Kitabı oku: «Wilhelmine von Bayreuth: Erinnerungen der Prinzessin Wilhelmine von Preußen», sayfa 2

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Ich will von diesem Jahre noch die Erfüllung einer der Prophezeiungen des schwedischen Offiziers berichten. Der Graf Poniatowski kam um diese Zeit inkognito nach Berlin; er war von Karl XII. gesandt. Da der Graf zu dem Großmarschall von Printz, mit welchem er zugleich in Russland als Botschafter akkreditiert war, besonders nahe Beziehungen hatte, wandte er sich an ihn wegen einer geheimen Audienz beim König. Dieser verfügte sich bei anbrechender Dunkelheit zu Herrn von Printz, der damals im Schlosse wohnte. Herr von Poniatowski wartete mit sehr vorteilhaften Anträgen vonseiten des schwedischen Hofes auf und schloss mit dem König einen Vertrag, der stets so geheimgehalten wurde, dass ich nur zwei Artikel daraus erfahren konnte. Der erste war, dass der König von Schweden Schwedisch-Pommern dem König abtreten und dass dieser hingegen eine sehr beträchtliche Summe als Entschädigung zahlen würde. Der zweite Artikel betraf den Beschluss meiner Vermählung mit dem schwedischen Monarchen; und es wurde beantragt, dass ich mit zwölf Jahren nach Schweden gebracht werden sollte, um dort erzogen zu werden.

Ich habe bisher nur Tatsachen berichten können, die mich nicht persönlich betrafen. Ich zählte erst acht Jahre. Mein zu zartes Alter gestattete mir keinen Anteil an den Dingen, die sich zutrugen. Ich war den ganzen Tag von meinen Lehrern in Anspruch genommen, und meine einzige Erholung war, mit meinem Bruder zusammen zu sein. Nie haben sich Geschwister so zärtlich geliebt. Er war geistreich, seine Gemütsart war finster. Er dachte lange nach, bevor er antwortete, aber dafür antwortete er richtig. Er lernte sehr schwer, und man erwartete, dass er einmal mehr Verstand als Geist an den Tag legen würde. Ich war hingegen außerordentlich lebhaft und schlagfertig und besaß ein erstaunliches Gedächtnis; der König liebte mich mit Leidenschaft. Keinem seiner andern Kinder zeigte er sich so aufmerksam wie mir. Meinen Bruder hingegen konnte er nicht leiden und malträtierte ihn, wo er seiner ansichtig wurde, so dass er ihm eine unüberwindliche Furcht einjagte, die sich bis ins Alter der Vernunft hinein erhielt.

Der König und die Königin machten eine zweite Reise nach Hannover.


Hannover Herrenhausen

Der König von Schweden und der von Preußen hatten reiflich über die Heirat nachgedacht, die ihre Häuser vereinen sollte, und eingesehen, dass der Altersunterschied ein allzu großer war, so dass sie den Plan fallen zu lassen beschlossen. Der König von Preußen nahm sich vor, jenen schon früher gefassten Heiratsplan mit dem Herzog von Gloucester von neuem aufzunehmen.

König Georg I. von England zeigte sich mit Freuden bereit, doch wünschte er, dass eine Doppelheirat die Bande ihrer Freundschaft noch enger verknüpfe, nämlich, dass mein Bruder die Prinzess Amalie, zweite Schwester des Herzogs von Gloucester, heimführe. Diese Doppelheirat wurde zur großen Befriedigung meiner Mutter beschlossen, deren langgehegter Wunsch hiermit erfüllt werden sollte. Sie übergab uns, meinem Bruder und mir, die Verlobungsringe. Ich trat sogar mit meinem kleinen Liebhaber in Korrespondenz und empfing mehrere Geschenke von ihm. Die Intrigen des Fürsten von Anhalt und Grumbkows bestanden immer fort. Die Geburt meines zweiten Bruders hatte ihre Pläne zwar stören, aber nicht vernichten können. Nur war es nicht an der Zeit, ihnen Folge zu geben.


