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V. Vertretungsmacht aufgrund entstandenen Rechtsscheins

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Vertretungsmacht kraft Rechtsscheins

[Anknüpfungspunkt im Gutachten: Feststellung, dass weder gesetzliche Vertretungsmacht noch ausreichende Vollmacht bestand]

I.Gesetzliche Rechtsscheinstatbestände, §§ 170 ff.

Korrigierende Auslegung des § 173Rn. 120

II.Duldungs- und Anscheinsvollmacht

Rechtsnatur der Duldungs- und AnscheinsvollmachtRn. 139

Rechtsscheinsvollmacht bei gemeinschaftlicher VertretungRn. 143

III.Umfang je nach Rechtsschein

Wahlrecht des Geschäftspartners?Rn. 94 ff.

1. Wirkung der Rechtsscheinstatbestände

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Bestehen weder gesetzliche Vertretungsmacht noch Vollmacht, kann sich aber aus besonderen Umständen immerhin der Schein einer Vollmacht des im fremden Namen handelnden Vertreters ergeben. Unter bestimmten Voraussetzungen behandelt man den Vertretenen dann so, als habe er dem Vertreter diejenige Vollmacht erteilt, die der Vertreter zu haben scheint. Zugunsten eines gutgläubigen Geschäftspartners wird eine tatsächliche Vertretungsmacht des Vertreters gemäß dem gesetzten Rechtsschein fingiert. Das, was zu sein scheint, wird als wahr behandelt. Bestand und Umfang der Vertretungsmacht richten sich nach dem gesetzten Rechtsschein.[48]

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Umstritten ist, ob der Geschäftspartner sich auch auf die tatsächliche Lage berufen kann. Steht ihm also ein Wahlrecht in der Weise zu, dass er zwischen der realen Lage (keine Vertretungsmacht) und der scheinbare Lage (Vertretungsmacht) wählen kann, um sich auf die für ihn vorteilhaftere Variante zu berufen? Möglicherweise ist er ja froh, wenn ein für ihn wirtschaftlich ungünstiger Vertrag wegen tatsächlich fehlender Vertretungsmacht nun doch nicht wirksam ist (§ 177).

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Nach einer Ansicht ist ein Wahlrecht anzunehmen, da die Grundsätze der Rechtsscheinshaftung den Dritten ja schützen wollen und dieser Gedanke sich nicht damit verträgt, ihm eine Besserstellung durch Wahl der realen Lage zu versagen.[49]

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Nach anderer Auffassung geht ein Wahlrecht über den Zweck der Rechtsscheinstatbestände hinaus und kollidiert mit der Ausgestaltung der Vertreterhaftung aus § 179.[50] Der Geschäftspartner wird ja nur geschützt, wenn er im Vertrauen auf die scheinbare Vertretungsmacht des Vertreters den Vertrag geschlossen hat. Er geht also nicht von der realen Lage (= keine Vertretungsmacht) aus. Die Möglichkeit einer nachträglichen Berufung auf die reale Lage wäre also ein „Geschenk“, das dem Geschäftspartner eine Lösung vom Vertrag auch aus ungeschützten Motiven (nachträgliche Reue) erlaubt. Außerdem könnte der Geschäftspartner auf diese Weise nach seiner Wahl eine Haftung des Vertreters aus § 179 Abs. 1 oder zumindest aus § 179 Abs. 2 begründen. Der Vertreter haftet nach § 179 aber immer nur dann, wenn er seine Vertretungsmacht nicht nachweisen kann. Die Haftung des Vertreters ist nach diesem Modell also eine subsidiäre Ausfallhaftung, wenn der Nachweis ausreichender Vertretungsmacht nicht gelingt (vgl. § 179 Abs. 1).[51] Deshalb erscheint es vorzugswürdig, den Vertreter nur dann haften zu lassen, wenn er weder den Nachweis tatsächlicher Vertretungsmacht noch den Nachweis einer Rechtsscheinsvollmacht erbringen kann. Gerade wegen der Haftungsregelung in § 179 sprechen die besseren Argumente für die zweite Ansicht.

