Kitabı oku: «Handbuch des Strafrechts», sayfa 41
b) Gesetzentwürfe zur Korruption im Gesundheitswesen
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Nach dem Bekanntwerden der Entscheidung des Großen Senats vom 29. März 2012 im Sommer 2012 kündigte der damalige Bundesgesundheitsminister im April 2013 ein neues Strafgesetz gegen Korruption im Gesundheitswesen an. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung aus dem Juni 2013 sah schließlich vor, das SGB V um einen § 307c zu erweitern, der – zur Absicherung entsprechender sozialversicherungsrechtlicher Verbote – (allein) die Annahme und Gewährung nicht nur geringfügiger wirtschaftlicher Vorteile unter Strafe stellte, wenn dadurch andere Leistungserbringer oder Dritte bei heilberuflichen Maßnahmen im Rahmen der Untersuchung oder Behandlung von gesetzlich Versicherten in unangemessener unsachlicher Weise begünstigt oder bevorzugt werden sollten. Diese Strafvorschrift wurde noch kurzfristig als „Omnibusgesetz“ in den laufenden Prozess für ein Gesetz „zur Förderung der Prävention“ (!) im Gesundheitswesen eingebracht.[178] Allerdings fiel das Gesetzesvorhaben der Diskontinuität anheim.[179] Die noch im Herbst desselben Jahres zu einer Regierungskoalition zusammengeschlossenen Parteien griffen die Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen in ihren Koalitionsverhandlungen allerdings sogleich wieder auf und einigten sich, eine neue Strafvorschrift gegen Korruption im Gesundheitswesen in das StGB einzufügen.[180] Als dann der bayerische Justizminister Bausback zwei Jahre später einen eigenen Gesetzentwurf am 15. Januar 2015 in den Bundesrat einbrachte,[181] veröffentlichte das BMJV kurz darauf am 5. Februar 2015 einen eigenen Referentenentwurf, der unausgesprochen den bayerischen Vorschlag in großen Teilen übernommen hat: Einigkeit bestand insoweit, als auf die Festlegungen des Großen Senats hinsichtlich der Notwendigkeit strafrechtlicher Regelungen (und in der Folge das Identifizieren einer „Strafbarkeits-“[182] bzw. strafrechtlichen „Regelungslücke“)[183] Bezug genommen wurde. Außerdem wurde ein dualistisches Rechtsgutskonzept verfolgt: Neben dem lauteren Wettbewerb sollten auch die Sachlichkeit und Unabhängigkeit medizinischer Entscheidungen und damit verbunden das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität der Angehörigen der Heilberufe geschützt werden.[184] Man sah den Verstoß gegen Berufsausübungspflichten als zentralen Unrechtskern, weil so der Gedanke des Schutzes von Sachlichkeit und Unabhängigkeit heilberuflicher Entscheidungen in den Vordergrund gestellt werden könne.[185] Diese Vertrauensbruchvariante wurde zum zentralen Gegenstand der Diskussion, weil dadurch die Landesärztekammern als Normgeber der Berufsordnungen selbst in der Hand gehabt hätten, die Grenzen des Strafrechts durch entsprechende Satzungsänderungen zu bestimmen.[186] Hierin wurde ein Verstoß sowohl gegen Art. 103 Abs. 2 GG (nullum crimen sine lege) als auch gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG gesehen.[187] Auch das Verhältnis der Wettbewerbs- zu der Vertrauensbruchvariante wurde als unklar oder sogar inkonsistent kritisiert.[188]
