Kitabı oku: «Verirrungen», sayfa 2
„Schatzi, come on, let's go!“
Die Minute ist um. Das Signal ist ausgeblieben. Sie dreht sich von ihm weg, geht davon, im Catwalk, jedes Bein vorsichtig aufsetzend, wegen dieser bescheuerten High-heels.
„Moment, mach mal langsam. You wait! Understand?“
Sie bleibt stehen, dreht sich wieder zu ihm hin. Er kramt sein Handy aus der Hosentasche. Drückt auf den App mit dem Zugfahrplan. Der Akku ist fast leer, die Anzeige schwach, aber er erfährt noch, dass der Zug tatsächlich Verspätung hat. Ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Eine Viertelstunde bis zwanzig Minuten hat er zusätzlich. Müsste eigentlich reichen. Jetzt ist es kurz nach vier, noch eine halbe Stunde, dazu die zwanzig Minuten, macht fünfzig, das ist ja fast eine Stunde, das reicht auf jeden Fall, sonst wird es eh zu teuer. Solche Nutten kommen ja immer schnell zur Sache, die verdienen mit den Quickies mehr als mit stundenlangem Getue. Die haben ja nur Zeit, wenn sie Geld sehen, doch von ihm werden sie nur das Nötigste bekommen, nur das, was unumgänglich ist. Er steckt das Handy wieder ein. Fasst an sein Portemonnaie in der Hosentasche. Gut, dass er noch am Bankautomat war. Was die wohl kostet?
„Wie viel? Wie viel willst du? Understand? How much money?“
„No much money. No problem. Come on. Love first. Business later. Come on Schatzi.”
Jetzt weiß sie, dass sie gewonnen hat. Er wird hinter ihr her schleichen, wie ein Pudel an der Leine. Und wenn er das doch nicht macht, hat sie Pech gehabt. Sie kann und will nicht mehr investieren, weder an Zeit noch an Geduld noch an Überredung. Sie dreht sich um und wackelt davon, mit diesem erotisch unterkühlten, durch die Schuhe bedingten Staksen und Balancieren, diesem ständigen Zwang, auf die Unebenheiten der Straße zu achten, um ja nicht umzuknicken. Schon deswegen kann sie nicht zurückblicken.Es ist aber auch nicht nötig, denn er trottet tatsächlich hinter ihr her, im sicheren Abstand, sich betont unbeteiligt gebend, aber gekettet und mitgezogen von diesem erotischen Magneten, der ein paar Meter voraus, ihn unbeirrt anzieht. Seine Gedanken kreisen nicht mehr um den Zug, den er rechtzeitig erreichen muss, nur noch um diese Frau, die er nun fast erreicht hat und bleiben dort hängen, wo männliche Blicke und Gedanken meistens enden: Arsch, Busen, Beine.
Sie geht, aber nicht dahin, wo er meinte, dass sie hingehen müsse. Nicht in Richtung des Viertels mit den etwas verwahrlosten Häusern, den maroden Hauseingänge, den etwas heruntergekommenen Straßen. Sie steuert keine von den Bars an, in der um diese Zeit vermutlich nur halbtote Fliegen anzutreffen sind und schon gar nicht zu der Gasse mit den Schaufenstern, die er manchmal aufsucht. Dass diese Frau ihn dorthin lotsen würde, hatte er auch nicht erwartet. Das ist keine, die sich in ein Schaufenster setzt, denkt er. Vielleicht würde sie ja gerne dort ihr Geld verdienen, hat aber keinen Platz bekommen oder mit ihren Papieren stimmt etwas nicht. Wenn alles legal und in Ordnung wäre, müsste sie doch nicht am hellen, heißen Nachmittag auf der Straße anbaggern. Sie stelzt weiter vor ihm her, mit diesen roten Waffen, die sich Schuhe nennen und diesen endlosen braunen Beinen, diesem knackigen Hintern, der rhythmisch in den viel zu kurzen Jeans wackelt, mit der schmalen Taille, dem dunklen T-Shirt, der schwarzen Mähne. Sie zieht ihn nach sich, ganz mechanisch, ganz automatisch, wie ein Kind ein Spielzeug auf Rädern an einem Bindfaden hinter sich her zieht. Ihm wird noch heißer. Der Schweiß rinnt ihm von der Stirn. Sein Hemd klebt. Die Anzugjacke