Kitabı oku: «Forschungsreise ins innere Universum», sayfa 12
Inquiry als Wissen in Aktion
Wir haben gesehen, daß die Inquiry begrenzt bleiben wird, solange sie als ein Mittel zum Erreichen persönlicher Ziele verstanden wird, die wir auf der Basis unseres gewöhnlichen Wissens übernehmen, denn unsere persönlichen Ziele beruhen auf dem, was wir schon zu wissen glauben, auf unserem schon erworbenen Wissen. Da unsere Ziele auf diesem Wissen beruhen, ist es unvermeidlich, daß unsere Inquiry, wenn wir glauben, daß ihr Sinn und Zweck im Erreichen dieser Ziele liegt, eng und begrenzt ist.
Eine umfassendere und offenere Inquiry erschließt uns ein unterscheidendes Wissen, das nicht von gewöhnlichem Wissen und seinen Sichtweisen gebunden ist, sondern das einfach gewahr wird, wann immer eine bestimmte Sichtweise wirksam ist. Je offener die Inquiry wird, um so mehr ist man in der Lage zu sehen, wie gewöhnliches Wissen eine dünne Schicht erzeugt, durch die man immer in das schaut, was man gerade erfährt. Durch Inquiry erschließt man diese Erkenntnis, dieses Grundwissen, und es beginnt, zugänglich zu sein. Wenn man den Schleier gewöhnlichen Wissens auflöst oder beiseite schiebt, fängt man an, direkt, unmittelbar und intim hinzuschauen, und die Erfahrung ist jetzt auf reinere Weise Grundwissen. Beobachter und Beobachtetes lösen sich auf. Zu dieser Bewegung, die eine Transformation von Bewußtheit ist, kommt es durch Verstehen.
Dieses Verstehen oder diese Transformation ist aber nicht nur eine Bewegung von gewöhnlichem Wissen zu Grundwissen. Die Veränderung kann die Entfaltung in der Reinheit des Grundwissens selbst sein. Das gilt besonders auf der dritten Reise, auf der es keinen Filter durch gewöhnliches Wissen gibt. Erfahrung ist direkte, unmittelbare und reine Präsenz, die sich mit differenzierten Qualitäten manifestiert. Die Präsenz erscheint als differenzierte Qualitäten und Formen, die erkannt und unterschieden werden, wenn sie auftauchen. Wenn die Qualität oder Form auftritt, kennt das Bewußtsein sie. Wenn zum Beispiel die Stärke-Essenz erscheint, empfindet das Bewußtsein die Hitze und die Stärke, ohne darüber nachdenken zu müssen. Auch wenn ein Gedanke auftaucht, ist der Gedanke nicht von der Präsenz getrennt. Er ist nur ein kurzes Aufleuchten, ein Pulsschlag in der Präsenz.
Grundwissen besitzt die Fähigkeit, sich in Teile zu trennen und anzufangen, sich selbst als ein Teil (wie den Kopf) zu erfahren, der einen anderen Teil (wie das Knie) betrachtet – als ob das erfahrende Bewußtsein in einem Teil und nicht in anderen lokalisiert wäre. Grundwissen tut das, indem es einen Teil von sich durch ein Stück gewöhnlichen Wissens entfaltet, wie zum Beispiel als ein Bild eines Selbst in einem getrennten Körper. Und dieses Wissen oder Bild wird zu einem Schleier, durch den es schaut. Dieser Schleier läßt es eine Dualität sehen, wo keine ist. In ähnlicher Weise hat Grundwissen die Fähigkeit, sich zu befreien, indem es intelligent darin wird, durch diese Einschränkungen hindurch zu schauen, indem es mehr von seinen Möglichkeiten erkennt.
