Kitabı oku: «Der Akron Tarot», sayfa 6

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Kontroverse
Die Priesterinnen der Weißen Göttin

Was schlagt Ihr da für wortgewandte Haken, verletzend-spöttischer Fürsprecher männlicher Abgründe, wenn Ihr in einem ergreifenden Plädoyer für die Weiße Göttin die Hohepriesterin einerseits als Ursprung, doch im gleichen Atemzug als ein aus dem Willen des Magiers entstandenes Bild erklärt? Mit Sicherheit entstand die Hohepriesterin im Tarot als die vom Magier abgespaltene andere Hälfte, die er zu einem Bild formte - weiblich, weil er männlich ist, und passiv, weil er sich auf altmodisch dualistische Weise als aktiv darstellt. Aber das ist nicht die unsichtbare Göttin! Es ist eine Ahnung dessen, was ihm fehlt, eine schwache Erinnerung an das, was sich jenseits seines Bewusstseins befindet, denn es ist der Magier allein, der die Dualität erschaffen hat, nicht die Göttin oder die Hohepriesterin. Sie auf die Zahl zwei zu setzen und zur Herrin der Dualität zu machen, wie das in so vielen populären Kartenspielen der Fall ist, ist ein Trugschluss - es sei denn, man nimmt den Standpunkt des Magiers ein: Dann kann die Hohepriesterin nichts anderes sein! Der Magier setzt das von ihm ersonnene Bild in diese Prägung. Aus der Sicht von uns Priesterinnen, die wir der Weißen Göttin nahe stehen, ist sie keine Repräsentantin der unsichtbaren Welt - sie ist die Welt selbst! Und das, was der Magier als passiv definiert, beinhaltet in Wahrheit jegliche Form und Richtung von Energie, die nur möglich ist. Wir erfahren dies auf unseren Reisen zu ihr und wir wissen auch, dass das, was wir in der Lage sind, aus unseren Erfahrungen in der unsichtbaren Welt mit zurück auf die Erde zu nehmen, nur ein Bruchteil dessen ist, was dort existiert - eben das, was wir wahrzunehmen gelernt haben. Somit müsste sie im Tarot in Wahrheit vor dem Magier stehen, und zwar als (hermaphroditisches) Imago der unsichtbaren Welt, aus dem der Magier sich löst und sich aufgrund dessen mit dem ihm eigenen, unerschütterlichen Selbstvertrauen des Nicht-Wissenden für den Initiator aller Bewegung und Zeugung hält. Und wer hat gesagt, dass er sich löst und nicht die Göttin selbst ihn auf große Fahrt schickt, da sie schon lange zuvor sein Schicksal auf dem großen Spinnrad des Lebens gesponnen und verwoben hat?

