Kitabı oku: «Fälle zum Medizin- und Gesundheitsrecht, eBook», sayfa 2
A. Zulässigkeit
I. Zuständigkeit, Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, §§ 13 Nr. 8a, 90 BVerfGG
Das Bundesverfassungsgericht ist gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, §§ 13 Nr. 8a, 90 BVerfGG für Verfassungsbeschwerden zuständig.
II. Beteiligtenfähigkeit
Beteiligtenfähig im Verfassungsbeschwerdeverfahren ist ausweislich Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG „jedermann“, also jeder Träger eines Grundrechts oder grundrechtsgleichen Rechts. Als natürliche Person ist A Träger von Grundrechten, mithin beschwerdefähig i.S.d. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG.
III. Beschwerdegegenstand
Beschwerdegegenstand kann nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 GG jeder Akt öffentlicher Gewalt sein. Dies umfasst Akte der Exekutive, der Judikative und der Legislative. Tauglicher Beschwerdegegenstand sind die Entscheidung des Berufsgerichts für die Heilberufe und die Berufungsentscheidung. Bei einer Mehrheit möglicher judikativer Beschwerdegegenstände muss der Beschwerdeführer zumindest auch gegen die letztinstanzliche Entscheidung vorgehen. Darüber hinaus räumt das Bundesverfassungsgericht dem Beschwerdeführer die Möglichkeit ein, auch gegen vorinstanzliche Entscheidungen vorzugehen.[3] A sieht sich insbesondere durch die letztgenannte Entscheidung in seinen Grundrechten verletzt, machte insoweit von seinem Wahlrecht Gebrauch, sodass nur die Berufungsentscheidung Beschwerdegegenstand im Verfahren ist.
IV. Beschwerdebefugnis
Beschwerdebefugt ist, wer hinreichend substantiiert behauptet, in eigenen Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten verletzt zu sein.[4] Ein ungerechtfertigter Eingriff in die Berufsfreiheit des A erscheint auf den ersten Blick zumindest möglich.
Ferner muss sich aus dem Vortrag des Beschwerdeführers die Möglichkeit einer eigenen, unmittelbaren und gegenwärtigen Betroffenheit ergeben.[5] Als Adressat der letztinstanzlichen Entscheidung ist A selbst betroffen. Die Entscheidung bedarf zur rechtlichen Wirksamkeit keines weiteren Umsetzungsakts, wirkt also unmittelbar. Auch hat die Beeinträchtigung schon begonnen bzw. steht unmittelbar bevor, ist also auch gegenwärtig.
A ist beschwerdebefugt.
V. Rechtswegerschöpfung
Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden, § 90 Abs. 2 BVerfGG. Der Rechtsweg ist erschöpft, wenn der Beschwerdeführer von allen statthaften, nicht offensichtlich unzulässigen Rechtsbehelfen erfolglos Gebrauch gemacht hat.[6] A legte die gem. Art. 90 Abs. 1 BayHKaG statthafte Berufung gegen die Entscheidung des Berufsgerichts für Heilberufe ein. Eine Revisionsinstanz sieht das BayHKaG nicht vor. Der Rechtsweg ist erschöpft.
VI. Subsidiarität
Über das in Art. 90 Abs. 2 S. 1 BVerfGG normierte Rechtswegerschöpfungsgebot hinaus entwickelte das Bundesverfassungsgericht das Subsidiaritätskriterium, wonach nicht nur ordnungsgemäß, sondern auch erfolglos von allen gesetzlich geregelten Möglichkeiten des fachgerichtlichen Rechtsschutzes Gebrauch gemacht werden muss.[7] Es ist nicht ersichtlich, wie A sein Anliegen neben der Berufung weiterverfolgen hätte können. Das Kriterium der Subsidiarität ist erfüllt.
VII. Form und Frist
Die Verfassungsbeschwerde müsste schriftlich, § 23 Abs. 1 S. 1 BVerfGG und begründet, § 23 Abs. 1 S. 2 BVerfGG binnen eines Monats nach Zustellung der Entscheidung, § 93 Abs. 1 BVerfGG, eingereicht worden sein. Beide Erfordernisse sind hier erfüllt.
