Kitabı oku: «Kreuzweg zu anderen Ufern», sayfa 2

Yazı tipi:

Irgendwie hatte ich mal einen Telefonhörer eingehandelt, den wohl mal jemand in einer Telefonzelle hatte mitgehen lassen. Manfred besaß einen Kopfhörer, der sicherlich im Krieg in einem Panzer gedient hatte. In der Mittelschule hatte er im Physikunterricht gelernt, dass man mittels zweier Drähte zwischen zwei Kopfhörern kommunizieren kann, ganz ohne Strom und Verstärker. Wir probierten es aus. Und wirklich, es klappte auf kurze Entfernung! Also schmissen wir alle unsere Ersparnisse zusammen, verzichteten einen Monat auf Tabak und Kaugummi und holten beim Elektro-Maier 90 Meter isoliertes Kabel. Dieses band ich abends am Fensterladen-Halter an und entrollte es bis zu Manfreds Schlafzimmerfenster. Der bohrte ein Loch in den Fensterrahmen, zog die Litze hindurch und schloss seinen Kopfhörer an. Ich eilte zurück, schlich durch den Keller ins Haus, dann leise die Treppe hinauf. Mein Bruder hörte wie immer lautstark sein Transistorradio, er war also kein Hindernis. Ich nahm den Telefonhörer, drehte die Drähte zusammen und klopfte auf die Muschel, wie ich es mit Manfred ausgemacht hatte. Und prompt kam die Antwort, ein Klopfen seinerseits! Und dann hörte ich seine Stimme. „Wolfi, hörst du mich?“ „Klar doch! Ich höre dich als würdest du vor der Tür stehen!“ Ihr werdet mir glauben, dass wir stolzer waren als Edison und Bell zusammen!

Unser Fähnchen-System diente von nun an, um anzuzeigen, dass man den anderen sprechen wollte. Auf dem Müllplatz hatten wir beim ‚Auskundschaften‘ zwei Haustür-Klingeln im Dreck gefunden, und, bevor der Wächter der Müllkippe sie fand, schnell unterm Hemd versteckt. Wenn wir nicht telefonierten, hängten wir sie an der Telefonleitung an. Ich brauchte also nur eine Flachbatterie anzuklemmen und beim Manfred läutete es. So hatten wir eine echte Telefonverbindung, noch bevor unsere Eltern einen Anschluss hatten. Später verlängerten wir die Leitung noch bis zum Nori, der drei Blöcke weiter wohnte. Was uns wie ein Wunder erschien, war, dass weder meine Eltern, noch mein Bruder oder die Hausmeister von Manfred und Norbert etwas mitbekommen haben. Jahrelang funktionierte unser System, wenn auch manchmal im Winter unter der Schneelast die Leitung abriss.

Ja, Manfred war schon ein netter Kerl und guter Kumpel, aber, wie gesagt, ein ziemlicher Angeber. Immer eine tolle Frisur, geschniegelte Haare mit einer Welle vorne über der Stirn wie Peter Kraus, von dem gerade der Schlager ‚Wenn Teenager träumen‘ in der Hit-parade auf Nummer eins war. Eines Tages verweigerte ich das Haare-Schneiden durch meinen Vater, der uns, wie die Freunde spöttisch meinten, einen ‚Topfschnitt‘ verpasste, und ließ mir vom Frisör einen ‚Façon-Schnitt‘ machen, so wie Manfred einen hatte, mit Koteletten vor den Ohren. Mein Vater tobte: „Das ist rausgeschmissenes Geld, der hat ja gar nichts abgenommen, der Mrasek, das nächste Mal gehst du zum Kolb!“ Der Kolb, der Stotterer, wie wir ihn nannten, führte einen Monat später auf meine Anweisung auch einen Façon-Schnitt aus, nur mit ein paar Stufen drin, weil er eben, wie jeder Frisör, dauernd quatschte und seine Schere sich seiner Aussprache anpasste. Nur waren meine Haare nicht so pflegeleicht, wie die vom Manfred. Sie widersetzten sich und zeigten in alle Richtungen. Doch die Mutter hatte Abhilfe in ihrem Laden: Fliederduftendes Haaröl, mit dem ich jetzt jeden Morgen meinen Pelz einölte. Da glänzte meine Birne und manchmal lief das Zeug bis in den Kragen. Sie wenigstens stand auf meiner Seite, war sie doch, wie jede Mutter, stolz auf ihre Jungen!

