Kitabı oku: «An Willem», sayfa 4

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Nach langen Minuten des Schweigens, in denen sich Klaasen eine brauchbare Beruhigung für den Jungen ausdachte, führte er mit recht schlichten Worten aus, dass man Unrecht daran tun würde, ein Schiff wie die CAROLINE MATHILDE heben zu wollen, denn ihr Untergang sei Folge böser und übersinnlicher Verwünschungen gewesen, die eines gottvollen Menschen unwürdig seien, weil sie darauf abzielen würden, in Gottes Allmacht einzugreifen. Zusätzlich aber sei dieses Schiff auch das Grab vieler Seeleute, und es sei unchristlich, ein Grab, in dem die Toten nun ruhten, zu stören oder gar zu öffnen. Der vorgefundene Sarg, dessen Anwesenheit an dem Steven auch für Klaasen unbegreiflich sei, müsse aber als Zeichen Gottes an Anders, Boye und Bendix gewertet werden, sich nicht an diesem Schiff zu vergehen. Deshalb könne Anders froh sein, dieses Zeichen erkannt zu haben, denn es habe ihn zum Glück vor einem nicht mehr gut zu machenden Unrecht bewahrt. Deshalb solle er nicht traurig, sondern fröhlich sein und seinem Leben weiter nachgehen wie zuvor. Abschließend teilte Klaasen seine feste Erwartung mit, den Jungen am kommenden Tag wieder in der Schule zu sehen.

Nachdem Klaasen das Haus verlassen hatte, suchte Sieke den Mann und den Bruder in der Schlosserei auf. Schon ihr Eintreten ließ beide Männer sofort das Werkzeug senken, weil sie eine der gefürchteten Ansprachen erwarteten. Und so war es auch.

In kurzen und klaren Worten machte Sieke deutlich, dass sie noch nie in ihrem Leben zwei so große Dummköpfe wie Boye und Bendix gesehen hätte, deren erbarmungslose Einfältigkeit sie von nun an nicht mehr dulden werde. Vor allem aber werde sie in Zukunft ihre Kinder vor dem gotteslästerlichen Einfluss der beiden zu bewahren haben. Empört aber sei sie besonders darüber, dass die beiden den Jungen in solche Tiefen gestürzt hätten, ohne auch nur daran gedacht zu haben, ihr, Sieke, davon zu erzählen. Dann hätte sie nämlich Anders zumindest vor den blödsinnigen Behauptungen des aufgeblasenen Pastors bewahren können.

Nachdem sie beide mit lauten Worten davor gewarnt hatte, ihr an diesem Tag noch einmal unter die Augen zu treten, schlug sie die Schlossertür zu und hinterließ in der Werkstatt ein betretenes Schweigen.

Anders ging von nun an wieder in die Schule, und als Johannes Fock die importierten Messgeräte vorbeigebracht und mit ihrer Montage an dem Heizkessel im Garten begonnen hatte, begegneten sich Vater und Sohn mit fröhlichem Augenzwinkern. Beim Eintreten des Winters konnte bald nicht weiter am Kessel gearbeitet werden. Stattdessen begann Boye mit einem Experiment in seiner Werkstatt, das die Lösung des Problems um die Antriebsübersetzung seiner Maschine zum Ziel hatte. An seiner Schmiede erhitzte er einen Wasserkessel und führte den Wasserdampf über ein Rohr ab, aus dem es mit einigem Druck entwich. Anschließend baute er ein kleines Windrad, ähnlich dem an einer Windmühle, vor das Rohrende, sodass der austretende Dampf das Rad sich drehen ließ.

Bei weiteren Versuchen stellte er dann fest, dass das Rad schneller rotierte, wenn der Dampf aus einer kleineren Rohröffnung strömte. Wenn die Flügel des Rades aber sogar wie eine Schaufel geformt waren, fast parallel mit der Flügelachse lagen und der austretende Dampf genau in die Mitte der fast aufrechtstehenden Schaufeln traf, dann drehte sich das Rad am schnellsten.

Am Ende des Winters hatte der Schlosser ein Schaufelrad in ein Gehäuse gebaut, aus dem seitlich eine Antriebsachse ragte, die die Drehbewegung auf die Pumpe fortsetzen sollte. Schließlich wurde alles im Garten zusammenmontiert.

