Kitabı oku: «Mehrsprachigkeit im Kontext des Kurmancî-Kurdischen und des Deutschen», sayfa 6

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5 Forschungsgegenstand Mehrsprachigkeit und Spracherwerb
5.1 Definition und Theorien

Die Encyclopedia of Bilingualism and Bilingual Education bedient sich einer simplen Definition von Bilingualismus, nämlich: „The term ‚bilingualism‘ is typically used to describe two languages of an individual.“ (Vgl. Baker/Jones 1998: 117) Wie Sprachkompetenz definiert werden soll, sorgt in der Linguistik allerdings für Diskussionen (vgl. Reich 2009: 14, Riehl 2014: 12f.). Der Grund dafür ist, dass die Sprache ein recht komplexes System ist und über verschiedene Ebenen verfügt, z.B. Schriftlichkeit und Mündlichkeit. Im europäischen Kontext wird es als selbstverständlich erachtet, dass zur Beherrschung einer Sprache im Erwachsenenalter auch die Schriftkompetenz in dieser Sprache gehört. In anderen kulturellen und geografischen Kontexten gibt es hierzu ein anderes Verständnis. Im kurdischen Kontext ist die Schriftlichkeit bzw. der Zugang zum Schriftsprachenerwerb vor allem im Hinblick auf das Kurmancî kaum vorhanden (vgl. Derince 2020: 59, zu den soziopolitischen Ursachen siehe den Abschnitt 4.1.2). Ungeachtet dieser Tatsache gilt jeder und jede als Kurmancîsprecher*in, der oder die in Kurmancî über eine mündliche Kompetenz verfügt (vgl. Maas/Mehlem 2003, Skubsch 2002 in Bezug auf Berbersprecher*innen und Sprachen in Indien).

Eine andere Diskussion wird in der Spracherwerbsforschung darüber geführt, wie der Spracherwerb kognitiv erfolgt. Im Zentrum der teils kontroversen Debatte stehen vier Theorien. Die Theorie des Konstruktivismus, die auch unter dem Begriff Kognitivismus bekannt ist und auf die Arbeit von Piaget im Jahre 1923 zurückgeführt wird, betrachtet die sprachliche Entwicklung des Kindes als Teil seiner gesamten kognitiven Entwicklung (vgl. Katerbow 2013: 20, Schulz/Grimm 2012: 155). Darüber hinaus: „An zentraler Stelle dieser Theorie steht das Konzept eines kognitiven Gleichgewichts zwischen den bereits gebildeten kognitiven Schemata eines Kindes über seine Umwelt und den von ihm wahrgenommenen neuen Umweltinformationen.“ (Katerbow 2013: 20) In diese Richtung argumentieren auch Berman/Slobin (1994), wenn sie den Entwicklungsverlauf des Spracherwerbs beschreiben: „Younger children take fewer expressive options because: (a) cognitively, they cannot conceive of the full range of encodable perspectives; (b) communicatively, they cannot fully assess the listener’s viewpoint; and (c) linguistically, they do not command the full range of formal devices.“ (Berman/Slobin 1994: 15)

Die Theorie des Behaviorismus, die u.a. von Skinner (1957) entwickelt wurde, aber bis hin zu Bloomfield (1933) zurückverfolgt werden kann (vgl. Grießhaber 2010: 12), geht davon aus, dass der Erwerb einer Sprache mit der Imitation der gehörten Äußerungen in dieser Sprache einhergeht. Demnach kann der Spracherwerb durch Imitation unterstützt werden, wenn die gehörten Äußerungen dem korrekten Gebrauch in dieser Sprache entsprechen (vgl. Schulz/Grimm 2012: 155). Diese Theorie, die den Prozess des Spracherwerbs auf Imitation reduziert, wird nicht nur in der heutigen Spracherwerbsforschung in Frage gestellt und kritisiert. Gleich nachdem sie ihren Eingang in die Forschung gefunden hatte, wandte sich Chomsky (1959) mit einer starken Kritik dagegen, die im Kern auf drei Aussagen beruht. Chomsky formulierte damit einhergehend seine Theorie, die in der Spracherwerbsforschung als Nativismus bekannt ist (vgl. Katerbow 2013: 18).

