Kitabı oku: «Perry Rhodan Neo Paket 3: Das galaktische Rätsel», sayfa 13

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Bull kehrte zurück. An seiner Seite fuhr ein Roboter von knapp zwei Metern Höhe über das unebene Gelände. Durch verschiedene Rollen bewegte er sich trotz des tiefen Schnees sicher und gleichmäßig. Irdische und arkonidische Technik vereinten sich in der Maschine, wobei die irdischen Aufrüstungen zum Großteil auf arkonidische Konstruktionen zurückgingen. Es war der erste Versuch Terranias, arkonidische Kampfroboter zu modifizieren. Zwar stellte A1 oder PROTO, wie Bull ihn meist nannte, noch keine eigene Konstruktion dar, aber er war ein Meilenstein auf dem Weg dorthin.

Bull war kein Militär, aber dennoch lag in seinen Zügen ein gewisser Erfinderstolz, als er den wendigen Roboter mit der Arbeit anfangen ließ. Weit schneller als die Menschen befreite die schwarz glänzende Maschine die Kuppel von Schnee und Eis. Sie setzte dafür sechs Arme mit ausfahrbaren Handflächen ein, die wie Fächer aussahen. Um an höhere Bereiche zu kommen, nutzte sie einen Flugmodus. Das zischende Geräusch des Antriebs klang überlaut in der Stille der schneebedeckten Landschaft.

Rhodan blickte über das Plateau hinweg, auf dem sie sich befanden. Schroffe Felswände fielen steil ab. Weit unter ihnen floss einer der wenigen Flüsse des Mondes und suchte sich seinen Weg durch rotbraunes Gestein. Grünflächen begrenzten ihn. Das Bild wirkte friedlich, so unberührt, wie es nur noch wenige Gebiete auf der Erde waren. Es weckte Respekt vor der Natur. Selbst unter diesen Bedingungen fand das Leben einen Weg.

»Das muss der Eingang sein!« Thora winkte hektisch in seine Richtung. »Kommen Sie, Rhodan.«

Rhodan kam heran. In der metallenen Fläche zeichnete sich eine kaum wahrnehmbare Rille ab. »Sehen Sie einen Öffnungsmechanismus?«

Sie suchten zu siebt, sogar Lossoshér beteiligte sich, doch sie fanden weder eine Schaltfläche noch sonst einen Hinweis, der auf einen Schalter schließen ließ. Thoras Finger glitten immer hektischer über das Material.

»Ras.« Rhodan drehte sich zu dem Teleporter um. »Kannst du mit Lossoshér hineinspringen? Vielleicht könnt ihr von innen etwas ausrichten.«

Tschubai nickte zustimmend, Lossoshér kam aufgeregt näher. Seine blaue Haut erschien Rhodan eine Nuance dunkler. Der ungewöhnlich große Ferrone schritt unsicher durch den Schnee und erinnerte Rhodan dabei an einen Graureiher.

Sie traten von der blau schimmernden Kuppel zurück und überließen Lossoshér und Tschubai das Feld. Wenige Sekunden später verschwanden beide Männer. Nur ihre Schuhabdrücke bezeugten, dass sie eben noch vorhanden gewesen waren.

Thora trat von einem Fuß auf den anderen, ihre Stiefel versanken bis auf Knöchelhöhe im Schnee. »Wir sollten Schutzanzüge anlegen. Auf Zardik mag die Atmosphäre atembar und der g-Wert erträglich sein, aber wer weiß, wo wir herauskommen.«

»Wir müssen erst überprüfen, ob das ein Transmitter ist«, widersprach Bull. Er gab PROTO ein Zeichen. Der Roboter schwebte in die Luft und kam auf sie zu. Dabei machte er einen formvollendeten Salto. Sue klatschte lächelnd in die Hände.

Rhodan verkniff sich die Bemerkung, dass PROTOS Hauptfunktion trotz der ganzen Nachrüstungen nach wie vor die eines arkonidischen Kampfroboters war. Was sich hinter dem schwarzen Lack und der polierten Oberfläche verbarg, stand in krassem Widerspruch zu Bulls putzig anmutender Vorführung. Er wusste, dass Bull auf die Vernichtungskraft der Maschine nicht stolz sein konnte. Den Freund widerten Krieg und Militär an. Bull war es zu verdanken, dass PROTO eine Betäubungsfunktion besaß und die Strahler der gesamten Gruppe dank einer leichten Modifikation zu Kombistrahlern mit der gleichen Funktion umgebaut worden waren.

Thora verzog die Mundwinkel. »Spielereien!« Ihr Gesichtsausdruck zeigte Rhodan, für wie unterentwickelt sie die Aufrüstungen hielt. Noch hinkte die menschliche Technik der arkonidischen weit hinterher.