Die zukünftigen Heißwasser- und Heizungsrohre hatte Bendix schon im Haus installiert. Das Heißwasser- und Kaltwasserrohre endeten in der Küche und waren über ein Drehventil zu öffnen. Die Heizungsrohre befanden sich an je einer Wand der Küche und des Wohnzimmers, wo sie sich auf und ab schlängelten und auf irgendwelchen Wegen wieder in den Garten liefen. Sieke hatte es mit der Verlegung der Rohre nicht leicht, denn es waren viele Möbel umzustellen und auch in der Küche war viel Platz zu schaffen gewesen. Außerdem hatte die Arbeit im Winter viel Schmutz ins Haus getragen. Dennoch war sie gelassen geblieben, weil sich die beiden Männer nun wieder, wie sie sagte, mit einigermaßen sinnvollen Dingen beschäftigten.

An einem Mittwoch vor Ostern des Jahres 1826 wurde die Dampfmaschine in Betrieb genommen. Wasser wurde zunächst mit einer Handpumpe in den Kessel gefüllt. Dann begann Fock mit dem Anbrennen des Ofens. Schon nach einer Stunde stieg die Wassertemperatur beträchtlich an, und der Rauch zog durch den langen Schornstein weit über die Wohnhäuser und die Stadt hinweg. Dadurch angelockt hatten sich Hof und Garten mit Schaulustigen gefüllt, unter denen auch Jaspersen und Klaasen waren.

Pedersen selbst stand stolz neben dem Brennofen und erklärte allen Umstehenden die Funktionsweise. Mit einem Blick auf Jaspersen wies er darauf hin, dass diese Maschine die allererste im Herzogtum Schleswig und sicherlich die einzige mit einem Drehflügelantrieb im gesamten Dänemark sei. Sollte sich ihre Funktion bewähren, dann könne das ganze Land stolz auf diese Erfindung sein, und man werde in Kopenhagen den Antrag stellen, das Gerät KÖNIG FREDERIK VI.-MASCHINE nennen zu dürfen. Dies wurde mit ausgiebigem Beifall belohnt.

Als Fock aber, ohne auch nur jemanden - auch nicht Boye, Sieke, Pedersen und Bendix - vorzuwarnen, das Dampfentlastungsventil bediente, der Dampf laut zischend und pfeifend entwich, sodass sofort alles in undurchdringlichen Dunst eingehüllt war, flohen alle Besucher vom Grundstück und verfolgten das Schauspiel hinter dem sicheren Wohnhaus von der Straße aus. Sieke zog die Kinder, Ingke Ketels und Pedersen in das Haus zurück, wo man den weiteren Verlauf von der Küche aus beobachtete.

Schließlich warf Fock mit Boye das Schwingrad zwischen Kessel und erster Pumpe an, sodass sich tatsächlich auch die Pumpe in Bewegung setzte, heißes Wasser aus dem Kessel in das Wohnhaus und das dann leicht abgekühlte Wasser wieder in den Kessel zurückführte. Bendix inspizierte währenddessen seine Rohrleitungen und führte den im Haus Anwesenden überglücklich den überragenden Effekt vor, durch den die Zimmer so schnell erwärmt wurden, dass allen der Schweiß auf der Stirn stand und die Fenster geöffnet werden mussten.

Endlich bekam Bendix von Fock, der hastig Kohlen in den Ofen schüttete, den Auftrag, dem Kessel über das Küchenventil heißes Wasser zu entnehmen. Auch dies führte zu großem Erstaunen und großer Anerkennung. Boye warf dann die zweite Pumpe am Brunnen an. Nun wurde kaltes Wasser in den Kessel nachgeführt, wodurch zwar zunächst weniger Dampfkraft entstand, dennoch aber kaltes Wasser in der Küche floss.

Aufgeregt und emsig liefen alle drei Männer, kritisch von Bootsmann beobachtet, im Garten herum, holten Kohlen nach, überprüften heftig gestikulierend die geheimnisvollen Messinstrumente, entnahmen überschüssigen Dampf und schaufelten Brennmaterial. Gegen Abend ließen sie das Feuer herunterbrennen, hielten die Pumpen an und öffneten die Dampfventile.

Die neue Maschine war ein voller Erfolg, wenn auch von Siekes Seite einige vorsichtige Anmerkungen kamen, die sich im Wesentlichen auf das Überhitzen des Wohnhauses bezogen, was vor allem und eigentlich im Sommer nicht notwendig sei. Fock, Boye und Bendix aber lobten mit Pedersen zusammen uneingeschränkt die Feuermaschine, wollten nun ihre alten Pläne mit einbeziehen und die Drehbewegung auch für die Werkstatt und vielleicht doch für die Küche nutzen.