ist viel zu schwer. Warum hat er die nicht im Auto gelassen? Warum hat er eigentlich immer noch die pinke Krawatte um mit der lächerlichen Mickymaus? Wo will sie denn hin? Wir kommen ja aus der City raus. Das Viertel ist doch hier schon zu Ende und die Brache fängt an, die Industriegegend. Hierher verirrt sich doch kein Mensch. Aber sie stolziert unbeirrt weiter. Er ist verunsichert, zögert. Soll er doch lieber zurück? Folgt ihr aber dennoch, als sie um eine Ecke biegt. Doch auch dann ist das Ziel noch nicht erreicht. Welches Ziel? Hier gibt es doch kaum noch Häuser. Durch sein Zögern hat sie sich ein beträchtliches Stück von ihm entfernt. Wo hat die nur ihre Bleibe, ihre Wohnung, ihren Arbeitsraum oder nennt man das Atelier? So weit hat er sich den Weg nicht vorgestellt. Und er muss das alles wieder zurück, das wird eng, verdammt noch mal. Wenn er das geahnt hätte, wäre er nicht mitgegangen. Er schaut auf die Uhr. Aber es sind erst fünf Minuten vergangen, es ist erst zehn nach vier. Er hätte gewettet, dass er schon eine Viertelstunde hinter ihr her läuft. Trotzdem ist es lang und dazu diese Hitze. Eigentlich lohnt sich das ganze Unternehmen gar nicht mehr. Wenn er dann noch den Zug verpasst, Mann oh Mann, dann gibt es Ärger. Parkplatz kommt ihm wieder in den Sinn. Kein Parkplatz ist immer gut als Ausrede für das Zuspätkommen. Das muss sie einfach schlucken, selbst bei dieser Hitze sind am Bahnhof alle Plätze belegt und freie Parkplätze kann man nicht einfach herbeizaubern. Er atmet wieder etwas freier, aber das lange Gehen ärgert ihn und die Hitze und dass er sich überhaupt auf das Abenteuer eingelassen hat, anstatt in einem Stehimbiss im Bahnhof ein kühles Bier zu trinken.
Er ist drauf und dran, einfach umzudrehen, doch da biegt die Frau auf einen Platz ein, einen kleinen, verlassenen Platz mit vielen Büschen und Bäumen am Rand, ein Platz, der wohl als Parkplatz dient, aber jetzt weitgehend leer ist. Sie dreht sich um und wartet, bis er bei ihr ist.
„Alles klar? We are here.“
Sie fasst seine Hand an. Fasst ihn zum ersten Mal an. Er ist baff. Parkplatz. Um diese Zeit. Parkplatz ist doch nur nachts gefragt, bunte Neonröhren an Wohnwagen oder auf dem Dach von Kleinwagen. Sie lässt ihm keine Zeit zum Nachdenken, zieht ihn an der Hand mit, steuert ein Wohnmobil an. Älteres Modell, Typ Kastenwagen, sehr schmutzig, voller Sand und Lehm. Vielleicht war das Fahrzeug einmal weiß. Das Kennzeichen ist total verdreckt, Buchstaben oder Zahlen sind nicht zu erkenne. Auffällig ist nur ein Aufkleber am Heck mit einem Elch, so einer, wie sie Urlauber aus Skandinavien mitbringen. Er ist leicht verwirrt. Will die, dass ich mit ihr in diesem alten Kasten bumse? Glaubt die, dass ich da rein gehe? Liebe im Campingwagen, so etwas hat er sich nicht vorgestellt. Da drin muss es doch verdammt eng und unbequem und erst recht heiß sein. Hat er es nötig, in einem Campingwagen zu ficken? Aber die Gier hat ihn wieder fest im Griff, nachdem die Frau ihn an die Hand genommen hat und er ihre überraschend raue Handfläche in seiner spürt. Und außerdem sollte der ganze Aufwand, der ganze Anmarsch umsonst gewesen sein? Während er noch zögert, hat „die“ einen Schlüssel aus ihren Jeans gekramt und öffnet die Schiebetür auf der Beifahrerseite, steigt ein, reicht ihm wieder die Hand und zieht ihn die kleine Treppe hoch. Beim Einsteigen fällt ihm noch etwas an dem Campingbus auf, aber es bleibt ihm keine Zeit, es sich einzuprägen. Er weiß später nicht einmal genau, was es war, denn die Frau, die ihn zu sich hoch gezogen hat, begrüßt ihn nun sehr freundlich.
