Kitabı oku: «Perry Rhodan Neo Paket 2: Expedition Wega», sayfa 10

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»Das ist …« Julian Tifflor konnte es nicht fassen. »Wie … wie haben Sie sie nur fahren lassen können? Dieser Raskujan hat gelogen! Ich schwöre es.«

»Natürlich hat er das«, antwortete Bull. »Aber er hat uns trotzdem alles verraten, was wir wissen wollten.« Er klopfte Julian auf die Schulter. »Komm, wir sehen uns ihre Beute an!«

15.

26. Juli 2036

Perry Rhodan

Perry Rhodan kauerte auf dem Boden des arkonidischen Raumschiffs und sah nach draußen.

Sein »Fenster« war das unregelmäßig gezackte Loch, das die Explosion eines der Triebwerke gerissen hatte. Die Ränder aus Stahl – wenn der Begriff für das arkonidische Material überhaupt richtig gewählt war – waren ausgefranst. Sie erinnerten Rhodan an Stoffstreifen. Doch sie wehten nicht im Fahrtwind, sondern stemmten sich ihm trotzig entgegen. Die vorbeistreifende Luft pfiff hell, überlagerte das Dröhnen der verbliebenen Triebwerke, die ihre Beute nach Terrania trugen.

Unter ihm, zwei- oder dreihundert Meter tiefer, zog der Boden Innerasiens vorbei. Er glich einem huschenden Schemen. Der erfahrene Testpilot Rhodan schätzte ihre Geschwindigkeit auf knapp unter Mach 1.

»Störe ich?«

Perry Rhodan wandte sich um. John Marshall, der Telepath, war hinter ihn getreten. Rhodan hatte ihn nicht kommen hören. Wie auch? Der Lärm hätte es einer halben Hundertschaft erlaubt, sich unbemerkt anzuschleichen. Doch das hatte Rhodan nicht zu fürchten. De Soto und seine Soldaten und Spezialisten waren in einem Hangar des Schiffs eingesperrt. Thoras Unerbittlichkeit hatte ihren Willen gebrochen.

»Nein. Überhaupt nicht.« Er rieb mit der Hand über das Gesicht. Er hatte die nutzlos gewordene Maske abgenommen. Das Material hatte sich verblüffend einfach lösen lassen, doch seitdem plagte ihn ein lästiges Jucken. Die Haut war gereizt, würde einige Zeit brauchen, sich wieder zu beruhigen.

John Marshall, der ehemalige Investmentbanker, ging neben Rhodan in den Schneidersitz. Eine Position, fand Rhodan, die nicht so recht zu einem Banker passen wollte.

»Sie haben geschlafen?«, fragte Rhodan.

»So gut es ging.« Der Telepath zuckte die Achseln. »Eigentlich hätte ich nach der Anstrengung in Tiefschlaf fallen sollen. Aber …«

»Zu unruhig?«

»Ja.«

»Das kenne ich.«

Marshall blickte ihn forschend an. »Sie sind nicht zufrieden?«

»Sie haben es in meinen Gedanken gelesen?«

»Nein. Ich wäre viel zu erschöpft dazu. Selbst wenn ich es wollte.« Marshall hob eine Wasserflasche an den Mund, die er mitgebracht hatte. Sie stammte aus den Beständen de Sotos. Die Züge des Telepathen waren eingefallen, erinnerten an die eines Greises. Seine Psi-Gabe brachte das Leistungsvermögen seines Körpers an seine Grenzen.

Marshall nahm die Flasche wieder von den Lippen. »Außerdem will ich es nicht. Glauben Sie mir, es ist gut, dass wir Menschen voreinander Geheimnisse haben.«

»Das kann ich mir vorstellen.«

Der Telepath stellte die Flasche vor sich ab. Sie blieb stehen. Rhodan betrachtete sie einen Augenblick lang, als stellte sie ein Wunder dar. In gewisser Weise war sie es: Dieses Schiff musste Tausende von Tonnen wiegen, war Tausende von Jahren alt und schwer beschädigt. Trotzdem ritt es auf den Strahlen seiner verbliebenen Triebwerke. Und das so ruhig, dass es dieser Flasche einen stabilen Untergrund bot.