Manfred, der ein richtiges Taschengeld von den Eltern bekam, kaufte ein kleines Transistorradio, das er vorne auf dem Lenker seines Fahrrades befestigte. Da fühlte er sich wie in einem Auto, meinte er stolz. Wir beneideten ihn, reichte doch unser ‚Fuchzgerl‘ pro Monat gerade mal für ein paar Hubble-Bubble, so ein Kaugummi mit Balsam-Geschmack, oder, wenn wir zusammenschmissen, für ein Paket Krüll Tabak oder eine Halbe Bier.

Wir trafen uns normalerweise an Stellen, wo wir alles im Auge hatten. Dort saßen wir auf einem Zaun und beobachteten. An versteckten Plätzen trafen wir uns nur, wenn wir Unsinn vorhatten oder rauchten oder einer ein Pornoheft dabeihatte. Kam ein Mädchen vorbei, so redeten wir ganz wichtigtuerisch und laut unter uns. War sie vorbei (meist wechselte sie früh genug auf die andere Straßenseite hinüber), dann pfiffen manche anerkennend und wir schauten ihr nach, Sie anzureden traute sich keiner. Nori pfiff am lautesten. Er konnte das sogar, ohne die Finger zu benutzen. Wir versuchten es auch. Mit den Fingern auf der Zunge kotzten wir schier, ohne Finger glichen unsere Versuche eher dem Zischen eines Wasserkessels.

Ein Mädchen fiel uns besonders ins Auge. Lange schwarze, zu einem Zopf geflochtene Haare, eine tolle Silhouette. Sie wohnte in der Siedlung und war vor nicht langer Zeit mit ihrer Mutter in eines der neuen Reihenhäuser eingezogen. „Weiß jemand, wie die heißt?“, fragte Jürgen. Niemand wusste es, da sie nicht hier in die Schule gegangen war. „Das ist eine Klumse!“, meinte Nori. „Wieso Klumse?“, wollte ich wissen, „was ist denn das?“ „Na, die Möse, die Büchse, da wo die Fummel sitzt, das kleine Ding, was wie ein Miniaturpimmel aussieht. Ich hab´ da letztens ein Foto in einem der ‚Wichshefte‘ (Pornohefte) von meinem großen Bruder gesehen, schaut aus wie ne offene Muschel!“ „Kannst du das nicht mal besorgen? Würde ick gerne ooch mal sehen!“, meinte sein Cousin. „Nee, geht nich! Alleine schon, wenn der wüsste, dass ich seine Heftle entdeckt habe!“ „Dann nennen wir sie ‚Olgate‘, bis wir ihren richtigen Namen wissen!“, meinte Manne. Wir mussten unwillkürlich kichern. „Klingt ja wie Zahnpaste!“, bemerkte Günther. „Bestimmt riecht sie auch so beim Küssen! Schöne weiße Zähne hat sie ja!“ Also schauten wir ihr vorerst nur interessiert von ferne nach.

Als wir mal zusammen eine Maß Bier beim Tischfußballspielen im Adler tranken, bemerkten wir, dass Olgates Mutter dort bediente. Sie war genauso knackig wie ihre Tochter, trotz des Altersunterschiedes. „Deshalb hat sie also keinen Vater!“, stellte jemand logisch fest. „Das muss wohl einer der Gäste gewesen sein. Aber wie ein Freudenmädchen schaut die wirklich nicht aus!“ Bis dann eines Tages Manfred uns strahlend mitteilte, dass sie Bärbel heißt. Und dass sie eine Weile zusammen gesprochen hatten. „Und worüber?“, wollte Günther wissen. „Na ja, nicht so wie wir untereinander reden, sie ist doch ein Mädchen! Auf jeden Fall treffen wir uns morgen wieder, und zwar, ihr werdet´s nicht glauben, bei ihr zu Hause!“ „Du kohlst uns an!“ „Nein, echt wahr, sie sagte mir, ihre Mutter hat nichts dagegen, wenn sie einen Freund hat, und dass sie ihn mitbringen darf!“ Wir waren baff.

