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Kitabı oku: «Der Page des Herzogs von Savoyen», sayfa 29

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XI.
Der Abgesandte der Könige von Spanien und Frankreich

An dem Namen, den die Leser eben vernommen haben, werden sie den Bruder Leona’s, jenen jungen Mann, der zum Tode verurtheilt gewesen, weil er den Mörder seines Vaters zu ermorden versucht hatte, jenen adeligen Herrn wieder erkannt haben, welchen Carl V. am Tage seiner Abdankung seinem Sohne Philipp II. empfahl.

Die Leser erinnern sich auch, daß Leona zwar in Odoardo von Maraviglia ihren Bruder erkannt hatte, dieser aber weit entfernt war, daß Leona, die er nur flüchtig in dem Zelte Emanuels gesehen, seine Schwester sey.

Der Herzog von Savoyen wußte also allein nebst seinem Pagen, wer Odoardo das Leben gerettet.

Wie war aber Odoardo zu gleicher Zeit der Bevollmächtigte Philipps und Heinrichs geworden? Das haben wir mit wenigen Worten zu erläutern.

Odoardo genoß als Sohn eines Gesandten des Königs Franz I., der unter den Pagen, als Freund des Dauphin Heinrichs II. erzogen, dann von dem Kaiser Carl V. am Tage seiner Abdankung öffentlich adoptirt worden war, gleiche Gunst am Hofe des Königs von Frankreich und am Hofe des Königs von Spanien.

Man wußte überdies, wenn auch das Einzelne bei dem Vorgange unbekannt geblieben war, daß er Emanuel Philibert das Leben verdanke.

Es war demnach natürlich, daß eine Person, die sich für den Frieden interessirte, auf den Gedanken kam, die doppelte Eröffnung durch den Mann machen zu lassen, welcher sowohl das Ohr des Königs von Frankreich als das des Königs von Spanien besaß, so wie daß derselbe Mann nachdem die Hauptartikel dieses Friedens zwischen den beiden Königen festgestellt waren, derselbe Mann an Emanuel Philibert geschickt würde, damit er dessen Zustimmung erlange, besonders da eben das Gerücht verbreitet war, Odoardo Maraviglia verdanke es dem Herzoge von Savoyen, daß er noch am Leben sey und daß er durch den Kaiser Carl V. mit Ehren überhäuft und dem Könige Philipp II. empfohlen worden.

Der Mann, welcher den Gedanken gehabt hatte Odoardo Maraviglia zu verwenden, hatte sich in keinem Punkte getäuscht. Die Präliminarien des Friedens, den Philipp II. wie Heinrich II. gleich sehr wünschten, waren schneller vereinbart worden, als man bei einer so wichtigen Sache hätte erwarten sollen.

Emanuel Philibert ging Odoardo entgegen und reichte ihm die Hand, die dieser ehrerbietig küßte.

»Ew. Gnaden,« sagte er, »sieht in mir einen sehr glücklichen Mann, denn vielleicht habe ich schon bewiesen und ich werde es in Zukunft zu beweisen suchen, daß Ihr einem Dankbaren das Leben gerettet habt.«

»Nein, werther Odoardo, Euch hat das Leben vor Allem der Edelmuth des Kaisers gerettet, den wir alle betrauern. Ich war nur der Vermittler seiner Gnade.

»Es mag dies seyn; Ihr waret für mich, der sichtbare Bote der Gunst des Himmels. Euch verehre ich deshalb, wie die alten Patriarchen die Engel verehrten, welche ihnen den Willen des Herrn verkündigten. Dagegen seht Ihr nun in mir einen Boten des Friedens.«

»Als solcher seyd Ihr mir gemeldet, Odoardo, als solchen erwartete ich Euch, als solchen empfange ich Euch.«

»Ich war Euch gemeldet? Ihr erwartetet mich? Verzeiht, ich glaubte der Erste zu seyn, der Euch durch meine Gegenwart meine Ankunft melde, und die Anträge und Vorschläge, die ich Euch machen sollte, waren so geheim…«

»Seyd unbesorgt, Herr Gesandter,« entgegnete lächelnd der Herzog von Savoyen. »Habt Ihr nicht gehört, daß manche Menschen ihren Hausgeist haben, der ihnen in voraus das Geheimste meldet? Ich bin ein solcher Mensch.«

»Dann kennt Ihr den Zweck meines Besuchs?«

»Den Zweck allerdings, aber noch nicht die Einzelheiten.«

Odoardo deutete mit einer Verbeugung an, daß sie nicht allein wären. Leona sah den Wink und wollte sich entfernen, der Prinz hielt sie aber zurück.