Die erste Aussage lautet, dass die Rolle des Inputs und der Imitation beim Spracherwerb selbstverständlich sei. „Similarly, it seems quite beyond question that children acquire a good deal of their verbal and nonverbal behavior by casual observation and imitation of adults and other children.“ (Chomsky 1959: 42) In seiner zweiten Aussage stellt Chomsky klar, dass nur durch Input und Imitation der Spracherwerb nicht gewährleistet werden könne, selbst wenn der Input sorgfältig gesteuert sei: „It is simply not true that children can learn language only through ‚meticulous care‘ on the part of adults who shape their verbal repertoire through careful differential reinforcement […].“ (Chomsky 1959: 42) Daraus resultiert seine dritte Aussage, derzufolge der Mensch mit einem angeborenen Sprachvermögen auf die Welt komme und dadurch den aus der Umgebung erhaltenen Input verarbeite. Aus diesem verarbeiteten Input leite der Mensch sich ein Regelsystem ab, das er dann in diversen Kontexten generiere; so arbeiteten sich Sprecher*innen in die Sprache hinein. „The fact that all normal children acquire essentially comparable grammars of great complexity with remarkable rapidity suggests that human beings are somehow specially designed to do this, with data-handling or ‚hypothesis-formulating‘ ability of unknown character and complexity.“ (Chomsky 1959: 57)

Dass Menschen mit einer angeborenen allgemeinen Fähigkeit zum Erwerben und Lernen und damit einhergehend auch zum Spracherwerb ausgestattet sind, wird in der Spracherwerbsforschung sowie in der Psycholinguistik von den meisten Forscher*innen angenommen (vgl. Jeuk 2003: 19, List 1972: 11f.). Es wird aber auch hinterfragt, ob diese Fähigkeit genügt, um sich Sprache(n) anzueignen. „There is no need to quarrel with the thesis that human beings possess what might be called a language acquisition device (LAD) if this only means that they have the capacity to acquire language.“ (Klein 2003: 6f.)

Eine weitere Theorie, die den Spracherwerb zu beleuchten versucht, ist der Interaktionismus (vgl. Grießhaber 2010: 19). Diese Theorie stützt sich auf den Kerngedanken, „dass Sprache eine Form sozialen Verhaltens ist und dass das Kind die genetische Prädisposition zur sozialen Interaktion besitzt.“ (Schulz/Grimm 2012: 156, Herv. i. Orig.) Dies bedeutet, dass das Kind nicht nur mit einer angeborenen Fähigkeit zum Erwerb der Sprache(n) zur Welt kommt (Nativismus), sondern auch mit dem Vermögen zur sozialen Interaktion (Interaktionismus).

Diese vier zentralen Theorien bieten einen interessanten Einblick in den Spracherwerb aus kognitiver Perspektive. Es würde allerdings den Rahmen dieser Arbeit sprengen, sie an dieser Stelle in weiteren Details auszuführen und zu diskutieren. Daher werden sie bei einem kurzen Umriss belassen. Im nächsten Abschnitt folgt die Kategorisierung des Spracherwerbs.

5.2 Kategorisierung des Spracherwerbs im frühkindlichen Alter

In der Spracherwerbsforschung wird ausgehend vom Lebensalter beim Beginn (age of onset) des Erwerbs einer Sprache oder mehrerer Sprachen eine Kategorisierung vorgenommen (vgl. Meisel 2009: 6). Vom „monolingualen Spracherwerb“ wird gesprochen, wenn das Kind seit der Geburt nur mit einer Sprache erzogen wird. Wächst es jedoch mit zwei Sprachen auf oder tritt eine zweite Sprache bis zum zweiten Lebensalter ein, wird dies als „simultaner“ oder „doppelter Spracherwerb“ bezeichnet (vgl. Jeuk 2003: 14, Rothweiler/Ruberg 2014: 249).

