Kitabı oku: «Fälle zum Medizin- und Gesundheitsrecht, eBook», sayfa 3

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C. Ergebnis

Die Verfassungsbeschwerde des A ist zulässig und begründet. Sie wird erfolgreich sein.

Fall 2 Ärztliche Approbation

(VG Regensburg, Urt. v. 12.7.2016 – RO 5 K 15.1168)

Arzt A wurde 1979 in Oberbayern die Approbation als Arzt erteilt. Seit 1991 ist er zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Seit 2001 ist A in eigener internistischer Praxis in München als selbständiger Arzt tätig.

2015 wurde gegen A mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts aufgrund Betruges in acht Fällen eine Geldstrafe in Höhe von 315 Tagessätzen à 150 EUR festgesetzt. A hatte im Rahmen seiner vertragsärztlichen Tätigkeit im Zeitraum der Quartale 2008 und 2009 Sammelerklärungen bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) vorgelegt, die angeblich exakt auf die angegebene Art und Weise von A erbrachte ärztliche Leistungen enthielten. Im Kontext dieser Sammelerklärungen habe A in einer Vielzahl von Fällen ärztliche Leistungen in Rechnung gestellt, obwohl ihm bewusst gewesen sei, dass diese in der behaupteten Form entweder überhaupt nicht erbracht worden seien oder im Zusammenhang mit anderen ärztlichen Leistungen auf die behauptete Art und Weise nicht hätten abgerechnet werden dürfen. Somit habe kein durchsetzbarer Anspruch gegen die KVB in entsprechender Höhe bestanden. Der Gesamtschaden der KVB belief sich dabei auf rund 19 000 EUR.

Angesichts der fehlerhaften Abrechnungen äußerte A Bedauern und brachte als Gründe die hohe zeitliche Belastung im Rahmen der Praxistätigkeit sowie stark belastende private Umstände vor. Daher habe er die durch seine Mitarbeiter erstellten Abrechnungen wohl ungeprüft abgezeichnet und hierbei auch Fehler billigend in Kauf genommen. Das Ermittlungsverfahren gegen A war aufgrund einer Unterrichtung der Staatsanwaltschaft durch die KVB eingeleitet worden.

Ferner liegt gegen A ein weiterer Strafbefehl des Amtsgerichts vor, welcher bereits seit 2013 rechtkräftig ist. Die dort verhängte Strafe von 90 Tagessätzen zu je 100 EUR war 2014 bereits vollständig vollstreckt. In diesem Strafbefehl wurde A eine fahrlässige Körperverletzung in Tatmehrheit mit Bedrohung in Tatmehrheit mit Beleidigung vorgeworfen. Die Körperverletzung betraf einen Patienten, der sich nach einer Behandlung unter Narkose auf einer Liege in der Praxis zur Ruhe legte und hier mangels adäquater Sicherung zu Boden stürzte. Die Bedrohung richtete sich gegen eine Mitarbeiterin der Prüfstelle „Ärzte Bayern“, gegenüber welcher er infolge von Differenzen bzgl. seiner Abrechnungsmethoden äußerte: „Macht schon mal euer Testament, solange ihr noch könnt.“ Die Beleidigung tätigte A gegenüber derselben Mitarbeiterin, welche er mit unterdrückter Nummer anrief, wobei er „Mörder! Verbrecher!“ schrie.

Am 16.3.2015 hörte die Regierung von Oberbayern A bezüglich des beabsichtigten Widerrufs seiner Approbation als Arzt an. A nahm hierzu – vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigen – Stellung, wobei die Argumente im Wesentlichen denen entsprachen, welche im Rahmen des Strafbefehls vorgetragen worden waren.

Mit Bescheid vom 7.7.2015, welcher A am 9.7.2015 zugestellt wurde, widerrief die Regierung von Oberbayern die Approbation des A als Arzt gem. § 5 Abs. 2 S. 1[1] i.V.m. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2[2] BÄO. A sei sowohl unwürdig als auch unzuverlässig zur Ausübung des ärztlichen Berufs, ihm sei ein schwerwiegendes Fehlverhalten vorzuwerfen, das bei Würdigung aller Umstände seine weitere Berufsausübung als untragbar erscheinen lasse.

