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Kitabı oku: «Verbergen und Suchen», sayfa 22

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Eine neue Bewegung an der Tür verhinderte Mr. Blyth, eine Antwort auf dieses freundliche Anerbieten zu geben.

Beim ersten Alarm der Gefahr hatten sich sämtliche Damen, in denen der Trieb der Selbsterhaltung stark entwickelt war, weit weg zur Tür hinaus geflüchtet, die verwitwete Countess voran; sie wagten im ersten Schrecken nicht zurückzublicken und sahen auch nicht, wie das Gemälde ruhig und unbeschädigt zur Erde gelassen wurde. Just als sich dies ereignete, erblickte Lady Brambledown – welche sich in den Türweg geflüchtet – das Erscheinen Madonnas. Mrs. Blyth, welche das starke Geräusch oben gehört und schon einigemal vergeblich nach der Bedienung geklingelt hatte, auch ihren noch nervöser gewordenen Vater nicht allein herunterzuschicken vermochte, hatte Madonna mit ihm herunter gesandt, um Aufklärung über den Vorfall im Studienzimmer zu erlangen.

Beim Herabsteigen mit ihrem alten Kompagnon dachte sie daran, wie sie es vermeiden könnte, gesehen zu werden, denn das war ihr sehr misslich, und doch musste sie einmal in den Saal blicken. Aber alle Vorsicht, dem Gottesurteil des Gemäldezimmers zu entkommen, war vergeblich, als Lady Brambledown sie erblickte. Die verwitwete Countess war eine der wärmsten Verehrerinnen Madonnas gewesen; jetzt nun drückte sie ihre Verehrung mit großer Zärtlichkeit und wahrhaft enthusiastisch aus. Auch dem andern großen Publikum war dies taubstumme Mädchen ein viel interessanteres Gesicht als »Columbus« und das »Goldene Zeitalter«; und Jedes versuchte mit vieler Zärtlichkeit, aber geringer Intelligenz ihr zu erklären, was sich im Saale ereignet habe, ohne dass sie diese Zeichen zu verstehen vermochte. Zum Glück für Madonna hatte sie Zack erblickt. Dieser war seit seiner Durchschneidung des Strickes am Gemälde von zahlreichen Gentleman wahrhaft inquisitorisch mit Fragen über Mr. Marksman bestürmt worden. Jetzt eilte er zu Madonna und gab ihr durch für sie verständliche Zeichen zu verstehen, in welcher großen Gefahr der »Columbus« geschwebt habe. Sogleich versuchte sie fort zu eilen, um Mrs. Blyth diese Nachricht zu bringen, aber Lady Brambledown konnte in ihrer Zärtlichkeit das junge Mädchen sobald noch nicht von sich lassen; sie trat ihr in den Weg und schickte den alten, nervös zitternden Kupferstecher hinauf, um seiner Tochter die Nachricht zu bringen.

Diese Bewegung war es, welche Mr. Blyth bewog, Zacks Freund zu verlassen um zu sehen, was vor der Tür vorging. Er erblickte Madonna, umringt von zahlreichen sympathisierenden und sie bewundernden Ladys. Die ersten erklärenden Worte, die er auf seine stummfragenden Blicke von Lady Brambledown vernahm, belehrten ihn, dass seine Frau den Lärm gehört habe und in großer Angst sei. Mit dem Versprechen, in ein paar Minuten wieder da zu sein, eilte er die Treppe hinauf.

Mr. Marksman folgte Valentin sorglos bis zum Torweg, – sorglos blickte er über einige Ladys hinweg und sah – Madonna gerade in dem Moment, als sie der Countess ihre Schiefertafel überreichte.

Dieses süße, liebliche, wundervoll schöne Gesicht mit den edlen, sanften Zügen der Güte, dieses liebevolle Engelsantlitz blickte mit unaussprechlicher Sanftmut auf die sie betrachtenden Personen und ward endlich bestürzt, als sie mit wahren Adleraugen fortwährend angestarrt wurde. Ihre Kleidung erhöhte den Zauber ihrer Anziehungskraft noch mächtiger und die liebenswürdige Unschuld und Bescheidenheit ihres ganzen Wesens war wirklich ganz unbeschreiblich. Diesem entsprach ihr einfaches graues Merinokleid mit einer vorgebundenen schwarz seidenen Schürze, den größten Kontrast gegen den sie umgebenden Luxus bildend.

