Kitabı oku: «Die Braut von Louisiana (Gesamtausgabe)», sayfa 2
»Was fordern Sie, Arabella? Jede Falte meines Herzens will ich glätten, dass es klar wie der Spiegel des ruhigen Meeres vor Ihnen liegen soll!«
»Arthur«, lispelte das junge Mädchen, »erinnern Sie sich noch Ihrer Versprechungen, Ihrer Schwüre?«
»Ich erinnere mich ihrer nicht nur, ich bin sogar bereit, sie zu wiederholen!«
»Dessen bedarf es nicht, Ihr offenes Auge bekundet die Wahrheit. Nicht wahr, mein lieber Freund, ich darf dem Auge noch trauen, das mir stets so klar entgegenleuchtete?«
»Mädchen«, rief der junge Mann, indem er sich rasch erhob, »welcher Dämon hat den Argwohn in dir angefacht, dass ich je …«
»O still, mein lieber, lieber Freund«, sagte Arabella in einem bittenden Ton, verließ ihren Platz, legte den blendend weißen Arm auf Arthurs Schulter und ihr glühendes Köpfchen an seine Brust, »o still, nicht um dich zu kränken, sage ich diese Worte, sondern um mich ganz des Glückes erfreuen zu können, das mir dein Wiedersehen bereitet.«
Die Wangen des jungen Mannes hatten sich ein wenig gerötet, und in seinem Blick malte sich eine leise Befangenheit ab. Beides bemerkte Arabella, sie schrieb es aber dem Eindruck zu, den ihr geäußertes Misstrauen hervorgebracht hatte. Lächelnd blickte sie ihn an und drückte dabei mit herzlicher Innigkeit seine Hand.
»Arabella«, sagte Arthur, »sollte derselbe treulose Freund, der meine Briefe so schändlich unterschlug, seine Verwerflichkeit so weit getrieben haben, dass er auch den Samen des Argwohns in dein kindliches Herz gesät hat?«
»O nein, seit meinem Weggang aus London, seit unserer Trennung habe ich weder etwas von ihm gehört noch gesehen.«
»Und sollte der angegebene Grund der einzige sein …?«
»Du sprachst von einem Testament, mein Arthur – es ist nichts Ungewöhnliches, dass der letzte Wille eines sterbenden Vaters auch dem Herzen des Sohnes den Gegenstand bezeichnet, den es lieben soll – sieh, dieser Gedanke war es, der mich zu jener Frage veranlasste, die ich wünschte, nicht an dich gerichtet zu haben.«
Die Tänzerin war in diesem Augenblick zu sehr Liebhaberin, als dass sie die Wolke bemerken konnte, die ihre besänftigenden Worte von der Stirn des jungen Plantagenverwalters verscheuchte. Sein Ernst verwandelte sich plötzlich wieder in ein unbefangenes Lächeln, und seine Stimme nahm wieder die Herzlichkeit an, die für einen Augenblick verschwunden gewesen war.
»Nein, meine Arabella«, rief er, »der letzte Wille meines Vaters war nur darauf bedacht, dem einzigen Sohn die Mittel an die Hand zu geben und zu sichern, die seine Zukunft nicht nur vor Sorgen schützen, sondern sogar glänzend gestalten sollen. Meinem Herzen hat er kein Vermächtnis hinterlassen; ich darf darüber verfügen, und«, flüsterte er zärtlich, »habe darüber verfügt, denn ich habe es einem Engel geschenkt, der …«
»Nun, der?«, fragte die Tänzerin mit einem schelmischen Lächeln.
»… der es mir gestohlen hätte, wenn ich so geizig gewesen wäre, es behalten zu wollen!«
»Arthur!«
»Arabella!«
Eine lange, innige Umarmung folgte dem Ausruf dieser beiden Namen.
Der junge Mann erwachte zuerst aus seinem Liebesrausch, aber nicht etwa, weil er sich selbst ermunterte, sondern weil er auf seinem Rücken so unsanft berührt wurde, dass er erwachen musste. Djali, die weiße Ziege mit dem roten Halsband, die der Szene bis jetzt ruhig zugesehen hatte, hatte plötzlich ihren Teppich verlassen und war – in welcher Absicht, können wir nicht sagen – dem glühenden Liebhaber mit beiden Vorderfüßen über den grünen Rücken gefahren, dass er sehr unsanft an die Erde erinnert wurde.