VIII. Zwischenergebnis
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.
B. Begründetheit
Die Verfassungsbeschwerde ist begründet, wenn der Beschwerdeführer durch das letztinstanzliche Urteil in einem seiner Grundrechte verletzt ist. In Betracht kommt ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit, Art. 12 GG.
Bei Urteilsverfassungsbeschwerden besteht jedoch ein eingeschränkter Prüfungsumfang.[8] Denn durch die Bindung von Richtern an Recht und Gesetz, Art. 20 Abs. 3 GG, liegt in jedem rechtswidrigen Urteil mit dem Gesetzes- auch ein Verfassungsverstoß vor. Wäre bereits dadurch eine Verfassungsbeschwerde begründet, würde das Bundesverfassungsgericht zur Superrevisionsinstanz. In ständiger Rechtsprechung nimmt das Bundesverfassungsgericht seinen Prüfungsumfang auf die Verletzung spezifischen Verfassungsrechts zurück.[9] Spezifisches Verfassungsrecht ist aber nicht schon dann verletzt, wenn eine Entscheidung, am einfachen Recht gemessen, objektiv fehlerhaft ist: Die Gestaltung des Verfahrens, die Feststellung und Würdigung des Tatbestandes, die Auslegung der Gesetze und ihre Anwendung auf den einzelnen Fall sind allein Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte.[10] Der Fehler muss gerade in der Nichtbeachtung von Grundrechten liegen.[11] Das BVerfG prüft insbesondere, ob der Richter bei Auslegung und Anwendung der Normen die Grundrechte ausreichend beachtet hat,[12] d.h. ob entweder den Einfluss von Grundrechten gar nicht erkannt wurde[13] oder ob die Auslegung oder Anwendung des Rechts auf einer „grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs“ beruht.[14]
Hier könnte möglicherweise Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG nicht oder nicht ausreichend gewürdigt worden sein.
I. Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG
Zunächst müsste somit sowohl der persönliche als auch der sachliche Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG eröffnet sein.
1. Persönlicher Schutzbereich
Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG begrenzt den persönlichen Schutzbereich der Berufsfreiheit auf Deutsche. Deutscher im Sinne des Grundgesetzes ist u.a., wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, Art. 116 Abs. 1 GG. A ist als Deutscher vom Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG erfasst.
2. Sachlicher Schutzbereich
Als Beruf i.S.v. Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG ist jede auf Dauer angelegte, der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dienende Betätigung anzusehen, die nicht schlechthin gemeinschädlich ist.[15] Der Betrieb einer Privatklinik ist auf gewisse Dauer angelegt und dient der Erhaltung der Lebensgrundlage des A. Gemeinschädlich sind Tätigkeiten, die „schon ihrem Wesen nach als verboten anzusehen sind, weil sie aufgrund ihrer Sozial- und Gemeinschaftsschädlichkeit schlechthin nicht am Schutz durch das Grundrecht der Berufsfreiheit teilhaben können“[16]. Der Betrieb einer Privatklinik fällt nicht darunter.
Der einheitliche Schutzbereich der Berufsfreiheit erfasst die Gewährleistungsdimensionen Berufsausbildung, Berufs- und Arbeitsplatzwahl sowie Berufsausübung;[17] so stellt die Berufswahl den Beginn der beruflichen Tätigkeit und die Berufsausübung die (fortlaufende) Bestätigung der Berufswahl dar. Die Freiheit der Berufsausübung schließt im Weiteren jede Tätigkeit ein, die mit ihr zusammenhängt, soweit sie auf die Förderung des beruflichen Erfolges gerichtet ist.[18] Die vorliegenden Werbeanzeigen und das Interview sollten als Werbemaßnahmen den Betrieb der Privatklinik fördern. Die hierin liegende berufliche Außendarstellung unterfällt somit als berufsbezogene Tätigkeit dem Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG.