Von jetzt an trafen Manfred und Bärbel sich alle paar Tage, manchmal hielt sie auch bei unserer Gruppe an, wenn Manne dabei war und wir quatschten miteinander. Einmal sah uns meine Mutter. Vielleicht kam sie vom Metzger oder sonst wo her. Sie warf mir einen solchen missachtenden Augenblitz zu, dass ich dachte: „Au weia, das steht noch was bevor!“ Abends dann kam das Gewitter: „Dass ich dich ja nicht mehr mit diesem Flittchen sehe! Ein uneheliches Kind, die Mutter bedient in der Kneipe! Aus der wird mal genau das Gleiche wie ihre Mutter! Das ist kein Umgang für dich! Wenn ich das nochmal sehe, sag ich´s dem Vati und dann kriegste was ab!“ Sollte ich ihr erklären, dass sie die Freundin vom Manfred ist? Und dass sie eine sehr aufgeschlossene Mutter hat? Quatsch! Welchem Kind ist es je gelungen, seinen Eltern etwas zu erklären! Da ist es noch einfacher, im Matheunterricht ein Problem in einen Dreisatz umzuwandeln und zu lösen!

KIRCHGANG

Sonntags zum Kirchgang war immer Anzug und großer Staat angesagt. Für viele, vor allem die Frauen, glich das einer Modenschau. Auch wir Jungens hatten da unsere Eitelkeit. Jeans waren gerade in Mode. Natürlich mussten das ‚Lewi’s‘ sein und hauteng. Notfalls taten es auch ‚Mustang‘, eine billigere Marke mit einem eingestanzten Pferd auf einer seitlich über dem Gürtel angenieteten Lederplakette. Manfred wusste, wie man Jeans anpasst: „So eng wie möglich kaufen, so, dass du gerade noch reinpasst, anziehen und in die Badewanne setzen. Dann mit den nassen Jeans rausgehen und solange laufen, bis sie trocken sind.

Das war bei uns nicht möglich. Schon alleine die Jeans kaufen! Einmal hatten die Eltern uns zweien dunkelrote Jeans gekauft, natürlich keine Lewi’s, denn die waren zu teuer. Irgend so ein Kaufhaus-Gelump, billig und im Räumungsverkauf. Als wir damit das erste Mal auf die Straße gingen, waren wir der Spott des Dorfes, mein Bruder und ich. „Die Red-Jeans-Bande!“, spotteten die Kumpel und zeigten verächtlich mit den Fingern auf uns, „Wie ein paar Tunten vom anderen Ufer!“ Wir zogen die Hosen nie wieder an. Unsere Eltern wunderten sich, dass die Hosen nicht verschlissen. „Das ist halt noch Qualität, trotz des niedrigen Preises!“, lobte die Mutter, die gar nicht merkte, dass wir sie nie anzogen, nur ab und zu auf den Wäschehaufen schmissen. Von unserem ersten während der Ferien selbstverdienten Geld kauften wir uns Mustang-Jeans, gingen damit zum Schwarzfischen in den Rohrbach und warteten bis sie wieder trocken waren. Aber am Abend da wieder rauskommen! Wir mussten einander helfen uns von den Hüllen zu befreien. Und unsere Unterhosen waren ganz blau geworden und unsere Beine ebenfalls! Wir stopften die Unterhosen unten in die Mülltonne, damit die Mutter nichts bemerkte.

