Kitabı oku: «Handbuch des Strafrechts», sayfa 25

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B. Völkerrechtliche Grundfragen

I. Grundlagen

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Zwar handelt es sich bei dem Strafanwendungsrecht um nationales Recht (Rn. 5). Es darf aber nicht außer Blick geraten, dass sich der dadurch festgelegte räumliche Geltungsbereich der eigenen Strafrechtsordnung (angesichts der gesellschaftlichen und technischen Entwicklungen: zunehmend) auch auf Sachverhalte erstrecken kann, die ebenso die Strafgewalt anderer souveräner Staaten betreffen. Bei der Setzung und Interpretation strafanwendungsrechtlicher Normen darf daher nicht eine rein nationale Perspektive angelegt werden, sondern sind auch völkerrechtliche Prinzipien hinreichend zu beachten.

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Grundlegend ist zunächst das sog. Territorialitätsprinzip (Rn. 17 ff.) mit seiner Anknüpfung an das Staatsgebiet zur Bestimmung wie Beschränkung der nationalen Strafgewalt. Sofern ein Staat seine Strafgewalt darüber hinaus auf fremdes Territorium ausweiten will, indem auch dort begangene Taten dem eigenen Recht unterstellt werden, setzt das sog. Nichteinmischungsprinzip, das auf der souveränen Gleichheit sämtlicher Staaten beruht, Grenzen. Schließlich bedeutete eine solche Ausdehnung, sich in die inneren Angelegenheiten des anderen Staates einzumischen und ihm die ausschließliche Zuständigkeit zur Strafverfolgung auf seinem Hoheitsgebiet abzusprechen.[19] Dieses Interventionsverbot verkörpert eine allgemeine Regel des Völkerrechts, die gemäß Art. 25 GG zwar Bestandteil des Bundesrechts ist, aber gegenüber den einfachen Gesetzen einen Anwendungsvorrang genießt.[20]

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Um die nationale Strafgewalt auch für Auslandstaten zu beanspruchen, bedarf es stets eines sog. „genuine link“, eines völkerrechtlich zulässigen „sinnvollen“[21] oder „legitimierenden Anknüpfungspunkts“.[22] Kein Staat darf seine nationale Strafgewalt somit nach Belieben ausdehnen.[23] So hat schon die wegweisende Lotus-Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs vom 7. September 1927 hervorgehoben, dass es einem Staat zwar nicht grundsätzlich verwehrt ist, auch „Personen, Vermögen und Handlungen ausserhalb ihres Gebietes durch ihre Gesetze zu erfassen und der Gerichtsbarkeit ihrer Gerichte zu unterwerfen“.[24] Allerdings dürfe ein Staat nicht die Grenzen überschreiten, die das internationale Recht seiner Zuständigkeit ziehe.[25]

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Als „genuine link“ kommen verschiedene Kriterien in Betracht. So wird unter Anknüpfung an den Begehungsort der Tat bei Straftaten auf Schiffen und Luftfahrzeugen unter eigener Flagge das Flaggenprinzip (Rn. 20) bemüht, um einen inländischen Tatort auch außerhalb des eigenen Staatsgebiets zu fingieren. Außerdem kann die Zugehörigkeit des Täters bzw. Opfers zum eigenen Staatsvolk herangezogen werden; wird auf die Staatsangehörigkeit des Täters verwiesen, um nationale Strafgewalt zu beanspruchen, ist von dem aktiven Personalitätsprinzip die Rede (Rn. 22), bei der Staatsangehörigkeit des Opfers vom passiven Personalitätsprinzip oder auch Individualschutzprinzip (Rn. 24). Des Weiteren kann nach dem Realprinzip oder auch Staatsschutzprinzip (Rn. 26 f.) der Schutz des Staates bzw. inländischer Rechtsgüter einen legitimierenden Anknüpfungspunkt darstellen. Ist ein Rechtsgut weltweit anerkannt, so dass für dessen Schutz kein Staat allein, sondern nur die Staatengemeinschaft insgesamt zuständig ist, streitet das sog. Weltrechtsprinzip für die Ausübung originärer Strafgewalt (Rn. 28 f.).

