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2.2 Sozialräumliche Perspektiven auf sprachliche Bildung und Förderung von Mehrsprachigkeit in Kindertageseinrichtungen – Potenziale von Familienzentren

Stefan Faas

Zusammenfassung: Der Beitrag beleuchtet die Herausforderungen und Anforderungen von sprachlicher Bildung und Förderung von Mehrsprachigkeit in Kindertageseinrichtungen aus einer sozialräumlichen Perspektive. Ausgehend von der Annahme, dass Bildungsprozesse grundsätzlich in unterschiedliche soziale und lebensweltliche Zusammenhänge (Familie, Kindertageseinrichtung, Wohnviertel etc.) eingebunden und von diesen wechselseitig beeinflusst sind, werden zunächst die verschiedenen Prozess- und Strukturmerkmale sprachlicher Bildung und Förderung beschrieben. Daran anknüpfend werden verschiedene Aspekte eines sozialraumbezogenen pädagogischen Handlungsansatzes in den Blick genommen und mögliche Konsequenzen für die professionelle Arbeit in Kindertageseinrichtungen konkretisiert. Weiterführend richtet sich der Blick auf die Potenziale von Familienzentren in diesem Zusammenhang.

2.2.1 Frühkindliche Bildung, pädagogische Qualität und die Bedeutung des Sozialraums

Nationale und internationale Studien zur Wirksamkeit institutioneller Kindertagesbetreuung weisen darauf hin, dass der frühe Besuch eines Kindergartens, d.h. ab ca. drei Jahren, den Bildungserfolg von Kindern positiv beeinflussen kann – in Abhängigkeit von der Anregungsqualität des jeweiligen pädagogischen Angebots (Anders et al., 2012; Taguma, Litjens, Makowiecki & Early, 2012). Darüber hinaus lassen sich kompensatorische Fördereffekte für Kinder aus sozial benachteiligten Familien insbesondere dann nachweisen, wenn ihre Förderung über das institutionelle Bildungs- und Betreuungsangebot hinausgeht, d.h. mit Maßnahmen zur Unterstützung und Verbesserung der Anregungsbedingungen in der Familie bzw. im erweiterten sozialen Umfeld verbunden wird (im Überblick Hasselhorn & Kuger, 2014; Roßbach, Kluczniok & Kuger, 2008). Solche Befunde sprechen dafür, dass sich Bildungsprozesse grundsätzlich in einem Wechselspiel von formellen und informellen Bildungserfahrungen vollziehen und in unterschiedliche soziale Zusammenhänge eingebunden sind. Entsprechend erscheint es erforderlich, institutionelle Bildungsprozesse nicht isoliert, sondern immer auch in ihrer sozialökologischen Dimension zu betrachten (Bronfenbrenner, 1989). Dies schließt eine umfassendere Perspektive auf Erziehung, Bildung und Förderung mit ein, die über das Lernen in Kindertageseinrichtungen und dort verankerte Förderprogramme hinausgeht – gerade dann, wenn kompensatorische Wirkungen erhofft werden (z. B. Petanovitsch & Schmid, 2012). Notwendig erscheint ein Zugang, der die sozialen Kontexte des Aufwachsens, den Alltag bzw. die Alltagserfahrungen von Kindern und Familien sowie deren Implikationen und Verflechtungen mit institutionellen Lern- und Bildungsprozessen berücksichtigt – als zentrale Aspekte ungleicher Bildungschancen (Baumheier & Warsewa, 2010; Rauschenbach, 2009; Merten, 2008).