Natürlich wurden die neuen Jeans in der Kirche vorgezeigt! Und da Krawatten uns zu spießig waren und ich auch den Knoten nie hinkriegte, hatte Manfred die Idee des Jahrhunderts gehabt: John Wayne und Gary Cooper, die Hollywood-Cowboys – wer kannte ihre Filme nicht – waren unsere Vorbilder, unsere wahren Helden! Sie zeigten uns, wie man sich Damen gegenüber benimmt, kurz, wie sich ein richtiger Kavalier zu verhalten hat, wenn’s sein muss, mit Faustschlägen! In einem Stoffladen hatte Manfred einen Rest schwarzes Seidenband gekauft und es sich um den Hemdkragen gebunden. So sah er aus wie ein Sherif, der gerade zum Duell antrat, wenn er in der Schlange der Kommunizierenden langsam zum Altar voranschritt. Und ich hinter ihm, die Leute hielten mich sicherlich für den Hilfs-Sherif, mit einem dunkelblauen Band um den Kragen meines weißen Hemdes, denn den Restposten schwarzes hatte ja der Manne gekauft. Natürlich machten noch ein paar andere diese Mode nach. Manfred fühlte sich richtig stolz, doch ich kam mir irgendwann blöd vor zwischen den Lederhosen-Seppln und den Dirndln und wickelte das Band meinem schon länger vernachlässigten Teddybären um den Hals. Sogar meine Mutter fand das gut, „das steht dem jedenfalls besser als dir!“

Von wegen ‚stehen‘! Die wusste ja gar nicht, was in der Welt vorging! Was heißt Welt. Im Dorf, in der Familie! Genauer noch: in unseren Hosen! Wovon wir alle die ganze Zeit redeten, wovon wir einen Blick zu erhaschen versuchten, wenn sich jemand am Badeplatz umzog. Von dem wohl Wichtigsten auf Erden, von dem man uns nichts verriet, es nur mit dem Wort ‚unkeusch‘ umschrieb! Was sie auch nicht wusste, war, dass ich irgendwann mal den Teddy unten angebohrt hatte, um herauszufinden, was das ‚Ficken‘ oder ‚Löchlestopfen‘ war, von dem die Größeren so begeistert sprachen. Mit ‚Selbststudium‘ könnte man so etwas umschreiben, wenn ich meinen Pimmel, mit einem Taschentuch bekleidet in die raue Holzwolle einschob. Damals war gerade der Schlager ‚Am Sonntag will mein Süßer mit mir segeln geh´n‘ in aller Munde. Auch wir grölten ihn, wenn wir unter uns waren, aber mit dem volkstümlichen Text, wo das Wort ‚vögeln‘ eingesetzt war. Es war einfach toll! Und ‚sofern die Schwänze stehn‘ anstelle von ‚Winde wehn‘.

Den Sommer verbrachten die Jugendlichen beiderlei Geschlechtes fast alle Nachmittage am Herzmanns-Weiher, auf der Liegewiese oder im kühlen Wasser. Wie oft passierte es mir, dass ich einen Steifen bekam und eine halbe Stunde oder mehr auf dem Bauch liegend verbrachte, weil ich verhindern wollte, dass es jemand sah. Ein Mädchen kann sich gar nicht vorstellen, wie das ist! Doch machte das auf-dem-Bauch-Liegen und der Druck des Bodens das Ding auch nicht unbedingt kleiner. Außerdem konnte ich so besser die anderen beobachten, vor allem beim Umziehen.

Das Umziehen alleine war schon so eine Sache. Oft riss jemand einem die Decke weg, unter der man das ausführte, und man stand plötzlich nackig da. Und wenn dann noch jemand die Badehose geklaut hatte… Manchmal griffen die Älteren ein und mahnten die zu bösen Buben zur Ruhe. Um der Gefahr des Decken-Wegziehens vorzubeugen, zog ich mir jetzt immer die Badehose schon daheim an. Und um nicht bei jeder Gelegenheit einen Ständer befürchten zu müssen, hatte ich eine besondere Methode entwickelt: Bevor ich in die Badehose schlüpfte, machte ich schnell meinen ‚Frühsport‘, ich molk mich noch flink aus, in ein Taschentuch. Manchmal, wenn ein Freund mit dem Fahrrad unten auf mich wartete, so schnell, dass weder Zeit für das damit verbundene wohlige Gefühl blieb, noch Gelegenheit, sich nachher von dem Gefühl von Sünde niederdrücken zu lassen. Das war mehr ein hygienischer Akt, fast wie pinkeln oder kacken. Um nachher nicht nur geile Gedanken zu haben (vor allem meinen Schwanz zu bändigen), wenn da auf der Wiese manche Mädchen nur im Bikiniunterteil lagen, das Oberteil hing am Weidenzaun, um sich besser den Rücken bräunen zu können. Oder wenn man dabei zufällig Dinge erblickte, die ein anständiger Junge wie ich nicht sehen sollte, wie die Erwachsenen so leicht sagten, und dann selber hinschielten. Dadurch dass ich die Badehose schon anhatte, entfiel also der Akt des Umziehens.

