Kitabı oku: «Die Braut von Louisiana (Gesamtausgabe)», sayfa 3
»Bester Sir Jackson, erlauben Sie mir wohl eine Frage?«
»So rede!«
»Kennen Sie Sir Arthur, den bestimmten Bräutigam meiner liebenswürdigen Miss?«
»Nein, ich habe ihn nie gesehen, ich kenne ihn nur nach dem, was das Gerücht von ihm erzählt.«
»So hat das Gerücht gelogen«, sagte Kato mit großer Bestimmtheit; »Sir Arthur ist mein Zögling, besitzt elegante Manieren und den besten Ton und Geschmack von der Welt. Sir Arthur ist in jeder Beziehung der liebenswürdigen Jenny wert, und ich behaupte, dass es kein schöneres Paar in unserm gesegneten Louisiana gibt als diese beiden jungen Leute. Hätte das Testament des Vaters ihren Vermählungstag nicht festgestellt, sie würden sich sicher schon geheiratet haben.«
»Und welchen Tag bestimmt das Testament?«, fragte der Pflanzer rasch.
»Den fünften Juni, und heute haben wir den dritten.«
»Den fünften Juni!«, wiederholte Jackson mit dumpfer Stimme. »O dass er heiter und Glück bringend über den Bäumen emporstiege, die dort so freundlich die roten Dächer beschatten!«
Kato sah erstaunt den grauen Pflanzer an, der, in ein trübes Nachsinnen versunken, starr auf den Lauf seines Gewehres blickte; er schien über einen Plan nachzudenken. Dem Mulatten wurde unheimlich zumute; langsam steckte er sein duftendes Tuch in die Tasche und trat einige Schritte zurück.
»Sir Jackson«, sagte er schüchtern nach einer Pause, »jetzt muss ich fort – leben Sie wohl!«
»Halt«, rief dieser mit befehlender Stimme, »ich bedarf deiner!«
»Wie, Herr, Sie bedürfen meiner?«
»Ich begleite dich!«
»Wohin?«
»Zu der Besitzung Miss Jennys! Dort wirst du mich melden bei deiner jungen Gebieterin.«
»Aber, Herr, gerade heute, wo sie ihren Bräutigam erwartet, wollen Sie …«
»Sage deiner Gebieterin, dass ich in ihrem Interesse über einen sehr wichtigen Gegenstand mit ihr reden müsste, und heute, in dieser Stunde noch. Würde sie mir wiederum den Zutritt verweigern, wie sie es bis jetzt stets getan hat, so möge sie sich nicht wundern, wenn sie etwas träfe, was sie nicht für möglich gehalten hätte. Los jetzt«, befahl Jackson, indem er sein Gewehr über die Schulter warf, »die Sonne brennt nicht mehr durch die Lichtung, Mittag ist vorüber!«
Kato wagte kein Wort der Einrede mehr; mit einem tiefen Seufzer setzte er sich in Bewegung und schlug den Weg zu den Häusern ein. Jackson folgte schweigend, er hatte selbst die erloschene Pfeife nicht wieder angezündet, sondern sie ruhig in die tiefe Seitentasche seines grauen Rockes gesteckt.
Der Weg wurde mit jedem Schritt, den die beiden Männer zurücklegten, breiter und luftiger, das heckenartige Dickicht zu beiden Seiten wurde stets lichter, bis endlich die Baumstämme so weit voneinander entfernt standen, dass das niedrige Gestrüpp und die Ranken nur noch selten einen Stützpunkt fanden; sie wanden sich auf dem trockenen Boden fort.
Nach einer Viertelstunde lief der Weg auf einen großen Rasenplatz aus, auf dem vereinzelte, aber regelmäßig angelegte Gruppen von Palmen und Zedern standen, deren Zweige und Stämme dergestalt von Reben und großblättrigem Jasmin umwunden waren, dass sie ziemlich große Räume völlig vor den Sonnenstrahlen schützten. Diese schattigen Plätze wurden von künstlich angelegten und sorgfältig gepflegten lebendigen Hecken eingezäunt, in denen sich zierliche, weiß angestrichene Holzgitter befanden, die die Türen bildeten. Unter den dicken, kräftigen Stämmen selbst, die einen regelmäßigen Kreis bildeten, standen elegante Holzbänke, Stühle und Tische, von denen einige mit farbigen Decken überhangen waren. Die Räume, die zwischen diesen einzelnen Baumgruppen lagen, waren hin und wieder mit Bosketts geschmückt, aus deren dunklem Grün prachtvolle Blumenkelche in üppigen Farben emporragten und die Luft, trotz der drückenden Hitze, mit einem würzigen Duft erfüllten. Breite Schlangenwege, nach englischem Geschmack gestaltet, durchzogen diesen duftigen Park, in dessen Mitte sich die Gruppe freundlicher Häuser erhob, die der Pflanzer auf dem Kreuzweg zum Gegenstand seiner Betrachtungen erkoren hatte.
