Eine lange Liste
Lang ist die Liste derer, welche die Führungslehre seit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert prägten. Auf ihr stehen vor allem Amerikaner, die zumeist aus dem akademischen Milieu stammen. Hier sollen nur jene vorgestellt werden, die auf Theorie und Praxis bedeutsam einwirkten und auch heute noch gewürdigt werden.
Mary Parker Follet
Kritik am klassischen Ansatz
Schon vor Mayo hatte die Konfliktforscherin Mary Parker Follet (1886–1939) die Schule des „klassischen Managements“, der neben Frederick Taylor auch Max Weber und Henry Fayol angehören, wegen ihres bürokratischen, mechanistischen und antipsychologischen Ansatzes kritisiert. Insbesondere wandte sie sich gegen eine Verabsolutierung der Autoritätsrolle. Follet stellte die Idee der „gemeinsamen Macht“ an die Stelle der „dominierenden Macht“. Erst durch die Integration der Tätigkeiten aller Mitglieder erreicht eine Organisation ihre maximale Effektivität. Sie forderte, dass die Menschen „miteinander“ arbeiten und sich nicht „einer unter dem anderen“ befindet. Die Frage lautet nicht „Vor wem bin ich verantwortlich?“, sondern „Wofür bin ich verantwortlich?“.
Konflikte sind normal
Als Konfliktforscherin erkannte sie frühzeitig die konstruktive Rolle des Konflikts als einen „normalen Prozess“ der Zusammenarbeit. Statt Dominanz und Kompromiss suchte sie die konstruktive Integration von Gegensätzen.
Mary Parker Follet hat leider keine systematisierte Darlegung ihrer Ansichten hinterlassen, sondern ist mit zahlreichen Vorträgen und Artikeln an die Öffentlichkeit getreten.
McGregors XY-Theorie
Die Sicht des Managers bestimmt den Erfolg
Die von Mayo und seinen Anhängern begründete Sozialpsychologie des Unternehmens wurde am konsequentesten von Douglas McGregor (1906–1964) weiterentwickelt. Er war der Meinung, dass die Entwicklung von Unternehmen durch den Einfluss einer ganzen Reihe von falschen Vorstellungen über die Verhaltensmotive der Mitarbeiter gebremst werde. Seine Erkenntnisse brachte er auf diesen Nenner: Die allgemeine Sichtweise, die ein Manager von Menschen beziehungsweise Mitarbeitern hat, bestimmt dessen Verhalten und damit den Unternehmenserfolg. Sieht der Manager den Mitarbeiter positiv, folgt daraus ein anderes, eher motivierendes Führungsverhalten als bei einer negativen Sichtweise, aus der in der Regel Kontrolle und Sanktionen resultieren. McGregor definiert die verschiedenen Sichtweisen idealtypisch als X- und Y-Theorie. Pessimistische Sichtweisen von Menschen, wie sie für Adam Smith, N. Machiavelli, F. Taylor oder S. Freud typisch sind, subsumierte er unter X, optimistische Sichtweisen, für die J. Locke, E. Mayo und A. Maslow stehen, unter Y.