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Der Regierungsentwurf vom 29. Juli 2015[189] behielt die Grundkonzeption des vom BMJV vorgestellten Vorläufers bei und bekannte sich insbesondere dazu, mit der Sicherung eines fairen Wettbewerbs im Gesundheitswesen und dem Schutz des Vertrauens der Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen einen doppelten Rechtsgüterschutz zu verfolgen. Die Beeinträchtigung dieser Rechtsgüter mache den Unrechtsgehalt der Korruption im Gesundheitswesen aus.[190] Anstelle der weiten Öffnung des Strafrechts für jede Art von heilberuflichen Pflichten im Referentenentwurf (Rn. 18 f.) formulierte der Entwurf der Bundesregierung die Unrechtsvereinbarung nunmehr dergestalt, dass der Heilberufsangehörige einen Vorteil dafür fordern etc. sollte, dass er „seine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletze“. Die Kritik an der „Vertrauensbruchvariante“ hielt allerdings an.[191] Insbesondere die Bedenken wegen Verletzung des gemäß Art. 103 Abs. 2 GG im Strafrecht streng zu beachtenden Parlamentsvorbehalts hatten zur Folge, dass das Gesetzesvorhaben im Frühjahr 2016 insgesamt vom Scheitern bedroht war. Man einigte sich schließlich, die Vertrauensbruchvariante zu streichen und so die verfassungsrechtlichen Probleme zu vermeiden. Man hielt nur noch an der auf das Wettbewerbsmodell beschränkten Fassung fest, wies aber darauf hin, dass keine Einschränkung des Schutzzwecks intendiert sei, sondern mit der Einführung der §§ 299a, 299b StGB weiterhin ein doppelter Rechtsgüterschutz – die Sicherung des fairen Wettbewerbs im Gesundheitswesen und des Vertrauens der Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen – verfolgt werde.[192] Außerdem wurden heilberufliche Abgabeentscheidungen gestrichen und Bezugsentscheidungen auf solche Arznei- und Hilfsmittel[193] sowie Medizinprodukte beschränkt, die jeweils zur unmittelbaren Anwendung durch den Heilberufsangehörigen oder einen seiner Berufshelfer bestimmt sind. Damit war die Gruppe der Apotheker vom Tatbestand des § 299a StGB faktisch nicht mehr erfasst, während sie als Täter der Bestechung nach § 299b StGB noch in Betracht kommen.[194] Das Strafantragserfordernis wurde aufgegeben, weil die Integrität heilberuflicher Entscheidungen ein überindividuelles Rechtsgut von großer Bedeutung sei; durch die Begehung der §§ 299a, 299b StGB würden stets auch die Interessen der Allgemeinheit in nicht unerheblicher Weise berührt.[195] Die neuen Straftaten der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen sind daher Offizialdelikte, die stets von Amts wegen zu verfolgen sind.
C. Straftaten gegen den Wettbewerb (§§ 298–302 StGB)
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Mit dem am 20. August 1997 in Kraft getretenen Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption wurde unter anderem das Ziel verfolgt, im Strafgesetzbuch die Straftatbestände wegen besonders strafwürdiger Verhaltensweisen, die dem Prinzip des freien Wettbewerbs zuwiderlaufen, zusammenzufassen und dadurch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass sich das Strafrecht nicht mehr auf den Schutz der traditionellen Rechtsgüter wie Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen beschränken dürfe, sondern auch den Schutz überindividueller Interessen mit einbeziehen müsse.[196] Durch den Straftatbestand des § 298 StGB wurde ein Teilbereich der bisherigen Ordnungswidrigkeiten wegen ihres „qualifizierten Unrechtsgehalts“ zu einer Straftat hoch gestuft.[197] Submissionsabsprachen sind Kernbeschränkungen des Wettbewerbs, die zu den hard-core-Kartellen gehören.[198] Demgegenüber handelt es sich bei den §§ 299 ff. StGB um Korruptionsdelikte.
I. Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen (§ 298 StGB)
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Ausschreibungen von Waren und Dienstleistungen sind heute aus dem modernen Wirtschaftsleben nicht mehr hinwegzudenken. Öffentliche Aufträge sind grundsätzlich im Wettbewerb, in der Regel im Wege der Ausschreibung, zu vergeben.[199] Dies gilt zunehmend auch für privatwirtschaftliche Aufträge. Sinn und Zweck der Ausschreibungen ist es, mehrere Angebote zu erlangen, die es dem Veranstalter ermöglichen, aufgrund eines genauen und detaillierten Überblicks über die notwendigen Aufwendungen und die Güte der dafür zu erwartenden Leistungen eine wohl begründete Entscheidung für das günstigste Angebot zu treffen. Dieser Zweck wird erheblich gefährdet, wenn die Anbieter miteinander Kontakt aufnehmen und Preise oder den sonstigen Inhalt der Angebote absprechen und so eine den tatsächlichen Wettbewerbsverhältnissen entsprechende Auftragsvergabe vereiteln.[200] Solche Absprachen begründen zum einen die Gefahr, dass das Vermögen des Veranstalters durch überhöhte Preise oder in anderer Weise geschädigt wird, und zum anderen, dass Schäden für die Mitbewerber entstehen.[201]
1. Geschützte Rechtsgüter und Schutzgesetzcharakter des § 298 StGB
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§ 298 StGB schützt den freien Wettbewerb bei Ausschreibungen.[202] Im Vordergrund steht hier die Freiheit der Marktkonkurrenz von unlauteren, nicht offenbarten Einflüssen, die das Austauschverhältnis von Waren und Leistungen einseitig zugunsten eines Beteiligten verzerren.[203] Dadurch soll das Funktionieren des auf dem Leistungsprinzip beruhenden Wettbewerbs sichergestellt werden.[204] Hierbei handelt es sich um ein in hohem Maße von gesetzlichen Vorgaben bestimmtes und vielfältigen Wandlungen unterworfenes Rechtsgut. Das Vermögen der (möglichen) Mitbewerber gilt lediglich als mitgeschützt.[205] Hingegen ist das Vermögen des Veranstalters unmittelbar geschützt, denn durch die Veranstaltung der Ausschreibung soll ein möglichst günstiger Preis für das Ausschreibungsobjekt erzielt werden.[206]
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§ 298 StGB ist Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB.[207] Der Schutzbereich ist dabei nicht auf den deutschen Vergabewettbewerb begrenzt; vielmehr sind Ausschreibungen der EU selbst wie auch sonstige Ausschreibungen, soweit sie in den Anwendungsbereich des EU-Rechts fallen, ebenfalls einbezogen. Ausschreibungen außerhalb der EU fallen nicht in den Schutzbereich des § 298 StGB.[208]
2. § 298 StGB als unechte Blankettnorm?
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Bei § 298 StGB handelt es sich um einen abgeschlossenen Straftatbestand, zu dessen Auslegung und Konkretisierung jedoch die Vorschriften des GWB herangezogen werden können, insbesondere um das Merkmal der Rechtswidrigkeit der Absprache auszulegen. Insoweit ist die Reichweite des tatbestandlichen Verbots zwar akzessorisch zum Kartellrecht.[209] Dies bedeutet aber nicht, dass es sich bei § 298 StGB um eine Blankettnorm handelt, bei der sich der Tatbestand erst aus der Verbindung von Sanktions- und Ausfüllungsnorm ergibt, auf die der Strafgesetzgeber Bezug nimmt,[210] denn § 298 StGB verweist nicht auf die Vorschriften des GWB. Die Strafbestimmung gestaltet den Tatbestand inhaltlich selbst, ist also vollständig, auch wenn sich die Rechtswidrigkeit der Absprache an den Vorgaben des GWB orientiert. Es handelt sich deshalb bei der Rechtswidrigkeit der Absprache um ein normatives Tatbestandsmerkmal,[211] das unter Rückgriff auf § 1 GWB auszulegen ist. Diese Einordnung hat zur Folge, dass Änderungen der kartellrechtlichen Vorschriften nicht automatisch auch eine Änderung des § 298 StGB nach sich ziehen.[212] Dieser Umstand hat insbesondere für die Frage Bedeutung, ob durch die Neufassung des § 1 GWB, der nunmehr auch wettbewerbsbeschränkende vertikale Absprachen verbietet, eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 298 StGB über horizontale Absprachen hinaus auf vertikale zwingend ist (näher dazu Rn. 72 ff.).
