Kitabı oku: «Perry Rhodan Neo Paket 3: Das galaktische Rätsel», sayfa 9

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13.

Perry Rhodan

Terrania

Sie waren nach Terrania gekommen: 3798 Delegierte.

Sie waren aus allen zweihundertelf Staaten gekommen, um eben diese Staaten zu Vergangenheit zu erklären.

Sie waren gekommen, um ein neues Zeitalter einzuleiten. Das Goldene Zeitalter der Menschheit, das Zeitalter der Sterne.

Homer G. Adams stand an dem Rednerpult der Bühne und begrüßte die Delegierten, leitete den Akt ein, um dessentwillen die Delegierten in die Wüste Gobi geströmt waren: die Wahl des ersten Administrators der Terranischen Union. Der Bucklige trug seinen üblichen, an Ellenbogen und Knien geflickten Anzug mit einer Selbstverständlichkeit, als bewege er sich im Kreis von engsten Freunden.

Perry Rhodan stand neben Reginald Bull am Fuß der Bühne, wartete darauf, aufgerufen zu werden, und ließ den Blick über die Reihen schweifen. Er sah in die jungen und alten Gesichter, die Gesichter von Männern und Frauen, in bleiche, braune, schwarze Gesichter, in ausnehmend schöne und ausnehmend hässliche Gesichter. Vor allem aber: in strahlende, erwartungsvolle Gesichter.

»Tust du mir einen Gefallen?«, flüsterte Reginald Bull ihm ins Ohr. »Zwick mich! Das ist nicht wahr, oder? Das kann nicht wahr sein! Wir sind noch auf dem Mond, uns geht der Sauerstoff aus, und unsere Gehirne spielen verrückt – das muss es sein, nicht?«

Rhodan lachte leise. »Nein. Nur ein verrückter Traum, der wahr geworden ist. Man nennt es landläufig ›Leben‹.«

Bull stimmte in sein Lachen ein. Rhodan ließ den Blick schweifen. Er legte den Kopf in den Nacken, schützte mit einer Hand die Augen vor dem Scheinwerferlicht.

Er sah die Sterne.

Das riesige Zelt, das die Versammlung hatte beherbergen sollen, war eine Stunde vor der Eröffnung in sich zusammengestürzt. Adams hatte die Ruhe behalten. Der Bucklige, der eben den Delegierten versicherte, dass der Grundpfeiler der Terranischen Union die Selbstbestimmung der Regionen der Erde sei, hatte das Gewirr aus Zeltbahnen, Drähten und verbogenem Metall zur Seite räumen lassen und war im Zeitplan fortgefahren.

Ein Zelt der anderen Art schützte die Delegierten vor der nächtlichen Kühle der Wüste: ein arkonidischer Energieschirm. Er war unsichtbar, für das geübte Auge nur an einem schwachen Flimmern zu erkennen. Ein Flimmern, das die Sterne glitzern ließ. Ein Glitzern, das Rhodan wie ein aufmunterndes Zeichen anmutete.

Es war derselbe Energieschirm, der noch vor nicht langer Zeit ihn selbst, die Kameraden der STARDUST und den Arkoniden Crest da Zoltral vor dem Trommelfeuer der chinesischen Artillerie bewahrt hatte. Befohlen von einem Mann, der nun nur wenige Meter entfernt von Rhodan an der Tribüne stand: Bai Jun. Ehemaliger General der Volksbefreiungsarmee, Sohn eines Han-Chinesen und einer Uigurin, hochintelligent, zielstrebig, unbeugsam – und nun auf der Seite Rhodans. Geschätzt, geachtet und eines Tages womöglich ein Freund. Allerdings ein Freund mit eigenen, unbequemen Ansichten.