Ward der raue Mr. Marksman selbst beim ersten Anblick von ihren himmlischen Reizen gefesselt? Musste auch er unwillkürlich den Zauber ihres Einflusses anerkennen? – Höchst wahrscheinlich, denn seine Manieren und sein ganzes Wesen schienen sich sehr zu verändern.

Beinah in demselben Moment, als seine Augen sie erblickten, färbten sich seine narbigen, dunkelbraunen Wangen mit jener eiskalten erdfahlen Blässe, ganz so wie in Dibbledean bei der alten Johanna Grice. Der erste erstaunte Blick, den er auf sie warf, versenkte ihn allmählich in ein düsteres gedankenvolles Starren mit wahrhaft abergläubischer Furcht. Regungslos stand er da und schien kaum zu atmen; nur der Kopf einer vor ihm stehenden Person brachte ihn aus diesem düsteren Hinstarren, indem er ihn durch Zwischentreten am Sehen verhinderte. Er trat einige Schritte zurück, blickte dann äußerst wild über ihn hinweg, als hätte er ganz und gar vergessen, wo er sei. Dann rang sich ein tief schmerzlicher Seufzer aus seiner Brust hervor und flüsterte den Namen »Marie!« ähnlich, wie ihn des Tabakhändlers Frau gehört, als er in jenem schweren düsteren Schlafe lag. Plötzlich wandte er sich schnell zur Tür, als hätte er sich fest entschlossen, den Saal sogleich zu verlassen.

Aber es war ein unerklärlicher Zug in seinem Herzen, der ihn zwang ganz gegen seinen Willen umzukehren. Er ging wieder zurück zur Gruppe, welche Madonna umringte, schaute noch einmal in ihr himmlisch seliges Antlitz, scharrte ununterbrochen fort, verfolgte jede ihrer Bewegungen, bis sie verschwand und zur Treppe hinaufeilte. Denn als Mr. Blyth zurückkehrte, bat sie ihn, sie aus der Versammlung zu befreien, was Mat über des Malers Schulter sehen konnte. Der junge Thorpe bot ihr seine Dienste an, sie aus dem Saale zu führen, und nickte ihr freundlich zu, als sie das Zimmer verließ. Alles dies beobachtete Mr. Marksman, denn er stand dicht hinter Zack.

Siebentes Kapitel – Das Auffinden eines Richtungspunktes

Als die anziehende Zentralsonne verschwunden war, zerstreuten sich auch Mr. Blyths Freunde im Saale umher und ein Teil derselben näherte sich der Ausgangstür. Nachdem Zack das Fräulein aus dem Zimmer geleitet, drehte er sich rasch und stieß sogleich wieder auf seinen alten finsteren Freund, welcher wieder regungslos dastand, während sich alle andern Personen um ihn her recht eilig hin und herbewegten.

»Ei, Mat, ist denn der Teufel in Euch gefahren? Seid Ihr krank? Habt Ihr Euch beim Gemäldeheben verletzt?« fragte Zack, erschrocken über den unbegreiflichen Wechsel, den er in Mr. Marksmans Gesicht und Manieren erblickte.

»Komm heraus«, sagte Mat. Der junge Thorpe war noch erstaunter, als er auch eine totale Veränderung seiner Stimme vernahm.

»Könnt Ihr noch zwei Minuten warten, alter Junge? Ich will nur zu Mrs. Blyth hinaufgehen und sagen, wie Ihr Euch befindet? Aber wenn Ihr wirklich außer Fassung seid und —«

»Komm heraus«, wiederholte Mat, ergriff ihn heim Arm und zog ihn fast gewaltsam aus dem Zimmer.

»Was ist denn Unglückliches passiert?« fragte Zack. Keine Antwort. Sie gingen stillschweigend des Weges entlang zur Gartentür. Als sie auf einem einsamen Nebenweg der Vorstadt gelangten, stand Mr. Marksman plötzlich still, blickte seinen Gesellschafter scharf an und fragte:

»Wer ist sie?« Die plötzliche Heftigkeit, mit der er sprach, so ganz verschieden und befremdlich von seiner gewöhnlichen Sprechweise in Ton und Stimme, riefen einen wahren Schrecken in Zack hervor.