„Come in Schatzi. Welcome in my home.“
Innen ist tatsächlich noch heißer, dazu ist die Luft stickig und es müffelt irgendwie, vielleicht nach alten Klamotten oder ungewaschenen Socken. Nach dem hellen Sonnenlicht ist es zudem sehr dunkel, anfangs sieht er gar nichts und er beginnt noch stärker zu schwitzen. Sein Taschentuch, das er sich an die Stirn hält, kann den Schweiß schon längst nicht mehr aufnehmen. Die Frau hat seine Hand losgelassen, knipst eine Lampe an und schließt die Tür. Rotes Licht natürlich. Er schaut sich um. Direkt gegenüber der Schiebetür ist ein ziemlich schmales Bett, in Richtung der Fahrerkabine eine Art Küchenzeile und am Heck ein Fenster mit einem dichten Vorhang. Von außen dringt kein Licht in den Raum. Aber das vorhandene Licht reicht aus, um sich jetzt auf die Frau zu konzentrieren. Die hat sich auf das Bett gesetzt. Sie weiß wohl, dass sie keine Zeit verlieren dürfen, dass es jetzt flott gehen muss. Hat er ihr eigentlich schon gesagt, dass er nur ganz wenig Zeit hat? Er sieht nun ganz deutlich, dass sie auch schwitzt, fast noch mehr als er. Er sieht die Schweißperlen auf ihrer Stirn und auf dem üppigen Dekolletee.
„Get off cloths. So hot here.“
Sie selbst macht keine Anstalten, die paar Sache abzulegen, die sie an hat. Stattdessen fragt sie.
„Some drink?“
Er schüttelt den Kopf. Er hat zwar Durst, will aber nicht mit überhöhten Preisen verarscht werden. Er denkt an den teuren, minderwertigen Sekt, der in mittelmäßigen Nachtbars ausgeschenkt wird und den man gefälligst spendieren muss, um mit einer der Damen überhaupt zu reden und den man reichlich bestellen muss, um vielleicht ein bisschen zu knutschen. Das kennt er, das hat er schon mitgemacht, diese Erfahrung reicht. In einer Nachtbar ist der Sekt teuer, aber wenigstens kalt. Hier, in dem heißen Bus, kann sich doch kein Getränk der Hitze entziehen. Andererseits plagt ihn der Durst, sein Mund ist trocken, nicht nur wegen der Hitze. Die unmittelbare Nähe der Frau, der Geruch ihres Parfüms, ihres Schweißes, die Berührung ihrer Hand, die Erwartung, was gleich geschehen wird, das alles macht ihn noch heißer, noch durstiger. Als sie die Frage wiederholt und noch ein „really“ dran hängt, nickt er und wischt sich wieder die Stirn ab. Wie kann man es bei dieser Hitze nur in so einer Karre aushalten, geht es ihm durch den Kopf. Wie kann man es überhaupt in so einer Karre aushalten? Dann fällt ihm ein, dass er eine wichtige Sache immer noch nicht geklärt hat.
„Wie teuer, das Vergnügen? Alles zusammen. Drink and sex. How much? Only short time, only a quicky, you understand. No much time. Train is coming. I need go to station. So, hurry up, please!“
„Yes, yes. Alles klar. Softdrink no money. All inclusive. So hot here. Coke? Get off cloths!“
Wenigstens will sie ihm keinen Sekt andrehen. Er zieht endlich die Jacke aus und löst die Krawatte, legt sie aber noch nicht ab. Die Frau steht auf, öffnet einen Minikühlschrank in der Küchenzeile, nimmt eine Cola und zeigt ihm die Dose. Er nickt wieder. Sie verteilt den Inhalt auf zwei Pappbecher und reicht ihm einen. Er nimmt einen tiefen Schluck. Die Cola ist bestenfalls laukalt, schmeckt fade und beschissen. Er weiß gar nicht, wann er seine letzte Cola getrunken hat. Er mag das süße Zeug nicht, besonders dann nicht, wenn es warm ist, aber zumindest ist der Mund nicht mehr so trocken. Die Frau setzt sich wieder auf das Bett, deutet mit der Hand an, dass er sich auch setzen soll und rückt sofort ganz nahe an ihn heran. Eine Hand hält den Pappbecher, die andere wandert auf seinem Rücken herum, hinab zu seinem Gesäß, dann finden sie den Weg auf einen seiner Oberschenkel und tastet sie sich weiter vor, in Richtung seiner Männlichkeit. Die Hand findet sein steifes Glied, ohne aber die Hose zu öffnen, greift, presst, drückt. Es ist ihm schon fast unangenehm, wie sie da an ihm herum grapscht, aber es tut dennoch gut. Doch das Vergnügen ist nur kurz, sie zieht die Hand rasch wieder ab und gibt ihm dafür einen leichten Kuss auf die Wange. So abrupt, wie sie sich an ihn geschmiegt hat, wie sie sich im wahrsten Sinne des Wortes, an ihm vergriffen hat, so plötzlich lässt sie auch wieder von ihm ab und rückt ein Stückchen von ihm weg, dabei fordert sie ihn erneut auf, sich endlich ganz auszuziehen, ohne aber selbst etwas abzulegen. Er nimmt nun die Krawatte vollends ab, streift sein feuchtes Hemd über den Kopf, ohne die Knöpfe zu öffnen, zieht die Schuhe aus, behält aber die Socken an. Schließlich steht er noch einmal auf, zieht die Hose aus und setzt sich wieder auf das Bett. Nun ist er fast nackt bis auf die Unterhose und eine schwere Goldkette um den Hals, die erst zum Vorschein kam, nachdem er das Hemd abgestreift hatte, eine echte Strizzikette, wie sie Zuhälter und Angeber lieben. Außerdem hat er noch vier Ringe an den Fingern, ein Ehering und drei von ähnlicher Scheußlichkeit und natürlich die vergoldete Omega, aber diese Dinge kann man ja nicht zur Kleidung rechnen.