»Ich bin immer allein, wenn ich bei diesem jungen Manne bin, Odoardo,« sagte er, »denn eben dieser junge Mann ist der Hausgeist, von dem ich eben sprach. Bleibe, Leona, bleibe! Wir müssen wissen, was man uns vorschlägt… Sprecht, Herr Gesandter.«

»Was würdet Ihr sagen,« fragte Odoardo lächelnd, »wenn ich Ew. Hoheit für Ham, Catelet und Saint-Quentin im Auftrage Frankreichs hundertundachtundneunzig Städte anböte?«

»Ich würde sagen,« antwortete Emanuel, »das ist unmöglich.«

»Es ist doch so, Hoheit.«

»Gibt Frankreich unter diesen Städten auch Calais zurück?«

»Nein. Die neue Königin von England Elisabeth, welche sich unter Glaubensvorwänden geweigert hat, mit Philipp II., dem Witwer ihrer Schwester, sich zu vermälen, ist bei der Sache etwas benachtheiligt… Alles geschieht sogar unter Bedingungen, daß Frankreich Calais und die andern Städte der Picardie behält, welche Herr von Guise den Engländern abgenommen hat.«

»Unter welchen Bedingungen?«

»Nach acht Jahren wird der König von Frankreich sie zurückgeben, wenn er nicht vorzieht, an England fünfzigtausend Thaler zu zahlen.«

»Die wird er zahlen, er müßte denn sehr arm seyn.«

»Man wollte auch nur der Königin Elisabeth eine Genugthuung geben. Sie hat sich zum Glück damit begnügt, weil sie in diesem Augenblicke mit dem Papste viel zu schaffen hat.«

»Hat er sie nicht für unehelich erklärt?« fragte Emanuel.

»Allerdings, aber dadurch wird er die Oberherrlichkeit über England verlieren. Elisabeth hat ihrerseits erklärt, alle Verordnungen, welche die verstorbene Königin Marie zu Gunsten der katholischen Kirche erlassen, wären ungültig, sie stelle dagegen das wieder her, was unter Eduard und Heinrich VIII. gegen den Papst geschehen und füge, wie diese beiden Könige, ihren königlichen Prärogativen den Titel des Oberhauptes der anglicanischen Kirche bei.«

»Und was thut Frankreich mit seiner kleinen Königin von Schottland?«

»Heinrich II. hat Maria Stuart als Königin von Schottland und England, als Erbin der verstorbenen Königin Marie Tudor, als einzige Nachkommin Jacobs V. erklärt, wegen der unehelichen Geburt Elisabeths.«

»Es ist aber,« fiel Emanuel Philibert ein, »ein Testament Heinrichs VIII. vorhanden, welches Elisabeth zur Erbin der Krone erklärt, und darauf stützte sich das Parlament, als es Elisabeth als Königin ausrief; doch kommen wir auf unsere Angelegenheiten, Herr Gesandter.«

»Die Hauptbedingungen des Vertrages sind folgende: »Die beiden Könige, der König von Spanien und der König von Frankreich – werden im Verein sich bemühen, den Frieden der Kirche wieder herzustellen, indem sie ein großes Concil berufen.

»Es wird Amnestie allen denen gegeben, welche der Partei des einen oder andern Königs folgten, mit Ausnahme indeß der Verbannten von Neapel, Sicilien und Mailand, welche unter der allgemeinen Amnestie nicht begriffen sind.

