Kitabı oku: «Perry Rhodan Neo Paket 2: Expedition Wega», sayfa 17
Bull lachte, was der Fantan nicht richtig einzuschätzen wusste. »Ich erbitte dennoch eine Antwort«, beharrte der Terraner auf seinem Standpunkt. »Was werden die Beiboote …«
»Sie sollen Ihre Antwort haben«, entschied Skelir aus einer bloßen Laune heraus. »Ich schwärme nun ebenfalls aus. Jenves wird Ihnen ein Empfangsgerät überreichen, mit dessen Hilfe Sie die Bilderströme meiner Außenkamera beobachten können.«
»Wir werden sehen, was Sie sehen?«, hakte Sue nach.
»So ist es. Genauer gesagt, das, was mein Schiff sieht.«
Die Menschen schwiegen.
»Sind Sie nun zufrieden?«, fragte Skelir.
»Es ist akzeptabel«, erwiderte Bull. »Wir danken Ihnen fürs Erste. Wohin werden Sie fliegen?«
»In das Land, das Sie Indien nennen. Vielleicht zum Rashtrapati Bhavan.«
»Dem Präsidentenpalast?«
»Sagte ich das nicht?« Skelir ging. Das Einpersonenboot wartete auf ihn … Besun … und seine quälende Angst.
9.
Rico:
Mehr als das Gefühl
Der Sog zum Meer war mehr als das bloße Gefühl, die richtige Richtung zu kennen, stärker noch als magnetische Anziehungskraft. Es musste etwas mit meiner Bestimmung, meiner Aufgabe zu tun haben. Irgendetwas in mir erinnerte sich und reagierte, ohne dass die nötigen Informationen im bewussten Teil meines Verstandes ankamen.
Dennoch zweifelte ich nicht. Es war – Intuition. Glaube, der tatsächliches Wissen übertraf.
Ich stand noch einige Stunden am Rand des kleinen Salzsees, während sich die letzten Details meines menschlichen Aussehens perfektionierten. Winzige Rillen in der Haut der Fingerkuppen. Die komplizierten Windungen der Ohrmuscheln. Eine leichte Verfärbung auf Teile der vorher zu ideal ausgeprägten Zähne. Eine unauffällige Narbe über der linken Augenbraue – das Überbleibsel einer durchlittenen Kinderkrankheit.
Bevor ich dem Sehnen nachgeben und losmarschieren durfte, galt es ein letztes Problem zu lösen. Ich würde die weite Strecke bis zu meinem Ziel nicht ohne fremde Hilfe zurücklegen können. Nach den geografischen Informationen in meinem Speicher trennten mich 1608 Kilometer von der nächsten Küste, an die ich mich setzen und auf das Meer hinausschauen konnte. Und da ich auf menschliche Unterstützung angewiesen war, durfte ich nicht nackt bleiben.
Also bückte ich mich, brach vorsichtig etliche Salzkristalle vom Boden des Sees und legte sie ans Ufer. Zwischen den Steinen in Sichtnähe fand ich vertrocknete Zweige, dürr und ohne jedes sichtbare Leben. Mit etwas Glück existierten darauf noch einige abgekapselte Bakterien oder Mikroben. Ich schabte eine Handvoll Sand zusammen und berechnete die Menge an Salzwasser, die in den Vorgang der Synthetisierung einfließen musste.
Endlich begann ich mit der Verarbeitung. Die Herstellung einer passenden Garderobe nahm mehr als eine Stunde in Anspruch, doch das Ergebnis stellte mich durchaus zufrieden. Ein Manko ließ sich allerdings nicht ausmerzen. An einigen Stellen blieb das Material mit meinem Körper verbunden, da ich es nur so hatte wachsen lassen können. Die Kleidung gehörte zu mir, ich würde sie in mich zurückziehen und die Grundmaterialien ausscheiden müssen, um sie abzulegen.
Doch das hatte Zeit.
