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II. Vertretungsmacht durch Vollmacht
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Vertretungsmacht durch Vollmacht
[Anknüpfungspunkt im Gutachten: entweder direkt bei Willenserklärung des Vertreters oder – bei Verträgen - gesondert nach Prüfung des Vertragsschlusses durch Vertreter]
I.Erteilung einer inhaltlich ausreichenden Vollmacht (§ 167)
Vollmacht bei nichtigem GrundverhältnisRn. 55
II.(Kein) Erlöschen der Vollmacht vor Zustandekommen des Rechtsgeschäfts
Erlöschen der Vollmacht bei Erlöschen des GrundverhältnissesRn. 56 ff.
Anfechtung einer ausgeübten InnenvollmachtRn. 64 ff.
III.(Kein) Ausschluss der Vertretungsmacht nach § 181
Analoge Anwendung des § 181Rn. 74 ff.
Vertretungsverbot bei VerfügungsgeschäftenRn. 80 ff.
Teleologische Reduktion des § 181Rn. 82
IV.(Kein) Missbrauch der Vertretungsmacht
(Kein) Vorsatzerfordernis beim VertreterRn. 87 ff.
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Die nicht durch Gesetz, sondern allein durch Rechtsgeschäft geschaffene Vertretungsmacht nennt das Gesetz in § 166 Abs. 2 S. 1 „Vollmacht“.
Wir betrachten im Folgenden die Vollmachtserteilung nach den allgemeinen Regeln des BGB. Die Besonderheiten der handelsrechtlichen Vollmachten (Prokura und Handlungsvollmacht) gehören in die Darstellung des Handelsrechts.[10]
1. Erteilung der Vollmacht (§ 167)
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Die Erteilung der Vollmacht regelt § 167. Sie ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das durch eine wirksame empfangsbedürftige Willenserklärung zustande kommt. Die Erklärung kann sowohl gegenüber dem Vertreter (Innenvollmacht) als auch gegenüber dem außenstehenden Partner des Vertretergeschäfts (Außenvollmacht) erfolgen.
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Für die Wirksamkeit der auf Erteilung einer Vollmacht gerichteten Willenserklärung gelten die allgemeinen Regeln.[11]
Auch in Bezug auf Wirksamkeitserfordernisse und -hindernisse für das einseitige Rechtsgeschäft „Vollmachtserteilung“ gelten die allgemeinen Vorschriften über einseitige Rechtsgeschäfte, also etwa §§ 111, 125, 180.
Eine besondere Form ist für die Vollmacht nach § 167 Abs. 2 nicht erforderlich. Sie kann also auch konkludent erteilt werden. Insbesondere liegt in der Zuweisung von Aufgaben, deren ordnungsgemäße Erfüllung eine Vollmacht erfordert, regelmäßig auch die konkludente Erteilung einer Innenvollmacht.[12]
Beispiel
Die A GmbH betreibt mehrere Läden, in denen Kleider verkauft werden. A stellt die V als Verkäuferin ein und weist ihr eine entsprechende Stelle in einem ihrer Läden zu. A erteilt der V mit der Zuweisung der Stelle als Verkäuferin zugleich eine Innenvollmacht, in ihrem Namen Kaufverträge mit Kunden über die angebotene Ware abzuschließen. Auf die Vermutung nach § 56 HGB kommt es insoweit nicht an. Die Vorschrift bleibt aber für die Bestimmung des Umfangs der Innenvollmacht bedeutsam.[13]
Hinweis
Eine Ausnahme vom Grundsatz der Formfreiheit nach § 167 Abs. 2 wird dann gemacht, wenn ansonsten die Zwecke derjenigen Formvorschrift ausgehöhlt würden, die auf das später vom Vertreter im Namen des Vertretenen vorgenommene Rechtsgeschäft Anwendung findet. Wir werden darauf beim Thema „Form des Rechtsgeschäfts“ unter Rn. 200 ff. zurückkommen.
