Kitabı oku: «Wilhelm Raabe – Gesammelte Werke», sayfa 147

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Nach acht Ta­gen kam der Wich­tel­kas­par, sei­nem Ver­spre­chen ge­mäß, zu­rück und sang, dies­mal bei voll­stän­di­ger Abend­däm­merung, vor dem Pfarr­hau­se zu Holz­min­den:

»Ein Brie­fe­lein

An mei­nen Schatz

In wei­ter, wei­ter Fer­ne,

Das schrieb ich fein

Und leg­te drein,

Was ich ihm gab so ger­ne:

An je­des Eck­lein

Ei­nen Kuss,

Und in die Mit­te

Tau­send Gruß,

Viel Ban­gen, Hof­fen, Seuf­zer­lein,

Mein gan­zes, gan­zes Her­ze­lein –

Eia, eia, ei, ei, ei, eia!«

Ei­nen künst­li­chen, ver­schnir­kel­ten Pfiff und einen vol­len Bo­gen­strich über die Sai­ten sei­ner Fie­del hing er dar­an. Der Hund, wel­chem plötz­lich die Erin­ne­rung an einen le­ckern Milch­topf in den rau­en Kopf kam, sprang mit Ge­bell vor­an. Es war sehr gut, dass der Herr Pas­tor eben mit dem Spa­ten in der Hand im Gar­ten auf einen Maul­wurf lau­er­te, der ihm durch sein Wüh­len schon viel Kum­mer und Är­ger ver­ur­sacht hat­te. Auch den Maul­wür­fen wur­de es all­mäh­lich zu un­heim­lich und schwül in der dür­ren Erde! –

Wenn Ehrn Va­len­tin nichts von dem Ge­sang des Gei­gers ver­nahm, so hör­te ihn de­sto bes­ser die Mo­ni­ka, und sie seg­ne­te die Däm­me­rung, wel­che ihr er­glü­hen­des Ge­sicht­chen dem fah­ren­den Man­ne ver­barg. Scheu schlüpf­te sie zu ihm her­aus und drück­te ihm ver­stoh­len mit ei­nem Pa­ten­gul­den aus ih­rem Spar­ha­fen die Ant­wort an den Klaus in die Hand.

»So ist’s recht, das wird einen Ju­bel ge­ben auf dem Schloss Pyr­mont!« flüs­ter­te der Spiel­mann, als er bei­des nahm. Es war nur ein klei­nes, klei­nes Brief­chen, wel­ches in den Bet­tel­sack glitt. Es stand aber gar vie­les und Wich­ti­ges dar­in, und mehr und noch Wich­ti­ge­res ließ sich zwi­schen den Zei­len her­aus­le­sen.

So schrieb die Mo­ni­ka Ficht­ner:

»Mein herz­lie­ber Klaus!

Dei­nen Brief habe ich ge­le­sen. O, wie hab ich mich ge­freut dar­über! Ich war sehr trau­rig, seit­dem Du weg­ge­fah­ren bist in der Nacht mit dem Schiff; doch nun ist es gut, denn ich weiß, dass Du noch am Le­ben bist. Als ich Dei­nen Brief ge­le­sen hat­te, wa­ren mei­ne Au­gen nass und rot, und da muss­te auch gra­de der Va­ter nach mir ru­fen. Ich schob al­les auf das Herd­feu­er und den Rauch. Ich las­se nun Dei­nen Brief nicht eher von mir, als bis Du mir einen an­de­ren schickest, und dann auch nicht, denn dann lege ich bei­de zu­sam­men. Bit­te, schi­cke bald den zwei­ten!!! Es ist doch recht trau­rig für ein ar­mes Mäd­chen, wann es kei­ne Mut­ter mehr hat! – Bei uns ist noch al­les so, wie es war; wir ha­ben hier auch einen sehr dür­ren Som­mer. Mei­ne Blu­men sind alle tot und ver­welkt, dass ich schier wei­nen möch­te, wenn ich den Gar­ten an­schaue. Die We­ser ist ganz weg ge­trock­net, und alle Leu­te kla­gen sehr und fürch­ten eine große Hun­gers­not. Der Va­ter ist sehr gut ge­gen mich; aber von Dir spricht er kein Wort, we­der im Gu­ten noch im Bö­sen; ach, lie­ber Klaus, wie soll das wer­den?! Neu­lich hat er auch – ich mei­ne den Va­ter – Franz Schlacht­mey­er und Jus­ti­ne Ro­then­berg zu­sam­men­ge­ge­ben. Sie hat­ten eine große Hoch­zeit trotz der schwe­ren Zeit, und alle Leu­te, wenn sie auch ein­ge­la­den wa­ren und lus­tig mit­mach­ten, ha­ben sich schreck­lich dar­über auf­ge­hal­ten. – Wenn ich auf sol­cher Hoch­zeit auch mit an­de­ren tan­zen muss­te, so war es mir doch im­mer, als hätt ich Dich im Arm, lie­ber Klaus, ob­gleich wir nie­ma­len zu­sam­men ge­tanzt ha­ben als nur, als wir noch Kin­der wa­ren, wann uns der ein­bei­ni­ge Han­sel den Du­del­sack auf­spiel­te. Der Va­ter woll­te es ja nie ha­ben, dass Du mit mir tanz­test.