Dieses Schiff war ein Wunder. Ihre Hoffnung. Und es gehörte ihnen. Doch um welchen Preis?

»Sie wissen vielleicht«, sagte Marshall, »dass ich meine Gabe erst vor Kurzem verstanden habe. Sie ist wie ein Wunder …« Rhodan sah auf, musterte den Telepathen. War seine Wortwahl Zufall? Oder hatte er unwillkürlich einen Gedanken Rhodans aufgeschnappt und umgesetzt?

»… ein Wunder, das große Verantwortung mit sich bringt.« Marshall hatte seinen Blick nicht bemerkt. Der Telepath war zu sehr mit den eigenen Gedanken beschäftigt. »Meine Gabe ist eine Macht, die sich allzu leicht missbrauchen lässt. Wir haben es bei Clifford Monterny erlebt. Sie braucht Prinzipien. Ich habe mir zur Regel gemacht, die Gedanken anderer niemals gegen deren Willen zu lesen. Es sei denn, ein Notfall liegt vor.«

»Wie in unserem Fall«, sagte Rhodan.

»Wie in unserem Fall«, bestätigte Marshall.

Eine in der Sonne glitzernde Wasserfläche wurde unter ihnen sichtbar. Sie reichte bis zum Horizont. Es musste der Baikalsee sein. Thora hatte sich entschieden, das Schiff über das Eismeer zum Nordpol zu steuern und von dort direkt über die menschenleeren Weiten Sibiriens nach Süden vorzustoßen, um Kontakte mit Flugzeugen zu vermeiden. Bislang war ihre Planung aufgegangen, ihr Flug war ungestört geblieben.

»Sie geben eine Menge auf Prinzipien, John, nicht?«, sagte Rhodan. »Homer G. Adams hat mir von Ihrem Heim für Straßenkinder erzählt.«

Marshall, der Investmentbanker, hatte vor einigen Jahren seine angesparten Boni in eine Stiftung übertragen, um in Houston eine alte Villa in den so genannten Pain Shelter umzuwandeln.

»Haben Sie bereits herausgefunden, was mit den Kindern geschehen ist?«, fragte Rhodan.

»Nein. Homer hat seine Beziehungen spielen lassen, aber ohne Ergebnis. Das Haus des Shelters ist abgebrannt.«

»Das muss nichts heißen. Ohne Sie waren die Kinder sich selbst überlassen. Ein Unfall.«

»Möglich. Oder Homeland Security hat sie verschleppt.« Es knackte, als Marshall den Griff um die Plastikflasche verstärkte.

»Das glaube ich nicht. Was sollte Homeland Security mit Kindern anfangen?«

»Seit wann schert sich Homeland Security um den gesunden Menschenverstand oder Anstand?«

Rhodan versuchte nicht zu widersprechen. John Marshall hatte recht. Das Ministerium glaubte, über Gesetz und Moral zu stehen. »Sie haben getan, was Sie für richtig hielten«, versuchte er den Telepathen zu trösten.

»Ja. Und trotzdem fühle ich mich schuldig. Nicht anders als Sie.« John Marshall blickte ihn aus seinen tief in den Höhlen liegenden Augen an. Rote Äderchen verästelten sich über den Augäpfeln.

