Kitabı oku: «Fälle zum Medizin- und Gesundheitsrecht, eBook», sayfa 4
VI. Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts
1. Sachliche Zuständigkeit, § 45 VwGO
Die Verwaltungsgerichte sind erstinstanzlich sachlich zuständig, § 45 VwGO.
2. Örtliche Zuständigkeit, § 52 Nr. 3 VwGO
Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich vorliegend aus § 52 Nr. 3 VwGO. Für den in Oberbayern erlassenen Widerrufsbescheid ist das Verwaltungsgericht München gemäß Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 BayAGVwGO örtlich zuständig.
VII. Beteiligtenbezogene Voraussetzungen, §§ 61, 62 VwGO
A ist als natürliche Person nach § 61 Nr. 1 Alt. 1 VwGO beteiligten- und ausweislich § 62 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. §§ 104 ff. BGB e contrario prozessfähig.
Der beklagte Freistaat Bayern ist als Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts gemäß § 61 Nr. 1 Alt. 2 VwGO beteiligtenfähig und muss sich nach § 62 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 LABV von einem Vertreter der Ausgangsbehörde – der Regierung von Oberbayern – vertreten lassen.
VIII. Zwischenergebnis
Die Klage des A erfüllt damit die Sachurteilsvoraussetzungen.
B. Begründetheit
Die Anfechtungsklage des A ist begründet, wenn sie sich gegen den richtigen Beklagten richtet, § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
I. Passivlegitimation, § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO
Die Klage ist gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, zu richten, § 78 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 1 Alt. 1 VwGO (Rechtsträgerprinzip). Rechtsträger der handelnden Regierung von Oberbayern ist der Freistaat Bayern. Richtiger Beklagter ist also der Freistaat selbst.
II. Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts
1. Rechtsgrundlage
Rechtsgrundlage des Widerrufs der Approbation ist § 5 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BÄO. Diese Rechtsgrundlage müsste selbst mit höherrangigem Recht, insbesondere dem Grundgesetz, in Einklang stehen. Ein auf einer nichtigen Rechtsgrundlage basierender Verwaltungsakt wäre per se rechtswidrig.
Anmerkung:
Die Bundesärzteordnung unterscheidet zwischen der Rücknahme, dem Widerruf und dem Ruhen der Approbation.
Gem. § 5 Abs. 1 BÄO ist (gebundene Entscheidung) die Approbation zurückzunehmen, wenn bei ihrer Erteilung eine der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 nicht vorgelegen hat oder bei einer vor Wirksamwerden des Beitritts erteilten Approbation das an einer Ausbildungsstätte in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet oder das in einem Fall des § 14 Abs. 1 S. 2 oder in einem Fall des § 14a Abs. 4 S. 1 erworbene Medizinstudium nicht abgeschlossen war oder die Ausbildung nach § 3 Abs. 1 S. 2 oder 6 oder § 3 Abs. 2 oder 3 oder die nach § 14b nachzuweisende Ausbildung nicht abgeschlossen war. Sie kann (Ermessensentscheidung) zurückgenommen werden, wenn bei ihrer Erteilung eine der Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3 nicht vorgelegen hat. Eine nach § 3 Abs. 2 oder 3 erteilte Approbation kann (Ermessensentscheidung) zurückgenommen werden, wenn die festgestellte Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes tatsächlich nicht gegeben war oder der alternativ festgestellte gleichwertige Kenntnisstand tatsächlich nicht nachgewiesen worden ist. Eine nach § 3 Abs. 2 oder 3 oder nach § 14b Abs. 2 erteilte Approbation kann (Ermessensentscheidung) zurückgenommen werden, wenn die nachzuweisende Ausbildung tatsächlich doch wesentliche Unterschiede gegenüber der in diesem Gesetz und in der Rechtsverordnung nach § 4 Abs. 1 geregelten Ausbildung aufgewiesen hat oder die zur Ausübung des ärztlichen Berufs im Geltungsbereich dieses Gesetzes erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in der Eignungsprüfung tatsächlich nicht nachgewiesen worden sind.
Gem. § 5 Abs. 2 BÄO ist (gebundene Entscheidung) die Approbation zu widerrufen, wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 weggefallen ist. Sie kann (Ermessensentscheidung) widerrufen werden, wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 weggefallen ist.