Kato kannte diese Wege genau. Als ob ihn der Faden der Ariadne leitete, schritt er keuchend durch die verschiedenen, von ihm gewählten Schlangenwindungen, bis er endlich auf einen freien, mit feinem Kies bestreuten Platz gelangte, der auf einer Seite von der Fassade eines eleganten, zweistöckigen Hauses und auf den übrigen Seiten von dichtem Gebüsch begrenzt wurde, durch dessen dunkles Laub die weißen Mauern und glänzenden Fenster der Wirtschaftsgebäude schimmerten.
In der Mitte dieses Platzes rauschte eine Fontäne einen starken Wasserstrahl empor, der, nachdem er die Pflanzen in seiner Nähe mit einem leichten Sprühregen betaut hatte, in ein großes Marmorbecken zurückfiel, um einen klaren Teich für lustige Fischlein zu bilden.
Von dem Becken bis zu der hohen Mitteltür des Hauses zog sich eine Allee dicht belaubter Bäume, aus deren Zweigen der hundertstimmige Gesang munterer Vögel erklang, die sich gern in der Nähe des kühlenden Wassers aufhielten.
Durch diese Allee ging Kato, nachdem er neben dem Wasserbecken einen Augenblick stillgestanden und einige Züge kühler Luft genossen hatte. Jackson, der ihm stets auf den Fersen war, folgte ernst und schweigend.
Als die beiden Männer die breiten Steinstufen der Freitreppe vor dem Haus erreicht hatten, wandte sich der Mulatte zu seinem Begleiter.
»Sir Jackson«, sagte er, »was soll ich meiner Gebieterin melden?«
»Narr«, antwortete der Pflanzer finster, indem er den Kolben seines Gewehrs auf die Steinplatte setzte, »ich habe es dir schon gesagt: Melde, dass ich in einer dringenden Geschäftsangelegenheit eine Unterredung mit ihr verlange. Weigert sie sich, mich zu empfangen, so bedeute ihr, dass es in ihrem Interesse ist.«
»Ich fürchte«, sagte Kato seufzend, »dass dieses Bedeuten Ihnen kein Gehör verschaffen wird, wenn Miss Jenny nicht geneigt ist, Sie vorzulassen. Hätten Sie nur einen eleganten Frack an, moderne Hosen und blanke Stiefeln, dann würde ich nicht alle Hoffnung aufgeben – so aber zweifele ich.«
»Tue, was ich gesagt habe«, befahl Jackson ungeduldig, indem er heftig mit dem Gewehr auf den Stein stieß, dass es laut dröhnte.
Trotz seiner Ermüdung sprang Kato mit einem Satz zwei Stufen hinauf.
»Gut«, sagte er erschrocken, »so treten Sie in den Saal, ich werde Sie melden!«
Der Mulatte öffnete eine Glastür, die zu einem kleinen Vorgemach ohne Möbel führte. Dann zog er an einer Glocke.
Kaum eine Minute verstrich und eine andere Tür wurde von innen geöffnet. Eine junge Negerin in weißer bengalischer Kleidung erschien auf der Schwelle. Als sie den Mulatten mit seinem grauen Begleiter erblickte, trat sie zurück und ließ die beiden Männer eintreten. Dann schloss sie die Tür wieder.
»Katty«, flüsterte der Mulatte zu der Negerin, »führe mich zu Miss Jenny, ich habe mit ihr zu reden. Sir Jackson«, wandte er sich zu dem Pflanzer, »nehmen Sie Platz, ich kehre in zwei Minuten zurück.«
Jackson war allein. Ruhig, die Hand auf sein Gewehr gestützt, blieb er in der Mitte des eleganten Saales stehen und begann, sich mit dessen Betrachtung zu unterhalten. Die Seite, die der Tür gegenüberlag, durch die er eingetreten war, bestand fast nur aus einem einzigen großen Fenster, hinter dem sich ein duftender Garten darbot. Zwei große Glasflügel in dieser Fensterwand waren geöffnet – statt ihrer füllten leichte Holzrahmen, mit dünnem, weißem Gaze bespannt, die entstandene Öffnung aus, sodass die duftgeschwängerte Luft des Gartens freien Einzug hatte und das Eindringen der Insekten und Moskitos verhindert wurde. Ein zierlicher Kronleuchter aus Kristall hing an einer starken, roten Schnur von dem schön bemalten Plafond herab und die reichen Tapeten an den Wänden zeigten Ansichten alt-römischer Städte, Plätze und Gebäude. An jeder Seite, wo sich keine Tür befand, standen niedrige Ottomanen mit schwellenden Polstern, vor denen sich kostbare rote und blaue Fußteppiche ausbreiteten. Mit einem Wort, der Saal war einfach, aber bequem und reizend ausgestattet.
