Kitabı oku: «Systemische Personal-, Organisations- und Kulturentwicklung», sayfa 3
TEIL I
1. Die Passung von Person und Organisation
In den Organisationen steigt der Anforderungsdruck enorm. Um erfolgreich agieren zu können, müssen die Prozesse konsequent auf die Leistung gegenüber den Kunden ausgerichtet werden. Damit sind Organisationen auch gefordert, von eher beschaulichen oder wildwüchsig aktivistischen Arbeits- und Funktionsteilungen Abschied zu nehmen. Sie müssen sich auf Kernkompetenzen und Kerngeschäfte besinnen und optimal darauf bezogene und integrierte Prozesse gestalten. Dies stellt neue Anforderungen an die Anbindung und Integration der beteiligten Menschen.
Aus Sicht der Personen steigen einerseits die Anzahl der Möglichkeiten, andererseits der Druck, sich optimal zu positionieren und anzupassen. Mit neuen Wahlmöglichkeiten und Freiheiten sind erhebliche Verunsicherungen verbunden.
Die funktional-arbeitsteiligen Organisationen lösen sich zunehmend auf. Dies führt zu einem Verlust an überschaubaren und vorgegebenen äußeren Orientierungs- und Identifikationsmöglichkeiten (z.B. als Schreiner und Vorgesetzter). Mit neuen Möglichkeiten sind neue Anforderungen daran gestellt, sich selbst wahrnehmen, reflektieren und definieren zu können.
Der Frage, wie zwischen Personen und Organisationen optimale Passung hergestellt und laufend gepflegt werden kann, kommt in Zukunft zentrale Bedeutung zu. Es braucht neue Formen, diesen Abstimmungsprozess zu gestalten.
Parallel zu den Darstellungen soll ein für jeden nachvollziehbares Beispiel aus dem Milieu eines Familienunternehmens entwickelt werden.
Die Fa. Adrett ist eine Änderungsschneiderei mit Reinigung. In diesem Familienunternehmen sind Betrieb und Haushalt eng miteinander verflochten. Die Mitarbeiter essen täglich gemeinsam mit der Familie. Frau Flink ist als Putzfrau tätig gewesen. Die junge Frau hatte sich aus einem landwirtschaftlichen Betrieb in der Verwandtschaft, wo sie ohne Bezahlung und ohne geklärten Status mitarbeiten musste, durch die Tätigkeit bei der Fa. Adrett herauslösen können. Geputzt werden musste im Betrieb täglich nach Feierabend und tagsüber im Haushalt. Die Frau des Meisters versorgte den Haushalt und kochte mittags für die Familie und sechs Mitarbeiter. Wegen eines Leidens muss sie sich jedoch zunehmend auf das Kochen beschränken und Frau Flink als Haushaltshilfe nutzen. Dieser liegt Haushaltstätigkeit und sie hört es gerne, wenn sie »Haushälterin« genannt wird. Obwohl sie nach Bedarf und Stunden bezahlt wird, ermöglicht ihr das relativ stabile Einkommen, ein selbständiges Leben zu führen.
Kernkompetenzen von Organisationen: Zentrale Fähigkeiten einer Organisation, die aus ihrer Geschäfts- und Markterfahrung, aus der gewachsenen Kultur, ihren Mitarbeitern und verfügbaren Infrastrukturen abgeleitet werden können.
Kerngeschäfte: Geschäftsfelder und Geschäftstätigkeiten, die das wirtschaftliche Überleben entlang entsprechender Entwicklungen sichern. Verständlicherweise sind die Kerngeschäfte mit den Kernkompetenzen meist eng verknüpft.
Kernprozesse: Auf Kerngeschäfte ausgerichtete Prozesse der Leistungserstellung und -entwicklung.