Die wichtigsten Annahmen der Theorien X und Y nach D. McGregor:
Theorie X und Theorie Y im Überblick
Theorie X | Theorie Y |
Der Mensch hat eine angeborene Abscheu vor der Arbeit und versucht, sie soweit wie möglich zu vermeiden. | Der Mensch hat keine angeborene Abneigung gegen Arbeit, im Gegenteil: Arbeit kann eine wichtige Quelle der Zufriedenheit sein. |
Deshalb müssen die meisten Menschen kontrolliert, geführt und mit Strafandrohung gezwungen werden, einen produktiven Beitrag zur Erreichung der Organisationsziele zu leisten. | Wenn der Mensch sich mit den Zielen der Organisation identifiziert, sind externe Kontrollen unnötig; er wird Selbstkontrolle und eigene Initiative entwickeln. |
Der Mensch möchte gern geführt werden, Verantwortung vermeiden, hat wenig Ehrgeiz und wünscht vor allem Sicherheit. | Die wichtigsten Arbeitsanreize sind die Befriedigung von Ich-Bedürfnissen und das Streben nach Selbstverwirklichung. |
Der Mensch sucht bei entsprechender Anleitung eigene Verantwortung. Einfallsreichtum und Kreativität sind weit verbreitete Eigenschaften in der arbeitenden Bevölkerung; sie werden jedoch in industriellen Organisationen kaum aktiviert. |
Theorie X
„Ihrem Wesen nach legt Theorie X“, schrieb McGregor (1970, S. 150), „größten Nachdruck auf Taktiken und Kontrolle – auf Verfahren und Techniken, um den Mitarbeitern zu sagen, was sie zu tun haben. Mit ihrer Hilfe kann man auch ermitteln, ob sie die ihnen aufgetragenen Arbeiten auch erledigen, und dementsprechend Belohnung aussprechen oder Strafen verhängen (…)
Theorie Y
Nach Theorie Y hingegen muss man seine Aufmerksamkeit erst einmal dem Charakter der gegenseitigen Beziehungen widmen. Zu schaffen ist eine Umgebung, aus der ein stärkeres Gefühl der Verpflichtung gegenüber den unternehmerischen Zielen erwächst und den Mitarbeitern Gelegenheit gibt, ein Maximum an Initiative, Erfindungsgabe und Selbständigkeit zu entfalten, um die Ziele zu erreichen.“
Materielle Belohnung reicht nicht mehr
Laut Theorie Y, die nach McGregors Meinung die gegenwärtige Lage widerspiegelt (er meint die USA nach dem Zweiten Weltkrieg), haben die Beschäftigten im Wesentlichen ihre materiellen Bedürfnisse befriedigt. Folglich eignet sich die materielle Belohnung nicht mehr als Stimulus, um den Mitarbeiter anzuspornen. „Wenn er seinen Magen gesättigt hat“, schreibt McGregors Schüler Ways (1966, S. 146), „dann beginnt er von der Befriedigung höher stehender Bedürfnisse zu träumen. Er strebt danach, seine Persönlichkeit stärker herauszustellen und sein Ich zu befriedigen, das wesentlich schwieriger zu sättigen ist als der Magen“.
Chester Barnards Leadership-Theorie
Drei Führungsaufgaben
Auch Chester Barnard (1886–1961), der als Direktor der New Jersey Bell Telephone (später AT&T) tätig war, gehörte zu den Begründern der Sozialpsychologie des Betriebes. Er erkannte und beschrieb als einer der ersten Führungstheoretiker die entscheidende Rolle der Führungskraft für den Unternehmenserfolg und wurde so zum Mitbegründer des späteren Leadership-Konzepts. Von ihm stammt auch die erste umfassende Darstellung der mitarbeiterbezogenen Führungsaufgaben: „Die Grundaufgaben sind erstens die Schaffung eines Kommunikationssystems; zweitens die Förderung von anhaltendem Einsatz und Leistung und zum Dritten die Formulierung und Festlegung von Zielen.“ In diesem Zusammenhang erkannte er die Bedeutung von Zielen, Werten und ganzheitlicher Unternehmensführung (Barnard 1968, S. 217).
Ergänzende und vertiefende Informationen zum Thema Leadership finden Sie im Kapitel E 10 dieses Buches.
Auflösung der Gegensätze
Barnard vertrat stets eine kritisch-distanzierte Position gegenüber den dogmatischen Ausprägungen des Taylorismus der Human-Relations-Theorie. Er sah in der Betonung produktionstechnischer und leistungsorientierter Aspekte einerseits und menschbezogener Aspekte andererseits keine Gegensätze. Sie erfassen jeweils nur einen Aspekt des komplexen Organisationsphänomens, welches seiner Meinung nach unter Einbeziehung der Umwelt als offenes soziales System betrachtet werden muss. Er definierte als Erster der Theoretikerzunft das Unternehmen als „soziales System“ und untersuchte die innere Struktur dieses Systems sowie dessen Wechselwirkung mit der Umwelt. Damit wurde er zum Wegbereiter der Schule der sozialen Systeme.