Aber es wird nicht immer so sein. Terrania wächst, und mit der Stadt verbessern sich Tag für Tag unsere Erzeugnisse und Möglichkeiten. Wir sind nicht stehen geblieben wie die Arkoniden. Wir wachsen mit. Und Thora weiß das.

Thora wandte sich von Bulls Demonstration ab und stapfte durch die Schneedecke. Es vergingen einige Minuten, in denen sie unruhig auf und ab ging, während Bull und Sue den Roboter immer neue Kunststücke zeigen ließen. Chaktor stand bei ihnen und sah dem Schauspiel begeistert zu. Rhodan fiel auf, wie leichtfüßig Chaktor ging, als er dem Roboter folgte. Der kleine, kompakte Körper des Ferronen stand in krassem Gegensatz zu der schwebenden Art, sich in der für ihn niedrigen Schwerkraft zu bewegen.

Ein zischendes Geräusch erklang, das schlagartig die Aufmerksamkeit aller weckte. Vor ihnen fuhr das silberne Material in einem Stück von gut zwei auf zwei Metern nach unten in die Kuppel hinein. Gegen das blassblaue Licht der Wega zeichneten sich die Silhouetten von Tschubai und Lossoshér ab.

Lossoshér strich über eine Fläche an der Wand. Blendend weiße Leuchten ließen Rhodan die Augen zusammenkneifen. Der Transmitter-Wächter deutete eine Neigung des Oberkörpers an, als wolle er sich verbeugen. »Willkommen im Transmitter von Zardik.«

Thora ging voran. Rhodan folgte ihr. Hinter sich hörte er leise Worte von Sue und Chaktor. Durch den neuen Translator konnten sich die beiden vollkommen problemlos verständigen. Die im Fettgewebe injizierte Positronik suchte sich bei jedem Träger einen individuellen Weg, an das Nervensystem anzudocken, und machte schon nach kurzer Zeit eine Verständigung mit Fremden möglich. Der Translator reagierte auf die Absicht des Sprechers und wurde nur aktiv, wenn es nötig war. Die Geräte waren Prototypen, aber bislang funktionierten sie einwandfrei.

Sie folgten einem Gang mit metallenen Wänden, der sich wie eine Schlange in die Kuppel hineinwand. Dabei fiel der Boden stetig ab. Im hellen Licht erkannten sie jede Einzelheit, wobei es zunächst wenig zu sehen gab. Der runde Gang war vollkommen leer. Seine Wände schimmerten im Licht und warfen rätselhafte Reflexe an die Decke.

Rhodan erinnerten die Lichtspiele an Spiegelungen von bewegtem Wasser, nur dass es nirgendwo Wasser gab. Es musste an bestimmten Eigenschaften des Metalls liegen.

Nach wenigen Metern erreichten sie einen ebenerdigen Raum. Thora zögerte am offenen Durchgang. Rhodan trat neben sie und warf einen Blick auf den Transmitter, der mittig zwischen den Wänden stand. Eine Plattform bot genug Platz für eine Handvoll Menschen. Wie andere Transmitter wirkte auch dieser im aktivierten Zustand wie ein Stützbogen, der seiner Funktion enthoben worden war. Zwei Säulen ragten links und rechts auf, die sich nach oben hin verjüngten. Blaues Licht schoss in Form armdicker Energiestrahlen aus ihnen hervor und schloss das obere Ende. Der Transmitter stand frei im Raum, ein Durchgang ins Unbekannte. An seiner Seite glänzte eine Reihe von Feldern, die auf Hüft- und Brusthöhe in den Bogen integriert waren. Für die meisten Ferronen lagen sie auf Höhe der Schultern und ließen sich bequem im Stehen bedienen.

Thora begutachtete die Schaltflächen. »Was denken Sie, Lossoshér? Können Sie einen kontrollierten Übergang initiieren?«

Lossoshér zögerte mit der Antwort. »Er unterscheidet sich auf den ersten Blick nicht großartig von anderen Exemplaren. Ich denke schon.«

Thora runzelte die Stirn. »Sie denken?«

Rhodan fiel auf, wie nervös der alte Ferrone wirkte.

