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Kitabı oku: «John Davys Abenteuer eines Midshipman», sayfa 12

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Die Barken beschrieben einen großen Kreis und folgten von fern der Schaluppe.

Das Schiff machte nun eine Schwenkung, um seine ganze Batterie gegen das Ufer zu richten und nöthigenfalls unsere Leute zu schützen; aber die Vorsicht war überflüssig, die Türken hielten sich in gemessener Entfernung und die Soldaten stiegen unbelästigt ans Land.

Die Türken landeten ebenfalls, ohne sich um ihre Fahrzeuge weiter zu kümmern; dann zogen sie, unsern Soldaten nach, in die Stadt.

Zehn Minuten nachher kamen die Unsrigen wieder aus der Stadt und stiegen in die Schaluppe Der Mörder war dem Strafgericht überliefert. Capitän Stanbow hatte seine Schuldigkeit gethan, wie in allen Fällen, wo es aus gesundes Urtheil und unbeugsamen Muth ankam.

Eine Zeitlang hörten wir das Volk noch am Ufer schreien und toben; nach und nach, als es völlig dunkel geworden war, hörte der Tumult ganz auf. So warteten wir etwa eine Stunde. Um gegen jeden Ueberfall sicher zu sein, ließ der Capitän eine Rakete steigen. Einige Augenblicke war die Stadt, von den Sieben Thürmen bis zum Schlosse Constantins, hellerleuchtet; aber wir bemerkten nichts als ein Rudel Hunde, welche auf dem Ufer nach Futter suchten.

Am anderen Morgen erhielt der Capitän Stanbow für sich und alle Offiziere des »Trident« von dein Gesandten eine Einladung, den Sultan zur Moschee zu begleiten. Se. Hoheit wollte dem Propheten öffentlich danken, daß er den Kaiser Napoleon zu einer neuen Kriegserklärung gegen Rußland inspiriert. Nach der Rückkehr aus der Moschee sollten wir im Serai speisen und dann dem Sultan vorgestellt werden.

Zugleich erhielt Lord Byron die briefliche Nachricht, daß in Pera ein kleines Haus für ihn bereit sei und daß er einziehen könne, wann es ihm beliebe. Unser Gast traf sogleich seine Vorkehrungen, und noch denselben Abend verließ er das Schiff sammt seinen Reisegefährten Hobhouse und Ekenhead und seinen zwei griechischen Dienern. Ich erhielt die Erlaubniß, Lord Byron in seine neue Wohnung zu begleiten; um neun Uhr Abends sollte ich jedoch wieder am Bord des »Trident« sein.

Das für Lord Byron gemiethete Haus war sehr hübsch und ganz nach türkischer Art eingerichtet. Es stand mitten in einem schönen Garten, umgeben von Cypressen, Platanen und Sykomoren; vor den Fenstern waren große Beete mit Tulpen und Rosen, welche in diesem herrlichen Klima zu jeder Jahreszeit blühen. Die innere Einrichtung war sehr einfach, fast dürftig, wie überall im Orient; sie bestand aus Binsenmatten, Divans und einigen Schränken oder vielmehr Koffern, welche theils angestrichen, theils mit Perlmutter und Elfenbein eingelegt waren. Der Gesandte hatte übrigens drei Betten geschickt, denn er glaubte doch, daß der Poet, wie sehr er auch für das orientalische Leben schwärmte, nicht gern in vollen Kleidern auf Polstern schlafen würde. Lord Byron war sehr unwillig über diese Zumuthung und schickte dem Gesandten die drei Betten sogleich zurück.

III

Der zu unserm Empfange beim Sultan bestimmte Tag kam. Während ich, um gegen die türkischen Offiziere nicht allzu sehr abzustechen, mit ungewöhnlicher Sorgfalt Toilette machte, kam Jacob in meine Cajüte und schloß mit geheimnißvoller Miene die Thür, als ob er mir im Vertrauen etwas Wichtiges zu sagen hätte. Dann schlich er auf den Fußspitzen heran und hielt einen Finger auf den Mund.