3. Tatbestandsvoraussetzungen des § 298 StGB
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Der Straftatbestand des § 298 StGB stellt die Abgabe von auf Absprachen beruhenden Angeboten auf eine Ausschreibung unter Strafandrohung.[213] Hierbei handelt es sich um ein Allgemeindelikt, das grundsätzlich von jedermann begangen werden kann.[214] Der Gesetzgeber hat bewusst auf das Erfordernis der Täuschung und des Vermögensschadens verzichtet und so den Schutz des freien Wettbewerbs durch ein abstraktes Gefährdungsdelikt gewährleistet.[215] Die Gefährlichkeit der Submissionsabsprachen liegt in deren Tendenz zur Wiederholung und Steigerung der Angebotspreise.[216]
a) Ausschreibungen
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Eine Ausschreibung i.S.d. § 298 Abs. 1 StGB ist ein Verfahren, mit dem ein Veranstalter Angebote einer unbestimmten Vielzahl von Anbietern für die Lieferung bestimmter Waren oder für das Erbringen bestimmter Leistungen einholt.[217] Dadurch soll das für den Auftraggeber günstigste Angebot unter den Bedingungen eines freien Wettbewerbs ermittelt werden.[218]
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Besonders häufig werden Ausschreibungen durch die öffentliche Hand vorgenommen, weil das geltende Vergaberecht für sie die Anwendung bestimmter Verfahrensregeln gesetzlich bindend vorschreibt. Die Ausschreibung kann als öffentliche Ausschreibung (VOB/A Abschn. 1 § 3 Abs. 1, VOL/A Abschn. 1 § 3 Abs. 1 und Abs. 2), der im Anwendungsbereich der EU-Koordinierungsrichtlinien das offene Verfahren (§ 15 VgV) entspricht, oder als beschränkte Ausschreibung (VOB/A Abschn. 1 § 3 Abs. 2, VOL/A Abschn. 1 § 3 Abs. 3 und Abs. 4) oder im nicht offenen Verfahren (§ 16 VgV) erfolgen.[219] Die beschränkten Ausschreibungen und die nicht offenen Verfahren stellen „die Domäne der Absprachen in der Bauwirtschaft“ dar und bieten einen besonders starken Anreiz zur Bildung von Submissionskartellen.[220] Sämtliche öffentlichen Vergabeverfahren unterfallen dem Tatbestand des § 298 Abs. 1 StGB.[221]
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Die freihändige Vergabe,[222] die nur noch im unterschwelligen Vergabebereich zur Anwendung kommt, ist dadurch gekennzeichnet, dass der Auftraggeber nicht an bestimmte Modalitäten wie bei der öffentlichen oder beschränkten Ausschreibung gebunden ist. Die freihändige Vergabe ist ein nicht formalisiertes Verfahren mit einer begrenzten Bieterzahl, das dem Auftraggeber größtmögliche Flexibilität hinsichtlich des Verfahrensablaufs ermöglicht. Dieses Verfahren kommt insbesondere zur Anwendung, wenn die Leistungsbereiche so komplex sind, dass nur ein begrenzter Unternehmenskreis die Leistung überhaupt erbringen kann.
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Im oberschwelligen Bereich ist nach § 119 Abs. 1, Abs. 5 GWB das Verhandlungsverfahren vorgesehen (§ 17 VgV), bei dem sich der öffentliche Auftraggeber an ausgewählte Unternehmen wendet und mit diesen über die Auftragsbedingungen verhandelt (vgl § 119 Abs. 5 GWB n.F.; § 3 EU Nr. 3 VOB/A Abschn. 2). Im Gegensatz zu den förmlich ausgestalteten Vergabeverfahren wird dabei sowohl über die zu erbringende Leistung als auch über den Preis verhandelt. Das Verhandlungsverfahren ist in vergleichbarer Weise wie die freihändige Vergabe ausgestaltet.[223] Für das Verhandlungsverfahren ist umstritten, ob es dem strafrechtlichen Schutz des § 298 StGB unterfällt. Dies wird teilweise generell abgelehnt,[224] weil es sich beim Verhandlungsverfahren im Gegensatz zur Ausschreibung nicht um ein Wettbewerbsverfahren handele.[225] Zutreffend ist sicherlich, dass das Verhandlungsverfahren keine Ausschreibung i.S.d. § 298 Abs. 1 StGB ist,[226] denn der Veranstalter verzichtet bei diesem Verfahren auf die förmliche Einholung von Angeboten und verhandelt stattdessen mit den einzelnen Anbietern über die Auftragsbedingungen.