Kitabı oku: «Perry Rhodan Neo Paket 3: Das galaktische Rätsel», sayfa 12
21.
Perry Rhodan
Vor den Azoren
Übergangslos fanden sich Rhodan, Tschubai und Thora im Transmitterraum der Kuppel wieder.
Hinter und neben ihnen standen fünf Roboter, ungefüge Wartungsmaschinen. Die Arme, die in Strahlern mündeten, hatten sie ausgestreckt und auf den Transmitter gerichtet.
»Crest!«, rief Thora mit überschlagender Stimme. »Nicht! Warten Sie!«
Der alte Arkonide erstarrte in der Bewegung. Er wandte sich wie in Zeitlupe um, als müsse er seine ganze Kraft für die Bewegung aufbringen. Aus dem Augenwinkel nahm Rhodan wahr, wie Ras Tschubai sich über die drei Männer beugte, die bewusstlos an der rückwärtigen Wand lagen. Es mussten die Wachen sein.
Crest zitterte. »Thora«, sagte er. Seine Stimme bebte. »Ich hatte gehofft, dass uns beiden dieser Abschied erspart bleibt.«
Thora trat so nahe an den Schutzschirm, wie es gefahrlos möglich war. »Gehen Sie nicht durch den Transmitter, Crest! Ich bitte Sie! Sie wissen nicht, was Sie erwartet!«
Ras Tschubai teleportierte, die drei Wachen verschwanden mit ihm. Der Teleporter musste sie zur Krankenstation bringen.
»Ich weiß sehr genau, was mich hier erwartet«, antwortete der Arkonide.
»Das glauben Sie nur! Sie sind … Die Nachricht von Ihrer Erkrankung hat Sie verwirrt!«
Die Luft flimmerte, und Ras Tschubai kehrte zurück. Allein. Er hob den Daumen, um Rhodan anzuzeigen, dass man sich um die Wachen kümmerte.
»Im Gegenteil«, sagte Crest. »Ich sehe so klar wie nie in meinem Leben. Ich habe viel zu lange gewartet. Die Furcht, mein ach so wertvolles, kurzes Leben zu verlieren, war zu groß. Aber jetzt habe ich keine Furcht mehr.« Crest ging auf Thora zu, bis nur noch zwei Schritte sie voneinander trennten – und der tödliche Energieschirm. »Thora, sorgen Sie sich nicht um uns. Ich gehe nicht in den Tod. Das Ewige Leben erwartet mich.« Er machte wieder einen Schritt zurück. »Wir sehen uns wieder, Thora!«
Der alte Arkonide wandte sich um und ging auf den Transmitter zu.
»Nein!«, schrie Thora. »Tun Sie das nicht! Sie irren sich! Sie müssen nicht sterben! Sue kann …«
Ihre letzten Worte gingen in einem schrillen Aufheulen unter. Im Bruchteil einer Sekunde entfaltete sich der Helm von Rhodans Kampfanzug, stülpte sich über seinen Kopf. Ein Flimmern zeigte an, dass gleichzeitig der Schutzschirm entstanden war.
»Gefahr!«, sagte die Anzugpositronik. »Der Schirmgenerator!«
»Was ist damit?«, bellte Rhodan.
»Eine Fehlfunktion. Ich vermute eine Interferenz mit dem Transmitter.«
Crest, Michalowna und Trker-Hon erstarrten. Dann gestikulierte der Topsider in Richtung des Schirmgenerators, griff nach den Händen Crests und Michalownas und zog sie in Richtung Transmitter.
»Nein!«, brüllte Thora. Und dann: »Feuer!«
Gleißende Strahlenbündel schossen aus den Armen der Roboter, rammten in den Schirm.
Rhodan wurde nach hinten geworfen, als die Anzugpositronik versuchte, ihn aus dem Gefahrenbereich zu bringen. Neben sich sah er zwei Schemen. Thora und Tschubai, deren Anzüge ebenfalls versuchten, sie zu schützen.
Rhodans Helm verdunkelte sich, glich das gleißende Licht aus. Er sah, wie Crest, Michalowna und Trker-Hon in den Transmitter traten und plötzlich verschwunden waren.
Dann explodierte der Schirmgenerator.
Rhodan wurde mit einer Wucht gegen die Wand geworfen, die ihm den Atem raubte. Der Schirmgenerator heulte auf. Rhodan wurde heiß, als der Schirm die Gluthitze nicht mehr länger absorbieren konnte. Die Schirmauslastung kletterte auf einhundertzehn Prozent, einhundertdreizehn, verharrte einige Sekunden lang bei diesem Wert – und fiel scharf ab, als das Schott des Raums dem Ansturm von Druck und Hitze nicht mehr länger standhielt. Knirschend wurde es aus der Verankerung gerissen, und Druck und Hitze ergossen sich in den Korridor.