Akronos als Advocatus Diaboli

Im Grunde drückt die Karte das unbewusste Wissen der Seele aus, liebe Priesterinnen, deren Assoziationsgeflechte strickmusterförmig im Unbewussten aufgespannt sind und aus deren Netzen der Mensch seine individuellen Erinnerungsfäden herausziehen kann. Durch die duale Sicht stellt sich ihre Energie als Vision oder zukünftige Vergangenheit dar, d. h. entweder als vergessenes Ereignis, das im Dunkeln wirkt, bis es sich wieder in die Gegenwart drängt, oder als psychisch mögliche, aber noch unerlebte Wirklichkeit, die der Mensch als unbewusste Option in den Tiefen der Seele eingelagert hat und die er bruchstückweise in den Träumen oder in visionären Zuständen erfährt. Trotzdem kann man nicht sagen, auch wenn ich euch damit möglicherweise erzürne, dass sie ein nicht zu entschlüsselndes Mysterium darstellt, nur weil sie sich mit den Werkzeugen des Bewusstseins nicht völlig ausloten lässt. Man kann sich der Struktur ihres Wirkens mental zumindest annähern, wenn man Mechanismen in der Tiefe der Seele grundlegend erfassen will, und man kann sich kontemplativ in die Dimension ihres Wesens hineinfallen lassen, um die Wünsche und Ziele im Unbewussten erahnen zu lernen, die sich dem Zugriff des Verstandes entziehen. Die Hohepriesterin bündelt auf der unbewussten Ebene unsere Absichten zusammen, deren Ausformungen wir nach ihrer materiellen oder energetischen Verdichtung irgendwann als Haus, Weltreise oder Managerposten wahrnehmen können. Die (zukünftige) Realität führt über die Absicht und Aufmerksamkeit dieser Karte: Sie versinnbildlicht die tief in der Seele schlummernden Kräfte, die sich im Leben zu den Zielen und Absichten formen, die der Mensch in seinem Alltag zu verwirklichen sucht. Anders herum gesagt erschafft und verändert sie unsere Wirklichkeit, weil sie uns in den unergründlichen Kammern der Seele die Wünsche vorträumt, die wir später in der Realität zu verwirklichen suchen. Sie streut pränatale Assoziationen oder kollektive Symbole in unsere Träume ein, die uns wie Anker zu den betreffenden Stellen im Unbewussten fuhren und deren Erkenntnisse wir wie Blitzlichter visualisiert bekommen, und sie bildet in unserem Bewusstsein die Gefäße aus, durch die wir plasmatische Gebilde als Objekte wahrnehmen und nutzen können. Nichts, was wir aus der Tiefe fischen, kann außerhalb dieser bewusstseinsformatierten Hirnkassetten Gestalt annehmen, und deshalb ist jedes Objekt schon lange vor seiner Materialisation im Fluid um der Hohepriesterin vorhanden. Beispielsweise ist die Ferienwohnung mit Blick auf den See (Herrscher), die wir in zehn Jahren bewohnen, heute noch gar nicht gebaut - aber der Wunsch nach der Traumwohnung (Hohepriesterin) verdichtet sich durch die Aufmerksamkeit der Herrscherin peu à peu in der Realität1. In dieser Karte verbergen sich alle potenziellen Wünsche und Hoffnungen in Form psychischer Energie, und die Hohe Göttin ist die Moderatorin, die die Visionen aus der Tiefe der Seele in die zukünftigen Behälter der Wirklichkeit leitet.

Deutungen
Allgemein

Die Hohepriesterin ist die geheimnisvolle Seite des Magiers, die in der Dualität die Dunkelkammer der Bewusstheit - das Unbewusste - repräsentiert. Sie ist die Erinnerung an seine verlorene Einheit, das innere Sehnen nach dem Paradies, das er auf sie projiziert. Und obwohl es ihm schwer fällt, sie überhaupt zu spüren, so fühlt er zumindest eine starke Sehnsucht nach ihr. Selbst wenn er sie ahnen könnte, wäre er nicht in der Lage, sie ganz zu erfassen, denn sie ist diejenige, die sein Wirken aus dem Verborgenen dirigiert, indem sie aus den dunklen Nischen und Verflechtungen des Seelenraumes, in welchem der Magier in einer kleinen, hellen Flamme das Bewusstsein gepflanzt hat, Impulse und Träume an die Oberfläche schickt, die er verwirklichen kann. Sie ist die Spinnerin der Schicksalsnetze, die sie im Verborgenen webt, zwischen deren Maschen sie uns immer wieder Botschaften an die Bewusstseinsschwelle des täglichen Lebens schickt. Sobald sie sich im Alltag bemerkbar macht, geht es um die Seele, die Gefühlswelt und die Intuition. Ihre Medialität ist in unserer hektischen Gesellschaft nicht immer einfach zu leben, denn sie braucht die Stille, die innere Einkehr und den intensiven Kontakt zu sich selbst, um sich entfalten zu können. Sie braucht auch die Offenheit. In Zeiten, in denen wir diese Karte ziehen oder der Energie der Hohepriesterin besonders nahe sind, sind wir sehr empfänglich fürihre, unsere innere Stimme. Sind wir nicht bereit, in die Blackbox zu gucken und uns auf unsere tieferen Schichten der Seele und die Botschaften, die sie uns in unser Bewusstsein schickt, einzulassen, dann werden wir ihre Mitteilungen im Alltag kaum zu hören bekommen. Es ist die Stimme, die uns die Wahrheit zuflüstert über die Menschen, denen wir begegnen, auch wenn wir mit unserem Verstand keinen Grund erkennen können, warum wir bei der einen Person sofort Misstrauen und bei der anderen Person Liebe empfinden. Es ist ihre Stimme, die uns im Alltäglichen rät, ein Regencape zum geplanten Ausflug mitzunehmen, obwohl die Sonne scheint, denn sie weiß schon, dass es Regen gibt. Und es ist auch die Stimme, die uns aus vollem Herzen ein Ja oder ein Nein zu einer Entscheidung fühlen lässt, ganz egal, wie viel Vernunftgründe etwas anderes raten. Außerdem haben wir Déjà-vu-Erlebnisse und Vorahnungen und unsere nächtlichen Träume sind ebenso intensiv wie die Sehnsüchte, die wir in unseren Tagträumen erleben. Es sind alles Botschaften, die uns unsere Seele sendet, um uns unseren Weg zu zeigen. Die Bewegung findet dabei im Inneren statt und wird im Außen erst sichtbar, wenn wir sie mit Hilfe des Magiers losschicken und mit der Herrscherin ins Leben gebären. Die Hohepriesterin verkörpert somit eine Art »aktive Passivität«. Ihre Aktivität geschieht in dem Bereich, den wir mit unseren fünf Sinnen nur unvollständig wahrnehmen können. Dafür ist sie unser sechster Sinn.