»Es wird dann festgesetzt, daß alle Städte und Burgen, welche durch Frankreich dem Könige von Spanien abgenommen worden sind, namentlich Thionville, Marienburg, Ivoy, Montmedy, Damvilliers, Hesdin, dem Könige von Spanien zurückgegeben werden; daß Ivoy geschleift wird wegen Thérouanne; daß der König Philipp sich mit der Prinzessin Isabella von Frankreich vermählt, um die er anfangs für seinen Sohn Don Carlos geworden, und daß diese Prinzessin eine Mitgift von viermal hunderttausend Goldthaler erhält; daß die Veste Bouillon an den Bischof von Lüttich zurückgegeben wird; daß die Infantin von Portugal in Besitz der Güter gelangt, die ihr von Seiten ihrer Mutter, der Königin Eleonore, Witwe Franz I., zugehören; daß endlich die beiden Könige dem Herzoge von Mantua zurückgeben, was sie ihm in Montferrat abgenommen haben.«

»Und alle diese Bedingungen hat der König von Frankreich zugestanden?« fragte Emanuel.

»Alle… Was meint Ihr dazu?«

»Es ist wunderbar, Herr Gesandter, und wenn Ihr ihn dazu vermocht habt, hatte Kaiser Carl V. wohl Recht, Euch seinem Sohn zu empfehlen.«

»Ach nein,« antwortete Odoardo, »die Hauptvermittler in diesem seltsamen Frieden sind Frau von Valentinois, welche mit Besorgniß das Glück der Guisen und das Ansehen der Königin Catharina wachsen sieht, und der Connétable, welcher merkt, daß die Lothringer während seiner Gefangenschaft den Fuß auf sein Haus setzen.«

»Ah,« sagte Emanuel, »nun erklärt sich der öftere Urlaub, den der Connétable sich bei dem Könige Philipp erbat, um nach Frankreich zu reisen und sein Gesuch an mich, seine und des Admirals Freiheit mit zweimal hunderttausend Thalern zu erkaufen… Ich habe eben dieses Gesuch durch meinen Knappen Scianca-Ferro dem Könige vorlegen lassen.«

»Der König wird es genehmigen, wenn er nicht undankbar ist.«

Nach einer Pause sah er den Prinzen an und setzte hinzu:

»Aber Ihr fragt mich nicht, Hoheit, was für Euch geschehen soll?«

Emanuel fühlte, daß Leona‘s Hand bebte, die er noch immer in der seinigen hielt.

»Für mich?« antwortete der Prinz. »Ich hoffte vergessen zu seyn.«

»Da hätten die Könige Philipp und Heinrich einen andern Unterhändler wählen müssen als den, welcher Euch das Leben verdankt. Nein, nein, der Himmel ist diesmal gerecht und der Sieger von Saint-Quentin wird hoffentlich reich belohnt.«

Emanuel wechselte einen schmerzlichen Blick mit dem Pagen und wartete.

»Hoheit,« fuhr Odoardo fort, »alle Plätze, die dem Herzoge eurem Vater und Euch selbst jenseits der Alpen weggenommen worden sind, sollen Euch zurückgegeben werden mit Ausnahme von Turin, Pignerol, Quiers, Chivas und Villeneuve, welche Frankreich im Besitz behält, bis Gott Euch einen männlichen Erben gegeben hat. Bis zum Tage der Geburt dieses Erben, welche den großen Prozeß Louisens von Savoyen und Piemonts erledigt, soll es ferner Spanien erlaubt seyn, Garnison in den Städten Asti und Vercelli zu haben.«

»Wenn ich mich aber nicht verheirathe,« flel Emanuel lebhaft ein.

»Verliert Ihr fünf Städte, die allein für die Krone eines Fürsten genügten.«

»Der Herr Herzog von Savoyen wird sich vermählen,« sagte Leona… »Excellenz, sagt nur welche hohe Verbindung man ihm bestimmt hat.«

Odoardo sah den jungen Mann mit Staunen an und dann wendeten sich seine Augen auf den Prinzen, in dessen Zügen sich die schmerzlichste Unruhe verrieth. So gewandt der Unterhändler auch war, täuschte er sich doch in diesem Ausdrucke.

»Die Dame, die Euch bestimmt ist, ist wohl eines Königs würdig,« sagte er.