»Sie? – Wen meint Ihr?« fragte der junge Thorpe, noch erstarrt über die drei schrecklichen Worte.

»Das junge Frauenzimmer, über das sie Alle starr waren.«

Einen Augenblick betrachtete Zack die sichtbare Angst in seines Freundes Antlitz mit einer gewissen Bestürzung, dann brach er in ein lautes und sehr langes Gelächter aus, das nicht enden zu wollen schien. »Oh, beim Jupiter, ich würde diesen Spaß nicht für fünfzig Pfund missen! Jetzt ist der alte raue Eisbär von einer zärtlichen Passion gefangen, gleich allen Übrigen. Schämt Euch, alter unverschämter Bettler, schämt Euch! Ihr habt Euch sogleich beim ersten Anblick in Madonna verliebt.«

»Der Teufel hole Dein Gelächter. Sage mir, wer sie ist.«

»Oh. Gott! er hat seinen Verstand verloren. Sagen wer sie ist, das kann ich durchaus nicht.«

»Warum nicht? – Was meinst Du? Gehört sie dem Manne?«

»Oh, pfui, Mat! Ihr müsst nicht von einer jungen Lady so reden, als ob sie einem Manne wie ein Stück Möbel gehöre, oder wie ein Kapital zu drei Prozent. Verwirrt und erschreckt mich nicht, Mat! – Ihr werdet mir wohl noch den Arm ausziehen!! Lasst mich los und ich will Euch alles sagen.«

»Erzähle! Aber schnell.«

»Wohl an, zuerst, sie ist nicht Blyths Tochter – obgleich einige gern Skandale erzählende Leute erzählt haben, sie sei es.«

»Auch nicht sein Weib?«

»Auch nicht sein Weib. Welche Frage! Er adoptierte sie, wie man es nennt, schon vor vielen Jahren, als sie noch ein Kind war. Aber wer sie ist, oder wo er sie auffand, oder wie ihr wahrer Name heißt, das hat er noch niemandem erzählt und wird er auch niemandem erzählen. Sie ist die beste, liebevollste kleine Seele von der Welt, und das ist alles, was ich von ihr weiß. Ist’s nicht eine kurze Geschichte, alter Knabe? – aber verteufelt romantisch – ist’s nicht so?«

Mr. Marksman antwortete nicht sogleich. Atemlos horchte er auf die wenigen Worte, womit ihm Zack Aufschluss gab, wiederholte sie einige mal für sich selbst, versank in Nachdenken und sagte dann:

»Warum will er niemanden sagen, wer sie ist?«

»Wie soll ich’s wissen? – Es ist eine Grille von ihm. Und ich will Euch was sagen, Mat, ich will Euch einen ernsten Rat geben. Wenn Ihr etwa hingehen wollt, um ihre Bekanntschaft machen, so fragt Blyth nicht, wer sie ist, oder lasst Euch nur gar nicht merken, dass Ihr’s wissen wollt. Er ist in diesem Punkte sehr empfindlich – ich kann nicht sagen, warum – Aber er ist es. Jedermann hat irgendwo eine wunde Stelle, und dies ist Blyths empfindliche Seite. Wenn Ihr sie irgendeinmal berührt, so dürft Ihr sein Haus gewiss nicht wieder betreten; das sage ich Euch.«

Still und ruhig hörte Mr. Marksman mit gespannter, wahrhaft gieriger Aufmerksamkeit auf jedes Wort – er fixierte seine eigenen Augen streng auf seines Informators Gesicht – dann wiederholte er still murmelnd für sich, was Zack ihm gesagt hatte.