Wenn der Erwerb einer Sprache dem einer anderen folgt, ist die Rede vom „sequenziell“ bzw. „sukzessiv bilingualen Erwerb“ (vgl. Gagarina 2016: 96, Jeuk 2003: 14, Meisel 2009: 5, Rothweiler/Ruberg 2014: 249). Die Begriffe „frühkindlicher L2-Erwerb“ oder „frühkindlicher Zweitspracherwerb“ werden ebenfalls häufig verwendet (vgl. Kaltenbacher 2015: 57, Schmidt 2018: 37). Die Begrifflichkeit sukzessiv bilingualer Erwerb wird für die vorliegende Studie übernommen. Mit welchem Alter der sukzessiv bilinguale Erwerb beginnt und wann er endet, wird in der Forschung allerdings kontrovers diskutiert. Zur Diskussion stehen vor allem die Altersspannen von vier bis acht Jahren, vier bis sechs Jahren und drei bis sechs Jahren (vgl. Gagarina 2016: 96). Einigkeit besteht aber darüber, dass der Erwerb als sukzessiv bilingual zu gelten hat, wenn er in einer Sprache in Grundzügen erfolgt ist und der Erwerb einer weiteren Sprache erst danach einsetzt (vgl. Riehl 2014: 86).

Für Kinder mit familiärer Migrationsgeschichte in Deutschland wird angenommen, dass sie zunächst ihre Herkunftssprache(n) bzw. Familiensprache(n) zu Hause in Grundzügen erwerben und mit dem Erwerb des Deutschen hauptsächlich erst mit dem Eintritt in die Kita beginnen. Daher wird auch davon ausgegangen, dass der Erwerb des Deutschen bei ihnen meistens sukzessiv bilingual erfolgt (vgl. Kauschke 2012: 121, Schulz/Tracy 2011: 21). Da aber seit August 2013 jedes ein- und zweijährige Kind einen Anspruch auf einen Kitaplatz hat (vgl. Bildung in Deutschland 2014: 45), kann für die Zukunft erwartet werden, dass der sukzessiv bilinguale Erwerb des Deutschen bei Kindern mit familiärer Migrationsgeschichte immer mehr durch den simultanen Erwerb ersetzt wird. Der Spracherwerb in der Kita wird im Abschnitt 5.6 ausführlicher thematisiert und dabei wird dieser Aspekt wieder aufgegriffen.

5.3 Erzählkompetenz und ihr Erwerb

Mit der Erzählkompetenz1 der Studienkinder befasst sich die erste Forschungsfrage dieser Studie. Daher sollen im Folgenden einige zentrale Erkenntnisse zur Erzählkompetenz dargestellt werden, die bisher in der Forschungsliteratur herausgearbeitet worden sind.

Eine Erzählung kann im weitesten Sinne als „events that are temporally or causally linked and in which some protagonist performs some action“ bezeichnet werden (Lindgren 2018: 14, siehe auch Berman/Slobin 1994, Gagarina et al. 2012, Verhoeven/Strömqvist 2001). Daher setzt eine Erzählung in erster Linie voraus, dass die temporalen und kausalen Zusammenhänge der Ereignisse (events) durch den/die Erzähler*in wiedergegeben werden. Darüber hinaus müssen die innere Welt, die Emotionen und die Ziele der Protagonist*innen/Figuren erkannt werden. Es wird auch erwartet, dass der/die Erzähler*in den Wissensstand inklusive des Sprachstandes des/der Hörenden berücksichtigt, damit die Erzählung auch verstanden wird. Beim Erzählen werden also „diverse Anforderungen“ an den/die Erzähler*in gestellt, auch wenn es sich dabei um ein Kind handelt (Skerra/Adani/Gagarina 2013: 127).