Die optimierende Kraft des Seins ist eine dem Grundwissen eigene dynamische Intelligenz, die, wenn man sie sich selbst ohne Einmischung überläßt, dazu tendieren wird, im eigenen Wissen mehr Leuchten zu erzeugen. Die optimierende Kraft ist also eine Bewegung auf mehr Leuchten in Grundwissen hin, und Inquiry ist ein Ausdruck dieser Bewegung, dieses intelligenten Dynamismus’. Wenn Grundwissen sich vom Einfluß gewöhnlichen Wissens befreit, wird es leuchtender und beginnt, sich selbst unmittelbarer und intimer zu erfahren. In diesem Prozeß wird es auch dahin gelangen, sich als Präsenz, als Seiendheit (beingness) zu wissen, zu kennen.
Wenn Inquiry offen und unbegrenzt ist, erschließt sie das Wissen, das in Erfahrung immer verfügbar ist. Wissen steht überall um uns herum jederzeit zur Verfügung, in Hülle und Fülle. Wenn wir uns erlauben, offen dafür zu sein, wird dieses Wissen immer mehr Wissen manifestieren, mehr Qualitäten, die wir neues Wissen nennen können. Ganz neue Dimensionen sind Teil dieses neuen Wissens. Wir sind ein totaler Reichtum an Wissen.
Inquiry selbst ist Wissen in Aktion; sie benutzt gewöhnliches Wissen in Verbindung mit unserer natürlichen Intelligenz, um Grundwissen zu erschließen. Sie wird vom Wissen informiert, ist offen für Wissen und lädt mehr Wissen ein. Wissen in Aktion ist sowohl Inquiry als auch Verstehen, und das ist auch die Entfaltung des Seins. Wir können sagen, daß Verstehen Grundwissen von der starren Prägung durch gewöhnliches Wissen befreit, es dafür frei macht, sich seiner eigenen Prägung entsprechend zu entfalten, die wir als inhärente unterscheidende Weisheit erfahren.
Kurz gesagt: Gewöhnliches Wissen wird durch Gedanken transportiert, während Grundwissen von Wahrnehmung getragen wird. Gewöhnliches Wissen kann man nicht von Gedanken trennen, und Grundwissen nicht von Wahrnehmung. Inquiry ist die Aktivität der optimierenden Kraft des intelligenten Dynamismus des Seins, die Grundwissen erschließt, indem sie es von dem lähmenden Einfluß gewöhnlichen Wissens befreit. Wenn Grundwissen von dem Filter des gewöhnlichen Wissens befreit ist, zeigt es sich als die unterscheidende Bewußtheit des Seins, als die Weisheit der Unterscheidungsfähigkeit, des unterscheidenden Erkennens. Mit anderen Worten, wir erkennen, daß diese inhärente Unterscheidung die Quelle von Unterscheidung in Grundwissen und daher in gewöhnlichem Wissen ist.
Grundwissen überbrückt die Distanz zwischen der Weisheit der unterscheidenden Erkenntnis – eines der fundamentalen Charakteristika wahrer Natur – und konventioneller Erfahrung, die Grundwissen ist, das durch gewöhnliches Wissen gefiltert ist. Aus dieser Perspektive ist es möglich, Inquiry als ein Fahrzeug zu sehen, das uns von konventioneller Erfahrung zu erleuchteter Wahrnehmung bringt. Das geschieht durch das Verstehen, das das Grundwissen in seine Quelle zurückverwandelt, zur Weisheit der Unterscheidungsfähigkeit.
Wenn wir uns daran erinnern, daß ein anderes Charakteristikum wahrer Natur oder Realität ihre Einheit ist, dann erkennen wir eine weitere wichtige Tatsache über Grundwissen. Nicht nur ist unsere innere Erfahrung Wissen, und nicht nur ist unsere Erfahrung äußerer Phänomene Wissen, sondern alle Phänomene – innere und äußere – sind Wissen. Die Weisheit von einheitlicher Verbreitung (pervasiveness), von Einheit, beseitigt die Grenzen, die Empfindungen im Grundwissen trennen, und enthüllt, daß sie nur die Demarkationslinien sind, die Diskrimination, unterscheidendes Erkennen, erlauben. Wir sehen dann, daß die ganze Realität, das ganze Universum, Wissen ist.