Lie­ber Klaus, wann so vie­le Men­schen am hei­li­gen Born zu Pyr­mont ver­sam­melt sind, so sind ge­wiss­lich vie­le viel schö­ne­re Jung­fern als ich dar­un­ter; al­ler­liebs­ter Klaus, tu mir um Got­tes wil­len nicht das große Her­ze­leid an und schaue zu viel nach ih­nen. Wann Du es tust, so muss ich mich dar­über zu Tode grä­men, denn ich werd es ganz ge­wiss bis hier­her füh­len. Lie­ber Klaus, ge­denk, dass Dich nie­ma­len eine so lieb ha­ben wird wie ich.

Der alte ka­tho­li­sche Pas­tor hat den Va­ter noch mehr­mals be­sucht. Mit ihm ist auch der jun­ge Mönch ge­kom­men, je­ner mit den feu­ri­gen Au­gen, der so bleich ist. Ich fürch­te mich er­schreck­lich vor sei­nen Au­gen, und him­mel­angst ward mir zu­mu­te, wie ich merk­te, dass sie im­mer­fort auf mich ge­rich­tet sind. Wie die bei­den das nächs­te Mal in ih­rem Kahn her­über­ka­men, lief ich fort und ver­steck­te mich, bis sie wie­der ge­gan­gen wa­ren, und sol­ches war ge­wiss recht tö­richt; der Va­ter hat mich auch schön aus­ge­schol­ten, dass ich nicht zur Hand war.

Ich bin im­mer in heim­li­cher Angst, wie ich schrei­be, und denk alle Au­gen­bli­cke, der Va­ter schaut mir über die Schul­ter und sieht, was ich ma­che und wie lieb ich den Klaus habe. Ich glau­be, es ist sehr un­recht, dass ich an Dich schrei­be; aber ich tue doch nichts Bö­ses, wenn ich es tue – nicht wahr? Ich muss schlie­ßen; denn ich halt es nicht aus vor über­großer Angst, dass der Va­ter mich er­tappt. Bleib mir treu, wie ich Dir treu blei­be! Ver­giss nicht, ver­giss nie­ma­len

Dei­ne Mo­ni­ka.

Nach­schrift: Be­hüt Dich Gott!

Nach­schrift: Um Got­tes wil­len kei­nen Krieg!! Be­denk, dass Du auch tot­ge­schos­sen wer­den könn­test wie mein Bru­der Jo­han­nes. Ach, der Krieg muss et­was Schreck­li­ches sein, und wenn Du um­kämest, Klaus, so müss­te ich auch ster­ben.

Nach­schrift: Noch­mals viel tau­send­mal Le­be­wohl, lie­ber, lie­ber Klaus! Schreib mir recht bald wie­der und zieh nicht in den Krieg! Be­hal­te ewig­lich lieb

Dei­ne Mo­ni­ka Ficht­ne­rin.

Holz­min­den, am 1en des Ern­te­mo­nats,

als alle Leu­te hoff­ten, es käme ein Ge­wit­ter.

Es kam aber keins.« –

Die­ses Schrei­ben war mit des Va­ters ro­tem Sie­gel­wachs fast un­auf­lös­lich ver­klebt; in Er­man­ge­lung ei­nes Pet­schafts war je­doch nur die Spit­ze ei­nes Fin­ger­huts dar­auf ge­drückt. Da die­ser Fin­ger­hut aber sehr klein war und ge­wöhn­lich an dem nied­li­chen Mit­tel­fin­ger der Ge­lieb­ten steck­te, so konn­te und durf­te den Klaus Ecken­bre­cher kein ein­zi­ges der hun­dert­tau­send kai­ser­li­chen, fürst­li­chen, hoch­ade­li­gen und ade­li­gen Wap­pen des Hei­li­gen Rö­mi­schen Reichs Deut­scher Na­ti­on mehr er­freu­en, und es er­greift auch der Er­zäh­ler die­ser His­to­rie die güns­ti­ge Ge­le­gen­heit und ver­si­chert, dass er Brie­fe, die auf sol­che Wei­se durch Fin­ger­hü­te ver­picht und ver­sie­gelt sind, viel lie­ber an­nimmt als an­de­re mit künst­li­che­ren, aber auch un­lie­bens­wür­di­ge­ren Sie­geln.

Der Gei­ger Kas­par Wicht war noch mit­ten im Ab­schied­neh­men und eif­rigs­ten Ver­si­che­run­gen der Treue und Zu­ver­läs­sig­keit be­grif­fen, als Ehrn Va­len­tin Ficht­ner durch sein Er­schei­nen die Ver­hand­lun­gen zu ei­nem Ende brach­te. Der Pas­tor hat­te den Lohn sei­ner Ge­duld emp­fan­gen, der lang ver­folg­te Tro­glo­dyt war er­le­digt. Zwi­schen dem Töch­ter­lein und dem fah­ren­den Mann er­schi­en der Pas­tor, den Spa­ten in der rech­ten Hand und den er­schla­ge­nen schwar­zen, weich­pel­zi­gen Gar­ten­ver­wüs­ter in der lin­ken.

»Mit wem schwat­zest du da, Mo­ni­ka? Ei, ist der Va­ga­bun­dus, der Lap­pen­häu­ser schon wie­der da? Eheu, was für ein Lei­den das ist! Hast du ihm einen Hel­ler ver­ab­reicht, Mäg­de­lein?«

»Ja, mein Va­ter«, sag­te schüch­tern Mo­ni­ka.

