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II. Bezug zum OECD-MA

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Eine direkte Entsprechung der Vorschrift des Art 3 im OECD-MA gibt es nicht. Mittelbar betrifft die Thematik der abkommensrechtlichen Behandlung transparenter (hybrider) Rechtsgebilde indes den persönlichen Anwendungsbereich des Art 1 OECD-MA, dh die Frage, welche Personen bzw Rechtsträger Abkommensschutz genießen. Nach dem bisherigen dt Verständnis scheitert die Abkommensberechtigung von Personengesellschaften daran, dass diese zwar „Person“ iSv Art 3 Abs 1 Buchst a OECD-MA, nicht jedoch „ansässige Person“ iSv Art 4 Abs 1 OECD-MA sein können. Abkommensberechtigt sind stattdessen die Gesellschafter der Personengesellschaft, sofern diese in einem der beiden Vertragsstaaten der unbeschränkten Einkommen- oder Körperschaftsteuerpflicht unterliegen.[9] Davon abweichend enthalten dt DBA vereinzelt Sonderregelungen im Zusammenhang mit der Abkommensberechtigung von Personengesellschaften.[10]

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Dessen ungeachtet wurde bislang nur in sehr wenigen DBA ein konkreter Regelungsbedarf im Hinblick auf die abkommensrechtliche Einordnung subjektiver Qualifikations- oder Zurechnungskonflikte gesehen.[11] Ein Bsp ist Art 1 Abs 7 DBA-USA, der eine große Übereinstimmung zur Vorschrift des Art 3 Abs 1 aufweist. Art 1 Abs 7 DBA-USA widmet sich gleichfalls der Frage, unter welchen Umständen transparente (hybride) Rechtsträger für abkommensrechtliche Zwecke als transparent einzustufen und die von ihnen bezogenen Einkünfte den Gesellschaftern zuzurechnen sind. Ähnliche Bestimmungen finden sich in Art 1 Abs 2 des revidierten DBA-Australien v 12.11.2015 sowie in Abschnitt I (Abs 2) des Protokolls zum DBA Niederlande v 12.4.2012.

III. Kommentierung
1. Abs 1

a) Hintergrund und Adressat der Vorschrift

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Art 3 Abs 1 betrifft die Konstellation des Einkünftebezugs durch einen Rechtsträger, welcher jedenfalls in einem der beteiligten Vertragsstaaten für steuerliche Zwecke als transparent einzustufen ist. Der Normzweck besteht darin zu gewährleisten, dass die Abkommen in diesen Fällen angemessene steuerliche steuerlichen Konsequenzen hervorbringen, welche im Einklang mit den Erkenntnissen des OECD-BEPS-Projekts stehen. Es soll einerseits verhindert werden, dass die Ausnutzung subjektiver Qualifkationskonflikte deshalb zu einer doppelten Nichtbesteuerung führt, da keiner der beteiligten Vertragsstaaten die Einkünfte der hybriden Gesellschaft nach seinem Recht der Besteuerung unterwirft. Andererseits geht es jedoch auch darum sicherzustellen, dass die Abkommensvorteile in angemessenen Fallgestaltungen gewährt werden.[12]

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Im Rahmen des finalen Berichts zu BEPS-Aktionspunkt 2[13] unterbreitet die OECD einen konkreten Vorschlag zur Ergänzung von Art 1 OECD-MA um einen zweiten Abs, welcher sich nun nahezu wortgleich in Art 3 Abs 1 wiederfindet. Art 3 Abs 1 enthält lediglich terminologische Änderungen, um zu gewährleisten, dass der Wortlaut im MLI mit den im OECD-MA verwandten Begrifflichkeiten übereinstimmt.[14] Konkretisiert wird die neue Vorschrift durch einen Entwurf der Änderung des bestehenden MK (Abschnitte 26.3-26.16), welcher gleichsam dem finalen OECD-Bericht entnommen werden kann.