»Nebenbei gesagt: Ich setze voraus, Ihr habt bemerkt, dass die arme, teure Seele taubstumm ist«, ergänzte Zack. »Sie ist es von Kindheit auf gewesen. Irgendein Unfall, ich glaube ein Sturz, verursachte es. Aber es hat ihren Geist nicht berührt. Sie ist heiter und glücklich, so lange der Tag graut – und das ist ein großer Trost.«

»Arme Creatur! – und dabei doch so liebenswürdig. Es war mir beinah schauerlich – war es doch, als wäre der bleiche Tod wieder zum blühend schönen Leben erwacht! – Sie hat ganz Maria’s Kopfbildung, – armes Wesen! – arme Kreatur! —« Diese Worte rangen sich unter tief schmerzlichen Seufzern aus seiner Brust. Er drehte sich um, blickte auf die Erde, der Atem stockte ihm fast und eine unaussprechliche Seelenangst schien sein ganzes Wesen gewaltig erfasst zu haben.

»Oh, zum Henker! Lasst Euch nicht vom Schmerz übermannen«, rief Zack und begann Von Neuem zu lachen; dabei gab er seinem Freunde scherzhaft eine Ohrfeige. »Eure verzweiflungsvolle Liebe darf Euren Charakter nicht verändern, alter Knabe. Mut gefasst! Wir alle sind in sie verliebt; Ihr rudert in demselben Nachen mit Bullivant, Gimble und mir, Glück auf! Auch Ihr werdet behandelt werden, wie wir alle. Ich werde als großmütiger Rival gegen Euch handeln, Bruder Mat.« Hierbei nahm er eine stolze Haltung an. »Ich werde Euch den Vorteil meiner Erfahrung und meinen Rat gratis geben. Wie gedenkt Ihr Eure Liebeserklärung anzubringen? Habt Ihr Euch jemals um eine Indianerin beworben? Oh, Gott! Es wird mein Tod sein, wenn er hingeht und sie sentimental anblickt.« So spottete der leichtsinnige Zack weiter.

»Sie ist nicht sein Weib und nicht seine Tochter, er wird nicht sagen, wer sie ist und wo er sie aufgefunden hat.« Diese Worte flüsterte Mr. Marksman einige mal schnell für sich hin und wurde noch weit gedankenvoller als jemals. Er blickte weg von Thorpe und schien nicht ein einziges seiner Worte zu vernehmen. Sein Geist brütete über einer der Johanna Grice abgepressten Antwort in Dibbledean – Maries Kind sei lebend zur Welt gekommen!

»Wacht auf, Mat! Ihr sollt den schönsten Erfolg mit der Lady haben und dann auch mit uns. Ich werde es unternehmen, Euch zum zivilisierten Liebhaber zu qualifizieren«, fuhr Zack in seinen unbarmherzigen Spöttereien weiter fort. »Erstens dürft Ihr niemals über eine leidenschaftliche Bewunderung in ehrfurchtsvoller Entfernung hinausgehen, das merkt Euch stets. Zweitens dürft Ihr nur in geschlossenen Zimmern verliebte Gesichter machen und durch die Augen etwas Unaussprechliches sagen. Drittens müsst Ihr dann so kühn werden und sie durch ein kleines Präsent zu gewinnen suchen. Dies haben schon viele vor Euch getan. Gimble versuchte es und Bullivant wollte es ebenfalls, aber Blyth verhinderte es. Und ich meine, ihr zu geben – oh, beim Jupiter! Ich muss Euch noch eine andere wichtige Vorsicht anraten. Hier platzte er wieder in ein berstendes Gelächter aus, indem er sich an sein Zusammentreffen mit Mrs. Peckover in Blyths Hausflur erinnerte. Bedenkt, dass die Auswahl der Geschenke sehr groß ist, und dass Ihr ihr alles schenken dürft, mit Ausnahme eines einzigen Gegenstandes, und zwar – eines Haarbracelets. Denkt also nicht daran, ihr ein solches zu geben. – Hallo! Wie ist Euch? Was fehlt Euch? —«

Zacks Gelächter brach plötzlich ab. Mat hatte schnell seinen Kopf erhoben und starrte ihm wieder ins Gesicht, aber diesmal mit einem durchdringenden scharfen Blicke, in dem argwöhnisches Erstaunen mit zweifelhafter Neugierde befremdend gemischt war.