II. Eingriff
In den Schutzbereich des A müsste eingegriffen worden sein. Unter einem Eingriff wird nach dem modernen Eingriffsbegriff jedes staatliche Verhalten gefasst, das es dem Einzelnen unmöglich macht oder jedenfalls nicht unerheblich erschwert, ein grundrechtlich geschütztes Verhalten auszuüben. Die Entscheidung des Berufungsgerichts macht es dem A unmöglich, sich in gewünschter Weise nach außen darzustellen. Damit liegt nach dem modernen Eingriffsbegriff ein Eingriff in den Schutzbereich vor.
III. Rechtfertigung
Der Eingriff könnte jedoch gerechtfertigt sein. Dies ist der Fall, wenn sich der Eingriff auf eine verfassungsmäßige Grundlage stützen kann, die auch im Einzelfall in verfassungsmäßiger Weise angewendet wurde.
1. Schranke
Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG sieht eine Einschränkungsmöglichkeit der Berufsfreiheit „durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes“ vor und stellt einen einfachen Gesetzesvorbehalt für das gesamte Grundrecht dar.[19] Eingriffe müssen jedenfalls auf ein (verfassungskonformes) formelles Gesetz rückführbar sein.
Vorliegend könnte das Verbot berufswidriger Werbung in § 27 Abs. 3 BO eine taugliche Schrankenregelung darstellen. Die Landesberufsordnungen der Ärzte werden auf Grundlage des Heilberufe-Kammergesetzes von den Landesärztekammern als Körperschaften des öffentlichen Rechts als Teil der mittelbaren Staatsverwaltung in funktionaler Selbstverwaltung erlassen.[20] Damit § 27 Abs. 3 BO als Eingriffsgrundlage in Betracht kommt, müsste aber dessen Grundlage, Art. 19 Nr. 7 BayHKaG, selbst verfassungskonform sein und insbesondere in zulässiger Weise den Ärztekammern einen entsprechenden Normierungsauftrag erteilen. Das Bundesverfassungsgericht leitet aus dem Rechtsstaatsgebot und dem Demokratieprinzip ab, dass der Gesetzgeber jedenfalls die wesentlichen Entscheidungen zur Berufsausübung durch förmliches Gesetz selbst treffen muss.[21] Im Ergebnis regelt Art. 19 Nr. 7 BayHKaG[22] auf dieser Grundlage das Werbeverbot für Ärzte, indem der Landesgesetzgeber die weitere Ausgestaltung der Ärztekammer überlässt, in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise:[23] Im Einzelnen hängt die Frage, ob Berufsausübungsregelungen in Gestalt von Satzungen autonomer Berufsverbände durch Ermächtigung durch den Gesetzgeber zulässig sind, von der Intensität des damit verbundenen Grundrechtseingriffs ab. Der Gesetzgeber muss dabei „das zulässige Maß des Eingriffs in seiner Ermächtigung umso deutlicher selbst bestimmen, je empfindlicher [unter sinngemäßer Anwendung der zu Art. 12 GG entwickelten Stufentheorie] der Berufsangehörige in seiner freien beruflichen Tätigkeit beeinträchtigt wird und je stärker das Interesse der Allgemeinheit an der Art und Weise der Tätigkeit berührt wird.“[24] Das allgemeine Werbeverbot für Ärzte betrifft dabei lediglich die Art und Weise der Berufsausübung und ist damit bloße Folge der Entscheidung für den Arztberuf. Der Eingriff bewegt sich folglich auf der untersten Eingriffsstufe des Art. 12 Abs. 1 GG und somit handelt es sich um eine herkömmliche Beschränkung, die für eine eigenverantwortliche Ordnung durch Berufsverbände durchaus geeignet erscheint, zumal dem Arzt bestimmte Ankündigungen mit werbendem Charakter erlaubt bleiben.[25] Von dieser Ermächtigung machte die bayerische Ärztekammer in § 27 Abs. 3 BO Gebrauch, der im Ergebnis eine taugliche Schranke darstellt.