Bai Jun bemerkte Rhodans Blick. Er setzte sich in Bewegung. »Ein großartiger Augenblick, Mister Rhodan. Nicht?«

»Ja. Und einer, der schwer zu fassen ist.«

»So ist es. Sie haben Ihre Entscheidung getroffen?«

Rhodan hielt dem bohrenden Blick des ehemaligen Generals stand. »Das habe ich. Ich danke Ihnen für Ihre Anregung, Bai Jun. Sie war von unschätzbarem Wert.«

»Sie schmeicheln mir. Ich habe lediglich getan, was ich für meine Pflicht hielt.« Der Halbchinese deutete eine Verbeugung an, nickte Bull höflich zu und ging an den für ihn reservierten Platz in der ersten Reihe.

»Was quatscht ihr zwei da?«, zischte Bull. Das alte Misstrauen gegen Bai Jun war in ihm erwacht.

»Nichts, weswegen du dir den Kopf zerbrechen müsstest.«

Bull prustete. »Komm mir nicht so. Was haben du und Bai Jun gemauschelt?«

»Du wirst es gleich erfahren. Vertrau mir!«

»Das tue ich. Ich mache jeden Mist mit, der dir einfällt. Schon vergessen? Aber …«

»Aber was?«

»Das gefällt mir nicht.« Bull war vor gerechtem Zorn rot angelaufen. »Du bist wieder so ruhig, so unendlich entschlossen. Wie damals, als uns Pounder mit der STARDUST zum Mond geschossen hat, wir nur raten konnten, wieso … und du dir mehr und klügere Gedanken gemacht hast als alle anderen zusammen. Ich habe mir vor Bammel beinahe in die Hosen gemacht. Und du? Du warst so ruhig, als wüsstest du genau, was kommt und was du zu tun hast!«

»Ich hatte genauso viel Bammel wie du, Reg«, antwortete Rhodan. Und gleichzeitig erinnerte er sich daran, dass der Freund mit seiner zweiten Beobachtung ebenso ins Schwarze getroffen hatte: Rhodan hatte gewusst, was er zu tun hatte – ebenso wie in diesem Moment, im Angesicht der ganzen Menschheit.

»Erzähl mir nichts!«, zischte Bull. »Du …«

Er brach ab, als die Delegierten zu klatschen begannen. Adams hatte seine Rede beendet und Rhodan an das Rednerpult gebeten.

»Du bist der beste Freund, den ein Mensch sich wünschen kann, Reg.« Rhodan gab seinem Kameraden einen Klaps auf die Schulter und wandte sich zu der schmalen Treppe, die auf die Bühne führte.

Der Beifall begleitete ihn auf dem Weg zum Pult, wo ihn Adams mit einem festen Handschlag begrüßte. Rhodan stellte sich hinter das Pult, kramte den Zettel mit seinen Notizen aus der Tasche, entfaltete und glättete ihn.

Der Zettel stammte aus einem Taschenkalender chinesischer Herkunft. Das Papier war gelb, ein mit roten Strichen gezeichneter Drache schlängelte sich entlang der Ränder.

Eine Handvoll Stichwörter stand auf dem Zettel. Sie würden genügen.

Perry Rhodan nahm das Glas, das man für ihn bereitgestellt hatte, und trank daraus. Nach und nach erstarb das Klatschen, machte erwartungsvoller Stille Platz.

Rhodan sah in das grelle Licht der Scheinwerfer. Hinter der weißen Wand aus Licht wusste er die knapp viertausend Delegierten, wusste er die Kameras, die seine Worte aufzeichnen und in den letzten Winkel der Erde übertragen würden. Mehrere Milliarden Menschen warteten in diesen Momenten darauf, was er sagen würde.

Perry Rhodan stellte das Wasserglas ab und sagte: »Terraner!«

Er spürte die Verblüffung, dann ging die Stille abrupt in Applaus über. Als er nach einer Minute, die Rhodan wie eine kleine Ewigkeit vorkam, endete, begann Rhodan seine Rede.

