Kitabı oku: «Jugendgerichtsgesetz», sayfa 43

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II. Voraussetzungen

1. Ausschöpfung der Ermittlungsmöglichkeiten

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Die Ermessensentscheidung nach § 27 (Rn. 12) setzt zunächst voraus, dass alle gem. § 244 Abs. 2 StPO, § 43 vorgeschriebenen Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. Damit verlangt das Gesetz ausdrücklich, dass auch in dem bei einer Entscheidung nach § 27 anzuwendenden Verfahren im Hinblick auf die mögliche spätere Verhängung einer Jugendstrafe die im förmlichen Jugendstrafverfahren erforderliche Ermittlungspflicht in vollem Umgang erfüllt werden muss (BayObLG GA 1971, 183). Dazu gehört auch das Gutachten eines Sachverständigen (§ 43 Abs. 2 S. 2), wenn dem Erfordernis der „Erschöpfung der Ermittlungsmöglichkeiten“ nur so Genüge getan werden kann (BayObLG a.a.O.; Dallinger/Lackner § 27 Rn. 6). Aus diesem Grunde kommt auch eine Entscheidung nach § 27 im vereinfachten Jugendverfahren nicht in Betracht (BayObLGSt 1970 [Bd. 20], 213 = GA 1971, 181; vgl. Rn. 13; h.M., s. § 62 Rn. 5). Einer verfahrensbeendigenden Verständigung (s. § 5 Rn. 26, 27) ist die Entscheidung nach § 27 aus den genannten Gründen nicht zugänglich.

2. Schädliche Neigungen

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Der Ermittlungsmöglichkeiten müssen hinsichtlich des Bestehens schädlicher Neigungen (hierzu § 17 Rn. 12–21) ausgeschöpft sein, und zwar soweit sie in der konkreten zur Aburteilung stehenden Straftat hervorgetreten sind. Es muss also auch hier der Bezug zur Straftat gewahrt bleiben (s. § 5 Rn. 4). Nur der für die Verhängung einer Jugendstrafe erforderliche Umfang der schädlichen Neigungen (§ 17 Abs. 2 1. Alt.) darf zweifelhaft bleiben. Es muss demnach das Vorhandensein schädlicher Neigungen selbst feststehen, die erforderliche Sicherheit (Rn. 9) lediglich hinsichtlich des Umfangs derselben fehlen (BGHR JGG § 27 Maßnahmenverbindung 1; BayObLG GA 1971, 182; OLG Oldenburg ZJJ 2011, 91; h.M., vgl. Dallinger/Lackner § 27 Rn. 5; Bandemer Zbl 1991, 368 ff., 370; a.A. OLG Düsseldorf MDR 1990, 466 = NStZ 1990, 529 [Böhm]; offenbar auch Schaffstein/Beulke/Swoboda Rn. 529).

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Bestehen bereits begründete Zweifel daran, ob überhaupt schädliche Neigungen vorliegen, ist bei der gebotenen engen Auslegung des § 27 nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ zu Gunsten des Täters davon auszugehen, dass keine schädlichen Neigungen vorhanden sind. Diese einschränkende Auslegung ist erforderlich, um von der Anwendung der §§ 27, 30 diejenigen Fälle auszuschließen, in denen die Verhängung einer Jugendstrafe außer Verhältnis zur Straftat stehen würde.

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Ist Jugendstrafe wegen der Schwere der Schuld erforderlich (§ 17 Abs. 2, 2. Alt.), so scheidet eine Entscheidung nach § 27 aus (BGHSt 18, 207 ff., 210), gleichviel, ob schädliche Neigungen bestehen oder zweifelhaft sind. Zweifel an der Schwere der Schuld sind immer zu Gunsten des Täters aufzulösen. (Dallinger/Lackner § 27 Rn. 8), so dass eine Entscheidung nach § 27 in diesen Fällen unzulässig ist, wenn nicht gleichzeitig schädliche Neigungen vorliegen, deren Umfang in dem genannten Sinne zweifelhaft ist. Stehen schädliche Neigungen in einem die Verhängung einer Jugendstrafe erforderlichen Umfang fest, so darf ebenfalls nicht nach § 27 entschieden werden, sondern es ist Jugendstrafe zu verhängen (§ 17 Abs. 2), gleichviel, ob an der Schwere der Schuld begründete Zweifel bestehen oder nicht.

