Kitabı oku: «Die falsch gestellten Weichen», sayfa 16

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Eine „Ausweichstelle“ des liberal-progressiven ‚Protestantismus‘ ist unzweifelhaft der Weltkirchenrat, der sich durch den Einschluß einiger autokephaler Ostkirchen erweitert hat. Natürlich gehört die offizielle Kirche des Moskauer Patriarchats dieser Organisation an, denn dieser „Rat“ ist ganz offen linksdrallig und hat mit einer wahren Wollust die diabolischen Terrororganisationen in Afrika wiederholt unterstützt. Es ist jammerschade, daß schon drei Päpste dieser Gruppe in ihrem Genfer Sitz ihre Aufwartung gemacht haben! Da kann man nur das Lutherwort a papa malo informato ad papam melius informandum wiederholen. Diese unschöne Wendung zu schwarzen Mordbuben hat freilich bei einer nicht geringen Anzahl evangelischer Kirchen tiefe Entrüstung hervorgerufen, besonders in den Vereinigten Staaten, während in Deutschland nur die Kirche von Schaumburg–Lippe den Mut gefunden hat, Zahlungen an diese sadistischen Geldgeber zu verweigern. In einem Zeitalter des Terrorismus ist die Haltung des Weltkirchenrates besonders unverzeihlich. Und es muß hier zur Ehre evangelischer Deutscher gesagt werden, daß die „Notgemeinschaft evangelischer Deutscher e. V.“ für die Opfer der von Genf aus finanzierten Folterknechte Geld gesammelt hat, um für kosmetische Operationen an diesen Ärmsten der Armen (ganz überwiegend Bantus!) aufzukommen.28) Diese Tatsachen allein zeigen und beweisen, daß wir in einem Zeitalter tobenden Irrsinns leben: Eine Gruppe evangelischer Christen läßt sich für die Hintermänner des Terrors gründlich besteuern, während andere – wahrhaft christliche – für die Opfer aufkommen. Auch hier bewahrheitet sich wieder ein Lutherwort: die Charakterisierung dieser Welt als „des Teufels Wirtshaus“.

22. DAS JUDENTUM

Die europäische Geschichte, ja die Weltgeschichte, kann nicht geschrieben werden, ohne die Rolle der Juden in das große Geschehen einzubeziehen. Nun muß man sich vor allem daran erinnern, daß die Juden, also die Bewohner Judäas und Mitglieder des Stammes Juda, nur einen der zwölf Stämme der Israeliten vertraten. So war zum Beispiel Christus als „Sohn Davids“ ein Jude,1) nicht aber Petrus, der zwar als Galiläer und Israelit, nicht aber als Jude galt. (Als Galiläer machte er sich schon durch seinen Akzent kenntlich.)2) Zudem muß auch die politisch-historisch nicht unwichtige Frage angeschnitten werden, wie groß der Anteil des israelitischen Blutes unter den heutigen Juden ist. Wer heute Israel besucht, wird Männern und Frauen begegnen, die „typisch jüdisch“ aussehen, anderen, die „Juden sein könnten“, und schließlich solchen, „die ganz unmöglich Juden sind“, sich aber dennoch als Juden bekennen. Der Israeli muß sehr viel nicht jüdisches, also nichtsemitisches Blut haben, was einem besonders im Vergleich zu Arabern auffällt, die aber auch nur wieder im Inneren Arabiens rassisch „rein“ sind. Schon zur Zeit Christi gab es eine sehr große Anzahl zum Judentum konvertierter Nichtjuden, die sogenannten „Proselyten“, die zu hohen Festen scharenweise nach Jerusalem kamen. Wir haben keine Ahnung, wie hoch deren Anteil am „Judentum“ war. Fraglich ist es auch, ob die kaukasischen Bergjuden3) oder die Falaschas von Äthiopien echte Israeliten sind, und derselbe Zweifel wurde über die Juden Indiens und die (ausgestorbenen) Juden Chinas geäußert. Die Samariter hingegen wurden von den Juden wegen ihrer gemischt-rassigen Abkunft verachtet.4) Das größte Problem aber bilden die Khazaren, ein turktatarischer Stamm, der zu großem Teil im Frühmittelalter zum Judentum übertrat, wobei ihre Khane den Platz der Priester (Kohanim) einnahmen. Die karaitischen Juden5) sind höchstwahrscheinlich deren Nachkommen, und es fragt sich, wie viele der polnisch-litauisch-ukrainischen Juden sprachlich germanisierte6) Khazarenstämmlinge sind. Arthur Koestler hat in einem wohl dokumentierten Buch die These vertreten, daß das Ostjudentum überwiegend khazarisch sei.7) Wir haben also in der Zeit Kasimiers des Großen in Polen eine deutsch-jüdische Einwanderung vom Westen und eine jüdisch-khazarische vom Osten kommend. Wie groß ist das genetische Erbe der beiden Gruppen? Das werden wir wahrscheinlich nie wissen.