Beruf und Finanzen

Die Göttin weiß den richtigen Zeitpunkt, um ein Projekt zu beginnen oder eine Veränderung im Berufsleben zu bewirken, aber sie braucht die Hilfe anderer Karten, um diese Neuerungen im Leben sichtbar zu machen. Im normalen, hektischen Alltag, in dem wir funktionieren müssen, hat ihre zyklische, weibliche Energie zumeist nicht viel Raum, es sei denn, wir üben einen künstlerischen, therapeutischen oder spirituellen Beruf aus. Dennoch können wir sie in allen Arbeitsbereichen leben. Zum Beispiel, indem wir unsere Intuition benutzen, um zu erspüren, was uns der Chef zwischen den Zeilen sagen will. Oder indem wir auf unsere innere Warnleuchte hören, die uns mit einem schlechten Gefühl und dem Impuls, das Projekt noch einmal genau zu überdenken, darauf aufmerksam macht, dass unserem mentalen Überwacher ein gravierender Fehler entgangen ist. Mit dieser Karte zeigen wir uns empfänglich für Anregungen von außen, die unserer Tätigkeit oder der Zusammenarbeit mit Kollegen neue Impulse geben. Ebenso fordert sie uns auf, nicht nur auf den Verstand und die Leistung zu achten, sondern mehr auf unser inneres Gefühl zu hören und ihm den Platz einzuräumen, den es braucht.

Umgekehrt

Erscheint die Hohepriesterin auf dem Kopf, kann es mit den Emotionen allerdings schnell ein bisschen zu viel des Guten werden. Wir lassen uns zu stark von den Gefühlen leiten und bringen zu wenig von dem, was in unserem Inneren passiert, nach außen. Oder wir unterdrücken unsere Empfindungen und agieren nur nach Vernunftgründen. In beiden Fällen sind wir nicht im Einklang mit unserer inneren Stimme, sondern leben und handeln zu einseitig oder extrem. In helfenden und spirituellen Berufen kann die umgekehrte Hohepriesterin dafür stehen, dass wir die Freude und das Feeling für unseren Beruf zumindest zeitweise verlieren oder nicht mehr fühlen können.