„Und du? Auch nackig, oder? You striptease, please.“
Sie bleibt auf dem Bett sitzen und lacht.
„Yes, wait. We have time. Drink. Good for you, Schatzi. Relax a moment. You will need much power to make me happy.“
Er nimmt noch einen Schluck, dann sagt er laut und scharf:
„No time. No relax. Keine Zeit. Ich muss zum Bahnhof. Verstehst du. Keine Zeit. Next time more time. Aber jetzt not. Also mach schon.“
Sie erschrickt über seine heftige Reaktion, stellt endlich den Becher auf den Boden und streift sich das T-Shirt über eine Schulter, sodass ihr BH zur Hälfte sichtbar wird. Er ist sehr rot, signalrot und sehr knapp, einer vom Typ Push-BH, einer der die Brüste steil nach oben presst. Sie holt eine dieser gepressten Brüste aus dem Körbchen, legt aber sofort ihre Hand darauf, bedeckt sie, als ob sie dieses ausgeprägte Merkmal ihrer Weiblichkeit schützen müsse. Dann regt sie sich erst mal gar nicht, bleibt wie angenagelt sitzen. Er schaut sie erstaunt an und diese kurze Pause, diese erzwungene Konzentration führt dazu, dass er auf einmal ihren Geruch wieder deutlich wahrnimmt. Die Frau riecht noch süßlicher und strenger als beim flüchtigen Vorbeigehen, eine Mischung aus aufdringlichem Parfüm und starkem Schweiß. Der Geruch bewirkt, dass seine Gedanken den engen Bus verlassen und hinaus wandern, zu seiner Frau, die auf ihn wartet, obwohl der Zug noch unterwegs sein müsste. Dieses Scheissparfüm, denkt er einen Moment lang, wie bekomme ich das nur wieder los? Meine Frau riecht das bestimmt sofort. Ich kann mich doch nicht mehr duschen. Auf einmal ekelt er sich fast und denkt nur noch, dass eine Dusche ihnen beiden guttäte. Aber diese Gedanken verdrängt er rasch wieder. Hier gibt es keine Dusche und duschen wäre nur Zeitverzögerung. Er wird sich etwas einfallen lassen müssen, darin ist er ja geübt. So konzentriert er sich wieder auf den Anblick der Frau mit der marginal geschützten Brust und fühlt, wie er sich weiter erregt vielleicht durch diese verdammte Duftmischung oder wegen der Enge und der Hitze, auf jeden Fall aber wegen der direkten Nähe und der Erwartung, dass der Höhepunkt bald auf ihn zukommen wird, auf sie beide zukommen wird. Und tatsächlich wird die Frau wieder aktiv. Sie hält zwar ihre eine Hand immer noch vor die Brust, aber mit der anderen tastet sie erneut nach seinen Oberschenkeln und er spürt, wie ihre raue Handfläche auf seiner nackten, feuchten Haut hin und her fährt. Die Berührung kitzelt ihn und das Gefühl Haut auf Haut erregt ihn zusätzlich. Trotz der leichten Blindheit, die mit dem Zustand der Erregung verbunden ist, fallen ihm nicht nur die Ringe an ihren Fingern auf, sondern auch eine Tätowierung auf dem Handrücken, die ihm bisher entgangen war. Es ist eine Art Insekt, nein, das Vieh hat acht Beine, eine Spinne, eine Tarantel. Schwarze Spinne auf brauner Haut. Die Hand mit der Tarantel ist schmal und die Fingernägel sind lang und kunstvoll lackiert, jeder Nagel hat eine andere Farbe und ein anderes Motiv. Das Nagelstudio muss gut verdient haben, geht es ihm durch den Kopf. Not scheint diese Schöne nicht zu leiden. Sein Blick löst sich von der Hand und wandert wieder in Richtung Busen und zu der zweiten Hand hin. Auch die hat Ringe und lackierte Nägel, aber keine Tätowierung. Aber das interessiert ihn nicht so sehr. Er stört sich, dass er die freie Brust immer noch nicht sehen kann, dass sie sozusagen immer noch nicht freigegeben ist. So kann es nicht bleiben, denkt er und schiebt mit seiner freien Hand das Hindernis beiseite und fasst nach dieser Brust, grapscht nach ihr