Kitabı oku: «Perry Rhodan Neo Paket 3: Das galaktische Rätsel», sayfa 8

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Er beneidete Ernst Ellert. Nicht darum, dass der Deutsche in einen Energieschirm geraten war. Oder dass sein Geist offenbar an Orte und zu Zeitaltern reisen konnte, die einem Menschen verwehrt waren.

Er beneidete diesen Mann um etwas Grundlegenderes: Ernst Ellert war frei.

Ellert wurde nicht ehrerbietig als »Administrator« angesprochen, bevor er überhaupt in das Amt gewählt worden war. Er war für niemanden der Lichtbringer, der Thort der Menschen, für niemanden der Retter der Menschheit, der Mann, der die Menschheit zu den Sternen führte, für niemanden eine lebende Legende, die man kaum anzusprechen wagte.

»Weißt du, Sue«, wandte Rhodan sich an das Mädchen. »Mir kommt es manchmal vor, als erwarte jeder einzelne Mensch dieser Erde Wunder von mir.« Er sah auf die Uhr. »In drei Stunden steht die Wahl des Administrators der Terranischen Union an. Man erwartet eine Rede von mir. Und ich … ich weiß immer noch nicht, was ich sagen soll. Wie kann ich die Sehnsüchte von Milliarden Menschen erfüllen?«

Es war eine rhetorische Frage, eine unlösbare. Rhodan erwartete keine Antwort darauf, schon gar nicht von einer Fünfzehnjährigen.

Doch Sue wusste eine Antwort. »Dann lass es sein!«, sagte sie.

Rhodan ruckte hoch. »Du meinst, ich soll keine Rede halten? Das geht nicht!«

Sue schüttelte den Kopf. »Nein, du musst deine Rede halten. Das schuldest du den Menschen. Aber ich finde, du schuldest dir selbst auch etwas: Du musst nach dir selbst sehen! Halte die Rede, die du selbst hören wolltest – nicht die, von der du glaubst, dass Milliarden Menschen sie hören wollen. Ganz einfach!«

Ganz einfach! Sues Worte hallten in Rhodans Gedanken nach. Und das war es, erkannte er. Er konnte es nicht Milliarden recht machen. Aber er konnte es einem Menschen recht machen. Einem, mit dem er für den Rest seines Leben auskommen musste: sich selbst.

»Sue, du bist nicht zufällig hier, oder?«

Ein Anflug von Röte erfasste ihr Gesicht. »Hm, vielleicht nicht ganz …«

»Allan Mercant hat dich geschickt?«

»Nein, Homer.«

»Homer G. Adams?«

»Ja. Homer hat sich Sorgen um dich gemacht. Du schienst ihm – wie sagte er? – ja, ›nicht ganz bei dir‹, als er dir dein neues Büro gezeigt hat. Also hat er John um Hilfe gebeten. John hat dich telepathisch aufgespürt und mich gebeten, nach dir zu sehen …«

»Ihr … ihr seid unglaublich!« Rhodan fiel es schwer, Worte zu finden. Er hatte geglaubt, allein mit seinen Sorgen und Gedanken zu sein – und tatsächlich hatten seine Gefährten ihn keinen Moment aus den Augen gelassen. »Sue, du …«

Rhodans Pod summte. Er sah auf das Gerät. Der Anruf kam von Eric Manoli. Der ehemalige Bordarzt der STARDUST war ein ruhiger, gewissenhafter Mann. Ein Mann, der einen Freund niemals unnötig belästigen würde. »Einen Augenblick, Sue«, sagte Rhodan und nahm den Anruf an. »Eric, was gibt es?«

»Perry, ich habe schlechte Nachrichten.« Es war eine Audioverbindung. Aber Rhodan konnte sich die Miene des Kameraden vorstellen. Manoli pflegte die Stirn zu runzeln, wenn es ernst wurde.

»Raus damit!«

»Es ist wegen Crest …«

Rhodan schwieg, während Manoli berichtete. Schließlich war der Arzt fertig. Rhodan bedankte sich leise und legte auf.