Ich sah ihm lachend zu; ich dachte, alle diese geheimnißvollen Vorkehrungen würden auf nichts Anderes hinauslaufen, als auf das Anerbieten einer eingeschmuggelten Waare. Nachdem er sich noch einmal umgesehen hatte, ob wir auch wirklich allein wären, begann er leise:

»Sie haben an der linken Hand einen Ring mit einem Smaragd —«

»Ja wohl,« sagte ich, angenehm überrascht, denn ich hoffte über das räthselhafte Abenteuer einige Aufklärung zu erhalten.

»Dieser Ring,« fuhr Jacob fort, »ist Ihnen an dem Tage, wo wir die Runde um die Stadt machten, aus einem Fenster in Galata zugeworfen worden.«

»Ganz recht; aber woher wißt Ihr das?«

»Eine Schöne hat ihn fallen lassen,« setzte er hinzu, ohne meine Frage zu beantworten. – »Wünschen Sie sie zu sehen?«

»Das versieht sich.«

»Wissen Sie aber auch, welcher Gefahr Sie sich aussetzen?«

»Was kümmert mich die Gefahr?«

»Dann kommen Sie diesen Abend um sieben Uhr zu mir.«

»Ich werde kommen.«

»Still! da kommt Jemand.«

James kam, und Jakob ließ uns allein. Mein junger Camerad, der bereits in Gala war, schaute dem Juden lächelnd nach.

»Aha!« sagte er, »Sie scheinen schon mit dein Signor Mercurio in geheimen Unterhandlungen zu stehen. Ich wünsche Ihnen mehr Glück, als ich gehabt habe, lieber John. Ich lasse mir nur noch Tabak von ihm liefern, denn was er mir geboten, ist weit hinter meinen Erwartungen und seinen Versprechungen zurückgeblieben Er wird Ihnen, wie mir, Cireassierinnen, Griechinnen und Georgierinnen versprechen, als ob er das reichste Sortiment hätte – und dann liefert er Ihnen eine lumpige Jüdin, die ein Eckensteher in Piccadilly verschmähen würde.«

»Sie irren sich, James,« sagte ich bei dem Gedanken erröthend, daß meine Wonneträume ein solches Ende nehmen würden; »ich suche kein Abenteuer, ich werde vielmehr von einem Abenteurer aufgesucht. Sehen Sie diesen Ring.«

Ich zeigte ihm den Smaragd.

»Ei, der tausend! dann ist‘s noch schlimmer,« sagte er. »Ich habe Geschichten gehört von sprechenden Blumensträußen, von stummen Sklaven und lebenden Ledersäcken, welche gar jämmerlich schreien, wenn sie ins Meer geworfen werden. Ich weiß nicht, ob alle diese Geschichten wahr sind; aber ich weiß, daß wir auf dem Schauplatz sind, wo sie sich zutragen sollen.«

Ich schüttelte zweifelnd den Kopf.

»Darf ich wissen,« fuhr er fort, »wir dieser mächtige Talisman in Ihre Hände gekommen ist?«

»Man hat mir ihn aus dem vergitterten Fenster zugeworfen, wo wir den lauten Schrei hörten, als der alte Grieche zum Richtplatz geführt wurde. Sie werden sich erinnern.«

»Ja wohl. In jenem Hause erwartet man Sie?«

»Ich vermuthe es.«

»Wann, wenn ich fragen darf?«

»Diesen Abend, zwischen sieben und acht Uhr.«

»Sind Sie entschlossen hinzugehen?«

»Allerdings.«

»Gehen Sie, Theuerster; denn mich würde nichts abhalten, wenn ich an Ihrer Stelle wäre. Inzwischen werde ich thun, was Sie thun würden, wenn ich an Ihrer Stelle und Sie an der meinigen wären.«

»Was werden Sie thun?«

»Das ist mein Geheimniß.«

»Nun, thun Sie was Sie wollen, James; ich baue auf Ihre Freundschaft.«

James reichte mir die Hand, und da meine Toilette vollendet war, gingen wir auf’s Verdeck.