Blieb nur das Ausziehen der nassen Badehose vorm Heimradeln. War nicht viel los, schlupfte man unter die Decke, öfters zu mehreren – so war die Gefahr, dass sie jemand wegzog geringer. Dort, im Halbdunkel schielte man auf den Bauch der anderen, um deren Anhängsel mit dem eigenen zu vergleichen. Manchmal ging jemandem dabei sein schlapper Schwanz in die Höhe, was sich dann wie eine Kettenreaktion auf die anderen auswirkte. Einmal hatte Nori ein Metermaß dabei und wir maßen ganz genau, soweit das im Halbdunkel möglich war. Natürlich strengte sich jeder an, seine Latte möglichst lang und dick zu machen. „Hart ist der Schwanz der Bisamratte, noch härter ist die Morgenlatte!“, verkündete Milou einmal. Den Spruch hatte er von einem der Gesellen in der Installationsfirma, wo er eine Lehre absolvierte. Bald darauf waren diese geflügelten Worte in aller Munde.

„Ich glaube, ich lerne mal Dachdecker, wenn ich die Scheißschule endlich fertig habe!“, meinte Nori. „Wieso denn das?“, wollte ich wissen. „Weil ich dann immer eine Latte in der Hand habe!“, rief er lachend. War ich in Bezug auf Muskelmasse eher ein Schwächling, so machte die Länge meines Teiles diesen Mangel wieder wett. Auch war ich einer der ersten, obwohl einer der Jüngsten, wo in der besagten Gegend sich schon die ersten Haare kräuselten. Komischerweise waren diese blond, obwohl ich sonst dunkle Haare hatte. Das rief die Bewunderung der anderen hervor und sie strichen fast ehrfürchtig darüber. „Das goldene Vlies!“, meinte Gustav, der für einmal was aus dem antiken Geschichtsunterricht behalten hatte.

Ein anderer kritischer Moment war, wenn man aus dem Wasser stieg. Denn dann klebte die Badehose einem so am Bauch, dass sich genau abzeichnete, was darunter lag. Bei dem kalten Wasser unseres Sees hing es meistens nach unten. Indem man kurz den Gummi vorzog, konnte man etwas Luft in die Badehose bringen und sie klebte weniger. Je billiger die Badehose war, umso mehr schien da durch. Manne hatte eine dunkelrote aus ‚Lastex‘, wie er sagte. Sie trocknete nach dem Baden innerhalb von 10 Minuten und er brauchte sie deshalb nicht auszuziehen. An ihm war irgendwie alles harmonisch abgerundet. Schon sein Name! Wie gerne hätte ich auch so einen wohlklingenden gehabt, von dem auch die Kurzform noch männlich klingt, und nicht einen so doofen wie Wolfgang. Wie hatten meine Eltern mich nur so taufen können! Hätten sie mir zumindest einen Doppelnamen gegeben, da hätte ich später wählen können! Vielleicht doch besser nicht… Denn eigentlich hätte ich ja ein Mädchen sein sollen, wie ich aus den Gesprächen meiner Mutter mit Nachbarinnen heraushörte. Die hätten es fertiggebracht, mir noch einen Mädchennamen unterzujubeln! Aber kommen wir wieder auf Manne zurück und seine Rundungen. Seine Frisur, seine Gesichtszüge, der Muskelbelag seines Körpers, sogar die Beule vorne in der Badehose bestanden aus Kurven, während an mir alles kantig war. Selbst, wenn er aus dem Wasser stieg, konnte man nicht erkennen, ob er seinen Pimmel links oder rechts hängen hatte. Ich hatte ihn in Verdacht, sich vorne alles mit Watte oder sowas ähnlichem auszustopfen, damit es groß genug erschien. Mir dieses Geheimnis zu verraten, traute ich mich ihn nicht zu fragen. Er erschien mir zu anständig, um über sowas zu reden…

