Kitabı oku: «Praktiken professioneller Lehrpersonen (E-Book)», sayfa 2
12. Gute Praktiken verhelfen zu Bildungserfolg
Last but not least: Nicht alle Praktiken haben Qualität. Es gibt auch suboptimale oder sogar schädliche Praktiken. Manche Praktiken sind Handlungsmuster, die nicht bewusst gestalten wurden, sondern sich mit zunehmender Routine gebildet haben. Es kann sein, dass sie überhaupt nicht zielführend sind. Vielleicht unterstützen sie die Lehrperson in der Bewältigung des Alltags, aber sie können auch unprofessionell und kontraproduktiv sein. Die entscheidende Frage ist: Helfen die Praktiken den Lehrpersonen, ihre Aufgaben möglichst gut und professionell zu erfüllen? Und vor allem: Tragen sie dazu bei, dass die Schülerinnen und Schülern weiterkommen? Wer Praktiken mit diesen Fragen weiterentwickelt, ist auf dem richtigen Weg zu einer professionellen Lehrperson.
Aktivitäten und Anregungen | ||
Haben Sie schon eine Vorstellung, was «Praktiken» sind? | Imitationslernen | Eine zentrale Praktik |
Lesen Sie nochmals die Definition unter 5. und beschreiben Sie in wenigen Stichworten den Unterschied zwischen Praktiken und … | «Lernen am Modell» ist eine alltägliche Strategie, um Dinge zu lernen. Es fragt sich, ob es auch reicht, jene Lehrpersonen zu imitieren, die man in bester Erinnerung hat. Ihre Meinung dazu: | Eine zentrale Praktik Stellen Sie sich eine Praktik vor, die Ihnen persönlich besonders zentral erscheint – welche ist es? |
… Kompetenzen | Nennen Sie einige Kennzeichen dieser Praktik. | |
… Wissen… Routinen… Rezepten | Stellen Sie dieselbe Frage bezüglich anderer Berufe wie z. B. Wirtin, Bauer, Ärztin, Pilot, Klavierlehrerin … |
Kapitel 2
So arbeiten Sie erfolgreich mit diesem Buch
Das vorliegende Buch richtet sich in erster Linie an angehende und berufstätige Lehrpersonen, aber auch an Fachleute der Lehrpersonenbildung, die den Aufbau guter Praktiken aktiv unterstützen.
Dieses Kapitel verdeutlicht, dass das Buch einen Impulscharakter hat und vor allem dann Wirkung entfaltet, wenn damit aktiv und engagiert gearbeitet wird.
1. Engagement hilft
Wer als Lehrperson besser werden will, engagiert sich. Zahllose Studien und Erfahrungen haben belegt, dass Fortschritte dann am wahrscheinlichsten sind, wenn sie mit Engagement angestrebt werden.
Deshalb wird dieses Buch mehr Wirkung zeigen, wenn Sie den Willen entwickeln, etwas zu verändern und als Lehrperson besser zu werden. Dieses Buch macht dazu einen konkreten Vorschlag: Schauen Sie Ihre gegenwärtigen Praktiken an, verbessern Sie sie und setzen Sie sie gekonnt ein im Dienste Ihres beruflichen Erfolgs.
2. Dies ist kein Lehrbuch
Allen Lehrbüchern zur Lehrpersonenbildung ist gemeinsam, dass sie einen Wissensbestand verständlich strukturieren und zugänglich machen wollen. Ein Lehrbuch durchzuarbeiten, heisst, den Gedankengängen der Autorinnen und Autoren zu folgen und die Sachverhalte und Konzepte zu verstehen. Dagegen ist natürlich nichts einzuwenden.
Dieses Buch jedoch strebt keinen vollständigen Überblick über relevantes Wissen an, auch wenn es zahlreiche Verweise, Zitate und Zusammenfassungen zu nützlichem Fachwissen enthält. Das Buch ist nicht als Konkurrenz zu anderen Quellen der Lehrpersonenbildung zu verstehen, im Gegenteil. Es knüpft an die Wissensbestände an, die den Studierenden und Lehrpersonen grundsätzlich auch andernorts zur Verfügung stehen.