[227] Der Gesetzgeber hat durch die Schaffung des § 298 Abs. 2 StGB jedoch regelungstechnisch deutlich gemacht, dass auch Vergabeverfahren erfasst sind, sofern ein Teilnahmewettbewerb vorausgegangen ist.[228] Das Verhandlungsverfahren ist der freihändigen Vergabe vergleichbar ausgestaltet und stellt in der Sache eine besondere Form der freihändigen Vergabe im Bereich des Kartellvergaberechts dar.[229] Es ließe sich kaum erklären, wenn ausschließlich das Pendant des Verhandlungsverfahrens im unterschwelligen Bereich, die freihändige Vergabe, und nicht auch das Verhandlungsverfahren im oberschwelligen Bereich strafrechtlichen Schutz genießen würde.[230] § 298 Abs. 2 StGB würde in diesem Fall auch seinem ursprünglichen, vom Gesetzgeber verfolgten Zweck nicht mehr gerecht, freihändige Vergaben einer „gewissen Größenordnung und Bedeutung“[231] zu erfassen.[232] Im Ergebnis sind daher Verhandlungsverfahren nach vorausgegangenem Teilnahmewettbewerb in den Anwendungsbereich des § 298 Abs. 2 StGB einzubeziehen.[233]
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In § 101 Abs. 1, Abs. 4 GWB a.F. bzw. § 119 Abs. 1, Abs. 6 GWB n.F. hat der Gesetzgeber im Jahr 2005 zur Förderung von öffentlich-privaten Partnerschafts-Projekten eine neue Verfahrensart geschaffen: den sog. wettbewerblichen Dialog. Dieses Verfahren zur Vergabe komplexer Aufträge, das nur auf Vergaben oberhalb der gesetzlichen Schwellenwerte Anwendung findet, ermöglicht, in freien Verhandlungen mit den Bietern zunächst Lösungen zu erarbeiten, um auf dieser Basis die ausgewählten Bewerber zur Angebotsabgabe aufzufordern. Das Verfahren durchläuft drei Phasen: Es besteht aus einem Teilnahmewettbewerb, einem Dialog mit den ausgewählten Anbietern und einer Angebotsphase mit der Zuschlagserteilung. Nähere Regelungen dazu finden sich in § 119 Abs. 6 GWB und den einzelnen Vergabeordnungen. Auch hier ist umstritten, ob der wettbewerbliche Dialog durch § 298 StGB geschützt wird. Da der wettbewerbliche Dialog nach seiner Ausgestaltung wettbewerbliche Elemente (Teilnahmewettbewerb, Abgabe von Angeboten in der Angebotsphase) enthält, wird teilweise § 298 StGB für anwendbar erklärt.[234] Auf dem Boden der gegenwärtigen Regelung bestehen hiergegen allerdings erhebliche Bedenken, denn dieses Vergabeverfahren kann nicht als Ausschreibung i.S.d. § 298 Abs. 1 StGB verstanden werden.[235] Der Gesetzgeber hat bei Schaffung der Strafvorschrift nur die öffentliche und die beschränkte Ausschreibung als vom Begriff der Ausschreibung erfasst angesehen.[236] Zwar ähnelt die dritte Phase des wettbewerblichen Dialogs der beschränkten Ausschreibung bzw. dem nicht offenen Verfahren, weshalb Böse[237] den wettbewerblichen Dialog als von § 298 Abs. 1 StGB erfasst sieht. Allerdings erhält der wettbewerbliche Dialog als solcher, vor allem durch die Dialogphase zur Bestimmung des Auftragsgegenstands, ein ganz anderes Gepräge als eine beschränkte Ausschreibung.[238] Und auch die Möglichkeit des Veranstalters, beim wettbewerblichen Dialog in der Angebots- und Zuschlagsphase die Präzisierung, Klarstellung und Ergänzung eines Angebots zu verlangen (§ 3b EU Abs. 4 Nr. 4, Nr. 5 VOB/A Abschn. 2 n.F.), ist der beschränkten Ausschreibung fremd. Eine Subsumtion des wettbewerblichen Dialogs unter den Begriff der Ausschreibung i.S.d. § 298 Abs. 1 StGB ist daher abzulehnen. Einer Anwendung des § 298 Abs. 2 StGB auf den wettbewerblichen Dialog scheitert am Wortlaut, denn es handelt sich nicht um ein der Ausschreibung i.S.d. § 298 Abs. 1 StGB gleichgestelltes Verfahren. Zwar sieht der wettbewerbliche Dialog einen Teilnahmewettbewerb vor, jedoch kann er im Gegensatz zum Verhandlungsverfahren (Rn. 64) gerade nicht als freihändige Vergabe eingeordnet werden. Ein anderes Auslegungsergebnis würde gegen das Analogieverbot verstoßen. Daher bedarf es des Tätigwerdens des Gesetzgebers, um die hier bestehende Strafbarkeitslücke zu schließen.