Lossoshérs Stimme klang selbstsicher, doch die tief liegenden Augen schienen mit ihren Blicken einen Fluchtweg zu suchen. Seine Schultern sanken ein. »Ich kann uns durch den Transmitter führen und im Notfall sofort wieder zurück.«

»Wundervoll«, sagte Thora spröde. »Worauf warten wir dann noch? Machen Sie Ihre Kontrollen, damit wir aufbrechen können.«

Rhodan fasste ihre Schulter. »Zuerst gehen wir ins Schiff zurück und rüsten uns richtig aus. Sie haben selbst darauf hingewiesen, dass wir nicht wissen können, wo wir herauskommen. Sauerstoffmasken allein sind vielleicht zu wenig.« Er wandte sich an Lossoshér. »Oder wissen Sie, was uns beim Gegentransmitter erwartet? Kennen Sie den Zielort?«

»Leider nein«, gab Lossoshér zu.

»Also gut. Gehen wir es an.« Aufmunternd sah Rhodan in die Runde. Nicht nur Lossoshér erschien ihm angespannt. Auch Sue und Chaktor zeigten Anzeichen von Aufregung, ebenso Bull, auch wenn er sie hervorragend verbarg. Nur das leichte Zucken seines rechten Mundwinkels verriet Rhodan, dass sein Freund unsicher war. »Rüsten wir uns aus und holen wir Crest zurück«.

2.

Der Retter des Universums

Terrania, 15. September 2036

Die Sterne leuchteten über der Gobi. Funkelnde Lichter von Sonnen und Planeten schimmerten in der Dunkelheit, malten ihre Bilder in den Nachthimmel. Die Luft war kühl und roch leicht salzig. Eine Brise strich durch die Zeltbahnen und ließ sie flattern. Außer dem schlagenden Geräusch der Planen und dem kaum wahrnehmbaren Kratzen von Sand auf Geröll herrschte Stille.

»Hast du's endlich?«, flüsterte Mildred Orsons in den arkonidischen Helm, den sie sich mithilfe von Allan D. Mercant ausgeliehen hatte. Sie und Julian Tifflor trugen beide das gleiche Modell. Es war ihnen gelungen, die beiden Helme nach unten abzudichten und den internen Funk zu aktivieren. In der Nacht hallte jedes Wort. Auf diese Art konnten sie sich nach außen hin vollkommen lautlos verständigen.

»Gib mir noch einen Moment«, zischte Tiff zurück. Der Blick seiner braunen Augen richtete sich konzentriert neben die Sicherheitstür des vor ihnen aufragenden Gebäudes. Ein rechteckiges Feld mit Chipkarten-Einzug schimmerte dort auf.

Mildred schluckte nervös. Ihr Magen zuckte, gleichzeitig fühlte sie sich lebendig wie selten zuvor. Wir sind verrückt. Wir steigen in das Lakeside ein. Sicher sind wir die Ersten, die das versuchen. Mildred mochte es, ein bisschen verrückt zu sein. Genauso wie sie das Kribbeln in ihrem Bauch liebte.

Tiff zog eine Chipkarte hervor, die er von einer Angestellten des Lakeside Institute erhalten hatte. Die Laborassistentin hatte ihren Job vor wenigen Stunden hingeschmissen, um nach Teheran in ihr altes Leben zurückzukehren. Nicht jeder war den Anforderungen und Bedingungen in Terrania gewachsen.

Mildred bewunderte Tiffs Art, wie er der Frau – Shari Ghüren – die Karte am Nachmittag entlockt hatte. Nicht einmal Geld hatte er Shari bieten müssen. Gleichzeitig war Mildred ein winziges bisschen eifersüchtig.

So ein Quatsch, wies sie sich selbst zurecht. Sie fand das Gefühl von Eifersucht anmaßend und spürte es nicht gern. Tiff war nicht ihr Besitz. Außerdem hatte Ghüren ihnen die Chipkarte nur überlassen, weil sie eine der Eingeweihten war, die wusste, was Mildred, Tiff und Timothy Harnahan für die Menschheit getan hatten. Dank ihrer Hilfe war es Crest gelungen, den Befehl über die TOSOMA zu übernehmen und das Schlachtschiff gegen die Fantan einzusetzen. Auch wenn es der Hilfe vielleicht in letzter Konsequenz gar nicht bedurft hätte, da die Fantan ins Wega-System abzogen, hatten Mildred, Tiff und Timothy sich mit ihrem eigenwilligen Ausflug ins All einen besonderen Platz in Terrania erkämpft. Nicht zuletzt deshalb, weil Timothy in einem Wesen namens Harno aufgegangen war und es für Außenstehende so wirkte, als habe er sich für Terrania geopfert.

Mildred sah das anders. Timothy wollte im Weltall sein, er hatte seine Chance genutzt. Ob er ihnen zusehen konnte, vom Titan oder einem anderen Allkörper aus? Oder war er schon viele Lichtjahre entfernt, an den Orten, von denen er immer geträumt hatte?

