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II. Bestellung des Bewährungshelfers

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Abweichend vom allgemeinen Strafrecht in § 56d Abs. 1 StGB ist die Bewährungshilfe nach Jugendstrafrecht obligatorisch. Der Richter muss einen Bewährungshelfer bestellen und den Jugendlichen oder Heranwachsenden der Aufsicht und Leitung unterstellen. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. Der Name des Bewährungshelfers wird gem. § 60 Abs. 2 in den Bewährungsplan eingetragen.

1. Haupt- und ehrenamtliche Bewährungshelfer

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Die Bestellung von hauptamtlichen und ehrenamtlichen Bewährungshelfern steht gem. § 24 Abs. 1 in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis. Wenn es aus Gründen der Erziehung zweckmäßig erscheint, kann der Jugendliche oder Heranwachsende einem ehrenamtlichen Bewährungshelfer unterstellt werden, was beispielsweise angesichts der Arbeitsüberlastung Hauptamtlicher angezeigt sein kann. Weitere Ausnahmen können sich aus dem Anforderungsprofil an Bewährungshelfer/innen ergeben. Sie sollen „gut ausgebildete, erfahrene Sozialarbeiter von hoher Intelligenz, großem Idealismus, lebendiger Aktivität, echter Hilfsbereitschaft, besonderer Kontaktfähigkeit und zugleich bestimmtem wie vertrauenserweckendem Auftreten, von Festigkeit und Geduld“ sein (Brunner/Dölling §§ 24, 25 Rn. 11). Dieses Anforderungsprofil gilt für beide Gruppen von Bewährungshelfern. Hauptamtlichkeit ist also nicht mit Qualifikation und Professionalität gleichzusetzen ebenso wenig wie Ehrenamtlichkeit mit Nichtprofessionalität (Schüler-Springorum NK 1990, 29). Vertrauensvorsprung auf Grund von Behördenferne, größere Flexibilität und Offenheit für innovative Ansätze, stärkere Motivation im Einzelfall statt permanenter Überforderung auf Grund zu hoher Fallzahlen sind die Pluspunkte ehrenamtlicher Bewährungshilfe.

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So wissen ehrenamtliche Bewährungshelfer z.B. für junge Ausländer oft mehr (auch auf Grund eigener Sprachkenntnisse) über soziokulturelle Hintergründe als hauptamtliche, engagierte Mitarbeiterinnen freier Träger im Kiez oft mehr als Bewährungshelfer in fernen öffentlichen Dienstzimmern. Auf der anderen Seite gibt es zahlreiche Grenzen ehrenamtlicher Hilfe (Anzahl und Gewinnung, Durchhaltevermögen, Belastbarkeit, Verbindlichkeit und Einbindung). Aktuelle Vorschläge weisen deswegen in Richtung auf Projektarbeit in der Bewährungshilfe, an der sowohl öffentliche und freie Träger als auch hauptamtliche und ehrenamtliche Bewährungshelfer beteiligt sind (vgl. Kawamura 2018; Maelicke/Ortner 1991; Müller 1990, S. 10; Wegener 1990, S. 33). Allgemein zum Verhältnis von Profis und Ehrenamtlichen = Schwarz 1990, S. 50 ff. und zum Verhältnis von öffentlichen zu freien Trägern = Rensmann 2007, S. 228 f.; Lange 1991, S. 158. Gefragt ist „Teamgeist mit Projektmentalität“ (Schüler-Springorum 1990, S. 30; vgl. auch die Experteninterviews bei „Auslauf- oder Zukunftsmodell? Wie viel und welche Bewährungs- und Straffälligenhilfe brauchen wir heute?“, NK 1997, Heft 3, S. 22 ff.).

2. Bewährungs- und Unterstellungszeit

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Die Unterstellungszeit beträgt nach § 24 Abs. 1 höchstens zwei Jahre, sie kann gem. § 24 Abs. 2 über dieses Höchstmaß hinaus verlängert werden, die Bewährungszeit aber nicht überschreiten. Im Normalfall sind also Betreuungs- und Bewährungszeit nicht mehr identisch. Ziel des neuen § 24 Abs. 2 ist es, Mehrbelastungen der Bewährungshilfe durch die erweiterten Aussetzungsmöglichkeiten in § 21 Abs. 2 zumindest teilweise auszugleichen. Praktische Erfahrungen und wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass die Betreuung in der Anfangsphase am nötigsten ist. Widerrufsentscheidungen ergehen fast immer innerhalb von zwei Jahren. Wenn der Gesetzgeber darüber hinaus darauf hinweist, dass eine längere Betreuungszeit ohne kriminalprophylaktischen Wert sei (BT-Drucks. 11/5829, 20), dann hätte er konsequenterweise auch gleich die Bewährungszeit reduzieren und die Dauer der Bestellung eines Bewährungshelfers nicht von der Bewährungszeit lösen sollen (so schon die Kritik bei Ayass 1990, S. 119).

