Kitabı oku: «Die Braut von Louisiana (Gesamtausgabe)», sayfa 4

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Eva erriet den Gemütszustand ihrer Herrin, deshalb schlug sie unbemerkt einen Seitenweg ein, der nicht direkt auf das Haus zuführte – sie wollte, dass Jenny sich noch ein Weilchen ihren Illusionen überlässt.

Ein lauter Seufzer entquoll der Brust der Braut, als sie an einer Gruppe Zypressen vorübergingen, in deren Nacht ein Singvogel sein melancholisches Lied ertönen ließ. Das Mondlicht fiel in ihr zart gerötetes Gesicht, und Eva, die teilnehmend jeder Bewegung der geliebten Herrin folgte, sah deutlich, wie jedem ihrer Augen eine große Träne entrollte, zitternd auf der lieblichen Wange einen Augenblick still stand und dann in die Falten des weißen Schleiers fiel.

Auch Eva seufzte laut und hatte Mühe, ihre Tränen zu unterdrücken.

Jenny stand an der Schwelle, die im Leben der Jungfrau den wichtigsten Abschnitt bildet – der nächste Schritt musste über das Glück oder Unglück ihrer ganzen irdischen Laufbahn entscheiden. Die verzögerte Ankunft des Mannes, in dessen Hand sie ihr künftiges Geschick legen sollte, des Mannes, der ihrem Herzen alles ersetzen sollte, was ihm noch fehlte, um ganz glücklich zu sein, hatte zum ersten Mal dem jungen Mädchen Anlass gegeben, einen ernsten, forschenden Blick in ihr Herz zu werfen, und kalt wie der Strahl der Wintersonne erhellte er ihr Inneres. Die Tochter fand Beruhigung in dem Gefühl der Pflichterfüllung; die Jungfrau aber fand keine Empfindung, die ihr auch nur die leiseste Bürgschaft für das künftige Glück gewährte. Ihr war in dem Augenblick, als sie das klagende Lied des Vogels hörte, so beklommen um die Brust, dass sie laut in die Klagen des gefiederten Sängers hätte mit einstimmen mögen.

Eva war weit entfernt, den wahren Grund der Tränen und des Seufzers auch nur zu ahnen, denn nach ihrer Ansicht waren Arthur und Jenny füreinander geschaffen – sie liebten sich, und ein glückliches Verhältnis musste sich notwendig gestalten. Das Ausbleiben des Bräutigams suchte sie sich durch eine unerwartete Geschäftsverlängerung zu erklären.

»Miss Jenny«, sagte sie in einem erkünstelten unwilligen Ton, als sie in die Nähe des Hauses kamen, »darf ich mir eine Erlaubnis ausbitten?«

»Rede, liebe Eva, du weißt ja, dass ich dir nichts abschlagen kann. Wozu bedarfst du meiner Erlaubnis?«

»Zu einer tüchtigen Strafpredigt, die ich Sir Arthur halten will, wenn er zurückkehrt.«

»Ich glaube kaum«, antwortete Jenny, dass sie angebracht ist. Trägt er freiwillig die Schuld, mag ihn sein Herz bestrafen, und hält ihn ein wichtiges Hindernis, vielleicht ein Unglück ab, ist er nicht minder zu beklagen als ich.

In diesem Augenblick stieg Kato die Stufen der Treppe herab und kündigte an, dass das Nachtessen bereit sei. Eva begnügte sich mit der erhaltenen Antwort.

»Miss«, sagte der Mulatte mit einer tiefen Verbeugung, »befehlen Sie meine Anwesenheit bei Tisch?«

»Ich danke dir, Kato, Eva wird für die Bedienung sorgen.«

Die junge Herrin stieg die Stufen der Treppe hinan. Kato und Eva folgten.

Als sie in dem erleuchteten Saal angelangt waren, wollte Kato einige verbindliche Worte, auf die er schon seit einer halben Stunde gesonnen hatte, an die niedliche Zofe richten, und schon öffnete er den Mund, um sie so zart wie möglich zutage zu fördern – da wandte sich Jenny noch einmal zu ihm und vereitelte seine Absicht.

»Kato!«, rief sie zurück.

Der Mulatte trat näher und verbeugte sich mit edlem Anstand.

»Was befehlen Sie, Miss?«

»Der Mond steht glühend rot am Himmel, er prophezeit für morgen eine große Hitze.«

»Ganz recht, Miss Jenny, eine fürchterliche Hitze, wie wir sie diesen Sommer noch nicht gehabt haben«, bekräftigte Kato.