Natürlich gingen wir mit Vorliebe auch nackt baden, ‚im Adams‘, wie wir es nannten. Mädchen waren natürlich nie dabei, sonst hätten wir uns nicht getraut. Meistens abends oder wenn niemand in der Nähe war. Einer gab die Losung aus, und alle, auch die Kleinen, warfen ihre Klamotten ins Gras und stürzten sich ins Wasser. Manchmal selbst im Frühjahr oder Herbst, wenn es echt kalt war. Dann war es nicht mehr die Länge unseres Gliedes, die Ausrufe der Bewunderung hervorrief, sondern dessen Winzigkeit, fast schien es nach innen gestülpt. Da war von „Frühsport‘ keine Rede mehr, jeder schlüpfte, so schnell es trotz der an der nassen Haut klebenden Sachen ging, wieder in seine Klamotten, sich über das Miniteil am Bauch der anderen lustig machend.

An einer Stelle war der Illerthaler Bach durch ein Wehr gestaut und das Wasser mittels eines Kanals zur Spinnerei geleitet. An einer Stelle dieses Kanals befand sich das ‚Bubenbad‘ und etwas weiter das ‚Mädchenbad‘, wohin die Volksschulklassen mit ihren Lehrern bisweilen baden gingen. Die Staustelle wurde ‚das Wuhl‘ genannt und diente den Größeren als Badeplatz, wenn es zum See zu weit war. Rundherum lagen Heuwiesen, die im Frühjahr ‚geodelt‘ wurden, das heißt, vom Bauern mit einer guten Portion Jauche eingedeckt. Natürlich waren dem Bauern die Badenden ein Dorn im Auge, denn sie ‚verflackten‘ das Gras, drückten es flach, so dass es schwierig zu mähen war.

Das wollte der Bauer unterbinden und schüttete im Juni eine extra große Menge seiner Lache darauf. Wir waren entsetzt, als wir hinkamen und das Desaster sahen. Wir warteten den ersten Regen ab, dann kamen wir zurück. Wir suchten einen Platz wo es weniger stank, um die Decke auszubreiten. Plötzlich rief einer: „Hier müssen welche gevögelt haben, da liegt ein Pariser! Muss schon ein wilder Hund gewesen sein, und das hier mitten auf der Wiese!“ „Und hier auch“, rief Nori, „und da, überall, eine ganze Menge! Solche Dreckbären!“ Wir kamen näher, um zu sehen. Und wirklich, überall, zwischen den Blättern von Klopapier verteilt entdeckten wir Dutzende von Parisern, diesen Verhüterlis aus weißem Naturgummi, manche verknotet, andere noch offen! Die offenen erschienen innen grünlich, wohl wegen des Odels, der eingedrungen war. In den zugeknoteten schwabbelte noch die Originalabfüllung. Wir spießten ein paar mit Haselstecken auf und beförderten sie über den Stacheldraht auf die Nachbarwiese, um einen freien Platz für unsere Decke direkt am Ufer zu schaffen. Manche verfingen sich im Draht. Das schaute lustig aus, wie sie da so baumelten.

Milou sammelte ein paar auf. „Die kann man bestimmt waschen und nochmal benützen! Stellt euch vor, jedes Teil kostet eine Mark! Das sind ja mehr als hundert, die da rumliegen! Der muss ja ganz schön Druck auf der Leitung haben, der Kuhner-Bauer!“ „Oder ein heimliches Puff betreiben. Einer alleine kann doch nicht so viel abspritzen!“ Größte Ehre war es, von den anderen wegen irgendeines Einfalls oder Unsinns, den man gemacht hatte, ‚wilder Hund‘ genannt zu werden oder ‚kähler Kog‘. Dieser ‚Ehrentitel‘ spornte uns geradezu an, uns gegenseitig in Blödeleien zu übertreffen. Meistens waren es die Ältesten, die diesem Namen Ehre machten.