Die im vorherigen Absatz dargestellte Komplexität des Erzählens setzt nicht nur eine ausgeprägte Sprachkompetenz in einer Sprache voraus, sondern darüber hinaus auch die Fähigkeit zum abstrakten Denken, da beim Erzählen die Ereignisse dekontextualisiert eingeordnet und erzählt werden müssen (vgl. Wieler 2014: 95). Mit Dekontextualisierung ist in diesem Zusammenhang gemeint, dass „sprachliche Äußerungen aus der engen Verflechtung mit dem nichtsprachlichen Kontext der aktuellen Handlungssituation“ herausgelöst zum Ausdruck kommen (Andresen 2002: 224).

Dekontextualisierter Ausdruck bzw. dekontextualisierte Sprache wird als ein wesentliches Merkmal der Literalität gesehen. Daher wird die mündliche Erzählfähigkeit im Vorschulalter in einigen Untersuchungen als Vorstufe der Literalität bzw. als Präliteralität aufgefasst (vgl. Wieler 2014: 93ff.). Folgerichtig wird die mündliche Erzählfähigkeit im Vorschulalter auch als ein Prädikator für die spätere schriftliche Literalität in der Schule bewertet (vgl. Gagarina 2016: 92).

Seitens der Spracherwerbsforschung wird nicht nur die Relevanz des Erzählens unterstrichen, sondern es wird aufgegriffen, um auf der Grundlage der erzeugten Erzählungen oder Texte die Sprach(en)-Kompetenz eines Kindes zu ermitteln, wie dies beispielsweise in der bekannten Studie von Berman/Slobin (1994) durch die fiktionale Geschichte von Mayer (1969) Frog, where are you? geschieht. Inzwischen sind auch fiktionale Geschichten spezifisch für die Ermittlung der Erzählkompetenz entwickelt worden, wie die MAIN-Geschichten, die für diese Studie herangezogen werden (vgl. Gagarina et al. 2012). Auch hierzu können durch die erzeugten Erzählungen bzw. Texte Sprachanalysen unternommen werden. Insofern stellt sich Erzählung als ein ökologisches Instrument für die Ermittlung der Sprach(en)-kompetenz dar (vgl. Gagarina et al. 2015: 243, Lindgren 2018: 12). Unterschieden wird bei der Analyse einer Erzählung meistens zwischen der Makro- und der Mikroebene (vgl. Maviş/Tunçer/Gagarina 2016: 72). Auf diese Unterscheidung wird genauer eingegangen, wenn das Instrument MAIN erläutert wird.

Wie die Ergebnisse von MAIN zeigen, sind Kinder etwa ab dem Alter von drei Jahren in der Lage, einige Komponenten einer fiktionalen Bildergeschichte zu erkennen und wiederzugeben, folglich ist dieses Instrument ab diesem Alter einsetzbar (vgl. Gagarina et al. 2015: 243). In diesem Zusammenhang wird berichtet, dass jüngere Kinder – Drei- bis Vierjährige – zwar eine fiktionale Bildergeschichte erzählen können, diese würde aber eher die Nennung einiger Protagonist*innen/Figuren sowie einiger Ereignisse beinhalten, die temporal und kausal nicht verknüpft seien (vgl. Bohnacker 2016: 22f.). Die Verknüpfung – zumindest die temporale – wird im nächsten Schritt und von etwa fünfjährigen Kindern hergestellt (vgl. Berman/Slobin 1994: 13). Ab dem Alter von fünf Jahren sind Kinder auch immer mehr in der Lage, die innere Welt – etwa die Ziele – der Protagonist*innen/Figuren wahrzunehmen und zum Ausdruck zu bringen (Pesco/Bird 2016: 2). Damit geht auch einher, dass immer mehr Komponenten wiedergegeben werden (vgl. Gagarina et al. 2015).

An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass die Entwicklung sich nicht nur durch die inhaltliche Bereicherung der Erzählung zum Ausdruck bringt, sondern auch durch das genutzte sprachliche Mittel in der jeweiligen Sprache (Berman/Slobin 1994: 13, vgl. Lindgren 2018: 22). Wie aus der zugrunde liegenden Studie hervorgeht, greifen ältere Kinder beispielsweise häufiger auf die Nebensatzstruktur des Deutschen zurück, um bestimmte Sachverhalte in Beziehung zu setzen, etwa um Kausalität herzustellen.