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Beide Auffassungen sind vertretbar. Diskutiert wird das Problem überwiegend nur bei der Anscheinsvollmacht. Es stellt sich aber auch bei allen anderen Rechtsscheinstatbeständen.[52] Geht es um die in §§ 170–172 geregelten Fälle kann man sich allerdings auf den Wortlaut der Vorschriften zurückziehen, die deutlich gegen eine Wahlmöglichkeit sprechen: Dort heißt es, dass die Vollmacht „diesem gegenüber in Kraft bleibt“ (§ 170), „dieser (…) zur Vertretung befugt ist“ (§ 171 Abs. 1) oder „die Vertretungsmacht bestehen bleibt“ (§ 171 Abs. 2 und § 172 Abs. 2).

2. Grundstruktur der Rechtsscheinstatbestände

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Allen Rechtsscheinstatbeständen ist folgende Grundstruktur gemeinsam:


Wir benötigen zunächst einen Rechtsscheinstatbestand, hier also einen Umstand, der den Anschein einer bestehenden Vollmacht erzeugt.
Dieser Umstand („Rechtsscheinsträger“) muss dem scheinbar Vertretenen bei wertender Betrachtung zurechenbar sein.
Der Empfänger der Erklärung des Vertreters muss aufgrund des Rechtsscheintatbestandes von tatsächlicher Vertretungsmacht ausgegangen und in diesem Vertrauen schutzwürdiger sein als der Vertretene.

Die Rechtsscheinstatbestände sind teilweise gesetzlich geregelt. Gewohnheitsrechtlich sind aber noch weitere Tatbestände anerkannt.

Wir betrachten im Folgenden die allgemeinen Regeln. Die Besonderheiten der handelsrechtlichen Rechtsscheinstatbestände sind der Darstellung des Handelsrechts vorbehalten.[53]

Beginnen wir mit den gesetzlich in §§ 170 ff. geregelten Rechtsscheinstatbeständen.

3. Fiktion einer fortbestehenden Außenvollmacht (§§ 170, 173)

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Nach § 170 bleibt die Vollmacht, die einem Dritten gegenüber erteilt wurde („Außenvollmacht“), diesem Dritten gegenüber „in Kraft, bis ihm das Erlöschen von dem Vollmachtgeber angezeigt wird.“

Die Außenvollmacht ist hier also tatsächlich erloschen, nur hat der Dritte davon nichts mitbekommen.

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Wie kann das passieren?

Einmal kann dies dadurch geschehen, dass die Vollmacht vor der Vornahme des Rechtsgeschäfts durch Erlöschen des Innenverhältnisses zwischen Vertretenem oder Vertreter nach § 168 S. 1 erloschen ist. Von dem Erlöschen des Innenverhältnisses muss der Geschäftspartner nicht zwangsläufig Kenntnis bekommen, etwa wenn der Auftrag durch Erklärung gegenüber dem beauftragten Vertreter gekündigt oder angefochten wurde.

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Außerdem kann die Außenvollmacht im Innenverhältnis widerrufen worden sein. Wie wir gesehen haben, muss der Widerruf einer Vollmacht nach § 168 S. 3 nicht zwingend gegenüber dem Empfänger der Vollmacht erfolgen. § 168 S. 3 verweist auf § 167 Abs. 1, der eine Erklärung wahlweise gegenüber dem Vertreter oder gegenüber dem Geschäftspartner zulässt. Wurde nach § 167 Abs. 1 Var. 2 die Vollmacht als Außenvollmacht durch Erklärung gegenüber dem Geschäftspartner erteilt, kann sie also auch durch Erklärung gegenüber dem Vertreter widerrufen werden. Der Geschäftspartner bekommt dann von dem Widerruf und damit vom Erlöschen der Vollmacht nichts mit.