3. Erforderliche Sicherheit

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Der die Jugendstrafe erfordernde Umfang der schädlichen Neigungen darf nicht mit Sicherheit feststehen. Dieser steht dann mit Sicherheit fest, wenn der Richter nach dem Inbegriff der Hauptverhandlung davon überzeugt ist (§ 261 StPO) und keine begründeten Zweifel daran bestehen. Dabei haben solche Zweifel außer Acht zu bleiben, die realer Anknüpfungstatsachen entbehren und sich lediglich auf die Annahme einer bloß gedanklichen, abstrakt theoretischen Möglichkeit gründen (grundsätzlich zur richterlichen Überzeugung etwa KK-Ott § 261 Rn. 4; BGH NStZ 1985, 15 [Pfeiffer/Miebach] m.w.N.). Eine mathematische, jede Möglichkeit einer abweichenden Beurteilung ausschließende, von niemandem mehr anzweifelbare Gewissheit ist nicht erforderlich (st. Rspr. vgl. KK-Ott § 261 Rn. 4 m.w.N.; BGH GA 1969, 181, jeweils m.w.N.). Ist der Richter in diesem Sinne davon überzeugt, dass schädliche Neigungen in dem für eine Jugendstrafe erforderlichen Umfang vorliegen oder dass sie nicht vorhanden sind, so ist für eine Entscheidung nach § 27 kein Raum. Eine Aussetzung der Jugendstrafe aus erzieherischen Gründen oder anderen in diesem Rahmen angestellten Zweckmäßigkeiterwägungen heraus ist, wenn die genannten Voraussetzungen nicht vorliegen, unzulässig (BayObLG GA 1971, 182; OLG Frankfurt NJW 1955, 603).

4. Entscheidung über Jugendstrafe

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Liegen die unter Rn. 5–9 genannten Voraussetzungen vor, so kann der Richter die Schuld des Täters feststellen und die Entscheidung über die Verhängung der Jugendstrafe für eine von ihm zu bestimmende Bewährungszeit aussetzen. Die Feststellung der Schuld einschließlich der strafrechtlichen Verantwortlichkeit (§ 3 S. 1) erfolgt nach den allgemeinen strafprozessualen Grundsätzen (insbesondere §§ 2, 43 JGG; §§ 244, 249 ff., 261 StPO). Nur die Entscheidung über die Jugendstrafe kann ausgesetzt werden. Der Richter muss also bei Heranwachsenden auch endgültig darüber befinden, ob gem. § 105 Jugendstrafrecht anzuwenden ist, denn nur dann gelten die §§ 27 bis 30 (Potrykus § 30 Bem. 2 a; Dallinger/Lackner § 105 Rn. 69; s. § 30 Rn. 4). Keinesfalls darf die Entscheidung gem. § 105 dem Nachverfahren vorbehalten werden (s. auch § 30 Rn. 4).

5. Bewährung

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Gleichzeitig ist die Entscheidung über die Verhängung der Jugendstrafe zur Bewährung auszusetzen. Ebenso zwingend hat der Richter nach Maßgabe des § 29 eine Bewährungszeit zu bestimmten und den Verurteilten für deren Dauer der Aufsicht und der Leitung eines Bewährungshelfers zu unterstellen. Die Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe soll dem Verurteilten die Chance geben, durch sein Verhalten in der Bewährungszeit zu zeigen, dass die bei ihm vorhandenen und festgestellten schädlichen Neigungen nicht den Umfang haben, der die Verhängung einer Jugendstrafe erfordert (BGHR JGG § 27 Maßnahmenverbindung 1).