Die Juden Westeuropas genossen tatsächlich eine große Reihe von Privilegien, und wer zum Christentum übertrat, mußte diesen Privilegien feierlich entsagen. Eines davon war das Anrecht auf Selbstverwaltung: das Ghetto oder Judenviertel, in Polen der Kahal. Ursprünglich waren die Juden auch bewaffnet: ein jüdisches Bataillon nahm an den Kriegshandlungen der Städte teil. Während der Kreuzzüge kam es oft zu gezielten Angriffen auf die Judenviertel, doch eine wirkliche Minderung der Stellung der Juden kam erst mit ihrer „Entwaffnung“.8) Tatsächlich wurden sie überprotegiert, was aber immer zu einem Niedergang und Verfall eines Standes oder einer Klasse führt – später in der Geschichte auch des Adels. So war das Wergeld für die Tötung eines Juden so hoch wie das Wergeld für einen Ritter oder einen Priester.9) Mit dem Ende des Mittelalters und dem Beginn der Neuzeit erlebt die westeuropäische Judenschaft einen Nadir in ihrer Entwicklung. Schon 1290 wurden sie aus England, 1492 aus Spanien und 1496 aus Portugal vertrieben, bekamen aber ein Asyl in den Niederlanden und in der islamischen Welt – zu kleinem Teil allerdings auch in Frankreich und Italien. (Welcher Prozentsatz der Juden auf der iberischen Halbinsel aus Überzeugung oder zum Schein konvertierte, um das Land nicht verlassen zu müssen, wissen wir nicht. Dieser Anteil war aber sicher nicht klein.)

Der Calvinismus war den Juden relativ wohlgesinnt, viel weniger aber das Luthertum, da Luther ein fanatischer Judenhasser war.10) Seine judenfeindlichen Schriften wurden während des Nationalsozialismus neu herausgebracht. In den skandinavischen Ländern durften Juden überhaupt nicht leben: In Schweden wurden sie erst im letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts zugelassen. Die einzigen Judenviertel, die niemals vom Mob gestürmt wurden, waren die beiden päpstlichen Ghettos – von Rom und Avignon. Die Mauern des römischen Ghettos wurden von dem sehr konservativen Pio Nono abgerissen. Traditionell galt das Papsttum als judenfreundlich!11)

