Kitabı oku: «Kartell Compliance», sayfa 37
1. Teil Besondere materiell-rechtliche Risikofelder der Kartell-Compliance › Strafrecht
Strafrecht
Inhaltsverzeichnis
5. Kapitel Strafbare Submissionsabsprachen und (Submissions-)Betrug
6. Kapitel Sonstige Begleit- und Anschlussdelikte
1. Teil Besondere materiell-rechtliche Risikofelder der Kartell-Compliance › Strafrecht › 5. Kapitel Strafbare Submissionsabsprachen und (Submissions-)Betrug
5. Kapitel Strafbare Submissionsabsprachen und (Submissions-)Betrug
Inhaltsverzeichnis
A. Einführung
B. Der Submissionsbetrug (§ 263 StGB)
C. Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen (§ 298 StGB)
Literatur:
Achenbach Neuigkeiten im Recht der Kartellordnungswidrigkeiten, wistra 2006, 2; Baumann Die Vergaberechtsnovelle 2016, GWR 2016, 159; ders. Zum Ärgernis Submissionsbetrug, Bechtold Grundlegende Umgestaltung des Kartellrechts: Zum Referentenentwurf der 7. GWB-Novelle, DB 2004, 235; Bender Sonderstraftatbestände gegen Submissionsabsprachen, 2005; Best Betrug durch Kartellabsprachen bei freihändiger Vergabe – Besprechung von BGH, Urteil vom 11.7.2001, GA 2003, 157; Broß/Thode Untreue und Betrug am Bau – und deren Bewältigung durch Teile der Justiz?, NStZ 1993, 369; v. Coelln Anmerkung zu BGH Beschl. v. 25.12.2012 – 2 StR 154/12, ZIS 2012,628; Conrad § 298 StGB und der fehlerhafte Vergabewettbewerb, ZfBR 2015, 132; Dannecker Anm. zu BGH v. 22.6.2004 – 4 StR 428/03, JZ 2005, 49; Diercks Korruption am Bau, BauR 2004, 257; Fuchs Die 7. GWB-Novelle – Grundkonzeption und praktische Konsequenzen, WRP 2005, 1384; Girkens/Mossmayer Die Bestrafung wettbewerbsbeschränkender Absprachen nach dem Gesetz zur Bekämpfung der Korruption, ZfBR 1998, 223; Götting/Götting Kriminalisierung des Kartellrechts, ZfBR 2003, 341; Greeve Ausgewählte Fragen zu § 298 StGB seit Einführung durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13.8.1997, NStZ 2002, 505; dies. Anm. zu BGH v. 19.12.2002 – 1 StR 366/02, NStZ 2003, 549; Hartog/Noack Die 7. GWB-Novelle, WRP 2005, 1396; Hefendehl Fallen Submissionsabsprachen doch unter den Betrugstatbestand?, ZfBR 1993, 164; Heuking Strafbarkeitsrisiken beim Submissionsbetrug, BB 2013, 1155; Hohmann Die strafrechtliche Beurteilung von Submissionsabsprachen, NStZ 2001, 566; ders. Der wettbewerbliche Dialog – Vergabeverfahren im strafrechtsfreien Raum?, FS Wahle, 2008, S. 76; ders. Anmerkung zu BGH vom 25. Juli 2012 – 2 StR 154/12, wistra 2013, 105; Hombrecher Strafbarkeit von Hardcore-Kartellen, NZKart 2017, 143; Hotz Kartelle im Lichte des Strafrechts, JuS 2017, 922; Immenga Strafrechtliche Sanktionen bei schweren Kartellverstößen, NZKart 2016, 201; Jansen Wettbewerbsbeschränkende Abreden im Vergabeverfahren, WuW 2005, 502; S. Jansen Die Auswirkungen von Verfahrensfehlern auf die Strafbarkeit bei Ausschreibungsabsprachen, wistra 2017, 214; Kahlenberg Referentenentwurf der 7. GWB-Novelle: Tiefgreifende Änderungen des deutschen Kartellrechts, BB 2004, 389; Kappel/Junkers Das Submissionskartell – Wann verjähren Preisabsprachen über die Vergabe von Großprojekten? NZWiSt 2018, 274; Joecks Zur Schadensfeststellung beim Submissionsbetrug, wistra 1992, 247; Kindhäuser Anm. zu BGH v. 19.12.1995 – KRB 33/95, JZ 1997, 101; Kleinmann/Berg Änderungen des Kartellrechts durch das „Gesetz zur Bekämpfung der Korruption“ vom 13.8.1997, BB 1998, 277; Knauff Neues europäisches Verfahrensrecht: Der wettbewerbliche Dialog, VergabeR 