König Georg I. von England

Die neue Allianz des Königs mit England schien ihnen kein sonderlich großes Hindernis. Da die Interessen des Hauses Brandenburg und des Hauses Hannover stets entgegengesetzte waren, so dachten sie gleich, dass ihr Bund nicht von langer Dauer sein würde. Das Temperament des Königs kannten sie von Grund aus und wussten, wie leicht er sich erregen ließ und dass der König nicht politisch handelte, wenn er in Leidenschaft geriet. Sie nahmen sich daher vor, ruhig abzuwarten, bis eine Gelegenheit sich böte, die ihren Projekten günstig wäre. In diesem Jahre entdeckte man eine geheime Verschwörung, die ein gewisser Clément angezettelt hatte. Er wurde der Majestätsbeleidigung angeklagt und überdies beschuldigt, die Unterschriften verschiedener mächtiger Fürsten gefälscht und Zwietracht zwischen den verschiedenen Großmächten gesät zu haben. Dieser Clément befand sich im Haag und hatte mehrmals an den König geschrieben. Sein schlechtes Gewissen hielt ihn dort zurück, und es gelang dem König nicht, ihn nach seinem Lande zu locken. Endlich wandte er sich an einen kalvinistischen Geistlichen namens Gablonski, um jenes Menschen habhaft zu werden. Gablonski, der mit ihm studiert hatte, begab sich nach Holland und wusste ihm so viel von der freundlichen Aufnahme und den Ehren, die ihm der König zugedacht habe, zu erzählen, dass er ihn endlich dazu brachte, mit nach Berlin zu kommen. Sobald Clément den Fuß über die Grenze gesetzt hatte, wurde er verhaftet. Man glaubte stets, dass dieser Mann von hoher Abkunft sei; die einen hielten ihn für einen natürlichen Sohn des Königs von Dänemark, und die andern für den des Herzogs von Orleans, Regenten von Frankreich. Die große Ähnlichkeit, die er mit letzterem Prinzen hatte, machte, dass man zu dieser Annahme neigte. Man begann mit seinem Prozess, sobald er in Berlin anlangte. Es wird behauptet, dass er dem König alle Intrigen Grumbkows enthüllt und sich angeboten habe, seine Beschuldigung durch Briefe dieses Ministers, die er dem König übergeben wollte, zu beweisen. Grumbkow stand am Rande seines Verderbens. Aber zum Glück für ihn vermochte Clément die bewussten Briefe nicht vorzuweisen; daher wurde seine Anklage als Verleumdung angesehen. Die Einzelheiten seines Prozesses blieben stets so geheim, dass ich davon nur das wenige, was ich eben niederschrieb, erfahren konnte.

Der Prozess zog sich sechs Monate lang hin, dann wurde das Urteil gesprochen. Er sollte zu drei Malen der Zangentortur unterworfen und dann gehängt werden. Mit heroischer Festigkeit und ohne eine Miene zu verziehen, vernahm er seine Verurteilung. „Der König“, sprach er, „ist Herr über mein Leben und meinen Tod. Ich habe diesen nicht verdient, sondern nur getan, was die Gesandten des Königs täglich gleichfalls tun. Sie suchen die Vertreter der andern Fürsten zu betrügen und zu übervorteilen und sind weiter nichts als ehrliche Spione ihrer Regierung. Wäre ich nur wie sie akkreditiert gewesen, so stünde ich jetzt wohl auf dem Gipfel meines Glückes, statt auf der Höhe eines Galgens meinen Wohnsitz zu finden.“ Seine Standhaftigkeit verleugnete sich nicht bis zu seinem letzten Seufzer. Er darf unter die großen Geister gezählt werden; er wusste viel, sprach mehrere Sprachen und fesselte durch seine Beredsamkeit. Sie kam so recht in einer Ansprache zur Geltung, die er an das Volk hielt. Da sie gedruckt wurde, übergehe ich sie hier. Leman, einer seiner Mitschuldigen, wurde gevierteilt. Sie hatten noch einen andern Unglücksgefährten, der für ein anderes Verbrechen als das ihre bestraft wurde. Er nannte sich Heidekamm und war unter Friedrich I. geadelt worden. Er hatte gesagt und geschrieben, dass der König kein legitimer Sohn sei. Er wurde verurteilt, vom Henker ausgepeitscht zu werden, für degradiert erklärt und auf den Rest seiner Tage in Spandau eingesperrt.

Während der Haft Cléments erkrankte der König in Brandenburg an einer gefährlichen Nierenkolik und heftigem Fieber. Er schickte sofort eine Stafette nach Berlin, um die Königin zu sich zu berufen. Die Fürstin machte sich alsbald und so eilig auf, dass sie noch am selben Abend in Brandenburg anlangte.


