Kitabı oku: «Multilaterales Instrument», sayfa 2
Literaturverzeichnis
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Multilateral Convention
to implement Tax Treaty related Measures
to prevent Base Erosion
and Profit Shifting
(‚Multilateral Instrument‘)
Übereinkommen
zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen
zur Verhinderung der Gewinnverkürzung
und Gewinnverlagerung
(„Multilaterales Instrument“)
Multilateral Convention › Einführung
Einführung
Einführung
I.Hintergrund1 – 24
1.Internationaler (schädlicher) Steuerwettbewerb1 – 4
2.Vorstöße der OECD und der EU-Kommission5 – 8
3.Base Erosion and Profit Shifting (BEPS)9 – 11
4.BEPS-Umsetzung in nationales Recht im Übrigen12 – 15
5.ATAD-Richtlinien16 – 20
6.Bewertung21 – 24
II.Bedeutung des Multilateralen Instruments25 – 30
III.Aufbau und Inhalt des Multilateralen Instruments31 – 37
1.Allgemeines31 – 33
2.Aufbau34 – 37
IV.Methodik der Anwendung38 – 49
1.Allgemeines38 – 45
2.Überblick über Optionen und Wahlmöglichkeiten46 – 49
a)Abwahl einzelner Artikel zur Gänze ohne weitere Bedingung46, 47
b)Abwahl einzelner Artikel oder einzelner Absätze unter bestimmten Voraussetzungen48
c)Artikel mit Optionsmöglichkeit49
V.Offene Fragen50 – 53
VI.Fazit54 – 57
I. Hintergrund
1. Internationaler (schädlicher) Steuerwettbewerb
1
Nie war es einfacher als heute, binnen Sekunden erhebliche Vermögenswerte in das Ausland zu transferieren. Auch die Mobilität der Steuerpflichtigen hat ein nie gekanntes Ausmaß angenommen. Beides zusammen führt, auch und gerade vor dem Hintergrund der Globalisierung und dem dadurch bewirkten verschärften Wettbewerb zwischen Unternehmen, aber auch dem Wettbewerb um qualifizierte, hochbezahlte Arbeitskräfte, nahezu zwangsläufig dazu, dass Steuerpflichtige – vor allem im unternehmerischen Bereich – auch nach Möglichkeiten suchen, ihre Steuerlast zu minimieren oder eine solche im Extremfall sogar gänzlich zu vermeiden, sei es nun über Verrechnungspreise, über klassische Steuerarbitrage, über hybride Vehikel oder Instrumente, über Basisgesellschaften, Trustkonstruktionen und dergleichen mehr. Den beteiligten Fisci ist dies naturgemäß ein Dorn im Auge, auch wenn die Steuerminimierung bzw Steuervermeidung jedenfalls nach deutschem Recht ausdrücklich legal ist.[1]
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Abseits dessen gilt aber ebenso, dass die Staaten, die sich in der Staatengemeinschaft jedenfalls im Ausgangspunkt als gleichberechtigte Rechtssubjekte gegenüberstehen, miteinander in punkto Steuervergünstigungen in einen Steuerwettbewerb nach Art eines „race to the bottom“ eingetreten sind, dessen Ende noch immer nicht absehbar ist. All dies führt letztlich dazu, dass die Staaten um wirtschaftlich rege und finanzkräftige Steuerpflichtige konkurrieren, weil sich der stetig steigende Finanzbedarf anderenfalls nicht mehr hinreichend decken lässt. In einem Wohlfahrtsstaat wie der Bundesrepublik Deutschland, die als Hochsteuerland in besonderem Maße auf Wettbewerbsneutralität und außersteuerliche Anreize zur Attraktion von Steuerpflichtigen angewiesen ist, zeigt sich dies beinahe täglich aufs Neue und erklärt wahrscheinlich auch die Verve, mit der das BMF sich dieser Themen in der Vergangenheit trotz der stetig steigenden inländischen Steuereinnahmen angenommen hat.
3
Vor diesem Hintergrund nimmt es nicht Wunder, dass die internationale Steuerplanung in den vergangenen Jahren stark an Attraktivität und Praxisrelevanz gewonnen hat. Die zunehmende Regelungsdichte, das Nebeneinander nationaler Steuerhoheiten, die Verteilung von Besteuerungsansprüchen zwischen den Staaten durch Doppelbesteuerungsabkommen und auch rein faktische Schwierigkeiten (etwa Sprachbarrieren oder unterschiedliche Kulturen) haben dabei zu einer Komplexität geführt, die auch von dem Kundigen nicht immer leicht zu durchschauen ist. Hinzu kommt, dass die internationale Beweglichkeit von Steuerpflichtigen und Einkunftsquellen gegenläufige Reaktionen der Finanzverwaltungen hervorruft, die nicht eben zur Vereinfachung des Steuerrechts und einer praxistauglicheren Anwendung führen. Der § 50i EStG und seine Genese sind ein „schönes“ Beispiel für eine gänzlich misslungene Norm, die letztlich mehr Probleme aufwirft als sie löst.
