Kitabı oku: «Wolfgang Nairz - Es wird schon gut gehen», sayfa 2

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Zu Toni Sailers 70. Geburtstag im November 2005 schenkte ich ihm mein Nepalbuch sowie eine Ansichtskarte, die ich beim Golden-Everest-Jubiläum von vielen Everestbesteigern, darunter auch Edmund Hillary, unterschreiben hatte lassen. In meinem Fundus fand ich noch einen kleinen Stein, den ich 1978 vom Gipfel des Mount Everest mitgebracht hatte, sowie die Everest-Jubiläums-Medaille, die anlässlich des 50-Jahre-Jubiläums der Erstbesteigung in Nepal geprägt worden war. All das schickte ich Toni Sailer. Eine Zeitlang hörte ich nichts, doch dann kam sein Antwortschreiben; ein Brief, den ich als wertvollen Schatz in meiner Sammlung halte. Toni Sailer verstarb am 24. August 2006.


KLETTERHEIMAT KALKKÖGEL: „ES HAT SO SCHÖN GEPLUMPST“

Im Mondlicht sehen sie noch imposanter aus, die Türme, Zacken und Wände der Kalkkögel. Die Wasserstreifen, die die Wände hinunterrinnen, glänzen dann und die Schotterhalden, die von den Scharten und Wandfüßen bis ins Grün hinunterziehen, sehen aus wie fahle, silberne Bäche. Wir stehen beim Gedenkstein des Akademischen Alpenklubs am Sonntagsberg. Die Spitze des Steins ist mit einem Kranz von Almrosen und Latschen geschmückt, im Kupferkessel brennt ein Feuer. Heute ist das Stiftungsfest des AAKI, nach der Festrede wird das Klublied angestimmt:

Den ersten Preis dem Alpenland, dem Lande unsrer Liebe,

den Bergeshöh’n im Firngewand, hoch überm Weltgetriebe.

Wenn wieder sich im hellen Grün die Alpenmatten zeigen,

fühl ich in mir ein seltsam Glühn, denn jetzt gilt’s flott zu steigen.

Wie wird mir da der Sinn so klar, versenkt in all die Wunder,

seh ich der Eisgiganten Schar, getaucht in Flammenzunder.

Drum Brüder auf, den Sang erhebt zum Preis der Zauberlande.

Es haben ja nur halb gelebt, die nie da droben standen …

Es läuft mir über den Rücken hinunter und ich bekomme einen Knödel im Hals, als wir dieses Lied singen, aber ich finde, sein Pathos passt in diese großartige Landschaft. Wir wollen nicht „halb“ leben, wir wollen das Leben in vollen Zügen genießen, besonders in den Bergen.

Die Kalkkögel und die Adolf-Pichler-Hütte des Akademischen Alpenklubs Innsbruck haben mich mein ganzes Bergsteigerleben begleitet. Als die Hütte im Winter bewirtschaftet war, habe ich von Grinzens aus, das lange Senders tal hinein, als Träger gearbeitet. Mit 50, 60 Kilo am Rücken bin ich hineinmarschiert zur Kemater Alm und weiter zur Hütte. Ich habe dies als Training gesehen, auch wenn ich dabei gut verdient habe: zweieinhalb Schilling pro Kilo. Das war ein ordentlicher Verdienst! Als die Hütte dann erweitert und ausgebaut wurde – unser Alter Herr Hans Pircher hat dem abgerissenen „Häusl“ mit dem Satz „es hat so schön geplumpst“ einen würdigen Nachruf gehalten –, war ich als Baugehilfe den ganzen Sommer dort oben. Jeden Tag um vier Uhr nachmittags haben die Maurer die Kellen auf die Seite gelegt und wir sind zu irgendeinem Einstieg gerannt, um bis zum Dunkelwerden noch die eine oder andere Klettertour zu machen. Feste wurden gefeiert, manchmal bis ins Morgengrauen, und wir sind nicht nur einmal nach so einem Fest direkt zum Einstieg gegangen. Fridolin „Puti“ Purtscheller hat einmal gesagt, nach so einer Nacht sei es viel einfacher zu klettern. Man müsse nur warten, bis sich die Wand zurücklehnt, und dann schnell klettern, bis sie sie sich wieder nach vor lehnt.