2. Erlöschen der Vollmacht
a) Erlöschen nach Maßgabe des Grundverhältnisses (§ 168 S. 1)
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Nach § 168 S. 1 bestimmt sich das Erlöschen der Vollmacht „nach dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis“.
aa) Vollmacht und Grundverhältnis
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Das Gesetz unterscheidet in § 168 S. 1 zwischen der Vollmacht einerseits und dem Grundverhältnis andererseits. Die Vollmacht betrifft die Frage der Rechtsmacht des Vertreters, mit Wirkung für und gegen den Vertretenen Rechtsgeschäfte mit Dritten vorzunehmen. Die Vollmacht regelt, was der Vertreter rechtsgeschäftlich im Namen des Vollmachtgebers mit unmittelbarer Wirksamkeit für und gegen diesen machen kann.
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Davon zu unterscheiden ist das „Grundverhältnis“ (oder „Innenverhältnis“) zwischen Vertretenem und Vertreter. Der Erteilung der Vollmacht liegt regelmäßig ein Rechtsverhältnis – meist ein Auftrag, Dienst- oder Arbeitsvertrag – zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten zugrunde. Das Grundverhältnis entscheidet, ob und in welcher Weise der Vertreter von der Vollmacht Gebrauch machen darf oder sogar machen muss.[14]
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Bei der oben erörterten Erteilung der Vollmacht war von einem solchen „Grundverhältnis“ noch keine Rede. Anders als § 168 interessiert sich § 167 Abs. 1 nicht für das Bestehen oder gleichzeitige Entstehen eines Grundverhältnisses. Auch im Rahmen von (unverbindlichen) Gefälligkeitsverhältnissen könnten Vollmachten also wirksam erteilt werden. Außerdem haben anfängliche Nichtigkeitsgründe des Grundverhältnisses nicht zwangsläufig die Nichtigkeit der Vollmacht zur Folge. Eine Vollmacht kann als eigenständiges Rechtsgeschäft nach § 167 Abs. 1 folglich auch isoliert ohne (wirksames) Grundgeschäft wirksam erteilt werden.[15] Man spricht wegen dieser Unabhängigkeit in der Entstehung auch von der „Abstraktheit“ der Vollmacht. Der Sinn besteht darin, den Vertreter vor einer Haftung aus § 179 zu bewahren, da die anfänglichen Nichtigkeitsgründe gerade für einen Laien häufig nur sehr schwer zu erfassen sind.
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Ist das Grundverhältnis von Anfang an nichtig, müssen Sie sehr sorgfältig prüfen, ob der Nichtigkeitsgrund (z.B. §§ 134, 138) wirklich nur das Grundverhältnis betrifft oder ob er nach seinem Sinn und Zweck zugleich auch die Vollmachtserteilung erfassen soll.[16]
Beispiel
K beauftragt den 17 Jahre alten M, für ihn und in seinem Namen einen bestimmten Motorroller bei V zu kaufen. M führt den Auftrag aus und kauft im Namen des K bei V den Motorroller. Im Anschluss verlangt V von K den vereinbarten Kaufpreis. Mit Recht?
V könnte gegen K ein Anspruch auf Kaufpreiszahlung gem. § 433 Abs. 2 zustehen. K hat selbst keinen Vertrag mit V geschlossen. Allerdings hat M in dessen Namen mit V einen Kaufvertrag über den Motorroller geschlossen.
Ob K durch den von M in seinem Namen geschlossenen Vertrag unmittelbar berechtigt und verpflichtet wird, bestimmt sich nach §§ 164, 177. Zu prüfen ist danach zunächst, ob M bei Abschluss des Vertrages innerhalb einer ihm zustehenden Vertretungsmacht gehandelt hat. In Betracht kommt hier eine Vertretungsmacht aufgrund einer Vollmacht i.S.d. § 166 Abs. 2 S. 1.