In der pädagogischen Qualitätsforschung werden seit einigen Jahren solche Aspekte zunehmend mit in den Blick genommen. Schon 1998 stellten Wolfgang Tietze und Kolleginnen und Kollegen im Zusammenhang mit der ersten auf die bundesdeutsche Situation der Kindertagesbetreuung bezogenen Qualitätsuntersuchung fest, dass „der Einfluß der pädagogischen Qualität des Familiensettings auf die kindliche Entwicklung (…) gegeben ist und wenigstens so groß, zumeist beträchtlich größer ausfällt als der des Kindergartensettings“ (Tietze et al., 1998, S. 389). Dabei kann angenommen werden, dass hier, neben ökonomischen, vor allem soziale und kulturelle Ressourcen der jeweiligen Familie bzw. des gegebenen sozialen Nahraums zum Tragen kommen (hierzu Bourdieu, 1983). In der Konzeptualisierung von Wirkzusammenhängen pädagogischer Qualität finden solche und ähnliche Befunde bzw. Annahmen dann auch zunehmend Berücksichtigung. Entsprechend weisen neue Varianten des Struktur-Prozess-Modells pädagogischer Qualität den ‚sozialen Kontext‘ als eigene Dimension aus (vgl. Abb. 4), wenngleich diese zumeist relativ offen konzipiert ist. Während die institutionsbezogenen Aspekte pädagogischer Qualität, also die Struktur-, Orientierungs- und Prozessqualität, sowie deren Wirkungen inzwischen verhältnismäßig gut erforscht sind, fehlt weitgehend eine systematische theoretische und empirische Aufklärung der Kontextbedingungen bzw. ihrer Wirkungsweisen; d.h., es bleibt unklar, welche konkreten Einflussfaktoren sich dahinter verbergen, worauf sie sich beziehen und wie sie sich auf Bildungsprozesse auswirken.

Abbildung 4:

Struktur-Prozess-Modell pädagogischer Qualität nach Tietze (2008, S. 19)


Der vorliegende Beitrag setzt hier an und konkretisiert die Dimension des sozialen Kontexts aus sozialräumlicher Perspektive. Hierzu werden zunächst die verschiedenen Prozess- und Strukturmerkmale sprachlicher Bildung und Förderung sowie deren Rückbindung an familiäre und sozialräumliche Ressourcen thematisiert (s. Kap. 2.2.2), bevor verschiedene Aspekte eines sozialraumbezogenen Ansatzes – hier am Beispiel der Förderung von Sprache und Mehrsprachigkeit in der Kindertageseinrichtung – skizziert werden (s. Kap. 2.2.3). Im Anschluss sind mögliche Konsequenzen für pädagogisches Handeln zu umreißen (s. Kap. 2.2.4) sowie die Potenziale von Familienzentren in diesem Zusammenhang in den Blick zu nehmen (s. Kap. 2.2.5).