»So befehle ich hiermit«, fuhr Jenny fort, »dass die Sklaven morgen nicht in die Pflanzungen zur Arbeit gehen, sie sollen ruhen!«

»Wie«, rief der Mulatte bestürzt, »die Sklaven sollen morgen ruhen, wo ich sie bereits zu den verschiedenen Feldern eingeteilt habe? Nein, Miss, das geht nicht!«

»Warum?«

»Die einmal gegebenen Befehle müssen ausgeführt werden, oder mein Ansehen kommt in Gefahr. Diese Brut von schwarzen Geschöpfen hat keine Disziplin im Leibe, nur der Bambus kann bei ihnen noch die Ordnung erhalten. Himmel, was würde daraus werden, wenn ich morgen meine Befehle widerrufen müsste? Miss, hüten Sie sich, die Würde Ihres Intendanten aufs Spiel zu setzen, und obendrein noch eines weißen Intendanten«, fügte er mit einem Seitenblick auf Eva hinzu.

»Weiß«, sagte die Zofe ironisch lächelnd, »nun, wie man will!«

»Ja, Miss Eva, schneeweiß – wenigstens war ich es in meiner zarten Jugend –, aber die Sonne hat mich gebräunt. Ja, ja, ich habe alle Nuancen der braunen Farbe durchgemacht! O meine teure Miss«, wandte er sich wieder zu Jenny, »setzen Sie die Ehre des Intendanten vor den Knechten nicht herab, lassen Sie es bei meinen Befehlen bewenden!«

»Suche irgendeinen Vorwand, der dein Ansehen erhält – aber die armen Sklaven arbeiten morgen nicht, ich will es so!«

Mit diesen Worten war die junge Herrin in die Tür getreten, die zu ihrem Zimmer führte.

»Gute Nacht, Freund Kato!«, sagte Eva, indem sie an ihm vorbeiging.

»Eva, holde Eva«, seufzte der Mulatte, »Ihre Hand!«

»Wozu?«

»Um einen Kuss zur guten Nacht darauf zu drücken.«

»Macht Sie das glücklich?«

»Zum glücklichsten aller zivilisierten Weißen!«

»Hier ist sie«, sagte die Zofe lächelnd und streckte dem Mulatten ihre niedliche weiße Hand entgegen.

Kato ergriff sie mit feinem Anstand, neigte sein rundes, bebuschtes Haupt und drückte einen zarten Kuss darauf.

»Gute Nacht«, flüsterte er, und seine Augen sahen so entzückt an die Decke, dass sie nur noch wie zwei weiße Flecke in dem dunkelbraunen Gesicht erschienen.

»Gute Nacht, Herr Intendant!«, wiederholte die Zofe mit einer graziösen Verbeugung, die mehr Ironie als Artigkeit verriet. »Wenn Sir Arthur diesen Abend noch eintreffen sollte, so melden Sie es mir – verstanden?«

»Nur zu gut, reizende Eva – gute Nacht!«

Eva schlüpfte durch die Tür und folgte ihrer Herrin.

Kato holte eine Zigarre aus der Tasche, zündete sie an und trat rauchend in den Hof hinaus, den das monotone Rauschen der Fontäne erfüllte. Über eine Stunde ging er in der Allee auf und ab, dann zog er sich in sein Zimmer zurück, ohne die Ankunft Arthurs gemeldet zu haben.

4.

Arthur, den Jenny vergeblich erwartete, hielt Arabella Wort. Kaum sank die Dämmerung auf die graue Häusermasse von New Orleans herab, als auch der junge Dandy schon die Treppen zum Boudoir der Tänzerin erstieg. Er zog die Glocke. Nach zwei Minuten öffnete Sally die Tür des Vorsaales.

»Sir Arthur!«, flüsterte das listige Kammermädchen lächelnd und grüßte mit einer so vertraulichen Miene, als ob sie dem Ankommenden schon mehr als hundert Mal die Tür zu dem Tempel seiner Liebe geöffnet hätte.

»Mein Kind«, sagte Arthur mit derselben Miene, »muss ich dir den Namen nennen, den du deiner Herrin melden sollst?«

»Es bedarf weder des Namens noch einer Anmeldung«, antwortete Sally mit einer vielsagenden Verbeugung und öffnete die Tür zu dem Zimmer, das dem Boudoir voranging.

Arthur legte Reitgerte und Hut auf einen Stuhl.

»Treten Sie ein, Sir Arthur«, sagte die Zofe laut, indem sie das Boudoir ihrer Herrin öffnete.

Arabella verstand den Ton, in dem diese Worte gesprochen wurden, denn sie gab durch ein lautes Lachen Antwort darauf.