K hatte den M durch Erklärung im Innenverhältnis gem. § 167 Abs. 1 Var. 1 zur Vertretung beim Kauf des Motorrollers bevollmächtigt. Einer besonderen Form bedurfte es hierzu nicht. Der Vollmachtserteilung steht nicht entgegen, dass die Vollmachtserklärung den gesetzlichen Vertretern des M nicht gem. § 131 Abs. 2 S. 1 zugegangen ist. Wie sich aus § 165 ergibt, kann ein Minderjähriger auch ohne Zustimmung seiner gesetzlichen Vertreter ein Vertretergeschäft vornehmen. Nichts anderes muss dann für die Entgegennahme einer Vollmachtserklärung gelten, durch die der Minderjährige rechtlich keinen Nachteil erleidet. Für die Wirksamkeit des Zugangs ist daher nur auf den Zugang bei M abzustellen, § 131 Abs. 2 S. 2.
Fraglich ist aber, ob der Wirksamkeit der Vollmacht entgegen steht, dass die ihr zugrunde liegende Beauftragung des M von Anfang an unwirksam gewesen ist. Der Auftrag belastet den M unmittelbar mit Pflichten nach §§ 667 ff. und konnte deshalb gem. §§ 107, 108 Abs. 1 nur mit Zustimmung seiner gesetzlichen Vertreter wirksam werden, an der es hier fehlt.[17]
Wie sich aus § 167 Abs. 1 ergibt, hängt die wirksame Erteilung einer Vollmacht aber nicht zusätzlich vom Bestehen eines wirksamen Grundverhältnisses ab. Die Vollmacht ist vielmehr in dem Sinne abstrakt, dass sie auch ohne (wirksames) Grundverhältnis wirksam erteilt werden kann. Die Tatsache, dass die Vollmacht gem. § 168 S. 1 nach den Bedingungen eines Grundverhältnisses erlischt, steht dem nicht entgegen. Diese Vorschrift besagt nur, dass in einem wirksamen Grundverhältnis Regelungen auch mit unmittelbarer Wirkung für die Vollmacht getroffen werden können.
Der Vertragsschluss mit V wirkt daher unmittelbar für und gegen den K, so dass V von K gem. § 433 Abs. 2 den vereinbarten Kaufpreis verlangen kann.
bb) Erlöschensgründe aus dem Grundverhältnis
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Aus § 168 S. 1 folgt weiter, dass ein Grundverhältnis zwischen Vertreter und Vollmachtgeber die Erlöschensgründe regeln kann, aber nicht muss. Die vorstehend erwähnte „Abstraktheit“ der Vollmacht gilt also nur außerhalb dieser „Verzahnung“ mit dem Inhalt des Grundgeschäfts.
Beispiel
In einem Vertrag des Vollmachtgebers mit dem Vertreter kann bestimmt sein, dass die Vollmacht nur für eine bestimmte Zeit erteilt wird, also befristet ist, vgl. §§ 158, 163. Nach Fristablauf erlischt die Vollmacht dann automatisch, §§ 158 Abs. 2, 163. Sie muss nicht eigens nach § 168 S. 2, 3 widerrufen werden.
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Außerdem versteht man die Regelung des § 168 S. 1 allgemein so, dass die Vollmacht im Zweifel erlischt, wenn das Grundverhältnis erloschen ist.[18] Der Vollmachtgeber muss die Vollmacht also nicht eigens widerrufen, wenn das ihr zugrunde liegende Rechtsgeschäft erloschen ist.
Hinweis
Besonderes gilt für die Prozessvollmacht i.S.d. § 80 ZPO. Sie bleibt nach Maßgabe des § 87 ZPO auch nach Beendigung des Grundverhältnisses im Verhältnis zur anderen Partei und (über den Wortlauts hinaus) auch gegenüber dem Gericht zunächst wirksam.[19]
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Als Gründe für das Erlöschen des Grundverhältnisses kommen insbesondere Widerruf, Anfechtung oder Kündigung in Betracht.