»Perry, du bist ganz bleich! Was ist?« Sue blickte ihn aus weit aufgerissenen Augen an. »Schlechte Nachrichten?«

Rhodan nickte. »Aber das muss bis später warten. Zuerst habe ich eine Rede zu halten.« Er nahm die Hände des Mädchens und drückte sie. »Ich danke dir, Sue. Du hast mir sehr geholfen.«

Er stand auf, deutete eine Verbeugung in Richtung des Betts an. »Wir sehen uns wieder, Ernst Ellert!«

Dann machte sich Perry Rhodan auf den Weg.

12.

Crest da Zoltral

Azoren

Ein U-Boot stand für Crest bereit.

Der Typ war ihm unbekannt. Er glaubte, in der Form entfernt ein Boot des Barracuda-Typs zu erkennen, wie sie sie für ihren ersten Vorstoß zur Kuppel benutzt hatten. Doch dies musste eine zivile Weiterentwicklung sein. Der Bug des Boots mündete in eine »Schnauze«, auf die man ein Fischmaul gemalt hatte – allerdings ein comicartiges, lächelndes.

Crest dachte an sein erzwungenes Gespräch mit Trker-Hon. Der Topsider hatte recht. Die Menschen waren im Begriff, eine Entwicklung, die für gewöhnlich Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende benötigte, innerhalb kürzester Zeit zu vollziehen. In diesem Boot, das vor ihm im Miniaturhafenbecken der unterseeischen Kuppel lag, vermischten sich irdische, ferronische und erste Elemente arkonidischer Technologie. Wie überall auf der Erde – mit unabsehbaren Folgen.

Die beiden Pilotinnen des Boots erwarteten ihn am Kai. Es waren, ihrer länglichen Augenform und den schwarzen Haaren nach zu urteilen, Chinesinnen. Wahrscheinlich ehemalige Angehörige der Belagerungsarmee Bai Juns. Menschen, die vor zwei Monaten noch alles getan hätten, den Fremden, der ihre Welt bedrohte, in ihre Hand oder wenigstens unter die Erde zu bringen.

Jetzt begrüßten sie ihn mit Ehrerbietung – beide Frauen verbeugten sich – und mit Augen, in denen die Abenteuerlust funkelte. Ihre alte Welt war unwiderruflich untergegangen. Doch die neue entschädigte sie um ein Vielfaches für den Verlust.

Die kleinere der beiden Pilotinnen führte Crest in die Passagierkabine, stellte sicher, dass er sich angeschnallt hatte, und zog sich dezent zurück.

Crest war allein. Allein mit der Rolle, die gegen seine Brust drückte, und seinen Gedanken. Der Arkonide beging nicht den Fehler, die Rolle hervorzuziehen. Er war sich sicher, dass die beiden Pilotinnen ihn trotz ihres authentischen Respekts über Kameras überwachten. Er war Crest da Zoltral, der weise Arkonide. Sein Wohlergehen war viel zu wichtig, um ihn aus dem Auge zu lassen.

Crest schloss die Augen. In Gedanken wiederholte er die Sätze, die er gelesen hatte. Der Arkonide besaß kein fotografisches Gedächtnis wie Homer G. Adams, aber er hatte sich früh im Leben Mnemotechniken angeeignet, die ihm in Fleisch und Blut übergegangen waren.

»An meiner Seite zu altern, muss ihm unerträglich geworden sein …«

Bedeutete das, der Kommandant – wer sonst sollte diesen Bericht verfasst haben? – hatte die Unsterblichkeit erlangt? Oder sah er in seiner Sehnsucht Gespenster, wie die Menschen es nannten?

Aber angenommen, seine Vermutungen trafen zu. Der Kommandant hatte diesen Bericht verfasst. Er war unsterblich. Wieso hatte sein Gefährte Cunor nicht ebenfalls das ewige Leben erlangt? Und wo befand sich der Kommandant jetzt? Er musste noch leben. Oder war er der Einsamkeit und des endlosen Leids überdrüssig geworden und hatte sein unsterbliches Leben beendet? Oder hatte man ihn, den Unsterblichen, ebenfalls ermordet?

Die Maschinen des Boots liefen an. Crest hörte, wie die Taue, die das Boot an dem Kai festgehalten hatten, über den Rumpf kratzten.

Dann senkte sich das Brummen wieder. Das große Display, das eine der Wände der Passagierkabine ganz ausfüllte, erwachte zum Leben. Der Kopf der chinesischen Pilotin erschien. Sie verneigte sich und sagte: »Entschuldigen Sie bitte, unsere Abfahrt wird sich einige Minuten verzögern. Ein weiterer Passagier ist eingetroffen.«

Das Display erlosch. Ein harter Schlag setzte sich durch den Rumpf fort – als wäre ein schwerer Körper auf das Boot gesprungen.