Die Rücknahme ist die Aufhebung des Verwaltungsakts (der Approbation), der gar nicht hätte ergehen dürfen, da die Voraussetzungen für seinen Erlass schon nicht gegeben waren. Die Approbation wird mit Wirkung ex tunc beseitigt, sodass der Betroffene von Anfang an nicht zum ärztlichen Beruf zugelassen war. Beim Widerruf hingegen wird die an sich rechtmäßig erteilte Approbation für die Zukunft ex nunc aufgehoben, da Gründe aufgetreten sind, die den Entzug ab jetzt notwendig machen.[4]
Beim Ruhen der Approbation nach § 6 BÄO handelt es sich um eine vorübergehende ordnungsrechtliche Maßnahme. Diese Maßnahme ist dazu bestimmt, die Ausübung der Heilkunde einem Arzt, dessen Eignung und Fähigkeit zur Ausübung des Arztberufs zweifelhaft geworden sind, für bestimmte oder unbestimmte Zeit zu untersagen, etwa weil eine weitere Tätigkeit des Arztes bis zur Beendigung eines Strafverfahrens wegen einer Straftat, aus der sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergeben kann (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 BÄO), eine konkrete Gefahr für die Allgemeinheit oder für den Einzelnen nach sich ziehen würde. Anders als der Widerruf oder die Rücknahme der Approbation erfasst § 6 also die Fälle, in denen eine Ungeeignetheit oder Unzuverlässigkeit bzw. Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs (noch) nicht feststeht.[5]
a) Formelle Verfassungsmäßigkeit
Zweifel an der formellen Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlage bestehen keine.
b) Materielle Verfassungsmäßigkeit
§ 5 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BÄO könnte einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG, darstellen.
aa) Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG
(1) Persönlicher Schutzbereich
Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG begrenzt den persönlichen Schutzbereich der Berufsfreiheit auf Deutsche. Deutscher im Sinne des Grundgesetzes ist u.a., wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, Art. 116 Abs. 1 GG. A ist als Deutscher vom Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG erfasst.
(2) Sachlicher Schutzbereich
Als Beruf i.S.v. Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG ist jede auf Dauer angelegte, der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dienende Betätigung anzusehen, die nicht schlechthin gemeinschädlich ist.[6] Der Betrieb einer internistischen Praxis ist auf gewisse Dauer angelegt und dient der Erhaltung der Lebensgrundlage des A. Gemeinschädlich sind Tätigkeiten, die „schon ihrem Wesen nach als verboten anzusehen sind, weil sie aufgrund ihrer Sozial- und Gemeinschaftsschädlichkeit schlechthin nicht am Schutz durch das Grundrecht der Berufsfreiheit teilhaben können“[7]. Der Betrieb der Arztpraxis fällt nicht darunter.
Der einheitliche Schutzbereich der Berufsfreiheit erfasst die Gewährleistungsdimensionen der Berufsausbildung, Berufs- und Arbeitsplatzwahl sowie Berufsausübung.[8] Die Entziehung der Approbation als Arzt und dem damit einhergehenden Verbot der Ausübung ärztlicher Tätigkeiten betrifft die Berufswahlentscheidung des A. Der sachliche Schutzbereich der Berufsfreiheit ist mithin eröffnet.
bb) Eingriff
In den Schutzbereich müsste eingriffen worden sein. Ein Eingriff ist jedes staatliche Tun, das die Ausübung einer grundrechtlich geschützten Tätigkeit unmöglich macht oder jedenfalls nicht unwesentlich erschwert. Der Entzug der Approbation, den § 5 Abs. 2 S. 1 BÄO ermöglicht, ist ein staatlicher Rechtsakt und wirkt ohne weitere Zwischenakte als Verbot der Ausübung ärztlicher Tätigkeiten, vgl. § 5 Abs. 2 S. 1 BÄO. Damit liegt ein Eingriff vor.
cc) Rechtfertigung
Der Eingriff könnte gerechtfertigt sein. Dies ist der Fall, wenn es sich bei § 5 Abs. 2 S. 1 BÄO um eine taugliche Schrankenregelung handelt.
(1) Schranke
Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG sieht eine Einschränkungsmöglichkeit der Berufsfreiheit „durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes“ vor und stellt einen einfachen Gesetzesvorbehalt für das gesamte, als einheitlich zu verstehende Grundrecht dar.[9] § 5 Abs. 2 S. 1 BÄO ist als formelles Bundesgesetz eine taugliche Schrankenregelung in diesem Sinne.
(2) Schranken-Schranke
Allerdings müsste das Schrankengesetz selbst verfassungsgemäß, insbesondere verhältnismäßig, sein.