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Die Unterstellungs- bzw. Betreuungszeit beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung.

3. Änderungen

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Negativfolgen der Abkoppelung der Betreuungs- von der Bewährungszeit lassen sich dadurch vermeiden, dass der Richter nachträglich die Bewährungszeit verkürzt. Betreuungs- und Bewährungszeit enden dann gleichzeitig und der Straferlass kann ausgesprochen werden. Der durch das 1. JGGÄndG neu geschaffene § 24 Abs. 2 ermöglicht sowohl die Aufhebung der Unterstellung als auch eine Abkürzung der Betreuungszeit, wenn z.B. auf Grund von Veränderungen im sozialen Umfeld eine weitere Bewährungshilfe nicht erforderlich erscheint. Eine Mindestbetreuungszeit ist nicht vorgesehen. Die Anregungen, die Unterstellung aufzuheben oder die Betreuungszeit abzukürzen, kommen vom Bewährungshelfer. Er kann dem Richter aber auch eine Verlängerung vorschlagen, wenn Probleme und soziale Benachteiligungen nicht hinreichend aufgearbeitet werden konnten (BT-Drucks. 11/5829, 21). Die Verlängerung hat noch während der laufenden Unterstellung zu erfolgen.

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Sie kann ausnahmsweise über das Höchstmaß von zwei Jahren hinausgehen, jedoch gem. § 22 Abs. 2 S. 2 vier Jahre nicht überschreiten.

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Spätestens mit dem Ende der (evtl. verlängerten) Bewährungszeit endet auch die Unterstellungs- bzw. Betreuungszeit. Nach Ablauf der ursprünglich festgesetzten Unterstellungszeit besteht gem. § 24 Abs. 2 ausnahmsweise die Möglichkeit, den Probanden erneut der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers zu unterstellen, wodurch das Höchstmaß von zwei Jahren überschritten werden kann. Diese bis zum Ende der Bewährungszeit bestehende Möglichkeit dient dazu, auf Veränderungen und u.U. auch neue Straftaten flexibel reagieren zu können, um härtere Konsequenzen wie den Widerruf der Strafaussetzung zu vermeiden (vgl. § 26 Abs. 2).

III. Aufgaben und Rollenkonflikt

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Die Aufgaben des Bewährungshelfers bestehen in der Aufsicht und Leitung des straffällig gewordenen jungen Menschen. Der Aufgabenbereich wird in § 24 Abs. 3 näher umschrieben. Hilfe, Betreuung und Förderung der Erziehung, wobei der Erziehungsbegriff in seiner limitierenden Funktion als spezialpräventive Orientierung zu verstehen ist, ist die eine Seite, die Überwachung der Erfüllung von Weisungen, Auflagen, Zusagen und Anerbieten die andere. Umschrieben ist damit ein Spannungsfeld zwischen Betreuung und Kontrolle, das zu einem Rollenkonflikt führen kann (Schipholt 1993, S. 470 plädiert für eine Belehrungspflicht gegenüber dem Probanden aus §§ 136 Abs. 1 S. 2, 163a Abs. 3 2, 163a Abs. 4 StPO analog als Mittel der Konfliktbewältigung). Bewährungshilfe bedeutet strafrechtliche Sozialkontrolle. Als Sozialarbeiter und Sozialpädagogen zählen die Bewährungshelfer(-innen) zu den sanften Kontrolleuren (Peters/Cremer-Schäfer 1975 und Winter/Winter 1974). Der Bewährungshelfer „begegnet seinem Klienten nicht nur als persönlicher Helfer und Berater, sondern immer zugleich auch als Repräsentant von Gesellschaft und Staat“, der „dem Einzelnen die gerade seiner Situation angemessene Hilfe der Gemeinschaft verschaffen“ soll, andererseits aber auch „die Belange der Allgemeinheit gebührend zu beachten“ hat (BVerfGE 33, 367, 382). Dieser Rollenkonflikt, den das Bundesverfassungsgericht recht anschaulich umschreibt, ist im Gesetz angelegt.