»Sieh doch, Arthur, auch Djali, das treue Tier, will dich umarmen«, rief Arabella jauchzend, ergriff die beiden Füße der Freundin und führte sie dem Freund entgegen. Dieser streichelte sanft das glänzende Haar und ergoss sich in Lobeserhebungen über die Klugheit und Schönheit des seltenen Tieres.
»In der Tat ist es klug«, sagte die Bajadere mit einem Seufzer, »denn es sah mich oft so mitleidig an, wenn ich unter Tränen an den flüchtigen Geliebten dachte, als ob es meinen Schmerz verstände und ihn teilen wollte. Doch nun sollst du auch sehen, welche Fortschritte es in seiner Kunst gemacht hat.«
Die Tänzerin wollte eben ihre Studien wieder beginnen, als Sally, die Zofe, eintrat.
»Miss«, sagte sie, »ich muss wider meinen Willen stören.«
»Was gibt es?«, fragte die Gebieterin unwillig.
»Der Wagen, der Sie zur Ballettprobe abholen soll, wartet bereits seit einer Stunde. Soeben kam der Direktor des Theaters, um sich persönlich nach dem Grund der unerwarteten Verzögerung zu erkundigen. Der gute Mann ist in tausend Ängsten – er glaubt, Sie seien krank geworden.«
»Ach, mein Gott«, rief Arabella, »ich habe die Probe vergessen! Wie spät ist es?«
»Zwölf Uhr, um elf Uhr sollte die Probe beginnen.«
»Sir Arthur«, wandte sich die Tänzerin zeremoniell zu dem Dandy, »die Pflicht ruft – wann sehe ich Sie wieder?«
»Hier ist meine Adresse«, wandte er sich zu Sally und gab ihr eine Karte. »Sie, reizende Arabella, haben über Ihren Diener zu bestimmen!«
»Sally«, befahl das junge Mädchen, »führe den Herrn Direktor in den Saal, dann komm zurück, um mir beim Ankleiden zu helfen.«
Als die Zofe sich entfernt hatte, nahm Arthur durch einen zarten Kuss Abschied von der Königin seines Herzens.
»Wann darf ich wiederkommen?«, fragte er.
»Sobald das Herz Ihnen die Aufforderung dazu diktiert«, war die Antwort, von einer Verbeugung begleitet.
»Diesen Abend?«
»Diesen Abend!«
Kaum war Arthur verschwunden, als Sally wieder eintrat, um die Toilette ihrer Herrin zu vollenden.
»Trage ich noch immer die Schuld«, fragte die listige Zofe, indem sie die schwarzen Haare Arabellas zu Locken formte, »dass die Vorstudien zu dem Ballett unterblieben sind?«
»Von dieser Schuld entbinde ich dich«, sagte die Tänzerin lächelnd; »doch eine Verantwortung hast du zu übernehmen.«
»Und welche?«
»Die gegen den Theaterdirektor.«
»Ich habe sie bereits übernommen.«
»Was hast du ihm gesagt?«
»Lassen Sie sich die Entschuldigung von dem Herrn Direktor selbst wiederholen. Ihr Kopfputz ist fertig!«
Während Arabella einen großen, kostbaren Schal um ihre Schultern warf und vor dem Spiegel einen gelben Hut mit einer weißen, wallenden Feder auf die Locken setzte, knüpfte Sally eine seidene Leine in das Halsband der Ziege. Nachdem die Herrin, deren Gesicht durch die Fülle der Locken einen neuen Reiz erhalten hatte, den letzten Blick in den Spiegel geworfen hatte, gab die Zofe ihr die Leine in die Hand. Dann öffnete sie die Tür des Saales, und Arabella, die Ziege führend, trat zu dem ungeduldig harrenden Direktor ein.
»O mein Gott, was muss ich hören!«, rief der Mann mit gekrümmtem Rücken und einem devoten, schmerzlichen Lächeln, »Ihre arme, allerliebste Ziege hat einen apoplektischen Anfall gehabt?«
Arabella gedachte der Entschuldigung ihrer Zofe.
»Der Anfall ist vorüber«, sagte sie lächelnd, »und die Probe kann beginnen.«
»Gott sei Dank«, rief der Bühnenlenker und küsste die Hand der Dame, »Gott sei Dank, dass er keine Folgen hatte! Darf ich um Ihren Arm bitten?«
Nach zwei Minuten öffnete ein Diener den Schlag des Wagens, der vor der Eingangstür des Hauses wartete. Die Tänzerin stieg zuerst ein, dann hob der Bühnenlenker die Ziege empor und setzte sie behutsam an die Seite ihrer Herrin – er selbst nahm dem Künstlerpaar gegenüber seinen Platz ein.