Funktion: Mit Funktion bezeichnen wir ein Bündel von Verantwortungen und Tätigkeiten, die aus den Prozessen der Organisation heraus definiert sind. Zur Funktion eines Menschen in einer Organisation gehören bestimmte Kern- und Nebentätigkeiten.
Kerntätigkeiten von Personen: Tätigkeiten einer Person, die in der Organisation am meisten abgerufen werden bzw. deren Vernachlässigung am meisten fehlen und die Erfüllung der Pflichten aus dem Arbeitsvertrag infrage stellen würde. (Würde diese Person diese Tätigkeiten resp. Leistungen als Dienstleister verkaufen, könnte man auch von »Kerngeschäften« dieses Dienstleisters sprechen.)
Kernkompetenzen von Personen: Kompetenzen, die sich aus Eigenarten, Neigungen, besonderem Können und der persönlichen Entwicklung eines Individuums heraus entfalten.
1.1 Wie entsteht Passung?
Gegenstand der Passung ist die Funktion oder Aufgabe (einer Person) im Spannungsfeld zwischen der Organisation (und ihren Kernprozessen) und der Persönlichkeit (und ihren Kernkompetenzen).
Wir verstehen unter optimaler Passung, dass eine Funktion so gestaltet ist, dass sie optimal den Kernprozessen und damit dem Kerngeschäft dient und gleichzeitig darin die Kernkompetenzen der Person wirkungsvoll zum Tragen kommen können.
1.1.1 Dynamisches Passungssystem
Funktionen werden in Stellenbeschreibungen häufig detailliert beschrieben. Heutzutage sind Funktionen jedoch zunehmend dynamische Bündel von Tätigkeiten in unterschiedlichen Rollen und Zusammenhängen, die laufend sich verändernden Prozessen angepasst werden müssen. Unterschiedliche Kräfte müssen dabei ausbalanciert werden, damit ein (wenn auch labiles) Gleichgewicht gehalten werden kann. Alle beteiligten Faktoren und deren Zusammenspiel können sich ändern und Anpassungen erforderlich machen. Zum Beispiel kann die Kernkompetenz »Lust zum radikalen Infragestellen gegenwärtiger Vorgehensweisen« in einer Aufbruchsphase hilfreich und in einer späteren Konsolidierungsphase eher störend sein. Auch können Mitarbeiter in bestimmten Teams, unter bestimmten Vorgesetzten oder bei einem bestimmten Arbeitsrhythmus ihre Kompetenzen entfalten und unter anderen Konstellationen weniger.
Abb. 2: Der Passungssystemkreis
Der in Abb. 2 dargestellte Passungssystemkreis der Funktion macht deutlich, dass im Alltag
• das Verhalten (gesteuert durch Neigungen),
• die Rollen in den Prozessen,
• das Zusammenspiel mit den relevanten Partnern in Teams und dem Umfeld
• und die Führungsbeziehung
abgestimmt und ausbalanciert werden müssen. Dabei sollte der Vorgesetzte die Rolle des Regisseurs spielen, der für die Ausrichtung und Schlüssigkeit des Ganzen verantwortlich ist.
5.6.3 Drei Teilprozesse von Führung
Aber auch die Funktionsinhaber selbst und andere Betroffene haben Verantwortung für kompetente Passung. Diese Darstellung macht deutlich, dass sowohl in einer ersten Evaluation anlässlich von Besetzungsprozessen wie in der laufenden Pflege der Besetzung ein komplexes System ausgerichtet und stabilisiert werden muss.
1.1.2 Anforderungen der Organisation und ihrer Kernprozesse
Aus Sicht der Organisation geht es darum, Funktionen so zu definieren und durch Personen zu besetzten, dass Kern- und Nebenprozesse optimal gestaltet werden können. Damit Personen einen optimalen Beitrag zu den Prozessen einer Organisation leisten können, müssen sie verstehen,
• welches das Kerngeschäft der Organisation ist und welche Kernprozesse dieses leisten soll,
• in welchen Prozessen sie selbst tätig sind, und wie diese Prozesse mit den Kernprozessen zusammenspielen,
• welche Funktion sie in ihren eigenen Prozessen einnehmen und wie diese Funktion mit anderen Funktionen zusammenspielt.