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Verzichtet werden kann auf einen „genuine link“, wenn ein Staat seine Gerichtsbarkeit im Einverständnis mit einem anderen Staat ausübt und sich somit gerade nicht unzulässig in dessen Angelegenheiten einmischt.[26] Das Prinzip der stellvertretenden Strafrechtspflege gestattet in diesem Fall, subsidiär eine von einem anderen Staat abgeleitete Strafgewalt wahrzunehmen (Rn. 30 f.).

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Ob und ggf. in welcher Reihenfolge bzw. in welchen Kombinationen ein souveräner Staat auf diese oder andere legitimierende Anknüpfungspunkte zurückgreift, steht ihm grundsätzlich frei. Er hat nicht nur über die Strafbarkeit eines Verhaltens, sondern ebenso über die Reichweite der Strafgewalt bei Sachverhalten mit Auslandsbezug zu entscheiden.[27] Insoweit wird auch von der Kompetenz-Kompetenz der Staaten gesprochen.[28] Der beträchtliche Entscheidungsspielraum eines Staates bei Rückgriff, Kombination und Änderung der legitimen Anknüpfungspunkte für seine Strafgewalt findet seine Grenzen nur in einem allgemeinen Willkür- und Rechtsmissbrauchsverbot.[29] Demnach steht es nicht in der Kompetenz eines Staates, seine Zuständigkeit zur Verfolgung von Straftaten willkürlich zu begründen.[30]

II. Einzelne völkerrechtliche Prinzipien

1. Territorialitäts- und Ubiquitätsprinzip

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Auf der Erstreckung der Staatsgewalt auf das eigene Staatsgebiet beruht das völkerrechtlich allgemein anerkannte Territorialitätsprinzip (oder auch Gebietsgrundsatz). Es gewährt einem souveränen Staat als Ausdruck seiner Gebietshoheit das Recht, seine Strafgewalt auf sämtliche Taten zu erstrecken, die auf dem eigenen Staatsgebiet begangen werden.[31] Dies beinhaltet zunächst, auf seinem Territorium grundsätzlich nach Belieben bestimmte Handlungen zu untersagen oder zu fordern und bei Fehlverhalten auch im Rahmen seiner Strafgewalt strafrechtliche Sanktionen auszusprechen. Primärer und unumstrittener Anknüpfungspunkt ist somit der Ort, an dem der Täter handelt bzw. etwas unterlässt.[32] Die Staatsangehörigkeiten von Täter und Opfer sind ohne Belang.[33]

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Eine territoriale Anknüpfung gestatten aber nicht nur die Handlungen eines Täters, sondern auch die dadurch verursachten Folgen. Nach dem sog. Auswirkungsgrundsatz („effects principle“)[34] können die Wirkungen einer Tat (z.B. der durch einen Schuss über die Grenze herbeigeführte Tod eines Menschen) ebenso als Anknüpfungspunkt für die nationale Strafgewalt herangezogen werden. Da entscheidend auf den Ort abgestellt wird, an dem die jeweiligen Wirkungen eintreten, wird letztlich wiederum die nationale Strafgewalt eines Staates über dessen Gebietshoheit begründet. Es erscheint daher angebracht, den Auswirkungsgrundsatz als Ausprägung des Territorialitätsprinzips anzusehen.[35]

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Um die eigene Strafgewalt auf seinem Territorium ausüben zu können, bleibt festzustellen, ob dort überhaupt eine Straftat begangen wurde. Ohne diese Vorfrage zu beantworten kann das Territorialitätsprinzip nicht bemüht werden.[36] Um den Begehungsort einer Tat zu bestimmen, existieren verschiedene Ansätze, die – alternativ oder kumulativ – auf die Handlung selbst oder auf deren Auswirkungen abstellen. Am weitaus verbreitetsten ist hierbei das sog. Ubiquitätsprinzip, wonach eine Straftat sowohl am Handlungs- bzw. Unterlassensort (so allein die sog. Handlungstheorie) als auch am Erfolgsort (lediglich hierauf stellt die sog. Erfolgstheorie ab) begangen wird.[37]