Liebe und Beziehung

Da diese Karte die Verbindung der Realität zur inneren Gefühlswelt ausdrückt, können wir ermessen, wie sehr unser äußeres Empfinden in den Gefilden unbewusster Träume verwurzelt ist. Auf alle Fälle spüren wir bei Menschen, denen wir begegnen, sehr schnell, was sie uns bedeuten. Wir können auf jemanden treffen und wissen intuitiv, dass diese Person in unserem zukünftigen Leben eine wichtige Rolle spielen wird. Da die Hohepriesterin dual ist und die Nacht zu ihr gehört wie der Tag, kann dies im Erleben genauso gut zu schmerzhaften Verstrickungen wie auch zu heilenden und glücklichen Verbindungen führen. Sie stellt das Material aus der Seele zur Verfügung, und der Verstand (die konkrete Zielsetzung aus Sicht des Magiers) entscheidet, wie er es anwenden will. Die Karte zeigt unsere innere Bereitschaft an, die Impulse des anderen aufzunehmen bzw. sich einfach der inneren Kraft zu überlassen, die uns in der Liebe und der Sexualität leiten kann. Darüber hinaus schenkt sie uns die Fähigkeit, mit seherischer Kraft über unsere Projektionen hinaus zu ertasten, was in unserem Partner vorgeht, und zwar auch in den Teilen, die er selbst nicht sehen kann. In Beziehungen zu anderen verleiht uns die Hohepriesterin die schöne Gabe, wichtige Prozesse heilend zu unterstützen, und verbindet damit eine Zeit, in der wir uns liebevoll von unseren Gefühlen leiten lassen, für neue Erfahrungen offen sind und mit anderen Menschen gerne unsere Empfindungen teilen und erfahren wollen.

Umgekehrt

Aus umgekehrter Sicht leben wir nicht in Kontakt mit unserer inneren Quelle. Möglicherweise agieren wir total aus unserem Bewusstsein heraus und beachten weder unsere Intuition noch andere Botschaften der Hohepriesterin. Dann haben wir uns in der Ego-Kontrolle, und Hingabe zu anderen ist uns nur bedingt oder gar nicht möglich. Vielleicht wollen wir auch die Hinweise, die sie uns zu Fragen schickt, die Liebe und Beziehungen betreffen, nicht hören, weil wir uns vor den Veränderungen fürchten, die diese mit sich bringen könnten. Oder wir befinden uns so tief in unserer eigenen Innenwelt, dass der Kontakt zum Gegenüber nicht richtig hergestellt werden kann. So hängen wir unseren Träumen, Gefühlen und Projektionen nach und vernachlässigen sowohl das Handeln im Außen als auch die Realität der Beziehung.

Magie und Spiritualität

Magie und Spiritualität sind ihr Revier - in diesen Gebieten ist die Weiße Göttin zuhause. Sie ist die Führerin in unsere Seele und unsere Kontaktstelle zu unserem inneren Quell der Weisheit, aus dem wir schöpfen können. Deshalb deutet die Karte auf starke mediale Fähigkeiten hin, die wir weiter entwickeln sollten, um die Botschaften, die wir empfangen, uns und anderen Menschen zugänglich zu machen. Sie weist ebenso darauf hin, dass wir uns - von unserem Gefühl geleitet - einem spirituellem Weg oder einem weisen Menschen öffnen und uns mit tiefer Hingabe auf ihn einlassen können. Manchmal kann sie auch eine Frau verkörpern, eine Hexe oder Seherin, der wir begegnen und die uns hilft, auf unserem Weg voranzukommen. In jedem Falle steht sie für eine Zeit, in der wir viele innere Bilder und Botschaften erhalten, die uns führen. Sie weiß, wie alles miteinander verbunden ist, das wir in uns tragen. So folgen wir intuitiv ihrem Weg, wenn wir zu uns selbst finden wollen - selbst wenn sie uns nicht nur die hellen, sondern auch die dunklen Bilder ins Bewusstsein schickt. Doch im aufrechten Zustand der Hohepriesterin können wir beide Seiten zulassen, ihnen offen begegnen und die Bereicherung, die unser Leben dadurch erfährt, vertrauensvoll annehmen.

Umgekehrt

Die umgedrehte Karte zeigt, dass wir uns nicht getrauen, uns unserer inneren Stimme anzuvertrauen, vielleicht gerade aus Angst vor den tiefen seelischen Abgründen. Wir vertrauen weder unseren Eingebungen noch denen der anderen. Deshalb sind wir blockiert und handeln im Außen gar nicht oder im falschen Moment. Möglicherweise erhalten wir Angebote und Anregungen im unbewussten Bereich, die wir aber nicht wagen anzunehmen. Oder wir sind überhaupt nicht bereit, uns mit solchem esoterischen oder religiösen Kram zu befassen, und lassen unsere Spiritualität verkümmern. Je stärker unsere Sensibilität und unser inneres Verlangen danach ist, unseren Weg zu finden, umso heftiger werden wir dieses Bedürfnis bekämpfen. Oft suchen wir dann Halt in einem durchstrukturierten Glaubensmodell, das uns die Verantwortung abnimmt und unsere intuitiven Eingebungen stellvertretend für uns ablehnt oder verteufelt.