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Dazu die von Pfeiffer 1984, S. 66 ff. thesenartige Zusammenfassung:


„Die vom Gesetz für die Strafaussetzung zur Bewährung vorgezeichnete Kombination von Repression und Sozialpädagogik behindert den Aufbau des Vertrauensverhältnisses zwischen Proband und Bewährungshelfer;
die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Bewährungshilfe und die zu hohe Fallzahl fördern den Typ des autoritären Bewährungshelfers, der seinen Probanden eher bevormundet und verwaltet als betreut;
der beschriebene Trend wird durch die dienstrechtliche Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses der Bewährungshelfer weiter verstärkt;
die Bewährungshilfe klammert sich nach wie vor an die Rockschöße der „Mater Justitia“, statt endlich selbstständig zu werden und eine eigene Identität neben der Strafjustiz zu entwickeln;
die hohe Fallzahl legt den Bewährungshelfer auf die Rolle des sozialen Feuerwehrmannes fest, der sich jeweils mit den Probanden intensiver beschäftigt, die sich durch Problemverhalten deutlich bemerkbar gemacht haben;
die für die Bewährungshilfe typische, starre Verknüpfung von ausgesetzter Freiheitsstrafe und Sozialpädagogik sollte gelockert werden (in Richtung einer der Betreuungsweisung entsprechenden, weniger repressionsorientierten Maßnahme)“.

Eine gegenwärtig immer noch viel zu selten genutzte Chance, den Rollenkonflikt wenigstens abzumildern, bietet die Nr. 55 der Probation Rules 2010 (abgedruckt in BeWi 3/2012). Danach ist die Beaufsichtigung nicht als eine Kontrollaufgabe zu verstehen, sondern beinhaltet auch die Beratung, Unterstützung und Motivierung von Straffälligen. Falls erforderlich wird sie mit anderen Interventionen und Ausbildungsmaßnahmen, Kompetenzentwicklung, Förderung der Beschäftigungsmaßnahmen, die von Bewährungshilfe oder anderen Einrichtungen durchgeführt werden, kombiniert.

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Konsequenz müsste für die Bewährungshilfe sein, sich vom strafrechtlichen Denken zu lösen, und wieder Sozialarbeit zu betreiben „nach bewährten Regeln ihrer höchsteigenen Kunst“ (Schüler-Springorum 1990, S. 30). Dies sollte umso leichter gelingen, als sich Bewährungshelfer nach einer umfangreichen Analyse beruflicher Einstellungen in der Rolle des Sozialarbeiters, Beraters und in einer Rolle sehen, die sich als „Hilfe zur Selbsthilfe“ beschreiben lässt – „also in einer Rolle mit gesellschaftlicher Orientierung und emotionaler Probandenbeziehung“ (Kerner/Hermann/Bockwoldt S. 60). Nach dieser Untersuchung erwartet die Justiz folgende Berufsrollen/-ziele der Bewährungshelfer: Kontrolleur, Anpassung, Krisenmanager und Verwaltung. Diese juristische Perspektive wird der eigenen fachlichen Kompetenz der Bewährungshilfe nicht gerecht. Die im Interesse der Probanden erforderliche Kooperation sollte im Wege einer fachlichen Konfrontation erfolgen, wobei Konfrontation nicht negativ zu bewerten, sondern als wechselseitiges „Feedback“ zu verstehen ist in Anerkennung und Respekt gegenüber der unterschiedlichen fachlichen Kompetenz. Vgl. auch Egg/Jehle/Marks (Hrsg.), 1996. Zu den Standards der Sozialarbeit/Sozialpädagogik und Leitlinien für das Arbeitsfeld Bewährungshilfe s. Rensmann 2007, S. 227 (229 f.); Klug 2007, S. 235 ff. und die Schwerpunkthefte „Profession Bewährungshilfe“, BewHi 4/2014, „60 Jahre Bewährungshilfe. Rück-Ein- und Ausblick“, BewHi 372013, „Organisation der Sozialen Dienste und berufliche Standards“, BewHi 2/1994, und „Neue Konzepte der Sozialen Dienste – Neue Bundesländer“, BewHi 3/1994.