Eine Geschützsalve vom Serai verkündete dem Volke von Stambul, daß der Sultan bald erscheinen werde. Die Kanonen vor der Janitscharencaserne und zu Tophana antworteten; darauf zogen alle im Bosporus ankernden Schiffe ihre Flaggen auf und feuerten ebenfalls ihre Geschütze ab.

Der Anblick von Constantinopel war in jenem Augenblicke wirklich zauberisch. Das ganze Goldene Horn war in Flammen; auf unserm Schiffe, welches Flammen spie wie die andern, sah man zwischen den Rauchwolken rothe Häuser, Festungswerke, Moscheen, Minarets, Gärten, Friedhöfe mit ihren dunklen Cypressen, ein Amphitheater von seltsam aufeinandergethürmten Gebäuden, welche hinter dem in der Luft hängenden Dunstschleier riesige Dimensionen, phantastische Formen annahmen. Kurz, das Ganze glich einem Traumgesicht; man konnte sich in einem Feenlande glauben.

Dieser Kanonendonner rief uns zum Serai. Wir stiegen daher eilends in die Schaluppe des Capitäns und ruderten dem Lande zu. Am Ufer standen reich aufgezäumte Pferde für uns bereit; ich erhielt einen prächtigen Apfelschimmel, der würdig gewesen wäre, von einem Feldherrn am Tage einer Schlacht geritten zu werden. Ich bestieg das edle Thier mit einer Leichtigkeit und regelrechten Haltung, um die ich von mehr als einem Marineoffizier beneidet wurde. Am Thor fanden wir den englischen Botschafter, der eben mit Lord Byron angekommen war. Der Letztere sah in seinem reich mit Gold gestickten scharlachrothen Frack aus wie ein englischer Adjutant. Diese Ceremonie, zu welcher ihn der Botschafter eingeladen hatte, um seine Neugierde zu befriedigen, war für den Poeten eine hochwichtige Angelegenheit geworden; er hatte durchaus wissen wollen, welchen Platz er in dem Zuge einnehmen werde, denn er hielt viel auf die Vorrechte seines Ranges, selbst den Ungläubigen gegenüber. Mr. Adair versicherte vergebens, daß er ihm einen besonderen Platz nicht anweisen könne, daß überdies die Türken in dem Ceremoniel nur die zur Gesandtschaft gehörigen Personen berücksichtigten und von der unter dem englischen Adel üblichen Rangordnung gar keinen Begriff hätten: Lord Byron entschloß sich erst zum Mitgehen, als ihm der in Sachen der Etikette wohl bewanderte österreichische Botschafter bei seinen zweiunddreißig Ahnen betheuert hatte, daß er, ohne sich zu compromittiren, im Gefolge Mr. Adair’s einen beliebigen Platz wählen könne.

Wir ritten in den ersten Hof, wo wir bleiben sollten, bis wir in dein vorbeikommenden Zuge den uns zugewiesenen Platz einnehmen würden.

Der Zug ließ nicht lange aus sich warten. An der Spitze erschienen Janitscharen. Nach den pomphaften Beschreibungen, die man mir von dieser Truppe gemacht hatte, waren die unansehnlichen, schmutzigen Söldner mit ihren hohen Mützen kaum wieder zu erkennen. Sie marschirten mit ihren weißen Stäben ohne alle militärische Ordnung und schrien ans Leibeskräften das »Mohammed Resul Allah«. Diese weltberühmte Truppe erinnerte mich unwillkürlich an die Miliz Falstaff’s, welche immer ein homerisches Gelächter weckt, wenn sie, von ihrem schmerbäuchigen Werber geführt, auf dem Theater von Drurylane oder Haymarket erscheint.