Am 3.8.2015 möchte A gegen jenen Bescheid gerichtlich vorgehen. Begründend führt er aus, dass Unwürdigkeit nicht gegeben sei, da nur schwerwiegendes Verhalten eine solche nach sich ziehen könnte. Hinsichtlich der fehlerhaften Abrechnungen bringt A vor, dass die zugrundeliegenden Leistungen tatsächlich stattgefunden hätten, nur fehlerhaft abgerechnet worden wären. Lediglich aufgrund der hohen Arbeitsbelastung habe A die Abrechnungen seines erfahrenen Mitarbeiters nicht überprüft.

Dass sich die fehlerhaften Abrechnungen über acht Quartale erstreckten, sei darauf zurückzuführen, dass die KVB immer mehrere Quartale gleichzeitig rückwirkend überprüfe. Diese somit verzögerte Feststellung des Fehlverhaltens seitens A durch die KVB könne somit nicht zu seinen Lasten gehen.

Auch habe A den Strafbefehl bzgl. der Betrugsvorwürfe nur akzeptiert, um eine Hauptverhandlung aufgrund deren „Publikumswirkung“ zu vermeiden. Nur deshalb habe er gegenüber der Staatsanwaltschaft auch Vorsatz hinsichtlich seines Abrechnungsverhaltens eingeräumt. Sodann sei zu berücksichtigen, dass es immer zu Fehlern im Bereich der Abrechnung kommen könne, zumal die Schadenshöhe auf acht Quartale gesehen relativ gering sei. Ferner habe es seit 2011 keine Beanstandungen seitens der KVB mehr gegeben. Damit könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass A in Zukunft rechtswidrig handle und damit unzuverlässig sei. Auch belegten zahlreiche Dankesschreiben von Patienten die Zuverlässigkeit des A.

Der Unfall des Patienten stelle einen außergewöhnlichen Einzelfall dar, der zumeist von Betroffenen so gar nicht zur Anzeige gebracht würde. Bzgl. der Bedrohung und Beleidigung handle es sich zwar um nicht zu akzeptierende Verfehlungen, jedoch habe A die Strafe hierfür akzeptiert und bereits vollständig bezahlt. Ferner sei es auch zu Verfehlungen dieser Art nicht nochmals gekommen. Die Unverhältnismäßigkeit des Approbationswiderrufs sei auch daran erkennbar, dass man A nicht die kassenärztliche Zulassung entzogen habe, sondern „nur“ ein Disziplinarverfahren seitens der KVB eingeleitet wurde, was das Vertrauen der KVB in das künftige ordnungsgemäße Verhalten des A zeige.

Ferner hat A bereits Zweifel an der materiellen Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlage des Approbationswiderrufs.

Hat das gerichtliche Vorgehen des A Aussicht auf Erfolg?

(Gehen Sie davon aus, dass §§ 3, 5 BÄO formell verfassungsmäßig sind.)

Lösung zu Fall 2 – Ärztliche Approbation


A. Sachurteilsvoraussetzungen
I. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO
II. Statthafte Klageart
III. Klagebefugnis
IV. Vorverfahren
V. Form und Frist
VI. Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts
1. Sachliche Zuständigkeit, § 45 VwGO
2. Örtliche Zuständigkeit, § 52 Nr. 3 VwGO
VII. Beteiligtenbezogene Voraussetzungen, §§ 61, 62 VwGO
VIII. Zwischenergebnis
B. Begründetheit
I. Passivlegitimation, § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO
II. Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts
1. Rechtsgrundlage
a) Formelle Verfassungsmäßigkeit
b) Materielle Verfassungsmäßigkeit
aa) Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG
(1) Persönlicher Schutzbereich
(2) Sachlicher Schutzbereich
bb) Eingriff
cc) Rechtfertigung
(1) Schranke
(2) Schranken-Schranke
(a) Legitimer Zweck
(b) Geeignetheit
(c) Erforderlichkeit
(d) Angemessenheit
c) Zwischenergebnis
2. Formelle Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes
a) Zuständigkeit
b) Verfahren
c) Form
3. Materielle Rechtmäßigkeit
a) Kein Verhalten zum Zeitpunkt der Approbationserteilung, aus dem sich die Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt, § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BÄO
b) Nachträglicher Wegfall
aa) Unwürdigkeit
(1) Abrechnungsbetrug
(2) Fahrlässige Körperverletzung, Bedrohung, Beleidigung
(3) Zwischenergebnis
bb) Unzuverlässigkeit
c) Rechtsfolge
4. Bindungswirkung der Entscheidung der KVB
5. Zwischenergebnis
C. Ergebnis

Die Klage des A hat Erfolg, wenn die Zulässigkeits- bzw. Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind und die Klage im Weiteren begründet ist.