In raschem Tempo begann ich den Marsch. Diese Geschwindigkeit konnte ich für mindestens zwölf Stunden durchhalten, ehe meine biologischen Bestandteile eine Ruhepause benötigten.
Ich war bereit, mich unter die Bewohner dieser Welt zu mischen. Alles Weitere würde sich ergeben. Ich musste improvisieren. In meiner neuen Existenz als Mensch standen mir auf diesem Planeten viel mehr Möglichkeiten offen als in der Tarngestalt als Arkonide, die ich in der Venus-Zuflucht angenommen hatte.
Die Hitze waberte über der Geröllfläche, die sich kilometerweit vor mir erstreckte.
Ich ging.
Und ging.
Es war ein angenehmes Gefühl, wieder zu atmen. Mein Körper zeigte sogar die typisch menschlichen Reaktionen. Schweiß rann mir in Strömen über den Leib. Das Herz schlug schneller.
All die kleinen Details hätte ich allerdings noch mehr genießen können, wenn die Sehnsucht nach dem Meer nicht immer größer geworden wäre. Eine Unruhe erwuchs daraus, die teilweise jeden nüchtern-logischen Gedanken unterband. Hoffentlich würde es sich bessern, wenn eine Vielzahl anderer Sinnesreize auf mich einströmte; die Felsgebiete der Gobi schenkten wegen ihrer Eintönigkeit nicht viel Ablenkung.
Also ging ich.
Und ging.
Die Sonne berührte bereits den Horizont, als ich das Asphaltband einer Straße erreichte. Es befand sich in einem erbärmlich schlechten Zustand. Allein so weit ich blicken konnte, war sie an über einem Dutzend Stellen eingerissen, dass sich tiefe Schlaglöcher gebildet hatten.
Ich rief geografische Informationen aus dem Speicher ab; das biologische Gehirn bot mir in diesem Fall keine Hilfe. Demnach musste ich mich momentan nach Osten wenden, um eine bessere, schnellere Straße zu finden, die mich näher ans Ziel bringen konnte.
So ging ich.
Und ging.
In der kurzen Phase der Dämmerung kühlte die Luft merklich ab. Als sich ein schwarzes Tuch über alles legte, erzeugte ich durch Umwandlung von Materie eine innere Wärmequelle, um die biologischen Bestandteile meines Körpers nicht zu sehr auskühlen zu lassen.
Ich hörte das Brummen und fühlte die leichten Vibrationen des Bodens, schon lange bevor das Licht der Scheinwerfer mich erreichte.
»Glück für dich!«
Zusammen mit diesen Worten schlug mir stinkender Atem durch die geöffnete Beifahrertür ins Gesicht. »Ich danke Ihnen«, erwiderte ich, ganz gemäß den Höflichkeitsnormen und -floskeln, wie sie in diesem Kulturkreis üblich waren.
Der Fahrer des Trucks sah aus wie ein Hundertjähriger. »Steig ein. Nachts allein in der Gobi unterwegs? Das klingt mir nicht nach einer guten Idee! Wo sind deine Wasservorräte?«
»Leer geworden«, log ich, während ich der Aufforderung folgte und auf dem Beifahrersitz Platz nahm. Zum letzten Mal hatte ich Wasser am Salzsee gesehen. Ich konnte es aber notfalls selbst synthetisieren.
Mit einem für mich undefinierbaren Brummgeräusch drückte der Alte einen Knopf am Lenkrad. Zwischen den beiden Sitzen surrte eine Klappe zur Seite. Kalter Dampf stieg daraus empor. »Bedien dich.«
Ich griff in den Mini-Kühlschrank und holte einen der Plastik-Wasserpacks heraus, die sich passgenau darin stapelten. »Zu freundlich.«
»Schon gut. Ist eine einsame Strecke. Als Gegenleistung hast du mir hoffentlich etwas Interessantes zu erzählen. Sonst kannst du wieder laufen.«
Ich mühte mich mit dem Verschluss ab, der bemerkenswert unlogisch konstruiert war. Endlich gelang es mir, und ich trank. Das Wasser enthielt für einen menschlichen Körper viel zu viel Eisen; ich allerdings konnte es durchaus gebrauchen. Meine Systeme bauten die Elemente nach leichter Umformung in die frischen Drahtverbindungen an den einstigen Bruchstücken ein.