3. Dies ist ein Arbeitsbuch
Dies ist also kein Lehrbuch, sondern ein Arbeitsbuch. Lesen allein reicht nicht. Zahlreiche Aufträge und Anregungen werden Sie auffordern, etwas zu tun, also aktiv zu werden. So rezipieren Sie nicht nur, Sie gestalten. Die Absicht ist immer, Sie anzuregen, dass Sie sich mit allem befassen, was Ihre Praktiken als Lehrperson verbessern kann.
Überblättern Sie die gelb unterlegten «Aktivitäten und Anregungen» zur Verarbeitung nicht, sondern nehmen Sie sich dafür Zeit. Dieses Arbeitsbuch kann Sie vor allem dann weiterbringen, wenn Sie sich auf die Vorschläge einlassen und sich in gewisser Weise auch von ihnen leiten lassen. Am Ende längerer Abschnitte finden Sie solche «Aktivitäten und Anregungen».
Und blättern Sie immer wieder zurück. Manches erhellt sich erst auf den zweiten oder dritten Blick, manche Zusammenhänge erkennen Sie erst im Nachhinein.
4. Tiefer graben
Eine produktive Auseinandersetzung geht über die Texte und Anregungen dieses Buchs hinaus. Fangen Sie mit den Impulsen etwas an. Ergreifen Sie die Initiative und recherchieren Sie weiter. So sind z. B. viele Konzepte nur in kurzen Zusammenfassungen dargestellt. Suchen Sie ausführlichere Beschreibungen und auch kontroverse Diskussionen. Identifizieren Sie Bezüge in den Skripten von Veranstaltungen oder in Lehrbüchern oder suchen Sie dazu Online-Quellen. Fragen Sie Fachleute – z. B. Dozierende oder kompetente Kolleginnen und Kollegen. Mit anderen Worten: Entwickeln Sie eine hohe kognitive Aktivität.
5. Keine Praktiken ohne Praxis!
Um Praktiken zu entwickeln, brauchen Sie Praxis. Verbinden Sie deshalb die Anregungen des Buches auch mit praktischer Tätigkeit in Schule und Unterricht – für Studierende v. a. in einem Schulpraktikum, aber auch in Anstellungen an einer Schule. Das Buch wird vor allem dann Wirkung zeigen, wenn Sie die Verbindungen in beide Richtungen herstellen – vom gedanklichen Vorbereiten in das praktische Handeln und umgekehrt: von der Erfahrung zum Nachdenken.
Die Erfahrung ist eine sehr wichtige, ernstzunehmende Quelle. «Erfahrungen machen» ist mehr als blosses Handeln. Es geht auch darum, über das Handeln nachzudenken, es zu analysieren. «Analyse» bedeutet, das Erlebte zu befragen und daraus zu lernen: Wie konnte ich etwas umsetzen? Wie haben die Schülerinnen und Schüler reagiert? Hat es sie weitergebracht? Wann genau sind die Schwierigkeiten aufgetreten, und was könnte der Grund sein? Wie könnte ich eine verfahrene Situation deblockieren? Wie müsste ich es anders machen? usw.
6. Ein eigenes Handbuch schreiben
Gedanken sind flüchtig. Schreiben Sie sie auf und visualisieren Sie. Verwenden Sie dazu das Medium Ihrer Wahl; das kann ganz konventionell ein Heft oder ein leeres Notizbuch sein, oder eine Sammlung von losen Blättern, Ihr Tablet oder irgendein anderes digitales Medium. Schonen Sie auch das Buch nicht und schreiben Sie hinein. Wenn Sie zurzeit die Lehrpersonenbildung durchlaufen, verfassen Sie vielleicht ein Portfolio. Nutzen Sie dieses als Ablage für Notizen, Skizzen und Überblicke.