2004, 287; ders. Im wettbewerblichen Dialog zur Public Private Partnership?, NZBau 2005, 249; ders. Strukturfragen des neuen Vergaberechts, NZBau 2016, 195; Korte Bekämpfung der Korruption und Schutz des freien Wettbewerbs mit den Mitteln des Strafrechts, NStZ 1997, 513; Kramm Anm. zu BGH v. 8.1.1992 – 2 StR 102/91, JZ 1993, 422; Kuhlen Anmerkungen zu § 298, FS Lampe, 2003, 743; Lange Anmerkung zu BGH v. 4.11.2003 – KRB 20/03, EWiR 2004, 555; Lotz Anm. zu OLG Frankfurt a. M. v. 27.6.2003 – 11 Verg 2/03, EWiR 2004, 287; Lüderssen Submissionsabsprachen sind nicht eo ipso Betrug, wistra 1995, 243; Lutz Schwerpunkte der 7. GWB-Novelle, WuW 2005, 718; ders. Amnestie für aufklärungsbereite Kartellanten, BB 2000, 677; Meyer/Kuhn Anm. zu BGH v. 22.6.2004 – 4 StR 428/03, EWiR, § 298 StGB 1/05; Moosecker Die Beurteilung von Submissionsabsprachen nach § 263 StGB, FS Lieberknecht, 1997, 407; N. Müller Der Architekt als Täter des § 298 StGB bei privaten Bauprojekten, Teil 1 und 2, NZWiSt 2014, 218 und 255; Nickel Submissionskartelle zwischen Kartell- und Strafrecht – Reichweite und Bedeutung der Bonusregelung des Bundeskartellamts, wistra 2014, 7; Oldigs Möglichkeiten und Grenzen der strafrechtlichen Bekämpfung von Submissionsabsprachen, 1998; ders. Die Strafbarkeit von Submissionsabsprachen nach dem neuen § 298 StGB, wistra 1998, 291; Ollmann Das neue Vergaberecht, VergabeR 2004, 669; Otto Submissionsbetrug und Vermögensschaden, ZRP 1996, 300; ders. Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen, § 298 StGB, wistra 1999, 41; Pauka/Pauka der Einfluss des LKW-Kartells auf die Eignung der Kartellanten bei zukünftigen Ausschreibungen; Pasewaldt Zehn Jahre Strafbarkeit wettbewerbsbeschränkender Absprachen bei Ausschreibungen gemäß § 298 StGB, ZIS 2008, 84; Ranft Betrug durch Verheimlichung von Submissionsabsprachen – eine Stellungnahme zu BGHSt 38, 186, wistra 1994, 41; Rechten Die Novelle des EU-Vergaberechts, NZBau 2004, 366; Rönnau Täuschung, Irrtum und Vermögensschaden beim Submissionsbetrug – BGH, NJW 2001, 3718, JuS 2002, 545; Rose Anmerkung zu BGH v. 11.7.2001 – 1 StR 576/00, NStZ 2002, 41; Rübenstahl Anmerkung zu OLG Celle, Beschl. v. 29.3.2012 – 2 Ws 81/12, Personen mit Leitungsfunktionen nur auf Betriebsebene fallen unter § 30 Abs. 1 Nr. 5 OWiG, NZWiSt 2013, 71; Satzger Die Bedeutung des Zivilrechts für die strafrechtliche Bekämpfung von Submissionskartellen, ZStW 109 (1997), 359; ders. Anmerkung zu BGH v. 11.7.2001 – 1 StR 576/00, JR 2002, 391; Schuler Strafrechtliche und ordnungswidrigkeitenrechtliche Probleme bei der Bekämpfung von Submissionsabsprachen, 2002; Simonis Vergaberechtliche Compliance – Die Folgen von Rechtsverstößen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, CCZ 2016, 70; Stoffers/Möckel Reichweite der Strafbarkeit von Submissionsabsprachen, NJW 2012, 3270; Theile/Mundt Strafbarkeitsrisiken bei horizontalen Absprachen, NZBau 2011, 715; Tiedemann Wettbewerb als Rechtsgut des Strafrechts, FS Müller-Dietz, 2001, 905; Voet van Vormizeele Die neue Bonusregelung des Bundeskartellamtes, wistra 2006, 292; Walter § 298 StGB und die Lehre von den Deliktstypen, GA 2001, 131; ders. Anm. zu BGH v. 11.7.2001 – 1 StR 576/00, JZ 2002, 254; Wolters Die Änderungen des StGB durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption, JuS 1998, 1100; Wunderlich Die Akzessorietät des § 298 StGB zum Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, 2009.