2. Flaggenprinzip

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Nach dem sog. Flaggenprinzip darf ein Staat seine Staats- und Strafgewalt generell, d.h. auch auf im Ausland befindlichen Beförderungsmitteln zu Luft, zu Wasser und im Weltraum ausüben, die wie insbesondere Schiffe und Flugzeuge seine Flagge tragen. Diese extraterritoriale Ausdehnung der Strafgewalt beruht auf der Schutz- und Ordnungsfunktion eines Staates für Wasser- und Luftfahrzeuge unter seiner Flagge. So sollen nicht zuletzt Zuständigkeitslücken auf hoher See oder in dem darüber liegenden Luftraum geschlossen[38] und Abgrenzungsschwierigkeiten (z.B. bei einer Straftat in einem Flugzeug, das verschiedene Staaten in einem kurzen Zeitraum überquert) vermieden werden.[39] Eine Ausdehnung des Hoheitsgebiets geht mit dem Flaggenprinzip aber nicht einher.[40]

3. (Aktives und passives) Personalitätsprinzip

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Die Personalitätsprinzipien ziehen Täter bzw. Opfer einer Tat heran, um nationale Strafgewalt zu beanspruchen. Begründet wird dies mit der Zugehörigkeit der Person zu einem völkerrechtlichen Souverän, die in der verliehenen Staatsangehörigkeit zum Ausdruck kommt (Grundsatz der Personalhoheit über die eigenen Staatsbürger).[41]

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Das aktive Personalitätsprinzip knüpft an die Staatsangehörigkeit des Täters. Da einem Bürger nicht nur Rechte, sondern auch Treuepflichten gegenüber dem Heimatstaat obliegen, sei die Ausübung seiner Strafgewalt bei Straftaten der eigenen Bürger im Ausland legitim.[42] Ein solcher Ansatz wird indessen zu Recht zunehmend als kritisch angesehen, unter anderem weil er autoritäres Staatsdenken zu fördern vermag.[43]

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Zunehmend wird stattdessen die Nähe des aktiven Personalitätsprinzips zum Grundsatz der stellvertretenden Strafrechtspflege (Rn. 30 f.) betont.[44] Von Bedeutung ist das aktive Personalitätsprinzip schließlich vor allem dann, wenn ein Staat seine Bürger zwar nicht an den Tatortstaat ausliefert, deren Taten dann aber gleichwohl selbst aburteilt.[45] Daher wird es mittlerweile in erster Linie als Zeichen internationaler Solidarität angesehen, bei Straftaten der eigenen Staatsbürger im Ausland seine Strafgewalt zu beanspruchen.[46]

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Das sog. passive Personalitätsprinzip (oder auch Individualschutzprinzip) greift auf die Staatsangehörigkeit des Opfers einer Straftat zurück, um die nationale Strafgewalt zu beanspruchen. Schließlich übernehme der Staat eine Schutzfunktion zugunsten seiner Bürger.[47] Dem wird unter anderem entgegengehalten, dass der Täter häufig um die Staatsangehörigkeit des Opfers nicht wisse und daher unerkannt der Strafgewalt dessen Heimatstaates unterliege.[48] Es bleibt jedenfalls festzuhalten, dass Adressat des passiven Personalitätsprinzips in der Regel kein eigener Staatsangehöriger, sondern ein ausländischer Bürger im Ausland ist.[49]