»Gut, so hal­te dich nicht auf, lass den Mann sei­nes We­ges ge­hen und komm mit ins Haus, wir wol­len den Abend­se­gen be­ten und um Re­gen bit­ten; aber alle un­se­re Bit­ten wol­len wir in den Herrn stel­len. Da schau, Mo­ni­ka, den schwar­zen Bur­schen, wel­cher mir so­viel Mühe ge­macht hat. Ge­het mit Gott, Fied­ler, und neh­met mei­nen Rat an, las­set vom He­rum­trei­ben und hal­tet Euch an eine ehr­li­che Ar­beit!«

»Das tu ich lang, Herr Pas­to­re.«

»So?! Ei! Und was trei­bet Ihr, wenn man fra­gen darf, was trei­bet Ihr au­ßer Eu­rem nichts­nut­zi­gen Gei­gen­spiel?«

»Brie­fe trag ich im Land um­her! Gute Nacht, Ehr­wür­den!« rief der Gei­ger und sprang trotz sei­nem ho­hen Al­ter in wei­ten Sät­zen ge­gen die We­ser hin­un­ter.

»So, so! Ei, ei!« mur­mel­te der Pas­tor. »Komm, Mo­ni­ka!« Va­ter und Kind tra­ten in das Haus, und der Alte schloss so­gleich die Tür. –

Fast die gan­ze Nacht hin­durch schritt der Fied­ler strom­ab­wärts auf dem Schif­fer­pfa­de ne­ben dem Flus­se hin. Die Bau­ern ver­nah­men, aus dem Schlaf er­wa­chend, sein Sai­ten­spiel, wun­der­ten sich und dreh­ten sich auf dem Stroh auf die an­de­re Sei­te, um wei­ter­zu­schnar­chen.

Erst um Mit­ter­nacht mach­te der alte, rüs­ti­ge, wan­dern­de Spiel­mann halt. Auf einen Stein mit­ten im Fluss­bett, der sonst hoch vom Was­ser be­deckt war, saß er nie­der, kau­te an ei­ner Bro­trin­de und hör­te dem lei­se zu sei­nen Fü­ßen da­hin­krie­chen­den Was­ser zu. Als er sei­ne kärg­li­che Mahl­zeit zu Ende ge­bracht hat­te, strich er ei­ni­ge Male über die Fie­del, ließ dann den Bo­gen sin­ken und sang:

»Nun ste­cke ich fest in dem Sump­fe hier,

Und um mich zuckt es und flim­mer­t’s;

Es krab­belt und krib­belt das Sumpf­ge­tier,

Doch gol­dig leuch­tet’s und schim­mer­t’s.

Viel glän­zen­de Flam­men um mich her

Viel selt­sa­men Rei­gen schlin­gen,

Und fern in der Schen­ke der Brumm­bass brummt,

Und Gei­gen und Hör­ner er­klin­gen.

Ja, fern in der Wald­schenk Tanz­mu­sik! –

Es fehlt nur die eine Gei­gen;

Sie mer­ken’s nicht, und sie ach­ten’s nicht,

Und lus­tig und wild schweift der Rei­gen!

Rings um mich ist Nacht, es schwand der Mond;

Wo sind nur die Ster­ne ge­blie­ben?

O du Irr­lich­ter­volk, das im Sump­fe wohnt,

Sag, was hast du mit mir ge­trie­ben?

Ja, fern in der Schen­ke zum blu­ti­gen Herz,

In dem nächt­lich dun­ke­len Wal­de,

Da tan­zet mein Lieb und trei­bet Scherz,

Ach weh, sie ver­gaß mich gar bal­de!

O du Irr­lich­ter­volk, das im Sump­fe wohnt,

Tanz du nun nach mei­ner Gei­gen!

O ihr Krö­ten, ihr Un­ken, so viel ihr mich hört,

Kommt alle, ich spiel euch zum Rei­gen!«

Als der Wich­tel­kas­par die­ses Lied be­en­det hat­te, seufz­te er schwer und saß noch eine gan­ze Zeit in tie­fem Grü­beln da und strei­chel­te den Kopf sei­nes Hun­des. Dann aber sprang er jäh­lings auf und schüt­tel­te sich:

»Ach, tö­rich­ter, al­ter Kna­be, das Ver­gan­ge­ne ist ver­gan­gen und bleibt ver­gan­gen; ver­dor­ben bin ich, ver­dor­ben bleib ich, und der grü­ne Ast ist lang’ zu­sam­men­ge­bro­chen un­ter mir – plumps – juch­he! Juch­he! Vi­vat das Wan­dern und der ewi­ge blaue Mon­tag!

Vi­vat! Vi­vat Kas­par Wicht –

Der Wind geht über die Hei­de,

Das ist mir nicht zum Lei­de!

Es geht der Wind ge­lin­de,

Ich fah­re mit dem Win­de! juch­he!«

Nach die­sem tol­len Aus­bruch warf er den Bet­tel­sack wie­der auf die Schul­ter, nahm die Fie­del un­ter den Arm und schlug einen klei­nen Trab an, wo­bei er die nächs­te Stun­de durch un­un­ter­bro­chen vor sich hin­mur­mel­te:

»Im­mer der Nase nach! Im­mer der Nase nach! Im­mer der Nase nach!«

So zog der fah­ren­de Spiel­mann Kas­par Wicht gen Pyr­mont mit dem Brief­lein der hol­den Mo­ni­ka Ficht­ner. So ward Herr Leon­hard von Ta­xis aber­mals in sei­nen Ge­recht­sa­men be­ein­träch­tigt! –

Elftes Kapitel

schließt den ers­ten Teil der Ge­schich­te vom hei­li­gen Born.