2. Schranken-Schranke
a) Verfassungsmäßigkeit der einschränkenden Regelung
Die Norm, auf die die Beschränkung des Schutzbereichs gestützt wird, muss selbst verfassungskonform sein.
aa) Legitimer Zweck
Die Norm muss einen legitimen Zweck verfolgen. Gem. § 27 Abs. 1 BO ist Zweck der Vorschriften über erlaubte sachliche Information und berufswidrige Werbung, insbesondere des § 27 Abs. 3 BO, die Gewährleistung des Patientenschutzes durch sachgerechte und angemessene Information und die Vermeidung einer Kommerzialisierung des Arztberufs. Das Vertrauen der Patienten darin, dass der Arzt aus medizinischer Notwendigkeit und nicht aus Gewinnstreben Untersuchungen vornimmt und Behandlungen vorsieht, soll erhalten bleiben.[26] Die Förderung dieses beruflichen Verantwortungsgefühls und des Vertrauens in den Berufsstand der Ärzte stellt einen legitimen Zweck dar.[27]
bb) Geeignetheit
Das Verbot anpreisender, irreführender oder vergleichender Werbung müsste auch geeignet sein, diesen Zweck zu erreichen. Geeignetheit ist gegeben, wenn die Maßnahme – das Werbeverbot – zur Erreichung des Zwecks zumindest beitragen kann. Bestimmte Formen von Werbung können tendenziell als unsachlich oder Streben nach Gewinn aufgenommen werden. Indem dies gänzlich verboten wird, kann das Vertrauen in die Ärzteschaft als Ganzes gesteigert werden.
cc) Erforderlichkeit
Ferner müsste der verfolgte Zweck nicht durch ein anderes, den Grundrechtsträger weniger stark belastendes Mittel erreicht werden können. Der Eingriff müsste mithin erforderlich sein.
Grundsätzlich ist seit dem Apothekenurteil nach der Drei-Stufen-Lehre insoweit zwischen einer Beeinträchtigung der Berufsausübung einerseits und der Berufswahl andererseits zu differenzieren.[28] Während eine Berufsausübungsbeeinträchtigung lediglich einzelne Aspekte eines Berufs verbietet, also das „Wie“ betrifft, richtet sich eine Maßnahme gegen die Berufswahl gegen den Zugang zu dem Beruf, mithin das „Ob“ der Ausübung. Grundsätzlich ist auch ohne Werbetätigkeit die Ausübung des Arztberufs möglich, denn lange Zeit war Ärzten das Werben gänzlich verboten. Es liegt ein Fall einer Berufsausübungsbeschränkung vor. Diese ist im Gegensatz zu objektiver und subjektiver Berufswahlbeschränkung bereits das mildeste Mittel. Die Maßnahme ist folglich erforderlich.
dd) Verhältnismäßigkeit
Schließlich muss der Eingriff im Verhältnis zum verfolgten Zweck stehen.[29] Die Drei-Stufen-Lehre verlangt für die vorliegende Berufsausübungsbeschränkung „Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit“[30] im Sinne vernünftiger Erwägungen des Allgemeinwohls. § 27 Abs. 3 BO verbietet insbesondere anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sind diese Formen getrennt zu beleuchten.
(1) Anpreisende Werbung
Anpreisend ist eine besonders nachdrückliche Form der Werbung, insbesondere mit reißerischen bzw. marktschreierischen Mitteln, etwa Übertreibungen und besonders wirkungsvollen Herausstellungen eigener Leistungen.[31] Zwar ist eine gewisse Überzeichnung charakteristisch für Werbung, zumal eine überspitzte Darstellung dem Empfänger eher im Gedächtnis bleibt und so der Werbezweck gefördert wird. Ärzten ist aufgrund ihrer Kredibilität in der Gesellschaft aber ein gesteigertes Sachlichkeitsgebot aufzuerlegen. Diese Einschränkung anpreisender Werbung, durch die der Eindruck erweckt wird, der Arzt verfolge in erster Linie ein wirtschaftliches Gewinninteresse, trifft alle Ärzte gleichermaßen. Das primäre Verfolgen eines wirtschaftlichen Gewinninteresses kann in Konflikt zur obersten ärztlichen Pflicht treten, der Gesundheit seines Patienten und der Bevölkerung zu dienen (§ 1 Abs. 1 BO), bzw. den Eindruck erwecken, dass eben jene Pflicht in den Hintergrund rückt bis gar vernachlässigt wird. Somit ist das Verbot anpreisender Werbung als verhältnismäßig anzusehen.