Kalkkögel (Standort Seisenalm), Öl auf Leinwand, 40 × 170 cm (Foto Maria Peters)

Im Tourenbuch der Adolf-Pichler-Hütte zu blättern, ist ein Vergügen. Akribisch sind alle Neutouren eingetragen und nicht weniger akribisch die Bemerkungen der Wiederholer. Das erste Tourenbuch reicht von 1904 bis 1964, darin finden sich lauter berühmte Namen: Auckenthaler, Schmidhuber, Buhl, Rebitsch, Mariner, bis herauf zu den Kletterern meiner Generation: Walter Spitzenstätter, Otti Wiedmann oder Kurt Schoißwohl. Hias Rebitsch war es, der einmal gesagt hat: „Wer in den Kögeln klettern kann, kann überall klettern.“ Hier in den Kalkkögeln habe ich das Klettern gelernt. Und so erinnere ich mich oft an besondere Erlebnisse zurück: Wie wir im Schneetreiben aus der Riepen-Nordwestwand erst im Dunkeln ausgestiegen sind und die Seile so vereist waren, dass wir die Knoten nicht mehr aufbrachten und angeseilt bis in die Hütte zurückgingen. An manche Erstbegehung denke ich oder an meine Alleinbegehung der Fischer-Fohringer an der Kleinen Ochsenwand. Heute kommt mir das Schaudern, wenn ich dort hinaufsehe und daran denke. „Es haben ja nur halb gelebt, die nie da droben standen …“ Und so liege ich in den Almrosenfeldern am Sonntagsberg und sehe zu, wie die Wolkenfelder über die Gipfel hinwegziehen.

DIE FRÜHEN TOURENBÜCHER

Meine Tourenbücher beginnen im Jahr 1958. Genauestens habe ich zehn Jahre bis 1967 jede meiner Touren niedergeschrieben, mit Bemerkungen über Schwierigkeit, meine Befindlichkeit und die meiner Freunde, über Wetter, Anzahl der nach der Tour getrunkenen Biere oder die mühsamen Anfahrten in die Dolomiten mit Eisenbahn und Bus. Über das „sauschwere“ Gepäck habe ich geschimpft, über einen Sonnenuntergang vor dem Zelt habe ich gejubelt.


Zehn Jahre Tourenbücher: Sauschweres Gepäck, bejubelte Sonnenuntergänge und viele Biere – alles ist festgehalten.

20. 6. 1962: Fleischbank-SO-Verschneidung, Versuch und Umkehr, dafür auf den Bauernpredigtstuhl, Rittlerkante

21. 6. 1962: Karlsspitze Direkte Ostwand, am Nachmittag per Autostopp nach Innsbruck, da am nächsten Morgen Darstellende-Geometrie-Schularbeit, danach wieder per Autostopp nach Ellmau und auf die Gaudeamushütte

22. 6. 1962: Fleischbank-SO-Verschneidung, diesmal hat’s funktioniert, und anschließend noch Predigtstuhl-Westverschneidung – habe alles geführt!

7. 7. 1963: In den Kalkkögeln: In der Früh Kleine Ochsenwand: Fischer-Fohringer, am Nachmittag Riepenwand, Alte NW-Wand

6. – 22. 8. 1962: Dolomitenurlaub:

Schwer bepackt mit 3 Rucksäcken und einem Zelt mit dem Bus nach Misurina und zu Fuß auf die Auronzo-Hütte und weiter zur Lavaredo-Hütte, dort stellen wir das Zelt auf.

8. 8. 1962 Kleine Zinne, Gelbe Kante

10. 8. Westliche Zinne, Demuthkante

11. 8. Große Zinne, Nordwand, Comiciführe

13. 8. Weiter in die Civetta

16. 8. Torre Valgrande NW-Wand

18. 8. Civetta-NW-Wand: wieder habe ich fast alles geführt!