Brandenburg

Der Zustand des Königs hatte sich sehr verschlimmert. Er war überzeugt, dass er sterben würde, und machte sein Testament; diejenigen, denen er seinen letzten Willen diktierte, waren Leute von erprobter Ehrenhaftigkeit und Treue. Er setzte darin die Königin zur Regentin des Landes während der Minderjährigkeit meines Bruders ein, und den Kaiser und den König von England zu Vormündern des jungen Fürsten. Grumbkow wie der Fürst von Anhalt blieben darin aus mir unbekannten Gründen unerwähnt. Er hatte ihnen jedoch einige Stunden vor der Ankunft der Königin eine Stafette geschickt mit der Order, sich zu ihm zu verfügen. Ich weiß nicht, welcher Zwischenfall ihre Abreise verzögerte. Der König hatte sein Testament nicht unterzeichnet; vermutlich hatte er sie berufen, um es ihnen mitzuteilen und vielleicht einige sie betreffende Klauseln hinzuzufügen. Er war so gereizt über ihre Verspätung, und seine Krankheit hatte sich so verschlimmert, dass er nicht mehr zögerte, es zu unterschreiben. Die Königin erhielt eine Abschrift davon, und das Original wurde in das Berliner Archiv gebracht. Kaum war die Urkunde vollzogen, als der König ruhiger wurde; sein Generalarzt Holtzendorff (Ernst Konrad 1688 – 1751) verordnete ihm noch im rechten Augenblick ein damals sehr beliebtes Medikament: die Brechwurzel. Dies Mittel rettete ihm das Leben. Fieber und Schmerzen ließen bis zum Morgen wesentlich nach, so dass alle Hoffnung für seine Genesung bestand. Von da ab datiert Holtzendorffs Glück und seine Gunst beim König, auf die ich später zu sprechen kommen werde.

Der Fürst von Anhalt und sein Spießgeselle kamen indes gegen Morgen an. Der König geriet in große Verlegenheit, da er ihrerseits heftiger Vorwürfe gewärtig war, weil er sie im Testamente nicht erwähnt hatte. Und er wusste sich nicht anders zu helfen, als indem er der Königin, den Zeugen und jenen, die das Testament ausfertigten, den Schwur abnahm, über den Inhalt ewiges Schweigen zu bewahren.

Trotz aller Vorkehrungen, die der König getroffen hatte, erfuhren die beiden Interessenten sehr bald, was sich zugetragen hatte. Dass man ihnen ein solches Geheimnis daraus machte, konnte ihnen die Wahrheit des Vorgangs nur bestätigen, umso mehr, als sie vernahmen, dass eine Abschrift des Testamentes in Händen der Königin wäre. Es war für sie ein vernichtender Schlag. Die Krankheit des Königs hatte sich gebessert, doch war er noch nicht außer Gefahr. Sie wagten nicht, ihm von der Sache zu sprechen; jede Gemütserregung hätte ihm das Leben kosten können. Aber ihre Sorge legte sich bald; das Übel besserte sich so schnell, dass er nach acht Tagen vollständig hergestellt war. Sobald er ausgehen konnte, fuhr er nach Berlin zurück. Von dort begab er sich nach Wusterhausen, wohin ihm die Königin folgte. Er wurde jetzt von Tag zu Tag misstrauischer und argwöhnischer. Seit der Enthüllung der Clémentschen Intrigen ließ er sich alle Briefe vorzeigen, die in Berlin ein- und ausliefen, und legte sich nicht mehr zu Bett, ohne seinen Degen und ein Paar geladene Pistolen neben sich zu haben.

Der Fürst von Anhalt und Grumbkow konnten keinen Schlaf finden; die Testamentsgeschichte ging ihnen so stark im Kopfe herum, da sie ihre früheren Pläne noch nicht aufgegeben hatten. (Mit der Gesundheit des Königs und der meines Bruders war es damals nicht wohl bestellt, und mein zweiter Bruder lag in der Wiege.) Ihre Tücke ließ sie auf Mittel und Wege sinnen, um den Inhalt dieses wichtigen Schriftstückes zu erfahren und es vielleicht den Händen der Königin zu entreißen; gelang ihnen dies, so würden sie es sicher dahinbringen, dass das Testament für ungültig erklärt, der König endgültig mit der Königin entzweit würde und ihre Pläne gelängen. Sie fingen es folgendermaßen an: Ich habe schon den neuen Günstling der Königin, Frau von Blaspiel, erwähnt. Sie konnte für eine Schönheit gelten; ihr gründlicher und lebhafter Verstand erhöhte noch die Reize ihrer Person.