»Mein Name ist übrigens Takezo«, sagte der Fahrer.
»Rico.«
»Seltsamer Name.«
Als Antwort entschied ich mich nur zu einem Lächeln. Mochte er es interpretieren, wie er wollte.
»Also, wo kommst du her, Tico?«
Offenbar hatte er sich verhört. Ich machte mir nicht die Mühe, ihn zu verbessern. »Aus der Wüste.«
Takezo gab eine Art Grunzen von sich. »Ach was? Hätte ich nicht gedacht, hier, so mitten in der Wüste, auf der einzigen Straße, wenn man dieses verfluchte Mistding überhaupt so nennen will.«
Ich legte mir gerade eine weitere, unverfängliche Antwort zurecht, als er sagte: »Kommst von Terrania her, was? Einer – nimm's mir nicht übel – von den Verrückten, die dort ihr Heil suchten und dann merkten, dass die Leute dort auch nur stinkendes Wasser pinkeln?«
Diese Geschichte war ebenso gut und ebenso schlecht wie jede andere. »Ja«, antwortete ich deshalb.
»Ein bisschen unterhaltsamer könntest du schon sein, wenn du nicht laufen willst! Hast du vergessen, was ich dir gesagt habe?«
»Terrania hat mich mächtig enttäuscht«, log ich. Meiner Einschätzung nach war es genau das, was Takezo hören wollte, warum auch immer. »Ich hatte etwas völlig anderes erwartet.«
Das entlockte dem Fahrer ein breites Grinsen. »Meiner Meinung nach sind das alles Spinner. Sollen die Aliens doch bleiben, wo sie die ganze Zeit über waren! Ab ins All mit denen, die Erde gehört uns Menschen, und fertig! Wir brauchen niemanden von außen.«
Eine seltsame, naive und beschränkte Einstellung. »Richtig.«
Nun verfiel Takezo in einen Monolog, den ich nur noch hin und wieder mit der einen oder anderen Zustimmung untermalen musste. Offenbar hörte er sich gern reden.
Ich schaute nach draußen in die Nacht, brachte irgendwann die Rede auf sein Fahrtziel und erfuhr zu meiner Freude, dass er mich ein ganzes Stück näher an mein Ziel bringen konnte. An ein Meer, in dessen Gestaden … etwas auf mich wartete.
Takezo kratzte sich am Kopf und schüttelte danach ein Haar von seinen Fingern ab. »Verdammter Mist! Jetzt fallen mir die Haare meiner Perücke aus! Die echten sind ja längst weg, und auf einmal das! Hab seit Jahren Krebs, weißt du.« Er lachte dröhnend. »Da siehst du mal, was für eine scheißstarke Chemotherapie ich alle paar Wochen bekomme, wenn mir schon die Kunsthaare ausfallen!«
Ich lachte mit aufgrund einer nüchternen Kosten-Nutzen-Analyse, denn ich wollte noch einige Zeit mit ihm fahren und durfte ihn nicht verärgern. Es zählte nur eins: Ich kam dem Meer näher. Langsam, aber unaufhaltsam.
10.
Das Licht zurückbringen
Thora
Ras Tschubai materialisierte direkt vor Thora, ächzte, presste beide Hände seitlich gegen den Kopf und wankte einen Schritt vorwärts. Er kippte um, fiel mitten durch das strategische Hologramm. Symbole huschten über sein Gesicht, leuchteten auf der schwarzen Haut und tanzten im Kraushaar. Dann schlug der Teleporter auf.