»Wie meinen Sie das?«

»Die Landung der STARDUST in der Gobi statt in Nevada Fields. Ihre Weigerung, die Technologie der Arkoniden einer einzigen Nation auszuliefern. Ihr Einsatz für Crest, der Sie auf dem Mond um ein Haar dem Erstickungstod ausgeliefert hätte. Ihre Ausrufung von Terrania als der Stadt aller Menschen … Die Liste ließe sich noch weiter fortführen. Sie haben getan, was Sie für richtig hielten, nicht?«

Rhodan nickte. »Mir blieb keine andere Wahl. Ich hätte sonst alles verraten, an was ich glaube.«

»Mit dem Resultat, dass ungefähr die Hälfte der Menschheit Sie für einen Verräter hält. An ihrer Nation. An ihrer Weltanschauung, die Sie zertrümmert haben. An unserer Art. Das setzt Ihnen zu.«

»Natürlich. Ich bin ein Mensch.«

»Lassen Sie sich nicht beirren!«, forderte Marshall ihn auf.

»Das versuche ich. Aber es ist nicht leicht. Wissen Sie …« Rhodan strich mit der flachen Hand über den Boden des Schiffs. »Seit ich mich erinnern kann, habe ich davon geträumt, zu den Sternen zu fliegen. Deshalb bin ich Astronaut geworden.«

»Sie sind zu den Sternen geflogen.«

»Zum Mond. Was ist das schon? Ich habe davon geträumt, zu anderen Welten zu reisen, die bewohnt sind. Fremde zu treffen. In einem echten Raumschiff. Wie diesem hier.«

»Dieses Schiff gehört jetzt uns. Ihre Träume haben sich erfüllt.«

»Nicht, wie ich es mir vorgestellt habe. Wir haben dieses Schiff gewonnen, indem wir General de Soto mit Folter gedroht haben. Das ist nicht recht!«

Das Blau des Baikalsees blieb zurück, wich der braunen, endlos anmutenden Steppe der Mongolei. Terrania war nicht mehr weit.

»Nicht wir«, wandte Marshall ein. »Thora hat es getan. Wir konnten nichts dagegen unternehmen.«

»Sie hätte es nicht tun dürfen.«

»Hätte sie de Soto nicht gebrochen, wären wir jetzt tot oder Homeland Security würde uns foltern.« Der Telepath nahm einen langen Schluck aus der Flasche. »Ich billige nicht, was Thora getan hat, aber ich verurteile sie nicht. Sie ist kein Mensch. Sie ist nicht an unsere moralischen Maßstäbe gebunden.«

»Sie ist auf der Erde!«

»Sie ist hier gestrandet, unter Fremden. Sie hat Angst.«

Thora und Angst? Rhodan dachte nach. Aus diesem Blickwinkel hatte er die Arkonidin noch nicht betrachtet. Aber Angst … Es erklärte vieles. »Damit könnten Sie richtig liegen, John.«

»Wir werden es herausfinden. Wenn ihre Angst nachlässt, werden wir die wahre Thora kennen lernen.« John Marshall hatte die Flasche geleert. Er verschloss sie sorgfältig und stellte sie neben sich ab. »Ihnen liegt noch mehr auf dem Herzen, nicht?«

»Viel mehr. Alles.« Rhodan hob die Schultern, ließ sie wieder sacken. »John, die Erde steht am Rand eines globalen Bürgerkriegs. Überall sind Unruhen, gibt es Kämpfe.«

»Das ist nicht Ihre Schuld. Sie haben das nicht gewollt.«

»Aber ich habe den Anstoß dazu gegeben. Verstehen Sie?«

»Ja. Aber ich glaube, wir hatten diesen Anstoß bitter nötig.« John Marshall strich mit der Hand über die Stirn, wischte sich Schweißperlen von der Haut. Der Temperaturhaushalt seines Körpers war aus dem Takt gekommen. Es würde Tage dauern, bis er wieder ein Normalmaß erreichte. »Haben Sie gewusst, dass ich beim Start der STARDUST in Nevada Fields war?«