Ihr Herz war edel und aufrichtig, aber zwei große Fehler, die unglücklicherweise den meisten Frauen anhaften, verdunkelten ihre schönen Eigenschaften: sie war kokett und neigte zur Intrige. Ein sechzigjähriger gichtiger und unangenehmer Gatte war auch nicht eben etwas Verlockendes für eine junge Frau. Viele Leute behaupteten sogar, sie habe mit ihm gelebt wie die Kaiserin Pulcheria mit dem Kaiser Marcian. Der Graf von Manteuffel, sächsischer Gesandter am preußischen Hofe, hatte ihr Herz zu rühren vermocht. Sie hatten ihr Liebesverhältnis so geheimzuhalten gewusst, dass man bisher nicht den leisesten Zweifel an der Tugend der Dame gehegt hatte. Der Graf verreiste auf kurze Zeit nach Dresden. Um sich für die Trennung von der Geliebten zu trösten, schrieb er ihr mit jeder Post, und sie antwortete ihm. Diese unheilvolle Korrespondenz stürzte Frau von Blaspiel ins Unglück; ihre Briefe wie die ihres Geliebten fielen in die Hände des Königs.

Dieser witterte in seinem Argwohn eine Staatsintrige und berief Grumbkow zu sich, der als der Erfahrene in Liebesfragen sofort den wahren Sachverhalt vermutete. Doch ließ er sich nichts merken, denn dieser Zwischenfall kam ihm wie gerufen. Er war mit Manteuffel eng befreundet und beim König von Polen sehr in Gunst. Dieser Fürst hatte allen Grund, sich mit dem Berliner Hofe gutzustellen.


Karl XII. von Schweden

Karl XII. von Schweden lebte noch, so dass stets neue Revolutionen in Polen zu befürchten waren; mit Hilfe meines Vaters konnte er sich dagegen schützen. Grumbkow versprach ihm die Unterstützung seines Ministeriums und sagte zu, stets zwischen den zwei Höfen volles Einverständnis zu erhalten, sofern der König von Polen auf seine Pläne eingehen und den Grafen von Manteuffel dementsprechend anweisen wollte. Der König zögerte nicht, seine Beistimmung zu geben, und schickte diesen Gesandten nach Berlin zurück. Grumbkow rückte jetzt mit der ganzen Testamentsgeschichte heraus und sagte ihm sogar, dass er von seinem Verhältnis zu Frau von Blaspiel wisse; man wünsche nun von ihm, er möge die Dame veranlassen, das Testament des Königs den Händen der Königin zu entziehen. Es war eine schwierige Angelegenheit. Manteuffel wusste, wie treu sie der Königin ergeben war. Dennoch wagte er‘s, ihr davon zu sprechen. Frau von Blaspiel brachte es nur schwer übers Herz, seinen Wunsch zu erfüllen; aber die Liebe zu Manteuffel ließ sie endlich vergessen, was sie sich selbst und ihrer Gebieterin schuldig war. Durch seine Versicherungen, wie treu er selbst der Königin ergeben sei, geblendet, glaubte Frau von Blaspiel, dass die Sache nicht von großer Bedeutung sei; sie wusste wohl, wie gänzlich sie das Herz der Königin beherrschte, und bald diese, bald jene Saiten aufziehend, vermochte sie sie endlich zu überreden, ihr das unselige Schriftstück anzuvertrauen, jedoch unter der Bedingung, es ihr, sobald sie es gelesen haben würde, zurückzugeben. –

Sobald sich der Graf von Manteuffel im Besitze des Testamentes sah, machte er eine Abschrift davon, die er Grumbkow übermittelte. Dieser fand seinen Wunsch nur zur Hälfte erfüllt. Worauf er ausging, war das Original. Doch gab er die Hoffnung nicht auf, es mit der Zeit doch noch zu erlangen, falls er geschickt zu Werke ging.