Die Emanzipation der Juden begann mit der Ersten Aufklärung. Es wäre aber verfehlt zu glauben, daß die Französische Revolution, ein „linker“ Populismus, judenfreundlich gewesen wäre. Sie war es ganz und gar nicht.12) Doch muß hier gleich ein tragischer Umstand festgehalten werden: Die Emanzipation der Juden kam gleichzeitig mit dem beginnenden Glaubensschwund in der westlichen Welt, und das emanzipierte Judentum verbündete sich nur zu oft mit einem mehr oder weniger antiklerikalen „Liberalismus“, wie auch mit anderen Gegnern der Kirche. Die judenfeindlichen Gefühle in der Christenheit hatten ursprünglich (aufgrund einer irrigen Bibelexegese) einen religiösen Charakter, da aber die konservativen Kreise Europas an den religiösen Überlieferungen festhielten, entstand automatisch eine Feindschaft zwischen dem emanzipierten Judentum, das seine Ablehnung Christi als Gottessohn aus dem Ghetto in die große Freiheit hinübernehmen konnte, und dem traditionellen, vergangenheitsbewußten Europa. Das hatte alles mit Rasse nichts zu tun, denn jene Juden, die das Christentum annahmen, konnten sehr konservativ sein. Der ideologische Begründer des preußischen Konservatismus, Julius Friedrich Stahl, und der des britischen Konservatismus, Benjamin Disraeli (Lord Beaconsfield) waren getaufte Juden. Auch Heine, kein sehr bewußter Christ, ist keineswegs der Linken zuzuzählen: Er verachtete Marx, bezog eine Pension vom französischen König und war in seinen Ansichten höchst elitär. Auch im amerikanischen Konservatismus sind heute einige der führenden Köpfe Juden. Jüdische Denker und Schriftsteller, ungetaufte, getaufte oder auch nur dem Christentum zugewandte – es genügen hier Namen wie Franz Rosenzweig, Franz Werfel, Josef Roth, René Schwob, Stanisław Lec, Alphons Rosenberg, Leon Schestow, Simone Weil, Hermann Borchardt, William S. Schlamm –, standen alle im konservativen Lager. Doch gab es und gibt es auch unreligiöse Juden, wie zum Beispiel Ludwig von Mises oder Raymond Aron, die dennoch der Rechten zuzuzählen sind. Dazu kommen noch so manche aus der sowjetischen Emigration.

Doch fiel es auf, daß Juden immer wieder „destruktiv“ wirkten und an der Untergrabung der alten Ordnung mittaten und mitwirkten. Zum Teil ist dies eine optische Täuschung: Da der Jude in unserer Mitte nicht „ein Mensch wie alle anderen ist“, wird er her vor stechen, und seine Worte wie auch seine Taten werden nur zu oft auf seinen Ursprung zurückgeführt. Ist zum Beispiel ein durchschnittlicher, unbedeutender Mensch arrogant, so wird seine Persönlichkeit dafür verantwortlich gemacht – bei einem Adeligen, wird jedoch sein Stand als Quelle seiner Überheblichkeit erwähnt. Ist aber ein Jude kritisch und lehnt er die gegenwärtige Ordnung ab, ist er betrügerisch, frech oder – ganz im Gegenteil – sehr unterwürfig, so ist sein Judentum daran schuld. So wird bei wenig Gebildeten ein ganzer Haufen historisch unbeliebter Personen dem Judentum zugerechnet; als Beispiele könnten Lenin, Karl Renner oder gar Engels dienen. Wer zu einer Minderheit gehört, muß seine Worte auf die Goldwaage legen.

Nun darf man allerdings nicht vergessen, daß der Geist der jüdischen Diaspora, ganz im Gegensatz zu dem des alttestamentarischen Judentums, aus zwei Gründen kritisch ist: erstens einmal durch die Zwangsintellektualisierung des Judentums in vielen Ländern dank des Umstandes, daß man ihnen handwerkliche oder bäuerliche Betätigungen verwehrte oder zumindestens erschwerte. Intellektualisierung aber bedeutet zugleich Steigerung der kritischen Fakultäten. Der zweite Faktor ist die unausweichliche Kritik der verschiedenen Elemente des Kulturkreises, in dem sie lebten und auch heute noch leben. Wir müssen hier wieder zur Person Jesu kommen: Der Heiland ist entweder ein Magier und Schwindler, ein Größenwahnsinniger (also ein Psychopath) oder tatsächlich der Sohn Gottes. (Als vierte Möglichkeit könnte man einwenden, daß der Bericht des Neuen Testaments phantasievoll erfunden sei.)13) Da aber für den Juden die Göttlichkeit Jesu eine polytheistische Blasphemie ist,14) nach der Heiligen Schrift ein Skandalon, fußt für den gläubigen Juden die ganze Kultur und Zivilisation der christlichen Umwelt auf einer wenig anziehenden Illusion. Es gilt also, diese Illusion, die ihm in der Vergangenheit doch auch viel Leid gebracht hat, zu zerstören. Daher haben leider nur zu oft Juden am Zerstörungswerk der „Arier“ als interessierte Mitarbeiter teilgenommen. Das konnten sich aber in Wirklichkeit Juden als Juden nicht „leisten“.