Das Ziel ist Ihr eigenes Handbuch. Es enthält erfolgreiche Vorgehensweisen, bemerkenswerte Sachverhalte, interessante Befunde, die wesentlichen Erkenntnisse, Erfahrungen, Checklisten, Bezüge, Hinweise, Varianten, Folgerungen, Konzepte usw. zu Ihren Praktiken als Lehrperson. Und: Schreiben und gestalten Sie so, dass Sie es gerne wieder lesen würden. Schreiben und gestalten Sie so, dass Sie denken, es wird Ihnen später nützen und Sie anregen.
7. Verbinden Sie Erlebtes, Gelesenes und Gedachtes zu einem Cluster
Das Wissen zum Lehrberuf setzt sich aus sehr vielen Elementen zusammen. Es hat zwar hilfreiche Versuche gegeben, das Berufswissen zu ordnen (angefangen bei Shulman, 1986), was aber nichts an seiner Weitläufigkeit ändert. Letztlich nützt das Wissen nur, wenn die einzelne Lehrperson es in sich aufnimmt und es vielfältig verknüpft. Oder anders ausgedrückt: Nur internalisiertes Wissen kann beruflich wirksam werden.
Die Wissensquellen sind einerseits Gelesenes und Gedachtes, anderseits auch Erlebtes, also bewusste Erfahrungen. Wie ein Schwamm all dieses Wissen aufzunehmen oder es wie ein Magnet anzuziehen, ist zwar sehr wichtig, aber es reicht nicht: Die Dinge müssen miteinander in Beziehung gesetzt werden, sie müssen verknüpft werden. Mit der Zeit entsteht zu einem Thema – z. B. «Informationen vermitteln» – ein Cluster mit zahlreichen zusammenhängenden Elementen.
8. Wiederholen und üben Sie
Eine plötzliche Einsicht oder ein einmaliges Aha-Erlebnis kann erhellend sein, aber es reicht nicht: Auch Wiederholen und Üben in der täglichen Praxis sind wichtig. Das gilt ganz besonders beim Lernen von Praktiken des Lehrberufs. Im Beruf variieren die Situationen immer ein wenig, und genau deshalb brauchen Sie viel Übung für das zweckmässige Handeln und Reagieren. So lernen Sie, auf wechselnde Situationen bestmöglich zu reagieren.
Mehr noch: Machen Sie sich das Wiederholen und Üben zur festen Gewohnheit im Schulpraktikum oder im Berufsalltag. Greifen Sie gewisse Praktiken immer wieder auf, verbessern Sie sie, wie dies Fachleute in praktisch allen Berufen machen.
Abbildung 1: Zyklischer Aufbau von Praktiken: Folgen Sie langsam der roten Linie.
9. Vernetzen Sie sich, kooperieren Sie
Wie in allen Berufen gibt es Netzwerke von Professionals oder solchen, die auf dem Weg dorthin sind. Diese zeigen sich gegenseitig, woran sie arbeiten, sie tauschen sich aus, fordern sich heraus («critical friends»), geben sich gegenseitig Feedbacks und Ratschläge, und sie sind hungrig nach Verstehen und Verbessern.
Im Studium haben Studierende zahllose Gelegenheiten, sich gegenseitig zu unterstützen und auf einen höheren Level zu bringen. Gleiches gilt für Teams im Schulhaus. Machen Sie Professionalität zu einem Thema unter Peers.
10. Bleiben Sie kritisch
Man kann die Dinge immer auch anders sehen, und dies zumeist aus guten Gründen. In diesem Buch finden Sie Standpunkte und Argumente, aber keine abschliessenden Wahrheiten. Setzen Sie sich mit den Positionen kritisch auseinander. Auf Ihrem Weg zu professionellen Praktiken werden Sie die Standpunkte teilen oder kritisieren, Sie werden die Vorschläge aufgreifen oder zurückweisen, Sie werden die Passung zu Ihren Erfahrungen prüfen, Sie werden Ihre eigenen Schlüsse ziehen.