Tschubai lag neben Rhodan auf dem Bauch. »Ras!« Rhodan beugte sich über den Kameraden, drehte ihn auf den Rücken. Sein Körper war schlaff, die Augen des Teleporters waren geschlossen. »Er ist bewusstlos«, meldete sich die Anzugpositronik. »Keine schweren Verletzungen.«
Aus dem Augenwinkel nahm Rhodan eine Bewegung wahr. Thora. Sie kroch auf allen vieren auf die Stelle zu, an der bis vor wenigen Augenblicken noch der Transmitter gestanden hatte.
»Nein!« Rhodan wirbelte herum, warf sich herum und auf Thora. Er kam mit dem ganzen Gewicht auf, drückte sie zu Boden.
»Lassen Sie mich los!«. Die Arkonidin bäumte sich unter ihm auf. »Ich muss zu Crest!«
»Er ist nicht mehr hier! Ich habe gesehen, wie er durch den Transmitter ging!«
Die Sicht besserte sich, als die Gebläse der Luftversorgung den Rauch absaugten. Von dem Transmitter und dem Schirmgenerator war nur eine Pfütze geschmolzenen Metalls geblieben. Der Energiespeicher des Generators musste sich schlagartig entladen haben.
Tränen traten in Thoras Augen, rannen ihr über die Wangen. »Es ist meine Schuld! Ich hätte nicht den Feuerbefehl geben dürfen!«
»Der Generator wäre in jedem Fall explodiert.« Rhodan ließ die Arkonidin los. Sie blieb liegen. »Sie haben nach bestem Gewissen gehandelt.«
»Sie haben gut reden!«
»Sie haben getan, was in Ihrer Macht stand. Das respektiere ich.«
»Was ist das schon?« Thora setzte sich auf. »Crest ist ein alter, todkranker Mann. Er ist verloren. Der Transmitter ist irreparabel zerstört. Wir können ihm nicht einmal mehr folgen!« Sie ballte die rechte Hand und hieb auf den Boden ein.
»Das bezweifle ich.«
»Haben Sie keine Augen im Kopf, Rhodan?« Ihr Kopf flog herum. Sie funkelte ihn an. »Der Transmitter existiert nicht mehr!«
»Dieser nicht. Aber es gibt da ein altes irdisches Sprichwort. ›Viele Wege führen nach Rom‹.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
Rhodan stand auf, hielt ihr eine Hand hin. »Kommen Sie, sehen wir nach Ras.«
Thora zögerte und nahm seine Hand. Ihr Händedruck war fest.
22.
Homer G. Adams
Terrania, 15. September 2036
Der Morgen dämmerte über Terrania.
Homer G. Adams verfolgte aus dem fünfzigsten Stock des Stardust Towers, wie die Sonne im Osten über den Horizont kletterte. Er war allein. In dem Büro, das er für Perry Rhodan eingerichtet hatte.
Inhaber des Amts, das er Perry Rhodan zugedacht hatte.
Der ältere, bucklige Brite hatte in dieser Nacht nach der Vollversammlung der Terranischen Union kein Auge zugetan. Ebenso wenig, wie er es in der Nacht davor getan hatte. Er war zu aufgeregt gewesen, zu viele Dinge waren noch zu erledigen gewesen. Echte und vermeintliche Kleinigkeiten, buchstäblich Hunderte.
Zu viele für einen gewöhnlichen Menschen.
Nicht für Homer G. Adams. Er war kein gewöhnlicher Mensch. Sein Gedächtnis war perfekt. Adams vermochte sich an jedes Detail jedes Augenblicks seines über siebzigjährigen Lebens zu erinnern.
An den ersten Kuss … mit neunzehn, von dem Nachbarmädchen Mary McDonnell. Ihre Zunge war feucht gewesen und hatte ihn an einen Waschlappen erinnert, und Mary hatte nach der billigsten Sorte von Parfum gerochen, die man bei Boots kaufen konnte.
An sein erstes Tor in der britischen Premier League … Die Medien hatten sich um den buckligen jungen Mann aus dem armen Nordosten Englands gerissen. Ein 4:2 gegen Tottenham Hotspur. Adams hatte den zweiten Treffer erzielt. Alwick hatte ihm vor dem Strafraum gepasst. Dawson, der Torwart, hatte den buckligen Stürmer unterschätzt.