und beginnt sie zu drücken. Sie lässt es sich gefallen, entzieht sich ihm nicht weiter und auf einmal weiß er, warum sie so zurückhaltend war, sich so schamhaft gab. Der große Busen fühlt sich ohne das Stützkorsett verdammt schlaff an und auch seine hochgeputschte Gier bekommt dadurch einen kleinen Dämpfer. Die Frau lacht bei der Berührung auf, gurrend, kehlig, gekünstelt, verlegen, doch wie zur Ablenkung oder als Wiedergutmachung hat ihre tätowierte Hand erneut den Weg zu seinen „most private parts“ gefunden, zerrt an seiner Unterhose, zieht sie über die Oberschenkel und beginnt sein steil aufgerichtetes Glied zu drücken und daran zu zupfen, es zu massieren und zu karessieren, als ob sie mit einem billigen Handjob rasch zum Ende des Geschäfts kommen wolle.
Damit ist er natürlich nicht einverstanden, stellt den Pappbecher mit dem Rest der lauen Cola auf den Boden, um auch die zweite Hand freizuhaben, um die Frau an sich zu ziehen, um sie zu drücken und seinem Drang nach Nähe, Nähe, Nähe nachzugeben. Zugleich fordert er sie auf, sich endlich auch auszuziehen, damit sie vorankämen. Doch er erreicht das Gegenteil, denn statt auf seine Forderungen einzugehen, wendet sie sich plötzlich von ihm ab, zieht ihre Hand aus seinem Intimbereich zurück und steht auf. Er ist irritiert, noch mehr Schweiß bricht aus und rinnt an ihm herunter, zugleich wird sein Mund wieder trocken. Warum lässt sie ihn ausgerechnet jetzt sitzen, als sein Ziel in greifbarer Nähe ist und sein Verlangen dem Höhepunkt zustrebt, jetzt, da sein Prachtstück ungeduldig wird, an Größe nicht mehr zu überbieten ist und nach Erlösung drängt.
„Come on. Leg dich hin. Mach schon“, stöhnt er, aber sie legt sich nicht hin, statt dessen verstaut sie die Brust wieder in dem Körbchen, geht zu der Schiebetür und öffnet sie.
„One moment please. Need pipi. Wait please, Schatzi.“
Bevor er protestieren kann, sie zurück halten kann, sie auffordern kann, später zu pinkeln, danach, wenn sie fertig sind, ist sie schon halb draußen, dreht sich aber noch einmal zu ihm um und schaut ihm nun direkt in die Augen.
„Wait a second. Then it will be nice. You and me. Fucky, fucky.“
Er schaut ihr belämmert nach und ruft ihr noch zu, sie solle sich bloß beeilen, er habe keine Zeit und das habe er doch deutlich gesagt. Doch dann wird die Tür zugezogen. Wozu? Damit er nicht sieht, wie sie sich irgendwo hinhockt? Er wartet. Nichts passiert, nur seine Erregung klingt ab. Er schaut auf seine Uhr. Fünf nach halb vier. Er wird zu spät kommen, selbst wenn es jetzt vollends schnell geht, wenn es überhaupt noch geht. Die Gedanken an seine Frau haben die an diese Frau mit ihrem Harndrang verdrängt. Irgendwas wird er sich einfallen lassen müssen. Parkplatz ist vielleicht doch nicht so gut. Besser dringender Anrufe im Büro, im letzten Moment, gerade als er gehen wollte. Ja, das ist besser. Und dass er seine Frau nicht angerufen und sein Zuspätkommen angekündigt hat, lässt sich mit dem leeren Akku vom Handy begründen, das wäre ja nicht einmal gelogen. Wo bleibt nur die Tussi? Die wird sich noch die Seele aus dem Leib pinkeln. Die Tür bleibt zu, das schwarze Glück kommt nicht zurück und seine Erregung ist jetzt gar nicht mehr vorhanden. Er flucht, wie soll er jetzt wieder auf Touren kommen. Wie soll er das in den paar Minuten schaffen, die ihm noch bleiben. Er steht auf, will einen Blick aus dem Heckfenster hinaus werfen, schauen, wo sie ist, ob sie immer noch in den Büschen hockt, doch in diesem Moment wird der Motor angelassen und der Wagen setzt sich rumpelnd in Bewegung.