Es gibt keine fixe Lehrmeinung zu Ihren professionellen Praktiken als Lehrperson. Es gibt aber sehr wohl ein klares Ziel:
Entwickeln Sie Ihre professionellen Praktiken so, dass sie die Schülerinnen und Schüler in einem wertschätzenden Klima grösstmöglich unterstützen können.
Weiterführende Informationen und Materialien
Die Selbstbestimmungstheorie – oder: Was Motivationstheorien mit diesem Buch zu tun haben
Je motivierter Sie sind, mit den Anregungen dieses Buchs zu arbeiten, desto mehr werden Sie profitieren. Aber wovon hängt es ab, ob wir motiviert sind? Erhellen könnte dies der folgende Exkurs über drei Komponenten, die zur Motivation beitragen.
«Why we do what we do», so lautet der Titel eines Buchs des Motivationsforschers Edward Deci, der zusammen mit Richard Ryan die Selbstbestimmungstheorie entwickelt hat, eine der bedeutendsten Motivationstheorien der letzten 50 Jahre. Warum tun wir, was wir tun? Was treibt uns an? Motivationen sind oft undurchsichtig; sie nachzuvollziehen, ist nicht immer einfach. Unter den zahlreichen Erklärungen und theoretischen Modellen zur Motivation gibt es jedoch einen Ansatz, der einleuchtend und für die meisten Menschen plausibel ist, vor allem mit Blick auf schulisches Lernen: die Selbstbestimmungstheorie. Deren zentrale Aussagen sind hier sehr kurz zusammengefasst.
Gemäss den beiden Forschern Edward Deci und Richard Ryan kommt der Antrieb für das Handeln aus drei Quellen:
–Körperliche Bedürfnisse, Triebe (z. B. Hunger, Sexualität)
–Emotionen (z. B. Angst, Sehnsucht)
–Psychologische Bedürfnisse (Erleben von Kompetenz, Autonomie, soziale Eingebundenheit)
Psychologische Bedürfnisse, die das Handeln antreiben
Deci und Ryan haben sich vor allem dem dritten Bereich der psychologischen Bedürfnisse gewidmet. Sie gehen davon aus, dass diese angeboren sind, gleich wie die körperlichen Bedürfnisse. Sie erkennen bei Menschen drei zentrale psychologische Bedürfnisse, die unser Handeln antreiben und die uns positive Energie geben, um etwas zu vollbringen:
1.das Bedürfnis, sich als kompetent zu erleben, d. h. mit seinen Fähigkeiten etwas bewirken zu können,
2.das Bedürfnis nach Autonomie, nach Selbstbestimmung,
3.das Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit, nach sozialer Zugehörigkeit.
Abbildung 2: Motiviertes, selbstbestimmtes Handeln.
Oder wie es Deci und Ryan (1993) ausdrücken: «Wir gehen also davon aus, dass der Mensch die angeborene motivationale Tendenz hat, sich mit anderen Personen in einem sozialen Milieu verbunden zu fühlen, in diesem Milieu effektiv zu wirken … und sich dabei persönlich autonom und initiativ zu erfahren» (S. 229).
Was möglicherweise etwas abstrakt erscheint, lässt sich mit einem Beispiel gut erläutern:
Beispiel: Warum ist die Arbeit in Projektgruppen in der Regel motivierend?
1.In Projekten gestalten die Mitwirkenden ihre Arbeit gemeinsam und sind damit sozial eingebunden.
2.In Projekten fällen die Mitwirkenden Entscheidungen selbständig, sind initiativ und autonom.
3.In Projekten erreichen sie ein selbstgesetztes Ziel – sie erleben ihre Kompetenz.
Deutlich sieht man das etwa in der Musik: Viele hochmotivierte Menschen musizieren gemeinsam, z. B. im Chor, in einer Rockgruppe oder im Streichquartett. Dort erleben sie genau diese drei Dimensionen der sozialen Eingebundenheit, der Autonomie und der Kompetenz.