Die Königin fing an, Einfluss auf den König zu gewinnen. Sie verhalf ihm zu Rekruten für sein Regiment; und der König von England überhäufte ihn mit Aufmerksamkeiten. Die kalte Zurückhaltung, mit welcher der König das Drängen des Fürsten von Anhalt und Grumbkows betreffs meiner Vermählung mit dem Markgrafen von Schwedt entgegennahm, hatte ihnen bewiesen, dass seine Gunst nicht mehr dieselbe war. Mehrere Umstände halfen noch, sie in dieser Meinung zu bestärken. Der König zeigte sich nur noch selten in der Öffentlichkeit; er litt an einer Art Hypochondrie, die ihn melancholisch stimmte; er sah nur die Königin und ihre Kinder und speiste allein mit uns. Um ihrer Ungnade vorzubeugen, unternahmen sie es, den Einfluss der Königin zu untergraben. Aus dem Bilde, das ich vom König entwarf, konnte man ersehen, dass er leicht erregbar war und dass zu seinen Hauptfehlern sein starker Hang zum Gelde gehörte. Grumbkow wollte diese Schwäche ausnützen. Er teilte seinen Plan dem Staatsminister von Kamecke mit. Aber dieser ehrenwerte Mann ließ die Königin warnen. Sie liebte das Spiel und hatte beträchtliche Summen dabei verloren, weshalb sie heimlich ein Kapital von 30.000 Talern geliehen hatte. Vom König war sie kürzlich mit einem Paar durchbrochener Diamant-Ohrgehänge von großem Werte beschenkt worden. Sie trug sie nur selten, da sie dieselben mehrmals verloren hatte. Grumbkow, der überall seine Spione besaß, wusste bald von dem schlechten Stand ihrer finanziellen Angelegenheiten, und in der Vermutung, dass sie diese Ohrgehänge verpfändet hätte, um das Kapital, von dem ich sprach, zu erhalten, beschloss er, es dem König zu hinterbringen, wohl wissend, dass ihm dies höchst empfindlich sein würde. Die Königin verfehlte nicht, den König zu warnen und ihm ihre – Beschuldigungen, die man gegen sie zu erheben suchte. Über Grumbkows hässliche Schliche empört, beschwor sie den König, ihr Genugtuung zu verschaffen. Und auf seine Antwort, man könne niemand ohne hinreichenden Beweis bestrafen, beging sie die Unvorsichtigkeit, ihm einzugestehen, dass Herr von Kamecke es gewesen sei, der sie hatte warnen lassen. Der König ließ ihn alsbald rufen. Die freundliche Aufnahme, die er bei ihm fand, ermutigte ihn, bei den Aussagen, die er der Königin erstattet hatte, zu beharren. Er fügte ihnen sogar einige für Grumbkow sehr gravierende Einzelheiten hinzu. Da er jedoch nur durch seine Gespräche, die er ohne Zeugen mit ihm geführt, Kenntnis von seinen Plänen erlangt hatte, so gab die Ableugnung des andern den Ausschlag, und Kamecke wurde nach Spandau geschickt.

Diese Festung, die nur vier Meilen von Berlin entfernt liegt, füllte sich bald darauf mit vornehmen Gefangenen. Ein schlesischer Edelmann, namens Troski, war soeben verhaftet worden. Während der Belagerung von Stralsund war er als Spion im schwedischen Lager tätig gewesen. Obwohl er dem König Dienste erwiesen hatte, konnte dieser Fürst ihn nicht leiden und hegte gegen ihn ein heimliches Misstrauen. Er stand im Verdacht, in Berlin dieselbe Rolle zu spielen, die er im schwedischen Lager vertreten hatte. Seine Papiere, die beschlagnahmt wurden, bestätigten dies einigermaßen. Troski war ein höchst geistreicher Mann, der sehr hübsch zu schreiben verstand; diese beiden Talente ersetzten ihm die äußeren Gaben. In seiner Kassette fanden sich alle Liebesanekdoten des Hofes vor, über die er eine sehr beißende Satire verfasst hatte, und eine Menge Briefe mehrerer Damen Berlins, in denen des Königs nicht geschont wurde. Die der Frau von Blaspiel zeugten besonders stark gegen ihn, sie nannte ihn darin einen Tyrannen und abscheulichen „Skriblifax“. Grumbkow, der zur Durchsicht dieser Papiere berufen wurde, ergriff diese Gelegenheit, um die Dame zu stürzen. Er hatte ihr zum Teil seine Pläne anvertraut, in der Hoffnung, sie auf seine Seite zu bringen und das Testament des Königs durch sie zu erlangen. Frau von Blaspiel, die seine Absichten durchschaut hatte, hielt ihn mit falschen Versprechungen hin und wusste ihm seine Geheimnisse zu entlocken. Da ihr die genügenden Beweise fehlten und Kameckes Unglück frisch in aller Gedächtnis stand, wagte sie sich mit ihren Enthüllungen nicht an den König heran, bevor ihr keine unwiderlegbaren Beweise zu Gebote standen. Grumbkow gab indes ihre Briefe an Troski dem König zu lesen und brachte ihn stark gegen sie auf. Der Fürst ließ sie holen, sagte ihr sehr harte Dinge ins Gesicht und zeigte ihr dann jene fatalen Briefe. Sie ließ sich nicht verblüffen – [Textstelle fehlt im Original] von ihrer Hand, und dass ihr Inhalt echt sei; sie nahm diese Gelegenheit wahr, ihm alle seine Fehler vorzuwerfen, und fügte hinzu, dass sie ihm, allem was sie gegen ihn geschrieben habe zum Trotz, treuer ergeben sei als alle andern; wäre sie doch die einzige, die es wage, offen und aufrichtig mit ihm zu sprechen. Ihre von Geist und Energie getragenen Worte machten Eindruck auf den König. Er blieb eine Weile nachdenklich: „Ich verzeihe Ihnen“, sagte er dann, „und bin Ihnen verbunden, denn Sie haben mich überzeugt, dass Sie meine wahrhafte Freundin sind, indem Sie mir die Wahrheit sagten; vergessen wir beide, was vergangen ist, und seien wir Freunde.“ Dann reichte er ihr die Hand und führte sie zur Königin. „Hier“, sagte er, „ist eine gerade Natur, vor der ich die größte Achtung habe.“ Frau von Blaspiel jedoch fühlte sich nicht beruhigt. Sie kannte alle Einzelheiten des schrecklichen Komplotts, das der Fürst von Anhalt und Grumbkow gegen den König und meinen Bruder im Schilde führten. Sie sah es zur Reife gelangen und wusste nicht, welchen Entschluss sie fassen sollte; zu schweigen schien ihr ebenso gefährlich wie zu reden. Aber es ist an der Zelt, dies furchtbare Geheimnis zu enthüllen. Die Pläne der beiden Spießgesellen gingen dahin, den Markgrafen von Schwedt auf den Thron zu setzen und die ganze Regierung an sich zu reißen.