Trker-Hon? Es war dem Topsider zuzutrauen. Dem Weisen war trotz seines Geredes über Gemeinsamkeiten zwischen Arkoniden und Topsidern Taktgefühl fremd.

Die Tür der Kabine öffnete sich. Eine Frau trat ein. Sie war schlank, hatte schmale Augen – wenn auch nicht so schmal wie die der chinesischen Pilotinnen – und ein nach menschlichen Maßstäben liebliches Gesicht. Sie war jung, Mitte, allenfalls Ende zwanzig.

»Miss Michalowna?«, sagte Crest und vergaß über seine Verblüffung die Höflichkeit, auf die er so großen Wert legte. »Was tun Sie hier?«

Die Frau verharrte. »Ist es Ihnen nicht recht, dass ich mit Ihnen reise?«, fragte sie unsicher.

»Doch, doch«, versicherte Crest rasch. Seine Heftigkeit konnte ihn verraten! »Ich bin nur etwas überrascht.«

Tatjana Michalowna trat in die Kabine. »Keine Sorge, ich habe Ihre Gedanken nicht gelesen. Doktor Manoli hat mich nach São Miguel gebeten.«

»Was? Mich auch!«

Die Frau ließ sich im Sessel neben ihm nieder.

Die Maschinen liefen ein zweites Mal an. Das U-Boot passierte die Schleuse, gelangte ins offene Meer. Die Maschinen erhöhten ihre Drehzahl, und die beiden Passagiere wurden in die Lehnen ihrer Sitze gedrückt, als die Pilotinnen das Boot auf einen steilen Steigkurs brachten.

Das Display zeigte Bilder der Heckkameras. Schweigend verfolgten Crest und Michalowna, wie die Kuppel hinter ihnen zurückblieb. Scheinwerfer erleuchteten die Anlage, verliehen ihr den Charakter eines Sakralbaus. Ehrfurcht regte sich in Crest. Die Tiefsee war ein Lebensraum, der für Arkoniden in vielerlei Hinsicht noch feindlicher war als das Vakuum des Weltraums. Seine Vorfahren hatten mit dieser Kuppel ein Wunderwerk der Technik erschaffen. Und das, so viel stand fest, unter widrigsten Bedingungen.

Als die Kuppel zu einem Lichtpunkt in der Schwärze der Tiefsee zusammenschrumpfte, überkam Crest Traurigkeit. Die Kuppel war ein Wunderwerk. Und sie war zehntausend Jahre alt. Seitdem hatte sich seine Kultur nicht entscheidend weiterentwickelt. In vielerlei Hinsicht war sie sogar zurückgefallen.

»Hat Manoli Ihnen gesagt, was geschehen ist?«, fragte Tatjana Michalowna. Sie musste seine Traurigkeit spüren. Vielleicht, indem sie unbewusst ihre telepathische Gabe einsetzte, vielleicht auch einfach, weil sie sich über die Jahre ein außergewöhnliches Einfühlungsvermögen angeeignet hatte.

»Leider nicht«, antwortete Crest. »Aber er wirkte ungewöhnlich aufgewühlt, soweit ich das beurteilen kann.«

»Ich glaube, Ihre Einschätzung liegt richtig«, bestätigte die Telepathin. Und fuhr dann, nach einem fast unmerklichen Zögern, fort: »Womöglich gibt es unerwartete Probleme bei der Versammlung in Terrania?«

»Möglich.« Crest hatte sich entschieden, der Versammlung fernzubleiben. Dort ging es um die Terranische Union und die Wahl ihres ersten Administrators, die Angelegenheiten der Menschen. Und außerdem hatte ihn die Entdeckung der verborgenen zweiten Station zu sehr beschäftigt, als dass er Zeit und Aufmerksamkeit dafür hätte erübrigen können. »Aber selbst wenn es so wäre«, fuhr er fort. »Was könnten wir beide schon dort ausrichten?«

Tatjana Michalowna war Telepathin, eine Gedankenleserin. Es war eine Gabe, die Unbehagen in anderen Menschen auslöste. Zudem hatte sie dem verbrecherischen Suggestor Clifford Monterny gedient. Beides zusammen sorgte dafür, dass man ihr oft mit Argwohn begegnete. Crest war es nicht anders ergangen, insbesondere, nachdem Michalowna ihm eröffnet hatte, dass sie in seinen Gedanken von seiner Suche nach der Welt des Ewigen Lebens erfahren hatte.