»Nein.« Wieso wechselte der Telepath das Thema? »Was hat Sie dort hingeführt?«

»Sid. Er ist wie Sie, ein Träumer von den Sternen. Er hat mich so lange genervt, bis ich mit ihm in einen Bus nach Nevada gestiegen und über zweitausend Kilometer gefahren bin. Für eine Veranstaltung, die ich, höflich ausgedrückt, für überflüssig hielt. Dort habe ich Sie und Ihre Kameraden zum ersten Mal gesehen, als Sie in Ihren Raumanzügen über das Startfeld stapften. Und wissen Sie, was in mir bei diesem Anblick vorging?«

»Ich bin kein Telepath. Sagen Sie es mir!«

»Was für eine Verschwendung! An Geld und Material, an guten Männern. Wie kann es sein, habe ich mich gefragt, dass hochintelligente Männer wie Sie und Bull sich ins All flüchten, während die Erde unter Ihren Füßen zum Teufel geht?«

»Das ist nicht gerade ein Kompliment.« Worauf wollte Marshall hinaus?

»Das ist höflich ausgedrückt. Und ich schulde Ihnen eine Entschuldigung. Seit dem Start der STARDUST ist kaum mehr als ein Monat vergangen, aber mir kommt es vor, als gehörte es in ein anderes, fernes Zeitalter. Unendlich viel ist seitdem geschehen – und ich habe dazugelernt. Nicht Sie, Perry, lagen falsch. Ich war es.«

»Sie sind zu hart zu sich selbst! Ihr Shelter hat Dutzenden von Kindern eine Perspektive gegeben. Sie …«

»Genau das ist es«, unterbrach ihn Marshall. »Dutzende. Genau das ist der Fehler. Ich habe etwas ausrichten und die Erde zu einem besseren Ort machen wollen. Aber in meinem Eifer habe ich etwas übersehen: Es war aussichtslos. Einunddreißig Kinder hatten im Pain Shelter Platz. Einunddreißig von Tausenden Straßenkindern allein in Greater Houston. Einunddreißig von Millionen weltweit. Was wir brauchen, ist nicht Wohlfahrt von wenigen für einige, kein Herumdoktern an Symptomen. Wir müssen uns von den Fesseln losmachen, die wir uns selbst angelegt haben. Sie, Perry, geben uns die Chance, sie abzuschütteln!«

Der Flug des Schiffs verlangsamte sich. Es ging tiefer.

Rhodan spürte, wie ihm Röte ins Gesicht stieg. »John, Sie …« Er suchte nach den passenden Worten, fand sie nicht. Er setzte zu einem neuen Anlauf an – und wurde von unerwarteter Seite aus seiner Verlegenheit gerettet.

Die Luft vor ihnen flimmerte. Ein Holo entstand. Thora in der Zentrale des Schiffs, die von Soldaten geräumt war. »Perry, John, wir sind gleich in Terrania. Machen Sie sich bereit!«

Vor ihnen schälte sich Terrania aus dem Horizont.

Thora drehte das Schiff so, dass Rhodan und Marshall freie Sicht durch das von der Explosion gerissene Loch im Rumpf hatten. Sie hatte die Fahrt verlangsamt. Der Fahrtwind zerrte an den beiden Männern, aber konnte sie nicht umwerfen. Die Luft war beißend heiß, erwärmt von der Sonne und zusätzlich erhitzt von den glühenden Strahlen der Triebwerke.

Die Skyline Terranias war niedrig. Die Gebäude der Stadt waren nur wenige Stockwerke hoch – mit Ausnahme des Stardust Towers, der sich aus ihrer Mitte dem Himmel entgegenreckte und anmutete, als warte er nur darauf, die Schwere der Erde abzuschütteln und zu den Sternen vorzustoßen. Eine Oase in der Wüste. Ein Ort der Hoffnung.

Tränen traten in Rhodans Augen.

Der beißende Fahrtwind trieb sie aus den Drüsen – und eine Erkenntnis, die unvermutet in ihm aufwallte: Terrania war nun seine Heimat.