Die Gesundheit des Königs sowie die des Kronprinzen befestigte sich von Tag zu Tag, und dadurch wurden die angenehmen Aussichten, die sich die Ränkeschmiede von dem baldigen Ableben beider versprachen, in die Ferne gerückt. Sie beschlossen, nun selbst einzugreifen. Es war eine gewagte Sache, sie setzten ihr Leben dabei ein; und sie warteten nur auf eine günstige Gelegenheit, um ihren teuflischen Plan auszuführen. Sie bot sich ihnen wie nach Wunsch. Es hielt sich seit einiger Zeit eine Seiltänzertruppe in Berlin auf, welche deutsche Komödien in einem recht hübschen, am Neuen Markte errichteten Theater aufführte. Der König fand viel Vergnügen daran und besuchte es ständig. Diesen Schauplatz wählten sie für ihre scheußliche Tragödie. Es galt, meinen Bruder dorthin zu ziehen, um zwei Opfer ihrer niederträchtigen Herrschsucht preiszugeben. Um jeden Verdacht von ihnen abzulenken, sollten gleichzeitig das Theater wie das Schloss in Brand gesteckt und mein Vater und mein Bruder während der unvermeidlichen Verwirrung, welche die Feuersbrunst hervorrufen würde, erdrosselt werden; denn das Haus, in dem gespielt wurde, war aus Holz, nur mit sehr engen Ausgängen versehen und stets so überfüllt, dass man sich nicht rühren konnte, was ihr Vorhaben begünstigte. Ihre Partei war so stark, dass sie sich der Regierung in Abwesenheit des Markgrafen von Schwedt, der noch in Italien war, sicherlich bemächtigen würden; denn die Armee stand dem Fürsten von Anhalt als oberstem Befehlshaber zu Gebote, und er war bei ihr sehr beliebt.

Es ist mehr als wahrscheinlich, dass Manteuffel, dem vor der furchtbaren Verschwörung graute, sie der Frau von Blaspiel enthüllte und ihr den Tag nannte, an dem sie ausbrechen sollte. Ich erinnere mich sehr wohl – Grumbkow drang in ihn, er möge doch meinen Bruder mit in die Komödie nehmen, unter dem Vorwand, dass man ihn aufheitern und durch Vergnügungen zerstreuen müsse. Es war am Mittwoch. Am darauffolgenden Freitag sollte der Plan zur Ausführung gelangen. Der König hatte ihre Einwendungen begründet gefunden und seine Einwilligung gegeben. Frau von Blaspiel, die zugegen war und von ihrem Vorhaben wusste, erbebte. Da sie nicht länger schweigen konnte, suchte sie der Königin Angst zu machen, ohne ihr doch zu sagen worum es sich handelte, und riet ihr, um jeden Preis zu verhindern, dass mein Bruder dem König folge. Die Königin, welche die Furchtsamkeit meines Bruders kannte, flößte ihm solche Angst vor dem Schauspiel ein und brachte ihn so weit, dass er vor Schrecken weinte, wenn man nur davon sprach.