2.2.2 Sprachliche Bildung und Mehrsprachigkeit in ihren Kontexten

Der Spracherwerb ist eine der zentralen Entwicklungsaufgaben in der frühen Kindheit und wesentliche Voraussetzung für eine gelingende soziale Integration – auch, weil Sprache vielfältige weitere Bildungschancen eröffnet (Weinert, Doil & Frevert, 2008; Tracy, 2007). Nicht zuletzt deshalb nimmt der Bildungsbereich Sprache einen zentralen Platz in allen Bildungs- und Erziehungsplänen der Länder ein – so auch im baden-württembergischen Orientierungsplan (Thiersch, 2014). In früher Kindheit bewältigen Kinder diese Aufgabe, indem sie sich nach und nach die Regularien der zu erwerbenden Sprache aus dem konkreten Sprachangebot ihrer unmittelbaren sozialen Umgebung erschließen (Weinert & Grimm, 2008). Letztere gibt damit spezifische Rahmenbedingungen für sprachliche Bildung und sprachbezogenes Lernen vor, d.h., die soziale Umwelt weist situationsabhängig unterschiedliche Struktur- und Prozessmerkmale auf. Angesprochen sind z. B. unterschiedliche Bildungshintergründe von Eltern – oder im Kindergarten bzw. in der Krippe von pädagogischen Fachkräften –, unterschiedliche institutionelle Bildungsangebote und Gelegenheitsstrukturen für sprachliche Bildung und Anregung im direkten sozialen Umfeld (das Vorhandensein oder Nicht-Vorhandensein von Eltern-Kind-Gruppen, Elterntreffs, Büchereien etc.) sowie unterschiedliche Ressourcen von Eltern, diese für ihre Kinder wahrnehmen zu können. In den Blick geraten aber auch unterschiedliche sprachförderliche Aktivitäten wie z. B. regelmäßiges Betrachten von Bilderbüchern, Vorlesen oder Erzählen in diesen Kontexten (Melhuish, Phan, Sylva, Siraj-Blatchford & Taggart, 2008). Die sprachliche Anregungsqualität in einem institutionellen Betreuungssetting, der Familie, einer Spielgruppe, im Verein, bei Kontakten in der Nachbarschaft etc., die sich u. a. an solchen Merkmalen bemisst, wird aber vor allem dann zu einem unterstützenden Faktor, wenn das jeweils gegebene Sprachangebot zu den bereits entwickelten Kompetenzen des jeweiligen Kindes sowie den aktuell von diesem zu vollziehenden Entwicklungsschritten passt (Weinert, 2003). Nicht zuletzt dürfte gerade bei einer geringeren Anregungsqualität in der Familie bedeutsam sein, dass die darüber hinausgehenden Handlungsräume von Kindern (z. B. in der Kindertageseinrichtung, einer Spielgruppe) dies dann kompensieren können. Mit anderen Worten: Kinder sind auf Aneignungskontexte angewiesen, die in diesem Sinne entwicklungsförderlich sind. Sowohl in Bezug auf den Erst- als auch den Zweitspracherwerb werden damit unterschiedliche Faktoren in der sozialräumlichen Umgebung relevant, die zuverlässig, kontinuierlich und gemeinsam einen hinreichend anregenden Bildungskontext für das individuelle Kind bereitstellen (Liegle, 2006). Für den Zweitspracherwerb sind diese Bedingungen zwar spezifisch, letztlich geht es aber auch hier um passende, d.h. für diese Entwicklungsaufgabe förderliche Bedingungen der jeweiligen Betreuungsumwelt (Gogolin, 2008; s. auch Kratzmann in diesem Band).

Es liegt auf der Hand, dass diese Bedingungen nicht für alle Kinder gleich und damit gleich günstig sind. Vielmehr sind diese abhängig vom sozialen und kulturellen Kapital ihrer Familien sowie den Möglichkeiten des Sozialraums, unterstützend zu wirken. Mit Blick auf den Spracherwerb und die sprachliche Förderung von Kindern aus Familien mit Migrationshintergrund stellt Ingrid Gogolin in diesem Zusammenhang fest, dass sich in ihren Lebenslagen „gleichsam die Merkmale, die Bildungsmisserfolg in Deutschland (…) vorhersagbar machen, [bündeln]“ (Gogolin, 2007, S. 18). Dabei wird die Frage aufgeworfen, welche Bedingungen – neben den in empirischen Studien sichtbar werdenden statistischen Zusammenhängen (z. B. zwischen Bildungsabschlüssen bzw. Beruf der Eltern und/oder Migrationshintergrund auf der einen und Schulerfolg auf der anderen Seite) – konkret Bildungschancen beschränken. Es ist zu klären, wie unterschiedliche Bedingungen des Aufwachsens wirken und wie vor diesem Hintergrund effektiv herkunftsbedingten Benachteiligungen entgegengewirkt werden kann. Hierbei gibt es eine gewisse Plausibilität dafür, kindliche Bildungsverläufe nicht isoliert vor dem Hintergrund einer einzelnen Familie oder des spezifischen Betreuungskontextes einer bestimmten Kindertageseinrichtung zu betrachten, sondern vielmehr als „relationale Prozesse zu begreifen, die in sozialen Beziehungskonstellationen stattfinden und sozial hergestellt werden“ (Büchner, 2013, S. 49). Dies schließt ein, dem gelebten Familienleben, den Beziehungen von Familien zu dem sie umgebenden sozialen Kontext, ihrem Eingebundensein in bestimmte soziale und kulturelle Zusammenhänge eine hohe Bildungsrelevanz beizumessen. Dabei dürften die im Alltag maßgeblichen Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsmuster von Eltern und Kindern einschließlich ihrer sozialen und kulturellen Praktiken von entscheidender Bedeutung sein. Nimmt man die Annahme von Bildung als „relationalen Prozess“ ernst, ist zudem Folgendes zu bedenken: In jeder Familie haben sich bestimmte dominante Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsmuster sowie Verhaltensnormen und Praktiken etabliert, die auf spezifische Strukturen und pädagogische Prozesse treffen, z. B. in Kindertageseinrichtungen, im Stadtteil oder in der Nachbarschaft. Mit diesen sind sie dann mal mehr und mal weniger kompatibel. Daraus folgt, dass bestimmte Bildungsgelegenheiten von manchen Familien bzw. ihren Kindern besser genutzt werden können als von anderen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn das jeweilige Angebot an das anschließt, was sie von zu Hause kennen, d.h. den jeweiligen Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsmustern entspricht. Bei manchen Familien und Kindern muss dagegen eine solche Passung erst erarbeitet und hergestellt werden (ebd.).