5.5 Perspektive 2: Kunden, Aufgaben und Leistungen
Die Fa. Adrett, ursprünglich eine bekannte Schneiderei, hatte sich nach den Verschiebungen auf dem Textilmarkt auf Änderungen spezialisiert, ihre Dienstleistungen um hochwertige Reinigung ergänzt und so einen anspruchsvolleren Kundenstamm gewinnen können. Kernprozesse sind dementsprechend das Umschneidern, Nähen und Bügeln von Textilien sowie einzelne Handreinigungen vor und nach maschineller Reinigung, die außer Haus von einer Schnellreinigung gemacht wird. Frau Flink ist klar, dass der Betrieb mit den Reinigungen und der Änderungsschneiderei Geld verdient. Sie ist eher in Nebenprozessen tätig. Ihre Kerntätigkeiten Putzen und Haushalt müssen sich anpassen und zurückstehen, wenn es einmal ungewöhnliche Belastungen in den Kernprozessen gibt.
1.1.3 Anforderungen an Personen und ihre Kernkompetenzen
Aus Sicht der Personen stellen sich Fragen nach den eigenen Kernkompetenzen und nach entsprechenden Kerntätigkeiten, nach Funktionen und Rollen, in denen sie optimal Wirkung erzeugen und gewürdigt werden können. Personen beziehen neben dem Einkommen auch Identität und Befriedigung aus der Ausübung ihrer Funktion. Damit Personen in ihren Aufgaben zu hoher Form auflaufen, ist es wichtig, dass ihre Aufgabe/ Funktion gut mit ihren inneren Bildern betreffend der eigenen Identität übereinstimmt und ihre Kernkompetenzen zum erforderlichen unternehmerischen Flair passen.
Kandidaten für oder Inhaber von bestimmten Funktionen müssen deshalb wissen,
• worin ihre Kernkompetenzen (Werte, Neigungen, Qualitäten) bestehen und
• in welchen Rollen, Kontexten und Leistungsbedingungen diese zum Tragen kommen.
Damit die Organisation Funktionen optimal besetzten kann, muss der unternehmerische Verantwortliche von den beteiligten Personen wissen, ob deren Werte, Identitätsvorstellungen, Qualitäten und Neigungen zur Verantwortung und zu den Kerntätigkeiten passen.
Frau Flink hat die Funktion, sowohl im Betrieb wie im Haushalt die Betriebsfähigkeit immer wieder herstellen zu helfen. Wäre sie kräftemäßig eingeschränkt, hätte der Betrieb Vorrang. Sie hat alle einfachen Tätigkeiten im Haushalt gelernt und konnte sich besonders gut an wechselnde Erfordernisse und Aufträge anpassen. Durch ihre Verfügbarkeit und dadurch, dass ihr keine Arbeit zu viel und sie sich für keine Arbeit zu gut war, nährte sie ihr berufliches Selbstwertgefühl. Eigenorganisierte und -verantwortete Tätigkeit traute sie sich weniger zu. Ihre Kerntätigkeiten waren Putzen und Hilfstätigkeiten auf Anweisung der Chefin (Frau des Meisters).