»Ich hab's!« Die Tür glitt lautlos auf. »Nach Ihnen, Mylady.«

Mildred folgte Tiffs galanter Aufforderung, zwängte sich durch den Spalt und fand sich in einem langen weißen Gang wieder. Eine schwache Notbeleuchtung fiel auf blassgrünen Linoleumboden.

Tiff schloss die Tür hinter ihnen, packte Mildred an der Hand und führte sie in einen unverschlossenen Nebenraum nah am Eingang. Gelbes Licht schimmerte am Helm auf und beleuchtete Putzeimer, ein Regal mit Reinigungsmitteln sowie einen kniehohen, desaktivierten Saugroboter.

Wie geplant drückte Tiff ihr einen weißen Kittel in die Hand – den Laborkittel von Shari Ghüren – und zog sich selbst ein ganz ähnliches Kleidungsstück an, das er extra für diesen Zweck angefertigt hatte. Die Helme ließen sie ausgeschaltet hinter einem Putzeimer liegen.

Tiff zog sie im Dunkeln an sich. Seine Hände hinterließen ein angenehmes Kribbeln auf ihren Hüften. »Wenn sie uns erwischen, sage ich allen, es war meine Schuld.«

Mildred schnaubte. »Komm mal aus deinem Legowunderland. In der Erwachsenenwelt ist schon jeder selbst für sein Tun verantwortlich.«

Tiff küsste sie. Mildred erwiderte den Kuss. Ihr Herz raste, das Gefühl von Lebendigkeit erreichte einen neuen Höhepunkt. Tiffs Nähe, sein Geruch, der Geschmack seiner Lippen machten den Moment vollkommen. Sie wusste, was sie tat, auch wenn es gefährlich war. Sie brach mit Julian Tifflor in das Lakeside Institute of Mental and Physical Health ein – eine Unternehmung, die sich sicher nicht gut im Lebenslauf machte, wenn man sie erwischte.

Es fiel ihr schwer, sich von Tiff zu lösen. Er fühlte sich so verdammt gut an. In seinen Armen lag die Kraft, sie zu halten und zu beschützen. Zugleich war er der kleine Junge, den sie hin und wieder mit einem inneren Augenzwinkern bemutterte. Vielleicht, weil es sie über sich hinauswachsen ließ, für andere stark zu sein. Gerade nach Timothys folgenschwerem Entschluss hatte Tiff einen Halt gebraucht, dem Mildred ihm bereitwillig geboten hatte.

Sie schlüpften aus der Abstellkammer, Tiff ging zielstrebig voran. Er wusste, wo das Ende ihrer Suche lag, und brachte Mildred neben zwei noch nicht in Betrieb genommenen Antigravaufzügen eine Treppe hinauf. Shari Ghüren hatte in der Abteilung zur experimentellen Umsetzung außerirdischer medizinischer Kenntnisse gearbeitet und sie mit allen Informationen versorgt. Die Xeno – wie die Abteilung von den Mitarbeitern in Kurzform genannt wurde – befand sich im dritten Stock des Gebäudes. Noch wohnten die meisten Mitarbeiter in Zelten um das Institut herum. Wie Terrania wuchs das Lakeside von Woche zu Woche. Eines Tages würde die Anlage sicher eindrucksvoll sein.

Sie gingen einen weiteren Gang mit grünem Boden und Notbeleuchtung entlang, fanden die Tür mit der Nummer sieben, die auf der linken Seite lag.

Tiff nickte Mildred zu. Sie nickte zurück. Es war so weit. Mit einem tiefen Atemzug drückte sie die Klinke hinab und trat vor Tiff in den Raum.

Mildred blinzelte gegen das Licht der Sterne, das durch ein breites Panoramafester fiel. Draußen glitzerte der Goshun-Salzsee, hinter ihm ragte Terrania auf. Dort wurde es niemals dunkel. Der Stardust Tower leuchtete blau in der Finsternis wie ein Laserschwert. Er schien jeden Tag ein Stück höher zu wachsen.

So beeindruckend der Anblick auch war, Mildred ließ sich nicht die Zeit, ihn zu bestaunen.

Hektisch sah sie sich im Raum um. Sie konnte niemanden entdecken. Hatte Ghüren ihnen falsche Informationen geliefert?

Grelles weißes Licht flammte auf. Mildred fuhr herum, ihre Augen schmerzten. Sie schrie erstickt auf, als sich eine unsichtbare Hand an ihre Kehle legte und sie vom Boden riss. Das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen, war vernichtend. Neben ihr erging es Tiff nicht besser. Er fluchte und würgte. Mildred sah, dass seine Stiefelspitzen über dem Boden in der Luft hingen. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen und erinnerte sich in Panik an den Krav-Maga-Kurs, den sie in Seattle besucht hatte. Die Stimme des Seminarleiters klang in ihrer Erinnerung auf: Dreißig Sekunden, wenn dich jemand würgt. Mehr hast du nicht. Dann ist es vorbei.