A. Einführung
I. Submissionsabsprachen als Kartellstrafrecht im engeren Sinne
1
Im Zusammenhang mit kartellrechtswidrigen Verhaltensweisen – die Ordnungswidrigkeiten i.S.d. GWB darstellen – ist auch eine (tateinheitliche oder tatmehrheitliche, aber typischerweise erfolgende) Verwirklichung diverser Straftatbestände denkbar.
2
So weisen Fälle des Boykotts, des Aufrufs zur Liefersperre etc. zumindest eine Nähe zu den Straftatbeständen der Nötigung (§ 240 StGB), Erpressung (§ 253 StGB) u.a. auf.[1] Auch sind korruptive Sachverhalte (§§ 298, 331 ff. StGB) insbesondere bei Ausschreibungs- und sonstigen Vergabeverfahren der öffentlichen Hand wohl nicht selten,[2] allerdings nicht zwangsläufig mit Kartellrechtswidrigkeiten verbunden. So wird mitunter der Versuch unternommen, Mitarbeiter privater oder öffentlicher Auftraggeber zu bestechen, damit diese bei einer beschränkten Ausschreibung die anderen Wettbewerber preisgeben oder offen legen, welche Unternehmen bei einer offenen Ausschreibung die Ausschreibungsunterlagen angefordert haben. Anschließend erfolgt eine Kontaktaufnahme mit den Außenseitern, um sie dahingehend zu bedrängen, sich dem Kartell anzuschließen.[3] Daneben sind Konstellationen denkbar, in denen auf die entscheidenden Personen bei den vergebenden Stellen oder Unternehmen beeinflussend eingewirkt wird. Neben offensichtlich auf die direkte Beeinflussung der Vergabeentscheidung abzielende Vorteilsgewährungen soll die Methode verbreitet sein, die bestochenen Mitarbeiter des Auftraggebers anzuhalten, sachwidrige, aufwändige Tätigkeiten in den Anforderungskatalog der Ausschreibungsunterlagen einzuarbeiten, die bei den nicht eingeweihten Außenseitern unnötige Zusatzkosten in der Kalkulation hervorruft; in ähnlicher Weise kann mit den Mitarbeitern des Auftraggebers vereinbart werden, dass qualitativ minderwertige Ausführungen der Kartellmitglieder später nicht gerügt werden, also de facto ein Verzicht auf Gewährleistungsansprüche vereinbart wird, was die Kartellmitglieder von vornherein mit Kosten senkender Wirkung in ihre Kalkulation einbeziehen können. Auch auf diese Weise kann erreicht werden, dass ahnungslose Kartellaußenseiter ein weniger günstiges Angebot einreichen und deshalb den Zuschlag nicht erhalten.[4]
3
Aufgrund der Praxisrelevanz[5] und der zwangsläufigen Nähe zu den verbotenen Absprachen des GWB (§§ 1, 81 GWB) soll hier allerdings in erster Linie die Bildung verbotener Kartelle bei Ausschreibungen der öffentlichen und privaten Hand, die sog. Submissionskartelle, als „klassische“ Kartellstraftaten – strafbar nach §§ 263 und 298 StGB – dargestellt werden. Sonstige typische strafrechtlich relevante Folge- und Begleitdelikte werden im nachfolgenden Kapitel geschildert.
4
Spätestens seit Einführung des § 298 StGB dürfte klar sein, dass der Unrechtskern der Kartelldelikte die (täuschende) Manipulation von Ausschreibungen auf der Basis von Absprachen der Ausschreibungsteilnehmer ist, u.U. mit der Folge von Vermögensschäden der ausschreibenden Stelle oder von Dritten.