»Wir werden erwartet«, sagte Thora, die neben den beiden Männern zu stehen schien, aber sich tatsächlich weiter in der Zentrale des Schiffs aufhielt. Die Darstellung des Hologramms war täuschend lebensecht.

Wir. Kein »Sie werden erwartet, Rhodan!«

Kurz vor der Stadt drehte Thora ab und begann lange Schleifen zu fliegen. Das Schiff neigte sich, gab die Sicht auf den Boden frei. Er war übersät mit Menschen. Sie hatten sich zwischen der Stadt und dem Ufer des Goshun-Salzsees versammelt. Sie standen so dicht, dass sie wie ein weiterer See wirkten, der sich auf wundersame Weise in der Wüste gebildet hatte. Und er wuchs. In Strömen drängten weitere Menschen aus der Stadt. Sie erinnerten an Zuflüsse, die sich in den See ergossen, sich mit ihm verbanden. Die Oberfläche des Sees war glatt bis auf eine Plattform, die sich in seiner Mitte erhob. Rhodan glaubte einen einzelnen Menschen auf der Plattform zu erkennen.

Eine freie Fläche bildete sich in der Mitte des Sees, als das Schiff in den Sinkflug ging. Von der Sonne ausgebleichter Wüstenboden wurde sichtbar. Die Fläche wurde zu einem unregelmäßigen Kreis, an dessen Rand sich die Plattform befand.

Die Arkonidin hielt direkt auf die Fläche zu. Das Schiff erbebte, als Thora den Schub erhöhte und die Fahrt der stählernen Kugel aufzehrte. Mit einer Sanftheit, die selbst dem virtuosen Reginald Bull ein widerstrebend respektvolles Räuspern abgerungen hätte, setzte die Arkonidin das Schiff auf. Die Strahlen der Triebwerke erreichten den Boden, fegten Sand und loses Geröll beiseite, entfachten einen Sturm, der sich mit den Gewalten messen konnte, die die Gobi zuweilen entfesselte.

Thora nahm den Schub heraus. Das Dröhnen der Triebwerke erstarb, ein lautloses Vibrieren nahm seinen Platz ein. Das Schiff war gelandet. Der von den Triebwerken entfesselte Sturm legte sich, gab den Blick über die Wüste frei. Die See aus Menschen hatte ihn unbeschadet überstanden, sie war keinen Zentimeter gewichen. Vor den beiden Männern, auf Höhe des Triebwerkwulsts und ungefähr zehn Meter von ihnen entfernt, war die Plattform.

Rhodan erkannte den Mann, der sie erwartete: Bai Jun.

Der ehemalige chinesische General klopfte den Sand aus seiner Uniform, von der er wie Rhodan und Zehntausende chinesische Soldaten seiner ehemaligen Belagerungsarmee die Ranginsignien und Nationalflaggen entfernt hatte.

»Ihre große Stunde, Perry. Worauf warten Sie?« Rhodan sah zu der Arkonidin. Er hörte keinen Sarkasmus aus ihrer Bemerkung heraus. Es verwunderte ihn. Erhaschte er bereits einen Blick auf die wahre Thora, von der Marshall gesprochen hatte?

»Was ist mit Ihnen?«, antwortete er mit einer Gegenfrage. »Es ist unsere große Stunde. Wir haben dieses Schiff gemeinsam erobert.«

»Ich bin keine Terranerin.« Thora ließ keinen Blickkontakt zu. Ihr Kopf war schräg zur Seite gerichtet. Sie musste mit den zahllosen Fehlermeldungen der Schiffssysteme befasst sein. »Außerdem werde ich hier in der Zentrale gebraucht. Die Autoreparatur-Routinen des Schiffs haben ihre Arbeit aufgenommen. Die Maschinen arbeiten zielgerichteter, wenn ein lebendes Wesen sie anleitet.«

Das mochte sein. Aber hatte das nicht Zeit? Er setzte an, Thora umzustimmen, als ihm John Marshall die Hand auf den Arm legte. Der Telepath schüttelte wortlos den Kopf. Die Arkonidin wollte nicht.