Der Li­zen­ti­at Herr Her­mann Ha­mel­mann in sei­nem Trak­tat von der Höl­le, ih­ren Na­men und ih­rer Pein, von den Se­gen, Wi­cker und Kris­tal­len Teuf­fel, das ist von den Nach­wei­sern, Schwarz­künst­lern, Teuf­fels­be­schwö­rern, Kris­tal­len­se­hern und der­glei­chen, schreibt wü­tend und au­ßer sich, pa­gi­na 98:

»Ich kann mich nicht ent­hal­ten und muss sa­gen von der großen, stin­ken­den Land­lü­gen des lü­gen­haff­ti­gen, un­ver­schämp­ten Fisch­fres­sers und Cart­häu­ser-Mönchs Lau­ren­tii Su­rii, der also schrei­bet: wie dass soll­te dem hei­li­gen the­wren Mann Luthe­ro, Anno 1545 ein Mäg­de­lein aus Meis­sen vor­ge­bracht sein. Und als er das­sel­bi­ge in die Sa­cris­te­rey ge­for­dert, soll­te er ha­ben den Teuf­fel be­schwo­ren nach Luthe­ri­scher Art. Je­doch hät­te ihn der Teuf­fel be­spot­tet und un­ter dem hät­te sich gern der Luther ver­trol­let und ein Aus­flucht ge­nom­men. Aber der Teuf­fel hab die Tür be­rannt, dass er nicht dar­aus möch­te, dar­umb er auch sich be­flei­ßi­get zum Fens­ter hin­aus zu flie­hen, aber umb das ey­sern Ge­feß hal­b­en hab er nicht kön­nen ent­wei­chen, und hät­ten et­li­che durch die ey­ser­nen Git­ter ihm ein Axt ein­werf­fen müs­sen, da­mit er die Tür ge­öff­net und da­von ge­lau­fen. Also hats der Lü­gen­maul und bös­haff­ti­ge Schelm und un­flä­ti­ge Lü­gen­schrei­ber sampt sei­nem Tru­cker Ger­vi­no Ca­le­sio re­ci­tie­ret.«

Es war die­se Be­schul­di­gung des frech­mäu­li­gen Kart­häu­sers in der Tat da­nach, um darob in Wut und au­ßer sich zu ge­ra­ten. Vor dem Teu­fel Reiß­aus neh­men?! O in­fa­mia! Gab es wohl eine nie­der­träch­ti­ge­re Be­lei­di­gung als sol­che An­schul­di­gung? O Greu­el und Schmach über den Pa­ter Lau­ren­ti­us Su­ri­us! Wel­cher lu­the­ri­sche und ka­tho­li­sche Kämp­fer der Zeit der großen Kir­chen­spal­tung hät­te sich durch das Fens­ter er­ret­tet vor dem Af­fen Got­tes und sei­nem Spuk? O blas­phe­mia!

Hohn­la­chen und Spott der Kin­der über dich, Lau­ren­ti­us Su­ri­us! Das Din­ten­fass dem bö­sen Feind an den Kopf? In die Tie­fe, in den großen Ab­grund mit euch al­len, die ihr Na­men ha­bet: Lu­ci­fer, Sa­tan, Be­li­al, Beel­ze­bub, Ori­ens, Par­gi­mon, Mam­mon, Buf­las, Hy­po­cras, Coap, Ebi­ger, Bi­lech und so fort, so fort!

Auf sie mit Sin­gen und Be­ten, mit ge­seg­ne­ten Pal­men und ge­weih­ten Lich­tern, mit Stahl und Feu­er! Auf sie! Nie­der, nie­der mit ih­nen in den tiefs­ten Ab­grund der Höl­le! – – – An den Teu­fel glaub­te je­der­mann, sein Er­schei­nen in tau­send­fäl­ti­ger Form, in al­len vier Ele­men­ten, in Men­schen- und Tier­ge­stal­ten be­zwei­fel­ten we­der Kai­ser noch Papst, we­der Re­for­ma­to­ren noch Mön­che, we­der Ge­lehr­te noch Volk: wes­halb soll­te das Schloss Pyr­mont dar­an zwei­feln?

Ein Pa­pier mit selt­sa­men Cha­rak­teren be­malt und be­schrie­ben mit den drol­li­gen Wor­ten:

Ama­ra­thon­ta, ti­ros, post­hos, ci­ca­los, ci­cat­tri, elia­po­li, star­ras, po­len, so­lem­que, li­nar­ras­que, edi­pos, edul­pes, mala, dra­pha­nus, ul­pha­nus, trax, ca­put oron­tis ja­cet hoc in vir­tu­te mon­tis – hat­te Si­mon der blin­de Ma­gier auf das schö­ne Haupt Faustas ge­legt, und den schö­nen Leib der Te­des­ca hat­te der böse Feind är­ger­lich und wi­der­stre­bend ver­las­sen, um – nach der Mei­nung von al­lem am hei­li­gen Born ver­sam­mel­ten Volk – von Herrn Phil­ipp von Spie­gel­berg, Gra­fen zu Pyr­mont, Be­sitz zu er­grei­fen. Und das­sel­be ge­heim­nis­vol­le Pa­pier woll­te auf dem wir­ren Lo­cken­kop­fe des jun­gen Gra­fen, von der be­trüb­ten Ur­su­la heim­lich dar­auf ge­legt, wäh­rend der Bru­der schlum­mer­te – durch­aus nicht wir­ken, wie wir aus der Lie­bes­e­pis­tel Klaus Ecken­bre­chers be­reits her­aus­le­sen konn­ten.