III. Richterliches Ermessen

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Liegen die erläuterten Voraussetzungen vor, so steht die Entscheidung (Rn. 10) im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Erst in diesem Stadium ist Raum für erzieherische Erwägungen hinsichtlich des zu erwartenden Erfolges der Verfahrensweise nach §§ 27–30 (s. Rn. 4). Der Richter ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 27 nicht verpflichtet, die dort vorgesehene Entscheidung zu treffen (Dallinger/Lackner § 27 Rn. 11; Eisenberg § 27 Rn. 13). Er kann von ihr absehen und Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel verhängen, wenn er eine umgehende erzieherische oder ahndende Einwirkung für erforderlich hält oder eine günstige Beeinflussung des Jugendlichen während der Bewährungszeit nicht zu erwarten ist. Jugendstrafe wegen schädlicher Neigungen darf er dagegen nicht verhängen, denn § 27 setzt gerade voraus, dass deren Voraussetzungen nicht mit der gebotenen Sicherheit feststehen. Dahingehende Erwägungen, ob in Ansehung der Straftat Jugendstrafe überhaupt verhältnismäßig ist, scheiden aus, denn diese haben bei der Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen des § 27 zu erfolgen, nämlich bei der Frage, ob in der Straftat schädliche Neigungen hervorgetreten sind und damit eine Jugendstrafe überhaupt in Betracht zu ziehen ist (s. Rn. 6).

IV. Verhältnis zu anderen Maßnahmen

1. Verbindung mit anderen Maßnahmen (§§ 7–9, 13)

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Die Entscheidung nach § 27 darf nur mit Hilfe zur Erziehung in Form der Erziehungsbeistandschaft (§ 12 Nr. 1) verbunden werden (§ 8 Abs. 2 S. 1), die jedoch während des Laufes der Bewährungszeit (§ 28) ruhen (§ 8 Abs. 2 S. 2). Eine Kombination kann gleichwohl geeignet sein, da die Erziehungsbeistandschaft nach Ablauf der Bewährungszeit wieder auflebt (s. § 8 Rn. 10) und damit eine erzieherische Einwirkung auf den Jugendlichen auch dann weiter ausgeübt werden kann, wenn im Nachverfahren (§ 30) keine Jugendstrafe verhängt wird. Die Verbindung mit Weisungen und Auflagen ist speziell in § 29 S. 2 geregelt. Eine Verbindung mit Jugendarrest ist seit dem Gesetz vom 4.9.2012 (BGBl. I, S. 1854) nach Maßgabe von § 8 Abs. 2 Satz 2 zulässig (s. dort Rn. 6, 7; zu dessen Berücksichtigung bei einer Verurteilung nach § 30 s. dort Rn. 3 und 12). Unzulässig ist hingegen weiterhin eine Verbindung mit Hilfe zur Erziehung in Form der Heimerziehung i.S.v. § 12 Nr. 2 (s. § 8 und die dortigen Erläuterungen).