III Die Herrscherin
Lebenskraft, Wachstum, Mutterschaft


Die Rote Göttin

Während der Magier die energetische Entladung des innersten, noch gestaltlosen Lebensfunkens ausdrückt und die Hohepriesterin das noch ungeformte Selbst ist, in dem Wachstum und Entwicklung ruhen, sorgt die Herrscherin für die materielle Manifestation des Lebens im Selbst und seine Geburt in die Polarität. Denn erst die Geburt trennt das Sein vom Nicht—Sein und die Manifestation vom Potenzial. Ursprünglich ist für das Neugeborene die Mutter die ganze Welt. Sein Ich ist noch vollständig mit dem verschmolzen, was man das innere Bild der Großen Mutter nennt. Als Kinder der Großen Mutter wiederholen die Wesen den ursprünglichen Sündenfall, der die Vertreibung aus dem Paradies nach sich zog. Dadurch ist jedes Wesen vom Paradies auf eine doppelte Weise getrennt: einerseits durch das - verborgene oder halbverborgene - Gefühl der Schuld, sich von der nährenden Geborgenheit der Mutter entfernt zu haben, und andererseits durch die Angst, von der Mutter aus Strafe für den Diebstahl der verbotenen Bewusstseinsfrucht wieder verschlungen zu werden. Denn es ist die Mutter, die jenes erstmals im Garten Eden sich manifestierende menschliche Ich will! wieder zunichte macht, indem sie die Seele zwingt, es im Augenblick des physischen Todes aufzugeben! So ist es unvermeidlich, dass das Ego des Magiers im ständigen Kampf mit der alles in sich aufnehmenden Herrscherin liegt.

Baphomet — Tarot der Unterwelt

Karte

Die Herrscherin regiert über die Zyklen des Lebens. Sie ist die Große Mutter, aus der alles Leben geboren wird und zu der es am Ende seines Zyklus wieder zurückkehren muss. Ihre Aufgabe ist es, den ursprünglichen Entstehungsimpuls ins Leben strömen zu lassen, und sie tut das, indem sie sich selbst im heiligen Schöpfungsakt der Geburt krönt. Lustvoll bindet sie sich an die Erde und bringt sich um nichts, was das Leben voll und stark werden lässt: Liebe, Vertrauen, Wachstum, Berührung, Verschmelzung und Erfüllung. Sie trägt einen Tatzelwurm auf dem Kopf, der wiederum einen Wurm im Maul trägt, der seinerseits mit dem Schwanz des Drachens verbunden ist. Und dass die Form des Menschen mit der Sicht der Schöpferin korrespondiert, zeigt der Schweif des Uroboros, der durch Augen und Mund des vergänglichen Adams führt. Dieser wächst wie ein Wurmfortsatz durch sein Gesicht, wie eine unendliche Zelle, die auf die Realität des Menschen übergreift. Jedes einzelne Bewusstsein, als Teil des Kollektiven, hat die Erinnerung an die Göttin im Bild der Urmutter bewahrt. Im Grunde wohnt jedem Individuum der vitale Antrieb der Herrscherin inne, sich in seinem Leben schöpferisch zu entfalten. Es ist das menschliche Verlangen, die Sehnsucht nach der Urquelle durch das Hervorbringen eigener Geschöpfe zu stillen. In ihr werden alle Hoffnungen und Wünsche sichtbar, die in die Gesellschaft einfließen wollen, denn in ihrem Abdruck offenbart sich die Mutter der Absicht, die alle Vorstellungen durch den Raster ihrer bindenden Ausrichtung ins Leben presst. Deshalb ist sie nicht nur eine Repräsentantin für die körperlichen Vorgänge der Geburt und Mutterschaft - sie versinnbildlicht in erster Linie das dahinter liegende Eingebundensein in alles Irdische und zugleich das Verwobensein mit dem Kosmos, der sich in allem Leben der grobstofflichen Ebene widerspiegelt. So entspricht sie einem der wichtigsten Aspekte der Großen oder dreieinigen Göttin, doch im Laufe des Patriarchats wurden die natürlich zusammengehörenden Eigenschaften der Frau - Sexualität und Mutterschaft - getrennt. Die eine Seite wurde zum Bild der selbstlosen Mutter hoch gezüchtet, die andere Seite als liederliches Weib verdammt. Deshalb gehört die Lust nicht nur zur Hohepriesterin, sondern beinhaltet auch Aspekte der Roten Göttin. Beide Zusammen symbolisieren die Gebarende und Mutter, Künstlerin und Königin, Liebende und Libido-Lebende, die mittlere der dreifaltigen Göttin, die das ganze Spektrum des Daseins in seiner Pracht und seinem Wachstum auf der grobstofflichen Ebene entwirft und belebt.