5
Als Ausschreibung wird ein Verfahren bezeichnet, bei dem individuell oder durch eine öffentliche Bekanntmachung Interessenten aufgefordert werden, Angebote für die zu vergebende Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen einzureichen.[6] Ausschreibungen von Aufträgen haben im Wirtschaftsleben eine erhebliche Bedeutung; dies gilt nicht nur für die Auftragsvergabe durch die öffentliche Hand, sondern zunehmend auch für privatwirtschaftliche Aufträge, etwa im Bereich der Wasser- und Energieversorgung, des öffentlichen Personennah- und -fernverkehrs sowie der Telekommunikation. Dabei ist jedoch zu beachten, dass ausschließlich öffentliche Auftraggeber – vor allem der Bund, die Länder, die Gemeinden und die weiteren Körperschaften des öffentlichen Rechts – kraft Gesetzes grundsätzlich zur Durchführung von Submissionsverfahren verpflichtet sind. Zudem gebietet das öffentliche Haushaltsrecht die Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit; privaten Auftraggebern steht es hingegen frei, ob sie Aufträge im Wege der Ausschreibung vergeben.[7]
6
Ziel von Ausschreibungen ist es, durch das gewählte (Ausschreibungs-)Verfahren einen Markt zu schaffen, der die Ermittlung eines Marktpreises für die geforderte Leistung ermöglicht. Dies ist erforderlich, weil der jeweilige Veranstalter einer Ausschreibung regelmäßig individuelle Anforderungen bezüglich der Eigenschaften und Funktionen der zu erbringenden Leistungen oder zu liefernden Waren stellt, so dass ein entsprechender eigener Markt besteht und eine Ermittlung des Marktpreises auf andere Art und Weise ausgeschlossen ist.[8] Dementsprechend erfolgen Ausschreibungen vorwiegend im Bereich der Bauwirtschaft, weil es dem individuellen Charakter von Großprojekten (insbesondere im Hoch- und Tiefbau, z.B. Justizvollzugsanstalten, Flughäfen, Autobahnteilstücken und Abwassersystemen) entspricht, dass sich die Vergabestelle zunächst einen Überblick über die Leistungsfähigkeit der Anbieter und die geforderten Preise verschaffen muss.[9] Weiteres und wohl vorrangiges Ziel eines Submissionsverfahrens ist es, zwischen den potentiellen Anbietern einen Wettbewerb auszulösen und so den Preis zu Gunsten des Auftraggebers zu beeinflussen.[10]
7
Damit diese Ziele verwirklicht werden können, gibt das Submissionsverfahren bestimmte Regeln vor: Zu diesen zählen insbesondere das Gebot der Gleichbehandlung und der Geheimhaltung der einzelnen Angebote bis zum Ablauf der Angebotsfrist sowie die Zuschlagserteilung auf das nach allen relevanten Kriterien vorteilhafteste Angebot.[11]
II. Ursachen und Erscheinungsformen
8
Absprachen zwischen Anbietern bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand und von privaten Auftraggebern mit dem Ziel, dass – vorher bestimmte – Konkurrenten überhöhte Angebote abgeben und so reihum bei weiteren Ausschreibungen jeweils ein Unternehmen mit seinem dann niedrigsten Angebot den Zuschlag als „Billigster“ erlangt, sind seit Langem eine verbreitete Erscheinung wettbewerbsbeschränkender Absprachen und bilden deshalb einen Schwerpunkt bei der Ahndung von Kartellrechtsverstößen[12] und stellen zugleich den einzigen Verstoß zur Beschränkung des Wettbewerbs dar, der unmittelbar strafrechtlich sanktioniert wird. Von den verbotenen Submissionsabsprachen sind legale Bietergemeinschaften zu unterscheiden, die vorliegen, wenn mehrere Unternehmen gemeinsam ein Angebot abgeben, das sie wegen der Größe oder Komplexität des Projekts allein nicht abgeben könnten und mit dem sie in offene Konkurrenz zu anderen Bietern treten; diese Bietergemeinschaften unterfallen per se weder dem GWB, noch erfüllen sie einen Straftatbestand.[13]
9