Mindestens fünf Gegenaktionen schossen ihr durch den Kopf. Aber wie sollte sie eine Abwehrtechnik anwenden, wenn der Feind gar keine Hände und Arme zum Ansetzen hatte? Sie schlug unkontrolliert um sich, sah, wie Tiff in die Luft trat. Dann flog sie unvermittelt durch den Raum, prallte knapp unter der Decke an die Wand und rutschte ein paar Zentimeter daran hinab. Ihre Rippen schmerzten, ein Ellbogen brannte empfindlich. Seite an Seite mit Tiff hing ihr Körper an der Wand, dagegen gepresst, als wären sie festgenagelt. Der Druck um ihre Kehle ließ nach. Sie hustete und rang nach Atem.

»Es ist nicht nett, einen armen Ilt aus dem Schlaf zu reißen«, sagte eine piepsige Stimme in einem Englisch mit merkwürdigem Singsang. »Wer seid ihr und warum stört ihr mich?«

Tiff fing sich zuerst. »Julian Tifflor und Mildred Orsons. Wir sind Freunde … und … haben eine Bitte.«

»Eine Bitte?«, piepste es höhnisch. »Ihr hättet einen schriftlichen Antrag stellen können. Wieso kommt ihr nicht bei Tag und meldet euch an wie alle anderen? Und warum denkt ihr immer den gleichen Mist?«

Mildred räusperte sich. »Lass uns runter, Gucky, bitte.« Sie dachte wie Tiff immer einen Satz, den sie sich zuvor zurechtgelegt hatten. Der Gedanke kreiste wie ein Mantra in ihr und schützte sie davor, über das Anliegen an Gucky nachzudenken.

Der Ilt ließ sie an der Wand hinabrutschen, bis ihre Füße festen Boden berührten. Er hielt sie weiter fest. »Also? Was soll dieses ständige mentale Per-aspera-ad-astra-Gestammel? Seid ihr aus einem Lateinkurs abgehauen?«

»Es ist ein Schutz«, antwortete Tiff. »Wenn wir unser Vorhaben zu intensiv denken, fängt es vielleicht ein anderer Telepath auf. Wir wissen, dass das Lakeside Institute nicht nur für Xeno-Forschungen eingerichtet wurde. Es ist ein Versteck für Mutanten.«

»Soso«, sagte Gucky mit einem gespielten Gähnen. »Und wennschon? Ihr hättet trotzdem tagsüber kommen können. Kommt morgen wieder. Nach dem Vieruhrtee. Ich will weiterschlafen.«

Erst in diesem Moment gelang es Mildred, das Kinn leicht zu senken und nach unten zu sehen. Aus dem Schatten eines Schrankes watschelte ein ein Meter hohes Geschöpf hervor, das aussah wie eine Mischung aus Maus und Biber. Ein einzelner Nagezahn ragte schimmernd aus dem Maul, als es dieses wie zu einem Grinsen öffnete. Mildred hatte diese Geste bereits gesehen, nachdem Gucky in Terrania angekommen war. Der Zahn schien zu fluoreszieren.

Tiffs Stimme wurde eindringlich. »Nein, das geht nicht. Sie werden dir nicht erlauben, uns zu helfen. Du bist zu wertvoll.«

Der Nagezahn blitzte auf. »Das bin ich in der Tat! Und ich bin mein eigener Herr. Was ist eure Bitte?«

Tiffs Stimme klang gepresst. »Lies es in unseren Gedanken.«

Wie abgesprochen lockerte Mildred ihre geistige Disziplin und dachte an Tiffs Vater, der seit dem Prozess vor zwei Monaten gegen den Arkoniden Crest am Supreme Court in Washington verschwunden war. Sie hatten alles versucht, sein Schicksal aufzuklären. Ohne Erfolg. Mildred zeigte Gucky, wie gutherzig Tiff und sein Vater waren, wie sie sich für andere einsetzten. Hilf William Tifflor. Er ist ein guter Mensch. Wenn einer ihn noch finden und retten kann, dann du.

Nun war es heraus. Mildred hielt den Atem an.

Gucky ließ sie los. Der Druck gegen ihre Kehlen verschwand.

Erleichtert rieb sich Mildred den schmerzenden Ellbogen.