A. Sachurteilsvoraussetzungen
I. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO

Mangels Vorliegens einer aufdrängenden Sonderzuweisung richtet sich die Eröffnung des Rechtswegs zu den Verwaltungsgerichten nach der Generalklausel des § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO. Danach ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet, wenn es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt dann vor, wenn die streitentscheidenden Normen solche des öffentlichen Rechts sind. § 5 BÄO berechtigt und verpflichtet einen Hoheitsträger einseitig und ist damit unproblematisch dem öffentlichen Recht zuzuordnen (modifizierte Subjekttheorie). Ferner sind weder ausschließlich unmittelbar am Verfassungsleben Beteiligte streitbefangen, noch fußt der Streit im Kern auf Verfassungsrecht (keine doppelte Verfassungsunmittelbarkeit), sodass die Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art ist. Mangels abdrängender Sonderzuweisung ist der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO eröffnet.

II. Statthafte Klageart

Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Begehren des Klägers und dem Klagegegenstand, §§ 88, 86 Abs. 3 VwGO.

Das Ziel des A ist die Wiedererlangung seiner ärztlichen Approbation, A möchte also gegen den Widerrufsbescheid vorgehen. Als „actus contrarius“ gegenüber der Approbationserteilung, die eine Verfügung einer Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts mit Außenwirkung darstellt, ist der Widerrufsbescheid ein Verwaltungsakt i.S.d. Art. 35 S. 1 BayVwVfG.

In Betracht kommt die Erhebung einer Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Approbation gem. § 3 Abs. 1 BÄO; in diesem Fall müssten alle tatbestandlichen Voraussetzungen erneut geprüft werden. A verfügte bereits über eine Approbation, die ihm mit dem Widerrufsbescheid entzogen wurde. Günstiger für A ist daher ein Vorgehen gegen den Widerruf als solchen. Denkt man den Widerruf hinweg, erreicht A sein Klageziel der Wiedererlangung der Approbation. Statthaft ist damit die Erhebung einer Anfechtungsklage gegen den Widerruf gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO.

III. Klagebefugnis

Ferner muss A geltend machen, durch den Verwaltungsakt in eigenen Rechten verletzt zu sein, § 42 Abs. 2 VwGO. Ausreichend hierfür ist schon die bloße Möglichkeit einer Rechtsverletzung (Möglichkeitstheorie). So kann vorliegend nicht ausgeschlossen werden, dass A durch den Widerruf der Approbation in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG, verletzt ist.

Schließlich ist A als Adressat des Widerrufsbescheids, welcher einen belastenden Verwaltungsakt darstellt und damit einhergehend jedenfalls den Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 GG, verkürzt, klagebefugt (Adressatentheorie).

IV. Vorverfahren

Das grundsätzlich nach § 68 Abs. 1 S. 1 VwGO erforderliche Vorverfahren entfällt gemäß § 68 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 VwGO i.V.m. Art. 15 Abs. 2, 1 BayAGVwGO.

V. Form und Frist

Die Klage müsste formell ordnungsgemäß erhoben werden, §§ 81, 82 VwGO.

Ferner müsste die Klagefrist des § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO eingehalten worden sein, die Klage ist danach innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben.

Fristauslösendes Ereignis ist folglich die Bekanntgabe, Art. 41 Abs. 1 S. 1 BayVwVfG. Nach der Drei-Tages-Fiktion des Art. 41 Abs. 2 S. 1 BayVwVfG gilt ein durch die Post übermittelter Verwaltungsakt am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Der Bescheid vom 7.7.2015 wurde also am 10.7.2015 bekanntgegeben. Gemäß §§ 57 Abs. 2 VwGO, 222 Abs. 1 ZPO, 187 Abs. 1 BGB beginnt die Klagefrist danach am 11.7.2015 um 0 Uhr[3] und endet ausweislich §§ 74 Abs. 1 S. 2, 57 Abs. 2 VwGO, 222 Abs. 1 ZPO, 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB am 10.8.2015 um 24 Uhr.

Die Klageerhebung am 3.8.2015 ist also fristgerecht.

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9783811487390
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