Die Herrscherin lebt also Macht und Verantwortung aus und beansprucht ihren Raum. Aus Sicht der Frau repräsentiert sie die Meister(innen)schaft über das materielle Leben so, wie ihre mysteriöse Schwester eine Meisterin der unsichtbaren Welt ist. Die ihr zugeordnete Farbe ist rot - rot für Sexualkraft, rot für Blut, unseren Lebenssaft. Sie ist die das Leben Feiernde, die es den Menschen ermöglicht, den Tanz des Lebens immer wieder neu tanzen zu dürfen. Auch ihre Töchter in Gestalt starker Frauen sind mächtig und wissen ihre Ziele und Prinzipien mit durchaus irdischen Mitteln zu vertreten: Sie besitzen jene starke weibliche Kraft, die sich nicht nur nach körperlicher Erfüllung sehnt, sondern die im Austausch mit der Umwelt gleichermaßen Würde bewahrt wie auch Macht anstrebt. Was andere für übermäßiges Wachstum halten, entspringt ihrer produktiven Fülle und zugleich der von ihr in Gemeinschaft mit ihrer anderen, dunkleren Schwester erwirkten natürlichen Ordnung, in der sich zu viel Fülle automatisch von selbst reguliert: Nimmt zum Beispiel eine Tierart überhand, dann wird sie bald nicht mehr genug Nahrung für sich finden und dezimiert sich von selbst. Die Herrscherin gebiert jedes Jahr aufs Neue den Sonnenkönig, der sich mit der Weißen Göttin vereinigt und später als Gehängter (XII ergibt in der Quersumme die Zahl der Herrscherin) wieder dem ewigen Kreislauf und der Schwarzen Göttin zugeführt wird. Für jedes geistige und körperliche Ungleichgewicht, in das wir uns begeben, weiß sie die Lösung und die passende Heilpflanze. Sie ist die Herrin der Liebe, die sie ihren Nachkommen und unserem inneren Kind schenkt. Und zugleich beherrscht sie als Mutter die Fähigkeit, das Kind nicht nur zu nähren, sondern auch die Kunst, es zum rechten Zeitpunkt aus der Bindung zu entlassen und freizugeben, womit wir einen weiteren Aspekt der Roten Göttin im Solve et coagula der Alchimie wieder finden. Auch ist sie daran gewöhnt, dass man ihr Respekt entgegenbringt. Tut man es nicht, wird sie nicht viel Energie auf diesen Menschen verschwenden, sondern ihn postwendend bei ihrer sadistischen Schwester vorbeischicken. So rächt sich dann das Leben selbst an ihm, indem es ihm seine Schönheit, Freude, Liebe und Lebendigkeit entzieht. Im schlimmsten Falle landet er gerade dann bei der Stiefelherrin, wenn sie einen besonders rachelustigen Tag hat. Die größte Meisterschaft der Herrscherin als Aspekt der Großen Mutter besteht vor allem in ihrer Fähigkeit, ihre mannigfaltigen inneren Gesichter und Persönlichkeiten so gut zu kennen und zu dirigieren, dass sie konstruktiv miteinander arbeiten. Ihr innerer Krieger gehorcht den Befehlen der inneren Königin und ihr inneres Kind wird genährt und zum Spielen geschickt, statt mit Aufgaben betraut zu werden, die es überfordern - wie das in unserer Welt des Ungleichgewichts so häufig der Fall ist. Doch auch auf der weiblichen Seite führt die pure Lust am Erschaffen immer neuer Formen oft auch zu einer Maßlosigkeit, die die Gleichgültigkeit der Schöpferin gegenüber dem einzelnen Individuum zeigt. Vorhandenes Leben wird, zumindest aus männlicher Sicht, von der Flut immer neuen Lebens erdrückt, wenn ein regulierender Gegenpol fehlt oder in seiner Wirkungsweise einfach verdrängt wird. Dieser nur allzu bekannte Thriller aus der Serie Stirb und Werde stellt sich für uns als das große Schauspiel der Natur dar, solange wir es gemütlich aus dem heimischen Fernsehsessel mitverfolgen können. Sobald wir uns jedoch in der freien Wildhahn befinden, werden wir uns sehr schnell über die Gefahren klar (wovor uns der Herrscher zu schützen sucht). Ein Löwe in Afrika, der einen Menschen anfällt, oder Medea, die ihre Kinder nicht loslassen kann und deshalb verschlingt, mögen das verdeutlichen. Die vernichtende dunkle Mutter, wie sie in vielen Mythologien in Erscheinung tritt, mag hier ihren Ursprung haben. Aus der Sicht der Verdrängung des Lebens in unserer zivilisierten Kultur müssen wir den dunklen Teil der Herrscherin als unheimliches und lebensgefährliches Chaos empfinden.