»Wie kommen John und ich hinaus?«, fragte Rhodan. Sie befanden sich fast vierzig Meter über dem Boden.

»Standesgemäß.«

Thora machte eine Handbewegung. Ein unsichtbares Energiefeld erfasste die beiden Männer, hob sie hoch. Marshall stieß einen überraschten Ruf aus. Rhodan spürte ein Kribbeln. Die Haare auf seiner Haut stellten sich auf, als hätte elektrische Statik sie aufgeladen.

Rhodan und Marshall schwebten aus dem Schiff und zu der Plattform. Stille lag über der Wüste. Das Schiff der Arkoniden mutete den Menschen wie ein Wunder an. Ein Wunder, wie sie es sich von Terrania erhofft hatten und das bisher ausgeblieben war.

»Willkommen zu Hause!« Bai Jun reichte zuerst Rhodan, anschließend Marshall die Hand. Der ehemalige General trug eine Schleife mit der Flagge Terras am Oberarm, der Milchstraße auf blauem Grund.

Rhodan drehte sich langsam auf dem Absatz, sog das Panorama ein. Die stählerne Kugel, die auf mächtigen Landebeinen ruhte, die Silhouette Terranias, der endlos weite Horizont der Ebene, die Zehntausende von Menschen, die zusammengeströmt waren.

»Ich muss ehrlich sagen, mit einem solchen Empfang hatte ich nicht gerechnet.«

»Wieso nicht? Sie sind ein Held, Rhodan. Und Helden bekommen Heldenempfänge.«

Ein Held? Rhodan dachte zurück an das brennende Manhattan, an den gebrochenen General de Soto. »Sie irren sich. Ich bin kein Held.«

»Das ist ein Irrtum. Sie fühlen sich nicht wie ein Held, aber für diese Menschen sind Sie einer. Ein Symbol. Und wir brauchen Symbole.«

»Wie zum Beispiel ein geschundenes und kaum flugfähiges Arkonidenschiff?«

»Zum Beispiel. Die Operation lief glatt?«

»Nicht, wie wir es uns vorgestellt haben. Präsident Drummond hatte den befehlshabenden General durch einen Freund ersetzt. Ohne John wären wir gescheitert, bevor wir überhaupt angefangen haben.«

»Ich habe etwas in der Art vermutet.« Bai Jun drehte sich um, ging zu einer Kiste, die auf der Plattform befestigt war, öffnete sie und holte eine Flasche heraus. »Hier, John, Wasser.«

Der Telepath nahm die Flasche und leerte sie in einem Zug. »Haben Sie von Sid und Anne gehört?«, fragte er dann.

»Ja. Sie sind wohlauf und zusammen mit Allan Mercant in einem Privatjet, der vor zwei Stunden das amerikanische Hoheitsgebiet verlassen hat.«

»Das ist gut. Danke!«

Einen Moment lang standen die drei Männer schweigend beisammen. Es war immer noch still, aber Rhodan glaubte jetzt ein leises Summen zu hören. Es kam von dem Arkonidenschiff. Die Reparatur-Routinen, von denen Thora gesprochen hatte, mussten eingesetzt haben. Würden sie es schaffen, aus diesem halben Wrack wieder ein voll funktionstüchtiges Schiff zu machen? Es mutete Rhodan unmöglich an. Aber das hatte auch gegolten, als Thora den Plan unterbreitet hatte, das angebliche Wrack in ihre Gewalt zu bringen.