»Es ist keine drei Monate her, dass ich die STARDUST am Ufer des Goshun-Salzsees zu Boden gebracht habe. Einem der unleugbar unwirtlichsten Orte unseres Heimatplaneten – und am falschen Ort. Die Gobi gehörte der Volksrepublik China, die STARDUST den Vereinigten Staaten von Amerika. Die Landung machte uns – Reginald Bull, Doktor Eric Manoli, Clark G. Flipper und mich selbst – zu Verrätern an unserer Nation. Die einzig zu klärende Frage, so schien es, war, wer unserer zuerst habhaft würde. Ob wir in einem Folterkeller des chinesischen Geheimdiensts sterben würden oder als abgeurteilte Hochverräter in unserem Heimatland.«

Und einer von uns, dachte Rhodan, hat tatsächlich mit dem Leben bezahlt. Es war ausgerechnet Clark gewesen, der sich für Politik nicht interessiert hatte – um sich später, im entscheidenden Augenblick, für Rhodans Sache zu opfern.

»Unsere Aussichten waren trübe«, fuhr Rhodan fort, »dennoch zögerten wir nicht. Wir schuldeten es der Menschlichkeit und der Menschheit. An Bord der STARDUST brachten wir den arkonidischen Gelehrten Crest da Zoltral zur Erde. Vom Tod gezeichnet und auf unsere Hilfe angewiesen. Auf unsere Menschlichkeit. Und gleichzeitig war die Menschheit auf diesen Mann angewiesen. Die Arkoniden ähneln uns Menschen in verblüffender Weise. Gleichzeitig sind sie uns fremd – und uns Menschen in märchenhafter Weise überlegen.«

Er zeigte hinaus in die Nacht, wo Positionslichter den gewaltigen Rumpf der TOSOMA markierten.

»Das Raumschiff, mit dem die Arkoniden zum Mond gekommen waren, war eine stählerne Kugel mit einem Durchmesser von fünfhundert Metern. Dieses Schiff – die AETRON – vermochte es, von Stern zu Stern zu fliegen. Entfernungen zu überbrücken, die der menschliche Verstand nicht einmal in Ansätzen zu begreifen vermag. Doch der Mensch kann träumen. Seit dem Anbeginn seiner Existenz träumt der Mensch davon, herauszufinden, was hinter dem nächsten Hügel liegt, hinter dem Horizont. Träumt er davon, über sich selbst hinauszuwachsen.«

Die AETRON war inzwischen vernichtet, war zusammen mit ihrer Besatzung ein Opfer der menschlichen Angst vor dem Fremden geworden. Doch die TOSOMA stellte für die Menschheit mehr als nur einen ebenbürtigen Ersatz dar.

»Die Begegnung mit den Arkoniden machte aus diesen Träumen schlagartig Realität. Diese Begegnung war ein Augenblick, dessen Bedeutung nicht überschätzt werden kann. Für mich ist es der Augenblick, der mich bis an das Ende meines Lebens begleiten wird, in jeder Einzelheit.«

Rhodan nahm das Glas auf, trank von dem kühlen Wasser.

»Aber ich sage Ihnen: Im Vergleich zu diesem Tag verblasst er. Niemals zuvor haben wir Menschen es vermocht, unsere Streitigkeiten beizulegen. Niemals zuvor haben wir uns der Erkenntnis gestellt, dass uns unendlich mehr verbindet als uns trennt. Dass der Nachbar, der anderen Gewohnheiten folgt, der Fremde, der einen anderen Glauben praktiziert, der Angehörige einer anderen Nation nicht unser Feind ist, sondern unser Gefährte. Wir sind Menschen, Terraner. Das ist, was zählt.«

Beifall brandete auf. Rhodan wartete, bis er abgeklungen war, dann rief er: »Die Fantan, die auf der Suche nach Besun – Beute – über die Erde streiften, sahen in uns keine Amerikaner, Chinesen oder Russen! Sie sahen keine Schwarzen oder Weißen, keine Armen oder Reichen! Sie sahen Menschen!«

Rhodan kniff die Lider zusammen. Seine Augen gewöhnten sich langsam an das Scheinwerferlicht. Er erkannte Bull. Der Freund nickte bekräftigend.

»Lange Zeit glaubten wir Menschen, die Krönung der Schöpfung zu sein. Einzigartig. Dieser Glaube war seit Jahrzehnten im Wanken, nun ist er endgültig in sich zusammengestürzt. Das Universum ist ein Ort, der nur so von Leben wimmelt. Arkoniden, Fantan, Ferronen und Topsider sind nur ein winziger Ausschnitt des Spektrums. Unsere Einzigartigkeit ist dahin!«

Beifall kam auf, blieb spärlich und erstarb wieder. Dieser Teil seiner Botschaft war nicht leicht zu schlucken.