Beachtung verdient das schleswig-holsteinische Bewährungs- und Gerichtshilfegesetz (Referentenentwurf v. 22.4.1994 = BewHi 1994, 258–260). Zur Diskussion s. BewHi 1995, 281. Zur Diskussion siehe BeWi 1994 und Berger Getrennte Soziale Dienste in der Justiz – eine Erfolgsgeschichte, BeWi 2018, 64-76.

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Die eigene fachliche Kompetenz ist besonders gefragt bei Mehrfachauffälligen, bei Drogentätern und bei Aids-infizierten Probanden.


Zur Verwaltungsvorschrift des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 7.4.1987 „Probanden in der Führungsaufsicht und Bewährungshilfe, die besonderer Betreuung und Überwachung bedürfen“,
vgl. BewHi 1988, 352 und die Kritik aus kriminologischer Sicht von Sonnen 1988, S. 332;
Schwerpunktheft „Hochrisikotäter“, BewHi 2/2018
zur Bewährungshilfe mit Aids-Infizierten vgl. das Schwerpunktheft BewHi 1, 2/1989 „Aids, Sozialarbeit und Recht“; zum Thema „Gesundheit“ BewHi 1/2016.
zur Bewährungshilfe bei Drogentätern vgl. Lübbemeier 1990, S. 45: „Wir bekommen sie/ihn fix und fertig verurteilt, mehrere Male befragt, meist misstrauisch, sind selber eher misstrauisch, weil wir ziemlich sicher angelogen werden, und sollen ihn aus dieser Ausgangslage davon überzeugen, dass es der Staat gut mit ihm meint, ihm helfen will, von Drogen wegzukommen; wohl wissend, dass die staatlichen Strafmaßnahmen das eigentliche Problem höchstens berühren, meist die persönliche Lebenssituation durch die Strafe zusätzlich belastet wird, und die eigentlich notwendige Hilfestellung auf ganz anderer Ebene zu suchen ist. Noch deutlicher als bei vielen anderen Problemstellungen wird hier, dass eine durchgreifende Unterstützung nur darin bestehen kann, einen Lebenssinn finden zu helfen. Hinzu kommt, dass ich über mehrere Jahre – hoffentlich zufällig – nur Drogen-Probanden bekommen habe, die verurteilt waren auf Grund von polizeilich inszenierten Geschäften, in der Regel Konsumenten. Wie um alles in der Welt soll ich da so viel Vertrauen herstellen, dass ein solches Ziel auch nur theoretisch möglich wäre? Völlig erstaunt bin ich, dass sich manchmal tatsächlich Vertrauen bildet. Aber dann? Was habe ich anzubieten? Therapie, eine spezielle Drogenberatung. Aber ein Lebensziel, das all dem einen Sinn geben könnte?“; vgl. auch die Schwerpunkthefte „Drogen – Politik und Praxis“, BewHi 1/1993; Schwerpunkt Drogen und Alkohol, ZJJ 4/2009; Drogen- und Straffälligenhilfe – empirische Befunde, BewHi 1/2017; Drogen- und Straffälligenhilfe-Konzepte, BewHi 4/2016.
zur Lebenslage der Klientinnen und Klienten der Bewährungshilfe: Arbeitsgemeinschaft Deutscher Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer (ADB e.V.): Bundesweite Befragung in Zusammenarbeit mit EMNID, 1999, mit folgenden Ergebnissen: Von den 160 000 Klienten sind 85 % relativ arm (d.h. sie verfügen über weniger als 60 % des durchschnittlichen Einkommens), 60 % überschuldet, 45 % ohne Schulabschluss, 61 % ohne abgeschlossene Berufsausbildung, 45 % arbeitslos und 42 % suchtkrank (48 % unter ihnen werden von den Angeboten der Suchtkrankenhilfe nicht erreicht). Vgl. auch Cornel 2000, S. 302–321.

IV. Rechte und Pflichten des Bewährungshelfers

1. Rechte

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Die Rechtsstellung des Bewährungshelfers gegenüber Probanden, Richtern und Dritten wird durch Informations- und Anhörungsrechte geprägt.