Der junge Mann trat ein. Sally schloss die Tür, nachdem sie sich ins Vorzimmer zurückgezogen hatte.

»Wahrhaftig«, rief die weiche Stimme der Tänzerin, »meine Sally ist ein Muster von Kammerzofe, denn sie versteht es, meiner Ungeduld um einige Minuten entgegenzukommen und sich für die unnütze Mühe zu rächen, die ich ihr diesen Morgen machte.«

Das Zimmer war mehr als halbdunkel, denn Arthurs Blicke richteten sich in die Gegend, aus der diese Stimme erklang, ohne irgendetwas zu sehen.

»Sollte die Rache der Zofe gelungen sein?«, fragte Arthur nach einer Pause.

»Gewiss«, antwortete Arabellas Stimme, »sie ist gelungen.«

»Und hat verwundet?«

»Die Brust und das Herz!«, rief die Stimme in einem weinerlichen Ton.

»O mein Gott, das grausame Mädchen!«

»Grausam und zugleich mitleidig!«

»Mitleidig – mit wem?«

»Mit der Verwundeten, denn sie sendet ihr den geschicktesten Arzt der Vereinigten Staaten.«

Bei den letzten Worten war die Stimme immer näher gekommen, und ehe Arthur es vermutete, wurde er von zwei runden, weichen Armen umschlungen, dass er entzückt die Antwort vergaß, die ihm auf den Lippen schwebte.

»Engel!«, rief er und schlang seine Arme um die schlanke Taille der Tänzerin, die lachend an seinem Hals hing.

Wohl eine Minute verfloss, ohne dass ein Wort gewechselt wurde.

Mit dem Eintritt Arabellas hatte sich ein zarter Duft im Zimmer verbreitet, durch dessen geöffnetes Fenster, das ein durchsichtiger weißer Vorhang verhüllte, der letzte Schein der schwindenden Abendröte einen matten Purpurschimmer sandte, als ob er die Gruppe der beiden Liebenden in eine Rosenwolke einhüllen wollte. Mit jeder Bewegung des jungen Mädchens zog ein neues Aroma durch die warme Luft, und ihr Hauch, würzig wie Blumenduft, fächelte sanft die heiße Wange des bebenden Arthur.

Arabella kam aus einem parfümierten Bad, das eine alte, dieser Kunst kundige Negerin ihr in dem Nebenzimmer bereitet hatte. Als Sally auf das Klingelzeichen die Tür öffnete, hatte sie bereits die Abendtoilette ihrer erfrischten Herrin vollendet.

»Arthur«, lispelte Arabella und zog den Geliebten zum Fenster, »die Sonne Louisianas erzeugt wunderbare Pflanzen und Blumen, die das nordische Licht nicht kennt – sie regt aber auch Gefühle im Herzen an, die noch wunderbarer als Pflanzen und Blumen sind, denn sie scheinen dem Himmel und nicht der Erde entsprossen. Sieh, mein Freund«, fuhr sie bewegt fort, und der rote Schimmer umwebte ihr zartes Gesicht, »seit ich dich hier wiedergesehen habe, ist meine Liebe eine ganz andere geworden: Ich möchte lachen und weinen, ohne einen Grund dafür angeben zu können – ich möchte verzweifeln und hoffen, ohne zu wissen, was mich zu beiden berechtigt – ach, Arthur, wärst du nicht gekommen, der Anblick dieses Feuermeers, das dort über des Waldes grauen Umrissen wallt, hätte mir die Brust zerrissen, hätte mich getötet!«

Wie ein müdes Kind legte Arabella ihr duftendes Köpfchen an Arthurs Brust.

Und in der Tat, als Arthur seine Blicke zu der bezeichneten Stelle richtete, begrenzte eine dunkelrote Feuerwolke den Horizont; sie sah einem glühenden Fluss ähnlich, dessen Ufer die Umrisse des Waldes waren, die wie Berge hervortraten. Doch rasch wandte er sich ab von dem großartigen Naturschauspiel; als ob es ihm die Augen blendete, schloss er das Fenster mit den Gardinen und trat, seine reizende Bürde im Arm, einen Schritt in das Zimmer zurück. Ihm war, als ob Jennys Blicke, getragen von den matten Strahlen des letzten Abendrotes, ihn sehen müssten.

»Mädchen«, flüsterte er, einen Kuss auf Arabellas zarte Stirn drückend, »glaubst du, dass ich dem Einfluss dieser Sonne minder ausgesetzt bin als du? Was du seit einigen Tagen empfindest, nagt seit einem Jahr an meinem Herzen, und dass du jetzt, wo das Schicksal uns einander wiedergegeben hat, die düsteren Gedanken schwinden lässt und mir mit ungetrübten Augen entgegenlächelst, ist wohl das Geringste, was ich für meine qualvolle Sehnsucht als Lohn fordern kann.«

»Du hast gelitten, mein Arthur?«, fragte die Tänzerin mit schmeichelnder Stimme.