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Im Vergleich zum Staatsgebiet erscheint die Staatsangehörigkeit von Täter und Opfer jedenfalls als schwächerer „genuine link“. Dies gilt vor allem für das passive Personalitätsprinzip.[50] Es wird daher diskutiert, ob die Staatsangehörigkeit von Täter oder Opfer allein ausreicht, um die nationale Strafgewalt auch bei Auslandstaten zu beanspruchen, ein absolutes aktives bzw. passives Personalitätsprinzip folglich überhaupt mit dem völkerrechtlichen Nichteinmischungsprinzip vereinbar ist.[51] In der Tat stellt sich etwa die Frage, weshalb beim aktiven Personalitätsprinzip ein Staat seinen Staatsangehörigen für seine (nach seiner Rechtsordnung strafbaren) Handlungen in einem anderen Staat strafrechtlich zur Verantwortung ziehen soll, wenn er sich dort im Einklang mit geltendem Recht verhalten hat bzw. vielleicht sogar auf diese Art und Weise verhalten musste. Um solchen Bedenken Rechnung zu tragen, wird ein eingeschränktes aktives Personalitätsprinzip vorgeschlagen, wonach z.B. die Tat auch nach dem Recht des Tatorts (lex loci) strafbar sein[52] oder der Täter seinen Wohnort oder zumindest seine Lebensgrundlage in seinem Heimatstaat haben muss (sog. Domizilprinzip).[53] Ähnliche Überlegungen werden im Hinblick auf ein eingeschränktes passives Personalitätsprinzip geäußert.[54]

4. Realprinzip

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Ist nicht der einzelne Bürger, sondern der Staat selbst in eigenen schützenswerten Belangen betroffen, gestattet ihm das sog. Realprinzip (oder auch Staatsschutzprinzip) in Abgrenzung zum passiven Personalitätsprinzip (oder auch Individualschutzprinzip), die Strafgewalt zur Verteidigung nationaler Interessen auch auf Auslandstaten zu erstrecken.[55] In diesem Fall muss sich der beeinträchtigte Staat nicht mit einer etwaigen Verfolgung der Tat durch den Territorialstaat begnügen, auf dessen Gebiet die Tat begangen wird. Ohnehin dürfte diese Aussicht nicht selten nur eine vage sein, da dies sowohl die Strafbarkeit der Tat am Tatort als auch den Willen zur Strafverfolgung voraussetzt.[56]

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Bedenken stehen dem Realprinzip nicht entgegen. Vielmehr ist es völkerrechtlich anerkannt, dass sich ein Staat gegen Angriffe auf wesentliche Rechtsgüter, insbesondere auf seine Sicherheit, territoriale Integrität und politische Unabhängigkeit selbst dann zur Wehr setzen darf, wenn diese im Ausland unternommen werden.[57] Ebenso wenig bedarf es in diesen Fällen einer Berücksichtigung des Tatortrechts.[58] Fraglich erscheint „lediglich“ die Abgrenzung zwischen wesentlichen und nicht dem Realprinzip unterfallenden Rechtsgütern eines Staates.[59]

5. Weltrechtsprinzip

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Das sog. Weltrechtsprinzip (oder auch Universalitätsprinzip) ermöglicht es, Straftaten unabhängig von der Strafbarkeit am Tatort und von der Staatsangehörigkeit des Täters bzw. Opfers weltweit zu verfolgen.[60] Dazu bedarf es entweder eines gemeinsamen Sicherheitsinteresses oder der Beeinträchtigung eines universell anerkannten Rechtsgutes. Anders als beim Realprinzip verficht ein Staat dann nicht ein ihm eigenes, sondern ein gemeinsames Interesse der Völkergemeinschaft.[61] Daher muss auch das Tatortrecht nicht berücksichtigt werden. Der Verfolgerstaat übt seine Strafgewalt zudem originär und nicht etwa nur stellvertretend für den Tatortstaat aus. Allenfalls kann die Rede von einer stellvertretenden oder treuhänderischen Tätigkeit für die gesamte Staatengemeinschaft sein.[62]