»Es gibt Menschen, denen das Angst macht«, fuhr Rhodan leise fort. »Das ist verständlich, aber, ich versichere es Ihnen, unnötig. Was haben wir schon verloren, verglichen mit dem, was wir gewonnen haben? Für jeden Einzelnen von uns hat sich unverhofft ein Tor in eine bessere Zukunft geöffnet. Eine aufregende, unendlich vielfältige Zukunft. Alles, was wir brauchen, um diese Zukunft zu der unseren zu machen, ist Mut!«

Rhodan räusperte sich und rief laut: »Ich weiß, dass wir diesen Mut besitzen! Ich habe es gesehen. Auf dem Mond hat ihn mein treuer Kamerad und Freund Reginald Bull angesichts des riesigen Schiffs der Arkoniden bewiesen. Unsere Kameraden Eric Manoli und Clark Flipper haben ihn bewiesen. Clark hat sogar mit dem eigenen Leben für die Zukunft der Menschheit bezahlt. Wir alle stehen in seiner Schuld.«

Bull rutschte unruhig hin und her. Es hielt ihn kaum noch auf dem Platz.

»Wir stehen in der Schuld vieler weiterer Menschen«, sagte Rhodan. »Da ist Bai Jun, der General, der von der chinesischen Regierung dazu auserkoren war, die STARDUST und ihre Besatzung zu vernichten. Hätte Bai Jun nicht den Mut besessen, sich den Befehlen seiner Führung zu verweigern, gäbe es keine Terranische Union. Da ist Allan D. Mercant, der nach Jahrzehnten in Diensten des Ministeriums für Homeland Security seinem Gewissen folgte und auf die Seite einer Handvoll abtrünniger, offenbar verrückt gewordener Astronauten wechselte. Da sind die Hunderttausenden, die ihr altes Leben hinter sich ließen und von überall auf der Erde zum Landeplatz der STARDUST strömten. Da sind die Millionen, die sich gegen ihre Regierungen erhoben und unter Einsatz ihrer Gesundheit, ja ihres Lebens dafür sorgten, dass aus Menschen Terraner wurden, aus der Erde Terra. Jeder Einzelne von ihnen trägt seinen Anteil daran, dass dieser Tag gekommen ist!«

Minutenlanger Beifall folgte seinen Worten. Als er langsam erstarb, meldete sich Rhodan wieder zu Wort: »Eine Wahl steht an. Die Terranische Union benötigt einen Administrator. Und es heißt, meine Aussichten stünden nicht schlecht.«

Gutmütiges, leises Gelächter antwortete ihm.

Rhodan schloss einen Augenblick die Augen, holte tief Luft. Der entscheidende Moment kam näher.

»Ich möchte Ihnen für das Vertrauen danken, das Sie in mich setzen. Die Möglichkeiten, die vor uns liegen, sind buchstäblich endlos, aber das gilt auch für die Herausforderungen. Die Technologie, die wir von den Arkoniden erhalten haben, wird die Erde innerhalb von wenigen Jahren verändern – so sehr, dass wir sie nicht wiedererkennen werden. Viele lieb gewonnene Gewohnheiten werden auf der Strecke bleiben, zusammen mit zahllosen großen und kleinen Wahrheiten, die sich als haltlos erwiesen haben. Das wird schmerzen. Aber es wird zu verschmerzen sein angesichts dessen, was wir gewinnen können: Mithilfe des arkonidischen Wissens werden wir die meisten Krankheiten und Gebrechen heilen können, die uns Menschen plagen. Wir werden gesünder und länger leben. Wir werden in Würde altern. Vielleicht werden wir sogar über das Alter selbst siegen. Armut und Ungerechtigkeit werden in wenigen Generationen Begriffe sein, die man Kindern nur noch mit Mühe wird vermitteln können. Wir werden unsere Welt, die Erde, Terra, davor bewahren, sich weiter aufzuheizen. Naturkatastrophen werden ein Schreckgespenst der Vergangenheit sein. Wir Menschen werden eigene Raumschiffe bauen, die sich mit denen der Arkoniden messen können, wir werden zu den Sternen reisen. Wir werden das Licht ferner Sonnen erblicken. Wir werden Wesen begegnen, deren Fremdartigkeit uns den Atem verschlagen wird. Und jede einzelne Begegnung wird uns einen Schritt weiter auf dem langen Weg bringen, uns selbst zu verstehen.«