Tiff trat vor. »Wirst du uns helfen, Gucky?«

Gucky verschränkte die Ärmchen vor dem befellten Brustkorb. Er trug keine Kleidung, schien sich aber nicht dafür zu schämen. »Du schließt von dir auf andere, Sportsfreund. Ein typisch menschlicher Fehler. Nur weil du dich für Wildfremde einsetzt, muss ich es noch lange nicht.«

Mildred merkte, wie Tiff sich versteifte. Auch sein Vater hatte ihn hin und wieder Sportsfreund genannt – eine Bezeichnung, die Tiff wenig schätzte und die ihn unweigerlich an die Spannungen erinnern musste, die zwischen ihm und seinem Vater vor dessen Verschwinden geherrscht hatten. William wollte immer, dass sein Sohn Staranwalt wurde wie er. Doch in diese Fußspuren wollte Tiff nicht treten. Gucky musste das Wort Sportsfreund in Tiffs Gedanken gelesen haben und provozierte ihren Partner bewusst.

»Von wegen Erlöser des Universums«, gab Tiff bissig zurück.

Gucky schnaufte. »Retter. Es heißt: Retter des Universums. Und dein Vater ist nicht das Universum. Also warum sollte ich ihn retten?«

»Weil du es kannst.«

»Ich kann auch den lieben langen Tag faulenzen, anstatt mir die Probleme anderer Leute zu eigen zu machen.«

Mildred trat neben Tiff. »Gucky, bitte. Wir brauchen dich. Hilf uns. Verrat uns, was wir im Gegenzug für dich tun können. Außerdem sagtest du erst vor Kurzem, wie langweilig dir in Terrania sei.«

Gucky lehnte sich auf seinen breiten Stützschwanz. Seine Züge entspannten sich, die Augen nahmen eine Mandelform an. »Oho, ein Geschäft. Und der Anreiz, etwas zu erleben. Zwar nicht grandios, aber zumindest ein Anfang. Ich wusste es. Es ist wie mit Sue. Die Weibchen sind auf diesem Planeten einfach schlauer. Außerdem können sie besser Ohren kraulen.«

»Rassist«, murrte Tiff.

Gucky legte den Kopf schief. »Die Weibchen sind eine andere Rasse? Na, das erklärt einiges. Wer war denn zuerst da?«

»Das ist nicht wie mit dem Huhn und dem Ei«, schnappte Tiff.

»Ach nein? Wie ist es denn mit dem Huhn und dem Ei? Kommt beides in die Pfanne?«

»Der will uns doch zum Narren halten, Mildred! Lass uns gehen. Dieser Mickymaus-Verschnitt kann niemanden retten, schon gar nicht das Universum.«

»Warte!« Mildred trat einen weiteren Schritt auf Gucky zu und ging in die Knie, damit sie ihm auf einer Höhe in die Augen sehen konnte. »Das Lakeside Institute ist auf Dauer nichts für dich, Gucky, oder? Du fühlst dich gefangen, das sehe ich dir an. Lass uns zusammen etwas wahrhaft Gutes tun und dabei ein Abenteuer erleben. Wir haben Pläne im Wagen liegen. Komm mit uns, dann können wir …«

»Mitkommen?«, unterbrach Gucky. »So ein Quatsch. Wenn schon, dann kommt ihr mit mir.«

Der Mausbiber fasste erst ihre Hand, dann Tiffs.

Mildred begriff kaum, was geschah. Von einem Moment auf den anderen löste sich das nachtdunkle Zimmer im Lakeside Institute auf.

Nachdem Guckys Entscheidung getroffen war, begann eine Serie wilder Sprünge. Der erste führte Mildred und Tiff tatsächlich zu dem in der Wüste abgestellten Geländewagen, wo Tiff noch schnell ein paar Sachen in den Rucksack warf, ehe sie das Auto stehen ließen. In der Ausrüstung befand sich ein weites Gewand mit Spitzhut, wie ihn die Reisbauern in manchen Regionen Chinas zur Ernte trugen. Mildred hatte beides von einer kleinen Frau in Terrania gekauft. So getarnt fiel Gucky auf den ersten Blick nicht auf, solange er den Kopf gesenkt hielt. Er wirkte wie das Kind einer Bauernfamilie.

Gucky brachte sie weiter, quer durch das Land bis zum Capital-International-Flughafen in Peking. Seine Paragabe, Gedanken zu lesen, erwies sich dabei als ausgesprochen nützlich, um Menschen auszuspionieren. Der Mausbiber wusste dadurch auf eingeschränktem Raum genau, wann und wohin er springen konnte.

Sie hatten so wenig Sichtkontakt zu anderen Menschen wie möglich.