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Gehen wir nun die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 170, 173 mit Blick auf unser Grundschema für Rechtsscheinstatbestände durch. In den Klammerzusätzen wird auf das jeweilige Rechtsscheinsprinzip verwiesen, das hinter dem konkreten Tatbestandsmerkmal steht.

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Bei den gesetzlich geregelten Rechtsscheinstatbeständen der §§ 170 ff. gibt es in der dogmatischen Herleitung zum Teil unterschiedliche Auffassungen. Sie sollten sich hier nicht aufs Glatteis begeben, sondern sich – wie immer – treu an die gesetzliche Rechtsfolgenformulierung halten. Der Einstieg in die Prüfung der §§ 170, 173 sollte etwa folgendermaßen lauten:

„(…) V handelte bei Vertragsschluss folglich ohne wirksame Vollmacht. Möglicherweise ist die gegenüber A erteilte Außenvollmacht diesem gegenüber aber nach §§ 170, 173 bis zum Abschluss des Vertrages in Kraft geblieben. Das setzt voraus …“

a) Wirksam erteilte Außenvollmacht vor Vornahme des Vertretergeschäfts

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Zunächst muss der Vertretene durch Erklärung gegenüber dem Dritten eine Außenvollmacht erteilt haben. Aus der Formulierung „bleibt in Kraft“ in § 170 folgt, dass die Erteilung der Außenvollmacht nach den allgemeinen Regeln über einseitige Rechtsgeschäfte wirksam zustande gekommen sein muss.[54]

b) Erlöschen der Außenvollmacht vor Vornahme des Vertretergeschäfts

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Die Vollmacht muss nachträglich erloschen sein, sonst besteht die Außenvollmacht als solche ja fort und nicht ihr bloßer Schein. Gleichgestellt werden Fälle des teilweisen Erlöschens durch einschränkende Änderungen der Vollmacht.[55] Die Außenvollmacht scheint aus Sicht des Dritten, der vom Erlöschen keine Kenntnis hat, trotzdem noch im ursprünglich erklärten Umfang zu existieren.

c) Keine Nachricht über Erlöschen der Vollmacht

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Der Tatbestand des § 170 Hs. 2 verlangt weiter, dass dem Dritten das Erlöschen der Vollmacht nicht angezeigt worden sein darf. Durch eine solche Nachricht würde – bildlich gesprochen – der bisher flackernde Rechtsschein einer Außenvollmacht „ausgepustet“.

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Erinnern Sie sich noch an den Unterschied zwischen Willenserklärung und geschäftsähnlicher Handlung? Fallen Ihnen weitere Beispiele für geschäftsähnliche Handlungen ein?

Die Anzeige kann entweder in einem Widerruf der Vollmacht gegenüber dem Dritten bestehen („Außenwiderruf“ gem. §§ 168 S. 3, 167 Abs. 1 Var. 2) oder durch eine schlichte Benachrichtigung über das – im Innenverhältnis bereits erfolgte – Erlöschen. Anders als der „Außenwiderruf“ soll die Benachrichtigung das Erlöschen nicht erst herbeiführen, sondern nur darüber berichten. Es handelt sich daher nicht um eine Willenserklärung, sondern um eine – empfangsbedürftige – geschäftsähnliche Handlung.[56]

Da der Rechtsschein objektiv mit Zugang der Nachricht entfällt, kommt es nur auf den Zugang nach allgemeinen Regeln und nicht auf die tatsächliche Kenntnisnahme an.[57]

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Aus der Erteilung der wirksamen Außenvollmacht und der fehlenden Information über ihr Erlöschen folgt gleichzeitig, dass der Vertretene den objektiv entstandenen Rechtsschein zurechenbar verursacht hat.[58] Das Risiko, den Dritten nicht rechtzeitig über das Erlöschen zu informieren, ist wertungsmäßig dem Vertretenen zuzuordnen. Bleibt also eine Benachrichtigung des Dritten über das Erlöschen der Außenvollmacht auf dem Postwege „stecken“, so fällt die daraus folgende Ahnungslosigkeit des Dritten in das Risiko, das der Vollmachtgeber mit der Erteilung einer Außenvollmacht eingegangen ist. Wird die Aufklärung des Dritten unverschuldet vereitelt, beseitigt dies die Zurechenbarkeit des Rechtsscheins also nicht.