Als der Freitag gekommen war, befahl mir die Königin, nachdem sie mich mit Zärtlichkeiten überschüttet hatte, den König zu unterhalten, damit er die Stunde, die für die Komödie angesetzt war, vergesse, sie fügte hinzu, dass, wenn es mir nicht gelänge und der König meinen Bruder mit sich nehmen wolle, ich schreien und weinen und ihn womöglich zurückhalten müsste. Um den Eindruck zu erhöhen, sagte sie mir, dass mein Leben und das meines Bruders auf dem Spiele stehe. Ich hielt mich so brav, dass es halb sieben Uhr wurde, ohne dass es der König gewahrte, plötzlich besann er sich aber, stand auf und ging schon, seinen Sohn an der Hand führend, auf die Türe zu, als dieser sich zu sträuben und schrecklich zu schreien anfing. Der König, sehr verwundert, suchte ihn erst in Güte zu bereden, da es aber nichts half und das arme Kind ihm nicht folgen wollte, wollte er es schlagen. Die Königin widersetzte sich, allein der König hob ihn in seine Arme und wollte ihn mit Gewalt davontragen. Ich aber warf mich ihm nun zu Füßen und umschlang sie unter tausend Tränen. Die Königin stellte sich vor die Türe und beschwor ihn, heute im Schloss zu bleiben. Der König, über dies seltsame Gebaren sehr erstaunt, wollte die Ursache desselben wissen. Die Königin wusste nicht recht, was sie sagen sollte. Aber der von Natur aus argwöhnische König schloss, dass irgendeine Verschwörung gegen ihn im Werke sei. Troskis Prozess war noch nicht beendet; er dachte, dass diese Angelegenheit die Besorgnis der Königin hervorriefe. Da er also heftig in sie drang, ihm alles zu sagen, begnügte sie sich, ihm zu erwidern, dass sein Leben wie das meines Bruders gefährdet sei, ließ jedoch Frau von Blaspiel unerwähnt. Als diese Dame sich abends bei der Königin einfand, glaubte sie, dass nach der Szene, die sich zugetragen hatte, sie nicht länger schweigen könne. Sie vertraute ihr das ganze Komplott an und bat sie dringend, ihr für den nächsten Tag zu einer geheimen Audienz beim König zu verhelfen. Es fiel der Königin leicht, sie zu erlangen. Als Frau von Blaspiel dem König alle Einzelheiten mitteilte, von denen sie Kenntnis hatte, fragte er sie, ob sie dies alles auch in Grumbkows Gegenwart aufrechterhalten würde; und als sie dies bejahte, wurde der Minister gerufen. Der hatte seine Vorsichtsmaßregeln längst getroffen und keinen Grund, etwas zu befürchten. Der Generalfiskal Katsch, ein Mann von niederer Herkunft, verdankte ihm sein Glück. Er war der würdige Schützling Gumbkows, das lebendige Abbild des ungerechten Richters aus dem Evangelium und von allen ehrlichen Leuten verabscheut. Grumbkow hatte außerdem zahlreiche Kreaturen in der Justiz und in den Kanzleien. So erschien er dreist vor dem König, der ihm die Aussagen der Frau von Blaspiel bekanntgab. Er beteuerte seine Unschuld und rief, man könne wahrlich nicht Minister sein, ohne sich Verfolgungen ausgesetzt zu sehen, und es ginge ja aus den Briefen der Frau von Blaspiel an Troski zur Genüge hervor, dass dieser Dame nichts so sehr am Herzen läge, wie zu intrigieren und am Hofe Zwist zu erregen. Er warf sich dem König zu Füßen, beschwor ihn, die Angelegenheit mit aller Schärfe und ohne Rücksicht untersuchen zu lassen, und erbot sich, den untrüglichen Beweis für die Falschheit der Beschuldigungen aufzubringen. Der König ließ sodann Katsch rufen, wie Grumbkow richtig vorausgesehen hatte. Trotz aller Spitzfindigkeiten sah sich dieser doch am Rande seines Verderbens; Kasch wusste es von ihm abzuwehren. Er besaß eine erstaunliche Geschicklichkeit im Überführen der Übeltäter, die das Unglück hatten, ihn zum Richter zu haben. Vorsichtige Fragen und schlaue Umschweife setzten sie bald in Verwirrung. Frau von Blaspiel fiel ihnen zum Opfer. Sie vermochte keine untrüglichen Beweise für ihre Anklagen aufzubringen, die infolgedessen als Verleumdungen galten. Da Katsch den König in heftigem Zorn sah, riet er ihm, ihr die Folter aufzuerlegen. Doch behielt der König so viel Rücksicht für ihren Rang und ihr Geschlecht, dass sie von dieser Schmach verschont blieb.