Auf die Frage, wie dies gelingt, gibt es keine allgemeine Antwort. Vielmehr erscheint es erforderlich, das jeweilige Bildungsangebot flexibel zu entwickeln, dabei die gegebenen Kontextbedingungen zu berücksichtigen und ein Bewusstsein für die Grenzen von Wissen zu haben, das in unterschiedlichen lebensweltlichen Kontexten generiert wird. Gemeint ist, dass die subjektiven Handlungsentscheidungen von Eltern und Kindern bzw. die ihnen zugrundeliegenden Einstellungs- und Wissenselemente nicht immer vollständig nachvollzogen werden können. Sie sind in den Kontext der sozialen Lage eingebettet, werden milieuspezifisch über Sozialisationsprozesse erworben und in ihrer sozialen Sinnhaftigkeit an die Anerkennung und Wertschätzung der eigenen Referenzgruppe angepasst (Bremer, 2012). Das heißt dann auch, dass familiäre Handlungsstrategien, die mit Blick auf den Bildungs- und Entwicklungsverlauf von Kindern problematisch erscheinen, im individuellen und milieuspezifischen Kontext durchaus produktiv für die eigene Lebensführung sein können (Faas & Landhäußer, 2015). Unsicherheiten und Widersprüche gilt es in diesem Zusammenhang auszuhalten. Ein einfaches Reproduzieren von dominanten Interpretationsmustern, ohne Berücksichtigung des lebensweltlichen Referenzrahmens, erscheint nicht weiterführend. Es geht letztlich um eine differenzierende Grundhaltung als Basis einer den Sozialraum einbeziehenden Unterstützung kindlicher Entwicklungsprozesse (Ermel & Faas, 2016).

2.2.3 Sozialräumliche Perspektiven und Zugänge

Eine solche sozialraumbezogene Betrachtung bzw. Konzeptualisierung sprachlicher Bildung legt einen integrierten und flexiblen Bildungs- bzw. Unterstützungsansatz nahe, der auf der einen Seite die Gegebenheiten des sozialen Nahraums berücksichtigt, sie auf der anderen Seite aber auch gezielt nutzt, um Kindern bessere Bedingungen und Gelegenheitsstrukturen für den Spracherwerb bereitzustellen, einschließlich der Förderung und Unterstützung von Mehrsprachigkeit. Der Sozialraum, d.h. die in einem Stadtteil, einer Gemeinde, einem Viertel gegebenen Beziehungsstrukturen, sozioökonomischen und kulturellen Rahmenbedingungen, professionellen und bürgerschaftlichen Bildungs- und Hilfeangebote, Vereine, Begegnungsräume etc. sollen gezielt wahrgenommen, reflektiert und aufeinander abgestimmt werden (Kessl & Reutlinger, 2018). Dabei geht es aber nicht nur um den Einbezug des sozialen Umfelds sowie die Aktivierung sozialer und kultureller Netzwerke und Ressourcen für die Erziehungs- und Bildungsarbeit in der Kindertageseinrichtung. Vielmehr muss im Vordergrund stehen, Familien selbst (neue) Handlungsräume zu eröffnen. Teilhabe und Vernetzung sollen ermöglicht und Zugänge zu Bildungs- und Unterstützungsangeboten erleichtert werden, um auf dieser Basis kindliche Bildungsprozesse nachhaltig und umfassend unterstützen zu können (Correll, Hiemenz & Lepperhoff, 2012).