Zu sol­cher großen Not und Trüb­sal füll­te sich das Schloss auf dem hei­li­gen An­ger im­mer mehr mit den vor­nehms­ten Gäs­ten aus der Nähe und der Fer­ne und »emp­fing da­von nicht we­nig An­fall und Scha­den«.

Mit ge­zie­men­dem Ge­fol­ge kam von Ko­burg Frau Ka­tha­ri­na, Her­zog Han­sens von Sach­sen Ge­mah­lin, wel­che den Bro­del­brunn für ih­res Lei­bes Ge­bre­chen brau­chen woll­te. Eine große Ehre und Freu­de ge­dach­te sie den drei Spie­gel­berg­schen Ge­schwis­tern durch ihre Ein­quar­tie­rung auf dem Schlos­se an­zu­tun.

Es er­schi­en auch Kon­rad, Graf zu Te­ckeln­burg, der letz­te sei­nes Stam­mes, wel­cher ver­mein­te, durch Kraft des Wun­der­brun­nens we­nigs­tens der Vor­letz­te sei­nes Ge­schlech­tes zu wer­den. Er täusch­te sich aber und zog ha­ger und dürr ab, wie er ge­kom­men war, und sei­ne Frau wur­de eben­falls durch­aus nicht rund­li­cher durch das gute Was­ser, wel­ches ihr Ehe­ge­spons ge­trun­ken hat­te.

Kur­ze Zeit nach der An­kunft des Te­ckeln­bur­gers kam Graf Si­gis­mund von Glei­chen, der viel bes­ser ge­tan hät­te, wenn er zu Hau­se ge­blie­ben wäre; er ver­schied näm­lich durch die all­zu kräf­ti­ge Wir­kung des hei­li­gen Borns.

Was hilft es, das Re­gis­ter fort­zu­set­zen? Der für­neh­me Be­such war nur mit der Mäu­se­not, wel­che den Bi­schof Hat­to von Mainz über­zog, mit ei­nem ge­frä­ßi­gen Heuschre­cken­schwarm, mit der Frei­er­schar, wel­che das Haus des va­ga­bon­die­ren­den Dul­ders Odys­seus kahl fraß, zu ver­glei­chen. – Der Born zu Pyr­mont hat un­ter an­de­ren gu­ten Ei­gen­schaf­ten auch die, dass er einen tüch­ti­gen Ap­pe­tit er­zeugt, und die lie­ben Gäs­te leg­ten sich durch­aus kei­nen Zwang auf in die­ser Be­zie­hung, son­dern hiel­ten sich wa­cker an die Spei­se­kam­mer, die Kü­che und den Kel­ler der drei Spie­gel­berg­schen Ge­schwis­ter. Die arme Ur­su­la, den gan­zen Tag über und tief in die Nacht hin­ein trepp­auf trepp­ab ge­jagt, ver­lor im­mer mehr alle Erin­ne­rung an ver­gan­ge­nes be­hag­li­ches, fried­li­ches Still­sit­zen, an frü­he­re ru­hi­ge Näch­te voll ge­sun­den, traum­lo­sen Schla­fes. Zu­se­hends ma­ger­te sie ab und fing all­mäh­lich an, an Schwin­del­an­fäl­len, Blut­drang nach dem Kop­fe, Ge­dächt­nis­schwä­che und der­glei­chen zu lei­den: das Was­ser des hei­li­gen Borns war da­ge­gen na­tür­lich ohne die min­des­te Wir­kung.

Selbst die mut­wil­li­ge, sorg­lo­se Wal­burg blick­te jetzt oft ganz be­denk­lich drein und such­te sich stel­len­wei­se nütz­lich zu ma­chen, stei­ger­te da­durch aber nur die all­ge­mei­ne Ver­wir­rung. Fräu­lein Ur­sel und die üb­ri­gen Haus-, Hof- und Kü­chen-Ty­rann­in­nen ver­ba­ten sich da­her auch bald ge­nug je­des tä­ti­ge Ein­grei­fen ih­rer­seits, be­haup­te­ten, die Wal­burg ste­he nur im Wege, und schick­ten sie zur – Frau Kur­fürs­tin von Bran­den­burg.

So hat­te die Wal­burg al­lein auf dem Schloss Pyr­mont Zeit und Ruhe, sich um den ar­men Phil­ipp zu be­küm­mern und sich ab­zu­sor­gen über die große Ver­än­de­rung, wel­che mit ihm vor­ging.

All­mäh­lich ward aus dem le­bens­fro­hen, fri­schen Jüng­ling, dem Trin­ker, dem Jä­ger, ein men­schen­scheu­er, bleich­ge­sich­ti­ger Pa­tron, wel­cher durch­aus nicht mehr im­stan­de war, den lie­bens­wür­di­gen, den an­ge­neh­men Wirt zu spie­len vor Ihren Hoch­fürst­li­chen Gna­den von Bran­den­burg und Sach­sen-Ko­burg. Auch sei­nen männ­li­chen Gäs­ten ver­moch­te der Graf nicht mehr wie sonst stand­zu­hal­ten. Herr Kon­rad von Te­ckeln­burg nahm ihm im Brett­spiel und im Wür­fel­spiel viel mehr Geld ab, als bei kla­re­ren Sin­nen des Ge­gen­parts mög­lich ge­we­sen wäre. Herr Si­gis­mund von Glei­chen trank ihn so­gar zur großen Ver­blüf­fung, zum – Ent­set­zen des auf­war­ten­den Ecken­bre­chers fünf­mal, sage fünf­mal un­ter den Tisch.