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Nichtwissen
Grundwissen befreien
Wie haben gesehen, daß auf eine grundlegende Weise Erfahrung Grundwissen ist, das der Ausdruck der ureigenen unterscheidenden Weisheit des Seins ist. Wir haben auch erfahren, daß wir uns dieser unterscheidenden Weisheit des Seins auf eine entstellte oder auf eine reine Weise bewußt sein können. Wenn unser Bewußtsein entstellt ist, leben wir innerhalb gewöhnlicher Erfahrung. Wenn es rein ist – von gewöhnlichem Wissen befreit –, dann erfahren wir diese unterscheidende Weisheit des Grundwissens als eine Schau oder als ein Ausbreiten von Leuchten und Präsenz. Aber bei den meisten von uns wird Grundwissen fast immer durch unser gewöhnliches Wissen bestimmt und entstellt.
Als Menschen wollen wir natürlich das Grundwissen befreien, denn das bedeutet Befreiung unserer Erfahrung. Das ist unsere Befreiung. Grundwissens befreien bedeutet, das Sein zu befreien, so daß es sich in jeder Form manifestieren kann, zu der seine Intelligenz es führt. Unser Sein ist dann spontan, frei und wahrhaftig empfänglich für die jeweilige Situation, statt durch die Forderungen unserer Vergangenheit, insbesondere durch die Einschränkungen, denen wir durch unsere Konditionierung unterliegen, gefangen zu sein. Bei unserer Befreiung geht es darum, das Grundwissen aus dem entstellenden und einschränkenden Einfluß gewöhnlichen Wissens zu entlassen, damit Erfahrung zur reinen, unmittelbaren Darstellung der unterscheidenden Weisheit werden kann.
Unser Grundwissen kann dadurch befreit werden, daß man die optimierende Kraft unseres Seins von den Begrenzungen durch unser gewöhnliches Denken und seine Identifikationen befreit und ihr erlaubt, unsere Erfahrung zu größerer Wahrheit und Freiheit zu entfalten. Aber wie geschieht das? Wie befreien wir die optimierende Kraft, so daß sie ihre natürliche Funktion von Enthüllung und Entfaltung der unglaublichen Potentiale in unserem Sein wieder aufnimmt?
Unsere Erfahrung ist eine Erscheinungsweise von Grundwissen, das eine Offenbarung von Qualitäten und Möglichkeiten aus den Tiefen unseres Seins ist. Doch ist unsere Erfahrung gewöhnlich begrenzt und monoton. Sie neigt dazu, aufgrund der schweren Trägheit und der fixierten Grenzen, die uns unser gewöhnliches Wissen auferlegt, schal zu werden. Aufgrund dieser Grenzen erleben wir uns und die Welt als Objekte, als Einheiten, die miteinander interagieren und dieses und jenes tun. Wir neigen dazu, uns immer als dieses Objekt zu erleben, das wir ein Selbst nennen, das schlafen geht und aufwacht und einen Job zu erledigen hat und bestimmte Dinge mag und andere nicht.
Beispielsweise könnte man eines Tages aufwachen und das Gefühl haben: „Gott, was für ein furchtbarer Tag, ich muß alle diese Sachen machen, zu denen ich keine Lust habe.“ Das hat mit dem Selbstbild eines Menschen zu tun, dessen Leben immer eine lästige Pflicht ist und der sich immer ausgenutzt fühlt. Sie leben, als würde Ihr Leben Sie immer begrenzen und Druck auf Sie ausüben, damit Sie sich so oder anders verhalten. Und so können Sie ihr Leben ewig weiter leben.