»Ihr müsst wegen eines kleinen respektablen Scherzes nicht ärgerlich über mich werden. Seid Ihr erzürnt gegen mich?« fragte Zack. »Zum Henker damit! Ich habe nicht ein einziges Wort gesagt – halt! Doch, ich habe es, aber ich meinte es nicht böse damit. Ihr blicktet mich mürrisch an, als ich sagte, Ihr solltet ihr kein Haarbracelet geben. Und ich wette fünf gegen eins, Ihr dachtet, ich triebe Spott, weil Ihr kein einziges Haar auf dem Kopfe habt, um es an irgendjemand verschenken zu können. Verhält sich’s nicht so? – Ist es nicht so, alter Kumpan!? Ich bin nicht so ein elender Wicht, um über Euer Unglück zu spotten. Ich dachte wahrhaftig nicht an Euren Kopf, noch an das höllische Skalpieren, als ich jene scherzhaften Worte sprach. Wahrlich! ’s ist wahr – es fuhr mir nur so unbedacht heraus. Mat! Blickt mich nicht so an, wie ein alter Wilder. Ich will Euch die Sache erzählen. Hört an! Ich selbst wollte ihr ein Haarbracelet von meinen und Blyths Haaren schenken. Aber ein altes mürrisches Weib, das sowohl Madonna (diesen Namen gaben wir ihr) als Mr. Blyth zu kennen scheint, fiel darüber ganz unerwartet bösartig über mich her. Sie erging sich in losem Geschwätz und sagte, ein Haarbracelet würde für Madonna Unglück bedeuten. Auch habe sie schon eins, jedoch wollte sie mir nicht gestatten, Blyth zu fragen, ob es wahr sei, und fügte noch hinzu, dass sie in schrecklichen Zorn gegen mich geraten würde, wenn ich mit ihm ein Wort darüber spräche. Sie schwatzte noch manches andre Zeug, was Euch nicht weiter interessieren wird. – Nun habe ich genug gesagt – habe ich nicht? – Ich wollte Euch überzeugen, dass ich an gar nichts dachte, als ich die Worte so in Spaß heraus polterte. Kommt, gebt mir die Hand, alter Junge. Ihr werdet Euch nun nicht mehr hierdurch beleidigt fühlen können, da ich Euch die Sache erklärt habe.«

Mat reichte ihm langsam die Hand, aber gleich einem Manne, der im Dunkeln tappt. Er dachte aber an das das Haarbracelet betreffenden Brief, welchen er im Koffer der Johanna Grice gefunden hatte.

»Ein Haarbracelet?« sagte er gedankenlos.

»Seid nicht wunderlich!« rief Zack, indem er ihn auf die Schulter schlug.

»Ein Haarbracelet – unglücklich für das junge Frauenzimmer – und sie hat schon eins bekommen, —« so wog er in schmerzlicher Betrachtung jedes leichte Wort ab, das Zack zu ihm gesprochen hatte. »Wie sieht es aus?« rief er laut, gegen Thorpe gewendet.

»Wie es aussieht? —«

»Ein Haarbracelet.«

»Ungeachtet meiner Erklärung klebt er immer noch daran. Wie es aussieht? – Man flechtet das Haar rund, um das Armgelenk zu umfassen; beide Ende werden in Gold gefasst und dann zusammengeheftet. Was der Teufel habt Ihr denn schon wieder? – Ich will Euch was sagen, Mat, ich habe für einen Mann in Eurer verliebten Situation jede Nachsicht – aber wüsste ich nicht, wie Ihr den Morgen zugebracht habt, so würde ich Euch für betrunken halten.«

Sie waren schnell weiter gewandert, während Mr. Marksman fragte, wie ein Haarbracelet aussehe. Nachdem es ihm Zack beschrieben, stutzte er, – blieb gedankenvoll stehen und wechselte die Gesichtsfarbe, dann öffnete er seine Lippen zum Sprechen, vermochte es aber nicht und verharrte in seinem Stillschweigen weiter. Thorpes Beschreibung hatte ihm einen Gegenstand wieder ins Gedächtnis gerufen, den er in Mr. Blyths Bureau gesehen und der Ähnlichkeit damit hatte. Die Wichtigkeit, welche diese Entdeckung in seinen Augen annahm, in Verbindung mit dem, was er bereits gehört hatte, lässt sich ermessen. Er war nämlich bei seinem wilden Leben ganz unbekannt damit geblieben, dass ein Haarbracelet in England einer der gewöhnlichsten Schmuckgegenstände weiblicher Toilette ist. —