1.1.3.1 Kernkompetenzen
Jeder Mensch ist einzigartig. Diese Eigenart impliziert Neigungen, welche in bestimmten Fähigkeiten zum Ausdruck kommen und nutzbar gemacht werden können. Die zunehmenden Anforderungen lassen es ratsam erscheinen, diese Eigenart sowohl als Ressource zu nutzen als auch als wenig zu beeinflussende Rahmenbedingung in Betracht ziehen zu lernen. Konstruktivisten gehen davon aus, dass jedes lebendige System – und damit jeder Mensch – ein in sich geschlossenes System ist, welches auf »Überleben, Entwicklung und Vermehrung der Eigenart« ausgerichtet ist. Der jeder Persönlichkeit inhärente Drive kann als schöpferische und unternehmerische Kraft verstanden und als Quelle hervorragender Kompetenzpotenziale betrachtet werden. Auch diese Potenziale gehören zu den Kernkompetenzen. Sie sind der Ausdruck eines bestimmten inneren Zugangs zur Wirklichkeit, der sich in bestimmten individuellen und tief verwurzelten Werten, Begabungen, »Berufungen«, Interessen und Verhaltensneigungen äußert. Dieser Drive ist in Entwicklung begriffen. Man kann ihn nicht ohne Nachteile unter Kontrolle bringen oder in beliebige Richtungen lenken, sondern sollte ihm respektvoll wie einem nur unvollkommen bekanntem Naturereignis begegnen. Diese gestaltende Kraft und Kompetenz wirkt in allem, was Menschen tun, entweder in stimmiger und konstruktiver, oder aber in verstrickter und destruktiver Form. Wichtig für Passungsüberlegungen ist es deshalb, die Kernkompetenzen der Beteiligten zu kennen und vor allem zu wissen, unter welchen Rahmenbedingungen sie zum Tragen kommen und unter welchen nicht. Wenn Mitarbeiter scheitern, geschieht dies oft nicht, weil sie zu wenig können, sondern weil sie sich in Situationen befinden, in denen sie ihre Kernkompetenzen nicht genügend nutzbar machen können.
1.1.3.2 Identität und Motivation
Jeder noch seelisch lebendige Mensch will in ein Bild von sich selbst hineinwachsen, in dem er sich gefällt und das bisher noch nicht gelebte Züge der eigenen Persönlichkeit zum Ausdruck bringt. Das Gefühl, dies in einer Umgebung, durch eine Tätigkeit oder in einer Beziehung zu können, wird als eine der mächtigsten Motivationen engagierter Bindung erzeugt. So betrachtet liegt in jeder Kontextwahl, in jeder Handlung und in jeder Beziehungsgestaltung eine Aussage, als wen man sich sieht, wie man sich sehen möchte bzw. befürchtet, gesehen zu werden. Für dieses Verlangen nach Eigenart und Geltung sucht man positive Bestätigung, die in der Wirkung der Handlung oder in den Reaktionen der Umwelt gesucht wird. Wird der Selbstentwurf nicht bestärkt, wird er verworfen oder missbilligt, wird eine Sehnsucht frustriert und ein gesuchter Selbstwert infrage gestellt. Hier kann man mit Motivations-, Beziehungs- und Bindungsproblemen rechnen.
Bei der Betrachtung von Kernkompetenzen ist also auch zu berücksichtigen, ob diese (noch) zu einer bejahten Identität gehören. Vielleicht gehören sie zu einer beseelenden Identität, die erst am Horizont aufgeht. Nach Identität fragt man meist: Wer bin ich? Und meint damit eine Funktions- oder Tätigkeitsbezeichnung bzw. einen Rang. Noch wenig beachtet wird die in Zeiten fließenden Wechsels von Inhalten, Rollen und Funktionen bedeutsamere Identitätsfrage: Wie bin ich? Hier wird nach dem persönlichen und professionellen Stil gefragt, in dessen Wahrung und Entwicklung man sich sieht bzw. sehen möchte. Zum Beispiel möchte ein bislang mehr sachorientierter Einzelkämpfer ein stärker kommunikativer Mensch werden, in dessen Beziehungen die »weicheren Faktoren« wichtig und befriedigend sind. Eine Funktion, in der dieses kommunikative Selbstbild nicht gefragt ist, wird nicht wirklich mit Herzblut ausgefüllt. Auch hier muss also Passung hergestellt werden, wenn sich die ganze persönliche Kraft in der Funktion versammeln soll. Solche Faktoren werden irgendwie in der Personarbeit und in Führungsbeziehungen intuitiv berücksichtigt, doch wäre hier mehr bewusste Kompetenz auf allen Seiten hilfreich. Dies hilft, solche Dimensionen im Gespräch überhaupt zu berücksichtigen und bei krisenhaften Entwicklungen günstige Voraussetzungen für Klärungen zu schaffen.