1. Winterbegehung, Kleine Ochsenwand, Bazanellapfeiler

aus dem vierten Tourenbuch, 1963

Am Samstag, dem 28. 12. 1963 fahren wir mit dem Bus mit unseren Riesenrucksäcken in die Axamer Lizum, mit dem Lift geht’s auf den Hoadl und hinten hinunter auf die Kemater Alm. (Jetzt kann man wirklich singen: … Zwoa Brettln und nirgends a Schnee …)

Diesen „schneelosen“, aber eiskalten Winter wollen wir – Heralt Schneider und ich – aber zum Klettern nützen. Bereits am nächsten Tag steigen wir in Richtung Alpenklubscharte hinauf. Wir wollen die 2. Winterbegehung der Fischer-Fohringer-Route an der Kleinen Ochsenwand machen. Erst um 11:00 Uhr steigen wir ein. Es ist saukalt (soll heißen sehr sehr sehr kalt!), 2x habe ich den „Hoanigl“, doch bald werden die Finger wieder warm. Nach 1¾ Stunden steigen wir aus. Wir queren das Band zur Alpenklubscharte hinaus, dort treffen wir Sepp und Hansjörg, die die 1. Winterbegehung der rechten Nadelsockelkante gemacht haben.

Am Abend beim Wein kommen wir auf die verrückte Idee, uns den Bazanellapfeiler näher anzuschauen. Um halb acht wachen wir auf. Es ist schönes Wetter, jedoch viel kälter als am Vortag. Wir zögern noch kurz, dann stehen wir auf.

30. 12. 1963 Kleine Ochsenwand, Direkter Nordpfeiler (Bazanella), 1. Winterbegehung

Beim Einstieg zittern und frieren wir. Es fängt ziemlich schwer an. Zuerst geht’s über brüchigen Fels zu einem kleinen Standplatz (kalte Finger!). Ein feiner, überhängender Riss durchzieht den rechten Wandteil. An die Kälte hat man sich jetzt schon gewöhnt und wir klettern ziemlich schnell. Wo der Riss aufhört, quert man nach rechts auf die Kante und geht dort weiter bis auf die Schulter des Pfeilers. Der Haken, der dort angeblich stecken sollte, ist eingeschneit. 10 Meter absteigen über abschüssigen, vereisten Fels, dann spreizt man ca. eineinhalb Meter auf die Wand hinüber, da war mir nicht ganz wohl zumute. Die nächste Länge ging es dann leicht hinauf bis zu einem guten Standplatz.

Jetzt beginnen die Hauptschwierigkeiten: Man quert circa 4 Meter nach links, dann geht es in einen überhängenden Riss hinein. Zuerst stecken noch drei Haken, dann geht’s ca. 8 Meter überhängend, kleingriffig und abdrängend hinauf bis zum nächsten Haken. Dann steckt noch ein Haken, aber es wird noch schwerer! Für die rechte Hand ist ein Griff da, für die linke Hand ein paar kleine Griffe (… du hast ja nur zwei linke Hände, schreit Heralt herauf! …). Tritte sind keine da. Beim nächsten Haken muss ich mich erst einmal erholen. Heralt fotografiert fleißig. Auf den nächsten 5 Metern bis zum Standplatz unter dem Dach sind nur ein paar Miniaturgriffe vorhanden, für die Füße nichts! Der Standplatz ist sehr klein und vor allem luftig. Heralt kommt nach. Den Riss ist er bald heroben, da er eine Fifi hat, doch dann geht ihm bald das Schmalz aus (… die Liesl wird ihn in der Nacht schon nicht schlafen lassen haben, ich hab halt doch die bessere Kondition …). Zuerst zaubert er mit seiner Fifi herum, dann streckt er sich bis zum nächsten Haken, schreit: „ Pass auf, i fliag! …“


Kalte Finger und ein Krampf in den Händen: Heralt Schneider bei der ersten Winterbegehung des Bazanellapfeilers in den Kalkkögeln