»Sind wir im Begriff, hier für immer stehen zu bleiben?« fragte Zack. »Oh, ermannt Euch! Während Ihr Euer mürrisches, finsteres Wesen wieder in sanfte Sentimentalität umwandelt, will ich zu Mrs. Blyth zurückgehen, um mit ihr ein wenig zu plaudern und für euch den Weg anzubahnen, alter Knabe.« Mit diesen Worten drehte er sich um und wanderte wieder in der Richtung nach Mr. Blyths Hause fort, sich schon über die vielen Scherze im Geiste freuend, die er dort mit seinen Freunden über Madonnas neueste Eroberung haben werde.

Mat versuchte ihn nicht daran zu hindern und sagte nicht ein Wort der Teilnahme. Er strich seine Hand ermüdet über die Augen, als ihn Zack verließ. »Ich bin nüchtern«, sagte er gedankenlos zu sich selbst. »Ich träume nicht, – ich bin nicht wahnsinnig, obgleich mir‘s vorkommt, als wäre ich’s. Ich sah das junge Mädchen vor mir, wie ich jetzt die Häuser sehe. Und bei Gott, wenn sie Maries Geist gewesen wäre, sie konnte ihr nicht ähnlicher sehen.«

Er blieb stehen. Seine Hand fiel zur Seite herab, dann hielt er sich mechanisch an dem Geländer eines Hauses. Seine rauen verunstalteten Finger zitterten an den Eisenstangen, die er fortwährend festhielt. Verschwundene Erinnerungen längst vergangener Zeiten tauchten wieder in seinem Geiste empor, Erinnerungen, welche Jahre lang geschlummert hatten, erwachten in schauerlicher Gestalt und begannen mit ihm zu leben und ihn überall hinzubegleiten. Aus der dunklen Vergessenheit und langen Abwesenheit – aus dem kalten düsteren Grabe trat jetzt eine lebendige Gestalt feierlich in sein Gedächtnis; – es erschien ihm in jugendlicher Gestalt ein lieblich schönes Frauenbild, – ach! es war die tote Marie —

Und das Antlitz der toten Marie, o Wunder war ja nur das Antlitz jenes armen jungen Mädchens, es waren die seinen, lieblich zarten Gesichtszüge der unglücklichen taubstummen Kreatur! —

Er versuchte sich von diesen schauerlichen Einflüssen, welche in ihm lebten und wirkten, zu befreien. Er machte einige Schritte vorwärts, blickte sich um – »Zack!« – Wo aber war Zack?

Weit weg war er, kaum noch am Ende der einsamen Vorstadtstraße sichtbar, schwang er seinen Stock und schlenderte weiter.

Ohne zu wissen, was er tat, drehte sich Mat augenblicklich um, wankte ihm nach und versuchte ihn wieder zurückzurufen. Der dritte Ruf erreichte ihn: er hielt an, schwankte unentschlossen, machte einige komische Gestikulation mit seinem Stocke in der Luft und begann dann seine Schritte wieder zurückzulenken. Die Wirkung des Gehens und Rufens brachte Mats Gedanken wieder in andere Richtung. Jetzt beschäftigten ihn die von Zack gegebenen Winke über die unbegreifliche Verbindung zwischen einem vermuteten Haarbracelet und dem jungen Fräulein, das man Madonna nannte. Mit dieser Erwägung kam ihm auch die Erinnerung an jenen Brief über ein Bracelet und die in demselben eingeschlossenen Haare wieder ins Gedächtnis zurück, an jenen Brief, den er unter dem allein stehenden Viehschuppen bei Dibbledean gelesen und wieder in den kleinen Koffer gelegt hatte, der auf der Außenseite den Namen »Marie Grice« trug und den er nun in seiner Wohnung hatte.

»Holla! Da bin ich!« rief Zack, als er wieder ankam. »Hallo! Alter Cupido, was wünscht Ihr von mir? —«

Mr. Marksman antwortete nicht sogleich. Seine Gedanken waren noch mit demselben Gegenstande beschäftigt, um alles vorsichtig zu ergründen. Er dachte noch an den kleinen Zirkel geflochtener Haare mit Goldeinfassung, der groß genug gewesen war, einen weiblichen Arm zu umfassen, und den er in der Schublade von Mr. Blyths Bureau gesehen hatte! Er glich ganz dem von Zack beschriebenen Gegenstand. Bracelet genannt, und so kam er nach und nach immer mehr zu der Überzeugung, dass dies auch ein Haarbracelet sein müsse.