1.2 Herausforderungen im Passungsprozess
Passung herzustellen ist keine einmalige Aufgabe, sondern ein kontinuierlicher Prozess, in welchem ein dynamisches und labiles System laufend ausbalanciert werden muss. Eine Funktion findet in einem konstanten Spannungsfeld zwischen den Vorstellungen (SOLL) der Organisation (resp. des unternehmerisch Verantwortlichen) und dem tatsächlichen Handeln (IST) des Funktionsträgers (und seiner Partner) statt. Darin, diesen Unterschied wahrzunehmen und die potenziellen Spannungen so fruchtbar zu halten, damit eine optimale Performance entstehen kann, liegt die eigentliche Kunst des Passungsprozesses.
Im soweit entwickelten Beispiel von Frau Flink und dem Familienunternehmen Fa. Adrett ist die Passung zunächst optimal. Die Entwicklungen im Betrieb passen zu ihren Funktionen und diese zu ihren Kompetenzen und Entwicklungswünschen. Wegen der gesundheitlichen Belastungen der Frau des Meisters der Fa. Adrett muss neuerdings auch die Essensversorgung der Belegschaft durch eine andere Person bewerkstelligt werden. Zudem müsste nun der Haushalt viel selbständiger versorgt werden. Die Idee, Frau Flink könnte zusätzlich das Kochen übernehmen, greift bei ihr nach einigem Zögern, ob sie sich das zutrauen könne. Mit ihren ersten Versuchen findet sie Beifall bei der Belegschaft.
Vier Dimensionen sind für die Passung von besonderer Bedeutung und oft Ursachen dafür, dass mit Differenzen zwischen IST und SOLL nicht sinnvoll umgegangen wird.
1.2.1 Individuelle Kernkompetenzen und Funktion
Kernkompetenzen beinhalten eine im weitesten Sinne »unternehmerische, wirklichkeits-konstruierende« Kraft. Mitarbeiter, die nicht ihren Kernkompetenzen entsprechend eingesetzt sind, entwickeln deshalb – meist unbewusst – »Schwarzmärkte«, in welchen ihre Kernkompetenzen, aber auch andere kerngeschäftsferne Interessen ihren Ausdruck finden können. Dies ist eine »ergiebige« Quelle von Effektivitätsverlusten bezogen auf die eigentlichen Geschäftszwecke einer Organisation.
Es liegt in der Natur der Sache, dass die Abstimmung zwischen angedachter und »gelebter« Funktion nie 100-prozentig sein kann. Abweichungen sind natürlich und für die Lebendigkeit und Lernfähigkeit einer Organisation wichtig. So scheint es manchmal sogar, dass Organisationen in Innovationsprozessen, die wenig an die vorhandene Kultur und an verfügbare Ressourcen anschließen, oft nur dank erheblicher »Schwarzmarktaktivitäten« im Sinne des Kerngeschäftsverständnisses der Mitarbeiter überhaupt überleben können. Dennoch sollte zugunsten der offenen Klärung und Steuerbarkeit »Weißmärkten« der Vorzug gegeben werden. »Weißmärkte« meint, dass die Personen ihre Kernkompetenzen in den Dienst der offiziellen Wertschöpfungsprozesse stellen können.