Für den Nachmittag des Gründonnerstags war jedoch zunächst ein Einweihungsfest vorgesehen, das an der Maschine bei einer großen Kuchentafel stattfand.

Pedersen persönlich hatte einen riesigen, grünen, mit Weidenkätzchen und Osterglocken durchwebten Kranz besorgt, der über der Maschine hing. Alle saßen an einem langen Tisch im ehemaligen Garten, und Ingke Ketels servierte feierlich Kaffee und warmen Mandelkuchen vom Blech. Außer Fock war auch Wieglinde eingeladen, denn Sieke stand kurz vor der Geburt eines dritten Kindes.

Pedersen hielt eingangs eine kleine Rede, in der er im Wesentlichen wiederholte, was er schon am Vortag gesagt hatte, lobte die Zusammenarbeit der Männer und das finanzielle Risiko, das Boye bei seinem Vorhaben eingegangen sei. Er sei aber auch sicher, dass durch den Erfolg sehr schnell eine Entlastung eintreffen würde, denn nach weiteren Probeläufen würde Boye sich vor Aufträgen wohl kaum noch retten können. Besonders glücklich könne Boye aber über einen so vortrefflichen Fachmann wie Johannes Fock sein, von dem er, Pedersen, wisse, dass ohne ihn diese fortschrittliche Unternehmung wohl kaum zum Ziel gekommen wäre. Er würde ansonsten seinen eigentlichen Beitrag zu dieser Angelegenheit darin sehen, nun bald den schon erwähnten Antrag auf Namensnennung der Maschine an den König zu stellen. Er schloss seine Rede mit den Worten: „E tukamst hiirt e dåmp!“ Das war Friesisch und hieß: Die Zukunft gehört dem Dampf!

Alles wurde mit einem langanhaltenden Beifall quittiert, der nur dadurch eine Störung erfuhr, dass Boye jetzt lautstark zu einer Rede aufgefordert wurde, dies aber vehement ablehnte.

Weil auch Bendix nichts sagen wollte, konnte Johannes Fock, der nicht lange gebeten werden musste, sprechen. Er wies darauf hin, er wolle an diesem Tag einmal kein Lied vorsingen, weil er nicht im Mittelpunkt des Interesses aller stehen wolle. Sein Beitrag zu diesem Projekt sei auch eher bescheiden gewesen, denn einen Berater hätten Boye und Bendix ohne große Schwierigkeiten auch in England gefunden. Nur zufällig sei er gerade einmal wieder in der Stadt gewesen, und so habe es sich per se angeboten, dass er sein bescheidenes Wissen über den Dampf weitergeben konnte. Im Übrigen habe er hier vor allem viel gelernt und sein Wissen über den Drehradantrieb, den Boye erfunden habe, erweitern können. Deshalb sei er auch über das Angebot des Schlossers froh, bei der weiteren Erprobung mithelfen zu dürfen.

In aller Bescheidenheit wolle er aber zu Bedenken geben, ob man den Namen für die Maschine richtig gewählt habe, denn es gäbe eine berechtigte Forderung an den König und Herzog, die dieser bisher nicht eingelöst habe, was - wie bekannt - allgemeines Unbehagen im Land erzeugt habe. Er meine die Forderung des Deutschen Bundes nach einer landesständlichen Verfassung für Holstein und die Forderung vieler nach einer gleichen Verfassung auch für das Herzogtum Schleswig. Zu dem Ersten sei der Herzog verpflichtet, käme dem aber nicht nach. Das Zweite aber würde eine nachfolgende Selbstverständlichkeit sein. Fock schlug abschließend vor, die Feuermaschine, ohne einen Antrag zu stellen, SCHLESWIG-HOLSTEIN zu nennen. Hierfür gab es nunmehr einen vorsichtigen, aber freundlichen Beifall.

Danach wurden zum Glück keine Reden mehr gehalten, denn mittlerweile waren Kaffee und Kuchen schon kalt.

Nach der Kaffeerunde wandte sich allerdings Pedersen an Fock und bat ihn um ein kurzes Gespräch in die Werkstatt.