»Nun Mat, lasst uns hier nicht warten«, fügte Zack lachend hinzu, als er näher kam; »Hand aufs Herz, und gebt mir Eure zärtliche Botschaft an die zukünftige Mrs. Marksman.«

Die Geschwätzigkeit des jungen Thorpe schien auch Mat zur Mitteilsamkeit zu stimmen und dessen Zunge zu lösen. Er begann über das zu reden, was er in Mr. Blyths Bureau gesehen, – endigte aber sogleich wieder, als einige Worte über seine Lippen gekommen waren. Jedoch verloren seine Augen in diesem Moment den gedankenlosen verwirrten Blick und glänzten wieder mit Intelligenz, List und wachsamer Beobachtungskraft.

»Wie heißt der wahre Name des jungen Frauenzimmers?« frug er sorgenvoll, just als Zack ihn eben zum dritten Mal verspotten wollte.

»Ist das alles, weshalb Ihr mich zurückgerufen habt? Der Teufel hole Eure verliebte Unverschämtheit. – Wie ihr wirklicher Name heißt? – Ihr wirklicher Name ist Marie. —«

Mat hatte diese inquirierende Frage mit dem Aussehen eines Mannes gesprochen, dessen Gedanken weit weg von seinen Worten sind, und der nur spricht, weil er das Bedürfnis fühlt, etwas zu sagen. Zacks Antwort verursachte ihm aber den heftigsten Schrecken und versetzte ihn in die ängstlichste Spannung.

»Marie!« wiederholte er im Tone größter Bestürzung. Dann fügte er schnell hinzu:

»Wie sonst noch, außer Marie? —«

»Wie soll ich’s wissen? Habe ich nicht vor einer halben Stunde versucht, es in Euren alten Kopf zu bringen, dass Blyth zu niemandem auch nur irgendein Wort über sie sagt?«

Mat wendete sich ein klein wenig zur Seite.

Die Geheimhaltung in welche Mr. Blyth Madonnas Vergangenheit hüllt, und der besondere Platz in der geheimsten Schublade des Bureaus, wo das Haarbracelet lag, begannen sich unbestimmbar miteinander zu verwischen. Ein sonderbares Lächeln umschwebte seine Lippen und aus seinen Augen glänzte die Schlauheit recht listig hervor.

»Der Maler wird nicht das Geringste über sie aussagen, ganz gewiss nicht! Vielleicht wird es das Ding in seiner Schublade.« Diese Worte murmelte er für sich hin, steckte die Hände in die Tasche und stieß mechanisch einen Stein aus dem Wege, der vor seinen Füßen lag.

»Was murmelt Ihr denn noch darüber«, fragte Zack. »Glaubt Ihr, ich soll hier ewig stehen und das Vergnügen haben, Eure Selbstgespräche mit anzuhören? – Wenn Ihr mich wieder einmal ruft, so könnt Ihr lange Zeit rufen, bevor Ihr mich wieder zurückbekommt, alter Knabe. Mit diesen Worten schlug er seinen Freund recht lebhaft auf die Schulter und lief in der Richtung nach Mr. Blyths Hause davon.

»Es war ein Haarbracelet. Ich weiß es nun, ganz wie Zack sagte, es war ein Haarbracelet,« diese Worte murmelte er für sich hin, die Hände in die Taschen gesteckt und mit dem Fuße wegstoßend, als läge ein Stein im Wege.

»Ich will sehen, ob ich nicht mit Mr. Blyth einen Spaß über Euch haben kann!« dachte der junge Thorpe, als er einen Augenblick stehen blieb, um zu sehen, ob Mat nach Hause ging oder nicht.

»Ich werde sehen, ob ich nicht einen andern Blick auf Deines Freundes Haarbracelet tun kann«, dachte Mr. Marksman, nickte über die Schulter nach Zack und eilte dann in der Richtung nach Kirt Street schnell fort.

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06 aralık 2019
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