Eine überlegene Nachfragemacht der öffentlichen Hand oder großer, tendenziell marktbeherrschender Unternehmen der Privatwirtschaft und der mit der geheimen Ausschreibung verbundene verstärkte Wettbewerbsdruck können Wettbewerber dazu verleiten, zur Vermeidung eines existenzgefährdenden ruinösen Wettbewerbs, zur Ausschaltung der Gefahr von Unter- oder Überkapazitäten im Unternehmen oder zur Erzielung auskömmlicher oder besonders vorteilhafter Preise, den nach Ausschreibungsgrundsätzen im Interesse des Auftraggebers gewünschten Wettbewerb durch Absprachen im Bieterkreis vor Angebotsabgabe auszuschalten oder wenigstens zu beschränken.[14] Zu diesem Zweck werden oft auf Dauer angelegte, branchenspezifisch ausgerichtete Absprachekreise (Submissions-)Kartelle formal konkurrierender Unternehmen installiert, die mehr oder weniger straff organisiert sind.[15]
10
Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen betreffen vor allem den Preis der Leistung, können sich aber auch auf sonstige Aktionsparameter beziehen; die Unternehmen vereinbaren in der Regel zunächst, wer von ihnen aufgrund des vorgeblich günstigsten Angebots den Zuschlag erhalten soll.[16] In solchen Kartellen werden z.B. in regelmäßigen Gesprächsrunden Informationen über anstehende Aufträge ausgetauscht und gleichmäßige Zuteilungen von Aufträgen innerhalb des Kreises im Wechsel und ohne störenden Wettbewerb vereinbart; bereits im Vorfeld einer Ausschreibung wird festgelegt, welches Kartellmitglied den Zuschlag bekommen soll; im Wege einer sog. „Vorsubmission“ unter den Kartellmitgliedern wird sodann der Angebotspreis für das Unternehmen, das den Zuschlag erhalten soll, festgelegt.[17] Die Methodik der Preisbildung im Kartell variiert dabei: Regelmäßig erfolgt diese im Wege einer sog. Nullpreisbildung, wobei das höchste und das niedrigste Angebot aus dem Kreis gestrichen und aus den verbleibenden Angeboten ein Mittelpreis als Angebotspreis gebildet wird; gegebenenfalls müssen auf den so gebildeten Preis auch Ausgleichszahlungen an zurückstehende Kartellmitglieder oder Präferenzzahlungen an eingeweihte Kartellaußenseiter aufgeschlagen werden, um ein im Schnitt für alle Beteiligte tragbares wirtschaftliches Ergebnis sicherzustellen.[18] Unter Umständen muss sich das herausgestellte Unternehmen auch verpflichten, übrige Kartellmitglieder als Subunternehmer bei Auftragsabwicklung partizipieren zu lassen, da im Kartell das Konkurrenzdenken keinesfalls ausgeschlossen ist; es wird vielmehr recht genau darauf geachtet, dass ein Vorteils- und Interessenausgleich stattfindet, weshalb sich in Submissionskartellen mitunter ein akribisch geführtes Punktesystem findet, mit dem im Kreis verteilte Aufträge und deren Wert für die Kartellanten erfasst werden.[19]
11
Soweit ausreichendes Vertrauen im Kartell besteht, wird alternativ der Angebotspreis von dem herausgestellten Unternehmen selbst kalkuliert; jedenfalls verpflichten sich die übrigen Kartellmitglieder, ihre „Angebote“ ohne den Aufwand eigener Kalkulation über diesen Preis zu legen oder gar kein Angebot abzugeben und auf diese Weise dem herausgestellten Unternehmen den Auftrag zu verschaffen.[20]
12
Voraussetzung für die Entstehung von Submissionskartellen ist in der Regel, dass die Unternehmen eine ungefähre Vorstellung davon haben, wer sich an der Ausschreibung beteiligen wird, um auf dieser Grundlage den Kreis der möglichen Kartellteilnehmer zu bestimmen. Diese Unternehmen können sich dann abstimmen, um dadurch den Wettbewerb auszuschließen und so einen für sie günstigen Preis zu erzielen. Das verbleibende Wettbewerbsrisiko liegt dann allein darin, dass sich noch unbekannte Wettbewerber an der Ausschreibung beteiligen.[21]
13
Im Bereich des öffentlichen Vergaberechts soll laut Dannecker/Müller insbesondere das Nachverhandlungsverbot die Entstehung von Submissionskartellen fördern. Gerade weil die Anbieter der Leistungen wissen, dass die Vertragsbedingungen für alle identisch sind und nur das wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag erhalten darf, würden sie in die Lage versetzt, sich über die Preise abzusprechen; wenn Nachverhandlungen des Auftraggebers zulässig wären, könnte dadurch das Kartell gesprengt werden, weil dann unklar wäre, zu welchen Zugeständnissen der Auftraggeber die Kartellmitglieder in Einzelverhandlungen drängen würde; diese Ungewissheit wird durch das Nachverhandlungsverbot ausgeschlossen.[22] Schließlich werde die Bildung von Submissionskartellen dadurch gefördert, dass die Auftraggeber aus Gründen der Ersparnis eigener Verwaltungskosten dazu neigen, Komplettaufträge zu erteilen.[23]