Schmerzlich ruhten die Blicke des Pflanzers auf allen diesen Gegenständen, und wer den Mann in seiner grauen, fast ärmlichen Kleidung so gesehen hätte, würde unwillkürlich auf die Vermutung gekommen sein, er betrauere seine Armut und beneide die Besitzerin um ihren Reichtum.
Jackson brauchte nicht lange zu warten, denn kaum waren fünf Minuten vergangen, als Kato wieder erschien.
»Sir Jackson«, sagte er mit trübseligen Mienen, »Miss Jenny Makensie bedauert, Sie nicht empfangen zu können …«
»Warum?«, fragte der graue Pflanzer heftig und barsch.
»Sie ist mit Eva, ihrem Kammermädchen, beschäftigt, den Brautstaat zu prüfen, der vor einer Stunde aus New Orleans angekommen ist.
»Ein wichtiger Grund!«, murmelte Jackson.
»Hast du ihr auch alles gesagt, was ich dir aufgetragen habe?«
»Alles, Herr, nicht eine Silbe habe ich verschwiegen. Wie es scheint, hegt Miss Jenny eine besondere Abneigung gegen Sie, und ich glaube den Grund dafür zu kennen.«
»So nenne ihn mir!«
»Blicken Sie dort in jenen Spiegel und Sie wissen ihn.«
Unwillkürlich richteten sich die Blicke des Pflanzers auf den hohen Spiegel. Das fein geschliffene Glas gab seine Gestalt und die des aufgeputzten Mulatten zurück, der sich selbstgefällig und mit den schmutzig gelben Händen sein weißes Hemd ordnend darin betrachtete.
»Du hast recht, Kato«, sagte der Pflanzer schmerzlich lächelnd, »ich passe nicht in dieses Haus. Doch sage deiner Gebieterin«, fügte er mit dumpfer Stimme hinzu, »dass ich mich dennoch zur Hochzeit einfinden werde, ohne festliche Kleidung anzulegen. Bis dahin lebe wohl!«
Mit den letzten Worten warf er seine Büchse über die Schulter, öffnete die Tür und verließ, dem Anschein nach ruhig, den Saal.
Kopfschüttelnd schloss der Mulatte die Tür wieder.
»Ich kann nicht begreifen«, murmelte er lächelnd vor sich hin, »wie der große Pflanzer sich noch wundert, dass ihn Miss Jenny, die zarteste und eleganteste Dame, die ich kenne, nicht empfangen will! Nun, ich hoffe, der Spiegel wird ihm das, was ich ihm schon oft gesagt habe, bestätigt haben, denn er machte ein gar jämmerliches Gesicht, als er mich neben sich erblickte – ja, fashionable sein ist auch eine Kunst, zu der nicht etwa Geld und Gut gehört, um sie auszuüben, sondern Talent, Geschmack und Genie! Und dass ich dieses alles besitze, hat mir Eva, die sonst nicht leicht zufriedenzustellen ist, zugestehen müssen. O du reizende Eva, deine Worte haben mir mein Ziel gesteckt: Ich will der fashionabelste aller Männer werden, die je ein weibliches Wesen geliebt haben. Übermorgen, wenn meine Gebieterin sich verlobt, erscheine ich zum ersten Mal in einem grünen Frack mit goldenen Knöpfen – gerade, wie ihn Sir Arthur trägt. In diesem Frack trete ich vor Eva hin und werbe um ihre Hand, und bei Gott, es müsste nicht mit rechten Dingen zugehen, wenn sie mir einen Korb erteilte. Was der Anzug noch zu wünschen übrig lässt, ersetzen meine Worte, meine Manieren. – Eva, du wirst in Fesseln geschlagen, selbst wenn du dich mit der Büchse des Pflanzers bewaffnest, der wie ein Bandit die Waldungen durchstreift!«
Eine Glocke unterbrach das Selbstgespräch des Mulatten. Sie musste ihm gelten, denn ohne die Absicht, vor den Spiegel zu treten, auszuführen, ging er schnell auf die Tür zu, durch die er zuvor verschwunden war, um den Pflanzer zu melden, und verließ den Saal.