(a) Legitimer Zweck
Zunächst müsste das Gesetz einen legitimen Zweck verfolgen. Der Sinn und Zweck des § 5 Abs. 2 S. 1 BÄO ist die Sicherstellung der Zuverlässigkeit und Würdigkeit für die Ausübung des Arztberufs und der Schutz der körperlichen Integrität der Patienten.[10] Dies stellt zweifelsohne einen legitimen Zweck dar.
(b) Geeignetheit
Darüber hinaus müsste das Gesetz zur Erreichung des Ziels auch geeignet sein. Der Widerruf der Approbation des Arztes bei Wegfall der Voraussetzungen der Erteilung der Approbation gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BÄO ist – im Falle eines Fehlverhaltens, aus dem sich die Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt – zur Sicherstellung der Zuverlässigkeit und Würdigkeit der im Arztberuf tätigen Personen zum Schutz der körperlichen Integrität der Patienten geeignet.
(c) Erforderlichkeit
Um die Erforderlichkeit des Eingriffs bejahen zu können, dürfte kein anderes milderes, aber gleichermaßen geeignetes Mittel zur Erreichung des Zwecks in Betracht kommen.
Grundsätzlich ist seit dem Apothekenurteil des Bundesverfassungsgerichts nach der Drei-Stufen-Lehre insoweit zwischen einer Beeinträchtigung der Berufsausübung einerseits und der Berufswahl andererseits zu differenzieren.[11] Während eine Berufsausübungsbeeinträchtigung lediglich einzelne Aspekte eines Berufs verbietet, also das „Wie“ betrifft, richtet sich eine Maßnahme gegen die Berufswahl gegen den Zugang zu dem Beruf, mithin das „Ob“ der Ausübung. Bei den Berufswahlregelungen ist weiter zu differenzieren zwischen den subjektiven und den objektiven Berufswahlregelungen: Erstere knüpfen an von der Person beeinflussbare Bedingungen an,[12] letztere an solche, die dem Einfluss der Person entzogen sind[13]. Der Entzug der Approbation aufgrund einer schwerwiegenden persönlichen Verfehlung stellt eine subjektive Berufswahlbeschränkung dar, da es jeder Betroffene selbst in der Hand hat, sich so zu verhalten, dass ihm die Approbation nicht entzogen wird. Weniger einschneidend als Berufszulassungsregelungen wäre stets eine Berufsausübungsregelung. Im Fall einer Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs kann mit einer bloßen Beschränkung der Berufsausübung das Ziel der Sicherstellung des Schutzes der körperlichen Integrität der Patienten aber nicht erreicht werden.
Zwar käme ein zeitweiser Widerruf der Approbation in Betracht. Kann aber der Arzt mit der sicheren Wiedererlangung der Approbation nach Zeitablauf rechnen, so erzielt der zeitweise Widerruf gewiss nicht denselben Effekt wie der hier fragliche gänzliche Widerruf.
Der Approbationswiderruf, wie ihn § 5 Abs. 2 S. 1 BÄO vorsieht, ist somit auch erforderlich.
(d) Angemessenheit
Schließlich muss der Eingriff im Verhältnis zum verfolgten Zweck stehen.[14] Gegeneinander abzuwägen sind ein schwerwiegender Eingriff in die Berufsfreiheit des A, der mit einer Bedrohung der beruflichen und privaten Existenz einhergeht, auf der einen Seite und das Vertrauen in den Berufsstand und die Gewährleistung der Gesundheit und körperlichen Integrität der Patienten auf der anderen Seite.
Die Drei-Stufen-Theorie verlangt für die vorliegende subjektive Berufswahlregelung die Erforderlichkeit des Eingriffs zum Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsgutes.[15] Insbesondere der Schutz der Gesundheit und körperlichen Integrität stellt ein solches gewichtiges Gemeinschaftsgut dar.