Beispiel
V ist beim Händler H als Verkäufer angestellt. Da er ein besseres Jobangebot hat, kündigt V – wirksam – das Arbeitsverhältnis mit H. Die dem V durch Zuweisung der Verkäuferposition durch H zumindest konkludent erteilte Innenvollmacht erlischt nun automatisch, ohne dass H sie eigens widerrufen müsste.
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Besonderheiten gelten, wenn ein Auftrag (vgl. § 662) oder Geschäftsbesorgungsvertrag (vgl. § 675) in anderer Weise als durch Widerruf bzw. Kündigung erlöschen.
Beispiel
Rechtsanwalt R sollte für seinen Mandanten M eine neue Mietwohnung aussuchen, den Mietvertrag mit dem Vermieter verhandeln und ggf. im Namen des M abschließen. Vor Abschluss des Mietvertrages stirbt M. Das Ziel der Geschäftsbesorgung ist nun sinnlos, so dass man den Tod des Auftraggebers entgegen der Vermutung des § 672 S. 1 redlicherweise nach §§ 133, 157 als auflösende Bedingung verstehen musste. Der zwischen M und R geschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag ist folglich mit dem Tod des M gem. § 158 Abs. 2 erloschen.
Hätte der R hingegen das Mandat gehabt, für den M den Verkauf einer Segelyacht zu verhandeln, wäre der Geschäftsbesorgungsvertrag wegen der fehlenden inhaltlichen Höchstpersönlichkeit nach §§ 675 Abs. 1, 672 S. 1 im Zweifel nicht erloschen.
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In diesen Fällen fingiert das Gesetz das Fortbestehen des Auftrags (nur) zugunsten des Beauftragten, bis der Beauftragte von dem Erlöschen Kenntnis erlangt oder fahrlässig nicht erlangt (§ 674, ggf. i.V.m. § 675 Abs. 1). Diese Fiktion wirkt sich auch auf die Vollmacht aus: Sie gilt gem. §§ 168, 169 ebenfalls als fortbestehend. Dieselbe Regelung treffen §§ 729, 168, 169 für den Geschäftsführer einer BGB-Gesellschaft.[20] Auf diese Fiktion kann sich allerdings ein Geschäftsgegner, der das Erlöschen des Grundgeschäfts kannte oder kennen musste, nicht berufen (§ 169).
Hinweis
Beachten Sie, dass die Fiktion des § 674 nur zugunsten des Beauftragten, nicht aber zugunsten des Auftraggebers oder seiner Rechtsnachfolger besteht. Der Beauftragte steht nach dem tatsächlichen Erlöschen also nicht mehr in einer vertraglichen Verpflichtung diesen Personen gegenüber.
b) Bedingung, Befristung
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Trotz seines missverständlichen Wortlauts bringt § 168 S. 1 nicht zum Ausdruck, dass sich das Erlöschen der Vollmacht stets nur nach dem Grundverhältnis richten kann. Dies kann schon deshalb nicht richtig sein, weil die Erteilung der Vollmacht ja gar nicht vom Bestehen eines Grundverhältnisses abhängt.
Die Vollmacht kann also selbst befristet oder unter einer auflösenden Bedingung erteilt werden und erlischt dann unabhängig vom Grundverhältnis nach Fristablauf bzw. Bedingungseintritt gem. §§ 158 Abs. 2, 163.[21]
c) Tod des Bevollmächtigten
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Was passiert eigentlich, wenn der Bevollmächtigte stirbt? Ist die Vollmacht vererblich und geht dann gem. § 1922 auf die Erben über?