Doch Michalowna hatte sich in den letzten Wochen als verlässlich erwiesen. Sie hatte sein Geheimnis gehütet, und Crest hatte sie schätzen gelernt. Es hatte etwas Tröstliches, wenigstens eine Vertraute unter den Menschen zu haben, auch wenn sie das Thema für gewöhnlich vermieden.

»Sind Sie bei der Erforschung dieser verborgenen Station weitergekommen?«, fragte sie.

»Noch nicht. Aber ich habe Cyr Aescunnar zurate gezogen.«

»Den Möchtegern-Historiker, den alle für einen Verrückten halten?«

»Genau den. In verrückten Zeiten braucht es einen Verrückten.«

Das Boot erreichte die Oberfläche. Crest wurde nach vorne gerissen, als der Bug des Boots auf das Wasser klatschte, aber die Gurte hielten ihn sicher im Sitz.

Wenige Minuten später machten sie in Ponta Delgado fest, der Hauptstadt der Insel São Miguel. Crest und Tatjana Michalowna stiegen über eine schwankende Gangway auf das Kai.

Es war ein sonniger Morgen. Crest genoss die würzige Seeluft, die warme Sonne, die auf seiner Haut kitzelte. Überall im Hafen waren Menschen und arbeiteten. Bis vor Kurzem hatten Stadt und Insel vor allem vom Tourismus gelebt, jetzt hatte die in zwei Wochenschichten rotierende Besatzung und die dazugehörende Logistik der Unterseekuppel den Hafen praktisch übernommen.

Mit Ausnahmen: Ein nagelnder Diesel kündigte ein Fischerboot an. Es kehrte von seiner nächtlichen Ausfahrt zurück, ganz so, als stünde die Welt nicht kopf.

Eric Manoli erwartete sie am Kai. »Crest!« Er nahm die Hand des Arkoniden und drückte sie fest. »Danke, dass Sie so schnell gekommen sind!«

»Das war selbstverständlich. Ich helfe gerne. Wo …«

Manoli winkte ab. »Gleich.« Eine unhöfliche Geste für einen Mann, der stets Wert auf Höflichkeit legte. Es unterstrich die Dringlichkeit seines Anliegens.

Manoli führte sie zu einem Wagen, öffnete die Beifahrertür für Crest und setzte sich ans Steuer. Der Arzt berührte mit dem Daumen das Sensorfeld an der Säule des Lenkrads und fuhr los.

»Halt!«, rief Crest. »Wir haben Miss Michalowna vergessen!«

»Sie kommt nicht mit uns«, antwortete Manoli.

»Wieso nicht? Sie haben Sie doch um Hilfe gebeten?«

»Ja. Und sie hat Ihre Aufgabe erledigt.« Der Arzt beschleunigte den Wagen ohne ein weiteres Wort.

Sie ließen Ponta Delgada rasch hinter sich. Manoli steuerte den Wagen an der Küste entlang durch lockere Besiedlung. Der Arzt fuhr, wie es seinem Charakter entsprach: ruhig und umsichtig. Crest war froh darüber. Der Gedanke, dass Arkoniden oder Menschen manuell Fahrzeuge steuerten, war ihm trotz der zweieinhalb Monate, die er auf der Erde verbracht hatte, unheimlich. Wieso eine komplexe Koordinationsaufgabe wie diese, deren Scheitern möglicherweise tödliche Konsequenzen nach sich zog, fehlbaren organischen Wesen überlassen, wenn es nahezu unfehlbare Alternativen gab?

»Kennen Sie die Azoren?«, fragte Eric Manoli. Der Arzt tippte einen Schalter an. Die Scheibe auf der Fahrerseite senkte sich in die Füllung der Tür. Fahrtwind drang in den Wagen. Würzige Seeluft, vermischt mit dem Rauch, der aus den Schornsteinen der Häuser drang.