Jackson hatte die Besitzung Miss Jennys verlassen und wieder denselben Weg eingeschlagen, auf dem wir ihn begleitet haben.
Als er an der Stelle ankam, wo die beiden Wege sich kreuzen, fand er einen Neger mit einem gesattelten Pferd vor. Ohne mit dem Sklaven ein Wort zu wechseln, schwang er sich in den Sattel, gab dem kräftigen Tier die Sporen und entschwand nach kurzer Zeit den Blicken des langsam folgenden Negers.
3.
Es wurde Abend. Die glühenden Sonnenstrahlen hatten sich hinter den Wald zurückgezogen, dessen höchste Wipfel wie von einem Feuermeer umfangen schienen. Alle Türen und Fenster von Jennys Wohnung waren geöffnet, um dem kühlen Hauch der Nacht den Eintritt in die schwülen Räume zu gestatten. Im Westen glühte der Horizont im dunklen Purpur der scheidenden Sonne und im Osten tauchte ein Stern nach dem andern auf, stärker und immer stärker blitzend, je nachdem die Abendröte sich verminderte.
An dem Wasserbecken im Hof war es noch lebendig. Mehr als ein Dutzend Neger und Negerinnen füllten dort ihre Gefäße aus Holz oder Blech mit dem klaren Wasser, eilten dann in verschiedenen Richtungen zum Park und tränkten die Blumen auf den Beeten, dass sie die müden Kelche wie erfrischte Augenlider hoben und die stille Luft mit Wohlgeruch durchzogen. Zwei alte Neger, die Aufseher des Parks und der Gärten, leiteten dieses Geschäft, denn man sah sie den Wasserträgern Befehle erteilen.
Als die Millionen Lichter des Himmels in voller Pracht erglänzten, die in dieser Region der Erde den Nächten einen unnennbaren Reiz verleihen, um die Bewohner für den drückenden Tag zu entschädigen, schritt eine weiße Frauengestalt die Stufen hinab, die aus dem Saal, wo der Pflanzer auf Katos Antwort gewartet hatte, in den Garten führten. Die Dame trug ein leichtes seidenes Kleid, das leise über den Boden rauschte, und einen langen, weißen Schleier, den Sie zweimal um Brust und Schultern geschlungen hatte, ohne das Gesicht zu verdecken, das sich lebhaft nach allen Seiten wandte, als ob es alle Düfte des erquickenden Abends, die ihm entgegenströmten, auf einmal genießen wollte. Ein junges Mädchen in einfacher, weißer Kleidung, dessen dunkles Haar in zwei langen Flechten über den Rücken herabfiel, folgte dieser Dame in kurzer Entfernung.
Der klare Sternenhimmel verbreitete so viel Licht über die feierlich schweigende Natur, dass die schimmernden Farben der hervorragenden einzelnen Blumen auf den Beeten und Gesträuchen noch deutlich zu erkennen waren; nur wo die Zweige der Zypressen über den Weg herabhingen, webten die dunklen Schatten der Nacht, denn das Blätterdach war so dicht, dass es die Aussicht auf das Firmament völlig verdeckte und die sanften Strahlen der Sterne in sich aufnahm.
Wie die Farbe der Blumen bei diesem Licht zu unterscheiden war, war es auch nicht minder die Gesichtsfarbe der beiden Frauen. Beide Gesichter waren weiß, und ein jedes hatte ein Paar Augen, die mit dem Glanz der Sterne zu wetteifern schienen. Die dunklen Haare der Ersteren wallten in Locken über die Wangen auf den weißen Schleier herab, die der Letzteren teilten sich auf der Mitte des Kopfes in einen Scheitel und fielen, wie schon gesagt, in langen Flechten über den Rücken herab.
In einer Entfernung von vielleicht fünfundzwanzig Schritten folgten noch zwei andere weibliche Gestalten, deren Kleidung und Kopfputz die dienenden Kreolinnen verrieten.