d) Gutgläubigkeit des Dritten bei Vornahme des Rechtsgeschäfts, § 173

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Die Rechtsscheinswirkung des § 170 findet gem. § 173 keine Anwendung, wenn der Dritte das Erlöschen der Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts kennt oder kennen muss. Der Dritte hat dann zum maßgeblichen Zeitpunkt kein schutzwürdiges Vertrauen entwickelt. Wurde der Dritte seinerseits vertreten, muss er sich die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis seines Vertreters nach § 166 Abs. 1 zurechnen lassen.

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Aus der Formulierung des § 173 folgt zunächst indirekt, dass der Geschäftspartner von der Außenvollmacht tatsächlich Kenntnis erlangt haben muss.[59] Dies wird allerdings vermutet, so dass der Vertretene den Nachweis fehlender Kenntnis zu erbringen hat.[60]

Hinweis

Die auf Erteilung einer Außenvollmacht gerichtete Erklärung erfordert bei Abgabe unter Abwesenden nach den allgemeinen Zugangsregeln keine tatsächliche Kenntnisnahme, so dass trotz fehlender Kenntnis des Geschäftspartners eine wirksam erteilte Außenvollmacht vorliegen kann.

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Die Definition des „Kennenmüssens“ finden wir in § 122 Abs. 2. Gemeint ist damit also Unkenntnis infolge von Fahrlässigkeit.

Bei § 173 kommt es nicht auf die Kenntnis oder das Kennenmüssen der den Mangel der Vertretungsmacht begründenden Umstände an, sondern getreu dem Wortlaut nur auf die Kenntnis oder das Kennenmüssen der fehlenden Vertretungsmacht selbst.[61] Unverschuldete Rechtsirrtümer entlasten den Dritten, insbesondere bei einer Nichtigkeit der Vollmacht wegen Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz.[62] Bei später wirksam erfolgter Anfechtung der Außenvollmacht genügt es nach § 142 Abs. 2, wenn der Dritte die Anfechtbarkeit der Vollmacht kannte oder kennen musste.

Hinweis

Hat auch auf Seiten des Dritten ein Vertreter das Rechtsgeschäft vorgenommen, so kommt es für die Anwendung des § 173 nach § 166 Abs. 1 auf die Kenntnis oder das Kennenmüssen des Vertreters des Dritten an.[63]

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Der Dritte bzw. dessen Vertreter bleibt allerdings nur dann fahrlässig in Unkenntnis, wenn er konkreten Anlass hatte Nachforschungen anzustellen. Grundsätzlich darf er darauf vertrauen, dass der (Außen-)Vollmachtgeber ihn rechtzeitig über das Erlöschen der Vollmacht informieren wird.[64]

e) Übungsfall Nr. 2

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„Block-Buster“

Die Rechtsanwaltskanzlei „K & Partner“ (K), eine eingetragene Partnerschaftsgesellschaft, schließt mit dem Händler Heinrich Hansen (H) einen Rahmenvertrag, der die Lieferung von Büromaterial durch den H zum Gegenstand hat. Darin ist vorgesehen, dass die Bürovorsteherin Valérie Vogel (V) für die Partnerschaft Bestellungen bei H tätigen darf.

Aufgrund diverser Fehler der V weist ein Partner der K, der Peter Paulsen (P), die V in der Folge an, Einkäufe in der Zukunft nur noch mit seiner Zustimmung vorzunehmen.