An der Ehrerbietung oder vielmehr Furcht, mit welcher die Janitscharen empfangen wurden, war indeß leicht zu sehen, daß sie ihr früheres Ansehen noch keineswegs verloren hatten. Selim hatte mit der Schlange gekämpft, ohne sie zu erdrücken, und die Schlange hatte sich erbitterter und furchtbarer wieder aufgerichtet; dem energischen Mahmud war es vorbehalten, die sieben Köpfe der Hydra mit einem Schlage abzuhauen.

Nach den Janitscharen kamen die Delhis mit ihren Wurfspießen und ihren Mützen, an denen Fähnlein flatterten wie au den Piken unserer Uhlanen.

Dann folgten die Topigi oder Bombardiere, welche das am besten organisirte Corps des türkischen Reiches bilden, denn sie bestehen ans jungen Männern der ersten Familien von Stambul und haben zu Tophana unter der Leitung von französischen Offizieren einige militärische Vorbildung erhalten.

Während ich ihnen neugierig nachschaute, erschienen die Großen des Reiches plötzlich in ihren malerischen, von Gold strotzenden Gewändern, welche in Bezug auf Schnitt und Verzierung fast alle dein vormaligen griechischen Kaiserhofe entlehnt sind. Mitten unter ihnen glänzten der Ulema, der Mufti und der Kislar Aga, das ist der Siegelbewahrer, das Oberhaupt der Geistlichkeit und der Anführer der schwarzen Eunuchen. Eine seltsame Dreieinigkeit, welche gleichen Rang und ziemlich gleiche Gewalt hat.

Unter diesen drei Großwürdenträgern fesselte der Kislar Aga am meisten meine Aufmerksamkeit, und es ist nicht zu läugnen, daß er derselben in jeder Hinsicht würdig war. Abgesehen von seinem Amt als Wächter des »Gartens der Glückseligkeit«, welches ganz geeignet ist die Neugierde eines Europäers zu erregen, empfahl er sich ungemein durch seine Persönlichkeit, welche merkwürdig häßlich war. Auf seinem kurzen gedrungenen Rumpfe saß ein unförmlich dicker Kopf mit gelben Augen, welche seinem aufgedunsenen, mürrischen Gesicht einige Aehnlichkeit mit einem in halbschlummer versunkenen Uhu gaben.

Dieser koboldartige Halbmann war indeß der Gebieter von Athen. Es ist vielleicht eine besondere Auszeichnung für diese Stadt, daß sie einen Eunuchen zum Statthalter bekommen hat. Und was noch merkwürdiger, was kaum glaublich, aber wahr: der Kislar Aga besaß, nach dem Sultan, den reichsten und zahlreichsten Harem. In Westeuropa würde man dies für einen höchst seltsamen, überflüssigen Luxus halten, aber in Stambul ist es einmal der Brauch.

Endlich erschien der Sultan Mahmud II. Gegen meine Erwartung wurde er nicht mit Jubel, sondern mit tiefem, ehrerbietigem Stillschweigen empfangen. Der Großherr hatte übrigens etwas Würdevolles, Achtunggebietendes in seinem Aeußern, und imponirte selbst den Ungläubigen. Man ahnte schon damals in ihm den festen, unversöhnlichen Charakter, den er später bewährt hat. Sein tiefliegendes funkelndes Auge schien in der Tiefe der Seele zu lesen; die Flügel seiner wohlgebildeten Nase bewegten sich beim Athemholen; seine festgeschlossenen Lippen, welche von dem langen schwarzen Barte fast ganz bedeckt waren, hatten selbst beim Stillschweigen einen gebieterischen Ausdruck; sein Gesicht, das nach antikem Modell in Bronze gegossen zu sein schien, zeigte auf seiner ganzen olivenfarbenen Fläche keine jener Falten, welche als Folgen heftiger Leidenschaften zurückzubleiben pflegen. Kein Zug deutete auf innere Erregung, das ganze Antlitz war ernst und regungslos, fast wie eine Todtenmaske; nur von Zeit zu Zeit schossen einige Blitze aus seinen Augen hervor.