Und da die erbleichenden Lippen Emanuels geschlossen blieben, statt sich zu der Frage zu öffnen, welche Odoardo erwartete, setzte dieser hinzu:

»Es ist Margarethe von Frankreich, die Schwester des Königs Heinrich II., die ihrem glücklichen Gemahl nicht nur das ganze Herzogthum Savoyen als Mitgift zubringt, sondern überdies dreimal hunderttausend Thaler.«

»Margarethe von Frankreich,« sprach Emanuel fast leise, »ist eine hohe Prinzessin, ich weiß es, aber ich hatte mir immer gesagt, daß ich mein Herzogthum durch die Waffen, aber nicht durch eine Heirath wiedergewinnen wolle.«

»Aber,« entgegnete Odoardo, »Margarethe von Frankreich ist würdig, der Lohn eurer Siege zu seyn; wenige Fürsten haben eine gewonnene Schlacht und eine eroberte Stadt mit der Hand der Schwester eines Königs, der Tochter eines Königs bezahlt.«

»Ach,« seufzte Emanuel, »warum habe ich meinen Degen bei dem Beginne dieses Feldzuges nicht zerbrochen!«

Da Odoardo ihn erstaunt ansah, sagte Leona zu ihm:

»Excellenz, wollt Ihr mich einen Augenblick mit dem Prinzen allein lassen?«

Odoardo schwieg und sah Emanuel Philibert fragend an.

»Eine Viertelstunde,« fuhr Leona fort. »Nach dieser Viertelstunde werdet Ihr, Excellenz, von dem Prinzen die gewünschte Antwort erhalten.«

Der Herzog machte eine verneinende Bewegung, die aber sofort durch einen stummen bittenden Blick Leona‘s zurückgehalten wurde.

Odoardo verbeugte sich und ging hinaus. Er hatte wohl erkannt, daß der geheimnißvolle Page den unbegreiflichen Widerstand zu brechen vermöchte, welchen der Herzog von Savoyen den Wünschen der Könige von Spanien und Frankreich entgegenzusetzen schien.

Nach einer Viertelstunde wurde Odoardo wieder in das Cabinet des Herzogs von Savoyen gerufen.

Emanuel Philibert war allein.

Traurig, aber gefaßt, reichte er dem Unterhändler die Hand.

»Odoardo,« sagte er, »Ihr könnt zu denen zurückkehren, die Euch sandten, und ihnen sagen, Emanuel Philibert nehme dankbar an, was die Könige von Frankreich und Spanien ihm geboten.«

XII.
Bei der Königin

Wegen der Gewandtheit des Unterhändlers, der jene diplomatische Feinheit besaß, welche eine Eigenthümlichkeit der Florentiner und Mailänder seyn soll, besonders aber wegen des Interesses, welches die beiden Könige daran hatten, daß die ganze Sache geheim bleibe, war außer den unbestimmten Gerüchten, welche alle großen Ereignisse begleiten, auch selbst an dem Hofe von den großen Plänen noch nichts verlautet, die Odoardo Maraviglia dem Herzoge von Savoyen vorgelegt hatte und deren Ausführung Frankreich so viel kostete.

Mit großer Verwunderung also begegneten einander zwei Reiter, ein jeder in Begleitung eines Knappen, vier Tage nach der Unterredung, die wir eben mitgetheilt haben, nemlich der Connétable von Montmorency, der in Antwerpen gefangen seyn sollte, und der Herzog von Guise, den man im Lager von Compiègne suchte.

Die Complimente zwischen den beiden Todfeinden nahmen nicht viel Zeit in Anspruch. Der Herzog von Guise hatte als kaiserlicher Prinz den Vorrang vor dem ganzen Adel Frankreichs, Montmorency ließ also sein Pferd einen Schritt zurückgehen, Guise das seinige eben so weit vor, so daß man hätte glauben können, der Connétable sey der Knappe irgend eines Herrn aus dem Gefolge des Prinzen, wenn sich nicht der Eine rechts, der Andere links gehalten hätte, als sie in den Hof des Louvre einritten, welcher die Winterresidenz des Königs war.

Der Eine, der Herzog von Guise, begab sich nemlich zu der Königin Catharina von Medici, der Andere, der Connétable, zu der Favoritin Diana von Poitiers.

Beide wurden mit gleicher Ungeduld erwartet.

Man erlaube, daß wir den bedeutendsten der beiden Männer zu der, wenigstens scheinbar, bedeutendsten der Frauen, die wir nannten, begleiten, nemlich den Herzog von Guise zu der Königin.