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Zwar bestehen wegen des gemeinsamen Verfolgungsinteresses der Staatengemeinschaft grundsätzlich keine Bedenken im Hinblick auf den völkerrechtlichen Nichteinmischungsgrundsatz.[63] Jedoch lässt sich nur schwer feststellen, welche Sicherheitsinteressen bzw. welche Rechtsgüter universell anerkannt sind und von jedem völkerrechtlichen Souverän als verteidigungswürdig bzw. schützenswert erachtet werden.[64] Zu den gemeinsamen Sicherheitsinteressen zählen etwa die Verfolgung der Piraterie[65] und der Kampf gegen den Terrorismus (siehe insoweit etwa die Sonderregelung in § 129b Abs. 1 S. 2 StGB), zu den schützenswerten Rechtsgütern die fundamentalen Menschenrechte, die durch die Straftatbestände des Völkermordes, der Verbrechen gegen die Menschlichkeit und der Kriegsverbrechen geschützt werden.[66] Es obliegt jedenfalls nicht der politischen Entscheidung des einzelnen Staates, eine Straftat einseitig dem Weltrechtsprinzip zu unterstellen.[67]

6. Prinzip der stellvertretenden Strafrechtspflege

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Sollte es einem Staat nicht möglich sein, seine Strafgewalt auszuüben, darf nach dem Prinzip der stellvertretenden Strafrechtspflege der Ergreifungsstaat jenes Strafverfolgungsinteresse wahrnehmen.[68] Dies gilt vor allem dann, wenn der mutmaßliche Täter aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht an den Tatortstaat ausgeliefert werden kann. Daher wird das Prinzip der stellvertretenden Strafrechtspflege auch auf die völkerrechtliche Regel „aut dedere aut iudicare“ zurückgeführt, wonach der Beschuldigte entweder ausgeliefert oder strafrechtlich verfolgt werden muss.[69]

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Anders als beim Weltrechtsprinzip übt der Ergreifungsstaat keine originäre, sondern eine vom Tatortstaat abgeleitete und lediglich subsidiäre Strafgewalt aus.[70] Der Ergreifungsstaat darf daher seine derivative Strafgewalt nur gebrauchen, wenn der Tatortstaat seine originäre Strafgewalt zwar ausüben will, aber nicht kann. Grundlegende Voraussetzung ist demzufolge zunächst die Strafbarkeit der Tat im Tatortstaat.[71] Selbst bei bestehender Strafbarkeit nach der lex loci geht die stellvertretende Strafrechtspflege aber ins Leere, wenn der Tatortstaat kein Interesse an der Verfolgung der Straftat hat und es somit gewissermaßen an dem willentlich Vertretenen mangelt.[72] Insbesondere scheidet eine stellvertretende Strafrechtspflege aus, wenn der Tatortstaat die Tat bereits abschließend behandelt hat, sei es durch Verurteilung oder Freispruch oder auch durch Straferlass und Begnadigung.[73]

7. Abschnitt: Geltungsbereich des Strafrechts › § 31 Räumlicher Geltungsbereich › C. Hauptteil

C. Hauptteil
I. Allgemeine Erläuterungen

1. Überblick über die Regelung in Deutschland

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In Deutschland ist das Strafanwendungsrecht in den §§ 3 ff. StGB geregelt. Primärer Anknüpfungspunkt für die nationale Strafgewalt ist gemäß § 3 StGB der Begehungsort der Tat. Er muss grundsätzlich im Inland liegen, damit die nationalen Strafvorschriften anwendbar sind. In erster Linie wird in Deutschland somit das Territorialitätsprinzip zur Bestimmung wie Begrenzung der nationalen Strafgewalt herangezogen.