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Darüber hinaus kann die Entscheidung nach § 27 mit allen nach dem JGG zulässigen Maßregeln der Besserung und Sicherung (§ 7), Nebenfolgen und Nebenstrafen (§ 8 Abs. 3) verbunden werden. Neben der Entscheidung nach § 27 ist insbesondere auch die Verhängung eines Fahrverbots (§ 44) zulässig (§ 8 Abs. 3; s. § 8 Rn. 11; Schönke/Schröder-Stree/Kinzig § 44 Rn. 9; Schöch JR 1978, 75; Lackner JR 1965, 95; a.A. Eisenberg § 27 Rn. 20 ohne Begründung aber m.w.N.; Warda GA 1965, 68; LK-Geppert § 44 Rn. 12). Auch die Gegenmeinung hält zu Recht das Fahrverbot trotz der in § 44 StGB genannten Voraussetzung einer Verurteilung zur Freiheits- oder Geldstrafe selbst neben Erziehungsmaßregeln und Zuchtmitteln für zulässig (§ 8 Abs. 3, §§ 2, 6, 76; vgl. etwa LK-Geppert § 44 Rn. 12) und § 44 StGB neben einer Entscheidung nach § 27 nur deshalb nicht für anwendbar, weil hier gerade keine Entscheidung über die Rechtsfolge getroffen würde. Auch die Entscheidung nach § 27 bleibt indessen, wie sich aus §§ 27, 29 S. 2 i.V.m. §§ 23, 10, 11 und 15 ergibt, regelmäßig nicht ohne die Rechtsfolgen (nämlich Auflagen und Weisungen), die auch sonst für die Anwendung des Fahrverbotes nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers (§ 8 Abs. 3, §§ 2, 6, 76) ausreichen sollen. Die Verhängung eines Fahrverbotes neben der Entscheidung nach § 27 ist danach, auch wenn der Gegenansicht gefolgt würde, jedenfalls dann zulässig, wenn der Richter Auflagen und Weisungen nach § 29 oder zugleich mit der Entscheidung nach § 27 Erziehungsbeistandschaft (s. Rn. 13) anordnet. Die generelle Unzulässigkeit eines Fahrverbotes neben einer Entscheidung nach § 27 kann sich dann aber nicht daraus ergeben, dass der Richter in Ausnahmefällen von der Anordnung von Weisungen und Auflagen nach § 29 S. 2, § 23 absehen kann oder neben der Entscheidung nach § 27 aus Ermessensgründen keine Erziehungsmaßregeln (§ 12 Nr. 1) anordnet.

2. Unterbringung (§ 5 Abs. 3)

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Wird der Verurteilte in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Erziehungsanstalt untergebracht, so hindert dies eine Entscheidung nach § 27 grundsätzlich auch dann nicht, wenn die Unterbringung eine richterliche Ahndung entbehrlich macht (§ 5 Abs. 3). Die Entscheidung, ob im Falle der Unterbringung eine Ahndung durch Jugendstrafe entbehrlich ist, ist erst im Nachverfahren (§ 30) zu treffen, zumal sich die Beurteilungsgrundlagen dafür durchaus im Laufe der Bewährungszeit ändern können.

3. Nachträgliche Entscheidungen (§§ 31, 66)

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Die Schuldfeststellung nach § 27 wird unter den Voraussetzung des § 31 in eine spätere Verurteilung einbezogen. Bei Zusammentreffen einer Schuldfeststellung nach § 27 und einer anderen rechtskräftigen Entscheidung (§ 66) hat grundsätzlich der im Verfahren nach §§ 30, 62 zuständige Richter zu prüfen, ob die Voraussetzungen für den Ausspruch einer Jugendstrafe vorliegen. § 66 Abs. 1 findet auf Entscheidungen nach § 27 keine Anwendung (BGH NJW 2007, 447 f.; s. Rn. 3).