Catharina von Medici war Florentinerin, die Guisen waren Lothringer; es lag also eigentlich gar nichts Verwunderliches darin, daß in dem Augenblicke als die Nachricht von der Schlacht von Saint-Quentin in Frankreich sich verbreitete, Catharina und der Cardinal von Lothringen, die ihr Ansehen durch den Einfluß verdunkelt sahen, welchen der Connétable als Oberbefehlshaber erlangte, einen und denselben Gedanken hatten – nicht, daß der Verlust dieser Schlacht Frankreich an den Rand des Verderbens bringe – sondern daß sie das Ansehen der Montmorency breche, da in Folge derselben der Connétable und einer seiner Söhne in die Gefangenschaft der Spanier gerathen.

Das Ansehen der Montmorency konnte nun aber nicht sinken, ohne daß in Folge des natürlichen Spiels der politischen und militärischen Schaukel der Einfluß der Guise wieder stieg.

So war denn auch, wie wir gesagt haben, die ganze Civilverwaltung des Reiches den Händen des Cardinals von Lothringen übergeben worden, während der Herzog von Guise, den man als Retter aus Italien erwartete, gleich nach seiner Ankunft die ganze Militärgewalt als Reichsoberfeldherr in seine Hände nahm,

Wir haben auch gesehen wie der Herzog von Guise diese Allmacht benutzt hatte; denn das Resultat eines einzigen Feldzuges war die Wiedereroberung von Calais, die Erstürmung von Guines, Ham und Thionville, so wie die Überrumpelung von Arlon.

Der Herzog von Guise wiegte sich also in einem großen, der Erfüllung nahenden Traume des Ehrgeizes, in einem der süßesten Träume, die ein Guise haben konnte, als ein unbestimmtes Gerücht ihn erweckte.

Es war die Rede von der Rückkunft des Connétable nach Paris, welche, wenn sie wirklich erfolgte, sicherlich der Vorläufer eines Friedensvertrages war.

In Folge dieses Gerüchtes hatte der Herzog von Guise sofort das Lager von Compiègne verlassen und auf der Hälfte des Weges, nemlich in Louvres, mit einem Eilboten zusammengetroffen, den ihm der Cardinal von Lothringen mit der Aufforderung zusandte, so schnell als möglich nach Paris zu kommen.

Eine andere Instruction hatte der Bote nicht, der Herzog aber zweifelte nicht, zu welchem Zwecke er beschieden werde.

Als er Herrn von Montmorency begegnete, verwandelte sich seine Vermuthung in Gewißheit Montmorency war frei und der Friede folgte aller Wahrscheinlichkeit dieser unerwarteten Freilassung bald nach.

Montmorency hatte nun zwar Alles verloren und Guise Alles gerettet, aber aller Wahrscheinlichkeit nach erschien der Besiegte mit dem Sieger auf gleichem Fuße am Hofe.

Und wer wußte, ob nicht der Besiegte wegen der Gunst der Frau von Valentinois den besten Theil erhielt? Diese Gedanken beschäftigten Guise und verdüsterten sein Gesicht, als er die Treppe hinaufging, die zu der Königin Catharina führte, während im Gegentheil der Connétable heiter und wohlgemuth am andern Theile des Hofes die Treppe zu Diana hinaufstieg.

Der Herzog war offenbar erwartet, denn sobald sein Name genannt wurde, hob sich der Vorhang an der Thür der Königin und er hörte die Königin in ihrem gewöhnlichen rauhen florentinischen Tone rufen:

»Tretet ein, Herr Herzog, tretet ein!«

Die Königin war allein, der Herzog Franz sah sich aber um, als habe er erwartet Jemanden bei ihr zu finden.

»Ihr sucht euren Bruder?« fragte sie.

»Weiß Ew. Majestät,« antwortete der Herzog, der die gewöhnlichen Complimente sehr abkürzte, »daß mein Bruder mir einen Eilboten mit der Aufforderung sandte, sofort nach Paris zu kommen?«

»Ja,« sagte Catharina, »da aber der Eilbote erst um ein Uhr Nachmittags aufgebrochen ist, so erwarteten wir Euch erst Abends, ja selbst erst spät in der Nacht.«

»Allerdings; ich begegnete dem Boten in der Mitte des Weges.«

»Und was führte Euch nach Paris zurück?«

»Meine Besorgniß.«

»Herzog,« sagte Catharina, die diesmal ihre ganze List bei Seite ließ, »Ihr waret nicht mit Unrecht besorgt, denn nie gab es mehr Ursache zur Besorgniß.«

In diesem Augenblicke hörte man einen Schlüssel in einem ersten, dann in einem zweiten Schlosse sich drehen, dann öffnete sich eine geheime Thür von dem Corridor der Königin her und der Cardinal erschien.