Sicherheitshalber wählten sie vorerst nur Toiletten für die Sprünge aus, um nicht gesehen zu werden. Für Mildreds Magen eine echte Herausforderung, was die Gerüche und Anblicke betraf. Sie war dankbar, an einen Reisebüro-Schalter gehen zu können, um nach freien Plätzen in abfliegenden amerikanischen Maschinen zu fragen. Die Recherche dauerte nicht lang. Mildred schrieb die Nummern der unbelegten Sitze auf.

Sie kamen zu dritt in der winzigen Flugzeugtoilette einer nicht voll besetzten Delta-Air-Maschine nach Seattle-Tacoma an. Gucky sprang weiter, in den Transportraum. Begeistert war er davon nicht, aber in der engen Maschine konnte er zu leicht Aufsehen erregen. Mildred und Tiff mischen sich selbstbewusst unter die anderen Fluggäste.

Mildred fürchtete anfangs, entdeckt zu werden, doch in der großen Maschine fielen sie nicht weiter auf. Die Stewardessen nahmen an, dass sie wie alle anderen regulär eingecheckt hatten, und versorgten sie routinemäßig mit Abendessen, Frühstück und Getränken. Da die Passagiere durch zwei Eingänge in die Maschine gekommen waren, wurde niemand auf sie aufmerksam. Sie hatten bewusst den Nachtflug gewählt, ließen das Licht ausgeschaltet und stellten sich die meiste Zeit über schlafend. Außerdem vermieden sie es, zu sprechen.

In Seattle war es in der allgemeinen Aufbruchstimmung ein Leichtes, aus der Maschine zu verschwinden. Gucky wollte eigentlich die Flughafen-Toilette im Ankunftsbereich als ersten Stopp anpeilen, doch Tiff entschied, dass sie direkt von Bord weg ein weites Stück teleportierten, damit sie nicht von den Überwachungskameras aufgenommen wurden.

»Nehmen wir noch einen Flug?«, fragte Tiff wenige hundert Meter vom Flughafengebäude entfernt auf einem Busbahnhof.

Mildred beobachtete zwei Passanten, die interessiert auf den Ilt in der fremdländischen Kleidung starrten, und winkte Tiff und Gucky rasch hinter eine Betonmauer, die sie vor neugierigen Blicken schützte.

Gucky streckte sich. »Nein. Das wird nicht nötig sein. William Tifflor wurde das letzte Mal in Washington gesehen, also arbeiten wir uns von West nach Ost durch.«

Sie waren mit Guckys Vorgehen einverstanden. Von Seattle begann eine Teleportations-Odyssee quer durch das Land.

Mildred bedauerte es ein wenig, nicht länger in Seattle bleiben zu können. Auch wenn sie der Heimatstadt den Rücken gekehrt hatte, verband sie noch einiges mit ihr. Aber dafür war keine Zeit. Sie konnten nicht wissen, wann man in Terrania anfing, nach dem Ilt zu fahnden. Zwar war Gucky kein Gefangener, doch sein Verschwinden würde auffallen.

Sie hielten sich nirgends länger auf. Mildreds Bewunderung für Guckys Können wuchs ins Grenzenlose. Der Ilt war ohne Zweifel ein Teleporter wie kein Zweiter. Zwar brauchte auch er seine Pausen, doch innerhalb von nur zwei Tagen waren sie vollkommen kostenlos und ohne Aufsehen mitten in den USA angelangt.

Ihr nächster Stopp führte sie zu einer Tankstelle mit Motel und Schnellrestaurant an einem Freeway. Allerdings ging es dieses Mal nicht weiter.

Tiff sah sich verwundert um. »Was soll das? Was wollen wir an dieser Absteige?«

»Mittag essen«, sagte der Ilt knapp. »Ich will diese gelben Stangen aus Mittelamerika, die in Fett triefen.«

Verwundert runzelte Tiff die Stirn. »Pommes frites? Die kommen aus Belgien.«

»Mittelamerika«, beharrte Gucky. »1493. Damals hießen sie Kartoffeln. Hast du eigentlich in der Schule nur Kreide geholt?«

Mildred grinste in sich hinein. »Du brauchst Brennstoff. Das Teleportieren strengt ganz schön an, was?« Sie hatte den Eindruck, dass der ohnehin schlanke Ilt innerhalb der letzten zwei Tage abgenommen hatte.

Guckys Schweigen war ihr Antwort genug. Der Mausbiber watschelte aufrecht auf die elektrische Tür zu.

»Warte!« Tiff hielt ihn an einem Haarbüschel am Hals fest. »Du kannst da so nicht rein!«

Guckys giftiger Blick sorgte dafür, dass Tiff die Finger hastig öffnete und ihn losließ.