„Ich will Ihnen und Ihren staatspolitischen Ansichten wirklich nicht zu nahetreten, mein lieber Fock“, begann er vorsichtig das Gespräch. „Aber es wäre doch angebracht gewesen, wenn wir beide uns vorher über die Angelegenheit ausgetauscht hätten.“

Fock entschuldigte sich für diese Ungeschicklichkeit und versprach, sich nicht weiter in diese Frage einzumischen. Dadurch würde sich allerdings grundsätzlich seine Meinung über den Herzog, dem er ja ansonsten nichts vorzuwerfen hätte, nicht ändern. Er sei bei seinen vielen Reisen in Länder wie Amerika gekommen, in denen eine Verfassung erlassen worden sei, die weit über das hinausgehe, was man in Holstein und zum Teil auch in Schleswig schon lange berechtigt gefordert habe.

„Ist denn die Forderung nach einer eigenen landesständlichen Verfassung ein Unrecht?“, schloss er empört.

„Es gibt eine Kommission in Holstein“, antwortete Pedersen ruhig, „die sich schon lange mit dieser Frage beschäftigt. Es gibt sogar auch einige Kieler Professoren, die in Zeitungen diese Forderung für Schleswig aufgestellt haben. Aber, Fock, im Ernst, was haben wir denn in Schleswig mit all dem zu tun? Wir in Schleswig sind doch nicht Mitglied des Deutschen Bundes, sondern allein Teil des dänischen Gesamtstaates.“

„Darum geht es“, antwortete Fock. „Wir sind hier eben nicht im Königreich Dänemark, sondern im Herzogtum Schleswig. Der König von Dänemark ist hier lediglich Herzog. Und nicht mehr. Und die Verzögerung der Verfassung hat zum Ziel, auch Holstein zunehmend in den dänischen Staat einzubeziehen. Man wartet und wartet, und dann wird zugeschlagen. Gibt es nicht schon den Erlass, dass von Amts wegen nur noch Dänisch gesprochen werden darf?“

Pedersen stellte daraufhin fest, dass nach wie vor jeder das spreche würde, was er wolle, und fast jeder würde doch beide Sprachen beherrschen. Daher sei es unsinnig anzunehmen, Holstein würde von Dänemark vereinnahmt werden. Diese Zeiten seien vorbei, und auch eine Trennung Holsteins von Schleswig wäre übrigens abwegig. Deswegen habe er letztendlich auch nichts dagegen, wenn die Feuermaschine den Namen SCHLESWIG-HOLSTEIN tragen würde. Das würde ihm auch den mühsamen Weg ersparen, die zuvor gedachte Namensgebung zu beantragen.

Beide erklärten der Kaffeerunde dann einhellig, man habe sich auf den Namen SCHLESWIG-HOLSTEIN geeinigt, denn das seien die Herzogtümer, in denen der Erfolg zu allererst bekannt werden würde.

Am nächsten Tag fertigte Bendix eine Messingtafel an, in die er den Namen einhämmerte und die er an der Feuermaschine befestigte.

In der Stadt sprach man von diesem Tag an genauso ehrfürchtig von der SCHLESWIG-HOLSTEIN wie von der CAROLINE. Immer wieder kamen Besucher in den Garten, auch um die kalte Maschine zu betrachten. Bendix und Boye, die sich zunächst jede Zeit nahmen, allen ausführlich die Funktionsweise zu erklären und die Zukunft des Dampfes in schwelgenden Worten zu schildern, mussten sich dann doch wieder ihrem Verdienst widmen und überließen Fock das Feld.

Der verband die Erklärungen mit langen Ausschweifungen zu seinen Reisen, erzählte von kleinen Abenteuern, die er erlebt hatte, und auch manchmal sehr ausführlich von Holstein, Schleswig und der Standesverfassung.

Die Zukunft des Dampfes sah Fock eindeutig in der Luftfahrt. Er beschrieb den Umstehenden einen riesigen Ballon, der größer war als das Schlosserhaus. An diesen Ballon wurde eine Dampfmaschine gehängt, die ein Drehrad in ähnlicher Weise, wie es Boye erfunden hatte, bewegen konnte. Dieses Rad sollte sich in die Luft hineindrehen. Der Ballon stieg weit in den Himmel. Die Dampfmaschine in Boyes Garten wurde kleiner und kleiner. Auch das Haus, die Straße, die Stadt wurden zunehmend kleiner. Ganz weit unter den Wolken ließ Fock sich das Drehrad bewegen und begann nun, im großen Bogen um die Stadt zu kreisen. Der Wind, woher er auch kam, konnte die gewünschte Richtung, in die Fock fahren wollte, nicht beeinflussen. Unter Mithilfe eines Ruders schwebte er weit über das Meer hinaus und kehrte erst wieder um, als ihm die Kohlen ausgingen. Langsam sank er mit dem Ballon wieder in die Stadt hinein und änderte mit seinem Drehrad noch einige Male die Richtung, bis er ganz sanft im Schlossergarten vor den Umstehenden landete, wo er für diese Leistung stürmisch gefeiert wurde.