V. Verfahren und Rechtskraft

1. Allgemeines

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Die Entscheidung nach § 27 ergeht auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil, § 62 Abs. 1 S. 1. Sachlich zuständig ist auch der Jugendrichter (§ 39 Abs. 2), wenn die Anklage bei ihm erhoben ist (§ 39 Abs. 1), sich im Laufe des Verfahrens jedoch herausstellt, dass die Voraussetzungen des § 27 vorliegen (s. § 39 Rn. 23). Ist im Falle der Bejahung schädlicher Neigungen in dem erforderlichen Umfang Jugendstrafe von mehr als einem Jahr zu erwarten, so empfiehlt es sich allerdings, die Sache dem Jugendschöffengericht vorzulegen bzw. von vorneherein dort anzuklagen, um für das Nachverfahren unökonomische und erzieherisch ungünstige Zeitverzögerungen zu vermeiden. Im vereinfachten Jugendverfahren (§ 76) darf eine Entscheidung nach § 27 nicht ergehen (BayObLGSt 1970 [Bd. 20], 213; s. Rn. 5). Ist das Verfahren vor einem Gericht anhängig, das für allgemeine Strafsachen zuständig ist, so sind die Entscheidungen, die nach einer Aussetzung der Entscheidung über die Verhängung der Jugendstrafe getroffen werden, mit Ausnahme der Entscheidung über die Festsetzung der Strafe und die Tilgung des Schuldspruchs (§ 30) dem Jugendrichter zu übertragen (§ 104 Abs. 5 S. 2; § 112 S. 1). Eine Entscheidung über die Anrechnung der Untersuchungshaft (§ 52a) bleibt dem Nachverfahren (§ 30) vorbehalten (§ 62 Rn. 6, § 54 Rn. 16), weil auch erst dann eine abschließende Entscheidung darüber möglich ist, ob eine Anrechnung erfolgt oder aus erzieherischen Gründen ausnahmsweise unterbleibt (§ 52a Abs. 1 S. 2). Auch über eine Teilvollstreckungserklärung als Ausgleich für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung kann erst im Nachverfahren nach § 30 Abs. 1 entschieden werden, weil erst dann beurteilt werden kann, ob durch die Teilvollstreckung eine Unterschreitung der zur Erziehung des Jugendlichen erforderlichen Strafdauer auszuschließen ist (OLG Düsseldorf NStZ 2011, S. 525). Entscheidungen betreffend die Bewährung, also über die Dauer der Bewährungszeit (§ 28) sowie über die Bewährungshilfe, die Weisungen und Auflagen (§ 29) ergehen durch Beschluss (§ 268a StPO). Der Jugendliche ist über die Bedeutung der Aussetzung, die Bewährungs- und Unterstellungszeit, die Weisungen und Auflagen sowie darüber zu belehren, dass er die Festsetzung einer Jugendstrafe zu erwarten habe, wenn er sich während der Bewährungszeit schlecht führe (§ 64 S. 2).

2. Urteil

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Die Urteilsgründe müssen entsprechend § 267 Abs. 3 S. 4 StPO (§ 62 Abs. 1 S. 2) ergeben, weshalb die Entscheidung über die Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist. Sie müssen demnach insbesondere begründete Ausführungen darüber enthalten, dass schädliche Neigungen vorhanden sind, deren Umfang indessen nicht mit der gebotenen Sicherheit festzustellen ist (BGHR JGG § 27 Maßnahmenverbindung 1; s. Rn. 6) sowie darüber, weshalb eine abschließende Entscheidung trotz Ausschöpfung der gebotenen Ermittlungen derzeit nicht getroffen werden kann. Im Übrigen gilt für die Urteilsgründe die gegenüber § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO erweiterte Begründungspflicht gem. § 54 Abs. 1 (s. dort Rn. 29); Das gilt umso mehr in Fallkonstellationen, in denen trotz Fehlens strafrechtlicher Vorbelastung die Verhängung einer Jugendstrafe vorbehalten werden soll (OLG Celle StV 2017, 722 m.w.N.)

3. Rechtskraft

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Dementsprechend umfasst die Rechtskraft des Urteils neben dem Schuldspruch und den dazugehörigen Feststellungen auch die Feststellung, dass schädliche Neigungen vorhanden sind (a.A. Dallinger/Lackner § 30 Rn. 14), denn dies ist Voraussetzung dafür, dass nach § 27 entschieden und im Nachverfahren deren Umfang beurteilt werden kann (s. Rn. 6). Die Feststellung zum Vorhandensein schädlicher Neigungen im Nachverfahren gem. § 30 dürfen diejenigen des vorhergehenden Urteils nach § 27 allenfalls ergänzen, ihnen jedoch nicht widersprechen. Von der Rechtskraft erfasst werden (bei Heranwachsenden) auch die Feststellungen, die zur Anwendung von Jugendstrafrecht geführt haben (§ 105), denn dies ist Voraussetzung für die Anwendung der §§ 27–30 auf den Heranwachsenden (Rn. 10; § 30 Rn. 4). Nicht von der Rechtskraft erfasst werden dagegen alle Feststellungen hinsichtlich des für die Verhängung einer Jugendstrafe erforderlichen Umfangs der schädlichen Neigungen, denn dieser soll erst im Rahmen der Bewährung endgültig festgestellt werden. Eine rechtskräftige Entscheidung nach § 27 kann gem. § 31 Abs. 2 in ein Urteil wegen einer anderen Straftat einbezogen werden, solange der Schuldspruch noch nicht getilgt ist (§ 62 Rn. 6).