Ich rede ihm noch gut zu, jedoch 1½ cm vor dem Haken ist es endgültig aus, Heralt hängt 2 Meter tiefer und flucht! Ich habe ihn ganz gut gehalten, und er versucht jetzt verzweifelt, sich hinauf zu hanteln, doch sein Schmalz lässt immer mehr nach, und nach 45 Minuten kann ich ihn auch nicht mehr halten. Ich lasse ihn noch bis auf ein Band (nach meiner Aussage), Griff (nach Heralts Aussage) hinunter und fixiere dann die Seile. Jetzt habe ich einen Krampf in den Händen und spüre die Finger nicht mehr vor lauter Kälte, und Heralt muss selber schauen, wie er mit seinem Salat zurechtkommt. Er flucht, schimpft, ächzt, wirft mir alle Schimpfworte dieser Welt zu, aber schließlich prusikt er sich zu mir herauf. Inzwischen habe ich meine Finger wieder warm bekommen. Der Standwechsel ist ziemlich schwierig.

Nun geht es über das weit ausladende Dach in einen engen Kamin (ich blieb zuerst mit dem Kopf stecken!) und weiter in einen Riss. Dieser endet nach circa 15 bis 20 Metern in schwieriger Freikletterei auf einem guten Standplatz. Heralt, der noch immer nicht viel Schmalz hat, kann ich nachziehen. Langsam kommt er auch wieder zu Kräften! Nun geht es in eine Höhle und weiter oben aus dieser wieder hinaus. Langsam wird es dunkel. In der darauffolgenden Schlucht ist es saukalt, wirklich saukalt, vereist und dunkel. In einem Riss sehe ich einen Haken stecken. Der Riss wird immer brüchiger, und beim nächsten Haken hänge ich mich hinein, um meine Finger zu wärmen. Beim Weitergehen halte ich mich kurz daran – und habe ihn auch schon in der Hand! Die nächsten 10 Meter bis zum Band sind noch äußerst schwierig und sehr brüchig. Am Band angelangt kann ich endlich aufatmen. Heralt kommt schnell und bald nach und wir queren das Band hinaus zur Alpenklubscharte.

Gewonnen!

Heralt schuldet mir 5 Schnäpse: 2x hat er das Knie verwendet, 1x für den Flug und 2x fürs ziehen! Es sind aber mehr geworden …

P. S. Gagga und Spitz ärgern sich, dass wir ihnen am Bazanellapfeiler zuvorgekommen sind!

DIE INNSBRUCKER BERGSTEIGERSZENE DER WILDEN SIEBZIGER MIT WOLFI NAIRZ, DEM UNBEKÜMMERTEN

Von Oswald Oelz

Meine Stadt der Helden war Innsbruck, von dort stammten die wilden Vorbilder, allen voran Hermann Buhl. Als an einem Sommermorgen 1957 der Radiosprecher meldete, Buhl sei an der Chogolisa abgestürzt, sagte ich erschrocken am Frühstückstisch, mir wäre lieber, meine Schwester wäre gestorben. Vom Vater bekam ich eine Ohrfeige, Mutter war entsetzt und meine Schwester weinte. Aber mir war ernst. Ein Jahr später durfte ich als 15-Jähriger in den Kalkkögeln eine Ausbildungswoche unter Leitung von Wastl Mariner machen und kam 1961 zum Medizinstudium in die Heldenstadt Innsbruck. Hier lebten Walter Spitzenstätter, Otti Wiedmann und Robert Troyer, und mein mich sehr schnell übertreffender Kletterschüler Gagga brachte mich in den Dunstkreis der „Gipfelstürmer“. Von denen wusste man, dass sie wilde Hunde waren und schon einmal ein Hüttenmobiliar zerkleinerten, um bei einem Stiftungsfest herauszufinden, wie groß der resultierende Holzhaufen werde. An einem Standplatz in der Martinswand traf ich den späteren Professor Friedl Purtschscheller. Wenig später machte Puti mich mit Wolfi Nairz bekannt, sicher war es in einer Kneipe: „Das hier ist der Wolfi, der studiert Glaziologie, auf der Uni sieht man ihn nie, der ist immer am Gletscher oder beim Klettern.“ Wolfi beherrschte schon damals die Kunst des entspannten Seins, das trotzdem oder deswegen erfolgreich war. Er war Mitglied des Akademischen Alpenklubs und damit automatisch Konkurrent, da ich mich im Kreis der „Gipfelstürmer“ bewegte.