Aber diese Einschränkung der Schau und Ausbreitung unseres Seins liegt am Inhalt unseres gewöhnlichen Wissens, das sich aus allen unseren vergangenen Erfahrungen ansammelt. Dieses alte angesammelte Wissen begrenzt und beschränkt unsere alltägliche Erfahrung, indem es sie den Ansichten, Einstellungen und Bildern entsprechend prägt, die den Inhalt dieses Wissens bilden. Weil wir dieses alte Wissen für wahr und endgültig halten, leben wir schließlich in etwas, was uns als eine vertraute Welt erscheint, die von unserem vertrauten Selbst bewohnt wird. Mit anderen Worten, wir wachen jeden Morgen auf und stellen fest, daß wir dieses vertraute Selbst sind, das diese vertraute Welt bewohnt, und zwar aufgrund der inneren Haltungen, die wir übernommen haben und die auf den Diktaten alten Wissens beruhen.
Aber das ist eine Abgrenzung, eine Art Definition: Wir haben bestimmt, was Realität ist: „Ich bin der und der, dies ist Realität, so lebe ich, das tue ich.“ Und wir sind der Ansicht, daß diese Definitionen endgültig und nicht verhandelbar sind. Wir haben aber gesehen, daß die Essenz der Realität Unbestimmtheit ist. Wie können wir also den Standpunkt einnehmen: „Ich bin diese Art Mensch, und ich lebe mein Leben auf diese und jene Art und das ist nicht verhandelbar“? In dem Moment, indem wir das tun, zerstören wir die Unbestimmtheit und wir zerstören die Essenz der Realität. Wir verlieren den Kontakt mit der wahren Realität.
Mit anderen Worten, weil wir uns vollkommen auf unser altes Wissen verlassen, nehmen wir den Standpunkt ein, daß wir die gegenwärtigen Erscheinungsformen der Realität, ihre Manifestationen kennen. Nicht wahr? Glauben Sie nicht, Sie wüßten, was vor sich geht? Fühlen und denken Sie nicht, Sie wüßten, wer Sie sind und was Sie sind, wer und was die Menschen in Ihrem Leben sind, was sie von Ihnen wollen, was Sie von ihnen wollen? Die meisten von uns laufen herum und sind voll von diesem nicht verhandelbaren Wissen darüber, was es mit allem auf sich hat. Sie tun das sogar bei ihren spirituellen Übungen. Sie haben alle möglichen tiefen Erfahrungen, doch sie betrachten sie aus der Perspektive, sie wüßten, was mit ihnen geschehen sollte. Sie glauben zu wissen, was gut für sie ist. Sie nehmen den Inhalt dieses alten Wissens, als wäre es absolute Wahrheit.
Und je mehr wir die innere Arbeit machen, um so wackliger wird natürlich die Struktur gewöhnlichen Wissens. Unter gewöhnlichen Umständen braucht es viel Arbeit, um auch nur ein wenig daran zu rütteln, denn wir kennen alle möglichen Manöver, mit denen wir versuchen, unser altes Wissen zu bestätigen und zu erden. Wir glauben, die spirituelle Entwicklung sollte dem entsprechend ablaufen, was unser altes Wissen für uns als entsprechend erachtet, statt zu erkennen, daß spirituelle Arbeit bedeutet, das alte Wissen anzuschauen und es als bloße Ansammlung von Vorstellungen, Begriffen und Ansichten aus der Vergangenheit zu erkennen.
