Kitabı oku: «12 Jesse Trevellian FBI Thriller August 2021: Krimi Paket», sayfa 23
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Nachdem ich meinen verletzten Partner ins Krankenhaus gebracht hatte, kreuzte ich bei Mucho auf. Er wohnte bei seiner Schwester.
Ina Cerres war nicht besonders helle, aber sie wusste, wer ich war.
»Agent Trevellian«, erinnerte sie sich. Hinter ihr lief der Fernsehapparat. Sie saß fast immer vor der Glotze und war kugelrund. Fettiges schwarzes Haar umrahmte ihr pickeliges Gesicht.
»Ist Mucho da?«, fragte ich.
»Wer?«, fragte Ina zurück.
»Manuel«, sagte ich.
»Sie wollen zu Manuel?«, fragte Ina. Wie gesagt, sie war nicht besonders helle.
»Ja«, sagte ich. »Ist er zu Hause?«
»Manuel? Nein. Der ist nicht da.«
»Und wo ist er?«, wollte ich wissen.
»Manuel?« Ina zuckte mit den Achseln. »Ich weiß es nicht. Vielleicht spielt er bei Paddy Billard.«
»Paddy’s Billard Salon«, den kannte ich. Der war gleich um die Ecke.
»In fünf Minuten kommt ein Film mit Tom Hanks«, sagte Ina mit verklärtem Blick. »Ich bin ein Fan von Tom Hanks. Ich liebe ihn. Ich hab ihm schon mal geschrieben, und er.hat geantwortet. Mit Foto. Möchten Sie’s sehen?«
»Ein andermal«, sagte ich und machte auf den Hacken kehrt.
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Mucho verhaute seinen Stoß, als ich »Paddy’s Billard Salon« betrat. Die Bude war voll gequalmt. Tätowierte Gestalten umlagerten die Tische.
Manuel C. gab sofort Fersengeld. Er warf den Billardstock auf den Tisch und setzte sich ab, doch ich sorgte dafür, dass er nicht weit kam.
Als er durch die Hintertür flitzte, krallte ich ihn mir und schleuderte ihn gegen die Hauswand.
Er heulte schmerzlich auf. »Mein Ellenbogen...«
»Ich hab ’ne Stinkwut auf dich, Mucho«, schnauzte ich ihn an.
»Mein Ellenbogen, Jefe. Er ist zerschmettert...«
Ich ging nicht darauf ein. Sein Ellenbogen war mit Sicherheit nicht kaputt. »Mein Partner liegt mit einer Kugel im Bein im Krankenhaus«, informierte ich ihn.
»Das tut mir mucho Leid.« Er hörte auf, seinen Ellenbogen zu massieren.
»Wer hat auf ihn geschossen?«, wollte ich wissen.
Mucho presste die Lippen zusammen und schwieg.
»Rede!«, brüllte ich ihn an. »Wer hat auf Milo Tucker geschossen?«
»Woher soll ich das...«
»Du hast uns mit deinem Anruf in eine Falle gelockt«, sagte ich hart. »Der Kerl wollte uns auf dem Gelände der Zementfabrik abknallen.«
Mucho hielt den Mund.
»Wenn die Dinge so gelaufen wären, wie sich der Typ das vorgestellt hat, würden Agent Tucker und ich uns die Radieschen jetzt von unten ansehen.«
»Ich hab...«
»Was?«, blaffte ich.
»...nichts damit zu tun.«‘
Ich hob die Hand. »Noch so eine unverschämte Lüge, und ich vergesse mich, Mucho.«
Manuel C. zuckte ängstlich zusammen. »Mir tut mein Ellbogen mucho weh, Jefe.«
»Erwarte kein Mitleid von mir«, knurrte ich. »Ich will einen Namen hören. Und zwar auf der Stelle. Sonst - bei Gott, ich...«
»Er hat mich zu diesem Anruf gezwungen, Jefe«, platzte es aus Manuel C. heraus. »Ich hatte mucho Angst, hatte keine Chance, mich zu weigern. Er hätte mich eiskalt umgelegt, wenn ich es nicht getan hätte.«
»Wer ist er?«, fragte ich schneidend.
»Gore.«
»Gandolfini?«
»Si, Jefe.«
Ich kniff die Augen zusammen und nickte grimmig.