4. Rechtsmittel

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Gegen die Entscheidung nach § 27 sind die Rechtsmittel nach den allgemeinen Vorschriften gegeben; die Beschränkung des § 55 Abs. 1 gilt nicht. Wird ein § 27 anwendendes Urteil auf Revision des Angeklagten aufgehoben und kommt der neue Tatrichter auf Grund der neuen Hauptverhandlung zu dem Ergebnis, dass Jugendstrafe oder Freiheitsstrafe erforderlich ist, so muss er die zu verhängende Strafe wegen des Verschlechterungsverbots nach § 358 Abs. 2 StPO zur Bewährung aussetzen (BGHSt 9, 104, 106). Eine Entscheidung nach § 27 bedeutet, dass der Täter jedenfalls zunächst keiner Freiheitsentziehung unterworfen ist und, sofern er sich bewährt, eine solche auch nicht zu befürchten braucht. Dieser Rechtszustand ist dem Angeklagten durch § 358 Abs. 2 StPO gewährleistet. Infolgedessen muss der Tatrichter auf die von ihm zu verhängende Jugendstrafe diejenigen Vorschriften anwenden, die diesem Rechtszustand am nächsten kommen, jedenfalls eine Schlechterstellung des Angeklagten verhindern. Das bedeutet, dass die Strafaussetzung zur Bewährung nach § 21 bzw. § 56 StGB zwingend geboten ist, ohne dass noch eine Prüfung ihrer Voraussetzungen möglich wäre. Zugleich ergibt sich daraus das noch zulässige Höchstmaß der Strafe (1 Jahr, § 21; § 56 StGB) und der Bewährungszeit (2 Jahre, § 28; BGHSt 9, 106).

VI. Amnestie

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Im Falle einer Amnestie hat die Prüfung, ob das Verfahrenshindernis der Straffreiheit nach dem einschlägigen Straffreiheitsgesetz vorliegt, grundsätzlich den Vorrang vor einer Entscheidung nach § 27 (BGHSt 9, 104). Bejaht der Tatrichter die Voraussetzungen der Straffreiheit, so kommt auch eine Entscheidung nach § 27 nicht in Betracht. Ist die Straffreiheit an eine bestimmte Höhe der Freiheitsstrafe gebunden und verneint der Richter die Voraussetzungen der Straffreiheit deshalb, weil er zu dem Ergebnis kommt, die Tat des Angeklagten erfordere eine höhere als die in dem Straffreiheitsgesetz für die Amnestie vorgesehene Strafe, so ist für eine Anwendung des § 27 kein Raum mehr (BGHSt 9, 104, 105). Kommt er nämlich zu dem Ergebnis, dass die Tat eine Freiheitsstrafe von einer bestimmten Höhe erfordere, so kann er nicht mehr bezweifeln, ob überhaupt Jugendstrafe erforderlich ist (BGHSt 9, 105).

VII. Sonstiges

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Die Entscheidung nach § 27 wird in das Zentralregister, § 4 Nr. 4 BZRG, nicht jedoch in das Führungszeugnis eingetragen, § 32 Abs. 2 Nr. 2 BZRG. Die Eintragung wird aus dem Zentralregister entfernt, wenn der Schuldspruch gem. § 30 Abs. 2 getilgt oder nach § 31 Abs. 2, § 66 in eine Entscheidung einbezogen wird, die in das Erziehungsregister einzutragen ist, § 13 Abs. 2 S. 2 BZRG (s. i. E. § 97 Rn. 12). Zur Eintragung ins Erziehungsregister s. § 60 Abs. 1 Nr. 3 BZRG, sowie zu den Grundzügen des Strafregisterrechts außerdem eingehend § 97 Rn. 8 ff. Für die Kostenentscheidung gilt § 74. Die Strafverfolgungsverjährung ruht nach einer Entscheidung nach § 27 (§ 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB). Zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Entschädigung nach § 8 Abs. 1 StrEG s. Eisenberg GA 2004, 387.