Gerade Letzteres gewinnt eine besondere Bedeutung, wenn man berücksichtigt, dass Eltern – in Abhängigkeit von ihrer sozialen Lage, Lebenssituation, ihrem Bildungshintergrund etc. – in unterschiedlicher Weise vorhandene Bildungs- und Unterstützungsangebote für sich und ihre Familie nachfragen, sozial vernetzt sind, Familienalltag und Freizeit verschieden gestalten und dabei ihren Kindern unterschiedliche Entwicklungsbedingungen zur Verfügung stellen. In der fachwissenschaftlichen Auseinandersetzung werden in diesem Zusammenhang vielfältige Ansatzpunkte für einen erleichterten oder ‚niedrigschwelligen‘ Zugang zu Angeboten der Familien- und Elternbildung, einschließlich Unterstützung und Beratung diskutiert. Diese Ansatzpunkte betreffen verschiedene strukturelle, organisatorische, aber auch inhaltliche und methodische Aspekte wie z. B. die Gestaltung des Kontakts zu den Eltern, die gezielte Nutzung von Kooperationen im Sozialraum, Möglichkeiten einer lebensweltbezogenen Bildungsarbeit, die Berücksichtigung spezifischer Zeitstrukturen von Familien oder eine an Adressatinnen und Adressaten orientierte Umsetzung (Faas, Landhäußer & Treptow, 2017). Neben diesen Merkmalen des jeweiligen pädagogischen Angebots sind aber auch die Perspektiven und Voraussetzungen der Eltern selbst in den Blick zu nehmen. Vor diesem Hintergrund gewinnt das Konzept des „Belonging“ (Zugehörigkeit) an Bedeutung. Es beschreibt eine „Form ‚affektiver sozialer Verortung‘, als eine gefühlte Verbundenheit (…), die durch gemeinsame Wissensvorräte, geteilte Erfahrungen und Bande der Gegenseitigkeit entsteht“ (Röttger-Rössler, 2016, S. 4). Es setzt an der Erfahrung an, dass Teilhabe und Integration in sozialen Kontexten dann erleichtert wird, wenn subjektiv ein „Gefühl der Sicherheit, der Geborgenheit in einer Gemeinschaft“ (ebd.) wahrgenommen werden kann, das auf gemeinsam geteilten Werten, Einstellungen, Praktiken etc. gründet. Ein solches Gefühl stellt sich – gerade in institutionellen Kontexten wie z. B. einer Kindertageseinrichtung – in der Regel nicht von alleine ein, sondern setzt die wechselseitige Wahrnehmung und soziale Herstellung von Gemeinsamkeit und Vertrauen voraus (in Tür-und-Angel-Gesprächen, bei gemeinsamen Aktivitäten etc.). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass gerade in institutionellen Kontexten spezifische Hürden für den Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung bestehen. Diese betreffen nicht zuletzt die zumeist asymmetrischen Beziehungsstrukturen zwischen Professionellen und Adressatinnen und Adressaten oder die Tatsache, dass „Arbeitsbündnisse“ von Eltern oftmals nicht freiwillig, sondern aufgrund von Zwang und Druck durch Dritte eingegangen werden (Wagenblass, 2018). Eine solche Perspektive für sprachliche Bildung und Förderung von Mehrsprachigkeit nutzbar zu machen kann dann gelingen, wenn sensibel die Voraussetzungen für Teilhabe, Aktivierung und Bildung im jeweiligen Kontext lebensweltlicher Erfahrungen und Wirklichkeit ausgelotet und entsprechend in der konkreten pädagogischen Arbeit berücksichtigt werden.