Nun haben Juden den Talmud auch in Übersetzungen herausgebracht. Im Toledoth Jeschu wird die Gottesmutter als leichtsinniges Frauenzimmer dargestellt, die vom römischen Legionär Panthera ein uneheliches Kind auf die Welt gebracht hatte.15) Diese völlig unwahre Geschichte wurde dann selbstverständlich von den Nationalsozialisten in ihrer antichristlichen Propaganda benützt. Juden zogen zusammen mit Nichtjuden über die Grundwerte der christlichen Kultur her, aber die „Arier“ vergaß man und die Juden merkte man sich. Das hat ihnen ganz natürlich den Haß der Konservativen und des Klerus zugezogen. Dann kritisierten sie auch national-bodenständige Werte und forderten damit weitere Kreise heraus. Oft waren die Ziele ihrer Kritik völlig berechtigt; sie verstanden es oft ausgezeichnet, der Heuchelei die Maske vom Gesicht zu reißen, das aber wieder ärgerte den Spießbürger, und Spießbürger gibt es viele, allzuviele. Juden sind oft grundgescheit, im Schnitt sicherlich den „Ariern“ überlegen,16) aber sie sind nicht immer klug. Sie sind in der Regel brillante Taktiker, aber nicht immer gute Strategen, wobei dies gar nicht im militärischen Sinn gemeint ist, denn heute sind die Deutschen die Bankiers der Welt geworden, die Juden aber die großen Soldaten, was wiederum beweist, wie plastisch die Völker sein können.

Sicherlich sind die Juden ein Volk für sich, aber wahrscheinlich nicht irgendein Volk oder irgendeine Religionsgemeinschaft „wie jede andere“, sicherlich ein Einzelfall, der nicht rational erklärt werden kann sondern nur heilsgeschichtlich, wobei man sich aber notgedrungen auf den Boden der theologischen Spekulation begibt. Vielleicht stimmt auch die alte kirchliche Tradition, wonach die Bekehrung der Juden das Ende der Welt ankündigt.17) Mit anderen Worten: Hier stehen wir vor einem Rätsel, dessen Lösung wir nicht wissen, sondern bestenfalls nur ahnen können. Judenhaß hat es schon im alten Rom gegeben und dort schon in vorchristlichen Tagen, denn die Juden betrachteten sich stets als besonderes, als „auserwähltes Volk“ und das sind sie auch in der Tat.

„Gute Taktiker aber schlechte Strategen!“ So ist die ganze jüdische Geschichte vor und nach Christus eine Geschichte mit gewaltigen Aufstiegen und noch tragischeren Niederlagen. Die einzige wirkliche Erfolgsgeschichte der Juden ist das Christentum, das die größte und tiefste, reichste und beste Kultur hervorgebracht hat, die die Geschichte kennt, aber freilich in dem Augenblick Riesenkatastrophen unterliegt, wenn sich die Christen von ihrem Glauben trennen. Doch darüber später mehr. Und an diese Kultur mit Wurzeln in ihrer eigenen Überlieferung hätten sich die Juden vollinhaltlich anschließen und mit ihr treu zusammenarbeiten müssen – auch ohne Konversion, auch ohne die Taufe zu empfangen: Denken wir da an Bergson, an Werfel, an Simone Weil. Vielleicht aber war es auch die Schuld überzeugter Christen, daß man ihnen nicht gleich die offene Hand hingehalten hat. Nur die lauen oder abgefallenen Christen haben es getan! Doch war es auch der Fehler der emanzipierten Juden, in der Kirche nicht die Tochter der Synagoge zu sehen,18) wie es Christen selbst getan hatten. Das Christentum ist num einmal eine israelitische Religion; Pius XI. hatte rundweg gesagt, daß wir als Christen spirituell ‚Semiten‘ sind. Kurioserweise richtet sich der Protest der Juden gegen die christliche Behauptung, daß Gott–im–Fleische ein Jude sei. (Wer ist dann wirklich der „Antisemit“?)