Und wenn einmal jemand gehen musste, weil er noch andere Verpflichtungen hatte, dann standen neue Besucher vor Fock, sodass er wieder zu Erzählungen zurückkehren konnte, die er schon einmal vor Stunden mitgeteilt hatte, ohne dass dies wirklich auffiel oder störte.

Natürlich fehlten auch Lieder von Bellmann nicht bei diesen Vorträgen.

Johannes Fock gehört wie Agata und Volquard Pauls zu den Menschen, die ich niemals kennengelernt habe. Fock war ein kleiner, sehr dünner Mann gewesen, der immer so gekleidet war, als würde er gerade in die Kirche gehen wollen. Obwohl er genau das niemals getan hat. Er trug sein flachsgelbes Haar in einem Pagenschnitt. Und wie sehr er sich auch beim Kohlenschaufeln anstrengte, er wurde niemals schmutzig. Das hat Boye uns später als das erstaunlichste Merkmal Focks geschildert. Boye, der immer irgendwo schmutzig war und der später nicht mehr sprach.

Es will nicht dunkel werden.

Jaspersen war mittlerweile zum verantwortlichen Ratsmann zur Untersuchung des – wie man sagte - Krebs-Thing geworden. Er hatte Grabungen am und in der Nähe des Marktplatzes angeordnet, war aber auf keine weiteren Erkenntnisse gestoßen. Man hatte lediglich einen Tunnel entdeckt, war ihm mühevoll in Richtung des Flusses gefolgt, musste dann aber aufgeben, weil der Gang nach kurzer Zeit mit Wasser volllief und die Stadt kein weiteres Geld zur Verfügung stellen konnte, um Schotts, Stützen und Pumpen zu bezahlen. Die Pumpe von Boye wäre sicherlich hilfreich gewesen. Doch sie ließ sich nicht mehr von ihrem Platz am Hafen bewegen.

In einem mühevoll und umständlich abgefassten Bericht, schilderte Jaspersen dann mit einem einzigen Satz, dass sich keinerlei Getier in dem Tunnel befunden hätte, das ihm erwähnenswert erschien, und die gesamte Angelegenheit abzuschließen sei, indem man das Spektakel als einmalige Naturkatastrophe bezeichnen könnte, die, und das müsse er eingestehen, wie alle unerwarteten Katastrophen kaum mit menschlichen Kräften zu beeinflussen oder gar vorauszusehen sei und aller Erfahrung nach nur in langanhaltenden Abständen wie auch die großen, todbringenden Sturmfluten vorkäme, was allein schon deshalb der Wahrheit entspreche, weil nichts dieser Art bisher in der Stadt bekannt geworden sei, wie er bei einem tiefgehenden Studium der Stadtchronik herausgefunden hatte.

Der Rat der Stadt betonte seine Zufriedenheit mit diesem Ergebnis, weil ja ohnehin kein weiteres Geld vorhanden war. Lorenzen bekam den Auftrag, im Ort auszurufen, dass damit der gesamte Vorfall aufgeklärt worden sei und sich jeder verantwortungsvolle Bürger weiterer Gerüchte zu enthalten habe.

So hatte der Apotheker wieder genügend Zeit, neue Heilmittel zu erfinden, sich aber auch mit Klaasen über den Dampf zu unterhalten. Er erklärte dem Gast die Wirkung des Dampfes in der Hölle anhand eines kleinen Experiments und wies ihm nach, dass der Schlosser Deletre ja nur einen winzigen Schritt in die Geheimnisse des Dampfes gewagt habe, was der zwar nicht wüsste, aber auch nicht wissen müsse. So zeigte Jaspersen die verschiedenen Aggregatzustände nicht nur des Wassers, sondern ließ sogar gegorenen Saft verdampfen, den Dampf über geschlungene Glasrohre laufen, bis er sich wieder verflüssigte, und gab dem Pastor und sich davon zu trinken.