So waren die beiden Frauen schweigend durch die Gänge des duftenden Gartens geschritten und hatten bald hier, bald dort die Reize des herrlichen Blumenflors eingesogen, als die Voranschreitende sich einem leichten Baldachin näherte, der von fünf schlanken, glänzenden Säulen getragen und rings von Blumenbeeten eingeschlossen wurde. Wie ermüdet ließ sie sich auf einer darin befindlichen Ottomane nieder, löste den weißen Schleier von ihrem Hals, dass ein Teil der glänzenden Schultern sichtbar wurde, und warf sich wie ein schmollendes Kind in die weichen Kissen zurück. Rasch trat ihre Begleiterin hinzu und schob ein Polster vor die Ottomane, auf der sich die zarten Füße der Ermüdeten behaglich ausstreckten.
»Eva«, sagte die Dame mit einer zarten, lieblichen Stimme, »setze dich mir zur Seite – mir ist diesen Abend so wunderbar ums Herz, dass mich selbst der Spaziergang unter meinen Blumen nicht zu zerstreuen vermag. Den ganzen Tag sehnte ich mich nach dieser Stunde, und jetzt, wo sie gekommen ist, finde ich dennoch keine Befriedigung – ich weiß meinem Gemütszustand keinen Namen zu geben. Setze dich, wir wollen hier den Abend verträumen.«
»Mein Gott, Miss Jenny, ist das denn ein Wunder?«, antwortete die Angeredete in einem heiteren Ton, indem sie sich auf das Kissen zu den Füßen der Dame niederließ. »Wie soll einer Braut am Abend vor ihrer Verlobung anders ums Herz sein als wunderbar? Ich kenne zwar diesen Herzenszustand nicht aus eigener Erfahrung, ich kann ihn mir aber lebhaft vorstellen. Und bei Ihnen kommt nun noch das Unangenehme hinzu, dass der Bräutigam, der schon mittags eintreffen sollte, abends noch nicht da ist, um den Platz an der Seite der Braut auszufüllen und mit ihr zu kosen. Glauben Sie mir, Miss Jenny, ist dieser Platz ausgefüllt mit dem, der ihn ausfüllen soll – sie deutete auf den Platz an Jennys Seite –, so ist auch der in dem Herzchen ausgefüllt, das sich jetzt durch den prachtvollen Abend und die herrlichen Blumen nicht erheitern lassen will.«
»Glaubst du?«, fragte Jenny mit einem Seufzer und legte ihre zarte Hand auf den Kopf der knienden Eva.
»Miss Jenny«, rief Eva verwundert, »ob ich das glaube? Und in welchem Ton sagen Sie mir diese Worte? Ist denn der Zustand Ihres Herzens von der Art, dass ihn selbst die Nähe des Bräutigams nicht verbessern kann? Und den ganzen Tag, den wir von Sir Arthur plauderten und jeden Augenblick durch das Fenster in den Hof sahen, ob er noch nicht angesprengt käme, haben Sie nicht ein Wort davon gesagt? Wer weiß, was ihn abgehalten hat, zu der bestimmten Stunde einzutreffen, und ich wette, dass er Sie in seine Arme schließt, ehe Sie es denken. Entweder hat Sir Arthur Geschäfte, die ihn abhalten, oder er beabsichtigt einen Scherz damit, dass er uns warten lässt. Ich weiß genau«, fügte sie flüsternd hinzu, »dass er Sie herzlich liebt, denn es liegt ihm alles daran, dass übermorgen, dem von Ihrem seligen Vater festgesetzten Tag, die Vermählung stattfindet. Und dann sind Sie aller Sorgen enthoben: Sie brauchen sich nicht mehr um die Bewirtschaftung der ausgedehnten Plantagen und um die Zucht der widerspenstigen Neger zu kümmern – diese Last nimmt Ihnen dann der Gemahl ab.«
»Du hast recht, Eva, die armen Sklaven machen mir viel Kummer, und umso mehr, da ich weiß, dass sie mir mit Leib und Seele zugetan sind. Sinnen sie nicht ohne Unterlass auf Mittel, mir zu gefallen? Suchen Sie nicht dem geringsten meiner Wünsche, selbst meinen kleinen Launen zuvorzukommen? Seit mein guter Vater vor zwei Jahren gestorben ist, herrsche ich wie eine souveräne Königin in der ausgedehnten Besitzung, die er mir hinterlassen hat, und ich muss bekennen, mitunter ein wenig despotisch – aber stets ist das Herz da, um die Fehler des Kopfes sofort wieder zu verbessern – und nicht wahr, Eva, meine Untertanen sind meine Freunde?«