An den Kreuzbandriss, der seine Fußballerkarriere zu einem jähen Ende gebracht hatte …
An die erste Million, die er mit Aktienoptionen in der dot.com-Blase verdient hatte …
An seine Verhaftung, als die Blase geplatzt war und die Bücher nicht gestimmt hatten. Der Beamte, Cormac Willis, hatte einen Schnurrbart, blaue Augen und zwei Töchter gehabt: Phyliss und Mary, fünf und sieben Jahre alt. Der Polizist hatte ihm Bilder von ihnen gezeigt, als sie zur Wache fuhren.
Die Verzweiflung, die ihn übermannt hatte, als man ihn zu drei Jahren Haft verurteilt hatte, spürte er noch so frisch, als wäre es eben erst geschehen.
Aber eben hatte man ihn nicht verurteilt. Die Vollversammlung hatte ihn zum ersten Administrator der Terranischen Union gewählt. Nicht das Traumergebnis, das Perry Rhodan erzielt hätte, aber immer noch überwältigend.
Homer G. Adams besaß nun mehr Macht als jemals ein Mensch vor ihm.
Und mehr Verantwortung.
Die Scheibe der Sonne hatte sich vom Horizont gelöst. Ihre orangefarbenen Strahlen trafen schräg auf die Stadt Terrania. Adams hob die flache Hand vor die Augen, um nicht geblendet zu werden. Zahlreiche Menschen und Fahrzeuge waren bereits auf den Straßen unterwegs. Die Einwohner Terranias – die Terraner, wie sie sich stolz nannten – waren von dem Feuereifer beseelt, eine bessere Welt zu erschaffen.
Die Menschheit zählte auf ihn, den buckligen alten Mann.
Sie konnte sich einer Sache sicher sein: Homer G. Adams würde es niemals vergessen.
ENDE
September 2036: Der Arkonide Crest ist mit unbekanntem Ziel durch einen Transmitter getreten und verschwunden. Perry Rhodan und seine Gefährten verfolgen ihn und werden dabei in die Vergangenheit geworfen; auf dem Planeten Rofus geraten sie in ferronische Gefangenschaft. Im Chaos einer sich anbahnenden Schlacht treffen sie auf eine bedeutende Persönlichkeit, die die Zukunft des gesamten Wega-Systems in Händen hält.
Auf der Erde begibt sich Julian Tifflor auf die Suche nach seinem verschollenen Vater. Unterstützt wird er dabei von Gucky, dem Mausbiber mit den Psi-Fähigkeiten. Dabei fallen sie in die Hände eines kaltblütigen Menschenhändlers. Bei einem Fluchtversuch setzt Gucky alles auf eine Karte, mit verheerenden Folgen …
Der nächste Roman von PERRY RHODAN NEO wurde von Michelle Stern geschrieben und kommt unter folgendem Titel in den Handel:
DER ERSTE THORT


Band 18
Der erste Thort
von Michelle Stern
Im September 2036 startet die Menschheit in eine neue Ära ihrer Geschichte: Nachdem der erste Kontakt zu Außerirdischen hergestellt ist, soll die Erde geeint werden. Perry Rhodan möchte, dass die Menschen geeint zu den Wundern des Alls vorstoßen.
Gleichzeitig geht Rhodan ein gewagtes Unternehmen ein. Zusammen mit seinen Gefährten begibt er sich auf die Spur des Außerirdischen Crest. Mit einem Transmitter verschlägt es Perry Rhodan auf den Planeten Rofus, wo er zwischen die Fronten einer alles entscheidenden Schlacht gerät.
Dabei erfährt er mehr über ein uraltes Rätsel, das nicht nur für die Welten des Wega-Systems von großer Bedeutung ist: Der erste Thort, eine mythologische Gestalt, scheint unsterblich zu sein. Das ewige Leben ist also nicht nur ein Traum, sondern es kann für manche Lebewesen zu einer Tatsache werden …
»Gewalt ist die letzte Zuflucht des Unfähigen.«
(Isaac Asimov)
1.
Die Suche
Zardik, 15. September 2036
Die NESBITT-BRECK tauchte in die dünne Atmosphäre des Mondes ein.
Perry Rhodan lenkte den topsidischen Aufklärer sicher den fernen Bergen und Flüssen entgegen, die mit der hellen Oberfläche verschmolzen. Seine Bewegungen waren ruhig und routiniert. Inzwischen beherrschte er das überlichtschnelle Schiff ebenso gut wie Bull.
Hinter ihm lag Groll, der dreizehnte Planet des Wega-Systems, wie ein funkelnder Edelstein in der Schwärze des Alls. Auch den inneren Mond des Planeten konnte Rhodan auf einem der Holos sehen. Tholus trieb als blau schimmernde Scheibe im Licht der Wega auf seiner Bahn. Er wirkte wie ein fernes Spiegelbild Zardiks. Wie Geschwister kreisten die Monde Seite an Seite, wobei Zardik viel weiter außen lag und gut sechs Monate brauchte, um seinen Weg um Groll zu beenden.