Man sah es diesem Manne an, daß er Millionen Menschen beherrschte und daß er sich seiner schrankenlosen Gewalt wohl bewußt war. Das unter ihm zitternde und ungeachtet des langsamen Schrittes mit Schaum bedeckte Pferd war ein Sinnbild des von Mahmud gezügelten, überwältigten Volkes.

Als der Sultan an seinen Unterthanen vorbeiritt, verhüllten sie sich das Gesicht, als ob sie gefürchtet hätten, durch seinen Anblick geblendet zu werden. Und gleichwohl war sein Anzug auf den ersten Anblick einfacher als der des letzten Offiziers in seinem Gefolge; der schwarze Marbupelz war das einzige Abzeichen seiner Würde. Sein einziger Schmuck war das Diadem mit dem berühmten Diamant Eghrikapu, der im Jahre 1679 von einem Bettler in einem Kehrichthaufen gefunden und gegen drei hölzerne Löffel vertauscht wurde.

Vor dem Sultan schritt sein Schatzmeister, der dem Volke kleine neugeprägte Silbermünze zuwarf, und hinter ihm sein Secretär, der die ihm überreichten Bittschriften und Gesuche in ein gelbes Portefeuille steckte. – Ich weiß nicht wer noch kam und habe mich auch nicht darnach erkundigt.

Der Gesandte winkte uns; wir ritten in ritten leeren Raum, den man eigens für uns zwischen der Garde des Sultans und einer Cavallerieabtheilung gelassen hatte. So schlossen wir uns, erstaunt über diesen orientalischen Pomp, dem Gefolge des Großherrn an.

Wir mußten durch die ganze Stadt reiten; denn die Achmet-Moschee, in welcher das Dankgebet gehalten werden sollte, ist an der Südseite des Hippodromplatzes. Diesen in den byzantinischen Annalen so berühmten Namen haben die Türken in ihre Sprache übersetzt: At Meidam bedeutet dasselbe wie Hippodrom, Pferderennbahn.

Der Zug bewegte sich bald über prächtige Plätze, bald durch so enge Gassen, daß wir nur zu Zweien neben einander reiten konnten. – Auf dem Hippodromplatze wurde Halt gemacht, der Sultan stieg vom Pferde und ging mir seinen ersten Offizieren in die Moschee. Uns als Ungläubigen war der Eintritt nicht gestattet; aber um uns dieses Verbot minder empfindlich zu machen, hatte es der Sultan auf den größten Theil seines Gefolges ausgedehnt. Die Zurückbleibenden warteten an dem Obelisk des Theodosius.

Ich benützte diese Muße, um dieses merkwürdige Bauwerk zu betrachten. Von diesem dreieckigen, wunderschön verzierten Granitblock, welcher vormals die Mitte des Stadiums bezeichneten, sind alle Janitscharenaufstände ausgegangen, welche seit fünf Jahrhunderten so oft das Serail erschütterten, und von hier ging später, im Juni 1826, der Befehl zur Vernichtung dieser gewaltthätigen Miliz aus.

Mach einer halben Stunde kam der Sultan aus der Moschee, um dem Dscheridspiel beizuwohnen. Dies ist eine Art Turnier und ein Lieblingsvergnügen der Türken und Egypter. Der Turnierplatz war an dem sogenannten Süßen Wasser, dem gewöhnlichen Spaziergange der Liebenden.

Der Zug setzte sich wieder in Bewegung. Wir ritten wieder an Constantins Palast vorüber und am Ufer fort, bis auf den bezeichneten Platz, welcher auf zwei Seiten von kleinen amphitheatralischen Erhöhungen eingeschlossen war. In der Mitte war die Plattform für den Sultan und seinen Hof, und dem Sultan gegenüber, am andern Ende des Platzes war eine Baumgruppe, unter welcher sich die Zuschauer aus dem Volke versammelt hatten.

Sobald der Sultan Platz genommen hatte, füllten sich die Stufen auf der einen Seite mit Männern, auf der andern mit Frauen. Nicht ohne Erstaunen sah ich die Frauen aus den ersten Häusern der Stadt einem öffentlichen Feste beiwohnen; sie waren freilich verschleiert und von den Männern getrennt, aber doch freier als die Frauen im Alterthum, welche gemeiniglich von den gymnastischen Spielen und der Rennbahn ausgeschlossen waren.