»Das weiß der – hei­li­ge Li­bo­ri­us zu Lüg­de!« sag­te Klaus Ecken­bre­cher, wel­cher sich auf dem lin­ken We­se­ru­fer einen rei­chen Schatz von ka­tho­li­schen Be­teue­run­gen zu­leg­te. »Ist’s die Mög­lich­keit? Ich sage Euch, Fal­ke­nie­rer, hät­t’ ich’s nicht selbs­t­en ge­se­hen mit mei­nen leib­li­chen Au­gen, kein Teu­fel hätt mir den Glau­ben dar­an bei­ge­bracht!« –

»Ach, mein ar­mes Brü­der­lein!« seufz­te Fräu­lein Wal­burg von Spie­gel­berg, »wenn ich doch wüss­te, was ihm feh­le­te! Die alte Han­ne in der Spinn­stu­be sagt, das frem­de Weibs­bild, so hier im Schloss auf­ge­nom­men ist, habe es ihm an­ge­tan, habe ihn ver­zau­bert und schar­fe Na­deln ihm in die Le­ber ge­hext. Ich will den Ka­plan dar­um fra­gen, der muss Kund­schaft da­von ge­ben kön­nen als ein geist­li­cher Her­re.«

Sie tat also und frag­te den Schloss­kaplan um Rat.

»Hab’s lan­ge ge­merkt, dass et­was nicht in der Ord­nung ist bei un­serm gnä­di­gen jun­gen Herrn«, sprach die­ser wür­di­ge Mann. »Wis­set Ihr, Fräu­lein, ich will den Herrn Rek­tor von Min­den, Herrn Her­man­nus Hud­dä­us, der noch im­mer zu Östorf sei­ne Gicht ku­riert und große Lin­de­rung ver­spü­ret durch das gute Was­ser und ein hoch­ge­lahr­ter, from­mer Mann und mein güns­ti­ger Freund ist, darob um sei­ne Mei­nung fra­gen.«

Er tat also und frag­te den Rek­tor Hud­dä­us um sei­ne Mei­nung,

Die­ser schüt­tel­te be­dacht­sam das Haupt und sprach: »Das ist ein bö­ses Ding, und was das Zau­bern von Na­deln in die Le­ber an­be­trifft, so sind die Ge­lehr­ten dar­über gar ver­schie­de­ner Mei­nung. Ich will zum Nut­zen mei­nes wer­ten Herrn Gra­fen nach Wit­ten­berg schrei­ben an mei­nen lie­ben Freund und Leh­rer Herrn Phil­ip­pum Me­lan­chthon, den Mann Got­tes. Wenn ei­ner nach dem Hin­schei­den des gott­se­li­gen Dok­tor Mar­tin ra­ten kann, so ist er es.«

Er tat nach sei­nem Wor­te und schrieb noch an dem­sel­ben Tage einen schö­nen la­tei­ni­schen Brief an Herrn Phil­ipp nach Wit­ten­berg, und Fräu­lein Wal­burg schick­te einen ex­pres­sen Bo­ten mit sol­chem Schrei­ben ab.

Der Herr Dok­tor Phil­ipp freu­te sich über den Brief des Rek­tors höch­lichst und schrieb einen noch schö­ne­ren, mit vie­len grie­chi­schen Zi­ta­ten aus­ge­ziert, zu­rück und sen­de­te zu­gleich ne­ben­her ein Pa­ket­lein.

In die­sem Pa­ket­lein be­fand sich ein in Schweins­le­der hand­fest ein­ge­bun­de­nes Buch mit künst­li­chen Mes­sing­klam­mern ver­schlos­sen, wel­ches fol­gen­den Ti­tul führ­te:

Der Teu­fel selbs

das ist

Wahr­haf­ti­ger und bes­ten­di­ger und wol­be­grün­de­ter Be­richt von den Teu­feln; was sie sei­en, wo­her sie ge­kom­men und was sie täg­lich wir­ken.

Der­bey ihre große Ty­ran­ney, Macht und Ge­walt. Item auch ihre Be­hän­dig­keit, List und Trü­ge­rey. Auff’s vleis­sigst und ei­gent­lichst be­schrie­ben. Item, was von Ver­zau­be­run­gen, Ver­blen­dun­gen, Gifft­wer­ken und sonst viel und man­cher­ley Ge­plär­ren des Teu­fels zu hal­ten sei.

Die­ses höchst vor­treff­li­che Buch »trew­lich und or­dent­lich aus Got­tes Wort und vie­ler Ge­lahr­ten Bü­cher alt und new zu­sam­men­ge­zo­gen durch Jo­do­cum Hocke­ri­um, Os­na­bru­gen­sem, Pre­di­ger der Kir­chen Got­tes zu Lem­go« – ge­währ­te der gan­zen Rei­he der Rat­fra­gen­den viel Trost und Er­bau­ung, brach­te sie aber doch nicht zu ir­gend­ei­nem Re­sul­ta­te in Be­zug auf den Zu­stand des jun­gen Gra­fen. Zum sechs­ten, zum sie­ben­ten, zum ach­ten Male trank der Graf zu Glei­chen Herrn Phil­ipp von Spie­gel­berg un­ter den Tisch, und er wür­de sei­ne Sie­ge je­den­falls noch be­deu­tend ver­mehrt ha­ben, wenn ihm nicht lei­der die Gicht in den Ma­gen ge­tre­ten und Asa fö­di­ta und Mo­schus die Pa­ro­le ge­wor­den wä­ren. So ent­sch­lief er je­doch we­nigs­tens »se­lig­lich« in dem stol­zen Be­wusst­sein, dass er als Über­win­der aus der durst­vol­len Wüs­te­nei die­ses Er­den­le­bens schei­de.