Der zweite Mond des dreizehnten Planeten, zelebrierte Rhodan den Gedanken. Der dreizehnte Planet von über vierzig. Wie klein ist dagegen unser Sonnensystem! Es ist, als käme ich aus einem Spielzeugland.
Der Aufklärer raste der Mondoberfläche entgegen und durchbrach einen blaugrünen Himmel. Rhodan drosselte die Geschwindigkeit. Das Impulstriebwerk im Zylinderrumpf war wie das raumgreifende Transitionstriebwerk kaum in der inneren Kugel zu hören. Nur ein leises Summen an den Wänden der Zentrale zeigte das Wunderwerk des Schiffes an, das Perry Rhodan und Reginald Bull von der Oberfläche des Planeten Gol hatten bergen können.
»Ich übernehme, Rhodan.« Thora sah angespannt auf die Anzeigen der Ortungsgeräte. Die Haltung der Arkonidin war starr, wie festgefroren. Um ihren Mundwinkel grub sich eine Linie, die Rhodan dort zum ersten Mal bemerkte. »Suchen Sie nach Spuren. Es wäre gut, wenn sich die ganze Gruppe beteiligen würde, damit wir schneller Resultate erzielen.« Bei diesen Worten warf Thora einen Blick durch die Zentrale mit den verschiedenen Terminals.
Rhodan sah die wortlose Zustimmung von Bull, Sue und Chaktor an ihren Blicken. Der Teleporter Ras Tschubai wandte sich direkt dem Monitor an seinem Platz zu, um mit der Auswertung und manuellen Ergänzung der Positronik-Datensätze zu beginnen.
Einzig Lossoshér kauerte vornübergebeugt in unbequemer Sitzhaltung auf dem für Topsider ausgelegten Pneumositz, ohne auf Thoras Aufforderung zu reagieren. Der Transmitter-Wächter hielt den Kopf tief über eine holografische Aufzeichnung gebeugt, die aus einem würfelförmigen Gerät in seinen Händen abstrahlte. Ferronische Schriftzeichen standen in der Luft und forderten Lossoshérs gesamte Aufmerksamkeit. Vermutlich studierte er einmal mehr die für ihn heiligen Aufzeichnungen über die Standorte der Transmitter und die Vergangenheit seines Volkes. Soweit Rhodan wusste, befanden sich auf dem Würfel verschiedene Bücher, darunter das Buch des Großen Kampfes und das des Großen Lichtes. Ob Lossoshér noch einmal überprüfte, bei der Auswertung seiner Forschung nach dem Transmitter die richtigen Schlüsse gezogen zu haben? Sie waren auf ihn und seine Erkenntnisse angewiesen.
Kurz überlegte Rhodan, Lossoshér noch einmal auf das Transmittersystem anzusprechen, doch dann ließ er es bleiben und startete seinerseits das Programm, mit dem die Suche nach Bauwerken initiiert wurde.
Neben ihm hielt Thora den Blick auf die Steuerelemente gesenkt. Ihr Gesicht wirkte maskenhaft, die Augen fiebrig.
Rhodan schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln. »Wir finden ihn.«
Thora hob den Kopf und lächelte flüchtig zurück. Es erschien einstudiert. »Ja, das müssen wir. Und zwar schnell. Uns läuft die Zeit davon.« Sie sah zu Lossoshér hinüber und senkte ihre Stimme. »Sind Sie wirklich sicher, dass Lossoshér uns helfen kann? Ja, ich weiß, dass er der führende Wissenschaftler Ferrols ist und beim Thort hoch gehandelt wird, aber ich weiß nicht, ob seine sogenannten heiligen Schriften uns wirklich weiterbringen. Ich habe mir Auszüge davon übersetzen lassen und kann Lossoshérs Interpretationen nur bedingt nachvollziehen.«
»Wir müssen seinen Fähigkeiten vertrauen«, sagte Rhodan ebenso leise. »Ich bin sicher, er gibt sein Bestes. Er schuldet uns etwas, und ich glaube nicht, dass er das vergessen hat.«
Rhodan sah in Gedanken den Berg aus Schutt und Trümmern vor sich, aus dem er Lossoshér befreit hatte. Im Grunde hatte Rhodan dem Ferronen das Leben gerettet, als das Gewölbe unter dem Roten Palast des Thort beim Angriff der Topsider eingestürzt war. Hätte er Lossoshér nicht ausgegraben, wäre der Transmitter-Wächter den feindlichen Invasoren in die Hände gefallen oder durch den Beschuss an Ort und Stelle gestorben.