4
Das im Grundsatz verständliche Buhlen der Staaten um Steuerpflichtige und Besteuerungssubstrat ist aber nur die eine Seite der Medaille. Erreicht die Gesamtheit der staatlichen Maßnahmen nämlich eine Intensität, die geeignet ist, die Steuerpflichtigen gezielt an Investitionen in anderen Staaten zu hindern, kommt es zu einem schädlichen Steuerwettbewerb, der aus der Sicht der Staatengemeinschaft und auch aus der Sicht der OECD nicht mehr wünschenswert sein kann (harmful tax competition). Nur im Extremfall handelt es sich bei den damit angesprochenen Staaten um typische Steueroasen. Auch innerhalb der Europäischen Union sind von der OECD bereits eine ganze Reihe schädlicher Steuerpraktiken der Mitgliedsstaaten identifiziert worden.[2]
2. Vorstöße der OECD und der EU-Kommission
5
Auch die OECD und zeitlich etwas später die EU-Kommission haben sich des volkswirtschaftlich unerwünschten Problems des schädlichen Steuerwettbewerbs über die Jahrzehnte mit unterschiedlicher Stoßrichtung angenommen. In früherer Zeit konzentrierte sich die Aufarbeitung und Kritik allein auf die Ebene der Staaten. Bereits 1998 gab die OECD ihren Bericht „Harmful Tax Competition – An Emerging Global Issue“[3] heraus, in dem sie die schädlichen Elemente des internationalen Steuerwettbewerbs erstmals wirklich systematisch zu erfassen suchte. Zu diesem Zweck wurde Richtlinien erlassen, die eine grundsätzliche Beseitigung schädlicher Steuerpraktiken bis spätestens zum Jahr 2005 vorsahen.[4] Zudem wurde das „Forum on Harmful Tax Practices“ als OECD-Arbeitsgruppe gegründet. Ihm verdanken wir die Vorarbeiten zur Zusammenarbeit der Finanzbehörden in Steuersachen, die sich inzwischen über die allgemeine Rechts- und Amtshilfe bis hin zur sog. Joint Audit erstreckt.[5]
6
In den letzten Jahren hat die Diskussion hingegen einen anderen Zungenschlag angenommen und konzentrierte sich nunmehr nicht so sehr auf die Staaten, sondern eher auf die multinationalen Unternehmen, die insbesondere über Verrechnungspreise und steuerliche Präferenzregime weltweit betrachtet zu teilweise in der Tat nahezu „unanständigen“ Konzernsteuerquoten im niedrigen einstelligen Bereich gelangten. Angefacht auch durch unseriöse mediale Berichterstattung gerieten so zunächst vor allem US-amerikanische Multimedia-Konzerne in den Fokus der Öffentlichkeit, und infolgedessen entdeckte die EU-Kommission das Rechtsinstitut der verbotenen Beihilfe für das Steuerrecht für sich neu und setzte es seitdem recht erfolgreich ein.[6] Vor allem IP-Boxen,[7] aber auch andere präferentielle Steuerregime und vor allem damit im Zusammenhang stehende „advance rulings“[8] gehören daher unter dem Gesichtspunkt gemeinschaftsrechtswidriger Beihilfen in Europa bald der Vergangenheit an oder werden jedenfalls in ihrer Wirkung deutlich zurückgedrängt.
7
Die Kommission hatte insoweit bereits am 6.12.2012 einen Aktionsplan zur Verstärkung der Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung auf den Weg gebracht, der 34 Einzelvorschläge zu diesem Bereich enthält. Er wird ergänzt durch eine Empfehlung gleichen Datums betreffend aggressive[9] Steuerplanung, die insbesondere die Überarbeitung der ertragsteuerlichen Richtlinien sowie die Aufnahme allgemeiner und besonderer Missbrauchsklauseln in DBA zum Gegenstand hatte. Eine weitere Kommissionsempfehlung gleichen Datums befasst sich mit dem verantwortungsvollen Handeln von Drittstaaten, mit der diese zu Mindeststandards im steuerlichen Bereich angehalten werden sollen (Beispiele: Anknüpfung an Kriterien des sog Code of Conducts zum unfairen Steuerwettbewerb, Erstellung einer „schwarzen Liste“ von Steueroasen, Anknüpfung an Kriterien des Global Forums zu Transparenz und Informationsaustausch, etc.).