Jetzt gehörte es ihnen. Ein Symbol dafür, dass der Traum von Terra keine wilde Vision war, sondern ein handfestes, erreichbares Ziel. Geballte Macht, die dafür sorgen würde, dass kein verwirrter Militär oder Politiker auf den selbstmörderischen Gedanken kam, einen Militärschlag gegen Terrania zu befehlen. Ein Gefährt, das sie zur Venus tragen würde, wo eine arkonidische Station existierte. Ein Schatz aus Wissen, der es der Menschheit ermöglichen würde, Jahrtausende der Entwicklung zu überspringen. Hatten sie ihn erst gehoben …

Rhodan erwartete, dass Bai Jun ihn und Marshall die Treppe hinunterführen würde, die zum Boden reichte. Doch der Halb-Chinese machte keine Anstalten. Er langte in eine Tasche seiner Uniform und zog ein Headset heraus. »Hier, damit die Menschen Sie hören.«

»Sie wollen, dass ich eine Rede halte?«

»Nein. Was mich angeht, habe ich über die Jahre so viele Reden erduldet, dass mein Bedarf für dieses Leben gestillt ist. Was uns fehlt, ist ein symbolischer Akt.« Bai Jun wandte sich ab und holte aus der Kiste eine zweite Flasche hervor. Sie war grün und aus Glas.

»Ein Perrier-Jouët, Jahrgang 2003, aus den Beständen eines meiner höheren Offiziere. Er hat sich nicht durchringen können, die Zeichen der Zeit zu erkennen, und sich in Richtung Peking abgesetzt, um an den Kämpfen über die Nachfolge des Generalsekretärs teilzunehmen. Freundlicherweise hat er uns seine persönliche Habe zurückgelassen.«

Bai Jun hielt Rhodan die Flasche hin.

»Sie wollen, dass ich …« Rhodan deutete mit dem Kopf in Richtung der stählernen Kugel.

»Dieses Schiff taufe? Genau. Es ist das erste Sternenschiff der Menschheit. Es braucht selbstverständlich einen Namen.«

Rhodan nahm die Flasche. »Sie haben sich bestimmt einen Namen ausgedacht, Bai Jun. Sie denken doch an alles.«

»Ich danke Ihnen für das Kompliment. Aber ich bin lediglich ein phantasieloser Exmilitär. Visionen sind Ihre Sache …«

Rhodan wog die Flasche in der Hand. Er blickte auf, sah sich suchend um.

»Die Zeit hat nicht für einen Ausleger mit Seil gereicht«, erklärte Bai Jun. »Ich denke, ein gut gezielter Wurf wird den Zweck ebenso erfüllen.«

Rhodan steckte sich das Headset ins Ohr und hauchte. Das Geräusch wurde von Lautsprechern am Gerüst der Plattform übertragen. Die Menschen würden jedes seiner Worte hören.

Er trat an den Rand der Plattform und packte den Flaschenhals mit der rechten Hand. Dann holte er Schwung und warf. In hohem Bogen flog die Flasche dem Schiff entgegen und zerbrach am oberen Rand des Ringwulsts. Weißer Schaum breitete sich aus, wusch den Ruß weg.

»Ich taufe dieses Schiff auf den Namen GOOD HOPE«, sagte Rhodan.

Stille antwortete ihm, dann erhob sich Jubel. Erst zögernd, als trauten die Menschen ihren Sinnen nicht, dann wurde er lauter und lauter.

In dem Loch im Rumpf der GOOD HOPE bewegte sich etwas. Thora. Sie schwebte aus dem Schiff zu der Plattform.

Rhodan schaltete das Headset aus. »Thora!«, rief er. »Es freut mich, dass Sie sich doch noch dazu entschlossen haben, sich uns an…« Rhodan brach ab, als er merkte, dass die Arkonidin bebte.

Das Energiefeld setzte sie unmittelbar vor ihm ab. Tränen standen in ihren Augen.

»Thora, was ist geschehen?«

»Ich … ich … Die Hyperfunkanlage ist repariert. Wir …« Sie sah auf, fixierte Rhodan mit ihrem Blick. »Wir können nicht auf dieser Welt bleiben!«

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18+
Litres'teki yayın tarihi:
11 kasım 2024
Hacim:
1515 s. 10 illüstrasyon
ISBN:
9783845333847
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