Nachher, im kalten Wasser gingen wir weiter unseren Phantasien nach. „Wenn das der Pfarrer erfährt, der wird den Kuhner exkommunizieren! Das ist das ja ein Holocaust, was hier abgelaufen ist!“, feixten wir. „Rechnet mal aus, bei jedem Ficken gehen bis zu 500 Millionen Samenzellen ab“, meinte Kümmel, „dann macht das bei 100 Parisern laut Eva Zwerg, warte mal, fünfzigtausend Millionen. Wer kann mir helfen, das in Milliarden umzuwandeln?“ Gustav hatte bald das Ergebnis gefunden: „Das sind 50 Milliarden. Und die Weltbevölkerung ist derzeit etwas über drei Milliarden.“ Wir waren baff! Mehr als die fünfzehnfache Weltbevölkerung lag hier auf der Wiese, im Keim, nein, im Odel erstickt! Irgendwie wurde uns plötzlich klar, dass die Natur mit allem großzügig umging. Und einmal wichsen oder einmal mehr, davon würde die Menschheit auch nicht ausgerottet werden. Der Pfarrer soll mal nicht so dramatisieren!

Denn die ablehnende Haltung der katholischen Kirche gegenüber jedweder Geburtenregelung war ja allen bekannt.

Das von den Mädchen anzustrebende Ideal war die Jungfräulichkeit. Die Älteren, die eine feste Freundin hatten und bald heiraten wollten, mussten in den Monaten vor der Hochzeit ein Eheseminar besuchen, worin ihnen der Pfarrer Unterricht über die katholische Ehe erteilte. „Als Vorbild für eine Frau und Mutter wurde Maria hingestellt und für den Mann Joseph…“, erklärten sie uns feixend. „Von Sex war keine Rede. Manchmal gebrauchte der Pfarrer dafür das Wort ‚Es‘. „Achtet darauf, wenn ihr Es macht, dabei keine Lust zu verspüren!“, schärfte er den Teilnehmern ein, „Lust ist das Tor zum Bösen!“ Als bestes und erlaubtes Verhütungsmittel pries er die Keuschheit… „Zum Glück nimmt das kaum noch jemand ernst“, meinte Dieter, einer der Großen, der schon ein Motorrad hatte und sich manchmal noch zu uns gesellte, „Ginge es nach den Pfaffen, würde die Menschheit schon lange ausgestorben sein!“

Wir hörten alles, was geredet wurde. Vor allem das, was nicht für unsere Ohren bestimmt war. Und wir wussten alles, was vor sich ging. Als säße in jeder Familie ein Spitzel, der dann alles seinen Freunden weiterberichtete. „In der Schule von Mumholz hat der Lehrer fast die halbe Klasse in den Toiletten beim Masturbieren erwischt! Der Lehrer und der Pfarrer sind außer sich!“, zischelte einmal mein Vater der Mutter ins Ohr. Normalerweise brüllte er immer. Deshalb spitzte ich erst recht die Ohren. „Man sollte die von der Schule schmeißen, diese Dreckskerle!“ „Das ist doch eine Volksschule, da kann man doch niemanden rauswerfen!“, warf die Mutter ein. „Dann sollen sie die in ein Erziehungsheim stecken und gehörig bestrafen! Zum Glück machen unsere sowas nicht!“ Ich erzählte den Freunden davon. „Die halbe Klasse…“, meinte Berndi. „Die sind ja insgesamt nur zehn oder elf. Die Alten sollen mal nicht so scheinheilig tun, die haben früher auch gewichst und tun´s bestimmt jetzt auch noch, wenn die Olle mal nicht mag!“ „Das wichtigste ist halt sich nicht erwischen zu lassen!“, meinte sein Cousin.