Herzbergs Motivationstheorie
Spaltung in zwei Richtungen
Barnards Synthese von Mitarbeiterorientierung und Leistungsausrichtung könnte einer der Gründe dafür gewesen sein, warum sich die verhaltensorientierte Managementwissenschaft in der Zeit nach 1950 in zwei Richtungen aufspaltete. Die eine erweiterte ihr Betrachtungsfeld und mündete in einen systemtheoretischen Ansatz. Die andere suchte nach neuen Erkenntnissen über die Mitarbeitermotivation. An ihrer Spitze stand Frederick Herzberg (1923–2002).
Motivationsfaktor Arbeitsinhalt
Seine empirischen Studien widerlegten Taylor, der im Lohn das einzige Mittel sah, die Leistung des „homo oeconomicus“ zu steigern. Für Herzberg bildet die Arbeit selbst, insbesondere der Arbeitsinhalt, den entscheidenden Motivationsfaktor.
Er fand heraus, dass bestimmte Faktoren nicht einachsig zu Wohlbefinden oder Unwohlsein führen, zum Beispiel gute Arbeitsbedingungen zur Motivation oder uninteressante Arbeit zur Demotivation. In diesem Zusammenhang ermittelte er zwei unterschiedliche Einflussfaktoren (Motivatoren und Hygienefaktoren), die sowohl Zufriedenheit als auch Unzufriedenheit bewirken (s. Abbildung im Kapitel B 3).
Humanisierung der Arbeit
Herzbergs Motivations-Hygiene-Theorie bot in den 1970er-Jahren die theoretische Grundlage für die unter der Losung „Humanisierung der Arbeit“ durchgeführten Veränderungen in der Arbeitsorganisation.
Ergänzende und vertiefende Informationen zu Herzbergs Motivationstheorie finden Sie im Kapitel B 3 dieses Buches.
Vorwurf: Wichtige Aspekte werden ausgeblendet
Über die Schule der menschlichen Beziehungen ist unendlich viel geschrieben worden, am meisten über die Hawthorne-Experimente. Viel Kritik wurde von linken und rechten Theoretikern geäußert, von Managementwissenschaftlern und später von den Begründern selbst. So wird der Schule vorgeworfen, dass die menschlichen Beziehungen im Unternehmen als interpersonelle, im günstigsten Fall als Gruppen-, nicht aber als sozialökonomische Beziehungen betrachtet würden. Folglich meinen ihre Vertreter, dass man die sozialen Probleme in den Grenzen eines jeden einzelnen Betriebes lösen kann, ohne Bezug zur sozialökonomischen Struktur der Gesellschaft. Man wirft der Human-Relations-Schule vor, dass sie nur mit direkten Variablen operiert und das äußere Milieu ignoriert.
Die deutlichste Kritik findet sich in den Arbeiten von Rensis Likert, Douglas McGregor und R. McMurray. Sie kommen zu der Schlussfolgerung, dass man die Bedeutung des moralischen Faktors zur Steigerung der Arbeitsproduktivität nicht überschätzen darf. Likert schreibt (1955, S. 12):
Moralischer Faktor und Produktivität
„Auf der Grundlage einer Untersuchung, die ich im Jahre 1937 durchgeführt habe, nahm ich an, dass der moralische Faktor und die Arbeitsproduktivität sich unbestreitbar in einer direkten Abhängigkeit voneinander befinden (…) Umfangreiche Forschungsarbeiten, die seit dieser Zeit durchgeführt wurden, zeigten, dass diese Vorstellung sich als zu vereinfacht erwiesen hat.“
Ein großer Irrtum
Nicht minder klar, ja fast resigniert äußert sich der XY-Modellbegründer McGregor (1954, S. 21): „Ich dachte, dass ich vermeiden kann, „Boss“ zu sein (…) Ich dachte, es könnte sein, dass ich so handeln kann, dass alle mich lieben werden, dass gute „human relations“ alle Unstimmigkeiten und Meinungsverschiedenheiten beseitigen. Ich konnte keinem größeren Irrtum anheim fallen. Es bedurfte zweier Jahre, bis ich endlich einzusehen begann, dass ein Leiter die Realisierung der Macht nicht vermeiden kann (…)“
Vereinigung der Theorien
Von 1950 an unternahmen amerikanische Wissenschaftler den Versuch, die von Fayol, Weber und Taylor geschaffene „klassische Theorie von Management und Organisation“ mit der „Schule der menschlichen Beziehungen“ zu vereinigen. Warren Bennis vom Massachusetts Institute of Technology bezeichnete diese Gruppe als „Revisionisten“.