V steht mit P „auf Kriegsfuß“ und ist dessen Gängeleien satt. Als 100 neue Schreibblöcke angeschafft werden müssen, verhandelt V ohne Zustimmung des P mit Matthias Mundvoll (M), einem bei H angestellten Verkäufer, Ausstattung und Preise der Blöcke. M weist die V auf die neue „Block-Buster-Aktion“ hin, aufgrund der er deutlich höhere Rabatte bei Mengen ab 250 Stück geben könne. V teilt dem M demgegenüber mit, dass sie nur 100 Blöcke einkaufen soll. Da M die V auf die tatsächlich günstigen Rabatte aufmerksam macht und meint, die K werde doch ohnehin in absehbarer Zeit weitere Blöcke benötigen, gibt V nach. Sie einigt sich im Namen der K mit M auf einen Kaufvertrag über 250 Blöcke zu einem Preis von 200 €.

P ist über das eigenmächtige Handeln der V entsetzt und lehnt im Namen der K jegliche Zahlung und Abnahme ab.

Muss K trotzdem die 250 Blöcke bezahlen und abnehmen?

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Lösung

Dem H könnte gegen K ein Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises und Abnahme der 250 Blöcke aus einem mit K geschlossenen Kaufvertrag gem. § 433 Abs. 2 zustehen.

1. Abschluss eines Kaufvertrages zwischen H und K

Ein solcher Anspruch setzt zunächst das Zustandekommen eines Kaufvertrages zwischen H und K voraus.

K ist als eingetragene Partnerschaftsgesellschaft gem. § 7 Abs. 1, Abs. 2 PartGG i.V.m. § 124 HGB rechtsfähig und kann daher aus einem Kaufvertrag berechtigt und verpflichtet werden.

V und M haben sich auf den Abschluss eines Kaufvertrages über 250 Blöcke zu einem Preis von 200 € geeinigt. Aus der Erklärung der V ergab sich für den M, dass nicht sie selbst, sondern die K als Käuferin Vertragspartner werden sollte. Aus den Umständen ergab sich außerdem, dass M mit seiner Erklärung ebenfalls nicht sich persönlich, sondern seinen Arbeitgeber H als Verkäufer verpflichten wollte. Damit ist ein Kaufvertrag zwischen K und H zustande gekommen. Davon zu trennen ist die Frage, ob der Vertragsschluss auch wirksam ist.[65]

2. Wirksamkeit nach §§ 164, 177 Abs. 1

Wenn ein Vertrag wie hier durch Vertreter geschlossen wird, kann er für und gegen die vertretenen Vertragspartner nach §§ 164, 177 Abs. 1 Wirkungen nur entfalten, wenn die Vertreter bei Vertragsschluss innerhalb der ihnen zustehenden Vertretungsmacht gehandelt haben oder die Vertragspartner den Vertragsschluss genehmigen.

a) Vertretungsmacht des M

M handelte bei Vertragsschluss als angestellter Verkäufer des H und verfügte damit über eine durch seine Anstellung als Verkäufer für den Abschluss von Kaufverträgen erteilte Innenvollmacht gem. § 167 Abs. 1 Var. 1. Beschränkungen dieser Vollmacht ergeben sich aus dem Sachverhalt nicht.[66]

b) Vertretungsmacht der V

Der V war zunächst dadurch eine Vollmacht für das vorliegende Geschäft erteilt worden, dass seitens K in dem mit H geschlossenen Rahmenvertrag erklärt wurde, V dürfe im Namen der K Bestellungen bei H vornehmen. Gem. § 167 Abs. 1 Var. 2 kann eine Vollmacht auch im Außenverhältnis gegenüber Dritten als „Außenvollmacht“ erteilt werden. Von der Wirksamkeit des Rahmenvertrages ist vorliegend auszugehen. Aus Sicht des Erklärungsempfängers ergaben sich dabei keinerlei Einschränkungen der Vollmacht, insbesondere keine Zustimmungsvorbehalte.