An einem Samstagabend saßen Kurt „Gagga“ Schoißwohl, Robert Troyer und ich im Gasthaus, als das Wort Rotwand fiel. Drei Stunden später waren wir dank Robert am Karerpass und beim Morgengrauen am Einstieg der direkten Führe von Brandler und Hasse. Mittags erwarteten uns die Gipfelstürmer mit zwei Flaschen Kalterer See am Gipfelplateau. Daraus wurde ernsthaftes Trinken und resultierte meine Aufnahme in diesen elitären Club. Dies war meiner Meinung nach für einen Vorarlberger das Höchste, was in Innsbruck zu erreichen war. Somit konnte ich die Großen auf Augenhöhe ansprechen, selbst wenn sie Klassen besser waren. Dieses verheißungsvolle Kletterleben wurde durch meine Promotion jäh unterbrochen, und ich verzog zur weiteren medizinischen Tätigkeit nach Zürich. Hätte da nicht Gert Judmaier am 3. September 1970 am Gipfelgrat des Mount Kenya einen sehr großen lockeren Felsbrocken gelöst und wäre damit abgestürzt, hätte ich im Leben wohl noch einige Touren und Trekkings gemacht, wäre aber in der Bergsteiger-Anonymität verdämmert. Dank der offenen Unterschenkelfraktur von Gert auf 5100 Meter in totaler Einsamkeit und wildestem Gelände und der siebentägigen Bergung kam ich in Innsbruck wieder ins Gespräch. Die primäre Versorgung mit Hilfe kenianischer Bergsteiger und die vom Vater Fritz Judmaier mit Gerhard Flora organisierte Rettung brachte uns in die Schlagzeilen der Presse bis zu einer langen Geschichte im Reader’s Digest. Nur in Innsbruck konnte damals innert 24 Stunden eine so professionelle Rettungstruppe zusammengestellt werden: Walter Spitzenstätter, Werner Haim, Horst Bergmann, Walter Larcher, Kurt Pittracher und Raimund Margreiter. Für mich geschah damals ein Wunder, Gert überlebte, die Innsbrucker Szene hatte im Ernstfall perfekt funktioniert.

Dann besuchte ich Gert in der Innsbrucker Chirurgischen Klinik, die hatten damals so eine Art Bergsteigerabteilung. Wer immer irgendwo herunterfiel und nicht gleich tot war, im Seil gehangen oder sich Finger oder Zehen erfroren hatte, wurde dort behandelt. Im Bett neben Gert lag mit grimmigem Gesicht Reinhold Messner, der nach der Überschreitung des Nanga Parbat und dem Lawinentod seines Bruders Günther auf die Amputation seiner schwarzen Zehen wartete. Wir kamen schnell ins Gespräch, er sagte mir, dass Wolfi Nairz eine Expedition zum Baur-Sporn am Kangchendzönga plane und dass ich als Expeditionsarzt vorgesehen sei. Wenig später tauchte auch Wolfi auf und bestätigte das. Ich sagte zu, ohne eine Sekunde zu zögern. Erstens wollte ich unbedingt in den Himalaya und zweitens war ich felsenfest überzeugt, dass der lockere Tunichtgut Wolfi unter Wunschträumen litt und ein solches Unternehmen nie organisieren könne.

Erwartungsgemäß scheiterte das Gesuch für den Kantsch in Delhi, aus Nepal kam aber die Genehmigung für die Südwestwand des Manaslu. Wir trafen uns regelmäßig in Innsbruck, aus Wolfis Wohnung wurde ein chaotisches Materialdepot und die neuen Kameraden Andi, Franz, Hans, Josl, Horst und Reinhold zu Freunden. Auch die Finanzierung war chaotisch, aber gelegentlich tröpfelten einige Schillinge herein. Wolfi machte das, wir brauchten uns um wenig zu kümmern und, wie er versicherte, uns keine Sorgen zu machen, er habe gute Verbindungen zu Walli, dem legendären Landeshauptmann. Die Kontakte wurden im Gasthaus Stiegl gepflegt.