Meis­ter Jo­do­cus Hocke­ri­us moch­te in sei­nem Bu­che man­cher­lei ge­sagt ha­ben von den Teu­feln und gute Ant­wort ge­ge­ben ha­ben auf die Fra­gen: Ob und wie die Teu­fel Wun­der und Zei­chen tun kön­nen? – Ob und wie sie weis­sa­gen und zu­künf­ti­ge Din­ge wis­sen mö­gen? – Ob sie Krank­hei­ten hei­len und der Men­schen Sin­ne äf­fen und be­trü­gen kön­nen? – Ob sie der Men­schen Ge­dan­ken er­ken­nen und auch kön­nen in der Men­schen Lei­ber fah­ren? – Ob und wie sie Cor­po­ra d. i. Lei­ber an sich neh­men? – Ob sie sich in die Ge­stalt der ver­stor­be­nen Men­schen oder See­len ver­klei­den mö­gen? – Ob sie Men­schen in Tie­re ver­wan­deln mö­gen? – Ob sie auch kön­nen Träu­me und Nacht­ge­sich­te ma­chen? – Ob sie auch Wet­ter ma­chen und das Ge­wölk ver­stö­ren kön­nen? – Ob sie auch mö­gen Buhl­schaft trei­ben und wie man sagt In­cu­bi und Suc­cu­bi wer­den mö­gen? – Ob sie kön­nen Milch, But­ter, Wein, Bier, Brot, Eier und an­de­re Din­ge steh­len?

Wie soll­te dem Kran­ken Hil­fe ge­schafft wer­den, wenn die Zau­be­rin Faus­ta La Te­des­ca im Schloss Pyr­mont blieb und bleich und schön durch das scheue Ge­sin­de schritt?

Wohl konn­te Faus­ta La Te­des­ca Wun­der und Zei­chen tun – wohl konn­te sie der Men­schen Sin­ne äf­fen und be­trü­gen – wohl konn­te sie der Men­schen Ge­dan­ken er­ken­nen – wohl konn­te sie Träu­me und Nacht­ge­sich­te ma­chen – wohl konn­te sie Buhl­schaft trei­ben, und dass sie in den an­de­ren Punk­ten des dä­mo­ni­schen Sün­den­re­gis­ters eben­falls gut be­fah­ren sei, dar­an zwei­fel­te we­der Wal­burg von Spie­gel­berg noch der Ka­plan noch das Schloss­ge­sin­de. Aber un­be­wegt von al­le­dem, was über sie ge­spro­chen wur­de, un­er­schüt­tert durch alle lei­sen und lau­ten Dro­hun­gen, die sie auf ih­ren We­gen ver­folg­ten, blieb Faus­ta La Te­des­ca im Schloss Pyr­mont. Schon fin­gen auch die Hin­ter­sas­sen von Spie­gel­berg an, Leib und See­le ih­res jun­gen Gra­fen für ge­fähr­det zu hal­ten, und am liebs­ten hät­ten sie die »fremd­län­di­sche Hexe« ver­brannt auf ei­nem tüch­ti­gen Schei­ter­hau­fen von grü­nem Holz oder sie be­gra­ben auf ei­nem Kreuz­weg mit ei­nem Pfahl durch das Herz.

Man schoss einen Arm­brust­bol­zen auf die schö­ne Maid ab, als sie ei­nes Abends mit Herrn Phil­ipp an der Em­mer im Mond­schein lust­wan­del­te; und der Schuss ritz­te ihre wei­ße, run­de Schul­ter ein we­nig, dass drei Bluts­trop­fen durch das fei­ne Hemd­lein dran­gen. Der Tä­ter, ein Mann aus Lö­wen­hau­sen, ein Lein­we­ber, wur­de je­doch glück­lich er­grif­fen und sag­te aus: er hab die Arm­brust ab­ge­drückt aus Lie­be zu sei­nem gnä­di­gen Herrn und hab ihn da­durch lö­sen wol­len aus den Ban­den des gräu­li­chen Ge­s­pens­tes, so ihn – sei­nen gnä­di­gen Herrn – ge­fes­selt hät­te. Der Graf zu Pyr­mont nahm je­doch die­se Lie­be und Für­sorg­lich­keit sehr übel auf, ließ ein kurz Ge­richt hal­ten über den ge­treu­en Knecht Eckart und hing ihn auf an sei­nem hoch­gräf­li­chen Gal­gen zu ei­nem ab­schre­cken­den Bei­spiel für an­de­re gleich­ge­stimm­te, wohl­mei­nen­de See­len.

Die bei­den Schwes­tern von Spie­gel­berg, Ur­su­la und Wal­burg, konn­ten nur still­schwei­gen­de Op­po­si­ti­on ge­gen den un­heil­vol­len, schö­nen Ein­dring­ling ma­chen. – Nach Mar­tin Luthers An­sicht ha­ben Fürs­ten und Her­ren große treff­li­che En­gel, de­nen sie in Schutz be­foh­len sind; Kin­der und schlech­tes Ge­sin­de da­ge­gen sind nur ge­mei­nen En­geln an­be­foh­len; ach, so hoch der Schutz­geist des Gra­fen zu Pyr­mont in der himm­li­schen Ari­sto­kra­tie ste­hen moch­te, auf sein Amt gab er gar schlecht Ach­tung und über­ließ ihn – höchst­wahr­schein­lich durch ei­ge­ne wich­ti­ge Ge­schäf­te ab­ge­hal­ten – al­len An­fech­tun­gen des bö­sen Prin­zips!