Der Wagen rollte an. Nach einer Viertelstunde begann die Ballettprobe.
2.
Am rechten Ufer des Mississippi, und zwar fünf bis sechs englische Meilen von der Hauptstadt Louisianas entfernt, zieht sich ein hoher, majestätischer Wald nach dem Westen des Landes hin, dessen Umrisse man, wie wir bereits berichtet haben, von Arabellas Boudoir aus deutlich erkennen kann. Der mit Schlingkraut und großen, breiten Blättern bewachsene Boden, in der Nähe des Flusses sumpfig und ein Aufenthalt für Schlangen und Gewürm aller Art, wird in geringer Entfernung von dem flachen Ufer mit jedem Schritt fester und trockener, das Gestrüpp verwandelt sich nach und nach in dichtes Unterholz, dessen Blätterdach den glühenden Sonnenstrahlen ein Ziel setzt und sie ihrer erschöpfenden Kraft beraubt, und die schlanken Zedern und Myrthenbäume, von dem schimmernden Jasmin wie von Girlanden umrankt, erscheinen in einem dunklen, goldfarbenen Licht, als ob die Abendröte sie mit einem milden Schein umfinge. Statt der wilden Schlingpflanzen beherrschen Blumen von mannigfacher Gestalt und Farbe, würzigen Duft verbreitend, den grünen Boden, während die majestätische Palme und die üppige Magnolie Königen gleich gebietend und majestätisch über den Wald emporragen.
In dieser Gegend des Waldes, wo die üppigste Vegetation alle Naturreize Louisianas entfaltet, trifft man sorgfältig gebahnte Wege: Den Jasmin- und Weinreben ist ihr Ziel gesteckt, dass sie rechts und links dichte Hecken zwischen den Stämmen der Bäume bilden, die hin und wieder vorkommenden sumpfigen Stellen sind mit Erde ausgeschüttet und festgemacht, und wo riesige Wurzeln den Pfad erhöhten, sind sie durch Feuer und Spaten vertilgt, dass dem Fuß fast kein hemmendes Hindernis mehr in den Weg tritt.
Diese Wege stellen die Kommunikation zwischen den einzelnen Pflanzungen her, die durch den Wald getrennt sind, und dienen den Bewohnern nicht selten zu Spaziergängen sowie dem forschenden Reisenden als Pfade, um das Innere des Landes kennenzulernen.
Ungefähr um dieselbe Zeit, als Arthur in das Zimmer Arabellas trat, durchschritt einen dieser einsamen Waldgänge ein Mann, der weder das Aussehen eines Spaziergängers noch eines Reisenden hatte. Zwar trug er eine feine englische Büchse unter dem Arm, eine Jagdtasche an der Seite und ein Waidmesser mit kostbarem Griff, aber auch die Absicht zu jagen schien er nicht zu haben, denn er ging langsamen Schrittes unter der blinkenden Blätterwölbung hin, große Wolken Tabakrauches unter seinem breitkrempigen Strohhut hervorblasend, ohne sich um das aufgeschreckte Wild, das aus dem Gebüsch über den Weg sprang, zu kümmern und ohne nach den Vögeln zu blicken, die sich in bester Schussnähe auf den elastischen Zweigen wiegten. Sein Anzug bestand einfach aus ein Paar gelben, weiten Hosen, einem hellgrauen Oberrock mit einer Art kurzem Mantelkragen, aus dem der Kragen eines bunt gestreiften Hemdes hervorsah, und Stiefeln aus hellbraunem Leder, die von der Farbe der Hosen wenig abstachen. Seine Bewegungen, obgleich er nur langsam dahinschritt, verrieten dennoch den kräftigen Mann von dreißig bis zweiunddreißig Jahren, und sein Gesicht, von einem kurzen, braun gekräuselten Bart umgeben, drückte einen Ernst aus, der zu mild war, um ihn Härte oder Wildheit zu nennen, und zu streng, um ihn mit den Worten Traurigkeit oder Schmerz zu bezeichnen.
Wohl eine halbe Stunde Zeit hatte dieser Mann gebraucht, um eine Strecke Weges von einer Viertelstunde zurückzulegen, als plötzlich durch eine Lichtung des Waldes die Sonnenstrahlen senkrecht auf sein Haupt fielen und ein anderer Weg den seinen durchschnitt.