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Das Timing war schlecht. Ich konnte es leider nicht beeinflussen. Als ich aus meinem Jaguar stieg, trat Gore Gandolfini aus dem Haus, in dem er wohnte.
Er erblickte mich und griff sofort zur Waffe!
Es waren Leute auf der Straße. Der Killer und ich waren nicht allein, doch das kümmerte ihn nicht im mindesten.
Er eröffnete augenblicklich das Feuer!
Die Menschen um uns herum gerieten in Panik. Schreiend liefen sie nach allen Seiten davon.
Gandolfini blieb nicht stehen. Auch er rannte los.
Ich zog die SIG und folgte ihm.
Er bog um die Ecke. In einer schmalen, düsteren Straße erwartete er mich.
Er war voller Wut und Hass, weil es ihm auf dem Gelände der Zementfabrik nicht gelungen war, Milo und mich fertig zu machen. Er hatte versagt, hatte seinen Auftrag nicht ausgeführt. Solche Pannen verringerten seinen Marktwert, und er machte dafür mich hier und heute verantwortlich.
Schießend kam er mir mit kurzen Schritten entgegen.
Ich schoss zurück - und traf ihn!
Meine Kugel riss ihn herum. Seine Arme flogen hoch.
Seine Waffe wirbelte durch die Luft und landete weit hinter ihm auf dem Boden.
Er torkelte wie ein Betrunkener zur Seite, fiel mit dem Rücken gegen die schmutzige Fassade eines Hauses aus der Gründerzeit und sank daran langsam nach unten.
Ich trat vor ihn.
Er hob den Kopf und sah mich an. »Du hast gewonnen, G-man«, sagte er unendlich müde. »Ich hab dich unterschätzt. Das war ein Fehler.«
Blut tränkte sein Hemd.
Ich beugte mich zu ihm hinunter und durchsuchte ihn. Er trug keine weitere Waffe bei sich.
Ich steckte meine Dienstpistole weg und holte mein Handy heraus, um für den verletzten Killer einen Krankenwagen zu rufen.
»Wie geht es deinem Partner?«, erkundigte sich Gandolfini.
»Er wird bald wieder das Tanzbein schwingen.«
Gandolfinis Kopf sank nach unten. »Ich hab’s vergeigt«, murmelte er, als würde er sich selbst anklagen. »Ich hatte euch so richtig auf dem Präsentierteller und war nicht imstande...«
»Wer hat dich dafür bezahlt?«, wollte ich wissen.
Gore Gandolfini schwieg.
»Der Ehrenkodex, eh?«, sagte ich verächtlich. »Man gibt den Namen seines Auftraggebers niemals preis.«
Der Killer schloss die Augen.
Ich griff nach seiner Schulter und schüttelte ihn. »Gandolfini! Mach die Augen auf! Sieh mich an! Sprich mit mir!«
Er bemühte sich, gegen die Ohnmacht anzukämpfen, schaffte es aber nicht. Langsam kippte er zur Seite und regte sich nicht mehr.
Wenige Minuten später traf der Krankenwagen ein.
Noch lebte Gore Gandolfini, doch niemand konnte im Augenblick sagen, wie lange.
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Es kam in den Radio-Nachrichten, was dem Berufs-Killer Gore Gandolfini zugestoßen war, und sein Auftraggeber zerbiss einen Fluch zwischen den Zähnen, denn es war noch nicht alles getan, was getan werden musste.
Anfangs hatte der Mann seine Hände noch nicht selbst mit Blut besudeln wollen, doch inzwischen hatte sich seine Einstellung geändert, und so beschloss er nach Gandolfinis Ausfall, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und zu vollenden.
Nur wenige Stunden nachdem Gore Gandolfini von Special Agent Jesse Trevellian niedergestreckt worden war, maskierte sich der Mann wieder...
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Dick Pryor, der Lover von Janis Holden, würde demnächst allabendlich auf einer Broadway-Bühne in einem historischen Musical zu sehen sein.
Die Proben waren in den letzten Wochen auf Hochtouren gelaufen, und heute Abend war Vorpremiere. Pryor war zuversichtlich, dass sich das neue Stück durchsetzen würde. Er fühlte sich wohl im Ensemble.
Jeder Künstler gab sein Bestes, damit dem Musical ein anhaltender Erfolg beschieden war, denn Flops verschwinden sehr schnell wieder vom Spielplan. Oft über Nacht. Egal, wie viel Geld die Produktion im Vorfeld verschlungen hatte.