»Sollte ich mich der Freude überlassen, wo ich über dein Schicksal keine Gewissheit hatte?«

»Nur mein Schicksal machte dir Sorgen?«

»Mehr als mein eigenes!«

»Und mein Herz? Regte sich dessentwegen keine Besorgnis in dir?«

»Arabella!«

»Sei offen, mein Freund, ich bitte dich darum!«

»Du sprichst von Eifersucht?«

»Nun ja, ich bekenne es offen, denn Eifersucht ist das unzweifelhafteste Zeugnis von Liebe.«

»Arabella«, sagte Arthur, indem er das Mädchen mit sich fort auf das Sofa zog, »Arabella, du willst Wahrheit? Wohlan, so will ich ganz offen sein: Selbst in diesem Augenblick noch quält mich ein Gefühl, das ich wohl Eifersucht nennen möchte, wenn ich in deinem Sinne reden soll.«

»Wahrhaftig?«, rief Arabella.

»Ich schwöre es!«

»Gut, Arthur, vollende dein Bekenntnis ganz!«

»Ich bin bereit!«

»Fürchtest du für die Vergangenheit? Das heißt, für die Zeit, in der wir uns nicht gesehen haben?«

»Nein, jetzt nicht mehr.«

»Warum?«

»Weil ich liebe, meine süße Freundin, und zwar blindlings, wie der Gott der Liebe selbst, dessen Augen eine Binde verdeckt.«

»Allerdings, ein blinder Liebhaber sieht außer dem Gegenstand seiner Leidenschaft keinen andern, folglich kennt er auch die Eifersucht nicht.«

»Ist die Vergangenheit nun abgetan?«, fragte der junge Mann mit einem feinen Lächeln, das Arabella nicht sehen konnte, da die Abendröte mittlerweile verschwunden und das Zimmer völlig finster geworden war.

»Sie ist es«, antwortete das Mädchen; »uns bleibt aber noch die Gegenwart und die Zukunft.«

»Arabella, sagte ich dir nicht, um dir den Grad meiner Liebe zu bezeichnen, sie sei blind?«

»Ganz recht; ich bin aber eine Künstlerin, deren Kunst zur Bewunderung hinreißen soll, und nicht selten gibt es feurige, junge Leute, deren Bewunderung in Liebe übergeht – haben Sie das nicht bedacht, Sie delikater Philosoph?«

»Mein Gott, Arabella«, fragte Arthur verwundert, »was soll das heißen? Habe ich etwa hier in Louisiana zu fürchten, woran ich in England nie gedacht habe? Sprich, Mädchen, was habe ich zu fürchten?«

»Arthur, liebst du mich wahrhaftig?«

»Arabella«, fuhr der Dandy auf, »du hast ein Geheimnis auf dem Herzen – was habe ich hier zu fürchten?«

»Muss ich es dir sagen?«

»Wer anders sollte es mir sagen?«

»Ei freilich«, antwortete Arabella lachend, »ich muss es dir wohl sagen, denn du hast ja, wie Amor, eine Binde vor den Augen.«

»Nun?«, rief Arthur, indem er beide Hände der Tänzerin ergriff. »Was habe ich zu fürchten?«

»Die Sonne von Louisiana!«, rief Arabella, in lautes Lachen ausbrechend.

»Wie, die Sonne? Und warum?«

»Weil ich sie fürchte. Sieh, Arthur, noch habe ich im Theater nicht getanzt, und die junge Männerwelt kennt mich noch nicht; glaubst du, dass ich ohne Anfechtungen meinen Rollenzyklus werde beschließen können? Sollten nicht alle jungen Leute unter dem Einfluss des glühenden Gestirnes dieses Erdstriches stehen?«

»Und was soll ich hieraus folgern?«

»Dass du deine Arabella bewachen und schützen sollst, dass du die Binde ablegen musst, die du in der Vergangenheit getragen hast, und die Gegenwart zum Heil deines Mädchens mit Argusaugen betrachtest – das, mein Freund, ist die Folgerung!«

Arthur schwieg einen Augenblick; er erkannte die Absicht der Tänzerin.

Die Uhr über dem Kamin zeigte durch ihre summenden Schläge die elfte Stunde an.