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Die OECD erkannte derweil schon lange vor Initiierung des BEPS-Prozesses, dass Subjektqualifikationskonflikte in der abkommensrechtlichen Praxis zu besonders komplexen Herausforderungen führen. Konkret finden die Diskussionen zu BEPS Aktionspunkt 2 ihren gedanklichen Ursprung in den vorangegangenen Arbeiten zum OECD Partnership Report von 1999,[15] welche in den OECD-Musterkommentar (2000) übernommen wurden.[16] Die vorgeschlagene Neuregelung des Art 3 Abs 1 verfolgt mithin keinen völligen neuen Lösungsansatz, sondern beruft sich vielmehr auf die Erkenntnisse des Partnership Reports, welcher nach wie vor als Auslegungshilfe herangezogen werden kann.[17] Auch die dt Finanzverwaltung teilte bislang das dem Art 3 Abs 1 zugrunde liegende Abkommensverständnis.[18]

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Abweichungen zum Partnership Report ergeben sich in zweierlei Hinsicht: Einerseits ist der Anwendungsbereich von Art 3 Abs 1 im Vergleich zum Partnership Report enger gefasst, nachdem lediglich auf die steuerliche Behandlung im Quellenstaat abgestellt wird. Die Lösung von Qualifikationskonflikten im Ansässigkeitsstaat wird dagegen nicht thematisiert.[19] Andererseits erschöpft sich der Partnership Report auf Zurechnungskonflikte im Zusammenhang mit Personengesellschaften. Diese Lücke suchte die OECD nun zu schließen, indem auch weitere Rechtsgebilde wie etwa Trusts oder Investmentfonds in den Anwendungsbereich von Art 3 Abs 1 fallen sollen.[20] Davon abgesehen bezweckt die Neuregelung des Art 3 Abs 1 ein weiteres Ziel. Vor dem Hintergrund, dass die Ergebnisse des Partnership Reports nicht in den Abkommenstext selbst, sondern lediglich in den MK Eingang fanden, war die Bindungswirkung seitdem umstritten. Die Umsetzung erfolgte in den OECD-Mitgliedstaaten demzufolge uneinheitlich. Die damit einhergehende Rechtsunsicherheit sollte nunmehr durch Aufnahme einer ausdrücklichen Regelung beseitigt werden.[21]

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Adressat der Vorschrift des Art 3 Abs 1 ist allein der Quellenstaat. Die OECD verfolgt dabei den Gedanken, dass nur jene Personen zu einer Inanspruchnahme von Abkommensvergünstigungen berechtigt sein sollen, die im anderen Vertragsstaat mit den fraglichen Einkünften der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen. Die Abkommensberechtigung wird insoweit an die zusätzliche Voraussetzung geknüpft, dass der Ansässigkeitsstaat nach seinem nationalen Steuerrecht die Besteuerungskompetenz in Bezug auf die in Rede stehenden Einkünfte beansprucht. Nur soweit diese Bedingung im Einzelfall erfüllt ist, verpflichtet dies den Quellenstaat zu einer Reduktion der Quellensteuer.[22]

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Beispiel:[23]

Eine im Staat A ansässige Gesellschaft (A-Corp.) hält 100 % der Anteile an einer im Staat B ansässigen B-Corp. Während B-Corp. in Staat B als steuerlich transparent angesehen wird, qualifiziert Staat A die B-Corp. als eigenständiges Steuersubjekt. Erzielt B-Corp. nun aus dem Staat B stammende Einkünfte (bspw Lizenz- oder Zinseinkünfte), führt dies dazu, dass Staat A die Einkünfte erst iRe späteren Gewinnverwendung besteuert. In Ermangelung einer dem Art 3 Abs 1 entspr Regelung würde Staat B hingegen eine Quellensteuerreduktion gewähren, nachdem die Einkünfte nach seiner Rechtswertung von einer in Staat A ansässigen Person bezogen werden.

b) Tatbestandsvoraussetzungen

aa) Rechtsträger oder Gebilde

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In subjektiver Hinsicht verlangt Art 3 Abs 1 zunächst das Vorliegen eines Rechtsträgers oder eines Gebildes. Die OECD gestand damit offensichtlich ein, dass lediglich die Einbeziehung von Personengesellschaften in den persönlichen Anwendungsbereich der Vorschrift zu kurz greift. Vor diesem Hintergrund erklärt sich, dass Art 3 Abs 1 nun allgemeiner von „Rechtsträger oder Gebilde“ spricht, was insb für Trusts oder Investmentfonds praktisch bedeutsam sein dürfte.[24] Ergänzend führt die OECD in Tz 26.8 MK-E zu Art 1 an, dass es nicht darauf ankommt, wem die Vertragsstaaten nach nationalen steuerlichen Gesichtspunkten die in Rede stehenden Einkünfte zurechnen. Unerheblich sei ferner, ob den betroffenen Gebilden Rechtspersönlichkeit zuteilwird bzw ob sie als Person iSd Art 3 Abs 1 Buchst a) OECD-MA qualifizieren.