Das hängt zunächst von den Vereinbarungen ab. Fehlt es daran oder bleiben Zweifel, ergibt sich die Lösung wiederum aus § 168 S. 1. Beim Tod des Bevollmächtigten erlischt nämlich im Zweifel auch das Grundverhältnis: Auftrag und Geschäftsbesorgungsverträge enden (im Zweifel) beim Tod des Geschäftsbesorgers nach § 673 S. 1 (ggf. i.V.m. § 675 Abs. 1). Für reine Dienst- und Arbeitsverträge folgt das Erlöschen des Vertrages aus § 613. Damit erlischt zugleich auch die Vollmacht.[22]
d) Widerruf (§ 168 S. 2, 3)
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Soweit die Parteien im Innenverhältnis nichts anderes bestimmt haben, ist die Vollmacht – unabhängig von dem ihr zugrunde liegenden Innenverhältnis – jederzeit widerruflich (§ 168 S. 2). Der Widerruf kann, wie sich aus § 168 S. 3 ergibt, wie die Vollmachtserteilung entsprechend § 167 Abs. 1 sowohl im Innenverhältnis gegenüber dem Bevollmächtigten als auch im Außenverhältnis gegenüber dem Geschäftspartner erklärt werden.
Hinweis
Dabei kommt es nicht darauf an, wem gegenüber die Vollmachtserteilung erklärt worden war! Die im Außenverhältnis erklärte (Außen-) Vollmacht, kann daher auch im Innenverhältnis durch Erklärung gegenüber dem Bevollmächtigten widerrufen werden. Zum Schutz des gutgläubig auf den Bestand der Außenvollmacht vertrauenden Geschäftspartners gilt § 170.
e) Anfechtung, § 142 Abs. 1
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Die Anfechtungsregeln gelten wie bei jedem anderen Rechtsgeschäft grundsätzlich auch für die Vollmachtserteilung. Sie gilt bei wirksamer Anfechtung als von Anfang an nichtig, § 142 Abs. 1.
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Besonderheiten werden aber bei der Anfechtung einer bereits ausgeübten Innenvollmacht erwogen.
Beispiel
A bevollmächtigt den V, für ihn einen Pkw zu erwerben. A will für das Fahrzeug maximal 1000 € investieren. Er händigt dem V eine schriftliche Vollmachtsurkunde aus. Bei Anfertigung dieser Urkunde hat er sich aber verschrieben. Nach dem Wortlaut der Urkunde wird V – der von den abweichenden Vorstellungen des A nichts weiß – bevollmächtigt, einen Pkw für maximal 2000 € im Namen des A zu erwerben. V schließt daraufhin im Namen des A einen Kaufvertrag mit B über einen Pkw zum Preis von 1800 €. Dabei legt V dem B die Vollmachtsurkunde nicht vor. A erklärt gegenüber V die Anfechtung der Vollmacht wegen des Schreibfehlers, sofort nachdem er von seinem Fehler Kenntnis erlangt hat.
Kann B trotzdem von A Zahlung des Kaufpreises verlangen?
Ließe man eine Anfechtung des A im Beispiel zu, so käme man zu folgenden Ergebnissen: Die Anfechtung müsste gem. § 143 Abs. 3 S. 1 gegenüber V erklärt werden und wäre nach §§ 119 Abs. 1 Var. 2, 121 Abs. 1 wirksam. V hätte wegen der rückwirkenden Nichtigkeit der Vollmacht nach § 142 Abs. 1 als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt. Der Kaufvertrag ist daher nach § 177 Abs. 1 unwirksam. B hätte einen Anspruch gegen V aus § 179 Abs. 2 auf Ersatz etwaiger Schäden aus Vertrauen in die Wirksamkeit des Vertrages. V kann sich nach § 122 seinerseits an den A halten und seine Schäden aus der Vornahme des Rechtsgeschäfts, insbesondere seine Haftung aus § 179 Abs. 2, auf den A abwälzen.
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Man mag sich angesichts des geschlossenen „Regresskarussells“ fragen: Wo ist denn hier eigentlich das Problem?