Mit ih­ren schwar­zen Au­gen sog Faus­ta La Te­des­ca Herrn Phil­ipp alle Kraft und Macht aus, dass er im­mer blei­cher und hohl­wan­gi­ger wur­de, im­mer fins­te­rer und im­mer men­schen­scheu­er. Am liebs­ten zog er ein­sam, nur von sei­nen Hun­den be­glei­tet, im Wal­de um­her. Nach ta­ge­lan­ger Ab­we­sen­heit fan­den ihn sei­ne Jä­ger am häu­figs­ten am To­ren to mayen, dem »Kla­ge­turm«, wel­chen der rö­mi­sche Feld­herr Ger­ma­ni­cus dem to­ten Heer des Va­rus auf­ge­rich­tet ha­ben soll. Hier, auf frem­dem Ge­biet, saß Herr Phil­ipp, die Knie in die Höhe ge­zo­gen und das Kinn auf die Knie ge­legt, und starr­te re­gungs­los in den düs­tern Forst hin­ein. Ar­mer Phil­ipp von Spie­gel­berg, wer hät­te das da­mals ge­dacht, als du so fröh­lich und wohl­ge­mut Neu­ig­kei­ten aus­tausch­test an der Fäh­re zu Holz­min­den mit dem Bür­ger­meis­ter und den Bür­gern? Ar­mer Phil­ipp von Spie­gel­berg, war das das große Un­heil, wel­ches der Ko­met dir ver­kün­de­te? –

Die Ma­gie­rin Faus­ta hat­te den deut­schen Gra­fen ge­fan­gen und hielt den Zap­peln­den in ih­rem Ha­men hoch in der Luft und er­götz­te sich nicht we­nig an dem bunt­schil­lern­den Far­ben­spiel des ar­men Bur­schen und wuss­te nichts von Ge­wis­sens­bis­sen über solch ab­scheu­lich Spiel. Und mit der Faus­ta hielt Si­mon Ma­gus die bes­te Freund­schaft und gab ihr vie­le vor­treff­li­che Ratschlä­ge so­wohl un­ter der Brun­nen­lin­de als in dem Schloss Pyr­mont und in dem klei­nen Zelt auf der stil­len Wald­lich­tung. In die­sem klei­nen Zel­te zün­de­te der Die­ner des Blin­den all­abend­lich eine hän­gen­de Lam­pe an, und ge­lockt von dem Schein, wel­cher durch die zu­rück­ge­schla­ge­nen Vor­hän­ge fiel, ka­men Nacht­kä­fer und Nacht­schmet­ter­lin­ge al­ler Art und um­flat­ter­ten die Am­pel. Selt­sa­me Ge­schöp­fe lock­te das Licht im Wal­de an. Es stieg vom hei­li­gen Born her­auf Si­mon der Zau­be­rer, ge­führt von je­nem jun­gen Wei­be, wel­ches einst­mal dem Gra­fen Phil­ipp auf sei­nem Mor­gen­spa­zier­gang im wil­den Tanz der Be­ses­se­nen vor die Füße fiel. Nicht um­sonst hat­te der Ma­gier sei­ne Kraft und Kunst an ihr er­probt; da liegt vor uns eine alte Chro­nik, von de­ren stau­bi­gen Blät­tern der Er­zäh­ler ab­liest:

»– und ob­wohl er blind war und jhre Schön­heit nicht se­hen konn­te, den­noch nahm er sie zu der Ehe und zog mit jhr fort in sei­ne Hei­mat. Und als sie da­selbs woh­ne­ten, füh­ret jhn das Weib eins­mals auf den Bal­kon. Da er­schie­nen jhr zwo wei­ße Mün­ni­che, das son­derzweif­fel Teuf­fel ge­we­sen sind, die hulf­fen jhr, schün­de­ten auch zu, dass sie jhren blün­den Kerl durch die Lu­ken her­un­ter stürt­zet. Stieg da­nach her­ab, und als die zwei wei­ßen Mün­che jhr wie­der­umb er­schie­nen, jhr half­fen und zu­schün­de­ten, tö­tet sie jhn fort­an, hieb jhm den Kopf, Hän­de und Füße ab und stieß jhn in einen Of­fen, macht ein Fe­wer umb jhn her, der Mei­nung jhn auf­zu­bren­nen. Aber der Ge­ruch von dem Bran­ten drang zum Hau­se, das rings umb her ver­sper­ret war, hin­aus, dass man also das Bran­ten über et­li­che Häu­ser rie­chen kundt. Der­we­gen wur­den die Nach­barn wach, bra­chen das Haus auff und fun­den das Weib auff fri­scher Tat, die jhre Übel­tat frei be­ken­net, ist auch vom Er­barn Rate zum Tode ver­ur­tei­let und ge­bür­li­cher­wei­se hin­ge­richt wor­den.«

So steht es in den al­ten, schnör­kel­haf­ten Let­tern auf dem gel­ben Pa­pie­re. Beim Um­wen­den der Blät­ter steigt ein un­heim­li­cher – ein Blut- und Brand­ge­ruch dar­aus auf; – fort da­mit, was geht hier uns das Ende Si­mons des Ma­giers an? Dum vi­vi­mus, vi­va­mus!

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5251 s. 2 illüstrasyon
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