»Das kann ich verbürgen, meine teure Miss!«, rief Eva fast mit Enthusiasmus. »Jeder Ihrer Sklaven ist bereit, sich für Sie in Stücke reißen zu lassen. Sie sind aber auch stets so gut und nachsichtig mit diesen Negern gewesen, dass ihre Anhänglichkeit eine ganz natürliche Folge ist.«
»Sieh, meine Eva, dass ich diese armen Menschen nun unter die Botmäßigkeit eines Mannes stellen soll, macht mir in der Tat Kummer, und sooft ich einen von ihnen sehe, möchte ich weinen.«
»Sollte Sir Arthur tyrannisch verfahren, wie zum Beispiel unser Nachbar Jackson, den wir heute Mittag haben abweisen lassen, so sind Sie ja immer noch da, um ein mildes Wort einzulegen. Und bei Gott, Sir Arthur ist ein fein gebildeter Mann, er ist kein Jackson …«
»Eva«, rief die junge Herrin auffahrend, »sprich nicht von diesem Menschen, du weißt, dass ich eine Abneigung gegen ihn hege, die ich füglich mit dem Namen Furcht bezeichnen kann. Ich gestehe zu, dass es eine Schwäche ist, da ich zu dem Mann in keiner Beziehung stehe; aber halte es, wofür du willst, ich bin meiner so wenig mächtig, dass ich schon zittere, wenn ich seinen Namen nennen höre. Selbst als ich noch ein Kind war, floh ich erschrocken aus dem Zimmer, wenn er eintrat, um mit meinem Vater in Geschäftsangelegenheiten zu reden. Ich erinnere mich, dass meine Furcht vor dem wild aussehenden Mann so weit ging, dass er mir mit seinem schwarzen Bart und großem Hut im Traum erschien und mich weinen und zittern machte. Mit den Jahren verwandelte sich meine Furcht in Antipathie und ich war glücklich, als er mit dem Tod meines Vaters seine Besuche einstellte. Ich glaube, Eva, mein Gemütszustand ist eine Folge des Besuchs, den mir Sir Jackson diesen Mittag zudachte. Was mag er nur wollen? Ich habe ihm bei verschiedenen Gelegenheiten meine Abneigung schon so deutlich zu erkennen gegeben, dass er gewiss nicht mehr darüber in Zweifel sein kann.«
»O mein Gott«, antwortete Eva unwillig und drückte Jennys Hand fest in die ihre, »kümmern Sie sich doch nicht um diesen groben Pflanzer! Vielleicht ist er diesen Mittag gekommen, um Sie in einen Prozess zu verwickeln, denn wie ich hörte, geht er stets darauf aus, sich auf diese Weise zu bereichern; soviel er auch besitzt, so grenzenlos geizig und habsüchtig soll er dabei sein.«
»Der Mann ist mir in tiefster Seele verhasst – ich will ihn nie, nie wieder sehen! Schärfe allen meinen Domestiken ein, dass er mir nie, sooft er auch kommen mag, gemeldet werde, denn allein sein Name genügt schon, um meinen Missmut zu wecken: Er macht mich unwillkürlich zittern, wie die Ahnung vor einer unbekannten Gefahr.«
»Beruhigen Sie sich, liebe Miss, so pünktlich und genau wie dieser soll noch keiner Ihrer Befehle erfüllt worden sein, denn niemand mag den Pflanzer leiden, alles flieht ihn wie eine bösartige Schlange. Doch nun genug über diesen unangenehmen Gegenstand, wir wollen ein heiteres Gespräch beginnen, denn ein Bräutchen, und überdies ein so schönes Bräutchen wie Sie, darf den Hochzeitstag nicht durch einen Tränenschleier herannahen sehen – Herz und Auge müssen fröhlich sein, damit der Bräutigam an das Glück seiner jungen Frau und an sein eigenes glaubt.«
»Eine schwere Aufgabe«, seufzte Jenny; »ich soll den Bräutigam an ein Glück glauben machen, an dem ich selbst verzweifeln möchte!«
»O nein«, antwortete Eva rasch, »dazu haben Sie wahrlich keinen Grund.«
»Wenigstens bilde ich mir ein, dass kein Grund vorhanden ist.«
»Miss Jenny«, flüsterte Eva, und das Licht der Sterne ließ ein schalkhaftes Lächeln auf ihrem niedlichen Gesicht erkennen, »soll ich Ihnen meine Ansicht über die ganze Sache mitteilen?«
»Nun, so rede!«
»Ich glaube, Sie werden von der Eifersucht geplagt. Habe ich recht?«
»Wie man es nehmen will«, antwortete Jenny in einem gleichgültigen Ton.