Die Arkonidin sah, dass sich Conrad Deringhouse um ihn kümmerte; gut, so konnte sie sich um den anderen Neuankömmling kümmern: um den Schiffbrüchigen, eine menschenähnliche, blauhäutige, untersetzte Gestalt, die mit Tschubai gemeinsam wie aus dem Nichts aufgetaucht war. Er hatte sich vor dem Sprung offenbar in einer sitzenden Haltung befunden und war deshalb nur wenige Zentimeter zu Boden gestürzt. Seine Hände krallten sich um den Hals, der Mund stand offen, er schnappte nach Luft.
Thora bückte sich über den Außerirdischen, exakt in der Sekunde, in der sich auch Tako Kakuta neben ihn kniete. »Mangel an Atemluft«, diagnostizierte sie das Offensichtliche.
»Er ist fast erstickt«, tönte es matt von Ras Tschubai, dem es offenbar besser ging, als es zunächst den Anschein erweckt hatte. Immerhin war er noch bei Bewusstsein. Wahrscheinlich hatte nur der weite Teleportersprung vorübergehend an seinen Kräften gezehrt.
»Gab es eine Sauerstoffatmosphäre in der Rettungskapsel?«, rief Thora. »Mister Tschubai, schnell! Unsere Luft könnte ebenso gut Gift für ihn sein!«
»Sauerstoff … wie bei uns.« Die Worte des Teleporters gingen in ein Husten über. »Leg dich hin«, hörte sie die Stimme von Conrad Deringhouse.
Kakuta löste die Hände des Fremden von dessen Hals. »Sie sind hier in Sicherheit«, erklärte er, obwohl ihm zweifellos klar war, dass der andere ihn nicht verstand. Er hoffte wohl darauf, dass der Blauhäutige den beruhigenden, freundlichen Tonfall wahrnahm. Thora schloss sich ihm an und wiederholte die Worte auf Arkonidisch.
Der Fremde saugte scharf Luft ein. Seine dunklen Augen verdrehten sich in den Höhlen. Er versuchte sich aufzusetzen, sackte aber wieder zurück. Die Hände tasteten zum Brustkorb.
»Wie ein Mensch, der dort Schmerzen erleidet oder Probleme mit dem Herzen befürchtet«, sagte Kakuta. »Ich habe nie einen Angehörigen seines Volkes getroffen, aber er scheint uns trotzdem erstaunlich ähnlich zu sein.«
»Ziehen Sie keine voreiligen Schlüsse«, warnte Thora. »Die Bewegung kann etwas völlig anderes bedeuten.«
Ras Tschubai wankte heran, gestützt von Deringhouse. »Wird er es … überstehen?«
»Falls es keine inneren Verletzungen gibt, wohl ja. Sein Volk ist mir jedoch unbekannt, sodass meine ohnehin oberflächliche Einschätzung falsch sein kann. Sie beherrschen offensichtlich die Raumfahrt, aber ich habe nie von ihnen gehört.«
Kakuta nickte ihr zu. »Womöglich sind ihre Raumschiffe nicht überlichtfähig und dieses Volk besiedelt nur die Welten seines eigenen Sonnensystems.« Er senkte den Blick, schüttelte leicht den Kopf.
»Was haben Sie?«
»Nur. Welch ein Hohn!«, brachte der Japaner hervor. »Das ist unendlich viel mehr, als es meinem Volk bislang möglich ist. Auch dieses Sonnensystem hätten wir ohne die Technik Ihres Volkes nie erreicht.«
Der Schiffbrüchige unterband jede weitere Diskussion, als er sich mit beiden Händen auf dem Boden abstützte und in eine sitzende Haltung stemmte. Er atmete dabei schwer, seine Lippen zitterten. Ein Wort drang aus seinem Mund, eine Ansammlung unverständlicher Silben mit hartem Klang und vielen Explosivlauten.