Deci und Ryan (1993) zufolge lässt sich die Motivation durch soziale Faktoren deutlich beeinflussen.
«Wir nehmen an, dass soziale Umweltfaktoren, die den Heranwachsenden Gelegenheit geben, ihre Bedürfnisse nach Kompetenz, Autonomie und sozialer Eingebundenheit zu befriedigen, [die] Motivation erleichtern. Soziale Umweltfaktoren, die die Befriedigung dieser Bedürfnisse behindern, hemmen diese Prozesse. Eine umfangreiche wissenschaftliche Literatur befasst sich mit den Auswirkungen sozialer Umwelten auf Motivation und – in der Folge davon – auf Lernen und Entwicklung» (S. 230).
Abbildung 3: Richard Ryan und Edward Deci, die «Väter» der Selbstbestimmungstheorie.
Aktivitäten und Anregungen | ||
Einige Gedanken zum selbstbestimmten Arbeiten mit diesem Buch | ||
Zu den 10 Hinweisen zu erfolgreichem Arbeiten mit diesem BuchWie sehen Sie das? Welchen der obigen 10 Punkte stimmen Sie voll und ganz zu? Begründung in Stichworten. | «Eigenes Handbuch schreiben»Dieses Arbeitsbuch schlägt vor, dass Sie sich aktiv mit den professionellen Praktiken beschäftigen, unter anderem in Abschnitt 6: «Schreiben Sie Ihr eigenes Handbuch». Falls Sie in der Ausbildung zur Lehrperson sind, lässt sich dies auch mit einem Portfolio verbinden. | SelbstbestimmungstheorieGemäss der Theorie von Deci und Ryan ist Selbstbestimmung sehr motivierend. Verbinden Sie die Theorie mit Ihren früheren Erfahrungen (schulischen und ausserschulischen):Überlegen Sie sich, wann Sie bereits in einer selbstbestimmten Situation waren, in der Sie die drei Motivationsfaktoren «Kompetenz», «Autonomie» und «soziale Eingebundenheit» erfahren haben.Notieren Sie stichwortartig mindestens fünf Beispiele. |
Und welchen der obigen 10 Punkte sehen Sie eher kritisch? Auch hier eine kurze Begründung, und suchen Sie eine Gelegenheit, diese Einwände mit einer Fachperson zu diskutieren. | Notieren Sie in Stichworten, in welcher Form Ihnen die Verschriftlichung am nützlichsten erscheint. |
Kapitel 3
Das individuelle Lernen unterstützen
Lehrpersonen haben einen Bildungsauftrag, und dazu gehört vor allem, dass sie die jungen Menschen in ihrer Entwicklung weiterbringen, dass sie jeder Schülerin, jedem Schüler Fortschritte ermöglichen. Lernende brauchen Lehrpersonen, die erkennen, wo Unterstützung nötig ist, wie die Lernenden gefördert werden können und wie man jenen hilft, die etwas nicht verstanden haben oder entmutigt sind.
Die Lehrpersonen benötigen deshalb die zentralen Praktiken der Lernunterstützung – insbesondere die anspruchsvollen Praktiken des Diagnostizierens und des Feedbacks, die im Schulalltag eminent wichtig sind.
In diesem Kapitel werden diese Praktiken vorgestellt, beschrieben, diskutiert und vertieft.
Worum es geht
Von «Unterricht gestalten» zu «Lernprozesse gestalten»
Zentrales Ziel der Schule und des Unterrichts sind die Fortschritte der Schülerinnen und Schüler – das dürfte unbestritten sein. Auch wenn dieses Ziel selbstverständlich ist, gerät es im schulischen Alltag bisweilen aus dem Blick. Warum ist das so?
Seit jeher haben Lehrpersonen eine ihrer Hauptaufgaben in der Gestaltung des Unterrichts gesehen. Die zugrundeliegende Überlegung lautet: «Wenn der Unterricht gut ist, lernen die Schülerinnen und Schüler etwas.» Das mag meist stimmen, dagegen ist nichts einzuwenden. Der «Gute Unterricht» ist gewissermassen das Medium, mit dem eine fähige Lehrperson das Lernen der Schülerinnen und Schüler unterstützen kann.