Was wären heute die Juden ohne das Christentum? Doch nur eine isolierte vorderasiatische Nationalsekte. Gibt es nicht mehr Christen, die das Alte Testament lesen, als Juden? Tragen nicht Christen jüdische Namen wie Maria, Joseph, Johannes, Adam, Gabriel, Michael, Raphael, Emmanuel, Mathias, Joachim, Zacharias, Elisabeth, Esther, Ruth, Anna und Eva?19) Werden in christlichen Kirchen nicht die Psalmen und viele Stellen des Alten Testamentes vorgelesen oder auch gesungen? Studieren nicht unsere Geistlichen die hebräische und zumal auch die aramäische (syrische) Sprache? Freilich, die Christen wollen das „Neue Israel“, das „Neue Zion“ sein, aber sind nicht die Juden immer wieder dorthin gezogen, wo es Christen gab und das Kreuz aufgerichtet wurde – nach den Mittelmeerländern, nach Nordeuropa, auf die britischen Inseln, nach Rußland und Osteuropa, nach Nord- und Südamerika, Australien, Neuseeland und Südafrika? Auch dort, wo man sie vertrieb, sind sie wieder hingewandert: nach Spanien, Portugal, England. Wie wenige gingen nach China, Indien, Japan! Und man glaube ja nicht an das Märchen, daß die Juden, solange die Christen wahre Christen blieben, in der islamischen Welt immer besser daran waren.20)

Nun aber gibt es tatsächlich Juden, die sich von der christlichen Kultur und Zivilisation angezogen fühlen und in ihr aufgehen wollen, die als Minderheit in keinem anderen Kulturkreis zu leben wünschen und sich auch in einem rein jüdischen Land gar nicht wohl fühlen würden. Obwohl auch gläubige Juden vom Christentum um sich herum viele kulturelle Werte übernahmen und gerade das Chassidentum zweifellos ostkirchlich beeinflußt ist,21) haben viele Juden große psychische Hindernisse, dem Christentum positive Seiten abzugewinnen. Doch gab es auch immer sehr bewußte Juden, die dem Christentum gegenüber aufgeschlossen waren, wie zum Beispiel Schalom Asch, und dann auch solche, wie die vorhin erwähnten Bergson, Werfel und Simone Weil, die nur deswegen nicht zum Taufbecken traten, weil sie sich durch einen solchen Schritt in einem Augenblick bitterster Verfolgung von ihrem Volk nicht trennen wollten. (Der Oberrabbiner von Rom, Eugenio Zolli, wartete mit diesem Schritt erst das Ende des Krieges ab.) Doch obwohl die Einladung zur Taufe von christlicher Seite aus immer aufrechterhalten werden muß, soll auch die Einladung zur positiven wie auch kritischen Mitarbeit offen ausgesprochen werden. Das ist nach Jahrhunderten unserer sklerokardia, unserer Hartherzigkeit und Lieblosigkeit den Juden gegenüber, bitter notwendig. Denn sie sind ja geistig unsere Vorfahren, unsere verlorenen Eltern. Dabei sollen unsere Fehler in der Vergangenheit weder verkleinert noch vergrößert werden.22) Vergessen wir auch nicht, daß es katholische Christen unter evangelischer Herrschaft und evangelische Christen unter einem katholischen Régime oft viel schwerer hatten als Juden unter Christen. Es gab die Bartholomäusnacht und die Gemetzel von Drogheda und Wexford. Alles muß im Rahmen seiner geschichtlichen Periode gesehen werden. Die Greuel des neuheidnischen Nationalsozialismus wie auch jene des Marxismus-Leninismus gehören allerdings keinem christlichen Buch der Geschichte mehr an.

Die Tragik des emanzipierten Judentums war es, daß einzelne Juden in der Regel zusammen mit Nichtjuden an der Démontage unserer im Grunde christlichen Kultur und Zivilisation, wie auch an der Schwächung der alten politischen Traditionen tätig waren. Ihnen schwebte das Bild einer egalitären, radikal verweltlichten, „wissenschaftlichen“, liberalen oder auch sozialistischen Gesellschaftsordnung vor, in der sie nicht als Juden unter Christen, sondern als Glaubenslose unter Glaubenslosen anonym und unerkannt leben würden. (Ein Unsinn, denn Juden sind eben außer-gewöhnliche Menschen.)23) Das Christentum, das an ihrem Ungemach in der Vergangenheit oft schuldig war, sollte verschwinden. Die Demokratie erschien vielen für diese Zwecke ideal. Doch das war eine höchst fatale Fehlberechnung. Wie schon Winfried Martini festgestellt hatte, ist die Demokratie eine politische Form, die sich gerade für Minderheiten katastrophal auswirken kann, und man muß sich wundern, warum gerade so viele Juden sich für die „Volksherrschaft“ erwärmten.24) Tatsächlich waren es immer westliche und kirchliche Herrscher gewesen, die das Judentum gegen das liebe Volk geschützt hatten.25)