Der Waldweg
„Was soll der Scheiß“, brüllt er und will die Tür öffnen. Doch es geht nicht, sie rührt sich nicht, sie ist abgeschlossen, er ist eingeschlossen. Er geht zum Fenster und zieht einen der Vorhänge zur Seite. Das Fenster ist von außen mit dunkler Folie beklebt, es lässt sich nicht öffnen. Er trommelt an die Wand zur Fahrerkabine. Brüllt sich die Seele aus dem Leib. Als Antwort wird das rote Licht ausgeschaltet und es ist nun stockdunkel in dem Kabuff. Er versucht sich nochmals an der Tür, an dem Fenster. Beide sind sehr stabil. Der Wagen fährt, erst langsam, dann schneller, dann merkt er, dass es kurvig wird. Ein paarmal hält der Bus, fährt kurz darauf wieder an, er hört andere Autos, laute Startgeräusche, es müssen wohl Ampeln gewesen sein. Irgendwann hat der Wagen die Stadt anscheinend verlassen, denn jetzt fährt er gleichmäßig, nur selten Kurven, keine Stopps. Er flucht weiter, trommelt, rüttelt. Die Hitze wird immer unerträglicher. Genauso wie die Gedanken an seine Lage, an die Probleme, die auf ihn zukommen werden, seine Frau, sein Auto, Polizei. Erschöpft setzt er sich auf das Bett. Da fällt ihm sein Handy ein, vielleicht geht es doch noch, vielleicht ist noch genug Saft im Akku, um die Polizei anzurufen. Doch das Display zeigt nur noch einen matten Schein, eine Verbindung zur Außenwelt nicht mehr möglich. Er tastet die Taschen seines Anzugs ab. Es ist noch alles da, der Geldbeutel, die Brieftasche, der Schlüsselbund mit Auto-, Wohnungs-, Büroschlüssel, sogar der Parkschein für sein Auto. Dann zieht er die Hose an, die Socken, die Schuhe, das Hemd, nur das Jackett nicht. Er schaut auf die Uhr, die Leuchtziffern glimmen. Der Zug ist schon längst angekommen, trotz Verspätung, aber das ist im Moment nicht sein Problem.
Eine halbe Stunde später, oder war es eine Stunde, fühlt er, wie der Wagen langsamer wird und schließlich in einer engen Kurve abbiegt. Nun wird der Weg erst holprig, aber dann wieder glatt mit sanften Wellen. Wieder dehnen sich die Minuten zu kleinen Ewigkeiten. Der Wagen fährt sehr langsam und dann hält er an. Endlich ist wenigstens diese quälende, ungewisse Fahrerei beendet. Er schreit wieder, trommelt gegen die Fahrerkabine, doch nichts passiert. Erst nach einer halben Ewigkeit hört er, wie eine Tür geöffnet wird, der Wagen schaukelt leicht, jemand hat die Fahrerkabine verlassen. Diese verdammte Frau? Oder ihr Zuhälter? Es dauert wieder ein paar Minuten, dann wird die Tür zu seinem Gefängnis geöffnet. Helles Sonnenlicht dringt ein und blendet ihn. Er muss die Augen zukneifen. Zugleich will er seiner Wut freien Lauf lassen, will eine Erklärung haben, will raus aus der Hitze, der Enge, der Schande. Aber zwei Dinge hindern ihn. Zum einen der Mann, der vor der Tür steht: breit, massig, schwarze Lederjacke. Sein Gesicht ist gegen das Licht nicht zu erkennen und als sich seine Augen an die Helligkeit adaptiert haben, sieht er, dass es von einem Tuch weitgehend verdeckt wird und dass der Mann trotz der Hitze eine schwarze Pudelmütze auf hat. Zum andern das Ding, das der Mann in der Hand hält und das auf ihn gerichtet ist, der dunkle, matt glänzende Lauf einer Pistole. Der Protest bleibt ihm im Hals stecken, die Wut wird von Angst abgelöst, von nackter Angst. Bevor er sich wieder fassen kann, etwas sagen kann, Fragen stellen kann, gar erneut losbrüllen kann, spricht der Mann zu ihm, mit leiser Stimme, die keinen Widerspruch duldet.