„Hier“, erklärte er dann dem staunenden Klaasen, „liegt das eigentliche Mysterium des Dampfes.“

Schließlich wechselten beide Männer das Thema und unterhielten sich über den Namen SCHLESWIG-HOLSTEIN. Jaspersen belehrte den Freund, dass es oftmals im Leben auf die kleinen Dinge ankäme. Das habe er bei seinen jahrelangen Experimenten gelernt.

„Die Zukunft des Dampfes“, sagte er, „das sind nur große Worte.“

Er fragte dann Klaasen, ob ihm an dem Wort SCHLESWIG-HOLSTEIN denn nicht der Bindestrich aufgefallen sei. Das seien die kleinen Dinge, auf die man zu achten habe und die bei einer Missachtung irreparable Zustände hervorrufen würden. Historisch und politisch betrachtet habe dieser kleine Bindestrich nichts zwischen den beiden Worten zu suchen. Jaspersen drückte sich eigentlich viel grober aus und sprach von dem „Fliegendreck“ zwischen SCHLESWIG und HOLSTEIN. Die Maschine könne SCHLESWIG heißen. Auch SCHLESWIG und HOLSTEIN seien gerade noch akzeptabel. Doch SCHLESWIG-HOLSTEIN gäbe es nun einmal nicht.

Falls hier aber ein politisches Bekenntnis der ihm immer schon suspekten Familien Deletre und Pedersen vorliege, dann müsse in der Tat dagegen vorgegangen werden.

„Das Herzogtum Schleswig“, sagte er, „ist das eine. Es gehört untrennbar zu Dänemark. Holstein aber, in dem der dänische König auch Herzog ist, gehört zum Deutschen Bund. Doch was hat Dänemark überhaupt mit den Deutschen zu tun? Nichts. Überhaupt nichts.“

Ihm sei letztlich die Neutralität Dänemarks lieber als die Anbindung Holsteins an sein Land. Der Bindestrich sei ein wissend gewählter Verbindungsstrich, der von Dänemark nicht akzeptiert werden könnte.

„Eines ist sicher“, endete sein Referat, „lieber sind wir ohne Holstein, dafür aber Skandinavier.“

Von Klaasen kam keine nennenswerte Widerrede, außer er würde immer in Dänemark leben, ob in Schleswig, in Jütland, auf Island oder in Kopenhagen. Diesen Beitrag überging Jaspersen schlichtweg.

Im Mai 1826 sollte die SCHLESWIG-HOLSTEIN nach mehreren Probeläufen endgültig in Betrieb genommen werden. Schon am frühen Morgen hatte Fock die Maschine angeheizt, und Boye versuchte, mit Bendix einen Transmissionsriemen von der Antriebswelle zur Werkstatt zu spannen, denn sie hatten vor, einen runden Schleifstein mithilfe der Dampfbewegung rotieren zu lassen. Wieglinde, die ebenfalls früh am Morgen den Hof betreten hatte, weil sich nun wirklich die Geburt des dritten Kindes ankündigte, hatte inständig darum gebeten, nicht gerade an diesem Tag die Maschine laufen zu lassen. Doch niemand beachtete oder verstand sie so richtig.

Während Fock weiter fleißig Brennmaterial in den Kessel schaufelte, probierten die beiden Handwerker den Schleifstein aus, spannten immer wieder den Riemen nach und versuchten, eine gleichmäßige Bewegung zu erreichen.

Im Schlafzimmer hatte die Geburt begonnen. Als Gesche in die Welt hinausgepresst wurde, war die Wohnung so sehr überhitzt, dass selbst die offenen Fenster keine Abhilfe leisteten, sodass Sieke fast die Kräfte versagten. Als Gesche ihren ersten Schrei tat, wurde dies durch einen kaum zu ertragenden lauten, und trotzdem dumpfen Knall übertönt, durch den die offenen Fenster zufielen und die übrigen geschlossenen zerbarsten. Die SCHLESWIG-HOLSTEIN war mitsamt ihrem Heizer in die Luft geflogen.

2. Aus dem Feuer

Wie viele andere auch kam Bendix nur noch alle zwei Jahre aus Grönland zurück. Der Ertrag beim Fang der Wale war immer schlechter geworden, und für die wenigen Kommandeure, die es noch gab, lohnte sich die jährliche Rückfahrt in den weit entfernten Süden nicht mehr. Bootsmann hatte sich schon vor der ersten Fahrt nach der Explosion vehement geweigert, je wieder ein Schiff zu betreten und blieb bei Boye in der Werkstatt oder bei den Kindern. Das geringe Geld, das Bendix sparte, schickte er zwar seiner Schwester. Dennoch wäre es Sieke lieber gewesen, den Bruder vor jedem Wintern zu Hause zu haben.