Er schwieg, ließ seine Worte wirken. In seinen Gedanken flüsterte wieder die Stimme. »Komm, Perry Rhodan!«, bat sie. »Ich brauche dich!« Einige Augenblicke lang war er wieder allein im All, stürzte er dem unmöglichen, halbierten Planeten entgegen, spürte er die Hitze, als die Stadt näher kam und …

Rhodan schüttelte die übermächtigen Bilder ab, kehrte zurück in das Zelt in der Wüste, das keines war, zurück zu den Tausenden, den Milliarden, die auf seine nächsten Worte warteten.

»Diese Stadt Terrania zeigt uns im Kleinen auf, welche gewaltigen Aufgaben vor uns liegen. Terrania ist buchstäblich aus dem Nichts entstanden. Vor zwei Monaten war dieser Fleck Erde öde Wüste. Nun ist er die Heimat von beinahe zwei Millionen Menschen. Menschen aus allen Ländern, aus Hunderten verschiedenen Kulturen, die Hunderte verschiedene Sprachen sprechen. Sie benötigen ein Dach über dem Kopf, Wasser, um ihren Durst zu löschen, Essen, um ihren Hunger zu stillen, sie benötigen Energie, Verwaltung, Aufgaben, die sie erfüllen. Die Bürger Terranias haben sich all das selbst erschaffen. Sie haben aufgezeigt, wozu Menschen fähig sind, wenn sie nur ihre Vorurteile und Ängste ablegen und ihre Fähigkeiten und Talente bündeln.«

Seine Kehle war plötzlich ausgetrocknet. Rhodan trank zwei, drei Schlucke aus dem Glas.

»Und doch braucht es eine Führung, eine Koordination, soll Terrania weiter gedeihen, soll aus der Erde Terra werden und aus der Menschheit Terraner. Diese Führung benötigt Geduld und Fingerspitzengefühl, Gewissenhaftigkeit, Hingabe zum Detail, ein gutes Ohr – Eigenschaften, so scheint es mir, die einem ehemaligen Astronauten nicht fremd sind, der sich in der Bürokratie der NASA behauptet und Raketen in den Orbit gebracht hat, die den geringsten Fehler mit beeindruckenden Explosionen quittiert haben.«

Diesmal war das Lachen der Delegierten lauter, wie befreit.

»Doch Terra, die Menschheit, sind weder eine verkrustete Bürokratie noch eine Maschine. Die Größe der Aufgaben, die vor uns liegen, sind für den gewöhnlichen Verstand kaum zu bewältigen. Terra benötigt einen Administrator mit außergewöhnlichen Fähigkeiten.«

Das Lachen verstummte, machte stillem Ernst Platz. Die Delegierten erwarteten von ihm endlich den entscheidenden Satz. Wann würde Rhodan endlich seine Kandidatur ankündigen?

»Ich kenne einen Mann, der in idealer Weise alle Fähigkeiten mit sich bringt, die der Administrator benötigt«, sagte Rhodan. »Einen Mann, der niemals ruht. Einen Mann, der niemals vergisst. Einen Mann, der dem vermeintlich unwichtigen Detail die Aufmerksamkeit zukommen lässt, die es verdient. Einen Mann mit Erfahrung. Einen Mann, der sich niemals aus der Ruhe bringen lässt. Einen Mann, der den Menschen kennt und dennoch liebt. Der Freunde und Helfer überall auf der Welt hat, der rasch Freunde gewinnt.«

Rhodan hörte kratzende Geräusche. Es stammte von Sohlen, die nervös über den Boden strichen.