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Korrespondierend zu Art 1 Abs 7 DBA-USA äußert sich ebenso wenig Art 3 Abs 1 zum Ort der Errichtung des Rechtsträgers oder Gebildes. Gem Tz 26.8 MK-E zu Art 1 fallen demnach auch solche Rechtsgebilde in den Anwendungsbereich der Norm, die in einem anderen Vertragsstaat oder sogar in einem Drittstaat errichtet wurden.[25] In diesem Zusammenhang weist die OECD jedoch auf die Relevanz eines funktionierenden Informationsaustausches hin.[26] Für den Fall, dass die Vertragsstaaten nicht in der Lage sind, vom betreffenden Drittstaat die zur abkommensrechtlichen Beurteilung erforderlichen Informationen einzuholen, soll es folglich zu einer Versagung der Abkommensvorteile kommen (dh Wechsel von der DBA-Freistellungsmethode zur Anrechnungsmethode). Praktisch bedeutsam ist in diesem Zusammenhang, dass eine bloße Anässigkeitsbescheinigung mit Blick auf die Anwendung von Art 3 Abs 1 nicht ausreichen dürfte, sondern vielmehr eine Einnkünftezurechnungsbestätigung eingeholt werden muss.[27]

bb) Vollständige oder teilweise steuerliche Transparenz

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Der traditionellen dt Sichtweise folgend besteht das Wesensmerkmal der steuerlichen Transparenz nach Auffassung der OECD[28] darin, dass eine Besteuerung nicht bereits auf Ebene des rechtlichen Gebildes, sondern (auch ohne Ausschüttung) vielmehr erst bei den dahinterstehenden Personen erfolgt. Mithin bedarf es zu einer exakten Bestimmung der steuerlichen Konsequenzen erst einer näheren Analyse der persönlichen Situation dieser Personen, etwa im Hinblick auf die persönliche Steuerpflicht, subjektive Freibeträge oder den anwendbaren Steuersatz. Die Tatsache, dass die Einkünfte vor der Zurechnung an die beteiligten Personen auf Ebene des Rechtsträgers festgestellt werden,[29] stehe dem nicht entgegen. Umgekehrt qualifiziert ein Rechtsträger nach dt Verständnis als intransparent, wenn er gem § 1, 2 oder 3 Abs. 1 KStG der subjektiven Körperschaftsteuerpflicht unterliegt.[30]

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Nachdem sich Art 3 Abs 1 ausschließlich an den Quellenstaat richtet, hat auch dieser das Tatbestandsmerkmal der steuerlichen Transparenz zu prüfen. In der Praxis verlangt die Analyse deshalb regelmäßig detaillierte Kenntnisse der ausländischen Rechtsordnung.[31] Vor diesem Hintergrund dürfte die Anmerkung der OECD zu verstehen sein, dass es den Vertragsstaaten letztlich frei stehe, den Begriff der steuerlichen Transparenz auf Basis der dargestellten Grundsätze in den betreffenden Abkommen näher zu definieren.[32] Zu Recht wird dieser Ansatz im Schrifttum mit dem Verweis auf eine sich daraus ergebende Rechtszersplitterung kritisiert.[33]

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Nachdem die OECD das Kriterium der steuerlichen Transparenz primär an der Einkünftezurechnung festmacht, wird in der Literatur diskutiert, ob nicht auch Konstellationen der Hinzurechnungsbesteuerung in den sachlichen Anwendungsbereich der Norm fallen können. Obgleich jedenfalls vordergründig kein steuerlich transparentes Gebilde gegeben ist, sondern sich die steuerliche Transparenz vielmehr erst durch Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung ergibt, lässt sich eine gewisse Ähnlichkeit beider Fallkonstellationen nicht von der Hand weisen.[34] Die OECD erkannte die Problematik der Hinzurechnungsbesteuerung derweil offensichtlich auch im Rahmen ihrer Empfehlungen zu Abschnitt 1 des BEPS-Aktionspunkts 2. Insoweit wird eingestanden, dass hybride Finanzinstrumente jedenfalls dann keine schädliche Besteuerungsinkongruenz erzeugen, wenn die fraglichen Einkünfte beim Gesellschafter nachweisbar und in betragsmäßig gleicher Höhe iRd Hinzurechnungsbesteuerung erfasst werden.[35] Es sprechen folglich sehr gute Gründe dafür, dem Direktbezug von Einkünften auch Fälle gleichzustellen, in denen die Einkünfte dem Steuerpflichtigen in gleicher Höhe nachgelagert kraft spezieller gesetzlicher Bestimmung zugerechnet werden.