Auf eine gewisse fundamentale Art weiß man überhaupt nicht, was gerade geschieht. Man weiß nicht, was passieren wird. Und der Zweck spiritueller Arbeit ist es, diese alten Ansichten und Begriffe einen nach dem anderen platzen zu lassen, bis man merkt, daß man gar nicht weiß, was wirklich geschieht. Jedesmal, wenn man einen dieser Inhalte platzen läßt, sagt man, daß man eine Einsicht hat. Normalerweise versucht man sofort, diese Einsicht in den Rahmen des alten Wissens einzupassen. Aber diese Einsichten durchlöchern im Grunde die vertraute Erfahrung der Welt. Und mit der Zeit fängt man an, zu merken: „Moment mal, ich habe all diese Einsichten, und sie machen Löcher in meine Welt.“ Man empfindet einen Verlust an Unterstützung, und an einem bestimmten Punkt kann es sein, daß sich etwas in einem öffnet und man das Gefühl bekommt: „Ich werde nur noch fallen!“ Aber der Ort, wo man fällt, ist das eigene Denken. Und wenn die Einsichten fundamental genug sind, kann es sein, daß man aus seinem alten Denken fällt!
Der Standpunkt, daß wir die gegenwärtigen Manifestationen kennen, zwingt diese Manifestationen, innerhalb der begrifflichen Grenzen zu erscheinen, die von diesem alten Wissen bestimmt sind. Dies beschränkt den Dynamismus unseres Seins auf fixe und sich wiederholende Muster. Er zerstört die Frische des Augenblicks und trennt uns von dem Zauber des Mysteriums, das uns immer konfrontiert. Wir verlieren den Kontakt mit dem Mysterium, wenn wir durch das Leben gehen und glauben, wir würden all diese Manifestationen kennen und wissen, die uns erscheinen. Sie schauen jemanden an und sagen: „Ja, ich sehe. Sie besteht aus Haut, Nase, Augen, Farben...“ Alles ist bekannt. Tür zu. Keine Untersuchung, keine Inquiry, kein Mysterium, kein Staunen. Nach einer Weile ist man gelangweilt.
Wenn man Realität so betrachtet, verschließt man den Zugang zum Mysterium und zerstört die Frische, die in der Erfahrung möglich ist. Es mag sich für eine Weile sicher anfühlen, aber ist es nicht wirklich. Alle möglichen Situationen und Erfahrungen – die wichtigste darunter der Tod – zeigen uns, daß diese Sicht der Realität uns keine Sicherheit verschafft. Eines Tages könnte man mit diesem Ereignis konfrontiert sein, das wir Tod nennen, und man wird sich fragen: „Was ist das alles? Weiß ich wirklich, worum es im Leben geht?“ Wenn dieser Moment kommt, kann es sein, daß man nur 10 Minuten Zeit hat, um das herauszufinden. Das ist einer der Gründe, warum ich manchmal sage, daß die innere Arbeit zum Teil eine Vorbereitung auf den Tod ist.
Wir glauben nicht nur, daß wir uns und die Welt um uns herum kennen. Wir kommen auch dahin, an diesen Glaubensinhalten festzuhalten und in unserer äußeren Realität das zu erschaffen, was wir zu wissen glauben. Das kommt daher, daß das, was wir zu wissen glauben, die Manifestationen unseres Seins, unsere direkte Erfahrung von uns und der Welt wirklich prägt. Wir sehen schließlich, was wir zu sehen erwarten. Wenn ich glaube, daß ich ein mangelhafter Mensch bin, werde ich mich immer wieder als mangelhaft sehen, und irgendwie scheinen das Leben und das Universum mich immer wieder als mangelhaften Menschen zu manifestieren. In Wirklichkeit gibt es im Universum so etwas wie einen mangelhaften Menschen nicht. Diese Vorstellung ist nichts als eine bestimmte Grenze, die der Manifestation des Seins durch ein bestimmtes Stück Information gesetzt ist, das ich als wahres Wissen akzeptiere. Ich halte diese Einschränkung meiner Erfahrung für das, was ich über mich weiß – ich nenne sie Realität –, weil ich mich vor Jahren so erlebt habe, und dieser Eindruck blieb in mir als eine bestimmte Grenze haften, als eine Vorgabe für die Manifestation meines Seins.