»Sie kennen diesen Mann. Vor wenigen Minuten noch stand er an diesem Rednerpult. Sein Name ist Homer G. Adams!«

14.

Crest da Zoltral

Azoren

Crest da Zoltral gab sich einen Ruck, trat auf die Terrasse.

»Doktor Haggard, Fulkar«, begrüßte Crest die beiden Männer. »Bitte entschuldigen Sie meine … meine Reaktion. Ich hatte nicht damit gerechnet, Sie hier anzutreffen.«

Manoli ging an den Tisch, der am Rand der Terrasse stand, nahm einen Stuhl und brachte ihn zu Crest. »Möchten Sie sich setzen?«

»Nicht nötig. Ich denke … ein Gefühl sagt mir, dass das hier nicht lange dauern wird, oder?«

Manoli schüttelte wortlos den Kopf. Er stellte den Stuhl neben dem Arkoniden ab und ging zu den anderen Ärzten.

»Meine Herren«, sagte Crest mit einer Stimme, von der er hoffte, dass sie beherrscht und fest klang, »Sie haben mich gerufen. Wie kann ich Ihnen helfen?«

Die Ärzte tauschten wortlos Blicke aus, als wären sie sich nicht einig, wer das Wort ergreifen sollte. Haggard stellte verlegen den Drink auf dem Tisch ab. Der Australier war ein athletischer Mann, ein passionierter Rugby-Spieler, dem man zu Unrecht Oberflächlichkeit unterstellte, sah man ihn zum ersten Mal. Tatsächlich war Haggard ein Idealist, der die Prämie seines Nobelpreises in eine Klinik in Äthiopien gesteckt hatte, um die immerzu neu entstehenden Varianten des HI-Virus beherrschbar zu machen.

Manoli räusperte sich schließlich. »Crest, Sie können uns dabei helfen, Ihr Leben zu retten.«

Die Eröffnung traf den alten Arkoniden. Aber nicht mit der Wucht, die ihrer Größe angemessen gewesen wäre. Crest streckte einen Arm aus, fand die Lehne des Stuhls und hielt sich daran fest.

Er wankte, aber er fiel nicht.

Crest war ein kluger Mann. Er hatte in dem Moment, in dem er die Terrasse betreten hatte, geahnt, was kommen würde.

»Das müssen Sie mir erklären, Doktor Manoli.«

»Natürlich. Wir haben heute die Laborergebnisse Ihres zweiwöchentlichen Checks erhalten, Crest. Sie … sie sehen nicht gut aus.«

»Meine Immunschwäche ist erneut ausgebrochen?«

Manoli schüttelte den Kopf. »Nein. Es ist eine neue Erkrankung. Krebs. Ein Sarkom breitet sich in ihrem Körper aus. Es ist äußerst aggressiv.«

Crest sah den Mann an, der ihm das Leben gerettet hatte. Der besonnene Eric Manoli, der jedes Wort genau abwog, bevor er es aussprach. Sein Blick ging weiter, über die Terrasse zum See. Nebelschwaden und Sonne spielten auf dem Wasser und den Hängen. Dem alten Arkoniden mutete der Anblick wie einer der schönsten an, dem er in seinem Leben ansichtig geworden war – und Crest, der der arkonidischen Oberschicht angehörte, hatte viele Orte und Welten erblickt.

Es war unwirklich, irreal. Es geschah nicht. Es durfte nicht geschehen.