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Zuvörderst auf das Territorialitätsprinzip zurückzugreifen und die Staatsgewalt an das eigene Staatsgebiet anzuknüpfen, dürfte mittlerweile in den weitaus meisten Staaten üblich sein. In Deutschland war allerdings über dreißig Jahre lang das aktive Personalitätsprinzip der maßgebliche völkerrechtliche Grundsatz im Strafanwendungsrecht. Hintergrund der Verordnung über den Geltungsbereich des Strafrechts vom 6. Mai 1940[74] war jedoch das Anliegen, die „völkischen Treuepflichten“ der Bürger gegenüber dem Staat zu betonen (zur Kritik an dem aktiven Personalitätsprinzip schon Rn. 22); das Territorialitätsprinzip galt allerdings gemäß § 4 StGB a.F. ergänzend für Ausländer. Trotz der offensichtlichen Prägung durch nationalsozialistische Vorstellungen[75] blieb diese Regelung bis zum 1. Januar 1975 in Kraft, bevor durch das Zweite Gesetz zur Reform des Strafrechts (2. StrRG) vom 4. Juli 1969[76] in (dem seitdem unveränderten) § 3 StGB wieder das Territorialitätsprinzip zum grundlegenden Prinzip des Strafanwendungsrechts erhoben wurde.

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Aus der Anknüpfung an das Territorialitätsprinzip ergibt sich eine wesentliche Systematik der §§ 3 ff. StGB: die Differenzierung zwischen Inlands- und Auslandstaten. Für Inlandstaten gilt gemäß § 3 StGB das deutsche Strafrecht ohne weitere Voraussetzungen. Wo eine Straftat begangen wird, bestimmt sich nach § 9 StGB, der als Begehungsorte sowohl den Handlungs- als auch den Erfolgsort nennt und somit das Ubiquitätsprinzip (Rn. 19) übernimmt.

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Handelt es sich nach den vorstehenden Grundsätzen nicht um eine Inlandstat, liegt zwingend eine Auslandstat vor. Sämtliche Straftaten lassen sich demnach entweder als Inlands- oder Auslandstat einteilen. Eine dritte Kategorie existiert nicht. Auch Straftaten, die außerhalb jeglichen Staatsgebiets (z.B. auf hoher See) und somit an sich weder im Inland noch im Ausland begangen werden, sind als Auslandstaten zu verstehen.[77]

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Auf Auslandstaten ist das deutsche Strafrecht nur unter den Voraussetzungen der §§ 4 ff. StGB anwendbar. Zunächst gilt das deutsche Strafrecht nach § 4 StGB – unter Heranziehung des Flaggenprinzips (Rn. 20) – für Taten auf Schiffen oder Luftfahrzeugen unter deutscher Flagge bzw. deutschem Staatszugehörigkeitszeichen. Des Weiteren zählt § 5 StGB abschließend bestimmte Straftaten auf, in denen das deutsche Strafrecht gilt. Überwiegend greift der Gesetzgeber hierbei auf das Realprinzip (Rn. 26 f.) zurück, zum Teil werden aber auch Personalitätsprinzipien sowie das Wohnsitz- und das Domizilprinzip herangezogen. Gemeinsam ist sämtlichen Nummern des § 5 StGB, dass die Strafbarkeit am Tatort unbeachtlich bleibt. § 6 StGB zählt unter Berufung auf das Weltrechtsprinzip (Rn. 28 f.) weitere Straftaten auf, bei denen – wiederum unabhängig vom Recht des Tatorts – das deutsche Strafrecht gilt.

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An das passive und aktive Personalitätsprinzip (Rn. 21 ff.) knüpfen § 7 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB an. § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB übernimmt schließlich den Grundsatz der stellvertretenden Strafrechtspflege (Rn. 30 f.) in das deutsche Recht. Insoweit wird jeweils die lex loci berücksichtigt und setzt die Erstreckung der nationalen Strafgewalt auf die Auslandstat daher voraus, dass „die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt“.

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Es lässt sich festhalten, dass nicht zuletzt wegen der stetig wachsenden Kataloge der §§ 5, 6 StGB das Territorialitäts- als Ausgangsprinzip des deutschen Strafanwendungsrechts zahlreiche Ergänzungen bei Auslandstaten erfährt. Sowohl die Entwicklung im Allgemeinen als auch einzelne Vorschriften sind im Hinblick auf den völkerrechtlichen Nichteinmischungsgrundsatz nicht unkritisch zu begleiten.[78]

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