Sinnend blieb er stehen und blickte rechts den Kreuzweg hinunter, der stets breiter und luftiger wurde und in geringer Entfernung die roten Dächer einer Besitzung in dem dunklen Grün zeigte, deren Anblick einen besonderen Eindruck auf ihn auszuüben schien. Wie unwillig nahm er sein Gewehr von der Schulter, setzte es heftig zu Boden, legte die gekreuzten Arme auf dessen Mündung und sah mit starren, ungewissen Blicken zu den Häusern, die ein freundliches Panorama in der wilden Waldgegend bildeten.
Die Sonne sandte eine sengende Hitze durch die Lichtung der Blätter, kein Lüftchen regte einen Halm oder einen Zweig, und große Scharen Moskitos umschwärmten den sinnenden Mann, dann und wann zurückgescheucht durch den Tabakrauch, der in hellblauen Wolken aus seiner kurzen Pfeife stieg.
Das Gestirn des Tages stand am Zenit – es war Mittag.
Plötzlich unterbrach ein leises Rauschen in den Blättern des Weges die fast unheimliche, beklemmende Waldstille. Ein Vogel mit glänzendem, buntfarbigem Gefieder flatterte auf und eilte erschrocken dem Dickicht zu, das undurchdringlich rechts und links zur Seite stand. Das Geräusch kam näher. Es wurde von einem Mann verursacht, der aus der entgegengesetzten Richtung des Weges kam, den der Mann im grauen Rock unablässig mit den Blicken verfolgte. Der Ankommende seufzte tief und schwer; die Hitze und der zurückgelegte Weg schienen ihn so erschöpft zu haben, dass er nur noch mit großer Anstrengung seine Füße bewegen konnte.
Fassen wir diesen Mann einen Augenblick näher ins Auge.
Er war von wohlgenährter, untersetzter Statur – man konnte ihn nicht mit Unrecht korpulent nennen. Er trug einen weißen, blau und rot gestreiften Rock mit großen schwarzen Hornknöpfen besetzt, dessen Schnitt den englischen Röcken glich, wie man sie häufig bei den Dandys in London sieht. Dieser Rock war so kurz, dass er kaum die Knie seines Trägers bedeckte. Die etwas nach außen gebogenen kurzen Beine waren mit einer weißen Hose aus englischem Leder bekleidet und lagen so fest an, dass man die eben nicht vorteilhafte Körperbildung ihres Inhabers deutlich wahrnehmen konnte. Ein weißes, sorgfältig gewaschenes Hemd mit einem breiten Kragen, der an dem fleischigen Hals durch ein leichtes schwarzes Tuch zusammengehalten wurde, bedeckte die breite Brust, und um die unförmigen Hüften schlang sich eine hellrote Schärpe aus feiner Wolle. Auf dem dicken, runden Schädel, der mit schwarzen, krausen Haaren bewachsen war, wie der Rücken eines europäischen Schafes, prangte ein feiner, glänzender Strohhut, den ein grünes Band zierte, das in zwei langen Zipfeln über den breiten Rücken herabflatterte. Hände und Gesicht waren schmutzig gelb und zeigten auf den ersten Blick den Mulatten an. Die Sorgfalt, mit der die saubere Kleidung gewählt und angelegt war, bildete einen stechenden Kontrast zu der plumpen Gesichtsbildung, die man mit vollem Recht hässlich nennen konnte. Die rechte Hand, derb wie die eines Holzspalters, hielt ein Bambusrohr von der Stärke eines Daumens umfasst – es schien in diesem Augenblick als Spazierstock zu dienen.
Als der Mulatte den Mann mit der Büchse erblickte, stand er plötzlich still; er musste ihn kennen, denn der Ausdruck seines Gesichtes gab deutlich kund, dass ihm die Begegnung mit dem Bewaffneten nicht angenehm war. Dieser verharrte indes in seiner Stellung; das Auge voll düsteren Ernstes haftete fast unbeweglich auf dem Punkt, den es anfangs zum Gegenstand der Beobachtung gewählt hatte – er regte sich kaum und schien so mit seinen Gedanken beschäftigt, dass er das, was um ihn vorging, nicht bemerkte.
Da an ein Ausweichen nicht zu denken war, denn das Dickicht rechts und links stand undurchdringlich, setzte der Mulatte, der Eile zu haben schien, nach einigen Augenblicken stiller Überlegung seinen Weg fort. Verwundert schüttelte er den dicken, runden Kopf, als er vielleicht noch zehn bis zwölf Schritte von dem Nachdenkenden entfernt war und dieser auf das Geräusch des Ankommenden noch immer nicht reagierte.