»Ja, wie man es auch immerhin nehmen will, ich habe recht, und Sie haben auch recht, denn Sir Arthur ist ein schöner, liebenswürdiger Mann. Es ist eine wahre Lust, ihn zu sehen, wenn er auf seinem prächtigen Pferd die Allee herangesprengt kommt, die wir von der Terrasse unseres Hauses bis an den Wald übersehen können – mir kommt es immer vor, als ob das Tier stolz wäre, seinen schmucken, schlanken Reiter zu tragen! Nun«, fügte sie einschmeichelnd hinzu, »ist es nicht so?«
»Nicht ganz so«, antwortete die junge Braut mit einem Seufzer, und ihre Augen erglänzten heller in dem milden Sternenlicht, denn eine Träne drängte sich gewaltsam in ihnen hervor.
»Das verstehe ich nicht«, sagte die Zofe verwundert.
»Höre mich an, und du wirst mich verstehen.«
Ein Geräusch in der nahe stehenden Zypressengruppe unterbrach plötzlich die Stille des Abends.
Jenny fuhr erschrocken auf.
»Was ist das?«, rief sie leise.
Die beiden Mädchen lauschten.
»Was wird es sein?«, fragte Eva laut. »Ein Vogel flattert durch die Blätter, das ist alles.«
Und in der Tat, nach einem Augenblick wiederholte sich dasselbe Geräusch, ein mächtiger Nachtfalter schwang sich aus den rauschenden Zypressenzweigen empor und eilte mit lautem Flügelschlag über den Baldachin hin dem Wald zu.
»Da haben Sie die Erklärung, Miss!«, lachte Eva und schlug dabei ihre Hände zusammen, dass in allen Baumgruppen, die kleinen Hainen glichen, das Echo wach wurde. Dann lauschte sie einen Augenblick, als ob sie die Wirkung dieses Manövers erwartete – und sie hatte sich nicht getäuscht, denn hier und da rauschte es abermals in den Zweigen und Gesträuchen, und eine Menge Vögel verließen erschrocken ihr Versteck, das sie sich für die Nacht gesucht hatten.
»So«, sagte das muntere Zöfchen und nahm seinen Platz zu den Füßen der Gebieterin wieder ein, »jetzt werden wir vor den Nachtvögeln Ruhe haben – fahren Sie fort, ich werde hören.«
»Wo waren wir stehen geblieben?«, fragte Jenny, durch die Unterbrechung zerstreut.
»Bei der Eifersucht!«
»Ganz recht! Nun so höre: Schon früh hat mich mein Vater an den Gedanken gewöhnt, in Arthur den künftigen Gefährten meines Lebens zu betrachten. Sooft es Zeit und Umstände erlaubten, musste der junge Mann von Boston, wo sein Vater lebte, zu uns kommen und wochen-, selbst monatelang hier verweilen. Wir waren damals beide fast noch Kinder, und ich muss bekennen, dass ich den munteren Gespielen mit freudigem Herzen empfing und weinend von ihm schied, wenn er mich verlassen musste, um seinen Studien auf der Hochschule zu Boston nachzugehen. Als er auf längere Zeit von uns schied, um nach London zu gehen und dort bei einem Onkel seine Bildung zu vollenden, schloss ich ihn wie einen Bruder in meine Arme, weinte heiße Tränen des Schmerzes an seinem Hals und bat ihn dringend um baldige Wiederkehr. So blieb er drei Jahre aus, und als er diese Besitzung wieder betrat, war sein Vater gestorben – aber auch der meine. Wir standen beide als Waisen in der Welt. Dass nach einem Zeitraum von drei Jahren die kindliche Zärtlichkeit nicht mehr dieselbe war, kannst du dir wohl denken; Arthur war ein schöner junger Mann geworden von feinen Sitten und Manieren, und ich …«
»Sie eine schöne junge Dame«, fiel Eva der Erzählenden rasch ins Wort, »die dem schönen jungen Mann wohl gefallen musste – ich kann mir das denken! Doch weiter.«
»Doch mehr als dieser Umstand«, fuhr Jenny fort, »brachte das Testament meines guten Vaters eine Veränderung in unserer gegenseitigen Stellung hervor. Die Bestimmung, dass wir uns heiraten sollten, zog plötzlich einen Schleier über die glücklich verlebte Jugend, und die Zukunft erschien mir in einem ganz andern Licht. Arthur war nicht mehr der kindlich frohe Jugendgespiele, sondern der aufmerksame, galante Liebhaber, und ich … ich konnte mich nur mit einem sonderbar schmerzlichen Gefühl von dem Gedanken losreißen, dass ich den Jugendfreund verloren, und an den gewöhnen, dass ich einen Bräutigam in derselben Person dafür erhalten hatte. Da ich wusste, dass mein Vater stets nur mein Glück im Auge gehabt hat, vergaß ich indes bald den munteren Knaben und Arthur wurde mir endlich das durch die Gewohnheit, was er mir nach der Bestimmung des Testaments sein sollte.«