»Was heißt das: so nicht rein?«, äffte Gucky Tiffs Tonfall nach. Er hob den chinesischen Hut an. »Ist meine Frisur in diesem Teil der Galaxis außer Mode?«

»Du weißt, was Tiff meint.« Mildred benutzte den bittenden Blick, der schon zuvor bei Gucky gezogen hatte, wenn der Ilt und Tiff aneinandergerieten. Sie war sicher, hinter der ruppigen Art des Ilts verbarg sich ein herzensgutes Wesen. »Wir können dir Pommes holen.«

Gucky sah zweifelnd aus. Offenbar reichte sein Vertrauen noch nicht so weit, ihr und Tiff etwas so Wertvolles wie Pommes frites anzuvertrauen. »Gibt es keine andere Möglichkeit?«

»Doch«, sagte Tiff liebenswürdig. »Zieh das Gewand aus und geh auf allen vieren. Dann können wir behaupten, du wärst ein Mischlingshund. Oder ein Laborunfall.«

Guckys Nasenhaare zuckten. Sein Blick zeigte Todesverachtung. »Also gut, ich warte da hinter dem Busch.« Er zeigte auf eine Ansammlung von Rhododendren abseits des Interstate 74. »Aber beeilt euch.« Breitbeinig watschelte er davon.

Mildred sah besorgt zur Straße hin, doch keiner der Wagen hielt. Je länger sie unterwegs waren, desto unvorsichtiger kam ihr Gucky vor. Bisher hatten sie mehr Glück als Verstand gehabt. »Hoffentlich erregt er kein Aufsehen.«

»Ich glaube, er ist ziemlich ausgelaugt. Nach Hunderten von Kilometern quer durch das Land.« Tiff wies auf ein Straßenschild mit Meilenangabe. »Wir sind schon bei Peoria, mitten in Illinois! Ich habe genug Geld auf dem Konto, und dank Mercant kann ich darauf zugreifen. Schlagen wir Gucky vor, ein Auto zu mieten.«

Mildred musterte Tiff kritisch. Worauf wollte ihr Freund hinaus? »Und warum sagst du das mir und nicht Gucky?«

Tiffs Blick wurde bittend. »Weil du den besseren Draht zu ihm hast. Wir reisen seit knapp drei Tagen durch das Land und haben kaum mit ihm gesprochen. Was wissen wir schon von ihm? Vielleicht wird er fuchsteufelswild und würgt uns, wenn ich seine Parabegabung anzweifle.«

»Du hast den falschen Eindruck von ihm. Gucky ist herzensgut.«

»Zu dir vielleicht.«

Mildred stemmte die Arme in die Hüften. Sie spürte, wie Ärger in ihr aufstieg. »Er hilft dir immerhin. Was willst du mehr? Er hat bisher alle deine Erwartungen bei Weitem übertroffen.«

Tiff senkte beschämt den Kopf. »Du hast ja recht. Es ist nur … Er ist mir ein wenig unheimlich.«

Mildred entspannte sich. »Schon okay. Ich rede mit ihm. Ein Auto aufzutreiben sollte kein Problem sein. Es ist eh besser, wenn wir in Washington eins haben.« Sie dachte an die Menschenmengen, die sich durch die Hauptstadt wälzten. In Peking hatten sie Glück gehabt, aber da hatten sie auch keine Nachforschungen anstellen wollen. In Washington würden sie sich nicht nur verstecken können.

Tiff zog sie an sich. »Du bist die Beste, Mildred.«

Tiff fuhr den Leihwagen, einen zwei Jahre alten Ford Travia Deluxe, während Mildred zusammen mit Gucky auf der Rückbank saß – ein Umstand, der Tiff ärgerte. Gucky hatte darauf bestanden. Mildred war ziemlich sicher, dass es dem Ilt Spaß machte, Tiff zu provozieren, dass er es aber eigentlich nicht böse meinte.

Der Mausbiber lag lang ausgestreckt, mit offenen Augen, und ließ sich die Ohren kraulen. Die für ihn unbequeme Kleidung und den Hut hatte er ausgezogen. Sein Kopf ruhte auf Mildreds Schoß wie auf einem Kissen. Hin und wieder kommentierte er spöttisch eines der Straßenschilder. Erstaunlicherweise schien er perfekt Englisch lesen zu können. Ein Umstand, der Mildred überraschte.

»Wo hast du das gelernt? Aus den Köpfen der Menschen?«

»Was wäre ein Ilt ohne seine Geheimnisse?«, piepste Gucky und rieb seinen Kopf an ihrem Bein. Dabei blickte er unschuldig in den Rückspiegel, hin zu Tiff.

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11 kasım 2024
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9783845333854
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