»Nun«, fragte Arabella, »du schweigst? Findest du meine Folgerung nicht logisch richtig?«

»So klar und richtig wie die Sonne, die du fürchtest. Dies ist nicht der Grund meines Schweigens.«

»Und welcher dann?«, fragte das Mädchen, indem es sich Arthurs Händen entwand, als ob diese Antwort sie beleidigend berührt hätte.

»Höre mich an, Arabella: Habe ich dir nicht gesagt, dass ich eine ausgebreitete Pflanzung jenseits des Waldes zu verwalten habe und dass ich wöchentlich einige Tage auf dem Land zubringen muss, um die Geschäfte auf dieser Pflanzung zu ordnen?«

»So hast du mir gesagt. Sollte dich dieser Umstand aber hindern, unausgesetzt mein Kavalier zu sein?«

»Ich glaube es, mein Kind, und wenigstens drei Tage in der Woche muss ich mich von dir trennen und dich der Obhut der Achtung übergeben, die du um dich zu verbreiten wissen wirst.«

»Ich danke für dieses Zutrauen, mein bester Arthur; trotzdem aber weiß ich ein Mittel, das unsere Trennung verhindert.«

»Und welches?«, fragte Arthur mit einer bangen Ahnung.

»Es ist ganz einfach: Ich begleite dich!«

»Das ist unmöglich!«, rief Arthur, dem in diesem Augenblick zum ersten Mal das Verderbliche seines Verhältnisses mit der Tänzerin bewusst wurde.

Er hatte einen Zeitvertreib, eine Veränderung seiner Vergnügungen davon erwartet, nicht aber einen Ernst, der Jennys, seiner Braut, Ruhe stören sollte.

»Warum unmöglich? Anstatt dass du dein Pferd satteln lässt, um zu reiten, befiehlst du deinem Jockey, den Landau mit zwei eleganten Pferden zu bespannen – wir steigen ein und machen die Landpartie zusammen. Außer dem Glück, stets bei dir sein zu können, habe ich auch noch das große Vergnügen, eine Zucker- oder Tabakplantage kennenzulernen – nicht wahr, Arthur, ich begleite dich?«

Zeit gewonnen, alles gewonnen, dachte Arthur und gab rasch zur Antwort:

»Du hast recht, Arabella, eine Partie in die Wälder und Pflanzungen Louisianas an deiner Seite muss ein göttliches Vergnügen gewähren – aber …«

»Aber?«, wiederholte Arabella gedehnt.

»Du wirst mich dennoch nicht begleiten können.«

»Warum nicht?«

»Weil ich morgen früh mit dem Aufgang der Sonne die Stadt verlassen muss und weil du morgen Abend deine erste Rolle zu tanzen hast.«

»So reist du übermorgen früh.«

»Unmöglich, denn schon heute hat man mich erwartet, und meine Anwesenheit auf den Pflanzungen ist so dringend, dass sie nur ein Ereignis wie die Ankunft meiner reizenden Arabella um einen Tag verhindern konnte. Bedenke, die Ernte steht vor der Tür!«

»So unterbleibt mein Auftreten«, antwortete die Tänzerin entschlossen, »bis wir zurückkehren!«

»Arabella, welch ein Plan! Wartet nicht die ganze Stadt mit der größten Spannung auf dein erstes Auftreten?«

»Die ganze Stadt hat bis heute gewartet, sie kann auch noch drei Tage länger warten!«

»Und hast du nicht einen Kontrakt mit dem Direktor des Theaters abgeschlossen, der sich einen Gewinn von deinen Vorstellungen verspricht, damit er das sinkende Institut vor dem nahen Untergang retten kann? Bedenke, wie viele arme Künstler ihre hoffenden Blicke auf dich richten, auf dich, den einzigen Rettungsanker!«

»Ich werde diesen armen Künstlern eine Summe senden, die hinreichen wird, um ihnen auf einige Tage Brot zu geben – mir ist keine zu groß, wenn ich mir nur deine Anwesenheit damit erkaufen kann!«

»Arabella, deine Ehre erfordert, dass du morgen auf der Bühne erscheinst!«

»Ohne von dir gesehen zu werden?«, fragte Arabella in einem klagenden Ton. »Und dann bedenke die Wirkung der Sonne«, fügte sie hinzu, und Arthur hörte den Worten an, dass sie dabei lächeln musste, »wer begleitet mich aus dem Theater zurück in meine Wohnung? Wer tröstet mich, wenn ich einen unglücklichen Success gehabt habe?«

»Das Letztere fürchte ich so wenig wie einen feurigen Bewunderer, der bei meiner Arabella Gehör findet; um aber Zeuge deines Triumphes zu sein und dir als der Erste den Glückwunsch abzustatten, wirst du mich in meiner Loge finden – ich werde bis zum Beginn der Aufführung zurückgekehrt sein, und sollte ich meinen besten Renner zu Tode jagen.«

»Wahrhaftig?«, rief die Tänzerin jauchzend.