Die Vorpremiere war ein Probelauf, in dem es keine Pannen mehr geben durfte.
Während Dick Pryor seinen Part meisterhaft spielte, schlich der Maskierte in die Garderobe des angehenden Musical-Stars und versteckte sich.
Die Pause stand kurz bevor. Der Maskierte wusste, dass Janis Holden im Publikum saß. Ganz vorne. In der ersten Reihe. Pryor hatte die Gratiskarte für sie besorgt.
Janis würde bestimmt in der Pause ihren Liebsten aufsuchen und ihm sagen, wie toll sie ihn fand.
Applaus brandete durch das Theater.
Es war soweit. Die Künstler verließen die Bühne. Der Maskierte hörte das rasche Trippeln von Schritten. Kichernde Mädchen liefen draußen den Gang entlang. Eine Tür wurde übermütig zugeknallt.
Und dann betrat Dick Pryor seine Garderobe.
Er trug eine Perücke mit langen Haaren. Jetzt nahm er sie ab und stülpte sie über einen Styropor-Kopf.
Schweiß glänzte auf seinem Gesicht. Die letzten fünf Minuten, bevor der Vorhang gefallen war, waren für ihn extrem anstrengend gewesen.
Der frenetische Applaus der Zuschauer hatte ihn dafür reich entschädigt. Er hatte seine schwierige Aufgabe bravourös gemeistert und durfte mit exzellenten Kritiken rechnen.
Der Maskierte zog den Revolver, den er erst seit kurzem besaß, und näherte sich dem jungen Künstler auf Zehenspitzen. Keiner seiner Schritte war zu hören.
Kalt wie Kohlenstücke glänzten seine Augen durch die Maskenlöcher.
Dick Pryor ließ sich vor dem Schminkspiegel ächzend auf den Hocker fallen.
Er fühlte sich trotz der vollbrachten Anstrengung großartig. Es war ein unbeschreiblich gutes Gefühl, beim Publikum so gut anzukommen.
Die Menschen mochten ihn. Das spürte er. Er kam bei den Zuschauern stets gut an. Egal, in welcher Rolle. Er hatte das gewisse Etwas, das ihn aus der Masse herausragen ließ.
Ausstrahlung. Charisma. Sexappeal. Entweder man hatte es oder man hatte es nicht. Wenn man es nicht hatte, schaffte man es nie bis ganz nach oben.
Pryor griff nach der Mineralwasserflasche, die vor ihm stand. Er trank während einer Aufführung nichts anderes. Immer nur Wasser. Mild. Mit ganz wenig Kohlensäure.
Während er den Schraubverschluss öffnete, hob der Maskierte langsam die Waffe.
Pryor setzte die PET-Flasche an die Lippen und trank' mit geschlossenen Augen.
Und dann...
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»Hey!«, rief draußen ein Sicherheitsmann. »Miss!«
Janis Holden blieb stehen. »Ja?«
»Haben Sie sich verlaufen?« Der übergewichtige Mann kam langsam näher.
»Nein«, antwortete Janis.
»Haben Sie das Schild nicht gesehen?«, fragte der Sicherheitsmann. »Unbefugten ist der Zutritt zu diesem Bereich untersagt.«
Janis drehte sich um. »Ich bin Janis Holden.«
Der Mann riss die Augen auf. »Oh, Verzeihung, Miss Holden. Ich habe Sie nicht gleich erkannt.«
»Ich möchte zu Dick Pryor. Darf ich?«
»Aber selbstverständlich, Miss Holden. Nur zu.« Der Sicherheitsmann nickte, machte kehrt und entfernte sich.
Janis ging weiter.
Vor Pryors Garderobentür blieb sie stehen. Sie klopfte.
»Ja!«, kam es gedämpft durch die Tür.
»Dein Baby ist hier und möchte zu dir!«, sagte Andrew Holdens Tochter.
Sie öffnete die Tür und betrat den Raum.
Sie hielt den Mann, der vor dem Schminkspiegel saß, für Dick Pryor. Wie hätte sie auch auf die Idee kommen sollen, dass er es nicht war? Er trug die Perücke.
»Liebling, du warst fantastisch«, sagte Janis, während sie auf ihn zuging.
Er drehte sich um.
Sie blieb verdattert stehen.