Thora verzog die Mundwinkel. »Sie sind zu naiv, Rhodan. Ihr Glaube an das Gute widerspricht meinen Erfahrungen. Nicht jedes Intelligenzwesen überschlägt sich gleich vor Dankbarkeit, nur weil man ihm hilft.«
Die spitze Bemerkung zielte auf Chaktor ab, den zweiten Ferronen ihrer kleinen Gruppe. Der Raumfahrer stand Rhodan wesentlich näher als Lossoshér und vertraute ihm nahezu bedingungslos. Chaktor hatte auf seinem Mitkommen bestanden, da er die Lichtbringer begleiten wollte. Nachdem durch Rhodans Mithilfe eine friedliche Einigung zwischen Topsidern und Ferronen gelungen war, wich er kaum mehr von Rhodans Seite. Rhodan freute sich ehrlich über das gute Verhältnis.
In Terrania hatte er eine Botschaft für die Ferronen einrichten lassen. Aus galaktischer Sicht betrachtet, lag die Wega quasi um die Ecke. Die blauhäutigen Ferronen waren das erste Volk, mit dem sich die Menschheit nach den beiden Arkoniden Thora und Crest austauschen konnte. Dabei zeichnete sich bereits ab, dass es viele Unterschiede, aber noch mehr Gemeinsamkeiten gab.
Nebenbei überprüfte Rhodan die ersten Ergebnisse der Positronik. Thora lenkte den Aufklärer tief über ein Gebirge, damit die Sensoren die Oberfläche effektiv scannen konnten. Blauweißer Schnee glitzerte auf schroffen Aufwerfungen, die dem Himalaja ähnelten. Die Luft erschien anders als auf der Erde. Obwohl die Atmosphäre dünner war, wirkte das Gasgemisch auf ihn dicker, als besäße es mehr Substanz.
Rhodans Gedanken kehrten zu Crest zurück. »Es ist der sinnvollste Ansatzpunkt«, sagte er leise.
Thoras Gesicht verschloss sich. »Es ist meine Schuld. Durch mich wurde der Transmitter auf den Azoren vernichtet, den Crest benutzte. Nur wegen meiner Unvorsichtigkeit ist der Weg versperrt.«
»Sie wissen, dass das nicht stimmt, Thora. Sie können nichts dafür. Der Schirmgenerator im Transmitterraum wäre auch ohne Ihr Eingreifen explodiert.«
Durch die Vernichtung des Transmitters in der Unterwasserkuppel waren sie gezwungen worden, andere Wege zu nehmen. Es war Rhodan gewesen, der auf die Idee gekommen war, Lossoshér um Hilfe zu bitten. Der Transmitter-Wächter hatte aufgrund der Überlieferungen einen Anhaltspunkt, welche anderen beiden Transmitter mit dem auf der Erde verbunden sein könnten. Bedauerlicherweise war es nicht möglich, irgendeinen beliebigen Transmitter zu benutzen. Die Vernetzung untereinander gestaltete sich weitaus komplizierter, als Rhodan zunächst gehofft hatte. Auch war nach eingehender Prüfung kein Transmitter bekannt, der zur Erde führte. Doch Lossoshér vermutete auf Zardik einen verschollenen Transmitter, der mit einem weit entfernten blauen Planeten mit nur einem Mond vernetzt sein sollte.
Lossoshérs Wissen stellte vielleicht die letzte Chance für Crest dar, denn der Arkonide litt an einer tödlichen Krebserkrankung. Nur deshalb hatte Crest sich zu der Wahnsinnstat hinreißen lassen, zusammen mit Tatjana Michalowna und dem Topsider Trker-Hon durch den Transmitter ins Unbekannte zu gehen. Crest suchte die Welt des ewigen Lebens für seine Heilung. Dabei saß eine Hoffnung zu Crests Gesundung nur wenige Meter von Rhodan entfernt.
Nachdenklich musterte Rhodan aus den Augenwinkeln Sue Mirafiore. Die Jugendliche wirkte wie ein junges Mädchen. Ihr wesentlich reiferer Geist blieb im Körper einer Zehnjährigen gefangen. Sues innere Kräfte standen in keinem Verhältnis zu ihrem Äußeren. Sie konnte heilen und Leben nehmen. Durch ihre besondere Parabegabung eröffnete sie Rhodan die Möglichkeit, Crest zu helfen. Deshalb würde Rhodan nicht aufgeben. Er würde Crest finden und den Mentor der Menschheit retten.
Der stille Alarmmodus flammte auf, die Ortung schlug an. Rhodan wandte sich von den Scan-Ergebnissen ab. »Thora! Ortungsreflexe!« Er griff auf die Programme zu. Mehrere Impulse stiegen vom Planeten auf und gewannen rasch an Höhe. Sie näherten sich zielstrebig dem Schiff. Rhodan erfasste mindestens vierzig von ihnen, die wie Geschosse auf sie zujagten.