„Du hältst jetzt erst mal dein Maul und machst genau, was ich dir sag. Dann bassiert dir nix. Sonst seh ich mich gezwungen, dir Schaden zuzufügen.“
Neben die Angst mischt sich nun Erstaunen. Der Mann spricht in gewählten, ja gestelzten Worten. Der Ton der Stimme ist ihm seltsamerweise nicht einmal unsympathisch. Komisch, dieser Gedanke in solch einer Situation. Zwei weitere Dinge fallen ihm auf. Der Mann hat keine schwarze Hautfarbe, wie sein Lockvogel, sondern eine helle, bleiche, wie er an dem bisschen Haut erkennt, das am Hals zu sehen ist und um die Augen herum und natürlich an den Händen. Und der Ort fällt ihm auf, als er an dem Mann vorbei schaut und sieht, dass sich der Wagen in einem Wald befindet, auf einer Lichtung oder einem breiten Waldweg.
„Ich seh, dass du dich anzogen hast. Du ziehst dich jetzt wieder aus. Verstanden? Du legst alles ab, was du an hast, alles was an dir dran ist und wenn ich sag alles, mein ich auch alles.“
Die Worte prallen an ihm ab. Er starrt weiter sein Gegenüber an, reglos, sprachlos, angsterfüllt, wie gelähmt. Er rührt sich nicht. Er kann sich nicht rühren. Der Mann vor der Tür wartet eine Minute.
„So, jetzt ist der Schock vorbei. Fang an. Dalli, dalli. Wir haben kei Zeit.“
Dabei fuchtelt er zur Bestätigung seiner Worte mit der Pistole hin und her und stößt den Lauf auffordernd in seine Richtung. Die Lähmung ist vorbei. Er versucht es nun mit Worten, doch noch ehe er etwas sagen kann, noch ehe überhaupt ein Wort über sein Lippen kommt, herrscht ihn der Türsteher an.
„Halt's Maul und tu, was ich sag. Oder hast mich noch immer net verstanden. Zieh dich aus und halt's Maul. Also los, mach schon.“
Der Angesprochene stößt einen Fluch aus und fängt an, sich auszuziehen. Er verstreut die Kleider auf dem Fußboden, nur die Unterhose behält er an.
„Alles hab ich gsagt, hörst schlecht oder glaubst net, was ich dir sag? Alles, aber flott.“
Nun liegt auch die Unterhose auf dem Boden.
„Du hältst mich wohl für blöd oder hast immer noch net kabiert, was ich gsagt hab. Die Kette, die Ringe, die Uhr, bittschön.“
Der Pistolero redet mit einem Akzent, der auf Franken oder Sachsen hindeutet. Einer aus dem Osten, denkt der Nackte, während er schweren Herzens auch die restlichen Dinge ablegt. Einer aus dem Osten mit einem schwarzen Flittchen, einem Fliegenfänger, einem Bauernfänger, einem Lockvogel. Ein Straßenräuber, ein Wegelagerer, ein Buschjäger, einer, der auf dumme Arschlöcher wie ihn aus ist. Ein Arsch, der andere Ärsche verarscht.
„Schön, dass wir uns einig sind. Steh auf, dreh dich um, Hände auf den Rücken.“
Der Nackte zögert wieder. Jetzt wäre der Moment zu reagieren, vorzuschnellen, dem fiesen Typ eine in die Fresse zu hauen, ihn auf den Boden zu schmeißen, die Pistole an sich zu nehmen, ihn abzuknallen, zumindest einzuschüchtern, auf Distanz zu halten, sich dann an das Steuer zu setzen und abzuhauen. Doch er bleibt reglos, dafür fällt ihm plötzlich ein, das er die schwarze Nutte noch gar nicht gesehen hat. Wo ist das schwarze Flittchen? Hat sie auch eine Pistole, die heimlich auf ihn gerichtet ist? Aber es ist nicht dieser Gedanke, der ihn abhält, irgend etwas zu unternehmen, einen Vorstoß zu machen, um seine Lage zu ändern. Er macht nichts, weil er Angst hat, höllische Angst, vor diesem Mann und mehr noch vor seiner Pistole. Diese flößt ihm Respekt ein, obwohl er sich nicht sicher ist, ob sie überhaupt echt ist, aber auf diesen Nachweis will er es lieber nicht ankommen lassen. Neben der Scheißangst, traut er sich eine solche Überrumpelung auch gar nicht zu. Er wäre zu langsam, zu zögerlich, die Wut allein würde ihn nicht in die Lage eines Helden versetzen und so macht er das, was der Dicke ihm befohlen hat. Er steht auf, dreht sich um, streckt die Hände auf den Rücken, fühlt, wie ein Kabelbinder um die Handgelenke gelegt und festgezurrt wird. Das Ganze dauert nur ein paar Sekunden.