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In der Praxis dürfte in solchen Konstellationen regelmäßig ein Interessenkonflikt zwischen Quellenstaat und Ansässigkeitsstaat bestehen. Sieht ein DBA zwischen Quellen- und Ansässigkeitsstaat einen geringen Quellensteuersatz vor, so wird der Quellenstaat regelmäßig geneigt sein wird, die steuerliche Transparenz einer Zwischengesellschaft iSd §§ 7 ff AStG zu verneinen, um dadurch sein Quellenbesteuerungsrecht nicht einzuschränken. Infolgedessen käme nicht der reduzierte Quellensteuersatz nach dem DBA zwischen Quellen- und Ansässigkeitsstaat, sondern vielmehr der im Verhältnis zum Staat der Zwischengesellschaft maßgebliche reguläre Satz (kein DBA) zur Anwendung. Umgekehrt wird der Ansässigkeitsstaat seine Anrechnungsverpflichtung über eine tendenziell weite Auslegung des Begriffes der steuerlichen Transparenz zu minimieren suchen, da insoweit der nach DBA reduzierte Quellensteuersatz maßgeblich wäre.[36]

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Dem Wortlaut von Art 3 Abs 1 nach ist es ausreichend, wenn das betreffende Rechtsgebilde lediglich teilweise transparent ist und neben dem steuerlich transparenten noch über einen steuerlich relevanten Bereich verfügt. Insoweit besteht Übereinstimmung mit Art 1 Abs 7 DBA-USA, der in diesem Fall ebenfalls eine gesonderte Prüfung für jeden Einkunftsposten verlangt.[37] Praktisch relevant wird dies bei bestimmten Trusts, welche bezüglich ihrer laufenden auszuschüttenden Einkünfte als transparent gelten, nachdem diese auch ohne tatsächliche Ausschüttung von den Begünstigten zu besteuern sind. IÜ besteht jedoch steuerliche Intransparenz.[38] Die Frage, ob eine dt KGaA jedenfalls insoweit als steuerlich transparent gilt, als der auf die direkten Einlagen der persönlich haftenden Gesellschafter zu verteilende Gewinn betroffen ist, wird in der Literatur kontrovers diskutiert.[39] Auch die OECD scheint die Besonderheit einer KGaA erkannt zu haben, indem sie diese Konstellation in ihrem MK-E explizit als Bsp der teilweisen steuerlichen Transparenz aufführt.[40]

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Schließlich lässt es Art 3 Abs 1 tatbestandlich genügen, wenn der Rechtsträger bzw das Gebilde nach dem Steuerrecht jedenfalls eines der beiden Vertragsstaaten als transparent einzustufen ist. Die Kategorie hybrider Rechtsträger stellt somit nur einen möglichen Unterfall dar. Die Vorschrift ist vielmehr auch anwendbar, wenn beide Vertragsstaaten von einem transparenten Rechtsträger ausgehen. Umgekehrt ist der Anwendungsbereich von Art 3 Abs 1 jedoch nicht eröffnet, wenn das betroffene Rechtssubjekt übereinstimmend als intransparent angesehen wird.[41]