14
Unternehmen, die solche Absprachen treffen, berufen sich zur Rechtfertigung ihres Verhaltens zumeist darauf, dass in ihrer Branche Abwehrmaßnahmen zur Verhinderung eines wirtschaftlich ruinösen durch die Ausschreibungen verursachten Wettbewerbs unabdingbar seien.[24] Es ist – jedenfalls nicht in repräsentativer Weise – nachgewiesen, dass derartige Entlastungsbehauptungen in den strafrechtlich relevanten Fällen zutreffen. Die Ausschreibungen von Waren und gewerblichen Leistungen haben heute im Wirtschaftsleben – besonders in der Bauwirtschaft – eine erhebliche Bedeutung.[25] Der Umfang des Schadens, der den Auftraggebern durch Submissionsabsprachen zugefügt wird, ist zwar ebenfalls empirisch nicht gesichert nachgewiesen; es dürfte hierzu keine belastbaren Vollerhebungen geben. Nach (veralteten) Schätzungen soll sich jedoch allein der Vermögensschaden, der der öffentlichen Hand in der primär betroffenen Bauwirtschaft durch Submissionsabsprachen jährlich entsteht, auf ca. 5 Mrd. EUR belaufen.[26] Realistischerweise wird zur Bewertung der sozialen Schädlichkeit der Submissionsabsprachen jedoch nicht allein der (unmittelbare) Vermögensschaden der Auftraggeber bzw. ausschreibenden Stellen in Betracht zu ziehen sein: Wenn Anbieter Absprachen bei öffentlichen oder privaten Ausschreibungen treffen, wird nicht nur die Gefahr begründet, dass dem Ausschreibenden durch überhöhte Preise ein Schaden entsteht, vielmehr wird das Ausschreibungsverfahren selbst ausgehebelt.[27] Beide Aspekte zusammen sollen die als erheblich angesehene Sozialschädlichkeit von Submissionsabsprachen begründen.[28] Die gesamtwirtschaftliche Gefahr von Submissionskartellen wird weiter auch darin gesehen, dass deren Gefährlichkeit in dem Maße zunehme, wie die fortschreitende Spezialisierung zur Verstärkung oligopolartiger Strukturen auf der Anbieterseite führe, mit der Folge, dass durch die Absprachen alle potenziellen Anbieter umfasst sind und deshalb nahezu beliebige Preiserhöhungen durchgesetzt werden können.[29] Dadurch könne die Preisgestaltung dahingehend beeinflusst werden, dass auch völlig unrentabel produzierende Unternehmen einträgliche Aufträge erhalten und innovative Unternehmen, die sich nicht an den Kartellabsprachen beteiligen, faktisch von der Partizipation am Markt ausgeschlossen werden, weil sie in (abgesprochenen) Ausschreibungen keine Aufträge erhalten.[30] Neben diesen – vermuteten – volkswirtschaftlichen Fehlentwicklungen wird auch angenommen, dass durch Submissionsabsprachen (jedenfalls bei erheblicher Verbreitung) indirekt weitere Vermögensschäden verursacht werden, weil die am Markt Beteiligten – von den Bauunternehmern über die Bauherren bis hin zu den Bauschätzern – die bei öffentlichen Ausschreibungen erzielten Preise als Bemessungsgrundlage für weitere Projekte heranziehen. Von daraus resultierenden überhöhten Baupreisen und den daraus resultierenden Mieterhöhungen entstehen mutmaßlich wirtschaftliche Schäden für breite Schichten der Gesellschaft.[31]
15
Nachdem die Zahl der registrierten wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bei Ausschreibungen (§ 298 StGB) in den Jahren 2002 und 2003 mit 248 bzw. 230 Fällen in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) ihren höchsten erfassten Stand erreicht hatte, ist dort ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen, nämlich auf 94 erfasste Fälle im Jahr 2015 und 77 registrierte Taten im Jahr 2016.[32] Die signifikant hohe Aufklärungsquote (2015: 92,6 %, 2016: 89,6 %), deutet mit hoher Wahrscheinlichkeit auf ein erhebliches Dunkelfeld hin,[33] da bei § 298 StGB mit der Aufdeckung der Tat regelmäßig die Entdeckung und Überführung der Täter (jedenfalls i.S.d. PKS) einhergeht.[34]