(2) Irreführende Werbung
In Anlehnung an § 5 Abs. 1 S. 2 UWG wird irreführende Werbung über die Eignung definiert, bei einem erheblichen Teil des angesprochenen Verkehrskreises unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls einen unrichtigen Eindruck zu vermitteln. Ärzten wird aufgrund ihrer geachteten Ausbildung, beruflicher Erfahrung und ihres Gesellschaftsstandes großes Vertrauen seitens ihrer Patienten entgegengebracht sowie im Allgemeinen ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit zugeschrieben. Umso höher sind daher die Voraussetzungen, die an die Klarheit und Richtigkeit der ärztlicherseits vermittelten Informationen zu stellen sind. Ein Verbot von irreführender Werbung ist mithin bei Ärzten – § 5 Abs. 1 S. 2 UWG e contrario – erst recht angemessen.
(3) Vergleichende Werbung
Vergleichende Werbung ist in Anlehnung an § 6 Abs. 1 UWG Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen anderen Arzt oder die von ihm angebotenen Dienstleistungen erkennbar macht.[32] Zwar ist Werbung auf Kundenakquise angelegt und daher stets in gewissem Maße vergleichend.[33] Im individuellen Arzt-Patienten-Verhältnis ist ein objektiver Vergleich konkreter ärztlicher Tätigkeit aber schlicht nicht möglich, sodass vergleichende Werbung stets irreführend und ihr Verbot angemessen ist.
ee) Zwischenergebnis
§ 27 Abs. 3 BO ist verfassungsgemäß.
b) Verfassungsmäßigkeit der auf der Regelung beruhenden Einzelmaßnahme
Schließlich müsste auch durch die Einzelmaßnahme – die Entscheidung des Berufungsgerichts – in verfassungsgemäßer Weise von der Beschränkungsmöglichkeit des § 27 Abs. 3 BO Gebrauch gemacht worden sein. Wie oben[34] dargestellt, beschränkt sich die Überprüfung dessen auf die Verletzung spezifischen Verfassungsrechts.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht auf zwei Werbeanzeigen über die ärztliche Tätigkeit des A sowie einem Interview des A. Zu fragen ist, inwieweit die Werbeanzeigen und das Interview den Tatbestand des § 27 Abs. 3 BO erfüllen.
