die Möglichkeit der Anonymität, sodass die gleichen Einschränkungen wie bei der Zuruffrage gelten (s. S. 52).