Die Türkinnen werden in der That weit weniger streng behandelt, als man in Europa glaubt: mit Ausnahme der streng bewachten Frauen des Großherrn verkehren sie mit einander, gehen ins Bad, besuchen Kaufläden und Spaziergänge, empfangen ihre Aerzte und sogar einige Freunde. Sie sind freilich immer verschleiert; aber sie sind weit entfernt von der Sklaverei, zu welcher sie nach unserer Meinung verurtheilt sein sollen.

In Europa sind die geputzten Frauen die Hauptzierde aller Gesellschaften und Versammlungen; hier hingegen mußte diese Ehre den Männern zuerkannt werden. In ihren langen Schleiern, welche nur die Augen sehen lassen, glichen die in vier Reihen sitzenden Zuschauerinnen einer Schaar von Gespenstern; die Männer hingegen boten in ihren von Gold und Edelsteinen strotzenden Anzügen einen prächtigen Anblick. Der Sultan saß unter einem Thronhimmel, von vierhundert weißgekleideten jungen Leuten umgeben.

Sobald Mahmud II. Platz genommen hatte, wurde das Zeichen gegeben, und sogleich erschienen vier Reiterhaufen, welche von den an den vier Ecken aufgestellten Wachen eingelassen wurden, auf dem Turnierplatz. Es waren junge Männer aus den angesehensten Familien des Reichs; sie trugen kein besonders Costüm, außer einer kurzen Jacke, deren Farbe und Verzierungen dem Belieben eines jeden Reiters überlassen waren. Alle ohne Ausnahme ritten arabische Hengste, und sie sprengten mit solchem Ungestüm von vier Seiten heran, daß ich einen furchtbaren Zusammenstoß fürchtete; aber die vortrefflichen Reiter parirten schnell ihre Pferde und hielten mitten auf der Rennbahn an.

Dieser Stillstand dauerte jedoch nur wenige Augen blicke. Die Reiter sprengten gegen einander an, wichen sich aber mit staunenswerther Gewandtheit aus und vermischten sich mit so rasender Schnelligkeit, daß man in diesem Getümmel nichts unterscheiden konnte; die ganze Cavalcade bildete einen Wirbel von rothen Sätteln, vergoldeten Steigbügeln, funkelnden Jataganen, blitzenden Edelsteinen.

Diese Reitübung, mit welcher das Fest begann, gab einen hohen Begriff von der Gewandtheit der Türken. Die schwierigsten, verwickeltsten Schwenkungen und Wendungen wurden mit staunenswerther Regelmäßigkeit und Geschicklichkeit ausgeführt, wie Tanzfiguren von einem tüchtig eingeschulten Balletcorps.

Endlich erschienen nubische Knaben mit stumpfen Wurfspießen von dem schweren biegsamen Palmenholz. Die Reiter ritten an ihnen vorüber und jeder nahm seinen Dscherid. Dann kamen noch andere Knappen, welche Stäbe mit Haken trugen. Diese Stäbe dienten zur Wiederaufnahme der gefallenen Dscherids, ohne daß die Reiter nöthig hatten vom Pferde zu steigen. Als alle Reiter bewaffnet waren, entfernten sich die Knappen und das Kampfspiel begann.

Zuerst machten die Reiter im gestreckten Galopp die Runde um die Rennbahn und schwenkten ihre Wurfspieße. Dann wandte sich einer von ihnen plötzlich um, und schleuderte die harmlose Waffe auf seinen Hintermann. Die allgemeinen Evolutionen verwandelten sich in Einzelkämpfe, in denen Jeder seinen Gegner zu treffen und zugleich dessen Dscherid auszuweichen suchte. Nun mußten auch die Hakenstäbe ihre Dienste thun und sie wurden mit staunenswerther Geschicklichkeit gehandhabt. Andere noch gewandtere Reiter verschmähten dieses Mittel, die Wurfspieße vom Boden aufzunehmen; sie glitten, ohne anzuhalten, bis fast unter den Bauch ihrer Pferde hinab und nahmen die Dscherids mit der Hand auf.