Bei der Darstellung des Instruments MAIN werden einige weitere Aspekte des Erzählens erläutert. Hier ist noch darauf hinzuweisen, dass Erzählung sich insbesondere für die Ermittlung der Sprach(en)kompetenz von bilingualen bzw. mehrsprachigen Kindern eignet (Gagarina et al. 2016: 12). Denn anders als die Instrumente, die sich auf einen bestimmten Bereich der Sprache – beispielsweise auf Morphosyntax – beziehen, ist Erzählung als Instrument weniger spezifisch für Einzelsprachen. Insofern ist es möglich, dass ein Kind eine Bildergeschichte wie beispielsweise Frog, where are you? oder parallel aufgebaute Bildergeschichten, wie es bei MAIN-Geschichten der Fall ist, in seinen verschiedenen Sprachen erzählt und die dabei erzeugten Erzählungen vergleichend analysiert werden. Eine solche Vorgehensweise wäre beispielsweise mit dem Instrument LiSe-DaZ nicht ohne weiteres möglich, da das Instrument im Wesentlichen auf die Ermittlung der Morphosyntax des Deutschen abzielt und entsprechend konzipiert ist.

5.4 Grammatische Kompetenz des Deutschen und ihr Erwerb

Die Morphosyntax wird „als Kerngebiet der Grammatik“ des Deutschen betrachtet (Eisenberg 2013b: 6). Daher ist nicht verwunderlich, dass die meisten Arbeiten zum Erwerb der Grammatik des Deutschen als Erstsprache sowie als Zweitsprache sich mit der Morphosyntax befassen und in diesem Bereich die meisten Erkenntnisse gewonnen werden; auf diese Erkenntnisse stützt sich auch die folgende Darstellung.

Wenn ein Kind monolingual Deutsch aufwächst, kommt es parallel zum sogenannten Wortschatzspurt etwa ab dem Alter von 18 Monaten in die Phase der Mehrwortäußerungen, in der es zwei, mitunter auch mehr Wörter kombiniert (vgl. Ruberg/Rothweiler 2012: 121f.). In dieser Phase beginnt sich die morphosyntaktische Kompetenz zu formieren, um die Wörter miteinander in Beziehung zu setzen. Dabei arbeitet das Kind einerseits an der Stellung des Verbs und positioniert es zunächst in der infiniten Form am Satzende eines Hauptsatzes, aber im nächsten Schritt in der finiten Form an der zweiten Position (V2-Position) (vgl. Tracy 2008: 79f.). Mit Finitheit des Hauptsatzes wird auch die Kongruenz zwischen dem Verb und dem Subjekt hinsichtlich der Person und des Numerus erworben. Auch der Erwerb der Tempusformen – beginnend mit Präsens und Perfekt – setzt in diesem Alter ein (vgl. Kauschke 2012: 82).

Andererseits arbeitet das Kind an den nominalen Kategorien. Der diesbezügliche Erwerb gestaltet sich jedoch schwieriger. Vor allem im Hinblick auf die Genus- und Kasusmarkierung kommt es zu Übergeneralisierungen. Der Artikel die wird beispielsweise zunächst auch für die Markierung des Maskulinums und des Neutrums genutzt oder der Akkusativ auf Dativkontexte übertragen (vgl. Tracy 2008: 93). Der vollständige Erwerb des Genus- und Kasussystems einschließlich des Dativs kann bei monolingualen Kindern bis zum fünften Lebensjahr andauern (vgl. Ruberg/Rothweiler 2012: 129).1