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Gegenüber dem Probanden steht an erster Stelle das Gespräch, um wenigstens ansatzweise eine Vertrauensbeziehung herstellen zu können, bei der der Rollenkonflikt des Bewährungshelfers offenzulegen ist. Nach einer Nürnberger Studie waren weniger als die Hälfte der befragten Probanden über die Doppelrolle (einerseits Hilfe, andererseits Überwachung und Kontrolle) informiert. Die Bewährungshilfe-Probanden (N = 143, davon m = 124, w = 19) schätzen die Beziehungsqualität zu ihren Bewährungshelfern überwiegend positiv ein, hielten zu 90 % die aufgewendete Zeit für ausreichend und sahen zu 70 % in der Bewährungshilfe eine wichtige Anlaufstelle für Schwierigkeiten (Kawamura-Reindl/Stancu 2010, S. 147 f.). Drei von vier Probanden würden sich den Bewährungshelfer selbst aussuchen wollen (Hesener 1986, S. 169 f.). Das Gespräch sollte unbürokratisch und möglichst bei dem Probanden stattfinden, damit sich der Bewährungshelfer persönlich informieren und auch einen Eindruck vom sozialen Umfeld bekommen kann. Zu diesem Zweck hat der Bewährungshelfer ein Recht auf Zutritt zu dem Jugendlichen, und zwar auch gegenüber Dritten. Dieses in § 24 Abs. 3 S. 4 verankerte Recht kann mit polizeilicher Hilfe durchgesetzt werden, was jedoch die Anbahnung einer Vertrauensbeziehung zerstören würde. Befindet sich der Proband in Untersuchungshaft, hat der Bewährungshelfer ein Zugangsrecht wie ein Verteidiger.

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Informationsrechte des Bewährungshelfers, die allerdings nicht zwangsweise durchgesetzt werden können, bestehen gegenüber dem Erziehungsberechtigten, dem gesetzlichen Vertreter, der Schule und dem Ausbildenden. Der Bewährungshelfer kann insoweit Auskunft über die Lebensführung verlangen. Die Ausübung dieses Rechtes kann von dem Probanden als Misstrauen und Vertrauensbruch verstanden werden und ihn durch Stigmatisierungseffekte zusätzlich belasten.

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Gegenüber dem Richter hat der Bewährungshelfer das Recht auf Überlassung einer Urteilsausfertigung, um sich aus den Gründen Informationen zu verschaffen (Ostendorf §§ 24, 25, Rn. 7). Nach § 48 Abs. 2 S. 1 hat der Bewährungshelfer ein Anwesenheitsrecht in der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht. Er soll gem. § 50 Abs. 4 zu der Entwicklung des Jugendlichen oder Heranwachsenden in der Bewährungszeit gehört werden. Um dieses Recht wahrnehmen zu können, sind ihm Ort und Zeit der Hauptverhandlung in entsprechender Anwendung von § 50 Abs. 3 mitzuteilen (Ostendorf §§ 24, 25, Rn. 7, der darauf hinweist, dass sich Anwesenheits- und Anhörungsrecht vor dem Hintergrund der Betreuungsaufgabe sowie der richterlichen Aufklärungspflicht zu einer Anwesenheits- und Berichtspflicht „verdichten“). Bei allen Entscheidungen, die infolge der Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung erforderlich werden (§§ 22, 23, 24, 26, 26a), ist der Bewährungshelfer gem. § 58 Abs. 1 zu hören.

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Die durch bloße Informations- und Anhörungsrechte geprägte prozessuale Stellung des Bewährungshelfers ist – insbesondere für sog. Zweitverfahren gegen den Probanden – zu verbessern (Foth 1987, S. 194). Für zentrale Bereiche der Bewährungshilfe wie z.B. Widerruf, Verlängerung der Bewährungszeit, Erteilung sowie Änderung von Auflagen und Weisungen wird ein Antragsrecht gefordert (Lange 1990, S. 73).