Ohne sich die Zeit zu nehmen, seinen Bruder zu begrüßen und als trete er bei einer Prinzessin seines Ranges oder sogar eines noch niedern Ranges ein, trat er geradenwegs zu Catharina und Franz und sagte in einem Tone, welcher die Wichtigkeit andeutete, die er der Nachricht beilegte:

»Wisset Ihr, daß er angekommen ist?«

»Ja,« antwortete der Herzog Franz, der wohl errieth wen der Cardinal meinte; »ich begegnete ihm am Thore des Louvre.«

»Wer?« fragte Catharina.

»Der Connétable,« antworteten gleichzeitig der Herzog und der Cardinal von Guise.

»Ah!« entgegnete die Königin, als habe sie einen Dolchstoß in die Brust erhalten. »Indeß,« setzte sie gleich darauf hinzu, »er kommt vielleicht auch diesmal blos, wie früher, mit einem Urlaub von einigen Tagen.«

»Nein,« antwortete der Cardinal. »Er kehrt zurück. Durch Vermittlung des Herzogs von Savoyen ist ihm gestattet worden, sich und den Admiral für zweimalhunderttausend Thaler loszukaufen, die gewiß der König zahlt, ich sage es vorher. Bei dem lothringischen Kreuze,« fuhr der Cardinal fort, indem er unwirsch auf seinen Schnurbart biß, »die Dummheit war auch zu groß, als daß ein Privatmann dafür zahlen sollte, und wenn man den rechten Preis dafür verlangt hätte, würden die Montmorency, die Damville, die Coligny und Dandelot an den Bettelstab gekommen seyn.«

»Was habt Ihr sonst erfahren?« fragte Catharina.

»Nicht viel, aber ich erwarte jeden Augenblick euren ehemaligen Boten, den Herzog von Nemours,« sagte Carl von Lothringen indem er sich zu seinem Bruder wandte. »Herr von Nemours gehört zu der Familie Savoyen; man ahnt nicht, daß er uns angehört, und da der Wind in diesem Augenblicke von Piemont her weht, bringt er uns vielleicht etwas Neues mit.«

In diesem Augenblicke kratzte Jemand ehrerbietig an der Thür, durch welche eben der Cardinal eingetreten war und die er hinter sich wieder zugeschlossen hatte.

»Ah,« sagte Carl von Lothringen, »er ist es wahrscheinlich.«

»So laßt ihn vor,« entgegnete Catharina.

Es war in der That derselbe Herzog von Nemours, welchen wir vor anderthalb Jahren an einem Vormittage, an welchem der König und Hof im Walde von Saint-Germain jagten, durch den Cardinal einführen sahen.

Er war weder so besorgt wie der Herzog von Guise, noch so vertraut wie der Cardinal, wollte deshalb die Königin Catharina nach allen Regeln der strengsten Etikette begrüßen; sie aber ließ ihm nicht Zeit dazu.

»Herr Herzog,« sagte sie, »unser werther Cardinal hier meldet uns eben, daß Ihr uns vielleicht Neues mitzutheilen hättet. Sprecht. Was wisset Ihr von dem erbärmlichen Frieden?«

»Ich kann Euch alles aus der ersten Hand mittheilten,« antwortete der Herzog von Nemours. »Ich komme eben von dem Unterhändler Odoardo Maraviglia, der gerade von dem Herzog Emanuel von Savoyen kommt.«

»In diesem Falle müßt Ihr die besten Nachrichten haben,« bemerkte der Cardinal von Lothringen, »denn der Herzog Emanuel von Savoyen ist der am meisten Betheiligte bei der Sache, da das Fürstenthum der Einsatz ist.«

»Nun,« sagte der Herr von Nemours, »der Herzog Emanuel hat seltsamer Weise, aus Gleichgültigkeit gegen die Größe oder – was wahrscheinlicher ist – aus einer geheimen Ursache, vielleicht wegen einer geheimen Liebe oder wegen eines Versprechens, das er einer Andern gegeben, die Eröffnungen, die ihm gemacht wurden, mehr mit Trauer als mit Freude aufgenommen.«

»Vielleicht,« bemerkte der Herzog von Guise bitter, »ist er auch durch den königlichen Dank schlecht belohnt. Das wäre nicht wunderbar. Er gehört ja auch zu den Siegern.«

»Dann machte er in der That sehr große Ansprüche,« entgegnete der Herzog von Nemours, »denn man gibt ihm seine ganzen Staaten zurück, mit Ausnahme von fünf Städten, und auch diese erhält er, sobald er einen männlichen Erben hat.«

»Und wer soll seine Frau seyn?« fragte der Cardinal von Lothringen hastig.