»Doktor Manoli, Sie wissen, wie sehr ich Sie schätze, wie tief ich in Ihrer und der Schuld Doktor Haggards stehe. Aber Sie müssen sich irren! Ich fühle mich jünger und stärker.«

»Das ist leider kein Widerspruch.« Manoli ruckte unruhig mit dem Kopf hin und her, während er es sagte. Der Arzt musste sich zwingen, den Blickkontakt mit Crest zu halten. »Die Metastasen haben bislang noch keine lebenswichtigen Organe angegriffen. Aber das wird sich bald ändern, der Krebs hat bereits Ihre Blutgefäße erreicht. Der Befund ist eindeutig. Wir haben ihn alle mehrmals überprüft. Ich wünschte, wir könnten Ihnen eine bessere Nachricht überbringen.«

Crests Finger schlossen sich fester um die Lehne des Stuhls, hielten sich an dem Holz mit der Kraft der Verzweiflung fest, als könne er auf diese Weise sein Leben festhalten. »Also gut. Wann beginnen wir mit der Behandlung? Sie wissen vielleicht, meine Herren, dass wir eine aufregende Entdeckung in der unterseeischen Kuppel gemacht haben. Ich möchte so wenig Zeit wie möglich mit dieser Angelegenheit verbringen. Das werden Sie sicher verstehen.«

»Wenn Sie möchten, können wir die Behandlung noch heute beginnen.« Manoli presste die Lippen so fest aufeinander, dass sie zu hellen Strichen wurden. »Nur: Sie werden nicht weiterarbeiten können. Die Behandlung wird aus einer Kombination von Chemo- und Gentherapie sowie Bestrahlung bestehen. Sie wird äußerst schmerzhaft sein, die Nebenwirkungen sind nicht seriös abzuschätzen. Sie werden viel Mut und Leidensfähigkeit benötigen, Crest. Und …«

»Und?«

»Sie müssen sich darüber im Klaren sein, dass Ihre Aussichten zu überleben gering sind.«

»Wie gering?«

»Nahezu null.« Manoli zwang die Worte hervor. Trotzdem bekam er nur ein heiseres Flüstern heraus.

Nahezu null. Übelkeit stieg in Crest auf. Null. Es war unmöglich. Nicht?

Der Arkonide wandte sich an den Mann neben Manoli. »Doktor Haggard, das kann nicht sein, nicht? Sagen Sie mir, dass es nicht sein kann! Sie haben mein Leben einmal gerettet. Ihnen ist gelungen, woran Dutzende arkonidische Ärzte und andere Spezialisten«, Crests Blick streifte einen Augenblick lang Fulkar, »gescheitert sind. Helfen Sie mir!«

»Das werde ich. Sie haben mein Ehrenwort.« Haggard hatte die Hände gefaltet, schien eine imaginäre Masse zwischen seinen Fingern zu kneten. »Aber ärztliche Kunst hat seine Grenzen. Dieses Sarkom ist außergewöhnlich aggressiv. Es spricht einiges dafür, dass es eine Nachwirkung Ihrer Erkrankung ist. Ihr Immunsystem war so weit geschwächt, dass der Krebs sich ausbreiten konnte.«

Ein Nein. Ein höfliches, wohlbegründetes, aber nichtsdestotrotz ein Nein. Crest wandte sich an seine letzte Hoffnung: den Mediziner von Aralon. »Darf ich Sie um Ihre Einschätzung bitten, Fulkar?«

Der Mediziner verschränkte die Arme. »Ich fürchte, ich muss der Diagnose meiner Kollegen zustimmen, Crest. Aber was die Behandlung angeht, stehe ich im Dissens.«

»Ja?« Jähe Hoffnung erfasste Crest. Fulkar war ein spröder Mann, doch unter der schroffen Schale steckte ein mitfühlendes Wesen. Das hatte Fulkar bewiesen, als er dem Mädchen Sue einen gesunden Arm geschenkt hatte. »Was schlagen Sie vor?«

»Ich halte die Aussichten der von Doktor Manoli und Doktor Haggard vorgeschlagenen Therapie für so gering und die Nebenwirkungen für derartig massiv, dass ich sie aus ethischen Gründen ablehnen muss. Kein intelligentes Wesen sollte beim Stand unserer Medizin ein solches Leid erdulden müssen. Ich schlage eine palliative Behandlung vor. Ich bin zuversichtlich, dass wir Ihnen für die Wochen, die Ihnen noch bleiben, eine hohe Lebensqualität erhalten können.«

»Wochen? Mehr habe ich nicht mehr?«

»Ohne Behandlung, ja«, meldete sich Manoli wieder zu Wort. »Vier, maximal sechs Wochen.« Die Augen des Arztes schimmerten feucht. »Es tut mir leid, Crest.«

»Es ist schon gut.« Der Arkonide straffte sich. »Wir müssen schließlich alle irgendwann sterben, nicht?«

Aber nicht jetzt!, dachte er gleichzeitig. Nicht gerade jetzt, wo ich der Unsterblichkeit auf der Spur bin!