Die Probleme zeigen sich, wenn A oder V vermögenslos sind und daher die gegen sie gerichteten Ansprüche gar nicht oder nicht vollständig bedienen können. V, der als Vertreter an dem Vertragsschluss normalerweise ohne jedes Haftungsrisiko beteiligt gewesen wäre, haftet nun auf einmal selbst gegenüber B aus § 179 Abs. 2 und trägt beim Rückgriff aus § 122 das Insolvenzrisiko seines Vollmachtgebers A. Ihm entstehen möglicherweise Kosten, die er nicht ersetzt bekommt. B ist demgegenüber auf einen Regress bei V aus § 179 Abs. 2 verwiesen und trägt dessen Insolvenzrisiko und nicht das seines Vertragspartners A. Da der Kaufvertrag allein zwischen B und A zustande kommen sollte, wird diese Risikoverteilung von vielen als problematisch und korrekturbedürftig angesehen.
Hinweis
Bei der Anfechtung einer Außenvollmacht stellen sich die Probleme nicht. Diese müsste nach § 143 Abs. 3 S. 1 gegenüber dem Vollmachtsempfänger, also dem Geschäftspartner des Vertreters erklärt werden. Dann hat der Geschäftspartner einen Schadensersatzanspruch direkt aus § 122 gegen den Vertretenen.
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Zur Lösung des Problems der vor Anfechtung bereits ausgeübten Innenvollmacht kursieren mehrere Lösungsvorschläge:
(1) | Teilweise wird die Ansicht vertreten, die ausgeübte Innenvollmacht sei grundsätzlich unanfechtbar. In der Sache gehe es regelmäßig um die Beseitigung des Vertretergeschäfts. Im Beispiel ist das der Kaufvertrag. Der Vertretene könne aber ausnahmsweise analog § 166 Abs. 2 den vom Vertreter in seinem Namen geschlossenen Vertrag wegen eigener Willensmängel bei der Vollmachtserteilung anfechten.[23] Gegen einen generellen Ausschluss der Anfechtbarkeit spricht aber, dass Bevollmächtigung und Vertretergeschäft zwei voneinander unabhängige Rechtsgeschäfte sind. Mit dieser Trennung lässt sich die Argumentation nicht vereinbaren. |
(2) | Eine weitere, wohl überwiegende Ansicht lässt die Anfechtung der ausgeübten Innenvollmacht gegenüber dem Vertreter nach den allgemeinen Regeln zu, gewährt aber auch dem Geschäftsgegner einen Schadensersatzanspruch aus § 122 gegen den Vertretenen.[24] |
(3) | Andere verneinen mit beachtlichen Gründen ein Bedürfnis, überhaupt irgendwelche Abweichungen von den allgemeinen Regeln vorzunehmen.[25] Es gelten nach dieser Ansicht keinerlei Besonderheiten. Der Vertreter muss wie bei jedem anderen Rechtsgeschäft auch hier mit dem Auftreten von Willensmängeln rechnen. Einen Schutz des Vertreters, der einen Nachteil infolge von Willensmängeln seines Vollmachtgebers erleidet, sieht das Gesetz mit dem Anspruch aus § 122 vor. Vertreter und Geschäftsgegner erscheinen hier nicht schützenswerter als bei sonstigen Mängeln der Vertretungsmacht. Beide haben die Möglichkeit, sich durch Vorlage einer Vollmachtsurkunde abzusichern und damit die Wirkungen der §§ 172 Abs. 1, 173 herbeizuführen. |
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In der Klausur sollten Sie sich für Ansicht 2 oder 3 entscheiden. Beide lassen sich mit den benannten Argumenten gleichwertig vertreten.
f) Verzicht des Bevollmächtigten
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Schließlich kann der Vertreter auf die ihm durch Vollmacht verliehene Vertretungsmacht auch durch empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Vollmachtgeber einseitig verzichten (§ 333 analog). Eine dem Vertreter „gegen seinen Willen aufgedrängte“ Vollmacht ließe sich mit dem Grundsatz der Privatautonomie nicht vereinbaren.[26]