»Nur den Hafen von Ponta Delgada. Die Kuppel hat meine ganze Aufmerksamkeit beansprucht.«

»Verständlich, aber bedauerlich.« Der Arzt streckte den linken Arm aus dem Fenster, seine Finger spielten mit dem Wind. »São Miguel, die gesamten Azoren gehören zu den exotischen Flecken der Erde. Weit abgelegen – Menschen leben hier erst seit nicht einmal sechshundert Jahren – und mit einem milden Klima. Hier wird es weder zu heiß noch zu kalt.«

»Dafür regnet es ständig.«

Manoli lachte leise. »Sie haben sich doch mit den Inseln beschäftigt?«

»Eigentlich nicht. Aber man schnappt gewisse Dinge auf, wenn man mit der Besatzung der Kuppel spricht. Die Spezialisten beklagen sich über den Regen in ihrer Freischicht.«

Der Arzt verlangsamte die Fahrt, als sie an einen Abzweig gelangten. »Lagoa da Fogo«, stand auf einem Schild. Manoli schlug das Steuer nach links ein und folgte der Richtung, die das Schild wies.

»Menschen«, Manoli schüttelte den Kopf. Tadelnd eigentlich, aber Crest deutete die Geste als liebevoll. »Sie finden in der leckersten Suppe ein Haar.«

Die Straße stieg jetzt an. Die letzten Häuser der Küstenbesiedlung blieben hinter ihnen zurück. Wälder und Wiesen wechselten einander ab, erlaubten einen weiten Blick. Der Wind trieb Wolken über die Landschaft. Sie tauchten sie in ein Wechselspiel aus Licht und Schatten.

»Gibt es auf Arkon Orte wie diese?«, fragte Manoli.

»Nein.« Crest überlegte. »Zumindest kenne ich keine. Wir Arkoniden haben unsere Heimat vor langer Zeit erobert. Die Unberührtheit unserer Heimat war der Preis, den wir dafür zahlten. Aber wir haben die Sterne zum Ausgleich. Wir finden dort die Unberührtheit.«

»Und sie wird niemals zur Neige gehen.«

Schweigend fuhren sie weiter. Die letzten Spuren menschlicher Tätigkeit blieben hinter ihnen zurück. Nur noch das Band der Straße zeugte von der Anwesenheit von Menschen. Nebelfetzen hingen in den Hügeln, ließen die Landschaft geheimnisvoll wirken.

Sechshundert Jahre. Nach arkonidischen Maßstäben war die Insel erst vor einem Augenblick besiedelt worden. Und davor … Crest dachte an die Schriftrolle an seiner Brust, an den – möglicherweise – unsterblichen Kommandanten. Er war an die Oberfläche aufgestiegen, die Artefakte bewiesen es. Er musste auch auf dieser Insel gewesen sein.

Crest stellte sich vor, wie der Kommandant über die unberührte Insel gestreift war. Er dachte wieder an den Griechen, Hesiod, an das Eherne Zeitalter. Hesiods Zeitalter waren eine Projektion seiner eigenen Wünsche und Ängste, doch zumindest in einem waren sie akkurat: In früheren Zeiten war ein Mann ganz auf sich allein gestellt dem Universum entgegengetreten. Heute war er in ein unzerreißbares Geflecht von Verpflichtungen und Beziehungen verstrickt – und die Wildnis war, wie hier, ein genau eingegrenztes Schutzgebiet.

Manoli hielt an einem ungepflasterten Parkplatz an.

Crest schüttelte die schweren Gedanken ab. »Sind wir da?«, fragte er, ohne überhaupt zu wissen, worum es sich bei diesem »da« handeln sollte.

»Gleich. Ich dachte nur, dass wir uns diesen Anblick nicht entgehen lassen sollten.«

Der Arzt stieg aus und ging an den Rand des Parkplatzes. Ein grober, aus Baumstämmen gefertigter Zaun markierte seinen Rand. Crest folgte ihm.

Die Luft war hier anders. Feucht, aber an die Stelle des Salzes war ein Unterton von Harz getreten. Unter dem Parkplatz erstreckte sich ein See, halb im Nebel verborgen.