Ich glaubte nach Granada, mitten unter die berühmten Kampfspiele der Abenceragen und Segris versetzt zu sein, und das glänzende maurische Ritterthum schien aus dem Grabe erstanden zu sein, um dieses Wunderland, aus welchem es vertrieben worden, wieder zu erobern.

Dieses prächtige Turnier dauerte zwei Stunden. Die Kämpfenden hatten weder Helm noch Visir, aber keiner von ihnen wurde verwundet, was übrigens nicht immer der Fall ist. Endlich gab eine schauderhafte Musik, mit welcher das Kampfspiel begonnen hatte, das Zeichen zum Abzuge.

Sogleich hörten die Dscherids auf zu fliegen und nahmen ihren Platz aus dem Sattelknopfe wieder ein. Neue Evolutionen begannen in mannigfaltigen Verschlingungen. Plötzlich kehrten die vier Reiterschaaren einander den Rücken und verschwanden durch die vier Ecken mit derselben phantastischen Schnelligkeit, welche wir bei ihrem Erscheinen bewundert hatten.

Eine kleine Weile blieb die Rennbahn leer. Dann erschienen Taschenspieler, wandernde Komödianten und Bärenführer. Während einige von ihnen tanzten, führten andere ihre Possenspiele auf, machten ihre Kunststücke und zeigten ihre Thiere, so daß sich jeder Zuschauer an dem ihm am meisten zusagenden Schauspiele weiden oder den Blick von der einen grotesken Gruppe zur andern schweifen lassen konnte. Ich muß zu meiner Beschämung gestehen, daß ich die Sympathie des Lord Sussex in »Kenitworth« theilte, der sich bekanntlich gegen Shakespeare für den Bären entscheidet ich widmete mich ganz der Betrachtung dieses anmuthigen Thieres. Sein Führer, ein gravitätischer Türke, der so wenig lachte wie der Bär, hatte freilich auch einigen Antheil an dieser Bevorzugung; man sah es ihm an, daß er von der Seidenquaste seines Fes bis zu dem Schnabel seiner Babuschen von der ihm zu Theil gewordenen Ehre durchdrungen war. So oft als der Großherr seine Zufriedenheit zu erkennen gab, stand der Bärenführer, der den Beifall auf sich und seinen Petz bezog, still, verneigte sich mit Anstand, ließ den Bären ebenfalls eine Reverenz machen und fuhr dann in seinen Künsten fort, bis der Sultan zu meinem größten Leidwesen aufstand, um sich in das Serai zur Tafel zu begeben. Der Bärentanz hatte nun ein Ende, die Taschenspieler und Komödianten brachen ihre Vorstellungen ab, und in wenigen Augenblicken war die Arena leer.

Ich dachte unaufhörlich an mein Stelldichein, und da ich nicht wußte, ob ich aus dem Serai entwischen könnte, so beschloß ich auf die Ehre, mit dem Großherrn zu speisen, zu verzichten; ich überließ einem Diener den Zügel meines Pferdes und ging unbemerkt ans Ufer, von wo ich in einer Barke nach der Vorstadt Galata hinüberfuhr. Mit Hilfe der Adresse, welche mir Jacob gegeben hatte, fand ich bald sein Magazin.

Der Jude hatte mich nicht so früh erwartet, denn das Stelldichein war auf sieben Uhr festgesetzt und es war kaum fünf aber ich erklärte ihm die Ursache meiner Pünktlichkeit und ersuchte ihn um einen Imbiß als Ersatz für das geopferte Festmahl. Jakob war ein unbezahlbarer Mensch, der zu allen Geschäften, zum Commissionär wie zum Abgesandten zu gebrauchen war. Er trieb sogleich eine so gute Mahlzeit auf, wie sie in Constantinopel zu finden, nemlich ein gesottenes Huhn, Reis mit Safran und Backwerk. Nach dem Essen rauchte ich köstlichen Tabak.