Problematisch erscheint aber, dass § 5 Abs. 2 S. 1 BÄO eine gebundene Entscheidung vorsieht, der Behörde also kein Ermessensspielraum eingeräumt wird, im Rahmen dessen sie die Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG, des Betroffenen ausreichend berücksichtigen könnte. Diese Kritik greift indes zu kurz, denn § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BÄO als „Eintrittstor“ in § 5 Abs. 2 S. 1 BÄO enthält selbst verschiedene unbestimmte Rechtsbegriffe, zu deren Konkretisierung es der Auslegung bedarf. Im Rahmen dieser Auslegung können die Grundrechte des Betroffenen dann ausreichend gewürdigt werden. Überdies ist anerkannt, dass im Einzelfall zur Ermöglichung einer verfassungskonformen Auslegung eine an sich gebundene Entscheidung in eine Ermessensnorm umzudeuten ist.[16] Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass vorliegend ein Verfassungsverstoß nicht schon aus der als gebundene Entscheidung formulierten Norm folgt. Im Übrigen wird dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im engeren Sinne durch die Möglichkeit einer Wiedererteilung der Approbation und der Erlaubnis zur erneuten Berufsausübung i.S.d. § 8 BÄO[17] ausreichend Rechnung getragen.[18]
§ 5 Abs. 2 S. 1 BÄO ist verhältnismäßig im engeren Sinne.
c) Zwischenergebnis
§ 5 Abs. 2 S. 1 BÄO ist mithin rechtmäßige und daher taugliche Rechtsgrundlage für den Widerruf der Approbation des A.
2. Formelle Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes
a) Zuständigkeit
Gemäß § 12 Abs. 4 S. 1 BÄO ist die Behörde des Landes, in dem der ärztliche Beruf ausgeübt wird oder zuletzt ausgeübt worden ist, für Entscheidungen nach § 5 Abs. 2 S. 1 BÄO zuständig.
Die sachliche Zuständigkeit des Vollzugs der BÄO obliegt für den Regierungsbezirk Oberbayern gemäß § 1 Abs. 1 HeilBZustV der Regierung von Oberbayern.
b) Verfahren
A wurde vor Erlass des belastenden Verwaltungsaktes gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG ordnungsgemäß angehört. Das weitere Verfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt.
c) Form
Der Verwaltungsakt erging formgültig und ist damit formell rechtmäßig.
3. Materielle Rechtmäßigkeit
Der Verwaltungsakt ist materiell rechtmäßig, wenn der Tatbestand der Rechtsgrundlage, § 5 Abs. 2 S. 1 BÄO, erfüllt ist. Dieser fordert, dass die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BÄO nachträglich weggefallen sind.
a) Kein Verhalten zum Zeitpunkt der Approbationserteilung, aus dem sich die Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt, § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BÄO
Bei Erteilung der Approbation im Jahr 1979 lagen die Voraussetzungen der Würdigkeit und Zuverlässigkeit i.S.d. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BÄO vor.
b) Nachträglicher Wegfall
Dies müsste sich nachträglich geändert haben. Es müsste also ein Verhalten des A nach 1979 vorliegen, aus dem sich die Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit des A zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt.
aa) Unwürdigkeit
Unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufs ist ein Arzt, wenn er durch sein Verhalten nicht mehr das Ansehen und Vertrauen besitzt, das für die Ausübung seines Berufes unabdingbar ist.[19] Erforderlich ist also ein so schwerwiegendes Verhalten des Arztes, das bei Würdigung aller Umstände seine Berufsausübung zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung als untragbar erscheinen lässt.[20] Dies ist dann der Fall, „wenn ein bestimmtes Verhalten gegeben ist, das nicht mit der Vorstellung übereinstimmt, die die Bevölkerung allgemein vom Arzt hat“[21]. Das Verhalten muss noch nicht einmal notwendigerweise berufsbezogen sein, jedenfalls nicht bei schwerwiegenden Vorsatztaten.[22] Dabei ist keine Prognose anzustellen, ob der Arzt in Zukunft seine beruflichen Pflichten zuverlässig erfüllen wird.[23] Vielmehr reicht eine Gesamtbetrachtung vergangener Umstände zur Beurteilung, ob eine Unwürdigkeit zur Ausübung des Arztberufes vorliegt, aus. Sowohl der Abrechnungsbetrug, die Körperverletzung, die Bedrohung als auch die Beleidigung kommen als Anknüpfungspunkte für die Bewertung des Verhaltens des A in Betracht.