»Ich kehre morgen Abend zurück, um übermorgen früh wieder meinen Geschäften nachzugehen.«

»Deine Hand, Arthur!«

»Hier ist sie!«

»Sehe ich dich morgen Abend nicht in der Loge … apropos, welche Loge ist die deine?«

»Die zweite Loge rechts an der Bühne. Also, siehst du mich nicht in meiner Loge …?

»… so fährt mich ein Wagen auf deine Pflanzung«, sagte die Bajadere mit einer Bestimmtheit, die unsern Arthur erzittern ließ und in ihm den festen Entschluss, zurückzukehren, gestaltete.

»Du siehst mich in meiner Loge«, rief er, »und wenn der morgige Tag nur sechs Stunden zählte!«

»Danke, mein Arthur«, sagte das junge Mädchen mit weicher Stimme und drückte dem etwas verstört wirkenden Liebhaber einen Kuss auf die Lippen.

Dass der Dandy Grund genug hatte, den Kuss nicht so feurig zu erwidern, wie er gegeben wurde, wird die Folge lehren; er gab sich aber alle Mühe, den Zustand seines Innern zu verbergen, und dies gelang ihm auch vollkommen, da in der Dunkelheit der Ausdruck seines Gesichts nicht zu erkennen war.

»Bist du nun zufrieden?«, fragte er leise.

»Nicht ganz, denn mir scheint, du bringst nur deiner Eitelkeit dieses Opfer und nicht deiner Liebe.«

»Nach deinem System allerdings der Liebe, denn ich muss offen bekennen, dass du mich ein wenig eifersüchtig gemacht hast.«

»Ich denke, du liebst blindlings?«

»In England, aber nicht in Louisiana. Ich erinnere mich, dass unsere Stadt den feurigen Bewunderern Gelegenheit bietet, sich unangemeldet zu dem Ziel ihrer Sehnsucht emporzuschwingen.«

»Auch zu mir?«, fragte Arabella verwundert.

»Zu dir wie zu jeder anderen schönen Dame, die nicht im Erdgeschoss wohnt.«

»Was soll das heißen?«

»Dass vor fast allen Häusern Maulbeerfeigen stehen, deren Äste eine bequeme Leiter zu den Fenstern bilden. Wenn mich nicht alles täuscht, stehen die schönsten Exemplare dieser Bäume vor den Fenstern deines Boudoirs.«

»Wohl möglich«, meinte Arabella scherzend, »ich werde aber meine Fenster verschließen.«

»Wenn der Bewunderer im Zimmer ist?«

»Arthur!«

»Wirst du böse, wenn ich eifersüchtig bin?«

»Es wird niemand wagen, zu mir ins Fenster zu steigen.«

»Und wenn es dennoch geschähe?«

»Nein, das ist nicht möglich!«

»Es sind aber dergleichen Fälle schon vorgekommen!«

»Nein, nein und tausendmal nein!«, rief das junge Mädchen entrüstet und warf sich schmollend in die Kissen des Sofas zurück, dass zwischen ihr und Arthur ein Zwischenraum entstand.

Das Zimmer war, wie schon gesagt, dunkel, sodass beide nichts als die Umrisse ihrer Gestalten erkennen konnten. Eine Pause trat ein. Arabella stellte sich beleidigt, obgleich sie im Innern über die Eifersucht ihres Liebhabers froh war – Arthur sann auf eine geschickte Wendung, seine angebliche Eifersucht einer lauteren Quelle zuzuschreiben und Arabellas Liebe in den Schranken zu halten, die er ihr notwendig anweisen musste. Noch war er damit nicht zustande gekommen, als sich in dem Nebenzimmer, in dem die Tänzerin ein Bad genommen hatte, ein leichtes Rauschen vernehmen ließ.

Arthur lauschte. Arabella, die ihre Hände vor das Gesicht gelegt hatte, als ob sie wirklich gekränkt sei, hörte es nicht sogleich.