Dies schien ihr auch für Boye besser zu sein, der seine gesamte Kraft in die Schlosserei steckte, noch weniger Zeit für sie und die Kinder hatte und verschlossener geworden war als je zuvor. Schon lange machte Sieke keine Bemerkungen mehr über seine Einsilbigkeit, denn sie kannte seine Sorge um die Schulden, die im Zusammenhang mit der Dampfmaschine entstanden waren, und Boye musste sehr hart arbeiten, um die Last langsam zu mindern. Erst der Lehrbeginn seines zweiten Sohnes Lorenz in der Schlosserei des Vaters führte dazu, dass er wieder etwas gesprächiger wurde.

In den Wochen der Untersuchung des Unfalls durch die örtliche Polizei war Boye fast schon sprachlos geworden. Erst nachdem die Untersuchung eingestellt worden war, weil ohnehin niemand in der Lage war zu beurteilen, wie das Unglück geschehen sein konnte, hatten sich Boye und Bendix ein wenig über die Explosion, ihre Ursachen und den Tod Johannes Focks unterhalten können. Danach hatte Bendix seinen Entschluss mitgeteilt, wieder auf Grönlandfahrt zu gehen. Die Familie war ohnehin zu groß geworden für das kleine Schlosserhaus.

Nach Gesche war Marin auf die Welt gekommen und nochmals drei Jahre später Willem. Die beiden Mädchen gingen schon in die Schule und verspielten ansonsten mit dem kleinen Bruder den Tag. Ihr Lieblingsspiel war das der wilden Tänzerin, das auf einer Sage gründete, die ihnen einmal erzählt worden war.

Die flinke Tänzerin wurde meist von Gesche gespielt, die von ihrer Mutter Marin aufgefordert wurde, nicht zu viel zu tanzen. Gesche aber antwortete: „Und wenn der Teufel mich selbst zum Tanz auffordert, ich würde es ihm nicht abschlagen.“

Dann kam Willem mit Bootsmann - zwei grausame Teufel - in das Geschehen und tanzten wild mit Gesche. Dabei verdrehte Marin die Augen wunderschön und rief dabei immer wieder sehr laut: „Das kann nicht gut gehen! Das kann nicht gut gehen!“

Und tatsächlich ging es nicht gut, denn Gesche schoss plötzlich das Blut aus dem Mund und auf den Boden. Sie stürzte laut und tot um, und Willem und Bootsmann verschwanden hinkend, während Marin klagend ihre Tochter im Arm hielt. Dann war Mitternacht. Willem, ein Wanderer, der zufällig in dem ehemaligen Tanzraum übernachtete, wurde plötzlich von zwölf Glockenschlägen (die er selbst verursachte) und von lauter Musik (Gesche, Marin, Bootsmann) geweckt. Er sah verschlafen auf, und Gesche, das Gespenst der Tänzerin, stand vor ihm und forderte ihn zum Tanz auf. Ängstliche Ablehnung durch Willem. Langwieriges Bitten von Gesche. Daraufhin verschwand Gesche traurig und Marin trat feierlich mit dem scheinbar schlafenden Bootsmann im Arm an Willems Bett, um ihm mit bebender Stimme zuzurufen: „Noch niemand hat es gewagt, mit ihr zu tanzen. Sie ist erst erlöst, wenn ein Christenmensch es doch eines Tages tut.“

Damit endete das Spiel sehr unvermittelt und wurde dann mehrfach und ohne wesentliche Pausen wiederholt.

Jetzt war ich nicht nur gedacht, sondern ich war da. Doch die Umstände sind nicht wesentlich. Ich wurde ein Jahr vor Willem, im gleichen Jahr wie Marin, 1828, geboren. Im Gegensatz zu Anders habe ich niemals versucht, an diese frühe Zeit meines eigenen Lebens zurückzudenken. Das erste in meinem Leben, woran ich mich selbst erinnern kann, war die Begegnung mit Willem.

Im Spätsommer des Jahres 1837 erhielt Pedersen eine Depesche aus Kopenhagen von der Verwaltung der Herzogtümer. Darin wurde ihm mitgeteilt, dass er in wenigen Wochen Besuch einiger königlicher Beamter erhalten und es sich um eine brisante Angelegenheit handeln würde, die man deshalb schriftlich nicht weiter ausführen könne. Zunächst vermutete er hinter dem Brief eine Angelegenheit der Lehnsverwaltung, wunderte sich jedoch, dass er direkt aus Kopenhagen angesprochen wurde, denn der richtige Weg wäre über den Oberstaller einzuhalten gewesen.