Zwei Gruppen
Die neuen führungstheoretischen Modelle waren zunächst noch rein theoretischer Natur, wurden aber im Verlauf der 1960er-Jahre empirisch fundiert. Im Rahmen der wissenschaftlichen Systematisierung entstanden mehrere begriffliche Zuordnungen beziehungsweise Klassifikationsgruppen. So unterschied eine von vielen Einteilungen etwa zwischen
idealtypischen Ansätzen und
realistischen Ansätzen.
Theoretische Ansätze
Erstere sind theoretischer Natur, so zum Beispiel die weiter vorn beschriebene Typologisierung von Führungsstilen durch Weber oder die Kontinuum-Theorie von Robert Tannenbaum und Warren Schmidt (s. u.). Hier wird das Führungsverhalten nach dem Ausmaß der Entscheidungsfreiheit der Mitarbeiter angeordnet. Die Verhaltensspanne reicht vom extrem autoritären bis hin zum Laisser-faire-Führungsverhalten.
Realtypische Ansätze
Zu den realtypischen Ansätzen gehören die im Kapitel E dieses Buches beschriebenen Führungskonzepte, so etwa das Grid-Modell. Es handelt sich hierbei um den Versuch, empirisch abgesicherte Effizienzaussagen über Führungsstile zu treffen.
Die folgenden vier Studien erlangten große Bekanntheit.
Iowa-Studie
Experimente zum Erziehungsstil
Den ersten Versuch, empirisch fundierte Aussagen über Führungsstile zu machen, unternahm der aus Deutschland in die USA emigrierte Begründer der modernen Sozialpsychologie Kurt Lewin (1890–1947) mit Schülern. Seine Erziehungsstil-Experimente begründeten seinen wissenschaftlichen Ruhm. Er wollte die Auswirkungen unterschiedlichen Führungsverhaltens auf das Leistungsverhalten von aggressiven Kindern studieren.
Die zugrunde gelegten Führungsstile waren „autoritär “, „demokratisch“ und „laisser faire“.
Stil | Charakteristika | Wirkung |
Autokratisch | – Entscheidungsgewalt allein beim Leiter– subjektive Lob- und Kritikäußerung– unpersönliche Rolle des Führers | – mehr Feindseligkeit, Aggressionen, Rivalität– Unzufriedenheit, größere Nachgiebigkeit gegenüber dem Leiter– dafür Spannungsreduktion an einem „Prügelknaben“ |
Demokratisch | – Entscheidungen durch die Gruppe– Nennen verschiedener Lösungen– freie Partnerwahl– objektive Lob- und Kritikäußerung– Führer als Gruppenmitglied, jedoch keine aktive TeilnahmeM | – mehr Äußerungen mit „Wir-Charakter– mehr Kreativität– Gruppengefühl und Freundlichkeit |
Laisser-faire | – Führer hält sich völlig fern vom Gruppengeschehen | ähnliche Ergebnisse wie bei der autokratischen Atmosphäre |
Lewin kam zu dem Schluss, dass das unterschiedliche Verhalten in demokratischen, autokratischen und anarchischen Situationen kein Ergebnis der Persönlichkeit oder des Führungsverhaltens, sondern eine Wirkung der Atmosphäre insgesamt (Gesamtsituation!) ist.
Michigan-Studie
Mitarbeiter- gegen Leistungsorientierung
Im Jahre 1947 stellten Forscher der Universität von Michigan die Frage nach dem richtigen Führungsverhalten. Sie gingen jedoch zunächst davon aus, dass Mitarbeiterorientierung (employee orientation) und Leistungsorientierung (production orientation) zwei Extrempunkte einer Dimension sind.