In Wirklichkeit aber hatte das liberale-antiklerikale und später auch oft sozialistische Judentum den vielleicht oft unbequemen Ast abgesägt, auf dem das Judentum gesessen war, i.e. das Christentum. Das Christentum wurde durch die „Wissenschaft“ ersetzt, die Evolutionslehre „erledigte“ die Bibel26) und nun entstand dem Judentum im Rassismus die größte Gefahr, der es je begegnet war. Dem christlichen „Antijudaismus“ waren immer bestimmte Grenzen gesetzt, ein biologischer Materialismus, der den Menschen als Phänomen des Tierreiches betrachtet, ist hingegen an kein christliches Ethos mehr gebunden. Und ein im Gewissen verpflichtendes Ethos (unserem fast immer irgendwie ähnlich) gibt es nur aufgrund religiöser Überzeugungen. Es gibt dieses Ethos nicht aus der Naturbeobachtung, nicht aus „edlen Gefühlen“ oder gar aus der Vernunft,27) sondern eben nur aus der Offenbarung. Ein die Welt kennender Ethnologe kann sich kaum mit dem von so manchem katholischen Theologen hochgehaltenen „natürlichen Sittengesetz“ befreunden.28) Der Jude, der im 19. Jahrhundert die Theorien von Darwin29) oder Haeckel30) in der naiven Annahme bejubelte, daß diese nun den „trennenden Religionen“ den Todesstoß versetzt hatten, wußte nicht, wem er da Vorschub leistete. Hier wurden mit einer biologistischen Ideologie die Grundlagen geschaffen, die sehr geradlinig nach Auschwitz, Majdanek, Tręblinka und anderen Schinderhütten und Menschenschlachthäusern führten. Das alles sind eigentlich Binsenwahrheiten, die aber allgemein nicht erkannt und durchschaut werden, weder von Christen noch von Juden.31) Intelligente Christen aber wußten gleich, daß die Angriffe der Nationalsozialisten gegen das Judentum unweigerlich in einen Generalangriff auf das Christentum enden mußten, denn nicht ohne schwere Folgen verteufelt man das Volk unseres Herrn, seiner Apostel und seiner Jünger.32) Das Christentum ist eben genetisch eine „jüdische Weltreligion“, aber keine jüdische Stammesreligion. Es muß aber auch gesagt werden, daß manche Juden das Christentum die unbewußte „Heidenmission“ Israels genannt haben.33)

Juden sollten sich dieses jüdischen Ursprungs des Christentums bewußt sein. Sie sollten auf das Christentum stolz sein. Warum denn auch nicht? Gleichgiltig, ob sie nun Christus anerkennen, erkennen, verstehen, mißverstehen, ablehnen oder kopfschüttelnd betrachten, sollen sie das Gefühl haben, daß die christliche Kultur auch die ihre ist. In den großen Kathedralen, den Klöstern und Kapellen, den Wallfahrtsorten und anderen heiligen Stätten des Christentums, der christlichen Frömmigkeit, Gelehrtheit und karitativen Tätigkeit sollen sie sich zu Hause fühlen, sollen sie heimisch sein, sollen sie auch an den Alten Bund erinnert werden. Ein Jude, der Christ wird, kann beides zugleich sein. Er hat seinen Messias gefunden.34) Diese überbrückende Schau ist in der Vergangenheit manchen Juden gelungen… und sie sind darüber glücklich geworden. Noch mehr aber haben erkannt, daß, wenn das Kreuz durch die Swastika oder Hammer und Sichel ersetzt wird, sie einer grundfeindlichen Welt begegnen, die ihren restlosen Untergang haben will – geistig, seelisch oder fleischlich. Ihre Zahl sollte noch größer sein.35)

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