»Reden Sie weiter«, bat Thora. »Je mehr Sie sprechen, umso schneller können die Translatoren Ihre Sprache analysieren und eine Übersetzung starten.« Sie hoffte, dass er sich ermutigt fühlte, wenn sie trotz der Verständnisbarriere weiterredete. Mit etwas Glück kannte sein Volk ebenfalls eine Übersetzungstechnologie, und er trug ein entsprechendes Gerät bei sich. Translatoren konnten die unterschiedlichsten Formen besitzen, etwa in die kleine Kette integriert sein, die der Blauhäutige an einer Schlaufe der Uniform trug und deren Ende in einer Tasche verschwand.
Der Schiffbrüchige stieß weitere Worte und Sätze hervor. Sein Blick huschte dabei von Thora zu Kakuta und den anderen. Einmal wies er auf Ras Tschubai und legte die Hände quer übereinander, formte damit einen Hohlraum, den die beiden ausgestreckten Daumen überragten. Womöglich handelte es sich um eine Geste der Dankbarkeit gegenüber dem Mann, der ihm das Leben gerettet hatte.
Der Teleporter nahm Funkkontakt zu den anderen Mitgliedern seines Außenteams auf, informierte sie über seinen Sprung und die Gründe dafür. Rhodan, Anne Sloane und Darja Morosowa machten sich sofort auf den Weg, in ihren Raumanzügen zur GOOD HOPE zurückzukehren.
Alles wandelt sich, dachte Thora. Rhodan in seiner Hartnäckigkeit wird nicht eher aufgeben, bis er mehr über die Hintergründe dieses Krieges weiß. Sie verstand sogar seine Beweggründe. Seine Befürchtung, dass die übermächtigen Angreifer schon bald über sein heimatliches Sonnensystem herfallen könnten, war nicht von der Hand zu weisen.
Es würde sich zeigen, was dieser Schiffbrüchige wusste und ob sich die gewagte Rettungsaktion bezahlt machte. Gewiss, sie hatten ein Leben gerettet, einen einzelnen Angehörigen eines fremden Volkes. Zugleich ging dort draußen die Orgie der Zerstörung und Gewalt weiter. Die Angreifer bewiesen inzwischen immer deutlicher, wie weit sie den Verteidigern überlegen waren. Schiff um Schiff explodierte und riss seine Besatzung in den Untergang.
Thora hatte längst besondere Ortungen veranlasst, um mehr über die Raumer und die Technologie der Aggressoren zu erfahren. Die Ergebnisse trafen nur langsam ein, und die Analyse ging schleppend voran. Die Arkonidin verfluchte den Schaden, den die GOOD HOPE genommen hatte; in einem modernen, einsatzbereiten Schiff ihres Volkes wüsste sie schon längst alles Nötige. Nicht jedoch in diesem 10.000 Jahre alten, schrottreifen Beiboot, das für ihre Begleiter ein Wunderwerk an Technologie bedeutete.
Die Verteidiger des Systems zogen sich inzwischen in gewagten Fluchtmanövern zurück, sammelten sich an verschiedenen Stellen, nutzten die Deckung von unbewohnten Planeten und Monden. Sie versuchten Zeit zu gewinnen, aber auch das zögerte ihr unausweichliches Ende nur hinaus.
Sie erhielt von der Schiffspositronik die Meldung, dass Rhodan und seine Begleiter in die GOOD HOPE einschleusten. Sehr gut. Thora gab einen Kurs ein, der sie zu einer ungefährlicheren Position manövrierte, weiter entfernt von den aktuellen Brennpunkten der Vernichtungsschlacht.
Perry Rhodan
Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, bis er aus dem arkonidischen Raumanzug gestiegen war. Er ließ ihn zurück, rannte weiter, zur Zentrale der GOOD HOPE. Der von Tschubai gerettete Schiffbrüchige wartete dort. Endlich konnte er einen Bewohner des Wega-Systems mit eigenen Augen sehen.