cc) Einkünftebezug durch oder über ein transparentes Gebilde

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Der Wortlaut des Art 3 Abs 1 verlangt, dass Einkünfte durch oder über den Rechtsträger oder das Gebilde bezogen werden. Einerseits ist damit die Konstellation angesprochen, dass der Rechtsträger oder das Gebilde nach dem Recht des beurteilenden Vertragsstaats selbst als Steuersubjekt qualifiziert („durch“). Erfolgt dagegen eine direkte Zurechnung an die dahinterstehenden Personen, so werden die fraglichen Einkünfte über den Rechtsträger oder das Gebilde bezogen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der Anwendungsbereich der Vorschrift dann nicht eröffnet ist, wenn Einkunftszahlungen durch den Rechtsträger oder das Gebilde selbst erfolgen.[42] IÜ ist der Begriff derEinkünfte“ auch nach Auffassung der OECD weit zu verstehen. Erfasst sind mithin sämtlich Einkunftsarten iSv Abschnitt III des Musterabkommens (Art 6-21 OECD-MA).[43]

dd) Behandlung als Einkünfte einer ansässigen Person

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Ferner müssen die durch oder über das Rechtsgebilde bezogenen Einkünfte durch den Vertragsstaat, der nicht Quellenstaat ist, als solche einer ansässigen Person qualifiziert werden. Entscheidungserheblich ist ausschließlich die innerstaatliche Perspektive dieses Vertragsstaats, wobei die Einkünfte nach den Vorschriften zur unbeschränkten Steuerpflicht entweder dem Rechtsträger selbst oder aber den dahinterstehenden Personen zugerechnet werden müssen. Ausdrücklich nicht gefordert wird hingegen eine tatsächliche Besteuerung der Einkünfte im Ansässigkeitsstaat, eine sachliche Steuerbefreiung wäre demnach unschädlich.[44]

c) Rechtsfolge

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Werden die vorstehend aufgeführten Voraussetzungen erfüllt, bestimmt Art 3 Abs 1 im Wege einer Fiktion, dass die an den Rechtsträger gezahlten Einkünfte als von einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person bezogen gelten. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die relevanten Einkünfte dieser Person für Zwecke der Anwendung der einschlägigen Abkommensnorm zugerechnet werden. Sie bezieht dadurch Einkünfte gem Art 6, 13 oder 17 OECD-MA, erzielt Unternehmensgewinne iSd Art 7, 8 oder 9 OECD-MA bzw erhält Dividenden- oder Zinszahlungen für Zwecke der Art 10 oder 11 OECD-MA.[45]

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In der Konsequenz (und nur dann) ist der Quellenstaat zur Gewährung der Abkommensvorteile verpflichtet. Der subjektive Qualifikationskonflikt wird folglich im Wege einer Qualifikationsverkettung aufgelöst, nachdem der Quellenstaat unabhängig von der Einkünftezurechnung nach seinem nationalen Recht an die Zurechnungsentscheidung des anderen Vertragsstaats gebunden ist.[46] Wird der Rechtsträger im Vertragsstaat seiner Ansässigkeit als intransparent eingeordnet, so gilt er selbst als Bezieher der Einkünfte und kann die für Gesellschaften geltenden Abkommensvorteile beanspruchen. Anderenfalls sind die dahinterstehenden Beteiligten als Einkünftebezieher anzusehen, soweit sie nach dem Recht ihres Ansässigkeitsstaats als Steuersubjekte und der Rechtsträger als transparent eingestuft werden. In letzterem Fall sind auch nur sie und nicht der dazwischengeschaltete Rechtsträger zur Geltendmachung der Abkommensvorteile berechtigt.[47] IÜ ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Einkünftebezieher die relevanten sachlichen und persönlichen Voraussetzungen der in Frage stehenden Abkommensnorm erfüllen.[48]

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Obgleich Art 3 Abs 1 eine verbindliche Einordnungsentscheidung hinsichtlich der abkommensrechtlichen Zuordnung von Einkünften trifft, ist damit noch keine Aussage zur tatsächlichen Zurechnung (Nutzungsberechtigung) dieser Einkünfte verbunden. Letztere Entscheidung obliegt alleine dem Quellenstaat.[49] So bleibt es dem Quellenstaat bspw in Treuhandkonstellationen unbenommen zu unterstellen, dass die in Rede stehenden Einkünfte nicht dem Treuhänder als (scheinbar) abkommensrechtlich Berechtigten, sondern vielmehr dem Treugeber zuzurechnen sind.[50]

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Davon abgesehen weist das Kriterium der Nutzungsberechtigung in der Praxis Relevanz auf, wenn es um die Prüfung des Unmittelbarkeitserfordernisses iRd konkreten DBA-Dividendenartikels geht. Entspr der Vorschrift des Art 10 Abs 2 Buchst a OECD-MA ist daher in vielen DBAs geregelt, dass die Inanspruchnahme reduzierter Quellensteuersätze eine unmittelbare Beteiligung der nutzungsberechtigten Gesellschaft am ausschüttenden Rechtsträger erfordert.