Er begnügte sich, sie noch am selben Abend nach Spandau zu schicken, wohin Troski einige Tage später abgeführt wurde. Sie ertrug dies Missgeschick mit heldenhaftem Mut. Anfangs wurde sie mit Strenge und Härte behandelt. In einem vergitterten, feuchten Zimmer ohne Bett noch Möbel eingesperrt, verbrachte sie drei Tage lang, indem sie nur so viel erhielt, als zum Leben unumgänglich nötig war. Obwohl die Königin sich in guter Hoffnung befand, schonte der König ihrer nicht und teilte ihr in rücksichtsloser Weise die Ungnade ihrer Vertrauten mit. Jene wurde davon so betroffen, dass eine Fehlgeburt befürchtet wurde. Abgesehen von der Zuneigung, die sie für Frau von Blaspiel hegte, erfüllte sie der Gedanke, dass das Testament in den Händen dieser Dame geblieben war, mit tödlicher Angst. Ein glücklicher Zwischenfall befreite sie von dieser Sorge.

Der Hofmarschall von Natzmer, ein Mann von hohem Verdienst und anerkannter Rechtlichkeit, erhielt Befehl, bei Frau von Blaspiel die Siegel anzulegen. Die Königin wandte sich an ihren Kaplan, namens Boshart, um den Marschall von ihrer Sorge in Kenntnis zu setzen und ihn zu bitten, ihr doch um Gottes willen das Testament des Königs auszuliefern. Der Kaplan schilderte ihm die Gefahr, in der die Fürstin sich befand, wenn man das Dokument vorfände, und entledigte sich seiner Aufgabe so gut, dass er den Marschall überredete, dem Wunsche der Königin zu willfahren; was den Plänen Grumbkows sehr zuwider lief. Man fand nichts Verdächtiges unter den Papieren der Frau von Blaspiel und stellte weitere Untersuchungen ein.

Ich habe alle Einzelheiten, die ich hier berichtete, von meiner Mutter, der Königin, vernommen; sie sind nur sehr wenigen bekannt. Die Königin hatte eifrig Sorge getragen, sie zu verheimlichen, und mein Bruder hat seit seiner Thronbesteigung alle Akten des Prozesses verbrannt. Frau von Blaspiel wurde nach einem Jahre in Freiheit gesetzt, jedoch nach Kleve verbannt. Der König sah sie einige Jahre später wieder, begegnete ihr mit großer Zuvorkommenheit und verzieh das Vergangene. Nach seinem Tode berief sie mein Bruder aus Rücksicht auf die Königin zur Erzieherin meiner beiden jüngeren Schwestern, ein Posten, den sie noch heute innehat.

All jene Intrigen, die sich Schlag auf Schlag in Berlin abspielten, hatten aber doch zuletzt den König verdrossen. Er war zu klug, um nicht einzusehen, dass der Fürst von Anhalt und Grumbkow nicht ganz unschuldig sein konnten. So wollte er denn allen Umtrieben ein für alle Mal ein Ende machen und beschloss, den Markgrafen von Schwedt zu verheiraten. Sein enges Bündnis mit Russland ließ ihn nach dieser Seite hin das Auge lenken. Herr von Martenfeld, sein Gesandter in Petersburg, erhielt den Auftrag, um die Herzogin von Kurland (der späteren Kaiserin) für den Prinzen anzuhalten. Der Zar zeigte sich diesem Projekte sehr geneigt. Der Markgraf von Schwedt wurde also aus Italien, woselbst er zu der Zeit verweilte, zurückberufen. Nach seiner Ankunft in Berlin ließ ihm sodann der König den Antrag kundtun und ihm vorstellen, wie vorteilhaft diese Heirat sei und wie geeignet, seinen Ehrgeiz zu befriedigen. Allein dieser Prinz, der noch immer eine Vermählung mit mir erhoffte, weigerte sich entschieden, dem Wunsch des Königs zu willfahren. Da er achtzehn Jahre alt und mündig war, konnte man ihn nicht zum Gehorsam zwingen, und so ließ man die Sache fallen.