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Mit der Neufassung des GWB zum 18. April 2016 hat der Gesetzgeber mit der Innovationspartnerschaft eine weitere Verfahrensart eingeführt, die aus mehreren Phasen besteht und zur Entwicklung innovativer, noch nicht auf dem Markt verfügbarer Liefer-, Bau- und Dienstleistungen und zum anschließenden Erwerb der daraus hervorgehenden Leistungen dienen soll. Vorgesehen ist, dass nach einem Teilnahmewettbewerb der öffentliche Auftraggeber in mehreren Phasen mit den ausgewählten Unternehmen über die Erst- und Folgeangebote verhandelt. Nähere Regelungen dazu finden sich in § 119 Abs. 6 GWB, § 19 VgV sowie in §§ 3 EU ff. VOB/A Abschn. 2 n.F. Zwar setzt auch die Innovationspartnerschaft einen vorausgegangenen Teilnahmewettbewerb voraus. Gleichwohl sind die Unterschiede zur Ausschreibung so erheblich, dass es sich nicht um ein Vergabeverfahren i.S.d. des § 298 Abs. 1 StGB handelt. Und § 298 Abs. 2 StGB greift nicht ein, weil der Gesetzgeber die Innovationspartnerschaft nicht – wie im Hinblick auf das Verhandlungsverfahren in § 298 Abs. 2 StGB geschehen – durch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung einer Ausschreibung gleichgestellt hat.[239]
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Sonstige Vergabearten, insbesondere solche, die keinen vorausgegangenen Teilnahmewettbewerb kennen, werden durch § 298 StGB nicht erfasst,[240] sondern nur durch den Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 81 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 GWB geschützt.[241] Dies gilt etwa für eine de-facto-Vergabe,[242] bei der ein Ausschreibungsverfahren nicht durchgeführt wird und die Vergabe ohne Beachtung vergaberechtlicher Vorgaben erfolgt, auch wenn dabei eine kartellrechtswidrige Absprache nach § 1 GWB zwischen Veranstalter und Bieter vorliegen kann.[243] Bußgeldbewehrt ist gleichermaßen, wenn Aufträge entgegen bestehender Ausschreibungspflichten oder rein manipulativ und absprachegemäß freihändig vergeben werden. Die Verletzung der Ausschreibungspflicht unterfällt nicht § 298 StGB,[244] sie ist straflos. Werden Täuschungshandlungen vorgenommen, so unterfallen diese dem Betrugstatbestand (§ 263 StGB).[245]
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Wenn ein Ausschreibungsverfahren an schwerwiegenden Fehlern leidet, die dem Ausschreibenden zuzurechnen sind, oder wenn eine Ausschreibung nur zum Schein erfolgt, greift § 298 StGB gleichwohl ein, es sei denn, dass es sich um so gravierende Fehler handelt, dass nicht mehr von einer Ausschreibung gesprochen werden kann.[246] Der Gesetzgeber des GWB geht davon aus, dass gravierende Mängel des Vergabeverfahrens unmittelbar nur vor den Vergabekammern (§ 104 GWB) gerügt werden können, soweit es um Ausschreibungen oberhalb der EU-Schwellenwerte geht. Fehler und Mängel führen auch nicht zur Aufhebung eines bereits erteilten Zuschlags. Vielmehr erlässt die Vergabekammer in solchen Fällen einen feststellenden Verwaltungsakt, an den die Zivilgerichte in Schadensersatzprozessen gebunden sind. Der primäre Rechtsschutz liegt also bei den Vergabekammern und darf nicht ohne behördliche Entscheidung durch die Geschädigten, etwa unter Berufung auf in Notwehr getroffene wettbewerbsbeschänkende Absprachen, durchgesetzt werden.[247] Entsprechend kommt der BGH zu dem Ergebnis, dass die Strafbarkeit nach § 298 StGB grundsätzlich unabhängig von der Frage, ob das Angebot, dem im konkreten Fall die vorgeschriebenen Unterlagen fehlten, zu Recht Berücksichtigung gefunden hat.