Die meisten von uns tun das andauernd. Sie erfassen eine frühere Erfahrung begrifflich als ein Stück Wissen (knowingness), das zu einem Eindruck im eigenen Denken wird, der später mit anderen Eindrücken integriert wird. Und so wird ein Bild erzeugt, das die gegenwärtige Erfahrung bestimmt. Das alte Wissen (knowingness) und die gegenwärtige Erfahrung werden unentwirrbar miteinander verknüpft. Man wird in einem Teufelskreis aus Trägheit, Wiederholung und Stillstand gefangen.
Dieser Ablauf muß unterbrochen werden, wenn wir die Frische von Jetztheit (nowness) und das Wunder des Mysteriums wieder erlangen wollen. Wir können das tun, indem wir merken und uns klar machen, daß wir nicht wirklich wissen, was wir zu wissen glauben, und wenn wir nicht starr an den Ansichten festhalten, die von unserem gewöhnlichen Wissen diktiert sind.
Inquiry und Nichtwissen
Nichtwissen ist das Tor zum wahren, direkten, frischen Wissen. Im vorangegangenen Kapitel habe ich Inquiry mit Wissen in Beziehung gesetzt, in diesem Kapitel untersuchen wir Inquiry in Beziehung zu Nichtwissen. Wenn wir Grundwissen erforschen, müssen wir Nichtwissen respektieren und wertschätzen. Wir müssen uns mit dem Nichtwissen anfreunden, wir müssen Nichtwissen annehmen – nicht als einen Mangel oder in dem Sinne, daß etwas fehlt, sondern als die Erscheinungsweise von Grundwissen. Nichtwissen ist selbst Wissen (knowing), denn es ist die Weise, wie Grundwissen (basic knowingness) zuerst in Erscheinung tritt, wenn es die Möglichkeit neuer und direkter Wahrnehmung zuläßt – von Grundwissen (basic knowledge). Sonst ist das, was wir erfahren, die Wiederholung der gleichen Dinge, die wir in der Vergangenheit gewußt haben und die wir jetzt zu wissen glauben. In gewissem Sinn ist Nichtwissen der Übergang von gewöhnlichem Wissen zu Grundwissen.
Inquiry beginnt also mit dem Erkennen von Nichtwissen. In dem Augenblick, in dem man erkennt, daß es etwas gibt, was man nicht weiß, kann Inquiry voranschreiten. Wenn man den Standpunkt einnimmt, daß man weiß, dann ist keine Inquiry möglich, denn wir müssen zuerst wahrnehmen und anerkennen, daß es etwas gibt, das wir nicht wissen. Nichtwissen ist, unabhängig davon, wie unangenehm es ist, der Anfangspunkt der Inquiry. Und zu erkennen, daß man nicht weiß, ist, wie wir sehen werden, eine sehr tiefe Sache.
Wenn wir sagen, daß wir etwas nicht wissen, betrachten wir die Situation gewöhnlich aus der Perspektive gewöhnlichen Wissens. Es ist so, als sagte man: „Ich habe Chemie studiert, ich habe die Säuren und die Basen studiert. Aber ich habe keine organische Chemie studiert, deshalb kenne ich mich mit organischen Molekülen nicht aus. Die muß ich untersuchen, damit mein Wissen vollständiger wird.“
Das denken wir gewöhnlich über Nichtwissen. Es ist Nichtwissen aus der Perspektive gewöhnlichen Wissens. Aber es gibt ein viel tieferes Nichtwissen, ein viel fundamentaleres Nichtwissen, das all unserem Wissen im Sinne von knowingness und knowledge zugrundeliegt. Während Sie meinen Ausführungen folgen, glauben Sie, daß Sie mich in einer gewissen Weise kennen. Aber das meiste von dem, was Sie von mir wissen, stammt aus Erfahrungen in der Vergangenheit. In diesem Augenblick werden Sie entdecken, wenn Sie es wirklich untersuchen, daß Sie mich nicht wirklich kennen. Vielleicht habe ich mich seit gestern Abend verändert. Wie wollen Sie das wissen? Vielleicht habe ich eine tiefe Metamorphose durchgemacht. Vielleicht bin ich nicht das, was ich gestern oder vor ein paar Jahren war.