Als ich, von der meinen Lippen entströmenden duftenden Wolke umgeben, auf einem Divan lag, erschien Jacob in Begleitung einer tief verschleierten weiblichen Gestalt und verschloß sorgfältig die Thür. Ich glaubte, es sei die Göttin, die mir in der Gestalt einer schönen Sterblichen zu erscheinen geruhe, und stand rasch auf; aber Jacob unterbrach meine eben beginnenden Huldigungen mit der Mahnung:

»Wir haben keine Zeit zu verlieren.«

»Mich dünkt doch,– erwiederte ich, »daß ich im Zuge bin Ihren Rath zu befolgen.«

»Sie irren sich, diese ist nur die Dienerin.

»Ah so!« sagte ich etwas verblüfft.

»Hören Sie,« sagte Jacob zu mir, »es ist noch Zeit umzukehren. Sie lassen sich in ein Abenteuer ein, welches in allen Ländern der Welt, insbesondere aber zu Constantinopel gefährlich ist. Ich habe Geld erhalten, um Ihnen ein Stelldichein vorzuschlagen, ich habe es gethan; aber um keinen Preis der Welt möchte ich die Verantwortung für die möglichen Folgen auf mich nehmen.«

Ich zog meine Börse ans der Tasche, schüttete den Inhalt derselben in meine Hand und gab ihm die Hälfte meiner Barschaft.

»Hier!« sagte ich, »nehmt einige Zechinen zum Dank für eure Botschaft und zum Beweise, daß ich bereit bin das Abenteuer zu unternehmen.«

»Wohl an denn!« setzte Jakob hinzu und nahm der an der Thür stehenden Dienerin, welche von unserer Unterredung nichts verstand, den langen Schleier und das weite Gewand ab. Gott behüte Sie!«

Ich gestehe, daß mir etwas ängstlich zu Muthe ward, als ich sah, daß ich mich wie eine Mumie in dieses Gewand und diesen Schleier hüllen sollte. Aber ich war schon zu weit gegangen, um zurückzutreten; ich ging also auf dem abenteuerlichen Pfade weiter.

»Und was habe ich zu thun, wenn ich dieses Gewand angelegt habe?« fragte ich den Juden. »Gebet mir wenigstens einige Weisungen.«

»Ich kann mich ganz kurz fassen,« antwortete er. »Folgen Sie dem Sclaven, der Sie führen wird, und unter keinem Vorwande sprechen Sie ein Wort, denn dieses Wort würde Sie ins Verderben stürzen.«

Diese Verhaltungsmaßregeln waren keineswegs beruhigend; aber der Leser weiß, daß es mir nicht an Muth fehlte, und überdies trieb mich der Dämon der Neugierde. Ich steckte daher meinen Dolch so, daß ich ihn zur Hand hatte, und ließ mir die Arme in das Kleid einzwängen und den Schleier über den Kopf werfen.

In dieser Vermummung, welche jede menschliche Gestalt unkenntlich macht, hatte ich die täuschendste Aehnlichkeit mit der Sclavin, welche ihre Zufriedenheit durch ein Zeichen des Einverständnisses mit dem Juden zu erkennen gab.

»Was habe ich jetzt zu thun?« sagte ich ungeduldig. »Folgen Sie wir,« antwortete Jakob, »und vor Allem —«

Er hielt einen Finger auf den Mund.

Ich nickte ihm zu, öffnete die Thür und ging in das Magazin hinunter.

Hier erwartete uns ein schwarzer Sklave. Durch meine Verkleidung getäuscht, hielt er mich für die Person, welche er hergeführt hatte, und eilte sogleich vor die Thür, um einen Esel, das gewöhnliche Reitthier der Türkinnen, loszubinden. Jacob begleitete mich, hob mich auf den Sattel und ich ritt pochenden Herzens fort.

Türler ve etiketler

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06 aralık 2019
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