»Sonderbar«, murmelte er leise vor sich hin, »dieser große Pflanzer tritt mir jedes Mal unter die Augen, wenn ich ihn am allerwenigsten vermute. Ich wollte, der Teufel bannte ihn auf die Spitze der höchsten Zeder, dass ich vorbeigehen könnte, ohne ihm Rede stehen zu müssen – der Mensch besitzt keine Lebensart, er ist grob und ungeschlacht wie der gemeinste Neger1 auf seiner Pflanzung. Ich bedauere ihn, obgleich er der reichste Mann unseres Distrikts ist!«
Kaum war diese Betrachtung zu Ende, als der Pflanzer seinen Kopf zur Seite wandte und den Mulatten, der sich stellte, als ob er übergroße Eile hätte, erblickte, wie er eben mit einem flüchtigen Gruß an der Seite vorüberschlüpfen wollte.
»Halt, Freund Kato«, rief der Pflanzer mit einer kräftigen, tiefen Bassstimme. Woher des Wegs?«
»Von der Tabakpflanzung hinter dem Wald«, antwortete der Angeredete keuchend, »ich habe den faulen Negern andere Arbeit angewiesen!«
»Und wohin so eilig?«
»Zu meiner jungen Herrin, Miss Jenny, die mich gewiss schon mit Ungeduld erwartet.«
»So mag sie noch länger warten«, sagte der Pflanzer in einem befehlenden Ton, »bleibe!«
»Sir Jackson«, sagte der Mulatte erschrocken, »die verdammten Neger auf der Pflanzung haben mich schon über eine halbe Stunde länger aufgehalten, als ich ausbleiben wollte; ich habe, bei meiner Ehre, nicht eine Minute Zeit übrig, wenn ich mir den Zorn meiner liebenswürdigen Miss nicht zuziehen will.«
»Hast du Lust, dir meinen Zorn zuzuziehen?«, fragte der Pflanzer drohend, indem er den Ladestock seines Gewehrs zur Hälfte herauszog. »Ich denke, du kennst mich!«
»Nein, Herr, Ihre Freundschaft ist mir lieber, auf Ehre! Doch sprechen Sie nicht in diesem harten Ton, Sie sind ja ein steinreicher Mann und reiche Leute müssen stets mit einer gewissen Manier …«
»Meine Manier ist die richtige, dummer Teufel, denn ohne sie wäre ich sicher nicht geworden, was ich bin. Jetzt tritt näher und antworte auf meine Fragen«, sagte der Pflanzer in einem milderen Ton und stieß den Ladestock in den Schaft des Gewehres zurück.
Kato nahm seinen Strohhut ab, trocknete sich mit einem seidenen Taschentuch das glänzende Gesicht und trat mit der Miene eines Kindes näher, das aus Furcht vor Strafe gehorsam ist.
»Du hast Eile, Freund, dass du nach Hause kommst – sagtest du nicht so?«
»Ja, Sir Jackson«, war die Antwort des Mulatten.
»So! Und darf man den Grund wissen?«
»Den Grund, lieber Herr?«, sagte Kato lächelnd, dass zwei Reihen großer, weißer Zähne, wie künstlich aus Elfenbein gearbeitet, sichtbar wurden. »Fragen Sie lieber nach den Gründen, denn ich habe so viel zu besorgen, dass ich nicht weiß, wo ich beginnen soll.«
»So? Liegt denn die Verwaltung des ganzen Hauswesens auf den Schultern eines einzigen Domestiken?«
»Domestiken«, rief der Mulatte in komischer Entrüstung, und die Augen rollten im Kopf wie ein Paar Räder, »Domestiken – ich bin Verwalter und oberster Sklavenaufseher, Sir Jackson!«
Das Gesicht des Pflanzers verzog sich zu einem melancholischen Lächeln; ruhig legte er die gekreuzten Hände wieder auf die Mündung seines Gewehrs und fragte weiter:
»Oberster Sklavenaufseher! Wer sollte mir das gesagt haben?«
»Das ist eine sonderbare Frage! Sehen Sie mich an und Sie müssen wissen, dass ich kein Domestik bin!«
»Und woran soll ich das sehen?«
»Sir Jackson«, antwortete Kato und seine Entrüstung stieg mit jedem Wort, das er sprach, »wenn es Ihnen mein ausgewählter fashionabler Anzug nicht sagt, so müssen es Ihnen meine Miene und meine Manieren sagen, denn es sind die eines gebildeten, anständigen Mannes und keines Domestiken. Spricht ein Domestik wie ich? Nein! – Trägt ein Domestik die Kleider nach dem neuesten Londoner Schnitt? Nein! – Weiß ein Domestik die Geheimnisse seiner Herrin? Nein! Weiß ein Domestik sich überhaupt mit der Eleganz zu bewegen wie ich? Sir Jackson, wenn Sie nur ein wenig Menschenkenntnis besäßen, zum Beispiel nur den zehnten Teil der meinen, so müssten Sie sich alle diese Fragen selbst beantworten können.«
»Du bist ein vortrefflicher Mensch, Freund Kato, und ich bekenne, dass du mein Lehrer sein könntest«, entgegnete der Pflanzer mit Ironie, indem er dem Mulatten seine rechte Hand reichte.