So kam er auf den Gedanken, der Besuch würde möglicherweise im Zusammenhang mit einer Neuordnung des Landesrechts und sogar mit der neuen schleswigscher und holsteinischen Ständeversammlung stehen. Weil er auch weiterhin guten Kontakt zu dem ehemaligen Sylter Landvogt Lornsen gehabt hatte und dessen Flugschrift Über das Verfassungswerk in Schleswigholstein sehr gut kannte, nahm er an, man suche vielleicht vertrauensvoll Rat bei ihm. Er hatte zwar die Meinung Lornsens geteilt, dass die Finanzverwaltung des Staates nicht geheim zu halten sei und eine Repräsentativverfassung für Schleswig-Holstein ein möglicher, sinnvoller Schritt sei. Er war aber gegen die Trennung Schleswigs und Holsteins von Dänemark gewesen, wenn sich dies zunächst auch nur auf die Verwaltung und Justiz beschränken sollte. Und obwohl jetzt von Seiten des Königs für die Herzogtümer eine schleswig-holsteinische Regierung in Gottorf eingerichtet wurde, die der Kopenhagener Kanzlei unterstellt war, schien Pedersen der Gedanke abwegig, dass sein Ansehen so weit in die Spitzen der Verwaltung Kopenhagens gefunden haben könnte und man ihn deshalb nun aufsuche.

Deshalb wurde er für sein Alter und seine seriöse Haltung außerordentlich ungeduldig, sah täglich aus seiner Bibliothek heraus über die weiten, von Vieh bestandenen Wiesen und wartete auf die angekündigte Delegation.

Fast vier Wochen nach Erhalt des Briefes entdeckte er am Horizont endlich eine besonders prachtvolle Kutsche, der schon bald anzusehen war, dass sie nicht aus dieser Gegend kommen konnte. Ihr entstiegen vor der massigen Haustür zwei ältere Herren, die Pedersen sehr behäbig begrüßte, um sie dann in seine Bibliothek zu führen. Dort servierte er Grog und beobachtete die beiden Männer mit den Namen Holt und Jörgensen unauffällig, während die sich zunächst über den großen Globus und dann über die Bücherwände des Gastgebers hermachten und die reichhaltige Auswahl besonders der staatspolitischen Abhandlungen und Verwaltungsschriften lobten.

Als sie mit den Büchern endlich zum Ende gekommen waren und auch den Grog getrunken hatten, begannen zunächst Holt, dann Jörgensen mit einem Vortrag, in dessen erstem Verlauf Pedersens Vermutungen hätten zutreffen können. Holt ging zunächst auf die allgemeine politische Lage ein, beschäftigte sich ausführlich mit der Holsteinfrage, dem Deutschen Bund und der Ständeverfassung, um dann langsam näher auf die wirtschaftliche Lage Dänemarks einzugehen und die Verbindung beider Lagebeschreibungen herzustellen. Er betonte vor allem die hohen Kosten, die Dänemark durch den Deutschen Bund habe, da der König und Herzog ja auch militärisch dieses Bündnis zu unterstützen und außerdem die durch England zerstörte Flotte wieder aufzubauen habe. Aus diesem Grunde sei es besonders wichtig und notwendig, von Seiten des Staates sparsam zu sein. Und der Staat müsse, wie Pedersen ja zur Genüge wisse, auch neue Finanzmittel finden, ohne den einfachen Menschen damit zu sehr zu belasten.

Dann gab Holt umständlich das Wort an Jörgensen ab, der den nun eigentlich spannenden Teil der gemeinsamen Aufgabe übernehmen durfte. Er lobte zunächst die Loyalität Pedersens gegenüber dem König, die an der Grenze zwischen Schleswig und Holstein manchmal nicht selbstverständlich anzutreffen sei. Dies sei auch in Kopenhagen bekannt. Er nannte Pedersen einen besonnenen Verwaltungsfachmann, dessen Vertrauenswürdigkeit weit über die schleswigsche Küste hinaus angenehm bemerkt worden sei. Sein Mut, auch unangenehme Probleme aufzugreifen und zu lösen, sei so lobenswert wie seine Courage, sich in neue Unternehmungen zu begeben, um damit sein berechtigtes Glück zu machen.

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