Es gibt ein grundlegendes Nichtwissen, das auf eine fundamentale und einfache Weise immer da ist. Man schaut sich um und sagt: „Ich sitze hier mit diesen Leuten, innerhalb dieser Wände“, und man denkt, man wüßte, wer die Leute sind und was die Wände sind. Das ist gewöhnliches Wissen. Und dieses gewöhnliche Wissen aus der Vergangenheit bestimmt eigentlich unsere Wahrnehmung in diesem Moment. In Wirklichkeit wissen wir in diesem Moment nicht wirklich, was eine Wand ist. Man nennt es eine Wand, weil man etwas über Wände weiß, und man ordnet die Wand in eine bestimmte Kategorie ein, die sie zu etwas Fixiertem und Starrem werden läßt. Natürlich sieht sie wie eine normale Wand aus. Aber was wir wissen, ist im Grunde das, was wir im Kopf haben. Präziser: Man kennt diese Erscheinung, die wir eine Wand nennen, durch den Filter unseres Denkens, unseres Verstandes. Aber kennen wir in diesem Augenblick die Wand wirklich? Wissen wir wirklich, was dieses Ding, an sich und ohne unsere Vorstellungen von ihr, ist?
Wir wissen nicht unmittelbar und fundamental, was hier ist. Wir werden es nicht wissen, wenn wir nicht alle unsere Vorstellungen von Wänden und Menschen vollständig ablegen und vollkommen offen hinschauen, um zu sehen, was wir finden. Was wir dann erfahren können, ist grundlegendes, direktes Wissen (knowingness). Aber das kann nur von einem Nichtwissen aus beginnen. Und man kann auch dieses frische, grundlegende Wissen (knowing) nicht in den nächsten Augenblick mitnehmen. Im nächsten Moment könnte es sein, daß man noch tiefer eindringen muß, um direkt zu erfahren, was man vor sich hat.
Nehmen wir an, daß Sie jetzt die Wand anschauen und sie aussieht, als wäre sie in einem Weißton gestrichen. Wenn Sie Ihr gewöhnliches Wissen ausschalten und die Wand anschauen, könnte es sein, daß Sie feststellen, daß sie in Wirklichkeit mehr schwarz als weiß ist. Das ist das, was ich in diesem Moment sehe. Mehr schwarz als weiß, auch wenn sie gewöhnlicher Erfahrung nach weiß ist. Wie Sie sehen, auch bei so einfachen Dingen wie Farbe denken wir nur, wir würden sie kennen. Was ist die Farbe dieser Wand? Auf einer bestimmten Ebene von Wahrnehmung ist sie weiß. Aber wir sehen die Wand nicht auf die vollständige Weise, die möglich ist. Wir schauen die Wand durch gewisse Überzeugungen und Vorstellungen hindurch an, die wir schon haben und die wir unmerklich unserem Wahrnehmungsapparat aufzwingen. Wir schauen durch diese Vorstellungen hindurch und sehen die Dinge in bestimmten Formen, in bestimmten Farben und als äußere Erscheinung. Unsere Wahrnehmung ist nicht rein und nackt.