Thora fuhr erschrocken zu ihm herum. »Ein Angriff?«
»Unwahrscheinlich. Eher …«
»Was ist da los?«, warf Bull von seinem Platz aus ein. »Da fliegt irgendwas auf unserer Höhe! Ich dachte, der Mond wäre unbewohnt.«
»Thora, weichen Sie aus!«
Thoras Reaktion kam deutlich verlangsamt. Rhodan stand kurz davor, die Arkonidin zur Seite zu schieben und die Steuerung an sich zu reißen. Durch ihre Sorge um Crest handelte sie nicht so souverän wie gewohnt.
Endlich schien die neue Situation auch bei Thora anzukommen. Ihre Finger flogen über die Felder. »Positronik, neuen Kurs berechnen!«
Thora hatte kaum zu Ende gesprochen, als Rhodan auf der Darstellung ein dunkler Fleck auffiel. »Da klatscht was gegen die Außenoptiken und macht sie blind.«
Unruhe entstand in der Zentrale. Chaktor und Bull sahen von ihren Plätzen aus ebenfalls nach, während Sue sich an ihrem Sitz festklammerte, als fürchte sie einen Absturz.
»Probleme im Lüftungssystem«, meldete Chaktor fast zeitgleich mit der Meldung der Positronik.
Parallel drehte das Holo, zoomte auf eine von zwei rot markierten Stellen und zeigte eine weitere Warnung.
»Die Andruckneutralisatoren …« Hastig verlangte Rhodan ergänzende Daten.
»Was …«, setzte Ras Tschubai an.
Der Aufklärer schwankte und sackte unvermittelt um mehrere Meter ab, als würde er in ein Luftloch fallen.
Lossoshér, Thora und Chaktor schrien am lautesten auf. Sue stöhnte gequält.
Rhodan hatte das Gefühl, in einer Achterbahn zu sitzen. Er presste die Zähne zusammen. Warum fielen die Absorber aus?
»Was treibt ihr denn da drüben?« Bull warf ihnen Blicke zu, die deutlich zeigten, dass er das Schiff lieber selbst geflogen hätte. »Gott, Perry, die NES ist kein Free-Fall-Tower.«
»Das muss ein Schwarm großer Flugtiere sein«, stellte Rhodan nüchtern fest, ohne auf den Sarkasmus seines Freundes einzugehen. »Durch die Vorbeschädigung der NESBITT-BRECK haben wir ein fehlendes energetisches Schutzgitter am Heck in Sektor C. Irgendwas von der Größe eines Adlers ist in den Aufklärer gesaugt worden und beeinträchtigt vorübergehend den Impulsantrieb und die Andruckabsorber.«
»Galanés«, sagte Lossoshér trocken. »Die größten auf dem Mond lebenden Säugetiere. Sie fliegen im Rudel und steigen in beachtliche Höhen auf, was durchaus zu Problemen mit dem Flugverkehr führen kann. Ich habe eine Abhandlung über die Gattung gelesen.«
Thoras Kopf fuhr herum, ihre roten Augen funkelten im künstlichen Licht. »Danke für die frühzeitige Warnung.«
Der Aufklärer gewann an Höhe, sackte jedoch unvermittelt ein zweites Mal ab.
Erneut kam sich Rhodan vor wie in einer Achterbahn, ein Eindruck, den die Aufschreie der anderen noch verstärkten. Er ignorierte das unangenehme Gefühl, mit dem sein Magen hinaufgepresst wurde. Konzentriert glich er ein Schlingern aus, das leicht zu einer Drehung hätte werden können.
Chaktor stürzte aus dem Sessel. Etwas fiel aus der Tasche seines Oberteils.
Rhodan sah aus den Augenwinkeln, wie Ras aufstand und Chaktor die Hand reichte.
Geistesgegenwärtig änderte er als Kopilot Thoras den Kurs leicht ab, um den letzten Tieren des Rudels auszuweichen. »Keine Sorge«, sagte er beruhigend. »Wir haben in wenigen Sekunden Abstand gewonnen. Die Galanés können uns nicht ernsthaft gefährden.«
Ras Tschubai half Chaktor auf, der sich hektisch an die Brusttasche fasste. »Mein Album …«
Lossoshérs Stimme klang gehässig in Rhodans Rücken. »Sie sollten lieber Lesewürfel mitnehmen statt bunte Bildchen, Chaktor.«
Rhodan drehte sich um und sah Ras, der dem erleichtert lächelnden Chaktor das Gerät mit den bildlichen Aufzeichnungen seiner Familie gab. Chaktor aktivierte es. Eine seiner Frauen winkte Rhodan in Miniatur zu.