Nach einigen Sekunden wiederholte sich dasselbe Geräusch, und zwar anhaltender als das erste Mal. Arthur blickte zu seiner Schönen hinüber, die immer noch in ihrer schmollenden Lage verharrte. Sally hatte sich in das Vorzimmer zurückgezogen, und da der junge Mann wusste, dass die Tänzerin außer der Zofe keine Begleitung mit sich führte, die ein solches Geräusch verursachen konnte, wandte er den Kopf und sah prüfend zu den Türen, Fenstern und Wänden. Nach der Lage des Schlafzimmers schien es ihm, als ob jeder, der es betreten wollte, das Boudoir durchqueren musste, wenn er nicht den Weg durch das Fenster nehmen wollte – und Sally war während seiner Anwesenheit nicht sichtbar gewesen. Auch konnte er nicht voraussetzen, dass Arabella die Tür dieses Zimmers offen lassen würde, wenn sie eine Person darin wüsste, die Zeuge ihres Liebesgeplauders sein würde. Forschend mit Auge und Ohr, schwieg er und erwartete noch einmal das Geräusch. Stärker und anhaltender regte es sich wieder, und Arthur, der wirklich einen Anflug von Eifersucht verspürte, wollte Arabellas Hand ergreifen, um sie aufmerksam zu machen; doch diese hatte es ebenfalls vernommen, und da sie aus Eitelkeit ein Fensterabenteuer, wie es Arthur fürchtete, nicht für unmöglich hielt, fuhr sie erschrocken empor.

»Hören Sie?«, flüsterte Arthur. »Ist Sally dort im Zimmer?«

»Nein«, flüsterte die Tänzerin zurück, »sie muss in ihrem Zimmer sein.«

Ein neues Rauschen ließ sich hören. Der Dandy war aufgestanden und neigte seinen Kopf dem Zimmer zu. Das Geräusch dauerte einige Sekunden an, dann schwieg es plötzlich wieder. Es war so eigentümlicher Art, dass er vergebens auf dessen Entstehung sann.

»Hören Sie?«, fragte jetzt das junge Mädchen ganz leise.

»Es scheint, als ob er sich jetzt versteckt hat«, antwortete Arthur mit tonloser Stimme.

»Wer?«

»Nun der, der durch das Fenster in jenes Zimmer gestiegen ist.«

Diese Worte sprach Arthur mit einem Ausdruck von Schmerz und Ärger, als ob er nicht mit Jenny, sondern mit Arabella verheiratet werden sollte. War es Eifersucht oder verletzte Eitelkeit – kurz, der Dandy fühlte, dass ihm alles Blut in den Kopf stieg, dass seine Hand ein wenig zitterte und dass seine Neigung zu Arabella dennoch etwas mehr war als eine Modeliebe, ein aristokratischer Zeitvertreib. Dass die Tänzerin ihn aufgefordert hatte, ihr Kavalier zu sein, schien ihm jetzt einen Grund zu haben, und schon nach zwei Sekunden nahm er mit Gewissheit an, sie habe einen solchen Besuch gefürchtet. Warum fühlte sie sich so getroffen, als er im Scherz davon sprach? Und war Arabella nicht eine Tänzerin? Mit dem festen Vorsatz, sein Verhältnis zu ihr zwar nicht zu brechen, sondern nur ein wenig umzugestalten und mehr Freiheit zu gewinnen, tappte er so lange mit beiden Händen um sich her, bis er Arabellas Taille ergriff.

»Arabella«, rief er mit erstickter Stimme, »wer ist in jenem Kabinett?«

»O mein Gott«, war die leise, aber bebende Antwort, »wer soll denn darin sein?«

»Hast du das Geräusch gehört?«

»Es muss von draußen gekommen sein.«

»Nein, es war im Kabinett!«

»Es ist ein Irrtum«, wisperte die Tänzerin, deren Angst mit jeder Sekunde zu steigen schien.

»Mädchen, du betrügst mich!«

»Um Gottes willen, Arthur, wie kannst du glauben …?!«

»Jetzt, Schlange, werden mir deine Worte klar – hinweg, dass ich den Elenden durch das Fenster stürze!«

»Du willst morden? Willst meinen Ruf als Künstlerin aufs Spiel setzen?«

»Hinweg«, rief Arthur und gab sich Mühe, den leisen Zorn, den er wirklich empfand, bis auf den höchsten Gipfel zu steigern, »hinweg, du willst mich nur aufhalten, damit dein neuer Liebhaber Zeit erhält, den Rückweg anzutreten, und ich das Nest leer finde, wenn ich eintrete, damit du rein und schuldlos dastehst!«

»Ich bin unschuldig«, rief das Mädchen, indem es den jungen Mann von der Tür zurückzudrängen suchte.

»Entweder ich bleibe oder der Unverschämte bleibt hier – hinweg!«

»Gnade, Gnade!«, rief Arabella mit zitternder Stimme und hielt den Zornigen bei beiden Händen fest, als ob sie fürchtete, dass er ein Mordinstrument ziehen würde.