Gleichwohl hat dieser starke Fokus auf «Guten Unterricht» auch eine problematische Seite:
Gut gestalteter Unterricht ist nicht das Ziel, sondern ein wichtiges Mittel zum Zweck. Ziel ist, wie schon gesagt, der Fortschritt der Schülerinnen und Schüler. Auch wenn eine Lehrperson konzentriert den Unterricht vorbereitet und gestaltet, geht es eigentlich nicht um den Unterricht als solchen, sondern die Lehrperson wird alles daran setzen, dass die Schülerinnen und Schüler weiterkommen, etwas dazulernen, etwas besser können oder tiefer verstehen. Unterricht ist kein Selbstzweck, sondern soll Wirkung zeigen. Um es pointiert auszudrücken: Die vordringliche Frage ist nicht so sehr «Wie gestalte ich den Unterricht?», sondern «Wie gestalte ich die Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler?».
Selbstverständlich tragen zahlreiche Faktoren zu erfolgreichen Lernprozessen der einzelnen Schülerinnen und Schüler bei; entsprechende Praktiken werden in jedem Kapitel dieses Buchs thematisiert. Dieses Kapitel handelt nun davon, wie Lehrpersonen die individuellen Fortschritte der Schülerinnen und Schüler unterstützen können.
Alle lernen anders – Lernen ist immer individuell
Schule ist so zu gestalten, dass sich alle in ihrer eigenen Weise entwickeln können. In diesem Kapitel liegt deshalb der Schwerpunkt auf der individuellen Begleitung der Schülerinnen und Schüler.
Keine zwei Menschen lernen gleich – das geht bisweilen vergessen: Vorwissen, Interessen, Konzentrationsfähigkeit, sprachliche Kenntnisse, Auffassungsvermögen, Gedächtnis und vieles mehr sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Die grosse Herausforderung ist es, dass die Zeit in der Schule für alle ertragreich ist und für niemanden vertan; dass alle etwas mitnehmen können – nicht nur generell, sondern eigentlich jeden Tag, jede Stunde!
Dieses «Recht auf Lernen» muss die Schule gewährleisten. Der Blick richtet sich daher auf die individuelle Entwicklung und auch auf die Unterschiede der einzelnen Schülerinnen und Schüler. Wenn man sie als unverwechselbare Individuen wahrnimmt und erkennt, wo sie im Moment stehen, kann man sie individuell begleiten und ihnen zum nächsten Schritt verhelfen. Im englischen Sprachraum hat sich dafür die treffende Bezeichnung «scaffolding» etabliert (scaffold = das Stützgerüst).
Man könnte einwenden, es brauche nicht allzu viel individuelle Begleitung, falls die Lehrperson die Dinge wirklich gut und überzeugend rüberbringt und für alle verständlich erklärt. Dieser Einwand ist ernst zu nehmen. Tatsächlich können viele Schülerinnen und Schüler dem Unterricht durchaus folgen, wenn sie sich konzentrieren; sie können sogar Wissenslücken selbständig nacharbeiten oder sie können sich selber sinnvoll beschäftigen, wenn sie unterfordert sind. Anders ausgedrückt: Sie können das Angebot eines guten Unterrichts für sich nutzen. Es stimmt: Die Lehrperson kann darauf vertrauen, dass manche Schülerinnen und Schüler die Lernschwierigkeiten selber überwinden können oder sich bei Unterforderung selber zusätzlich herausfordern. Aber nicht alle sind dazu imstande, so gut der Unterricht auch sein mag. Für viele Lernprozesse brauchen die Schülerinnen und Schüler ein Gegenüber, das sie herausfordert, Schwierigkeiten und Potenzial erkennt und im Bedarfsfall geeignete Unterstützung, Förderung oder neue Herausforderung anbietet.