8
In diesem Umfeld befand sich die OECD, als sie ab 2013 mit den Arbeiten an einem wahrlich epochalen Projekt begann, nämlich dem Aktionsplan gegen BEPS (Base Erosion and Profit Shifting). Er wurde mit dem Ziel initiiert, gegen den schädlichen Steuerwettbewerb der Staaten und aggressive Steuerplanungen international tätiger Konzerne vorzugehen. Das BEPS-Projekt schlägt daher eine gedankliche Brücke zwischen der og Herangehensweise der letzten drei Jahrzehnte: Einerseits werden die Staaten in den Blick genommen, andererseits aber auch die multinationalen Unternehmen.
3. Base Erosion and Profit Shifting (BEPS)
9
Die OECD hatte den G20 bereits im Februar 2013 einen umfassenden Bericht über die Ursachen und Auswirkungen von Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen von multinational tätigen Unternehmen vorgelegt. Aufgrund dieses Berichts haben die G20 der OECD ein Mandat für die Erarbeitung eines umfassenden Aktionsplans[10] erteilt. Bei der Erstellung des Aktionsplans, der von der G20 am 20.7.2013 in Moskau gebilligt wurde, haben Deutschland bzw das BMF ganz maßgeblich mitgewirkt (und wohl auch finanziert). Beim BEPS-Projekt und der konkreten Erarbeitung des Aktionsplans haben im Ausgangspunkt 62 Staaten mitgewirkt. Darunter sind alle Staaten der OECD und der G20, aber auch Entwicklungs- und Schwellenländer. Internationale Organisationen wie die UNO, der Internationale Währungsfonds, die Weltbank und die Europäische Union waren ebenso beteiligt wie regionale Steuerorganisationen. Der Aktionsplan ist als ein Katalog mit Maßnahmen gegen Base Erosion and Profit Shifting zu verstehen, auf dessen Grundlage bis Ende 2015 wirksame, international abgestimmte Regelungen gegen Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen erarbeitet werden sollten.
10
Der Aktionsplan umfasste im Einzelnen die folgenden 15 Maßnahmen: 1. Besteuerung der digitalen Wirtschaft;[11] 2. Verhinderung doppelter Nichtbesteuerung bei hybriden Gestaltungen;[12] 3. Erarbeitung von internationalen Standards für die Hinzurechnungsbesteuerung;[13] 4. Verhinderung von Steuerverkürzungen durch Regelungen zur Versagung des Zinsabzugs;[14] 5. Umgestaltung der Arbeiten zu steuerschädlichen Regimes;[15] 6. Verhinderung von unrechtmäßiger Inanspruchnahme von DBA-Vorteilen;[16] 7. Aktualisierung des Betriebsstättenbegriffs, um die künstliche Vermeidung des Betriebsstättenstatus zu verhindern;[17] 8. Aktualisierung der Verrechnungspreisleitlinien im Hinblick auf immaterielle Wirtschaftsgüter;[18] 9. Aktualisierung der Verrechnungspreisleitlinien im Hinblick auf Risiko- und Kapitalzuordnungen;[19] 10. Aktualisierung der Verrechnungspreisleitlinien im Hinblick auf andere risikobehaftete Transaktionen;[20] 11. Entwicklung von Methoden und Regelungen, um Daten über Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen zu erlangen;[21] 12. Überarbeitung der Dokumentationsanforderungen für die Verrechnungspreisermittlungen;[22] 13. Verbesserung der Transparenz in Hinblick auf aggressive Steuerplanungen;[23] 14. Verbesserung der Verwaltungszusammenarbeit in Verständigungs- und Schiedsverfahren;[24] 15. Entwicklung einer multilateralen Vertragsgrundlage für die Umsetzung von (abkommensbezogenen) BEPS-Maßnahmen (sog Multilaterales Instrument).[25]
11
Damit reagiert die Staatengemeinschaft in einem breiten internationalen Konsens auf die Beobachtung der vergangenen Jahre, wonach multinationale Unternehmen im Vergleich zu vorwiegend national tätigen Unternehmen durch Ausnutzung unterschiedlicher Steuersysteme in zunehmendem Maße ihre Steuerlast auf ein Minimum senken. Die Ergebnisse des BEPS-Projekts zielen deshalb darauf ab, Informationsdefizite der Steuerverwaltungen abzubauen, Ausmaß und Ort der Besteuerung stärker an die tatsächliche wirtschaftliche Substanz zu knüpfen, die Kohärenz der einzelnen nationalen Steuersysteme der Staaten zu erhöhen und unfairen Steuerwettbewerb einzudämmen. Dies ist im Grundsatz aus mehreren Gründen notwendig. Natürlich hat BEPS primär nachteilige Folgen für den Fiskus, denn schädlicher Steuerwettbewerb und aggressive Steuergestaltungen führen zu Steuerausfällen, die sich die Staaten gerade in Zeiten notwendiger Haushaltskonsolidierung kaum noch leisten können. Es ergeben sich aber auch weitere Nachteile. So verringert sich die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, die solche Steuergestaltungen nicht nutzen und deswegen eine höhere Steuerlast tragen. Dies betrifft vor allem kleine und mittelständische Unternehmen. Zudem ist ganz grundsätzlich das Gebot der Steuergerechtigkeit betroffen, wenn einige wenige durch komplexe Konstruktionen ihre Steuerlast auf ein Minimum reduzieren und andere nach dem gesetzlichen Regelsteuersatz besteuert werden.