2.2.4 Konsequenzen für die Förderung sprachlicher Bildung und Mehrsprachigkeit

Die skizzierten Überlegungen legen einen pädagogischen Ansatz nahe, der sprachliche Bildung und Förderung von Mehrsprachigkeit umfassend denkt. Kinder und Familien sollen mit ihren gegebenen sprachlichen Ressourcen in ihren jeweiligen Relationen zu ihrer Umwelt bzw. ihrem Sozialraum wahrgenommen werden. Dabei geht es darum, die bestehenden Handlungsspielräume von Eltern und Kindern zu erweitern, indem – unter Berücksichtigung gegebener Bedürfnisse und Bedarfe – ihre Eigeninitiative gestärkt und vorhandene Ressourcen genutzt werden und sich hierzu unterschiedliche Akteure und Dienste im Sozialraum miteinander vernetzen (Treeß, 2002; Correll, Kassner & Lepperhoff, 2017). In den Blick gerät ein pädagogisches Handeln, das von der Lebenswelt der Familien ausgeht und einen selbstreflexiven Blick auf Institutionen und professionelle Akteurinnen und Akteure einschließt – hier auf die jeweilige Kindertageseinrichtung und mögliche oder bestehende Kooperationen. Eine in diesem Sinne gelingende Zusammenarbeit mit Eltern – insbesondere mit Eltern und Familien mit Migrationshintergrund – scheint dabei nicht allein von bestimmten Methoden abzuhängen, sondern vor allem auch von einer reflexiven und differenzierenden Grundhaltung. Altan, Foitzik und Goltz (2009) formulieren aus sozialpädagogischer Perspektive einige Ansatzpunkte für eine kultursensible und ressourcenorientierte Praxis, die auf den Bereich der sprachlichen Bildung und Förderung von Mehrsprachigkeit in Kindertageseinrichtungen übertragen werden kann. Angesprochen ist u. a. die bewusste Hinwendung zu den Familien und zu ihrem Sozialraum – d.h. über den engen Kontext der Kindertageseinrichtung hinaus und nicht erst dann, wenn es Probleme gibt. Es geht darum, kontinuierlich – formell und informell, z. B. bei Begegnungen in der Einrichtung, aber auch im Viertel – Kontakte und Beziehungen mit Eltern zu knüpfen und zu pflegen. Des Weiteren liegt der Fokus auf einer bewussten Organisation von gelingender Kommunikation und Verständigung. Hierzu kann z. B. auf eine einfache Sprache, mehrsprachige Informationsmaterialien, Flyer oder Einladungen, die Möglichkeit des Einbezugs von Dolmetscherinnen bzw. Dolmetschern bei Elterngesprächen etc. geachtet werden. Dies heißt auch, dass scheinbar bekannte Konzepte, Strukturen und Praktiken (z. B. die Sprachförderung in der Einrichtung, die sprachliche Anregung im Familienalltag, die Bedeutung der Familiensprache in diesem Zusammenhang, das Konzept der Entwicklungsgespräche etc.) erklärt und verständlich bzw. transparent gemacht werden. Darüber hinaus sind dialogische und möglichst symmetrische Formen der Kommunikation und Kontaktaufnahme mit Eltern, der Einbezug von muttersprachlichen Schlüsselpersonen und Organisationen für Migrantinnen und Migranten ebenso wie eine institutionelle Reflexionskultur zu nennen (vgl. Tab. 2). Dies alles kann und soll eine qualitativ hochwertige pädagogische Arbeit und Praxis sprachlicher Bildung und Förderung in der Kindertageseinrichtung nicht ersetzen, formuliert aber einen Rahmen für diese, der eine nachhaltigere Wirkung erwarten lässt.

Tabelle 2:

Ansatzpunkte einer sozialräumlichen Förderung nach Altan, Foitzik und Goltz (2009)


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