Das Stilkontinuum
Hierfür wurde der Begriff Michigan-Stilkontinuum geprägt. Die Managementforscher gingen von der Annahme aus, dass, wenn man das eine Ziel verfolgt, man das andere aus den Augen verliert. Dies verwarfen sie jedoch später und kamen zum gleichen Ergebnis wie die nachstehend beschriebene Ohio-Studie. Ein Mehr an Mitarbeiterorientierung muss also nicht durch ein Weniger an Aufgabenorientierung erkauft werden und umgekehrt genauso. Jedoch waren sie der Meinung, dass langfristig die Mitarbeiterorientierung zu höherer Leistung führt, während die Leistungsorientierung nur bei kurzzeitiger Erhöhung der Produktivität erfolgreich ist.
Kritik
Schon früh meldeten sich Kritiker zu Wort und bemängelten unter anderem, dass keine situativen Einflüsse berücksichtigt wurden und das Führungsgeschehen so komplex ist, dass es außer den zwei Kriterien noch weitere wichtige Bedingungen für den Führungserfolg geben müsste.
Tannenbaum/Schmidt-Modell
Sehr bekanntes Modell
Eines der bekanntesten Modelle, Führungsstile auf einem eindimensionalen Kontinuum zu beschreiben, ist das Führungsstil-Kontinuum nach Robert Tannenbaum und Warren Schmidt (1958), die nach dem Subjekt der Willensbildung/Entscheidung grundsätzlich zwischen autoritärem und kooperativem Führungsstil unterscheiden, jedoch auf einem Kontinuum graduell insgesamt sechs Stile (autoritär, patriarchalisch, beratend, konsultativ, partizipativ, delegativ) differenzieren.
Die sechs Stile
Die sechs Stile bedeuten:
1 Autoritär: Der Vorgesetzte entscheidet und ordnet an.
2 Patriarchalisch: Der Vorgesetzte entscheidet; er ist aber bestrebt, die Untergebenen von seinen Entscheidungen zu überzeugen, bevor er sie anordnet.
3 Beratend: Der Vorgesetzte entscheidet; er gestattet jedoch Fragen zu seiner Entscheidung, um durch deren Beantwortung die Akzeptanz zu erreichen.
4 Konsultativ: Der Vorgesetzte informiert seine Untergebenen über seine beabsichtigten Entscheidungen; die Untergebenen haben die Möglichkeit, ihre Ansichten und Einschätzungen zu äußern, bevor der Vorgesetzte die endgültige Entscheidung trifft.
5 Partizipativ: Die Gruppe entwickelt Vorschläge; aus der Zahl der gemeinsam gefundenen und akzeptierten möglichen Problemlösungen entscheidet sich der Vorgesetzte für die von ihm favorisierte Lösung.
6 Delegativ: Die Gruppe entscheidet, nachdem der Vorgesetzte zuvor das Problem aufgezeigt und die Grenzen des Entscheidungsspielraums festgelegt hat. Der Vorgesetzte fungiert als Koordinator nach innen und außen.
Unterschiedliche Spielräume
Der Entscheidungsspielraum des Vorgesetzten nimmt in der Dimension nach rechts immer mehr ab. Der einzelne Mitarbeiter beziehungsweise die Gruppe erhalten mehr und mehr Entscheidungsspielraum. Der Prozess der Lösungsfindung ändert sich von eigener Entscheidungsfindung und Durchsetzung durch die Führungskraft hin zu Entscheidungen der Gruppe und rein koordinativem Verhalten des Vorgesetzten.
Ohio-State-Studie
Militärische Führung im Fokus
Die 1947 begonnene Studie der Ohio-State-University sollte klären, wie sich Führungsverhalten auf das Individuum und die gesamte Gruppe auswirkt. Erstes Untersuchungsfeld war der militärische Führungsbereich, für den man den so genannten LBCQ (Leader Behavior Description Questionnaire) mit 150 Fragen entwickelte, aus dem später der Supervisory Behavior Description-Fragebogen entstand.