»Meine Herren«, sagte Crest gefasst. »Ich danke Ihnen für Ihre Offenheit. Sie werden verstehen, dass ich über Ihre Eröffnung nachdenken muss.«

»Selbstverständlich«, entgegnete Manoli. »Wir haben ein Zimmer für Sie vorbereitet. Dieses Haus steht ganz zu Ihrer Verfügung. Sie können hier ungestört nachdenken und zu einer Entscheidung kommen.«

Der Arzt führte ihn eine breite Treppe hinauf in den ersten Stock. Manoli stützte ihn mit einer Hand unter der Achsel. Crest ließ es mit sich geschehen. Er war in Gedanken woanders.

Das Zimmer war lichtdurchflutet. Die zum See gewandte Seite öffnete sich auf einen weitläufigen Balkon, der nur wenig kleiner war als die Terrasse. Die Wand war komplett verglast, behinderte die Sicht nicht. Die Menschen meinten es gut mit ihm, wollten ihm seine letzten Tage so angenehm wie möglich machen.

Manoli führte ihn zum Bett. Crest ließ sich auf die Matratze sinken. »Ich … ich bin müde«, sagte er leise. »Ich glaube, ich werde etwas schlafen.«

»Das ist eine hervorragende Idee«, stimmte Manoli zu. »Danach werden Sie bestimmt schon etwas klarer sehen.«

»Bestimmt. Ich melde mich, wenn ich etwas brauche, ja?«

»Natürlich.« Manoli zeigte auf einen Schalter, der an der Wand eingelassen war. »Ein Knopfdruck genügt und wir sind bei Ihnen.«

»Danke!« Crest nahm Manolis Hand und drückte sie fest. »Ich danke Ihnen für alles, was Sie für mich getan haben.«

»Ich folge lediglich dem Eid, den ich geschworen habe.« Manoli machte sich los. »Und jetzt schlafen Sie, Crest!«

Crest streckte sich auf dem Bett aus. Er schloss die Augen, lauschte den Schritten Manolis, der die Treppe hinabstieg. Der Arkonide zählte langsam bis dreißig, dann holte er seinen Pod aus der Tasche und wählte eine Nummer.

»Miss Michalowna? Ich brauche Ihre Hilfe!«

Crest gab der Telepathin seine Instruktionen. Dann schaltete er den Pod ab und legte ihn auf das Nachttischchen. Crest stand auf und ging an das Seitenfenster. Der Arkonide hatte auf eine Feuerleiter gehofft, aber es gab keine. Er behalf sich mit einer Regenrinne. Crest kletterte zu Boden. Eine grimmige Entschlossenheit verlieh ihm ungeahnte Kraft und Geschicklichkeit.

Er schlüpfte in den Wald, rannte in seinem Schutz zur Hauptstraße. Der Feldweg ermöglichte ihm die Orientierung. Er hatte die Hauptstraße kaum erreicht, als ein weißer Kompaktwagen aus Richtung Ponta Delgadas kam. Er hielt an der Einmündung des Zufahrtsweges.

Als Crest zu dem Wagen ging, beugte sich die Fahrerin zur Seite und stieß die Tür auf der Beifahrerseite auf.

»Sie haben ein Taxi bestellt, Sir?«, fragte Tatjana Michalowna. Ihre Augen glänzten.

Crest stieg ein. »Ja.«

»Wohin soll die Reise gehen?«

»Zur Welt des Ewigen Lebens.«

»Wie Sie wünschen!« Tatjana Michalowna fuhr los.

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
18+
Litres'teki yayın tarihi:
11 kasım 2024
Hacim:
1535 s. 10 illüstrasyon
ISBN:
9783845333854
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