»Ja, ja,« antwortete Nemours, »das weiß man noch nicht. Seine Frau wird – Margarethe von Frankreich seyn.«

»Die Schwester des Königs!« rief Catharina aus.

»So hat sie doch ihr Ziel erreicht,« sagte der Herzog Franz; »sie wollte ihre Hand nur einem Souverän geben.«

»Nur,« setzte Catharina mir der eigenthümlichen Bitterkeit hinzu, mit der Frauen von einander sprechen, »hat sie mit ihrer werthen Person lange gewartet, denn wenn ich mich nicht irre, zählt sie fast sechsunddreißig Jahre… Verloren freilich wird sie durch das Warten nichts haben.«

»Und wie nahm Emanuel Philibert diesen Antrag auf?«

»Anfangs sehr kalt. Der Graf Maraviglia will glauben, er sey nahe daran gewesen, ihn abzulehnen; nach einer viertelstündigen Ueberlegung nahm er ihn an. Abends, als er den Gesandten entließ, setzte er hinzu, er wünsche nicht zu fest wegen der Heirath gebunden zu werden, so lange er die Prinzessin Margarethe nicht gesehen habe. Natürlich hat der Gesandte von dieser Unschlüssigkeit nichts gesagt und im Gegentheil dem Könige Heinrich II. den Prinzen Emanuel Philibert als äußerst freudig, glücklich und dankbar geschildert.«

»Und welche Städte gibt man ihm zurück?« fragte der Herzog von Guise.

»Alle, antwortete der junge Nemours, »mit Ausnahme von Turin, Pignerol, Quiers, Chivas und Villeneuve. Uebrigens wäre es unrecht, wenn der König von Frankreich die Rückgabe verweigern wollte, da er ja der Königin von England und dem Könige von Spanien etwa hundertundachtundneunzig zurückgibt.«

Der Herzog von Guise erbleichte vor Zorn und fragte:

»Habt Ihr vielleicht gehört, ob der König auch Calais zurückgibt?«

»Das weiß ich nicht,« antwortete Nemours.

»Bei Gott,« fuhr Guise fort, »es ist so gut, als sage er mir, mein Degen nütze ihm nichts. Ich werde ihn einem Fürsten anbieten, der ihn besser zu gebrauchen weiß, wenn ich ihn,« setzte er zwischen den Zähnen brummend hinzu, »nicht für mich selbst behalte.«

In diesem Augenblicke hob ein Diener, welchen der Cardinal zur Beobachtung aufgestellt hatte, den Thürvorhang rasch auf und sagte:

»Der König!«

»Wo?« fragte Catharina.

»Am Ende der großen Gallerie,« antwortete der Diener.

Catharina sah den Herzog Franz an, als wolle sie ihn fragen was wohl zu thun sey.

»Ich werde ihn erwarten,« sagte der Herzog.

»Erwartet ihn,« sagte der Herzog von Nemours; »Ihr seyd ein Städteeroberer und Schlachtengewinner, Ihr könnt alle Könige keck erwarten. Wenn Se. Majestät aber den Herzog von Guise und den Cardinal von Lothringen hier trifft, so ist es genug; ich gehe.«

»Es ist allerdings nicht nöthig, daß er Euch hier sehe,« meinte Catharina, »den Schlüssel, lieber Cardinal.«

Der Cardinal, welcher den Schlüssel für jeden Fall bereit hielt, übergab ihn rasch der Königin. Die Thür öffnete sich vor dem Herzoge von Nemours und sie hatte sie eben hinter demselben wieder geschlossen, als Heinrich von Valois mit finsterem Gesicht und gerunzelter Stirn in der entgegengesetzten Thür erschien.

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