Kaum fassbar für mich, aber im März 1972 wurden wir, Krawatte tragend, im offiziellen Expeditionsdress verabschiedet. Wir wussten, wo unser Berg stand, und hatten ein einziges Foto der Südwestwand gesehen, aber Wolfi meinte, dass wir schon einen Weg finden würden. Kathmandu war ein charmant dreckiges Nest, wir fanden unseren Berg und dank unserer Cracks auch eine einigermaßen sichere Aufstiegsroute. Einmal war im Basislager Damenbesuch angekündigt, Françoise, eine blonde Trekkerin aus der Westschweiz, wollte uns besuchen. In der Männergruppe wurde der Einsatz von Seife dramatisch gesteigert, und ich hatte mein Nachtlager aus dem gemeinsamen Zelt mit Wolfi zu räumen und in ein winziges Hiebeler-Zelt zu verlegen. Als dieses in der Nacht wegen Schneeregens tropfnass wurde, wälzte ich mich in meinem Schlafsack und dachte daran, was Wolfi und Françoise wohl machten und überhaupt ob. Für diesen Freundschaftsdienst revanchierte sich Wolfi später in größeren Höhen. Als ich auf 7000 Meter ein Höhenlungenödem erlitt, brachte mich Wolfi voller Fürsorge Tausende Meter tiefer, wo ich mich erholte und dann die Erfrierungen von Reinhold und Horst, den übrig Gebliebenen aus der Gipfelzone, versorgen konnte. Schon beim Abschiedsgedenken für Andi Schlick und Franz Jäger vereinbarten wir eine weitere Expedition.

Zwei Jahre später bissen wir uns in der Makalu-Südwand fest. Wieder hatte Wolfi mit unerschütterlichem Optimismus ein unmögliches Ziel möglich gemacht. Dass wir letzten Endes nicht bis zum Gipfel kamen, tat unserem Tatendrang keinen Abbruch. Schließlich wartete der Everest.

Diese Reise war abgesehen vom Tod unseres Sherpas Dawa Nuru im Khumbu-Eisfall unsere glücklichste, das begann schon beim Anmarsch ins Basislager. Ich lernte eine amerikanische Trekkerin mit dem aufreizenden T-Shirt „Runners Make Better Lovers“ kennen, die mich dann im Basislager besuchte und einige Tage blieb. Ihre Freundin zog bei Reinhold ins Zelt. Die Sherpas warnten uns: Frauen im Base Camp brächten Unglück, zudem würden Reinhold und ich den Gipfel sicher nicht erreichen, da wir unsere Kräfte unnötig verschleuderten. Vereinzelt wurden Forderungen laut, die beiden Frauen hätten zu verschwinden. Da war Wolfi, unser „Bara Sahib“, großzügiger und weitsichtiger: „What makes my members happy, makes me happy.“ So erreichten Wolfi, Reinhold und letzten Endes auch ich den Gipfel der Erde.


KAPITEL 2

DUNKELHEIT, KÄLTE UND LAWINEN AM LYSKAMM

Diesen Augenblick haben wir lange herbeigewünscht: Andi steht schon auf dem Gipfel in der Sonne, Franz und ich steigen die letzten Meter hinauf, hinauf zur Sonne, die wir drei Tage nicht mehr gesehen haben.

Vor drei Tagen, am 5. Jänner 1971, um zwei Uhr früh, sind wir von der Monte-Rosa-Hütte aufgebrochen. Unsere schweren Rucksäcke haben wir am Vortag zum Einstieg getragen. Der Mond ist schon wieder untergegangen, es ist dunkel und unheimlich kalt. Wir kommen rasch voran, denn wir haben noch die Spuren vom Tag davor. Über den rechten Wandteil hören wir eine Lawine donnern. Gleich darauf wieder unheimliche Stille. Um sechs Uhr seilen wir uns am Wandfuß an und machen die Steigeisen fest. Im ersten Lichtschein steigen wir ein.

Über einen Lawinenkegel kommen wir zuerst gut weiter. Aber bald stehen wir auf blankem Eis. Schlechtem, spröden Wassereis, das wegbricht. Darunter schimmert es grün. Es lassen sich keine Eisschrauben anbringen, wir sind gezwungen, Eishaken zu schlagen, was viel Zeit und Kraft kostet. Gerade jetzt ist jede Minute kostbar, denn über uns hängen drohend einige Eisbalkone, die jeden Augenblick abbrechen können. Wir queren hinüber zu den Felsen, dort sind wir sicherer. Die Standplätze sind schlecht, die Sicherungsmöglichkeiten gleich null. Am Nachmittag haben wir noch nicht einmal die Höhe der ersten Terrasse erreicht.