Am Ziel empfing ihn zuerst Alexander Baturin. »Der Fremde lebt und erholt sich«, setzte der russische Kosmonaut ihn knapp und gezielt in Kenntnis, auf seine typische, zwar professionelle, aber auch distanzierte Art. »Wir sind noch nicht in der Lage, mit ihm zu reden.«
»Ich arbeite daran«, rief Thora ihm entgegen. »Die Translatoren zeigen erste Fortschritte.« Die Arkonidin hatte den Platz zwischen den leuchtenden Schaltflächen zur Steuerung immer noch nicht verlassen; sie musste ständig bereit sein, das Schiff aus einer Gefahrensituation zu manövrieren. Die GOOD HOPE konnte jederzeit in eine Schlacht hineingezogen werden.
Zwei Schritte von ihr entfernt saß ein blauhäutiges Wesen gegen die Wand gelehnt. Ras Tschubai und Tako Kakuta, die beiden Teleporter, kauerten neben ihm. Rhodan nahm es erleichtert zur Kenntnis. Die ganze Symbolik des Anblicks stellte klar, dass sich die Retter zu dem Geretteten in seiner Notsituation hinabbegaben – auf dasselbe Niveau wie er. Auch wenn der Fremde kein Wort verstehen mochte, so sollte ihm diese Geste doch klarmachen, dass man ihm weiterhin helfen wollte und dass er sich unter Freunden befand.
Falls er sich als Freund erwies. Auch in dieser Hinsicht war Rhodan froh, dass sich ausgerechnet die Teleporter neben dem Schiffbrüchigen aufhielten. Wenn dieser völlig überraschend aggressiv reagierte, konnten sie ihn ohne Zeitverlust im direkten Wortsinn aus dem Verkehr ziehen, hinaus aus der Zentrale, an einen Ort, wo er keinen großen Schaden anzurichten vermochte.
Rhodan hoffte allerdings, dass es so weit nicht kommen würde; mehr noch, er war davon fest überzeugt. Er ging zu dem Fremden, setzte sich ebenfalls vor ihm auf den Boden und legte die Hand auf den Brustkorb. »Perry Rhodan.«
Der andere sah ihn aus dunklen Augen an, die wie Kohlestückchen in der sinnverwirrend blauen Gesichtshaut lagen. Er sagte etwas, das wie Chratticht klang. Sein Name? Hatte er verstanden, worauf Rhodan hinauswollte?
»Sparen Sie sich die Mühe«, schlug Thora leicht amüsiert vor. »Mir ist klar, was Sie beabsichtigten, aber ihm nicht. Seine Gestik und seine Körpersprache ist völlig anders als Ihre.«
»Sind Sie sicher?«, fragte er zurück. »Vielleicht bezeichnet dieses Wort seinen Namen.«
»Er hat betont, dass er sie nicht versteht«, widersprach die Arkonidin.
»Woher …«
»Die Translatoren beginnen, einzelne Worte zu erfassen und in meine Sprache zu übertragen. Ich kann es im Fall eines Erfolgs auf einem Bildschirm sehen.« Sie schien zufrieden. »Sobald die Verständigung funktioniert, werde ich die Programmierung so einstellen, dass die Sprachausgabe auch auf Englisch läuft. Solange diene ich als Vermittlerin. Es wird nicht mehr lange dauern, bis wir korrekt reden können.«
Plötzlich kniete sich Anne Sloane neben ihn. In der Hand hielt sie eine kleine Flasche mit Wasser aus dem Vorrat, den sie in Terrania rasch in der GOOD HOPE verstaut hatten. Ein verbeultes Plastikding mit chinesischem Etikett.
Der Außerirdische nahm die Flasche entgegen, musterte sie kurz und setzte sie an den Mund. Er nahm einen kleinen Schluck, sah von Rhodan zu der Telekinetin und trank mehr. Wieder sagte er etwas; Thora übersetzte es mit einem simplen Danke!