[248] Selbst krasse Fälle des Fehlverhaltens durch den Auftraggeber führen nicht zur Verneinung eines Vergabeverfahrens, sondern nach Auffassung des BGH zur Beteiligung des Ausschreibenden an § 298 StGB, wenn dieser gezielt Einfluss zugunsten eines Bieters nimmt.[249] Entsprechend schließen Scheinausschreibungen, bei denen von Anfang an feststeht, wem der Auftraggeber den Zuschlag erteilen wird, die Strafbarkeit nach § 298 StGB nicht aus. Während das Reichsgericht bei § 12 UWG a.F. ein Handeln zwecks unlauterer Bevorzugung im Wettbewerb in einem solchen Fall abgelehnt hat,[250] kommt der BGH in solchen Fällen ohne nähere Begründung zur Strafbarkeit.[251] Strafbarkeit gemäß § 298 StGB liegt nicht vor, wenn der Auftraggeber vor der Vergabe eines Auftrags kein Ausschreibungsverfahren durchgeführt hat.[252] In diesem Fall fehlt es bereits ganz offensichtlich an dem Tatbestandsmerkmal der „Ausschreibung“. Dies gilt auch dann, wenn ein öffentlicher Auftraggeber, dem die Durchführung eines Vergabeverfahrens aufgrund der einschlägigen Bestimmungen auferlegt ist, die Auftragsvergabe gleichwohl ohne ein solches Verfahren vornimmt.[253] Das Unterlassen einer gesetzlich gebotenen Ausschreibung kann als solche (für die Mitarbeiter des Auftraggebers) nur nach § 266 StGB strafbar sein.[254] Zudem ist in diesem Zusammenhang freilich – je nach Fallgestaltung – an weitere Straftatbestände wie etwa an die Bestechungsdelikte der §§ 299 ff. bzw. §§ 331 ff. StGB zu denken.[255]
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Der Anwendungsbereich des § 298 StGB ist nicht auf Ausschreibungsverfahren der öffentlichen Hand beschränkt, sondern erfasst nach § 298 Abs. 2 StGB auch Ausschreibungen privater Veranstalter,[256] sofern das Ausschreibungsverfahren inhaltlich ähnlich wie das Verfahren nach den §§ 97 ff. GWB bzw. nach der VOB/A oder VOL/A (seit dem 18. April 2016 nur noch bezüglich des 1. Abschnitts) ausgestaltet ist (§ 299 Abs. 2 StGB). Als Veranstalter kommen sowohl private Unternehmen als auch Privatpersonen in Betracht.[257] Für die freihändige Vergabe ordnet § 298 Abs. 2 StGB explizit eine Gleichstellung mit der Ausschreibung i.S.d. § 298 Abs. 1 StGB an und erreicht damit den Schutz durch den Tatbestand der Wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bei Ausschreibungen, sofern der freihändigen Vergabe ein Teilnahmewettbewerb vorausgegangen ist. Durch dieses Erfordernis soll der strafrechtliche Schutz auf Fälle von einer gewissen Größenordnung und Bedeutung erreicht werden.[258] Die Praxis zeigt, dass private Auftraggeber überwiegend den Vergabeverfahren öffentlicher Auftraggeber entsprechende Verfahren durchführen, um günstige Preise zu erzielen.[259] Dabei ist umstritten, unter welchen Voraussetzungen bei solchen Verfahren der strafrechtliche Schutz des § 298 Abs. 2 StGB, der Ausschreibung i.S.d. Absatzes 1 die freihändige Vergabe eines Auftrages nach vorangegangenem Teilnahmewettbewerb gleichstellt,[260] eingreift. Einigkeit besteht darüber, dass für die Bestimmung der Ähnlichkeit den Ausgangspunkt der Sinn und Zweck des Vergabeverfahrens bildet: Das Vergabeverfahren dient dem Erfordernis sparsamer Haushaltsführung sowie dem Schutz des Bieters, der sich darauf verlassen darf, dass der Bewertung des Angebots bestimmte offen gelegte Bewertungskriterien zu Grunde gelegt werden. Hingegen ist umstritten, ob der private Bieter dieselben Rechte wie bei einer öffentlichen Auftragsvergabe haben muss, insbesondere ob der private Auftraggeber verpflichtet sein muss, das wirtschaftlichste Angebot anzunehmen oder die Interessen des Mittelstands zu berücksichtigen.