Katos Furcht war völlig verschwunden; er glaubte ein moralisches Übergewicht über den Pflanzer erlangt zu haben, das ihn nicht nur vor den Ausbrüchen seiner Grobheit schützte, sondern auch ein gewisses Ansehen verschaffte, mithilfe dessen er sein Lieblingsthema verhandeln und ausbeuten konnte.
»Ihr Lehrer, sagen Sie?«, begann der Mulatte mit großer Genugtuung. »Ich glaube es wohl, denn die Kenntnisse, die ich besitze, habe ich mir in London erworben, in der Stadt der Eleganz und feinen Sitten. Ihnen, Sir Jackson, fehlt nichts weiter als ein dreijähriger Aufenthalt in dieser Weltstadt, und Sie wären der liebenswürdigste Pflanzer in ganz Louisiana – auf Ehre, das Zeugnis würde ich Ihnen geben.«
Jackson schien an der Unterhaltung Gefallen zu finden; lächelnd legte er die Hand ans Kinn und fragte:
»Nun, was missfällt dir denn in diesem Augenblick an mir?«
»O Himmel«, rief Kato, »wenn ich das alles aufzählen wollte, würde Miss Jenny noch lange auf mich warten müssen!«
Der Pflanzer betrachtete sich von den Zehen bis zur Brust herauf, so weit es das Auge erlaubte, und fragte dann in einem Ton, der keinen entscheidenden Aufschluss gab, ob er des Scherzes wegen die Unterhaltung fortsetzen wollte oder aus einem andern Grund:
»Antworte, Kato, was missfällt dir?«
Der Mulatte warf sich in die Brust, steckte die rechte Hand in die rote Schärpe und setzte die breiten Füße in die dritte Tanzposition. Sein Gesicht nahm einen höchst einfältigen Ausdruck an und seine dünne, schnarrende Stimme wurde etwas stärker und feierlich.
»Sir Jackson«, sagte der braune Mann, »Sie sind der reichste und mächtigste Pflanzer im ganzen Distrikt von New Orleans, und nun betrachten Sie sich einmal, wie Sie aussehen! Fangen wir bei den Füßen an: Ihre Stiefel sind aus rohem Leder, schlecht gemacht und jedes Glanzes unfähig. – Ihre Hosen sind so schlecht gemacht und aus so erbärmlichem Stoff, dass ich sie sofort konfiszieren und verbrennen würde, wenn einer meiner Domestiken es wagte, damit in den Zimmern meiner Herrin zu erscheinen. – Ihr grauer Rock, Sir Jackson, ist nun völlig unter aller Kritik, denn der kurze Kragen, der wie das Schirmdach eines Höckerweibes über die Schultern fällt, deutet an, dass er dem vorigen Jahrhundert angehört, dass ihn vielleicht schon Ihr Großvater getragen hat. – Ihr Hut … nun, den will ich gelten lassen, denn er ist comfortable und schützt vor den Sonnenstrahlen, die mich diesen Sommer schon so zugerichtet haben, dass ich aussehe wie ein Mulatte – o diese Sonnenstrahlen, ich wollte, es wäre ewige Nacht! Und nun bedenken Sie einmal Ihr Betragen! Man fürchtet sich jedes Mal, wenn Sie den Mund öffnen, so hart und barsch kommen die Worte unter Ihrem wilden Bart hervor. Lassen Sie sich raten, Sir Jackson: Werden Sie fashionable, das heißt, kleiden Sie sich sorgfältiger und etwas mehr nach der Mode, dann erhält Ihre Person mehr Interesse, Sie sind überall wohlgelitten und werden vorzüglich Glück machen bei den Damen, deren wir sehr schöne in dieser Gegend besitzen. Mit einem Wort, Sie müssen ein Salonmann werden, müssen nicht mehr wie ein Wolf in den finsteren Wäldern umherschleichen, und sich eines guten Tons, das heißt angenehmer Manieren und Sitten, befleißigen. Denken Sie denn, mein bester Sir Jackson, dass Sie so, wie Sie da vor mir stehen und wie ich Sie schon seit