Wenn ich sage, daß Inquiry mit Nichtwissen beginnt, dann meine ich nicht etwas fest Umrissenes. Nichtwissen ist nicht eine bestimmte Quantität oder ein Bereich von Information, den man nicht kennt. Nichtwissen ist allgegenwärtig. Es beginnt aber mit bestimmten umschriebenen Bereichen, denn sie sind Teil des Nichtwissens. Angenommen man erlebt eine bestimmte Manifestation und empfindet eine auffallende Reaktion: Plötzlich fühlt man sich frustriert und hat Angst und weiß nicht, warum. Das ist ein Nichtwissen, das der Beginn einer Inquiry sein kann. Je mehr einem bewußt ist, was passiert ist – „Ich ging einfach durch diese Tür und sah all diese Leute und ich habe Angst und bin frustriert“ –, und feststellt, daß man nicht weiß, warum, um so wahrscheinlicher ist es, daß eine Inquiry beginnen wird. Natürlich findet man vielleicht gleich einen Grund, der das Gefühl erklärt: „Ich habe eben einfach Angst in Menschenansammlungen. Hier sind zu viele Leute.“ Das ist ein Stück Wissen, das aus früheren Einsichten abgeleitet ist, aber man kann es benutzen, um das Nichtwissen zu beenden. Vielleicht gibt es mehr zu entdecken. Wenn man weiter forscht, würde man vielleicht merken, daß man keine Angst vor Menschenansammlungen hat. Man könnte entdecken, daß der Grund dafür, daß man Angst hat, tiefer liegt. Zum Beispiel könnte es sein, daß man fürchtet, in so einer Situation sich selbst zu verlieren.
Es ist wichtig, daß wir dieses Nichtwissen gründlicher erforschen. Wir denken gewöhnlich, daß Nichtwissen eine Lücke, ein Mangel in unserem gewöhnlichen Wissen ist. Deshalb werten wir uns ab, deshalb fühlen wir uns schlecht oder bedroht und ängstlich, wenn wir merken, daß wir etwas nicht wissen. Wir denken, daß es etwas ist, das wir hätten wissen können, und wenn wir es jetzt wüßten, würde das Nichtwissen verschwinden. Diese Ansicht läßt darauf schließen, daß wir nicht verstehen, daß Nichtwissen die Weise ist, wie Grundwissen sich zunächst zeigt, daß Nichtwissen in Wirklichkeit ein Wissen (knowingness) ist. Nichtwissen impliziert Wissen (knowing) schon. Sie wissen, daß Sie nicht wissen. Gerade im Nichtwissen ist Grundwissen aktualisiert. Mit anderen Worten, eine der wichtigsten Weisen, wie Grundwissen (basic knowingness) auftritt, ist in dem Gefühl, daß man nicht weiß.
Diese Möglichkeit von Nichtwissen durchdringt unsere Erfahrung gründlich, und zwar immer, in allen Möglichkeiten und in allen Situationen. Sie ist für unsere Fähigkeit, zu wissen, grundlegend. Eigentlich beginnt unsere grundlegende Fähigkeit zu wissen dadurch, daß man nicht weiß. Wie kann man wissen, wenn man nicht vorher nicht weiß? Wir neigen dazu, vor Nichtwissen Angst zu haben; wir sind unfähig zu sehen, daß es der durchgängige Grund unseres Wissens ist. Nichtwissen ist in gewissem Sinn da, wo wir die ganze Zeit leben. Jedes Stück Wissen befindet sich in Nichtwissen. Es ist der Raum, in dem sich alles Wissen befindet. Wir können also sagen, daß Grundwissen das Feld von Nichtwissen ist, das in sich Formen manifestieren kann, die dieses Wissen erkennt.
Es ist klar, daß Nichtwissen grundsätzlich von zweierlei Art ist: Genau so, wie es gewöhnliches Wissen und Grundwissen gibt, gibt es auch gewöhnliches Nichtwissen und Grund-Nichtwissen. Gewöhnliches Nichtwissen ist die Abwesenheit bestimmter Information. Grund-Nichtwissen ist eine Qualität von Erfahrung, eine allgegenwärtige Qualität, die für unser Wissen notwendig ist. Es impliziert Wissen im Sinn von knowingness und ist der Zugang zu Wissen im Sinne von knowingness. Grund-Nichtwissen ist eigentlich die Offenheit des Seins, die dem Dynamismus des Seins erlaubt, neue Möglichkeiten von Erfahrung und Wahrnehmung zu eröffnen.
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