In einer steilen Rechtsquerung führt Franz hinüber zu dieser Terrasse. Er muss jetzt Stufen schlagen, da weder Schrauben noch Haken halten. Die Sonne ist weg. Wir klettern noch zwei Seillängen, dann finden wir eine große, zugewehte Spalte. Nach kurzer Zeit haben wir eine nicht sehr geräumige, aber doch einigermaßen bequeme Schlafhöhle fertig. So gut es geht, richten wir uns gemütlich ein. Überschuhe und Gamaschen werden ausgezogen, die ganze Schlosserei an der Eiswand der Spalte aufgehängt. Wir kriechen in unsere Schlafsäcke, bald schnurrt der Kocher – endlich gibt es etwas Heißes zu trinken. Franz klagt über seine Zehen. Andi und ich massieren sie, bis wir vor Müdigkeit einschlafen.

Kaum zu glauben, dass man bei einem Biwak mit Außentemperatur von minus 30 bis 35 Grad gut schläft. Wir haben gut geschlafen. Wir haben sogar verschlafen! Es war schon taghell, als wir aufwachten. Ein neuer Tag, ein wolkenloser, aber genauso kalter Tag begann. Wir hofften, heute den Gipfel zu erreichen, aber es sollte anders kommen.

Vier Seillängen in steilem, schlechtem Eis führen hinauf bis zu den Felsen. Hier gilt es, einen geeigneten Durchstieg zu finden, den wir auch bald entdecken. Sehr langsam kommen wir weiter, die schweren Rucksäcke lassen uns ganz schön schnaufen, dabei haben wir wirklich nur das Allernotwendigste eingepackt. Heute ist es unangenehmer als gestern, zur Kälte kommt ein starker Wind, laufend rieseln Schneefontänen über uns hinweg. Um ein Uhr mittags haben wir Funkkontakt mit Freunden am Gornergrat: „Grüße aus Innsbruck, man ist sehr besorgt um euch, viele haben angerufen.“ – „Uns geht es so weit gut, bis auf die große Kälte …“

Man glaubt nicht, was ein paar vertraute Worte von „außen“ ausmachen. Man ist doch nicht allein! Das gibt Auftrieb! Seillänge um Seillänge geht es weiter. Der Höhenmesser zeigt 4200 Meter; es wird bereits wieder Abend, wir haben uns mit einem zweiten Biwak abgefunden. Es wird schon dunkel, doch wir können keinen geeigneten Biwakplatz finden. Im Mondlicht steigen wir noch ein paar Seillängen weiter bis zum Gipfelhang unter einem großen Eiswulst. Hier hat der Wind viel Schnee hereingeweht. Im Mondschein und beim Licht der Taschenlampen graben wir uns ein Loch in den etwa 50 Grad steilen Hang, aber sehr weit und tief kommen wir nicht, bald stoßen wir wieder auf Eis. Es ist sehr eng in diesem kleinen Loch. In der Nacht weht es immer wieder Schnee auf unsere Schlafsäcke, und es ist viel kälter als in der letzten Nacht.

Am Morgen sind wir bald beim Eiswulst. Wir wissen, darüber ist der Gipfel – und die Sonne. Andi probiert es rechts – unmöglich! Sehr schlechtes, senkrechtes Eis verwehrt den Durchstieg. Wir klettern nach links in die Felsen. Von hier quert Andi dann unter dem Eiswulst entlang noch weiter nach links. Immer noch versperren überhängende Eiswände den Ausstieg. Endlich findet Andi einen geeigneten Durchstieg. Meisterhaft bewältigt er dieses letzte Problem, seinen Rucksack seilen wir auf.

Die Schwierigkeiten liegen hinter uns – vor uns der Gipfel, die Sonne, nach drei Tagen endlich wieder Sonne! Überglücklich!

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