Ein Maskierter saß da, wo Dick hätte sitzen müssen. Ein Maskierter mit Dicks Perücke. Eigenartig sah das aus - die schwarze Strickmaske umrahmt von hellen Haaren.
Janis starrte den Fremden entgeistert an. »Was soll das? Wer sind Sie? Wo ist Dick Pryor? Was suchen Sie in seiner Garderobe?«
»Dich«, antwortete der Unbekannte. Er stand auf.
Janis wich ängstlich zurück. Endlich begriff feie. Yvonne Bercone, die Sekretärin ihres Vaters, ihre Mutter und ihr Bruder lebten nicht mehr, und nun sollte es auch ihr ans Leben gehen.
Jetzt erst sah sie den Revolver in der Hand des Maskierten. Furcht verzerrte ihr Gesicht.
Sie riss den Mund auf und wollte laut um Hilfe schreien...
...doch die Kugel, die der Fremde abfeuerte, war schneller und saß mitten in ihrem Leben!
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Die beiden Mädchen, die vor wenigen Augenblicken kichernd an Dick Pryors Garderobe vorbeigelaufen waren und kurz darauf ungestüm mit der Tür geknallt hatten, hörten den Schuss.
»Was war das?«, fragte die eine. Sie spielte im Stück eine Lungenkranke, die nach der Pause dramatisch in Dick Pryors Armen sterben würde.
»Da hat jemand geschossen«, antwortete ihre Kollegin.
»Geschossen?«
»In Dicks Garderobe.«
»Das gibt’s doch nicht.«
Die Mädchen hasteten aus ihrer Garderobe. Der Sicherheitsmann, der vorhin Janis Holden angesprochen hatte, keuchte mit besorgter Miene heran.
»War das eben ein Schuss?«, fragte er gepresst.
Die Mädchen nickten und deuteten auf die Tür, die in Dick Pryors Garderobe führte.
Er zog seine Pistole. »Bleibt, wo ihr seid!«
Er trat an die Tür und klopfte.
»Mr. Pryor?«
Keine Antwort.
»Miss Holden?«
Stille.
Der Sicherheitsmann öffnete die Tür. Seine Züge waren angespannt. Die Mädchen hielten sich aneinander fest. Der Mann trat ein.
»Oh, mein Gott!«, hörten sie ihn sagen.
Ohne es recht zu wollen, wankten sie ein paar Schritte vorwärts und sahen Janis Holden, die in einer Blutlache lag.
Der Sicherheitsmann war über sie gebeugt.
Er hatte sie widerstrebend berührt und stellte mm heiser fest: »Sie ist tot.«
»Hat Dick sie erschossen?«, fragte eines der Mädchen.
Der Sicherheitsmann schüttelte den Kopf. »Dick liegt hier. Hinter der Tür.«
»Ist er ebenfalls - tot?«
Der Mann ging zu Pryor. Er berührte auch ihn.
»Nein, Dick lebt«, sagte er.
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Nach Milos Ausfall begleitete mich Blackfeather ins Musical-Theater. Milo ging es den Umständen entsprechend. Man hatte Gore Gandolfinis Kugel aus seinem Oberschenkel herausgeholt, und in zwei, drei Tagen würde er nach Hause gehen dürfen.
Der Berufs-Killer war schlechter dran. Sein Leben hing an einem sehr dünnen Faden, der jederzeit reißen konnte. Doch er war nach wie vor nicht bereit, zu verraten, wer ihn gemietet hatte.
Die Generalprobe war abgebrochen worden. Man hatte die Zuschauer nach Hause geschickt. Die meisten hatten dafür Verständnis gehabt. Es hatte aber auch andere gegeben. Die waren egoistisch genug gewesen, für eine Fortsetzung der Aufführung zu plädieren, obgleich sie wussten, dass Janis Holden in Dick Pryors Garderobe von einem unbekannten Täter erschossen worden war.
»Sieht so aus, als hätte Gandolfinis Auftraggeber einen anderen Killer angeheuert«, bemerkte Blacky.
»Oder er hat die Sache selbst in die Hand genommen«, gab ich zurück.