Ungeachtet der Verzögerungen des Erwerbs der nominalen Kategorien können monolingual Deutsch aufwachsende Kinder im Alter von zweieinhalb bis drei Jahren Nebensätze mit Verbendstellung verwenden (vgl. Schulz/Tracy 2011: 34). Dies bedeutet zum einen, dass sie sich ab diesem Alter komplexer ausdrücken können, und zum anderen, dass sie „die wesentlichen Aspekte der Morphosyntax wie z.B. die Satzstruktur und die syntaktische Funktion grammatischer Morpheme erworben haben.“ (Grimm/Schulz 2014: 37) Interessanterweise entspricht dieses Alter auch etwa demjenigen, in dem Kinder beginnen, eine Erzählstruktur, wie sie im vorherigen Abschnitt (5.3) beschrieben ist, zu entwickeln. Insofern kann hier angemerkt werden, dass die beschriebene Erzählfähigkeit in Sprachen wie dem Deutschen eine in Grundzügen etablierte morphosyntaktische Kompetenz voraussetzt.

In der Spracherwerbsforschung wird berichtet, dass sich der simultane Erwerb des Deutschen mit einer weiteren Sprache in der Progressionsgeschwindigkeit und in der Erwerbstruktur wie sein monolingualer Erwerb gestaltet (vgl. Tracy 2008: 125). Dies gilt im Übrigen auch für andere Sprachpaare (vgl. Gagarina 2016: 96). In diesem Zusammenhang bemerkt Meisel: „[…] bilingual children acquiring two languages simultaneously develop two first languages, not differing in their grammatical knowledge from the respective monolinguals.“ (Meisel 2009: 16f.) Daher wird hier nicht näher auf den simultanen Erwerb des Deutschen eingegangen.

Für den sukzessiven Erwerb des Deutschen wird festgestellt, dass auch hier die Erwerbstruktur dem monolingualen Erwerb gleicht, falls er im jungen Alter bis etwa vier Jahre einsetzt (vgl. Rothweiler/Ruberg 2014: 252). Kaltenbacher (2015) wird in dieser Hinsicht konkreter. Sie merkt an, dass in Bezug auf Syntax wie Verbstellung und Verbmorphologie eine Übereinstimmung beim sukzessiven Erwerb des Deutschen mit dem Erstspracherwerb zwar vorhanden sei, jedoch nicht in Bezug auf die Nominalmorphologie. Kinder, die das Deutsche sukzessiv erwerben, haben beispielsweise große Schwierigkeiten beim Erwerb des Genus (vgl. Kaltenbacher 2015: 57). Dies wird auch von Meisel (2009) hervorgehoben. Ebenso wird von Schwierigkeiten beim Erwerb der Kasusformen berichtet (Ruberg/Rothweiler 2012: 133). Zu erinnern ist dabei daran, dass auch Kinder, die monolingual Deutsch erwerben, beim Erwerb dieser Kategorien Verzögerungen aufweisen. Jedoch haben Kinder, die das Deutsche sukzessiv erwerben, diesbezüglich mehr Schwierigkeiten. Es wird beispielsweise festgestellt, dass die Ausdifferenzierung der Kasusformen sich bei ihnen bis in das Grundschulalter hinziehen kann (Ruberg/Rothweiler 2012: 133).

Hierbei ist wiederum entscheidend, ab welchem Alter der Erwerb des Deutschen einsetzt. Bei Kindern, die etwa ab dem Alter von fünf Jahren Deutsch erwerben, verläuft die Aneignung der Syntax zum Teil anders als bei Kindern mit Deutsch als Erstsprache. Es kommt vor, dass das Verb in einem Hauptsatz an der dritten Stelle verwendet wird, wenn dieser mit einem Adverb beginnt. Anstatt also Adverb-Verb-Subjekt wird der Satz als Adverb-Subjekt-Verb gebildet (vgl. Czinglar 2014: 25). Des Weiteren findet an den Stellen, wo der finite und infinite Teil der Verbalphrase zu trennen sind, keine Trennung statt. Diese Entwicklungen hinsichtlich der Wortstellung treten allerdings übergangsmäßig auf (vgl. Ruberg/Rothweiler 2012: 35).

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344 s. 8 illüstrasyon
ISBN:
9783823303664
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