4. BEPS-Umsetzung in nationales Recht im Übrigen
12
Am 1.6.2016, dh in vergleichsweise kurzer Zeit, wurde vom BMF der bereits mit Spannung erwartete Referentenentwurf des „Gesetzes zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen“ (auch „BEPS-Umsetzungsgesetz I“ genannt) veröffentlicht.[26] Mit dem Gesetzesentwurf sollten insbesondere erste Empfehlungen des BEPS-Projekts der OECD sowie Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie umgesetzt werden, soweit sie sich nicht auf abkommensbezogene BEPS-Maßnahmen (also Maßnahmen, die sachlich in einem DBA geregelt werden sollten) beziehen. Hierfür ist ausschließlich das Multilaterale Instrument vorgesehen. Es steht freilich zu erwarten, dass weitere nationale „BEPS-Umsetzungsgesetze“ folgen werden. Andere Vertragsstaaten verfahren in gleicher Weise.
13
Schwerpunkt des BEPS-Umsetzungsgesetzes I im Entwurf war dabei u.a. die nationale Umsetzung eines Country by Country Reportings (CbCR): (a) Umsetzung der neuen Vorgaben von Seiten der OECD bzgl. Verrechnungspreisdokumentationen in einem entsprechend neu gefassten § 90 Absatz 3 AO (Masterfile/Localfile-Konzept gem BEPS Aktionspunkt 13); (b) Umsetzung der Verpflichtung zur Erstellung von länderbezogenen Berichten (dh eines Country-by-Country Reportings) gem BEPS Aktionspunkt 13 in § 138a AO-E (neu); (c) Umsetzung von Regelungen zum internationalen Informationsaustausch durch eine Anpassung des EU-Amtshilfegesetzes an die Änderungen in der EU-Amtshilferichtlinie; (d) Überschreibung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Umfang des abkommensrechtlichen Fremdvergleichsgrundsatzes in § 1 AStG (e) sowie weitere steuerliche Anpassungen (beispielsweise Hinzurechnungsbesteuerung oder im Bereich des § 50d EStG).
14
Das Gesetz ist inzwischen mit vergleichsweise geringfügigen, aber gleichwohl wichtigen Änderungen verabschiedet worden[27] (insbesondere ist zunächst auf die im Regierungsentwurf vorgesehene Klarstellung zum Inhalt des Fremdvergleichsgrundsatzes in § 1 Abs 1 S. 5 AStG verzichtet worden).
15
Bei der BEPS-Umsetzung im Allgemeinen muss zwischen dem Mindeststandard und reinen best practice-Empfehlungen unterschieden werden. Zum Mindeststandard gehören lediglich die Aktionspunkte 5, 6, 13 und 14. Diese müssen von den Teilnehmern des BEPS-Projekts umgesetzt werden, weil hier die Überzeugung besteht, dass eine unilaterale Regelung nicht den gewünschten Erfolg bringen kann. Alle anderen Aktionspunkte sind hingegen als reine Empfehlungen zu verstehen, was indes nicht ausschließt, dass auch hier eine flächendeckende Regelung gefunden wird (so etwa durch die ATAD-Richtlinien, dazu sogleich).