Aus der Perspektive des Mannes ist der Schutz vor der Bedrohung durch die Mutter Natur ein zentrales Anliegen (was in der nächsten Karte zur Ausbildung eines sozialen Gefüges führt). Er glaubt zu wissen, dass das, was ihn ängstigt oder sich seiner Kontrolle entzieht, strukturiert und gebändigt werden muss, um ein funktionales System auf der gesellschaftlichen Ebene zu gewährleisten. Deshalb versucht er, die matriarchalische Überlieferung der Mutter als allmächtige, allwissende Person zu zähmen. Doch das kann im Fokus dieser Karte nicht gelingen (das zeigen die vier Evangelisten, die über ihrer Fingerspitze tanzen). Hier muss er lernen, sich in seinen Vorstellungen selbst zu spüren und aus ihnen heraus zu empfinden - nicht von außen in das Bild der von den Priestern geschaffenen keuschen Jungfrau hineinzusehen. Denn im Grunde hat das Bild der reinen Himmelsmutter auch sehr viel mit patriarchalischer Projektion zu tun: eine auf sich selbst bezogene Sichtweise, die an eine bestimmte Stelle im kollektiven Kontext positioniert worden ist, um das Bild des Menschen im Bild der Mutter zu feiern. Das Bild der Mutter in der Himmelskönigin zum Heiligtum zu erküren, ist für eine starke Frau nichts anderes als ein Akt falscher, übertriebener und von außen aufoktroyierter Würde zum Zweck der sozialen und moralischen Kontrolle. Nur ein nüchternes Empfinden ist kühl genug, die Mutterform als das zu sehen, was sie wirklich ist: keine Schöpferin, die nach ihrem Bild gebiert, sondern nur das Prägewerkzeug, durch das sich der Schöpfungswille in die Sichtbarkeit wälzt. Ein seelisch-körperliches Gebilde, dazu geschaffen, fruchtbar zu werden, damit sich das Leben in die Realität ergießen kann. Man könnte auch sagen: Die Herrscherin ist der Form gebende Stempel, der die Impulse der Hohepriesterin der Realität aufdrückt, ein gespiegeltes Bild der Seele in einer Realität, die selbst Spiegel ist. Diese Sichtweise ist aus der Position des Advocatus Diaboli zwar nichts anderes als die Selbstbespiegelung des Spiegels oder der Zirkelschluss der Selbstbetrachtung eigener Wertvorstellungen - aus der Perspektive der Göttin jedoch das, was uns diese Karte im Tarot gibt: die Rückerinnerung an die Kraft der Urmutter und damit die Möglichkeit, sie in unser tägliches Leben zu integrieren!

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