Wenn Mitarbeiter ihre Funktion nicht oder nicht mehr so gut ausfüllen, wie das für die Organisation erforderlich ist, denkt man leicht an fehlende persönliche Motivation, Loyalität oder Kompetenz. Seltener werden Entwicklungen im Passungskreis näher analysiert. Dabei können unbeachtete Veränderungen und deren Wechselwirkungen zu erheblichen Schwierigkeiten und zur Infragestellung der Kompetenz eines Mitarbeiters führen.
Zum Beispiel wurde der Leiter einer Entwicklungsabteilung als »Problemfall« angesehen und vor seiner »Entsorgung« zum Coaching vorgestellt. Schnell stellt sich heraus, dass er gut und für sich stimmig gearbeitet hat, solange er für sehr komplexe Entwicklungen an einem Standort zuständig gewesen war. Durch Umstrukturierung war er nun für Teilentwicklungen, aber an mehreren und weit verstreuten Standorten zuständig. Er teilte die Erwartungen seiner Umwelt, dass ein guter Manager so etwas »problemlos packen« müsste. Der dafür notwendige Führungs- und Lebensstil lag ihm bei näherer Betrachtung nicht oder nur mit zu hohen seelischen Kosten, was auch ein Coaching nicht hätte ändern können. Durch Übernahme einer anderen Verantwortung wieder an einem festen Standort wurde das Problem gelöst.
Um für ein erweitertes Verständnis von Kompetenz Aufmerksamkeit zu erzeugen, könnte man für professionelle Kompetenz im Rahmen einer bestimmten Funktion definieren:
Mitarbeiterkompetenz =
Rollenkompetenz x Berufsfeldkompetenz x Passung
Die Multiplikation verweist z.B. darauf hin, dass die Kompetenz gegen null gehen kann, wenn die Passung nicht stimmt, auch wenn die anderen beiden Faktoren hoch sind. Fachliche Weiterbildung würde hier nichts bringen.
Neuerdings macht Frau Flink einen Kochkurs, schaut häufig Kochsendungen im Fernsehen, lässt sich Kochbücher schenken und kocht mit immer mehr Raffinesse. Andere Haushaltstätigkeiten, insbesondere das Putzen, werden weniger sorgsam ausgeführt. Nach einigen Wochen ist zu beobachten, dass sie immer mehr Zeit auf Kochen und Einkaufen verwendet, dass sie für das immer aufwendigere Essen unterschwellig Pünktlichkeit bei Essensbeginn und längere Pausen beansprucht.
1.2.2 Kooperationssystem
Das zweite Spannungsfeld liegt im System des Zusammenspiels in den einzelnen Prozessen begründet. Jede Veränderung oder Entwicklung einer Person, sei es anlässlich einer Neubesetzung oder einer partiellen Neupositionierung einer Person/Funktion, verändert immer das ganze Gefüge. Für die erforderliche Effektivität sind Funktionsveränderungen einer Person mit komplementären Funktionsanpassungen anderer Beteiligter verbunden. Passungsüberlegungen sind somit immer unter Einbezug des relevanten Kooperationssystems zu machen. Vorgesetzte klären jedoch üblicherweise Rollenveränderungen vornehmlich mit direkt betroffenen Mitarbeitern, oft ohne genügend auf die Auswirkungen im Gesamtsystem zu achten und diese entsprechend abzustimmen. Angesichts der wachsenden Anforderungen an ein passgenaues Zusammenspiel in den Prozessen kommt dieser Dimension in Zukunft höhere Bedeutung zu. Kompetenz muss vermehrt als Beziehungsphänomen im Passungssystem und nicht als Eigenschaft von Menschen betrachtet werden.
So erfreulich das Engagement von Frau Flink beim Kochen ist, so sehr bauen sich auch Spannungen mit den sonstigen Mitarbeitern des Betriebs auf. Sie versucht auf die Pausengestaltung so Einfluss zu nehmen, dass das Essen nach ihren Vorstellungen zelebriert werden kann. Sie wird als Gouvernante und »Möchte-Gern-Meisterin« gehänselt.