»Die Sache...«, sagte der Indianer ernst. »Wie lange soll sie noch weitergehen? Was bezweckt der Kerl damit? Warum mussten Yvonne Bercone, Laura, Dudley und nun auch noch Janis Holden sterben? Was ist das Motiv für all diese eiskalten Bluttaten?«
Ich hob die Schultern. »Das Motiv kann uns nur der Mann nennen, den wir nicht kennen.«
Blackfeather kniff die Augen zusammen. »Bist du sicher, dass wir ihn nicht kennen, Jesse? Ich halte es für durchaus denkbar, dass du ihm im Verlauf der Ermittlungen bereits begegnet bist und mit ihm gesprochen hast.«
Ich ging im Geist die lange Namensliste durch und fügte noch ein paar Namen von erklärten Andrew-Holden-Feinden hinzu, aber zu einem schlüssigen Ergebnis führte das nicht.
Wir sprachen mit dem Sicherheitsmann, der Janis Holden als Letzter lebend gesehen hatte, und mit den beiden Mädchen, die sich in der Garderobe neben jener von Dick Pryor aufgehalten hatten, als Janis die tödliche Kugel getroffen hatte.
Und wir redeten selbstverständlich auch mit Dick Pryor, der vom Killer bewusstlos geschlagen worden war. Es kam nichts dabei heraus.
Besonders aufbauend war das nicht gerade. Vier Menschen waren tot, und wir wussten noch immer nicht, warum.
Milo war verletzt worden.
Gore Gandolfini lag auf der Intensivstation, und es war nicht sicher, ob er durchkam...
Das war mal wieder einer dieser Fälle, die einen vorzeitig altern ließen.
Mein indianischer Kollege und ich fragten uns quer durchs Ensemble. Niemand konnte uns helfen. Keinem war eine verdächtige Person aufgefallen.
Wir verließen das Musical-Theater und fuhren zu Andrew Holden. Man hatte ihm die schreckliche Nachricht bereits übermittelt.
Er empfing uns mit grauem Gesicht. Sein Blick war hart und trotzig. Seine Lippen bebten. Seine Hände zitterten. Wut und Hass loderten in seinen Augen.
Ich sah aber zum ersten Mal auch Verzweiflung und Hilflosigkeit in seinem Blick. Der Mann, der sich so große Mühe gegeben hatte, sich nahezu mit der ganzen Welt zu verfeinden, machte auf mich in diesen Minuten einen verstörten, gebrochenen Eindruck.
Mir war, als würde er zum ersten Mal bedauern, was er getan hatte, wie er mit seinen Mitmenschen umgegangen war und wie er gelebt hatte.
Er hatte seine ganze Familie verloren. Und seine Sekretärin. Noch hatte niemand mit ihm Verbindung aufgenommen oder ihm nach dem Tod seiner Tochter massiv gedroht, aber für mich stand fest, dass er das nächste Opfer sein würde.
Alles andere machte keinen Sinn. Wenn man dieses Wort in dem Zusammenhang überhaupt gebrauchen darf.
Ich empfahl Holden, sämtliche Termine abzusagen, sich in seinem Haus zu verbarrikadieren und niemanden an sich heranzulassen.
Er schüttelte störrisch den Kopf. »Ich verkrieche mich nicht, Agent Trevellian. Wenn es mir bestimmt ist, zu sterben, werde ich mich - wie ein Mann und nicht wie eine Memme - in mein Schicksal fügen.«
Mein Handy klingelte.
Es war das Krankenhaus, in dem Gore Gandolfini lag. Der Zustand des Killers hatte sich verschlechtert. Offenbar spürte er, dass es mit ihm zu Ende ging, und er wollte mit mir reden.
Ich nahm an, dass er sein Gewissen erleichtern und ganz zum Schluss noch etwas Gutes tun wollte, bevor er vor seinen Richter trat.
Ich wollte Blacky zu Andrew Holdens Schutz in dessen Haus lassen, doch der einstige Politiker und nunmehrige Skandalbuch-Autor lehnte das ab.
Ich konnte das nicht verstehen. Blackfeather und Steve Tardelli hatten doch schon einmal auf ihn aufgepasst. Als er auf Autogramm-Tour durch nahezu alle Bundesstaaten gewesen war.
Wieso hatte er es da nicht abgelehnt? Legte er es darauf an, ungeschützt zu sein? Wollte er den Mann im Hintergrund dazu verleiten, ihm gegenüberzutreten?
Wenn er das beabsichtigte, ließ er sich auf ein verdammt gefährliches Spiel ein.
Ich machte ihn darauf aufmerksam, doch er erwiderte nichts...