5. ATAD-Richtlinien
16
Parallel zu den og Arbeiten der OECD hat auch die EU-Kommission ähnliche Problemfelder des internationalen Steuerrechts adressiert. Am 17.6.2016 erreichten die Mitgliedstaaten im ECOFIN eine politische Einigung über die Anti-Tax Avoidance Directive,[28] die die Mitgliedstaaten verpflichtet, bis Ende 2018 bestimmte Missbrauchsverhinderungsmaßnahmen umzusetzen. Die EU-Kommission hatte zuvor am 28.1.2016 den ersten offiziellen Entwurf einer Richtlinie gegen BEPS vorgestellt. Obwohl grundsätzlich die gleichen Themen wie im OECD-Aktionsplan gegen BEPS behandelt wurden, gab es in einigen Fällen abweichende Umsetzungen. Es handelte sich um eine „de minimis“-Richtlinie, dh es steht den Mitgliedstaaten also grundsätzlich frei, strengere Regeln zu erlassen.
17
Die ATAD-Richtlinie soll ausdrücklich (nur) auf alle Steuerpflichtigen – einschließlich Betriebsstätten von Unternehmen aus Drittstaaten – anwendbar sein, wenn diese in einem oder mehreren Mitgliedstaaten der Körperschaftsteuer unterliegen. Die ATAD-Richtlinie enthält Vorgaben an die Mitgliedstaaten, vornehmlich in den folgenden Bereichen Missbrauchsverhinderungsvorschriften zu erlassen: Zinsabzugsbeschränkungen, Wegzugsbesteuerung (Exit Tax), Allgemeine Missbrauchsvermeidungsvorschrift (General Anti-Abuse Rule, GAAR), Hinzurechnungsbesteuerung und vergleichbare Systeme, hybride Gestaltungen (ohne doppeltansässige Gesellschaften).
18
Hierbei sind allerdings die Vorgaben des Primärrechts, namentlich die EU-Grundfreiheiten zu beachten. Dort, wo nationale Vorschriften hinter den Vorgaben zurückbleiben, sind die Mitgliedstaaten nach Art 288 AEUV verpflichtet, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Die hierfür vorgesehene Umsetzungsfrist endet am 31.12.2018 – das war zu erwarten, und die Frist erscheint auch angemessen lang. Ob allerdings die Richtlinie als den Steuerpflichtigen belastendes Regelungswerk überhaupt von der Ermächtigungsgrundlage des Art 115 AEUV gedeckt ist, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden. Das Handeln der EU muss hierfür im Lichte des gemeinschaftsrechtlichen Subsidiaritätsprinzips nämlich streng genommen erforderlich sein, dh ein uni- oder bilaterales Handeln der Mitgliedstaaten darf das Problem nicht ebenso gut beseitigen. Angesichts der bisherigen Arbeiten der OECD-Mitgliedstaaten, aber auch der diesbezüglich weit entwickelten nationalen Steuerrechte vieler Staaten erscheint dies doch zumindest fraglich.
19
Wir haben es bezüglich der ATAD-Richtlinie in mehrfacher Hinsicht mit einem Novum zu tun. Das betrifft erstens die Zeit, in der diese verabschiedet wurde. Von dem ersten Vorschlag bis zur politischen Einigung sind nur sieben Monate vergangen – das gab es noch nie auf EU-Ebene. Damit ist auch schon die zweite Besonderheit angesprochen, nämlich dass sich neben der OECD nun quasi ein zweiter Regelungsgeber einmischt, dh OECD und EU werkeln beide gleichzeitig, und man möchte fast meinen: nebeneinander, an demselben Projekt. Weiterhin handelt es sich bei der ATAD-Richtlinie, wenn man mal vom Korrespondenzprinzip in der Mutter/Tochter-Richtlinie absieht, um die erste Richtlinie im Bereich der direkten Steuern, die primär keine begünstigende Wirkung für den Steuerpflichtigen mit sich bringt, sondern in Wahrheit eine Belastung darstellt. Und schließlich ist zu bemerken, dass die Richtlinie, ebenfalls anders als die bisherigen Richtlinien im Bereich der direkten Steuern, keine Harmonisierung bis ins Detail, sondern lediglich einen Mindeststandard vorschreibt. Strengere Vorschriften, als es die Richtlinie vorsieht, bleiben den Mitgliedstaaten unbenommen.[29]
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Auf ATAD I folgte sodann bereits Mitte 2017 ATAD II: Die Mitgliedstaaten haben nun bis zum 31.12.2019 (bzgl Art 9a der ATAD II bis zum 31.12.2021) Zeit, die ATAD II in nationale Rechtsvorschriften umzusetzen und ab dem 1.1.2020 (Art 9a der ATAD II ab dem 1.1.2022) anzuwenden. Die Änderung der RL (EU) 2016/1164 ist die neueste Maßnahme in einer Reihe von Maßnahmen zur Verhinderung von Steuervermeidung durch große Unternehmen bezüglich hybrider Gestaltungen mit Drittländern und geht auf den BEPS Aktionspunkt 2 zurück.