»Das heißt, Miss Jenny, Sie lieben ihn, wie man einen Bräutigam lieben muss?«
»Ich weiß es nicht; nur soviel fühle ich, dass es mich unglücklich machen würde, wenn der Wille meines Vaters nicht in Erfüllung ginge. Und darum erregt der Gedanke, ich bekenne es offen, dass Arthurs Neigung durch einen andern Gegenstand gefesselt würde, ein schmerzliches, peinigendes Gefühl in mir. Willst du dieses Gefühl nun Eifersucht nennen, so hast du recht.«
»Ja, ja, es ist Eifersucht«, rief Eva, »Eifersucht in bester Form und vollster Bedeutung! Sir Arthur verdient übrigens eine derbe Lektion, dass er durch sein Ausbleiben ein so peinigendes Gefühl in seiner Braut erweckt – übermorgen soll Hochzeit sein, und heute lässt er über Gebühr auf sich warten – er hätte seine Geschäfte wohl aufschieben können.«
»Du hast recht, Eva!«
»Doch seien Sie ohne Sorgen, denn ich bin der festen Überzeugung, dass Sie in New Orleans keine Rivalin haben, es müsste denn ein Engel zur Erde niedergestiegen sein, der durch seine himmlischen Reize die höchsten irdischen verdunkeln will – und an Wunder glaube ich nicht mehr, oder Sir Arthur müsste mit völliger Blindheit geschlagen sein. Darum verbannen Sie die Sorgen und, wenn es geht – auch die Eifersucht!«
»Ich betrachte den Willen des verstorbenen Vaters als einen Befehl des Himmels und seine Erfüllung als einen Segen, der Heil bringend auf meinem ganzen Leben ruht. Von welcher Seite her eine Vereitelung auch drohen mag – sie wird mich unglücklich machen.«
»Aber, Miss«, rief Eva, »wollen Sie vielleicht dem Erscheinen des wilden Pflanzers eine üble Vorbedeutung beilegen?«
»Eva, ich kann es nicht leugnen!«
»So müsste unserm armen Kato schon sehr viel Unglück widerfahren sein, denn er klagte mir noch heute Mittag, dass er dem ungeschlachten Nachbarn sehr oft begegnen würde, und zwar allein, mitten im Wald.«
»Genug, Eva, mir wird schauerlich zumute, wenn ich daran denke! Nun komm, wir wollen uns in den Saal zurückziehen und das Nachtmahl ohne Arthur einnehmen, denn mir scheint, er wird diesen Abend nicht mehr kommen.«
Jenny erhob sich und schlang den weißen Schleier wieder um Hals und Schultern.
Die Nachtkühle hatte sich eingestellt. Durch die Zweige und Blätter einer gigantischen Maulbeerfeige, die wie ein schwarzer Koloss in einiger Entfernung von dem Baldachin stand, den die beiden jungen Mädchen in diesem Augenblick verließen, strahlte ein dunkles Feuer, das nach und nach jeden einzelnen Zweig deutlich erkennen ließ. Es war der Mond, der in voller Pracht hinter dem Wald hervortrat und dieses großartige Schauspiel veranlasste. Die Beete und Gänge des Gartens, die von den Umrissen des riesigen Baumes nicht verdeckt wurden, lagen bereits in einem hellen Licht da, und die Fenster des nahen Wohnhauses erglänzten wie flimmernde Spiegel.
Jenny hatte sich auf den Arm der Zofe gestützt und schritt langsam, das Gesicht zu dem magisch beleuchteten Baum gerichtet, durch die breiten Wege, in denen die Schatten der Zweige sich wie graue Flecken abmalten.
Die beiden jungen Mädchen sprachen kein Wort – der schweigende, duftende Garten in dieser Beleuchtung hatte alle ihre Sinne gefesselt, und die junge Braut vergaß auf einige Augenblicke den Kummer des Herzens. Und in der Tat, die Poesie eines mondbeleuchteten Haines in Louisiana ist wohl geeignet und mächtig genug, die Mängel und Leiden der Erde vergessen zu machen.