Mit einem freundlichen Nicken wandte Rhodan sich wieder ab. Auf dem Schirm sah er durch die Außenoptiken die Galanés vorbeiziehen. Sie sahen aus wie überdimensionierte Flughunde. Ein pelzartiger orangefarbener Besatz zog sich über die dreieckigen Körper.
»Wir sind raus.« Erleichtert lehnte Rhodan sich zurück. »Die Positronik wird uns beim nächsten Mal frühzeitig eine Warnung schicken, sollten wir auf weitere Flugtiere treffen. Ehrlich gesagt hatte ich nicht damit gerechnet wegen der dünnen Atmosphäre und der nur karg vorhandenen Pflanzenwelt.«
Neben ihm senkte Thora den Kopf. »Können Sie eine Weile übernehmen, Rhodan? Meine Konzentrationsfähigkeit ist offensichtlich gemindert. Ich denke, ich brauche eine Pause.«
»Gern.«
Thora übertrug ihm die Gesamtsteuerung und stand auf. Mit unsicheren Schritten verließ sie die Zentrale. Rhodan sah ihr nach. Sicher würde sie sich in einem der Quartiere im Zylinderteil neben der Kugel ausruhen. Und ganz sicher würde dieses Ausruhen wie in den letzten Tagen nicht länger dauern als ein paar Stunden. Auf der Suche nach Crest schenkte sich Thora nichts.
Sue Mirafiore
Sue Mirafiore blickte auf die faszinierende Welt, die die Positronik ihr holografisch offenbarte. Unter grünlich gestreutem Licht erhoben sich karge Felsen und Berge. Die Landschaft wirkte nicht nur echt, sie schien zu riechen und zu atmen. Von eisigen Flüssen stieg Dampf auf, grüne Wiesen wuchsen an ihren Flanken wie letzte Inseln in der Einöde des Mondes. Selbst da, wo nur Gestein lag, gab es Farben und Formen im Überfluss, immer neue Muster, die fremd und zauberhaft aussahen.
»Zardik ist so riesig«, flüsterte Sue in Reginald Bulls Richtung. Seitdem sie beide aus der Gewalt der Fantan entkommen waren, fühlte sie sich mit ihm besonders verbunden. Bull hatte alles für sie und Sid getan, damit sie wieder auf die Erde zurückkehren konnten.
»Er ist größer als der Mars.« Bull verzog das Gesicht. »Und so was nennt sich Mond. Ich dachte, Perry würde übertreiben, als er mir vor unserer Mission auf Gol vom Wega-System erzählt hat.« Er grinste verschmitzt. »Aber dann bin ich selbst mit ihm hingeflogen und konnte mir ein Bild machen. Beeindruckend, das muss ich schon sagen.«
»Sid hat es auch begeistert, obwohl er nur so kurz da war.« Sue dachte an den Teleporter Sid González, mit dem sie gemeinsam im Pain Shelter von John Marshall gelebt hatte, ehe die Dritte Macht ihre neue Heimat geworden war. Es ist verrückt. Sid war immer derjenige, der es kaum erwarten konnte, ins All zu kommen. Als ich ihn noch Spark nannte, hatte er nichts anderes im Sinn als den Weltraum. Nun fliege ich durch das Wega-System mit all seinen Wundern, und Sid ist in Terrania.
Sue hätte Sid gern mitgenommen, weil er kaum noch von etwas anderem sprach als dem Wega-System, doch Perry wollte die Anzahl der Expeditionsteilnehmer möglichst gering halten. »Ein kleiner, schlagkräftiger Trupp«, hatte er bei der Vorbesprechung in Terrania gesagt. Und Sue war dabei gewesen, schließlich besaß sie die Gabe, Crest zu heilen. Letztlich war es diese Fähigkeit, die ihr alle Türen öffnete. Sie spürte deutlich, dass ihre Kräfte durch die Erlebnisse als Besun der Fantan noch gewachsen waren. Umso sicherer fühlte sie sich, Crest retten zu können.
Im Zoom des Hologramms betrachtete Sue einen besonders auffälligen Berg und drehte ihn nach allen Seiten. Er ließ sie an den einzigen Tag mit Schneefall in Texas denken. Seine Konturen erinnerten sie an einen Schneemann, den sie mit den anderen Kindern vor dem Shelter im Garten nach einem ungewöhnlich heftigen Blizzard gebaut hatte. Damals noch einhändig. Sie drückte die Finger leicht zusammen, als könne sie selbst nicht fassen, nun zwei Hände zu besitzen. Das Nachwachsen der Hand erschien ihr nach wie vor wie ein Wunder.