Einschlägig könnte der Tatbestand der anpreisenden Werbung sein. Anpreisend ist eine besonders nachdrückliche Form der Werbung, insbesondere mit reißerischen bzw. marktschreierischen Mitteln, etwa Übertreibungen und besonders wirkungsvollen Herausstellungen eigener Leistungen.[35] A wird in einzelnen Textpassagen als „die unangefochtene Nr. 1 für Bandscheibenvorfälle“ beschrieben, die Erfolgsquote als „sensationell“ bezeichnet. Die Kernaussage, dass die Behandlungsmethode sehr gute Erfolge verzeichne, hätte auch ohne Steigerungen wie „unangefochten“ oder „sensationell“ erreicht werden können. Um die Werbung als solche jedoch als „anpreisend“ bezeichnen zu können, müssten diese genannten Aussagen den Gesamtcharakter selbiger Werbung prägen. Denn alleiniges positives Herausstellen ist gerade typisch für Werbung und macht diese nicht per se sachfremd.[36] Im Rahmen der Abgrenzung zur erlaubten Information i.S.d. § 27 Abs. 2 BO ist vielmehr eine grundrechtsfreundliche Auslegung des Wortsinns einzelner Passagen im Kontext des gesamten Inhalts erforderlich.[37] Der Fokus des Interviews und der Anzeige liegt vorliegend gerade auf der Information über die neuartige Behandlungs- und Operationsmethode für potentielle Patienten, sachliche Informationen überwiegen quantitativ und qualitativ im Vergleich zu sachfremden Zuspitzungen. Der Schwerpunkt der Aussagen liegt in der Information über die Vorzüge, den Inhalt, die Bedeutung und die Möglichkeiten dieser Methode gegenüber der herkömmlichen Behandlung. Die emotionale Prägung der Werbung mit entsprechend assoziativen Begriffen wie „anstrahlen“, „Tänzchen“ oder „bewegend“ (sog. Sympathiewerbung) ist mit Blick auf das persönliche Arzt-Patienten-Verhältnis nach der – nicht über jeden Zweifel erhabenen und recht weitgehenden Ansicht des BVerfG[38] – zulässig, solange der Informationscharakter nicht völlig in den Hintergrund tritt.[39] Allein aufgrund der Werbewirksamkeit eines Textes lässt sich dieser noch nicht als reißerisch qualifizieren (was sich durchaus auch anders auffassen lässt),[40] die Bundesärztekammer spricht von „gesteigert[er] Form der Werbung“[41]. Vielmehr besteht an einer sachlich zutreffenden und verständlichen Informationswerbung ein anerkennenswertes Allgemeininteresse.[42]
Es könnte ein Fall irreführender Werbung vorliegen. In Anlehnung an § 5 Abs. 1 S. 2 UWG wird irreführende Werbung über die Eignung definiert, bei einem erheblichen Teil des angesprochenen Verkehrskreises unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls einen unrichtigen Eindruck zu vermitteln.[43] Die Aussage, dass es sich um die „sanfteste Bandscheibenoperation der Welt“ handle, könnte die Risiken und den invasiven Eingriff verharmlosen. Jedoch ist zu beachten, dass Werbung stets positiv einkleidend ausgestaltet ist und vorliegend der Informationsgehalt nichtsdestotrotz klar erkennbar bleibt.
Ferner liegt auch keine vergleichende Werbung, also solche, die unmittelbar oder mittelbar einen anderen Arzt erkennbar macht, vor.[44] Zwar bezeichnet sich A als „unangefochtene Nr. 1“, dabei wird aber kein konkreter Vergleich zu einem anderen Arzt hergestellt.
Schließlich könnte sich die Berufswidrigkeit der Werbung auch aus entgegenstehenden Gemeinwohlinteressen, § 27 Abs. 1 BO, insbesondere der Gewährleistung des Patientenschutzes oder der Vermeidung einer Kommerzialisierung des Arztberufs ergeben. So verstehen sich die bisher geprüften Tatbestände angesichts des Wortlautes „insbesondere“ des § 27 Abs. 3 S. 2 BO gerade nicht als abschließend. Fraglich ist also, ob sich aus den Werbeanzeigen oder aus dem Interview des A eine Gefährdung für Patienten ergeben könnte. Weder werden jedoch Risiken verharmlost, noch wird konkret zu Behandlungen animiert. Eine Kommerzialisierung der ärztlichen Tätigkeit, ein Vertrauensverlust in den Berufsstand oder im Weiteren eine Gefährdung der Patienten werden somit nicht begründet.
Das Berufungsgericht hat im Ergebnis einzelne, seiner Meinung nach „reißerische“ Sätze herausgegriffen und ohne weitere Erörterung rückgeschlossen, dass die Werbung insgesamt als unzulässig zu beurteilen sei. Damit wurde nach Ansicht des BVerfG der Sachverhalt nicht so erfasst, wie es angesichts seiner grundrechtsbeschränkenden Würdigung angezeigt gewesen wäre.[45]
Der Tatbestand des § 27 Abs. 3 BO ist somit nicht erfüllt.