Nicht erwischen lassen! Das war unsere Devise bei fast allem, was wir unternahmen. Denn wer könnte es schaffen, einer Gruppe von Kindern oder Jugendlichen etwas zu verbieten? Das macht die Sache doch erst recht interessant! Irgendwie war es auch ein Wissensdrang, der uns antrieb, Verbotenes zu tun. Ein Pornofilm spielte im Kino in der Stadt? Bisweilen liefen wir eineinhalb Stunden nach Kempten (und abends wieder zurück), nur um zu sehen, ob wir es schaffen würden, reinzukommen! Dieser Nervenkitzel beim Kartenkauf! „Na Kleiner, bist du überhaupt schon 18?“ Meist holten die Größeren die Karten und dann mischten wir uns unter die Leute in der Eingangsschlange. Bloß nicht beim Reingehen vom Kontrolleur zurückgewiesen werden! Und selbst wenn, dann hatte man wenigstens eine Heldentat zu erzählen! Alleine sich da rein zu schmuggeln war schon eine! Und natürlich auch, den verbotenen Film zu sehen. Doch oft waren wir nachher gehörig enttäuscht. Denn das, was wir zu sehen erhofft hatten, wurde nicht gezeigt, oder nur so kurz, dass man schier frustriert war. Denn alle Filme wurden vorher zensiert. Von einer ‚Selbstkontrolle‘, wobei natürlich die Hüter der Moral, sprich die Kirche, vertreten waren. Und manchmal war so viel weggeschnitten worden, dass man die Handlung nicht mehr verstehen konnte. Und was geschah mit dem Herausgeschnittenen? Klebte sich einer die Filmreste zusammen und verkaufte sie nachher als Pornofilm?

Früher galt es, dem Weihnachtsmann auf die Schliche zu kommen oder dem Osterhasen. Eigenartigerweise gelang es denen immer, sich dem Entdecken zu entziehen, bis sich letztendlich ihre Realität in Luft auflöste. Diesmal war unser Suchen vielversprechender. Denn je weiter wir dem Geheimnis des Unkeuschen nachforschten, umso mehr offenbarte sich uns ein Garten Eden!

Aufklärung wurde jetzt offiziell sogar an den Schulen gelehrt. Doch meist noch wie früher anhand des Bestäubens der Blumen oder des Aufeinandersteigens der Tiere. Nie sprach man davon, wie es die Menschen machen. Kein Lehrer wagte sich an das Thema ran, da er Angst vor der Reaktion der katholischen Eltern hatte. Dann kam die Mode der ‚Aufklärungsfilme‘ von Oswald Kolle, den man auch den Sex-Papst nannte. Wir erhofften, endlich etwas Interessantes zu sehen, und was zeigten die uns? Zeichnungen und Schablonen der Geschlechtsapparate, die dann ineinandergeschoben wurden. Das wussten wir doch schon lange! Wir wollten es in echt sehen, möglichst noch in Cinemascope! Einfach enttäuschend, eine Geldmacherei, um uns Jugendlichen das Taschengeld abzuzocken!

Anders dagegen die ‚Beate Uhse-Läden‘, diese Sex-Shops, die neuerdings überall aufmachten, auch in Kempten in der Gerberstrasse. Natürlich wetterte der Pfarrer von der Kanzel dagegen, was uns erst auf die Idee brachte, da mal hinzuschauen. Rein trauten wir uns nicht, drückten uns lieber am Schaufenster die Nasen platt. Das, was wir gleich erkannten, waren die Pariser in allen Farben und Ausführungen. Doch für den Rest mussten wir unserer Imagination freien Lauf lassen. Dieter und Bernd, die schon 18 waren, hatten sich mal hineingewagt. „Unterwäsche massenweise, fast ohne Stoff, du kannst durchschauen! Und Mösen aus Plastik, Schwänze mit Batterie drinnen, die summen, wenn du sie einschaltest. Sogar Puppen kannst du haben, für Männer, aufblasbar und lebensgroß!“ „Puppen? Erwachsene spielen doch nicht mehr mit Puppen!?“ „Mit denen schon. Oder denkst du, dass ein unverheirateter Bauer seinen Schumpen bespringt, wenn er mal bumsen will?“

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