[261] Da die Beschränkung auf das wirtschaftlichste Angebot oder die besondere Berücksichtigung mittelständischer Interessen aus den besonderen Bindungen der öffentlichen Hand an die Mittelstandsförderung und das Sparsamkeitsgebot folgt, wird gefolgert, dass es hierauf bei Privatpersonen nicht ankomme.[262] Der BGH[263] hat die Ähnlichkeit einer privaten mit einer öffentlichen Ausschreibung bejaht, weil der Auftraggeber Leistungsverzeichnisse erstellt und diese im Sinne einer beschränkten Ausschreibung an ausgewählte Unternehmen übersandt hatte; die Unternehmen waren aufgefordert worden, eine Kalkulation durchzuführen und rechtzeitig zum Submissionstermin ein Angebot für die Ausführung der Arbeiten abzugeben. Daher habe sich das Vergabeverfahren nach wesentlichen Vorschriften der VOB/A gerichtet. Allein anhand dieser Kriterien ist jedoch eine Abgrenzung der Ausschreibung i.S.d. § 298 Abs. 1 StGB zu dem in § 119 Abs. 5 GWB n.F. angeführten, auf eine freie Vergabe abzielenden Verhandlungsverfahren (Rn. 64) nicht möglich. Deshalb fordert Greeve[264] als Voraussetzung der Ähnlichkeit des privaten mit den öffentlichen Ausschreibungsverfahren zu Recht, dass der Bieter auf Einhaltung formalisierter Verfahrensweisen durch die Anwendung der durch die Verfahrensvorschriften vorgegebenen Wertungskriterien insgesamt vertrauen dürfe.[265] Insbesondere müsse ihm Rechtschutz beim Verstoß hiergegen gewährt sein. Der fehlende Bindungswille des Anbieters stehe der Anwendung des § 298 StGB auf private Auftragsvergaben entgegen.[266] Insgesamt bedarf es einer Gesamtabwägung, bei der die Regeln über die Bekanntgabe der Submission, den Versand der Vergabeunterlagen, die Verantwortung des Auftraggebers, die Angebotseinreichung und Öffnung der Angebote, die Prüfung und Wertung der Angebote, die Wertung im Einzelnen, die Erteilung des Zuschlags, die Aufhebung des Zuschlags und über den Rechtschutz, wie sie sich in der VOB/A und VOL/A bzw. VgV finden, zu berücksichtigen sind. Weiterhin sind in die Gesamtabwägung auch die Rechte des Bieters einzubeziehen, die als Äquivalent seiner Aufwendungen und seiner Bindungen anzusehen sind. Wird dem Bieter z.B. kein Rechtschutz eingeräumt, so fehlt es sowohl an der Ähnlichkeit des Verfahrens mit den in VOB/A und VOL/A bzw. VgV geregelten Ausschreibungen als auch an der Schutzwürdigkeit des Auftraggebers. Denn § 298 StGB erfordert auch eine Gefährdung des Vermögens des Veranstalters, die darauf beruht, dass der Auftraggeber bei öffentlichen Ausschreibungen den Bietern Rechtspositionen einräumt, die diesen einen Zugriff auf sein Vermögen ermöglichen. Wird bei einer privaten Ausschreibung dem Bieter jedoch kein Rechtschutz eingeräumt, so fehlt es an der Schutzwürdigkeit des Auftraggebers und der von ihm veranstalteten Ausschreibung. Daher greift § 298 StGB in solchen Fällen nicht ein. Weitere Voraussetzung der Ähnlichkeit des privaten Vergabeverfahrens ist, dass die allgemeinen Grundsätze wie der Gleichheitsgrundsatz, der Grundsatz der Transparenz[267] und die Beschränkung auf fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmen beachtet werden.[268] Wenn ein privater Auftraggeber bei der Vergabe diese allgemeinen Grundsätze nicht einhält und bewusst unzuverlässige Unternehmen einbezieht oder den Gleichheitsgrundsatz nicht beachtet, verdient ein solches Vergabeverfahren nicht den besonderen Schutz des § 298 StGB.[269] Aus demselben Grund werden informelle, unter Umständen auch korruptive Bemühungen um Auftragserlangung außerhalb oder neben dem Ausschreibungsverfahren durch § 298 StGB nicht geschützt.[270] In diesen Fällen kann lediglich der Betrugstatbestand (§ 263 StGB) eingreifen.