(1) Abrechnungsbetrug
Gegen A wurde 2015 aufgrund Betruges, § 263 Abs. 1 StGB, in acht Fällen ein rechtskräftiger Strafbefehl festgesetzt. Dieser wirkt gemäß § 410 Abs. 3 StPO wie ein rechtskräftiges Strafurteil. Grundsätzlich können Behörden tatsächliche sowie rechtliche Feststellungen in einem rechtskräftigen Strafurteil einer Entscheidung zugrunde legen, ohne insoweit selbst eine gegenständliche oder rechtliche Bewertung vornehmen zu müssen.[24] Etwas anderes kann nur gelten, wenn gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen der strafrichterlichen Entscheidung ersichtlich sind.[25] An solchen Anhaltspunkten, die substantiiert und nachprüfbar dargelegt werden müssten, fehlt es vorliegend. Die bloße Behauptung, der Vorsatz wurde nur zur Vermeidung einer Publikumswirkung gegenüber der Staatsanwaltschaft eingeräumt, ist schon nicht qualifiziert dargelegt. Zumindest aber legt das Vorbringen des A, die Abrechnungen seines erfahrenen Mitarbeiters in Gänze nicht überprüft zu haben, das Vorliegen eines dolus eventualis nahe, bei dem der Eintritt des Erfolges vom Täter gerade auch unerwünscht sein kann.[26] Die Annahme eines vorsätzlichen Abrechnungsbetruges kann also im vorliegenden Verfahren für die Beurteilung der Unwürdigkeit zugrunde gelegt werden.
Des Weiteren müsste dieser Abrechnungsbetrug ein Verhalten darstellen, das die Unwürdigkeit zur Ausübung des Arztberufs i.S.d. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BÄO begründet. Die korrekte Abrechnung der ärztlichen Leistungen gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen gehört zu den Berufspflichten eines Arztes.[27] Grundsätzlich können auch Aspekte der ärztlichen Tätigkeit, welche außerhalb der Behandlung, wie sie naturgemäß die primäre Tätigkeit des Arztes darstellt, liegen, eine Unwürdigkeit begründen; eines behandlungsrelevanten Aspekts bedarf es insoweit nicht.[28] Auf dieser Grundlage können die Dankesschreiben der Patienten als Ausdruck der Patientenzufriedenheiten keinen Einfluss auf die Bewertung der Unwürdigkeit haben. Der Abrechnungsbetrug zu Lasten der Solidargemeinschaft der Versicherten[29] stellt bereits für sich genommen eine gravierende berufliche Verfehlung dar, derer ein Arzt unwürdig ist. Dass die Abrechnungsfehler erst später entdeckt wurden, ist insoweit irrelevant. Denn bereits mit Einreichung der fehlerhaften Sammelerklärungen und der damit einhergehenden Abrechnungen zu Gunsten des A ist der Tatbestand des Betruges erfüllt[30] und die Berufspflicht verletzt. Aufgabe der KVB ist es nicht, Leistungsabrechnungen der Ärzte zu deren Schutz zu prüfen, sondern Schäden von der Gemeinschaft der Versicherten abzuwenden.
Schon der Abrechnungsbetrug stellt daher ein Verhalten dar, das zur Annahme der Unwürdigkeit führt. Die Tatsache, dass der Strafrichter durch die Wahl des Strafbefehlsverfahrens, ein Verfahren, das auf die Ahndung minder schwerer Delikte zugeschnitten ist, inzident eine schwere Verfehlung verneint hat, steht einem Widerruf im Übrigen nicht entgegen.[31]
(2) Fahrlässige Körperverletzung, Bedrohung, Beleidigung
Ferner existiert ein rechtskräftiger Strafbefehl wegen fahrlässiger Körperverletzung, § 229 StGB, in Tatmehrheit (§ 53 StGB) mit Beleidigung, § 185 StGB, in Tatmehrheit (§ 53 StGB) mit Bedrohung, § 241 Abs. 1 StGB, gegen A.
Die Eigenart der Körperverletzung als unerheblicher Einzelfall könnte – insbesondere aufgrund des Fehlens eines Vorsatzes – gegen eine Beurteilung als unwürdiges Verhalten sprechen. Zumindest aber eine Gesamtschau mit den anderen Delikten, die vorsätzlich begangen wurden, lässt keinen anderen Schluss als eine Bewertung dieses Verhaltens als unwürdig zu. Denn der Widerruf der Approbation ist keine Sanktion des Arztes, die bei einem bloßen Einzelfall ihren Zweck verfehlen würde. Vielmehr dient der Widerruf dem Schutz des Ansehens der Ärzteschaft als Ganzes in den Augen der Öffentlichkeit.[32] Dass die im Strafbefehl festgesetzte Geldsumme bereits bezahlt wurde, ändert nicht das dem Strafbefehl zugrundeliegende Verhalten des A. Insoweit kommt der Strafzahlung bloße Sanktionswirkung zu, die beim Widerruf der Approbation gerade keine Rolle spielt.