einem Jahr fast täglich erblicke, je eine Frau finden werden? O nein, die Frauen lieben nur dann das Starke und Kräftige, wenn es sich mit dem Zarten und Milden paart; sie lieben nur dann die Gerüche des Waldes, wenn sie sich mit dem Duft lieblicher Pomaden mischen. Sehen Sie, Sir Jackson – und Sie können es mir auf Ehre glauben –, seit ich mich der süß duftenden Pomaden und Wasser bediene, habe ich enorme Fortschritte in der Gunst der reizenden Eva gemacht. Noch vor wenigen Wochen, ehe ich mich dieser Mittel bediente, um meine Person in einen liebenswürdigen Geruch zu bringen, wollte die süße Eva nichts von mir wissen; sobald sie mich nur erblickte, rümpfte sie ihre himmlische Nase, und sooft ich in ihre Nähe kam, hielt sie sich ihr weißes Schnupftuch vor den Mund – und bedenken Sie, ich trug damals schon diese eleganten Kleider, die ich aus London mitgebracht habe, ich hatte schon damals das feine Benehmen eines echt-englischen Dandys; aber alles brachte nicht die Wirkung hervor, die ich mit dem Duft der Pomaden und Wasser erzielte. Eva, die himmlische Eva reicht mir die Hand, wenn ich mich ihr nähere, rümpft nicht mehr die Nase, wenn ich ihr zärtlich in das himmelblaue Auge blicke, und erlaubt mir sogar, dass ich ihr die wunderniedliche Hand küssen darf. Und nun Miss Jenny, meine schöne Herrin – bei allen Gelegenheiten zieht sie mich zurate, sogar bei ihren Herzensangelegenheiten …!«
»Genug, Kato«, sagte der Pflanzer ernst, »ich werde deinen Rat befolgen.«
»Daran werden Sie wohl tun, und ich möchte wetten, dass Ihnen Miss Jenny den Zutritt in ihre Zimmer nicht mehr verweigert. Mir tat es immer leid, wenn ich Sie an der Tür abweisen musste – aber meine Ehre setze ich zum Pfand ein, dass sich Ihnen die Türen von selbst öffnen, wenn Sie in einem eleganten Frack, modernen Hosen und glänzenden Stiefeln mit klirrenden Sporen erscheinen – aber vergessen Sie die Pomaden und Parfüme nicht, denn sie machen den Mann in unserm Klima eigentlich fashionable. Sir Jackson, wenn ein Mann ein seidenes Tuch aus der Tasche zieht, das lieblich duftet, so hat er bei jeder Dame gewonnenes Spiel. Der Dandy muss mit allen Sinnen zu vernehmen sein, vorzüglich aber mit dem Geruch, denn die Riechorgane sind bei den Damen am empfindsamsten, das weiß ich, auf Ehre, ich weiß es ganz genau!«
Mit den letzten Worten zog Kato aus der Seitentasche seines Rockes ein seidenes Tuch hervor, das einen starken, wohlriechenden Duft verbreitete.
»Ist das alles, was ich zu befolgen habe?«, fragte der Pflanzer lächelnd.
»Ja«, antwortete Kato, indem er sich mit dem duftenden Tuch frische Luft zufächelte.
»Gut, so beantworte mir meine Fragen. Sagtest du nicht, Miss Jenny habe dich zum Vertrauten ihrer Herzensangelegenheiten gemacht?«
»Allerdings!«
»Hat sie dir untersagt, darüber zu reden?«
»Nein, warum sollte sie auch?«, gab Kato unbefangen zur Antwort. »Morgen oder übermorgen werden sie doch bekannt. Miss Jenny wird sich verheiraten.«
Der Pflanzer drückte sein Gewehr mit beiden Händen zusammen, als ob sie ein Krampf durchzuckte, und seine großen Augen stierten den Mulatten an, als ob sie ihn durchbohren wollten. Sein männliches, braunes Gesicht aber behielt denselben Ausdruck, es blieb ruhig wie zuvor; selbst die Worte verrieten keine innere Aufregung.
»Wen wird sie heiraten?«, fragte er ernst und langsam.