Neun Faktoren
Mitarbeiter sollten nun anhand der folgenden neun Faktoren ihre Vorgesetzten beschreiben:
1 Integration
2 Initiative
3 Mitgliedschaft
4 Repräsentation
5 Organisation
6 Domination
7 Kommunikation
8 Anerkennung
9 Leistungsbetonung
Erfolg hängt auch vom Ziel ab
Nach Auswertung der Fragebögen wurde deutlich, dass sich erfolgreiches Führungsverhalten nicht allein aus diesen Faktoren ergibt. Man kam zu dem Schluss, dass Führungserfolg nicht nur von den sozialen Beziehungen zu den Geführten abhängt, sondern ergänzend von der Ausrichtung auf das gemeinsame Ziel.
Aus diesen Ergebnissen wurden letztendlich folgende zwei Dimensionen abgeleitet:
1 Mitarbeiterorientierung (employee centered)
2 Sachaufgaben-/ Leistungsorientierung (production centered)
Vier Kombinationen
Diese zwei Dimensionen münden in die abgebildeten vier Führungsstilkombinationen. Im Gegensatz zur Michigan-Studie soll ein erfolgreicher Führer Ausprägungen in beiden Grunddimensionen aufweisen. Diese Überlegung wurde später von Robert Blake und Jane Mouton in ihrem Grid-Modell konkretisiert.
Ergänzende und vertiefende Informationen zu diesen Themen finden Sie im Kapitel E 2 dieses Buches.
Ohio-State-Leadership-Quadrant
Group-Dynamic-Studien
Zwei Funktionen
Diese Richtung geht von zwei elementaren Führungsfunktionen aus:
1 Erreichen der Gruppenziele und
2 Zusammenhalt der Gruppe.
Daraus ergeben sich als zentrale Führungsfunktionen die
Lokomotionsfunktion (Zielerreichung) und die
Zielfunktion (Zusammenhalt der Gruppe).
Diese Dichotomie zieht sich durch die gesamte Theoriediskussion beziehungsweise Führungsliteratur der 1960er- und 1970er-Jahre.
Führungsmodelle nach dem Grad der Dimensionierung
Eindimensional oder zweidimensional
Eine andere Art der Klassifikation basiert auf der Betrachtung der Anzahl der den Modellen zugrunde liegenden Dimensionen. Demnach gehört das Kontinuummodell von Tannenbaum und Schmidt sowie die Einteilung von Lewin in die Führungsstile autoritär, demokratisch und laisser faire zur Gruppe der eindimensionalen Modelle. Die an den Staatsuniversiäten von Michigan und Ohio entstandenen Modelle haben zweidimensionalen Charakter, ebenso die Group-Dynamic-Studien. Sie alle basieren auf zwei Dimensionen, aus deren Kombination unterschiedliche Führungsstile resultieren.
Dimensionen der Modelle
Dreidimensionaler Ansatz
Da das im Kapitel E 4 vorgestellte 3D-Führungsmodell neben der Mitarbeiter- und Leistungsorientierung zusätzlich noch die Situation integriert, spricht man von einem dreidimensionalen Ansatz.
Die Dimensionen im Überblick:
eindimensional: Michigan-Studie, Tannenbaum/Schmidt, Lewin
zweidimensional: Grid, Ohio-Studie, Group-Dynamic-Studien
dreidimensional: Reddin, Hersey und Blanchard
Kritik: Wichtige Aspekte werden ausgeblendet
In der Diskussion des Lewinschen Ansatzes und der Studien der Universitäten von Ohio und Michigan wurde immer wieder kritisiert, dass wesentliche Begleitumstände für den Führungserfolg ausgeblendet blieben, so beispielsweise die Persönlichkeit des Vorgesetzten, die Situation beziehungsweise das Umfeld, in dem sich Führer und Geführte bewegen, oder die Beziehungen in einer Arbeitsgruppe, vor allem zwischen dem Führer und den Geführten. Als Folge hiervon bildeten sich weitere Schulen heraus, von denen die Eigenschaftentheorie und die Situationstheorie den größten Bekanntheitsgrad erlangten. Zu erwähnen wäre aber auch ein deutscher Ansatz, dessen theoretische Leistung darin besteht, die amerikanischen Führungsmodelle relativiert zu haben. Gemeint sind die Beiträge von Oswald Neuberger, Lehrstuhlinhaber für Personalwesen und Führung an der Universität Augsburg.