Wie es aussah, war vor Anne Sloane noch niemand auf die Idee gekommen, dem Fremden Wasser anzubieten. Nachdem er in seiner Rettungskapsel fast erstickt war und panisch nach Luft gerungen hatte, mussten sein Mund und seine Kehle völlig ausgetrocknet gewesen sein.
Jedenfalls, dachte Rhodan, wenn sein Körper ähnlich funktioniert wie unserer, was aber offenbar der Fall ist.
Die Translatoren gewannen rasche Fortschritte in der Analyse der fremden Sprache. So konnte Thora den Wega-Bewohner dazu animieren, weiterzureden und etliche Dinge zu benennen. Danach richtete sie einige Minuten lang gezielte Fragen allgemeiner Natur an ihn, ehe sie zufrieden meldete, dass nun eine weitgehend korrekte Verständigung möglich sein musste.
Der Blauhäutige stellte sich als Chaktor vor und sagte, dass er aus dem Volk der Ferronen stammte.
Rhodan nannte ebenfalls seinen Namen. »Ich stamme von der Welt Terra, die nur wenige Lichtjahre entfernt liegt.« Nur, schoss es ihm durch den Kopf. Noch vor Wochen hätte er es für unmöglich gehalten, jemals eine solche Aussage zu treffen. »Wir sind einem Notruf gefolgt.«
»Wir Ferronen können mit unserer Technologie das Sonnensystem nicht verlassen«, erklärte Chaktor. »Wir besiedeln die Welten der Sonne, auf denen Leben möglich ist.«
»Wer sind die Angreifer?«, fragte Rhodan.
»Sie nennen sich Topsider. Sie sind … fürchterlich. Sie sehen nicht aus wie wir, sie …«
»Echsenwesen«, sagte Thora. »So heißt es in dem Notruf.«
Der Wega-Bewohner nestelte mit der linken Hand an der Kette, die an seiner Uniform baumelte und deren Ende in einer Tasche verschwand. »Ich habe nie einen von ihnen gesehen. Nur Bilder. Sie kamen aus dem Nichts und verlangten die Unterwerfung der Ferronen. Wir haben uns geweigert.« Seine Rechte schloss sich fester um die Plastikflasche, die er immer noch hielt. Wasser schwappte aus ihr; er bemerkte es offenbar nicht einmal. »Nun zahlen wir den Preis dafür.«
Die Raumschlacht, dachte Rhodan. Diese Echsen namens Topsider schlachten die Ferronen ab, weil sie sich nicht freiwillig unterwerfen wollten. Ein Gemetzel gegenüber einem eindeutig schwächeren Feind. Wenn es stimmte, was Chaktor behauptete, gab es keinen Zweifel mehr, auf welcher Seite Rhodan in die Auseinandersetzung eingreifen musste; falls es diesen Zweifel jemals gegeben hatte.
Aber wie sollte er den Ferronen helfen? Alles in ihm drängte danach, doch es gab keine Möglichkeit. Er musste zurück zur Erde. Die selbst gesetzte Frist bis zur Rückkehr war bereits überschritten. Man wartete in Terrania auf sie.
»Chaktor«, sagte er. »Wir müssen dieses Sonnensystem zunächst verlassen und in unsere Heimat zurückkehren. Wir können Sie nicht absetzen – aus mehreren Gründen. Einen Planeten anzusteuern wäre zu gefährlich. Für uns und auch für Sie.«
»Sie wollen … gehen? Uns unserem Schicksal überlassen?«
»Uns bleibt keine Wahl. Wir werden Sie mitnehmen, Chaktor, aber ich verspreche, dass wir Sie so schnell wie möglich wieder in Ihre Heimat …«
»Das können Sie nicht! Das dürfen Sie nicht!«
Die nächsten Worte des Außerirdischen trafen Rhodan wie ein Schlag: »Sie … Sie sind doch diejenigen, die das Licht zurückbringen!«