»Sollten Sie es nicht ahnen, Sir Jackson?«
»Nein! Deine junge Gebieterin ist so liebenswürdig«, fügte er bedeutsam hinzu, »dass ich in der Tat keinen Mann in unserm Distrikt wüsste, der ihrer Hand würdig wäre.«
»Sie haben recht, Sir Jackson, Ihr Urteil freut mich. O dass ich Ihnen meine Lehren früher hätte mitteilen können, vielleicht wäre es Ihnen gelungen …«
»Still, Kato, Miss Jenny hasst mich, ich weiß es. Wen wird sie heiraten?«
»Sir Arthur Makensie, den einzigen Sohn Jakob Makensies, des Bruders ihres verstorbenen Vaters.«
»Kato«, rief der Pflanzer mit glühenden Augen, »kannst du diese Nachricht verbürgen?«
»Gewiss, mein bester Sir Jackson, denn eben die Vorbereitungen zu dieser Heirat sind es ja, die mich zur Eile antrieben. Heute kehrt Sir Arthur aus New Orleans zurück, wo er sich seit einigen Tagen aufhält, um seine Papiere in Ordnung zu bringen, morgen ist die Verlobung und übermorgen wird der Kontrakt unterzeichnet und Hochzeit gemacht. Wenn ich unter diesen Umständen die Nachricht nicht verbürgen kann, dann möchte ich wissen, was sonst eine verbürgte Nachricht sein soll!«
»Nein, das ist nicht möglich«, rief der Pflanzer.
»Es ist möglich und gewiss, wie ich Ihnen sage.«
»Miss Jenny begeht einen übereilten Schritt, der sie unglücklich machen wird!«
»Beruhigen Sie sich, Sir Jackson, Miss Jennys Vater hat diesen Schritt reiflich überlegt, denn es war sein letzter Wille, dass Sir Arthur seine Cousine heiraten soll, und Miss Jenny ist eine zu gehorsame Tochter, als dass sie diesen Willen unerfüllt ließe, selbst wenn sie den ihr bestimmten Bräutigam weniger liebte!«
»O mein Gott«, rief Jackson voll Schmerz und Zorn, »also so weit erstreckt sich der Leichtsinn des alten Makensie, dass er selbst die Tochter nach seinem Tod noch vergeudet! O wenn er noch lebte, ich würde ihn so schonungslos behandeln wie den schlechtesten meiner Sklaven auf der Pflanzung!«
»Sir Jackson«, sagte der Mulatte scheu zurückweichend, »Sie schmälen einen Toten – das ist nicht fashionable – mir scheint, meine Lehren …«
»Einen Toten«, brauste der aufgebrachte Pflanzer auf, »einen Toten? Dieser Mister Makensie wird ewig fortleben in seinen leichtsinnigen Streichen, denn ihre Folgen sind nicht mit ihm ins Grab gegangen, sie äußern ihre trübselige Wirkung noch jetzt und später an den Überlebenden!«
»Sir Jackson«, entgegnete Kato mit Vorwurf, »das ist kein guter Ton, bedenken Sie!«
»Aber ein richtiger Ton, und den will man nirgends hören. Hätte der verstorbene Makensie seine Tochter geliebt, so würde er besser für sie gesorgt haben!«
»Nun, hat er nicht für sie gesorgt? Hat er ihr nicht eine herrliche Pflanzung und jenes reizende Gut hinterlassen, das dort so anmutig durch die Wipfel der Bäume schimmert? Über dreihundert Sklaven von allen Farben gehören zu dieser Besitzung, und mich selbst, der ich es ihm noch im Grabe Dank weiß …«
»Über dreihundert Sklaven gehören zu dieser Besitzung, o ja – weißt du auch, du einfältiger Mulatte, wie viel Schulden dazu gehören?«
Als ob ein Blitz den ganzen Körper Katos durchzuckte, wich er drei Schritte zurück und stammelte mit hoch erhobenem Kopf:
»Mulatte … ich, ein Mulatte? Sir Jackson, ich bin ein Weißer, der drei Jahre in London gewesen ist und seine Erziehung genossen hat – dass die Sonne meine Haut so braun gefärbt hat …«
»Dein Herr hat Schulden, so viel Schulden hinterlassen, dass auch nicht ein Zuckerrohr oder eine einzige Tabakpflanze auf die arme Jenny übergegangen wäre, wenn die Gläubiger ihr Geld eingetrieben hätten. Aber wie lange wird es noch dauern, bis das geschehen wird? Und nun will er das arme Mädchen noch völlig ruinieren, indem er sie durch seinen letzten Willen an einen ebenso leichtsinnigen jungen Menschen fesselt, wie er selbst gewesen ist? Nein, das geht zu weit, das muss jeden ehrlichen Menschen empören, der diese Verhältnisse kennt.«