„Bleib stehn, wie du stehst. Rücken zur Tür. Bleib ganz ruhig, dann bassiert dir nichts. Bis jetzt warst ja vernünftig, bleib so.“
Erneut fragt er sich, wo die schwarze Frau abgeblieben ist. Die muss doch irgendwo sein, denn der Dicke sagt etwas mit halblauter Stimme, die nicht an ihn gerichtet ist.
„Take this and put it around his eyes. Hurry up.“
Der Nackte spürt, wie der Wagen wieder leicht schwankt, dann riecht er das Parfum und den Schweiß. Er dreht den Kopf zu Seite, doch das Einzige, was er sieht, ist die Pistole, die ihm klar bedeutet, sich wieder abzuwenden. Dann spürt er die rauen Hände an seinem Kopf und sieht, dass seine Krawatte als Augenbinde verwendet wird, das rote Ding mit der Mickymaus. Sie sitzt schief, ist lose und er kann über den Rand blinzeln.
„Not so. Silly cow. Make it better.“
Die Frau fummelt erneut, knotet noch einmal. Jetzt sitzt der Schlips stramm. Er kann nichts mehr sehen.
„And now the Daschentuch in his mouth. Look in his pocket.”
Erst will er den Mund nicht öffnen, doch dann spürt er einen Druck in seinem Rücken, den Druck der Pistolenmündung. Das Taschentuch ist schweißnass, ekelig und füllt seinen Mund voll aus. Er kann nur noch schwer atmen, er röchelt und hustet und will den Stoff mit der Zunge wieder aus dem Mund drücken. Es geht nicht, denn die Frau hat noch irgend etwas, ein Band, eine Schnur, so um seinen Kopf gebunden, dass das Taschentuch nicht ausgespuckt werden kann.
„Help him, to leave the car.“
Die Hände, die noch vor kurzer Zeit seinen Körper betastet, seine Oberschenkel gestreichelt und sein Geschlecht gedrückt hatten, fassen ihn geradezu sanft an den Schultern und ziehen ihn rückwärts in Richtung Tür. Mit ihrer gurrenden, rauchigen Stimme sagt sie leise.
„I’m sorry, darling. Take care, the step.“
Er stolpert. Sie hält ihn fest und zieht ihn sanft. Seine Füße tasten sich die kleine Steigleiter hinab. Dann ist er draußen. Er spürt das Gras an den Fußsohlen und die spitzen Zweige und die kleinen Steinchen.
„Na siehst, s'ging doch. Wir lassen dich jetzt allein. Du wirst schon zurechtkommen. Du findst schon jemand oder jemand find dich. Erfriern kannst net bei der Hitzen und a Sonnenstich wirst schon net kriegen. Tschüss und danke für’s Mitmachen. Und noch was, denk dir was Schönes aus, wie du in die Scheiße graten bist. Sag ja net die Wahrheit. Wenn ich merk, dass du mich suchst und mir Schwierigkeiten machen willst, bist du dran, aber wie, dann bin ich net mehr so sanft zu dir. Merk dir das.”
Und wieder in eine andere Richtung: “Come on baby, let’s go.“
Dann, noch einmal, zum letzten Mal, die rauchige Stimme: „Tschüss Schatzi. Next time we will have more fun. You and me.”
Die Frau hat diese Worte fast geflüstert, sie muss ganz nahe neben ihm gewesen sein, denn er riecht sehr intensiv und zum letzten Mal die Mischung aus süßem Parfüm und strengem Schweiß. Dann lacht sie, ihr kehliges Lachen und einen kurzen Moment spürt er die raue Hand auf seinem Rücken, die ihm zum Abschied einen freundschaftlichen Klaps und eine kleine Streicheleinheit verpasst. Er hört noch, wie die Tür zum Kasten zugeschoben wird und wie die beiden Wagentüren nacheinander ins Schloss fallen. Der Motor wird angelassen. Abgase treffen seine Nase. Ein kurzes Hupen zum Abschied, dann rollt der Wagen leicht knirschend auf dem Sand des Waldwegs davon.