Obwohl Sue Crest genauso wie die anderen finden wollte, fiel es ihr schwer, sich vom Zauber des fremden Mondes zu lösen und die zahlreichen Hinweise der Positronik zu überprüfen. Meistens genügten wenige Blicke, um auszuschließen, dass es sich um ein von Ferronen geschaffenes Bauwerk handelte. Zum Glück lief die Suche vollautomatisch. Es war Thoras Vorschlag gewesen, zusätzlich zur Positronik die Daten zu überprüfen. Obwohl die Schäden der NESBITT-BRECK mit Ersatzteilen der TOSOMA behoben waren, vertraute Thora der vollen Einsatzbereitschaft des Schiffes nicht. Der Vorfall mit den Galanés hatte sie in dieser Einschätzung sicher noch bestärkt. Auf der Suche nach Crest wollte sie keinen Fehler machen.
»Alles okay?«, fragte Bull nach.
Sue drehte sich zu ihm um. »Ja, alles klar. Ich dachte bloß gerade an Crest.« Sie senkte ihre Stimme. »Was ist, wenn wir zu spät kommen?«
»Mach dir keine Sorgen. Ich bin sicher, dass Crest noch lebt. So leicht lässt sich einer wie Crest nicht unterkriegen.«
Sie lächelte dankbar. Er meinte, was er sagte. Sue hatte ihn noch nie lügen oder Halbwahrheiten sagen hören wie andere Erwachsene.
»Hey!«, rief Bull in dem Moment laut aus. »Ich hab was! Zum ersten Mal seit drei Stunden endlich ein vielversprechender Anblick! Nummer 523g.«
Eine Weile herrschte Schweigen. Wie Sue riefen sicher auch die anderen das entsprechende Bild auf und studierten es. Sie hatten bereits zwei Fehlschläge hinter sich. Doch die Ansicht, die vor Sue erschien, ließ ihr Herz höher schlagen. »Das sieht ja aus wie eine Kuppel!«
Bull grinste. »Was hast du erwartet, eine Pyramide?«
»Das ist es«, mischte sich Rhodan ein. »Ich gehe runter. Ras, sei so gut und verständige Thora persönlich. Die Neuigkeit wird sie sicher aufmuntern.«
Der Teleporter stand auf.
Fasziniert betrachtete Sue den Schneehügel, unter dem sich die symmetrische Form abzeichnete. In ihrem Magen kribbelte es. Vielleicht war das ein Transmitter. Sie konnte sich trotz aller bisher erlebten und überlebten Transitionen nicht vorstellen, wie es sein würde, durch einen Transmitterbogen zu gehen.
Sue schloss die Augen und fühlte einen Schwindel, der ihr angenehm vorkam. Ihre Welt war in den letzten Wochen verdammt groß und reich geworden.
Perry Rhodan
Rhodan betrachtete das gut vier Meter hohe Gebäude. Schnee hüllte es wie ein dicker Mantel ein, der kuppelförmige Umriss darunter war nicht auszumachen. Noch wurde er nur durch die topsidische Technik des Aufklärers sichtbar. Er wandte sich an Bull. »Das sieht nach Arbeit für deinen Roboter aus.«
Bull strahlte. »A-Eins ist voll einsatzbereit. Ich hole ihn.«
Während Bull zum Schiff hinüberging, trat Thora an das Gebilde heran. Mit dem Handschuh wischte sie auf Brusthöhe Schnee fort.
Rhodan erkannte eine graue Fläche, die wie Stahl wirkte.
Neben ihm ging Lossoshér auf und ab und beäugte den Hügel. »Es kann ein Transmitter sein. Die Größe stimmt. Ich habe schon mehrere von ihnen in Kuppeln gefunden. Außerdem gibt es sonst auf diesem Mond nichts Erbautes. Im Gegensatz zu seinem Bruder verfügt er nicht über Bodenschätze oder andere Ressourcen von Wert.«
Sue ging zu Thora und half ihr, den Schnee mit der Hand zu entfernen. Tschubai dagegen stand einfach nur da, still wie eine Statue, und blickte andächtig auf ihren Fund.
Rhodan fühlte Ehrfurcht, wenn er daran dachte, was vielleicht vor ihm verborgen lag. Die Transmitter der Ferronen waren Tausende von Jahren alt. Mit ihnen ließen sich unvorstellbare Entfernungen mit einem Schritt in Nullzeit überbrücken. Unwillkürlich musste Rhodan an die Siebenmeilenstiefel aus dem Märchen denken und Bulls alten Witz, er solle dann aber aufpassen, nicht zerrissen zu werden.