Arthur aber entwand sich dieser schwachen Fessel, riss stürmisch die Tür zum Vorzimmer auf und rief mit tönender Stimme:

»Licht, Sally, Licht!«

Die Zofe saß auf einem Sessel, hatte den Kopf auf den danebenstehenden Tisch gelegt und schien zu schlafen. Erschreckt fuhr sie auf. Aber noch ehe sie ein Wort äußern konnte, hatte Arthur mit der linken Hand das Licht, das auf dem Tisch stand, ergriffen, mit der rechten seine Reitpeitsche, die noch immer auf dem Stuhl lag, und war in das Boudoir zurückgestürzt.

Zitternd folgte das Kammermädchen.

Arabella saß auf dem Sofa und hatte ihr Gesicht in das Kissen gelegt, als ob sie weinte. So erblickte sie Arthur, als er mit dem Licht eintrat. Wie von Mitleid ergriffen, blieb er vor ihr stehen. Sie erhob ihr glühendes Köpfchen.

»Himmel, diese Peitsche!«, rief sie. »Arthur, hinweg mit diesem fürchterlichen Instrument!«

Dabei warf sie einen Blick auf Sally, die ihn verstand und sich wieder entfernte.

»Ha, du hast Mitleid mit diesem Menschen – du liebst ihn! Nein, ungerächt verlasse ich dieses Zimmer nicht, das ich nie wieder betrete!«

Mit geschwungener Reitgerte, das Licht in der linken Hand, stürzte er in das Schlafzimmer.

Dasselbe Geräusch, das Anlass zu dieser Szene gegeben hatte, war das erste, das er hörte, als er mit hoch emporgehobenem Licht in der Mitte des freundlichen Schlafzimmers stand. Zitternd blickte er in den Winkel, aus dem es kam. Aber fast wäre er vor Schreck zu Boden gesunken, denn hinter den weißen Gardinen, die eine elegante Badewanne umschlossen, sah er den Kopf einer weißen Ziege, die ihn mit hellen Augen verwundert anblickte. Das Tier lag bis an den Hals in dem kühlen Wasser und gab durch leises Plätschern das Wohlbehagen kund, das ihm das Bad gewährte. Er warf einen Blick zum Fenster – dessen Flügel waren zwar geöffnet und das Licht der Kerze fiel auf das dunkle Grün einer Maulbeerfeige, die ihre Zweige davor ausbreitete, aber alles war still, wie die schwüle Nacht selbst – nur Djali, die Ziege, plätscherte zuweilen in der Badewanne, dass das parfümierte Wasser einen lieblichen Duft verbreitete.

Der arme Arthur, der dieses komische Ende seiner Eifersuchtsszene nicht erwartet hatte, stand beschämt und ärgerlich zugleich mit seinem Licht und seiner Reitpeitsche da, und er musste sich in diesem Augenblick bekennen, dass es ihm lieber gewesen wäre, wenn er einen Liebhaber durch das Fenster hätte entschlüpfen sehen. Fast hätte er seinen Unmut an der Ziege ausgelassen, denn mit welchem Gesicht sollte er jetzt Arabella unter die Augen treten? Noch war er unschlüssig, ob er der Sache einen ernsten oder scherzhaften Anstrich geben sollte, als Arabella ihm plötzlich zur Seite trat und ihm leise die Reitgerte entwand.

»Arthur«, sagte sie bittend und legte ihr schelmisch lächelndes Gesicht auf seine Schulter, »Arthur, du wirst doch meine arme Ziege nicht schlagen? Sieh nur, wie freundlich sie dich anblickt! Sie hat ihr Lager dort verlassen und ein Bad genommen – das ist doch wahrhaftig kein Verbrechen! Auch Djali steht unter dem Einfluss der Sonne von Louisiana, darum suchte sie eine erquickende Abkühlung. Komm, wir wollen sie nicht stören!«

Der junge Mann antwortete mit einem erzwungenen Lächeln und ließ sich scheinbar ruhig in das Boudoir zurückführen, wo er das Licht auf einen Tisch stellte.

»Bist du böse, Arthur?«, fragte die Tänzerin mit einer Miene, als ob sie die Schuldige wäre und um Verzeihung zu bitten hätte, und dabei leuchteten ihre Gazellenaugen von Tränen, die das gewaltsam unterdrückte Lachen erzeugt hatte, denn ihr war die Ursache des Geräusches nicht fremd gewesen.

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Yaş sınırı:
18+
Litres'teki yayın tarihi:
25 mayıs 2021
Hacim:
421 s. 3 illüstrasyon
ISBN:
9783946469261
Telif hakkı:
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