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Obgleich die Details dieser Streitfrage gegenwärtig noch nicht abschließend geklärt sind,[51] dürfte aus dt Sicht ein Konsens dahingehend zu bestehen, dass das Kriterium der Unmittelbarkeit jedenfalls dann nicht erfüllt ist, wenn die relevante Beteiligung an der ausschüttenden Gesellschaft über eine andere Kapitalgesellschaft lediglich mittelbar gehalten wird.[52] Andererseits wird gefordert, die mittelbare Beteiligung über eine (hybride) Personengesellschaft genügen zu lassen, zumal eine andere Auslegung (bezogen auf den Fall des Art 1 Abs 7 DBA-USA) dem Sinn und Zweck der Abkommensnorm letztlich zuwiderlaufen würde. Insoweit wird angemerkt, dass der nach Art 1 Abs 7 DBA-USA abkommensberechtigte Ansässige und der Nutzungsberechtigte im Einzelfall auseinanderfallen können.[53] Schließlich soll als Nutzungsberechtigter in solchen Fällen nicht die Gesellschaft selbst, sondern der an ihr beteiligte Gesellschafter qualifizieren, wenn die unmittelbar beteiligte Gesellschaft lediglich rechtsmissbräuchlich dazwischengeschaltet wurde.[54]

d) Praktische Anwendungsbeispiele

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Zur Veranschaulichung der steuerlichen Wirkungsweise von Art 3 Abs 1 führt die OECD in Tz 26.7 MK-E zu Art 1 folgendes Beispiel an:

Staat A und Staat B haben ein DBA vereinbart, welches eine dem Art 3 Abs 1 entsprechende Vorschrift enthält. Eine in Staat B steuerlich ansässige Ges (B-Corp) qualifiziert nach den Rechtswertungen in Staat A als steuerlich intransparent. Folglich unterstellt Staat A, dass die durch B-Corp von einem in Staat A ansässigen Schuldner bezogenen Zinseinkünfte in Staat B vollumfänglich der Besteuerung unterliegen. Nach nationalem Steuerrecht von Staat B wird die B-Corp hingegen als transparenter Rechtsträger angesehen, mit der Folge, dass die in Rede stehenden Zinseinkünfte nicht der B-Corp, sondern den dahinter stehenden Personen zugerechnet werden. Einer der Gesellschafter der B-Corp ist in Staat B, der andere jedoch in einem Drittstaat ansässig, mit welchem weder Staat A noch Staat B ein DBA abgeschlossen haben. Die Anwendung von Art 3 Abs 1 hat eine Beschränkung des Abkommensschutzes zur Folge, da Staat A für Zwecke des Art 11 OECD-MA nur insoweit zu einer Quellensteuerreduktion verpflichtet ist, als die Zinseinkünfte dem Gesellschafter B zuzuordnen sind.

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Wie das nachstehende Bsp zeigt, kann Art 3 Abs 1 auch zu einer Erweiterung des Abkommensschutzes führen, wenn der Ansässigkeitsstaat des hybriden Rechtsträgers die fraglichen Einkünfte nach seinem lokalen Recht der Besteuerung unterwirft.

Beispiel:[55]

Ein Investmentfonds wird in seinem Errichtungsstaat als steuerlich intransparent beurteilt. Nach den Rechtswertungen des Quellenstaats und auch des Ansässigkeitsstaats der Investoren qualifiziert er für steuerliche Zwecke hingegen als transparent. Zwischen Quellenstaat und Ansässigkeitsstaat des Fonds besteht ein DBA, welches eine dem Art 3 Abs 1 entsprechende Vorschrift enthält. Die Anwendung von Art 3 Abs 1 hat nun zur Folge, dass auch in einem Drittstaat ansässige Investoren unter Rückgriff auf das zwischen Quellenstaat und Ansässigkeitsstaat des Fonds bestehende DBA eine Quellensteuerreduktion im Quellenstaat beanspruchen können.