2. Pflichten

a) Gegenüber dem Probanden

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Hilfe und Betreuung sind die Pflichten des Bewährungshelfers gegenüber dem Probanden. Dafür stehen ihm rein rechnerisch derzeit 1,7 Stunden pro Monat zur Verfügung (Kawamura-Reindl/Stancu 2010, S. 135). Er soll die Erziehung fördern und mit dem Erziehungsberechtigten und dem gesetzlichen Vertreter vertrauensvoll zusammenwirken. Die letztgenannte Möglichkeit scheitert jedoch häufig an der fehlenden Mitwirkungsbereitschaft. Als Alternative zum Strafvollzug besteht die wichtigste Aufgabe der Bewährungshilfe in der Haftvermeidung und der Verbesserung der Lebenslage der Betroffenen mit dem Ziel einer Verminderung des Rückfallrisikos (Maelicke/Simmedinger 1987, erneut Klug 2007, S. 237 ff.; Hauptteil des Hamburgischen Entschädigungs- und Opferhilfegesetz (Hmb GVBl. 2018, 269) 2018 ist es, durch eine verbesserte Resozialisierung die Rückfallquote von Straftätern zu verringern und Haft zu vermeiden oder zu verkürzen). Die soziale Situation der Bewährungsprobanden ist überwiegend geprägt durch mehrfache Benachteiligungen, Kawamura-Reindl Lebenslagen Straffälliger als Ausgangspunkt für professionelle Interventionen in der sozialen Arbeit, in: AK Hochschullehrerinnen Kriminologie 2014, 144-159. Mangelnde Schul- und Berufsausbildung, Arbeitslosigkeit, hohe Verschuldung, ungesicherter Lebensunterhalt, schwierige Wohnsituation, Suchtproblematik und wiederholte Straftaten (nach wie vor eher im Bereich der Eigentumskriminalität) sind hier die Stichworte (Maelicke 1988, S. 28). In einer Zweierbeziehung zwischen dem Bewährungshelfer und dem Probanden lassen sich diese Probleme nicht aufarbeiten. Eine problemorientierte Gruppenarbeit mit Supervision kann hier ansatzweise erfolgreicher sein (Lippenmeier 1981; Lippenmeier/Sagebiel 1983, S. 50; Rensmann 2007, S. 230; van Heek/Marks in: Denkschrift zur Lage und Zukunft der Bewährungshilfe in Deutschland, S. 9 ff.). Angesichts der massiven sozialen Probleme und mehrfacher Benachteiligungen stellen sich aber darüber hinaus im Rahmen der Bewährungshilfe übergreifende Aufgaben, die zu einer Erweiterung der Bewährungshilfe zur Projektarbeit führen (Wegener 1990, S. 35). Arbeits-, Wohn- und Freizeitprojekte, Schuldenregulierung und projektbegleitender Ausbau freiwilliger Initiativen sind hier zu nennen. Bei Drogenabhängigkeit ist die Zusammenarbeit der Bewährungshilfe mit den regionalen Drogenberatungsstellen anzustreben (Kühnel 1990, S. 37). Gefordert wird für eine moderne Bewährungshilfe zudem die Entwicklung eines effizienten und gleichzeitig klientenorientierten Methodenrepertoires, Klug 2007, S. 236, eine Schnittstelle zwischen allen sozialen Diensten in der Justiz sowie die Einführung von Qualitätsmanagement und verbindlichen Standards van Heek/Marks a.a.O., S. 10 f.; Schwerpunkt Qualitätsmanagement, BewHi 1/2007; Schwerpunkt Beziehungsqualität, BewHi 2/2010; Schwerpunkt Motivation Zwangskontexten BewHi 4/2012; Schwerpunkt Methoden der sozialen Arbeit, BewHi 3/2017; Ambulante Straffälligenarbeit – Impulse aus den Bundesländern, BewHi 1/2018; Modelle der Straffälligenhilfe, BewHi 2/2019.

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Pflichten gegenüber dem Probanden bestehen auch hinsichtlich des Persönlichkeitsschutzes. Rechtsgrundlagen dafür sind § 203 Abs. 1 Nr. 5 StGB bzw. 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB sowie die Datenschutzbestimmungen (vgl. Lübbemeier 1997, S. 3 ff.). Eine Berichts- und Meldepflicht besteht nach § 25 nur gegenüber dem zuständigen Richter, jedoch nicht im Rahmen der Amtshilfe. Zwar hat der Bewährungshelfer nach BVerfGE 33, 367 kein Zeugnisverweigerungsrecht, doch ist die schwierige Rolle des Bewährungshelfers schon bei der Erteilung einer Aussagegenehmigung nach § 54 StPO zu berücksichtigen, so dass grundsätzlich auf Bewährungshelfer als Zeugen verzichtet werden sollte (vgl. Ostendorf 1981, S. 9). Rechtspolitisch ist ein auf den Hilfe- und Betreuungsbereich beschränktes Zeugnisverweigerungsrecht zu fordern (Damian-Gutachten, DBH Materialien Nr. 12, 1993).