»Der Lagoa da Fogo«, sagte Manoli. »Der Feuersee.«

»Eine merkwürdige Namenswahl. Ich sehe vor allem dichten Nebel.«

»Sie haben recht. Ich denke, der Name geht auf die Entstehung des Sees zurück. Er liegt in einem Vulkankrater.« Manoli atmete tief ein. Als wolle er sich mit der würzigen Luft stärken. »Wollen wir weiter?«

»Wenn Sie mir sagen, wohin, Doktor Manoli.«

»Natürlich.« Er streckte den Arm aus und zeigte auf einen bewaldeten Grat, der wie ein Finger in den See ragte. »Sehen Sie diese Felsspitze? Das Glänzen?«

»Ja.«

»Dort ist unser Ziel.« Manoli sah auf die Uhr. »Keine fünf Minuten. Dort warten die anderen.«

Sie kehrten zum Wagen zurück und setzten ihre Fahrt fort. Einige hundert Meter weiter zweigte ein Feldweg ab. Er war nicht beschildert. Manoli bog ohne Zögern ein. Er fuhr langsam. Keine zwanzig Kilometer in der Stunde, wie Crest am Display ablesen konnte. Dennoch klammerte sich der Arkonide unwillkürlich mit der Rechten am Türgriff fest. Er kam aus einer Zivilisation, in der es keine Fahrzeuge gab, die Erschütterungen zugelassen hätten.

Am Ende des Weges schälte sich ein Haus aus dem Wald. Crest, der inzwischen mit den kulturellen Kategorien der Menschen vertraut war, ordnete es als »Villa« ein.

»Sie haben gesagt, hier bestünde ein Schutzgebiet für die Natur«, bemerkte der Arkonide.

»Das ist es auch.«

»Wie kommt dann diese Villa hierher?«

»Korruption.« Manoli hob die Schultern. Er wirkte verlegen, als schäme er sich für die Schlechtigkeit seiner Art. »Eine Multimilliardärin hat die richtigen Leute geschmiert. Aber jetzt hat das Anwesen einen neuen Besitzer. Sie kennen ihn. Homer G. Adams.«

»Adams?« Crest hatte den älteren Mann als gewissenhaft kennen gelernt – und trotz seines Reichtums als persönlich bescheiden. »Was will er damit?«

Manoli hielt vor dem Haus an. Zwei weitere Wagen standen bereits auf dem mit Kieseln befestigten Vorplatz. »Es abreißen lassen, um die Unberührtheit des Schutzgebiets wiederherzustellen. Aber ich finde, es spricht nichts dagegen, dass wir es vorher noch für unsere Zwecke benutzen.«

Sie gingen in das Haus. Die Tür war nicht abgeschlossen. Weshalb auch? Manoli hängte die Jacke an einen Haken. Crest behielt seine Jacke an. Die Gefahr, dass der Arzt die Schriftrolle bemerkte, war zu groß.

»Die anderen sind auf der Terrasse, schätze ich. Kommen Sie, Crest!« Manoli machte eine einladende Geste.

Der Arkonide folgte ihr. Verwundert stellte er fest, dass sein Puls hart schlug. »Helfen Sie uns.« Die anderen. Dieses Haus weitab. Was hatte es zu bedeuten? Durch einen Vorhang erkannte er die Umrisse zweier Menschen. Allan Mercant? Bai Jun? Sie waren die Gefährten Rhodans, die Crest in Gedanken als »die Macher« bezeichnete. Männer, die mit einer gehörigen Portion Realismus an ihre Aufgabe gingen und niemals aufgaben. Männer, wie Arkon sie seit langer Zeit nicht mehr hervorbrachte. Bai Jun und Mercant waren stets zur Stelle, wenn es eine Krise zu bewältigen gab.

Oder vielleicht Adams selbst? Crest verwarf den Gedanken. Adams war in Terrania bei der Vollversammlung, die in diesen Minuten stattfand. Aber was konnte so wichtig sein, dass die führenden Männer Terranias auf diese abgelegene Insel kamen?

Manoli zog den Vorhang zur Seite. Crest erkannte, wer auf ihn wartete. Ein Stich traf ihn in der Brust, ließ ihn keuchen, unwillkürlich in die Beuge gehen. Manoli war augenblicklich an seiner Seite, hielt ihn.

»Crest! Alles in Ordnung?«

»Ja«, log der alte Arkonide. Nicht die Macher Terranias erwarteten ihn, sondern die Ärzte.

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11 kasım 2024
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1535 s. 10 illüstrasyon
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9783845333854
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