Diese unbeschränkte Außenvollmacht könnte nachträglich erloschen sein, indem der P durch Erklärung gegenüber V die Zulässigkeit weiterer Einkäufe im Namen der K von seiner Zustimmung abhängig machte. Darin könnte ein Widerruf der Außenvollmacht zu sehen sein. Wie sich aus §§ 168 S. 3, 167 Abs. 1 ergibt, kann die Außenvollmacht auch im Innenverhältnis durch Erklärung gegenüber dem Vertreter ganz oder teilweise widerrufen werden. Der Widerruf ist auch nicht gem. § 180 S. 1 unwirksam, da P als Organ der Partnerschaftsgesellschaft nach § 7 Abs. 3 PartGG i.V.m. § 125 Abs. 1 HGB zur alleinigen Vertretung der K befugt ist.

Da der Kaufvertrag ohne Zustimmung des P geschlossen wurde, liegt auf den ersten Blick ein nach § 177 Abs. 1 unwirksamer Vertragsschluss vor.

Möglicherweise ist die im Rahmenvertrag erteilte Außenvollmacht aber nach §§ 170, 173 gegenüber H in Kraft geblieben. Vor Abschluss des Vertrages wurden weder H noch M auf den nachträglichen Widerruf der Außenvollmacht hingewiesen. Allerdings bleibt die Außenvollmacht nur gegenüber denjenigen Personen in Kraft, die bei Vornahme des Rechtsgeschäfts im Hinblick auf die Vertretungsmacht gem. § 173 in gutem Glauben sind. H selbst hatte keinerlei Kenntnis von dem nachträglichen Widerruf der zunächst unbeschränkten Außenvollmacht und musste dies mangels greifbarer Anhaltspunkte auch nicht kennen. Allerdings kommt es nach § 166 Abs. 1 im vorliegenden Fall nicht auf seinen Kenntnisstand an, da er den Kaufvertrag nicht abgeschlossen hat, sondern auf seinen Vertreter M. Dieser wusste anhand der Äußerungen der V, dass V zumindest im Hinblick auf die zu bestellende Menge internen Bindungen unterlag. Dieser Hinweis hätte Anlass gegeben, sich über die Reichweite der Vollmacht von V weiter zu informieren. M blieb daher zumindest fahrlässig in Unkenntnis über die fehlende Vertretungsmacht der V. In seiner Person ist damit der Ausnahmetatbestand des § 173 erfüllt, was sich der H nach § 166 Abs. 1 zurechnen lassen muss.

Ein fingiertes Fortbestehen der Außenvollmacht nach § 170 scheidet damit aus.

3. Ergebnis

Zwischen K und H ist folglich kein wirksamer Kaufvertrag über die 250 Blöcke zustande gekommen, so dass dem H gegen die K kein Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises und Abnahme der Blöcke zusteht.

4. Fiktion einer kundgegebenen Innenvollmacht (§§ 171, 173)

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Die Rechtsscheinstatbestände der §§ 171, 173 knüpfen nicht an eine wirksam erteilte Außenvollmacht, sondern an die Kundgabe einer Innenvollmacht an.[67] Die Grenzen zu § 170 sind fließend.

Beispiel 1

A sagt dem B, er habe den V bevollmächtigt: § 171 Abs. 1

Beispiel 2

A sagt dem B, er bevollmächtige den V: § 170.

Beispiel 3

A sagt dem B, der V „sei in Zukunft sein Vertreter“: beide Varianten denkbar, die Auslegung nach §§ 133, 157 entscheidet.

JURIQ-Klausurtipp

Der Einstieg in die Prüfung der §§ 171, 173 könnte folgendermaßen lauten:

„(…) V handelte bei Abschluss des Vertrages mit A folglich ohne wirksame Vollmacht des B. Möglicherweise ist V dem A gegenüber aber nach §§ 171 , 173 aufgrund einer entsprechenden Mitteilung des B zu dessen Vertretung bei Abschluss des Vertrages befugt gewesen. Das setzt voraus …“

Gehen wir wieder die einzelnen Tatbestandsmerkmale mit Blick auf die Rechtsscheinsprinzipien durch.

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